Antrag des Freistaates Bayern
Entschließung des Bundesrates zur Ausweitung der Möglichkeiten für Bundeswehreinsätze im Innern

Der Bayerische Ministerpräsident München, 31. Januar 2017

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Malu Dreyer

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung übermittle ich die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur Ausweitung der Möglichkeiten für Bundeswehreinsätze im Innern mit dem Antrag, dass der Bundesrat diese fassen möge.

Ich bitte, die Entschließung gemäß § 36 Absatz 2 GO BR auf die Tagesordnung der 953. Sitzung am 10. Februar 2017 zu setzen und anschließend den Ausschüssen zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Horst Seehofer

Entschließung des Bundesrates zur Ausweitung der Möglichkeiten für Bundeswehreinsätze im Innern

Der Bundesrat möge beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzentwurf zur Änderung von Art. 35 GG vorzulegen, um den Einsatz der Bundeswehr im Innern zur Abwehr terroristischer Gefahren über die bereits bestehenden Möglichkeiten hinaus zu erleichtern und in Ausnahmesituationen zur Grenzsicherung zuzulassen. Ferner bedarf es der Normierung einer Eilkompetenz für den Bundesminister der Verteidigung für den Fall, dass beim überregionalen Katastrophennotstand ein Beschluss der Bundesregierung als Kollegialorgan nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann.

Begründung:

Nach Art. 35 Abs. 2 und 3 GG ist ein Einsatz der Bundeswehr im Innern mit militärischen Mitteln nur bei besonders schweren Unglücksfällen zulässig, d.h. in ungewöhnlichen Ausnahmesituationen von katastrophischen Dimensionen. Der Unglücksfall muss bereits vorliegen. Von einem Unglücksfall kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch dann gesprochen werden, wenn zwar die zu erwartenden Schäden noch nicht eingetreten sind, der Unglücksverlauf aber bereits begonnen hat und der Eintritt katastrophaler Schäden unmittelbar droht. Der Einsatz der Bundeswehr muss ultima ratio sein.

Über diese eng begrenzten Fälle hinaus sollte durch eine Änderung von Art. 35 GG ermöglicht werden, im Falle terroristischer Bedrohungen die Bundeswehr im Innern zum Schutz ziviler Objekte oder zur Abwehr sonstiger Gefahren einzusetzen, um die öffentliche Sicherheit aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, wenn die Polizeikräfte von Bund und Ländern nicht mehr ausreichen. Die Bundeswehr muss auch präventiv helfen können, damit sich eine terroristische Gefahr gar nicht erst realisiert. Auch insoweit bliebe der Einsatz der Bundeswehr ultima ratio.

Zudem sollte durch eine Änderung von Art. 35 GG die Möglichkeit eröffnet werden, die Bundeswehr in Ausnahmesituationen zur Unterstützung der Bundespolizei bei der Aufrechterhaltung eines wirksamen Grenzschutzes einzusetzen, wenn die Kräfte und Einrichtungen der Bundespolizei hierzu nicht ausreichen. Die Flüchtlingskrise hat gezeigt, dass Ausnahmesituationen eintreten können, in denen die Bundespolizei nicht mehr in der Lage ist, einen wirksamen Grenzschutz zu gewährleisten. Auch insofern soll die Bundeswehr nur in Ausnahmesituationen und nicht regelmäßig zur Grenzsicherung eingesetzt werden, um Engpässe bei der Bundespolizei zu kompensieren.

Schließlich sollte in Art. 35 GG eine Eilkompetenz für den Bundesminister der Verteidigung normiert werden, um eine auch aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 20. März 2013 - 2 BvF 1/05) bestehende Schutzlücke für Fälle des überregionalen Katastrophennotstands zu schließen, in denen umgehendes Handeln geboten ist, ein Beschluss der Bundesregierung als Kollegial-organ aber nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann.