Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen

956. Sitzung des Bundesrates am 31. März 2017

A

Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe c (§ 203 Absatz 3 und 4 StGB)

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der Gesetzentwurf - ungeachtet der zu unterstützenden Zielrichtung - die Geheimschutzbelange der Betroffenen durch die geplante Regelung in § 203 Absatz 3 und 4 StGB-E bedenklich weit hintenanstellt. Er fordert, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, auf welchem Weg diesen Belangen angemessen Rechnung getragen werden kann.

Begründung:

§ 203 StGB schützt - jedenfalls zuvörderst - das Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Personen. Diese sind häufig gezwungen, (persönliche) Geheimnisse den dort genannten Berufsangehörigen und Amtsträgern gegenüber zu offenbaren. Deren Pflicht zur Verschwiegenheit, die über § 203 StGB strafrechtlich abgesichert wird, stellt sich gleichsam als Verlängerung des Rechts der Betroffenen auf selbstbestimmte Außendarstellung dar. Ohne eine entsprechende Geheimhaltungsverpflichtung kann kein Vertrauensverhältnis zum Anvertrauenden entstehen und der Berufsgeheimnisträger die ihm zugedachte Funktion nicht sinnvoll erfüllen.

Der Gesetzentwurf greift in diese Beziehung dadurch ein, dass er durch eine Beschränkung der Strafbarkeit in § 203 Absatz 3 StGB-E den Interessen der Schweigepflichtigen an einer Einbindung dritter Personen, insbesondere externer Dienstleister, Rechnung tragen will. Das soll insbesondere den Anforderungen an eine arbeitsteilige, wirtschaftlich sinnvolle Aufgabenerledigung Rechnung tragen. Zum Ausgleich der hiermit einhergehenden Verringerung des Geheimnisschutzes schlägt der Gesetzentwurf in § 203 Absatz 4 StGB-E ergänzende strafrechtliche Bestimmungen vor.

Im Lichte der berechtigten Geheimschutzbelange der Betroffenen stellt sich der Regelungsvorschlag in § 203 Absatz 3 und 4 StGB-E - ungeachtet seiner zu unterstützenden Regelungsabsicht - nicht als ausgewogen dar:

So erscheint bereits die Bestimmung in § 203 Absatz 3 Satz 1 StGB-E, wonach ein Offenbaren nicht vorliegen soll, wenn die schweigepflichtigen Personen berufsmäßig tätigen Gehilfen oder den in Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen Geheimnisse zugänglich machen, sehr weitgehend. Der Wortlaut dieser Regelung enthält keine weiteren Maßgaben oder Einschränkungen zur Geheimnisweitergabe, so dass etwa auch eine Mitteilung, die außerhalb dienstlicher Veranlassung erfolgt, nicht zu einer Strafbarkeit führen würde. Die Aufnahme einer einschränkenden Regelung sollte daher geprüft werden.

Vor allem aber erscheint die Regelung in § 203 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 und 2 StGB-E nicht gelungen: Die schweigepflichtigen Personen soll bei der Einbeziehung externer Personen in die Berufsausübung die strafbewehrte Pflicht treffen, dafür Sorge zu tragen, dass die einbezogenen Personen zur Geheimhaltung verpflichtet werden. Die Tat ist als Vorsatztat ausgestaltet. Allerdings wird sie sich in aller Regel als bloße Sorgfaltspflichtverletzung erweisen und damit - mangels Anordnung einer Fahrlässigkeitsstrafbarkeit - sanktionslos bleiben. Insoweit ist auch festzustellen, dass zwischen der ansonsten in § 203 Absatz 4 StGB-E sanktionierten Geheimnisoffenbarung und der Unterlassung der Verpflichtung mitwirkender Personen zur Geheimhaltung nicht unerhebliche Unrechtsunterschiede bestehen, die der Gesetzentwurf nivelliert. Insgesamt dürfte es angemessener und zur (effektiven) Kompensation der Verringerung des Geheimnisschutzes besser geeignet sein, die Unterlassung zur Geheimhaltung als vorsätzlich oder fahrlässig begehbare Ordnungswidrigkeit auszugestalten.

Der Gesetzentwurf lässt die durch § 203 StGB geschützten Personen in sanktionsrechtlicher Hinsicht recht weitgehend schutzlos, soweit es um die Einbindung mitwirkender Personen im Ausland geht. Wenn der Berufsgeheimnisträger oder eine mitwirkende Person (im Rahmen des § 203 Absatz 3 Satz 2 StGB-E) Dienstleistungen in Anspruch nehmen, die im Ausland erbracht werden, ohne dass der dort bestehende Schutz der Geheimnisse dem Schutz im Inland vergleichbar ist, kann dies - selbst bei Kenntnis des unzureichenden Schutzniveaus - weder straf- noch bußgeldrechtlich geahndet werden. Nur in den Fällen, in denen berufsrechtliche Maßgaben zur Zulässigkeit der Inanspruchnahme von Dienstleistungen im Ausland bestehen oder geschaffen werden (vgl. z.B. § 43e Absatz 4 BRAO-E), kommt zumindest für den Berufsgeheimnisträger eine berufsrechtliche Ahndung in Betracht. Aber auch dann kann die mitwirkende Person, die selbst nicht an die berufsrechtlichen Bestimmungen gebunden ist, einen Dienstleister in einem Staat ohne hinreichenden Geheimnisschutz beauftragen und ihm die Geheimnisse offenbaren. In diesem Fall müssten weder der Berufsgeheimnisträger noch die mitwirkende Person strafrechtliche oder berufsrechtliche Konsequenzen befürchten. Insgesamt wird der Geheimnisschutz daher durch die nach § 203 Absatz 3 Satz 2 StGB-E (sehr weitgehend) straflos mögliche Offenbarung von Geheimnissen in das Ausland beeinträchtigt. Vor diesem Hintergrund ist beispielsweise zu überlegen, flankierende bußgeldrechtliche Regelungen zu schaffen, welche die genannten Sachverhalte erfassen.

B