Regelwerk

Bußgeldkatalog Umweltschutz - Verwaltungsvorschrift über Ordnungswidrigkeiten gegen die Umwelt
- Sachsen -

Vom 17. Februar 2008
(ABl. Nr. 14 vom 03.04.2008 S. 555)


Zur aktuellen Fassung

I. Allgemeines und Verfahren

1. Begriffsbestimmungen

  1. Eine Ordnungswidrigkeit ist eine rechtswidrige und vorwertbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes (förmliches Gesetz, Rechtsverordnung oder Satzung) verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt ( § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten [ OWiG] in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 [BGBl. I S. 602], das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. August 2007 [BGBl. I S. 1786, 1787] geändert worden ist).
  2. Eine Straftat ist eine rechtswidrige und schuldhafte Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Strafe (Freiheitsstrafe, Geldstrafe) vorsieht.

2. Anwendungsbereich des Katalogs

Der Bußgeldkatalog dient als Richtlinie. Wesentliches Element der materiellen Gerechtigkeit ist eine möglichst gleiche Behandlung gleich gelagerter Sachverhalte. Die Regel- und Rahmensätze für die Bemessung der Geldbuße gelten für den Regelfall. Es ist jedoch in jedem Einzelfall zu prüfen, ob Besonderheiten des Sachverhaltes eine Abweichung rechtfertigen. Der Verstoß gegen Nebenbestimmungen ist nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde mit einem unterhalb der für den Hauptverstoß geltenden Bußgeldhöhe zu ahnden.

3. Zuständigkeit

  1. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 37 OWiG. Auf die Zuständigkeit verschiedener Verwaltungsbehörden bei zusammenhängenden Ordnungswidrigkeiten wird hingewiesen ( § 38 OWiG).
  2. Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach § 36 OWiG in Verbindung mit der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über Zuständigkeiten nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (Ordnungswidrigkeiten-Zuständigkeitsverordnung - OWiZuVO) vom 4. Januar 2008 (SächsGVBl. S. 67), in der jeweils geltenden Fassung.
  3. Bei Zuständigkeit mehrerer Verwaltungsbehörden ( § 39 OWiG) ist die vorzuziehende Verfolgungsbehörde unverzüglich festzulegen.
  4. Sind innerhalb einer Verwaltungsbehörde mehrere Sachbereiche zuständig, etwa das Landratsamt als untere Bau-, Naturschutz- oder Wasserbehörde, soll auf die Übernahme durch eine Stelle hingewirkt werden. Diese führt mit Unterstützung der anderen betroffenen Stellen das Verfahren durch und unterrichtet diese über den weiteren Verlauf des Verfahrens.

4. Bußgeldverfahren und Verwarnungsverfahren

  1. Bußgeldverfahren
    Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltungsbehörde ( § 47 Abs. 1 OWiG). Ein Bußgeldverfahren soll eingeleitet werden, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Ordnungswidrigkeit vorliegen und der Verfolgung keine Hindernisse (zum Beispiel Verjährung) entgegenstehen.
  2. Verwarnungsverfahren
    Ist eine Ordnungswidrigkeit als geringfügig zu beurteilen, kann von der Durchführung eines Bußgeldverfahrens abgesehen und eine Verwarnung erteilt werden ( § 56 Abs. 1 OWiG). Dabei soll ein Verwarnungsgeld erhoben werden, wenn die Verwarnung ohne Verwarnungsgeld unzureichend ist. Die Erfordernisse des § 56 Abs. 2 OWiG sind zu beachten (Einverständnis der Täterin oder des Täters nach Belehrung; Zahlung des Verwarnungsgeldes innerhalb bestimmter Frist). Für die Einstufung einer Ordnungswidrigkeit als geringfügig sind vor allem das Maß der Gefährdung oder Schädigung der geschützten Umweltgüter sowie das Verhalten der Täterin oder des Täters (Notwendigkeit eines fühlbaren "Denkzettels" zur Beeinflussung künftigen Verhaltens) im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen zu berücksichtigen. Eine Ordnungswidrigkeit kann dann nicht mehr als geringfügig angesehen werden, wenn der Regelsatz oder die Untergrenze des Rahmensatzes nach dem Bußgeldkatalog das gesetzliche Höchstmaß ( § 56 Abs. 1 Satz 1 OWiG) des Verwarnungsgeldes überschreitet und keine besonderen mildernden Umstände vorliegen.

5. Einstellung des Bußgeldverfahrens

  1. Kommt eine weitere Verfolgung nicht in Betracht, so stellt die Verwaltungsbehörde das Verfahren ein. Eine Einstellung ist insbesondere dann geboten, wenn aus Mangel an Beweisen eine Ordnungswidrigkeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann ( § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 170 Abs. 2 StPO) oder wenn eine Verfolgung nicht mehr zweckmäßig oder notwendig erscheint (Opportunitätsprinzip).
  2. Der betroffenen Person ist die Einstellung schriftlich mitzuteilen, wenn sie zu der Beschuldigung bereits vernommen oder gehört wurde oder wenn sie um eine Mitteilung gebeten hat. Eine Begründung ist nicht erforderlich. Die Einstellungsverfügung wird mittels einfachen Briefes zugesandt. Ein Kostenerstattungsanspruch der betroffenen Person besteht nicht.

6. Anhörung der betroffenen Person

Der betroffenen Person ist vor Erlass des Bußgeldbescheides Gelegenheit zu geben, sich zu der Beschuldigung zu äußern ( § 55 OWiG); ein dafür vorgesehener Vordruck kann mit einfachem Brief versendet werden.

7. Verfolgungsverjährung von Ordnungswidrigkeiten

Die Verfolgungsverjährung von Ordnungswidrigkeiten richtet sich nach § 31 OWiG. Die Verjährung wird zum Beispiel unterbrochen, wenn der betroffenen Person Gelegenheit gegeben wird, sich zum Vorwurf zu äußern. Als Tag der Unterbrechung gilt das Datum der Unterzeichnung der schriftlichen Anordnung oder Entscheidung ( § 33 Abs. 2 OWiG). Nach erfolgter Unterbrechung beginnt der Lauf der Verjährungsfrist von neuem.

8. Bußgeldbescheid, Zustellungsempfänger

  1. Der Bußgeldbescheid muss den in § 66 OWiG genannten Inhalt haben. Er hat eine Kostenentscheidung nach § 105 OWiG zu enthalten. Der Bußgeldbescheid ist der betroffenen Person durch die Post mittels Postzustellungsurkunde förmlich zuzustellen. Falls die betroffene Person das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist außerdem dem gesetzlichen Vertreter der Bescheid mit einfachem Brief zuzusenden.
  2. Hat die betroffene Person einen gewählten Verteidiger, dessen Vollmacht sich bei den Akten befindet, oder einen bestellten Verteidiger, so gelten diese als ermächtigt, Zustellungen für die betroffene Person in Empfang zu nehmen ( § 51 Abs. 3 OWiG).

9. Abgabe an die Staatsanwaltschaft

  1. Die Verwaltungsbehörde gibt die Sache an die zuständige Staatsanwaltschaft, wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass die Tat eine Straftat ist ( § 41 Abs. 1 OWiG). Ein Anhaltspunkt für eine Straftat ist schon dann gegeben, wenn die Sache nicht eindeutig nur als Ordnungswidrigkeit zu verfolgen ist.
  2. Eine Sache ist an die Staatsanwaltschaft abzugeben, wenn die Handlung gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit ist ( § 21 Abs. 1 OWiG).
  3. Im Falle des Buchstaben b kann die Handlung jedoch als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, wenn eine Strafe nicht verhängt wird ( § 21 Abs. 2 OWiG).

10. Einspruch

Die betroffene Person kann gegen den Bußgeldbescheid innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, Einspruch einlegen ( § 67 Abs. 1 OWiG).

11. Verfahren nach Einspruch

  1. Der Einspruch ist unzulässig, wenn er nicht fristgemäß eingelegt worden ist. In diesen Fällen ist es zweckmäßig, die betroffene Person auf die Fristüberschreitung hinzuweisen und zu fragen, ob sie den Einspruch zurücknehmen will. Ansonsten ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen. Der Einspruchsführer ist hierbei über den Rechtsbehelf des Antrages auf gerichtliche Entscheidung zu belehren ( § 69 Abs. 1 OWiG).
  2. Hält die Behörde auf einen zulässigen Einspruch hin ihren Bußgeldbescheid aufrecht, vermerkt sie die Gründe dafür in den Akten, die sie der zuständigen Staatsanwaltschaft übersendet ( § 69 Abs. 3 OWiG). Mit dem Eingang der Akten bei der Staatsanwaltschaft wird diese für die Verfolgung und Ahndung der Ordnungswidrigkeit zuständig.

12. Rücknahme des Bußgeldbescheides

  1. Die Verwaltungsbehörde nimmt den Bußgeldbescheid zurück, wenn der Einspruch zulässig und begründet ist. Zur Prüfung der Begründetheit kann die Verwaltungsbehörde in einem Zwischenverfahren neue Sachermittlungen anordnen oder selbst vornehmen ( § 69 Abs. 2 OWiG).
  2. Der Bußgeldbescheid kann von der Verwaltungsbehörde bis zur Abgabe an die Staatsanwaltschaft zurückgenommen werden. So sollte zum Beispiel dann verfahren werden, wenn nach Erlass des Bescheids Gründe bekannt werden, die bei rechtzeitiger Kenntnis zur Einstellung des Verfahrens geführt hätten.
  3. Zu beachten ist, dass bei Rücknahme eines Bußgeldbescheides die betroffene Person Anspruch auf Erstattung der Kosten haben kann.

II. Grundsätze für die Bemessung der Geldbuße

13. Regel- und Rahmensätze für vorsätzliche Zuwiderhandlungen

Die nachstehend im Katalog ausgewiesenen Geldbußen sind Regel- und Rahmensätze für vorsätzliche Zuwiderhandlungen.

14. Grundsätze für die Erhöhung oder Ermäßigung der Regel- und Rahmensätze sowie für die Konkretisierung von Rahmensätzen

  1. Allgemeines
    Die Regel- und Rahmensätze können nach den Grundsätzen des § 17 Abs. 3 OWiG je nach den Umständen des Einzelfalles erhöht oder ermäßigt werden. Für die konkrete Festsetzung innerhalb eines Rahmensatzes ist sinngemäß zu verfahren.
  2. Erhöhung
    Eine Erhöhung kommt insbesondere in Betracht, wenn aa) das Ausmaß der Umweltbeeinträchtigung nach den Umständen des Falles ungewöhnlich groß ist oder bb) die betroffene Person
    aaa) sich uneinsichtig zeigt,
    bbb) bereits einmal wegen einer gleichartigen Ordnungswidrigkeit innerhalb der letzten drei Jahre mit einer Geldbuße belegt oder förmlich (schriftlich) verwarnt worden ist,
    ccc) die Ordnungswidrigkeit im Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes oder eines Gewerbes begeht oder
    ddd) in außergewöhnlich guten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt.
    Bei der Bemessung der Geldbuße ist von den Regel- und Rahmensätzen des Bußgeldkataloges auszugehen; die Geldbuße soll jedoch unter Berücksichtigung der Dauer des rechtswidrigen Zustandes erhöht werden.
  3. Ermäßigung
    Eine Ermäßigung kann insbesondere in Betracht kommen, wenn
    aa) das Ausmaß der Umweltbeeinträchtigung nach den Umständen des Falles ungewöhnlich gering ist,
    bb) der Vorwurf, aus besonderen Gründen des Einzelfalles geringer als für durchschnittliches vorwerfbares Handeln erscheint,
    cc) die betroffene Person Einsicht zeigt, so dass eine Wiederholung nicht zu befürchten ist,
    dd) die vorgeschriebene Geldbuße zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung führen würde oder ee) die wirtschaftlichen Verhältnisse außergewöhnlich schlecht sind.
  4. Gewinnabschöpfung
    Hat die betroffene Person wirtschaftliche Vorteile aus der Tat gezogen, so soll die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil übersteigen ( § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG); auf diese Weise soll unlauteres Gewinnstreben bekämpft und sichergestellt werden, dass keine wirtschaftlichen Vorteile aus der Verletzung von Umweltschutzvorschriften gezogen werden können. Zwischen den erstrebten und erreichten Vorteilen einerseits und der Höhe der Sanktionen andererseits ist ein angemessenes Verhältnis herzustellen. Hierzu kann das gesetzliche Höchstmaß der Geldbuße überschritten werden, wenn es sonst nicht möglich wäre, den wirtschaftlichen Vorteil, der aus der Tat gezogen wurde, abzuschöpfen ( § 17 Abs. 4 Satz 2 OWiG).
  5. Verfall von Vermögensvorteilen
    Hat die betroffene Person oder ein Dritter, für den sie gehandelt hat, wirtschaftliche Vorteile aus der Tat gezogen und wird ein Bußgeldverfahren nicht eingeleitet, eingestellt oder eine Geldbuße nicht festgesetzt, so kann der Verfall eines Geldbetrages bis zur Höhe des erlangten Vermögensvorteils angeordnet werden, wobei die Höhe des Vermögensvorteils geschätzt werden kann ( § 29a OWiG).

15. Fahrlässiges Handeln

Soweit fahrlässiges Handeln mit Bußgeld bedroht ist, soll im Regelfall von der Hälfte der Regel- und Rahmensätze nach Nummer 13 ausgegangen werden. Das gesetzliche Höchstmaß der Geldbuße nach § 17 Abs. 2 OWiG darf dabei nicht überschritten werden. Die Grundsätze nach Nummer 14 gelten entsprechend.

III. Besondere Hinweise

16. Tateinheit

  1. Begriff
    Verletzt dieselbe Handlung mehrere Rechtsvorschriften, nach denen sie als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann, oder eine solche Rechtsvorschrift mehrmals, wird nur eine Geldbuße festgesetzt. Die Geldbuße wird nach Maßgabe der Rechtsvorschrift mit der höchsten Geldbuße festgesetzt ( § 19 OWiG).
  2. Dauerordnungswidrigkeiten
    Eine Dauerzuwiderhandlung liegt vor, wenn der durch die Verletzung einer Rechtsvorschrift begründete Zustand vorsätzlich oder fahrlässig über einen gewissen Zeitraum aufrechterhalten wird und sich der Vorwurf auch auf die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustands bezieht. Hier liegt nur eine Zuwiderhandlung vor.

17. Tatmehrheit

Werden durch mehrere rechtlich selbständige Handlungen mehrere Ordnungswidrigkeiten begangen, so wird für jede eine Geldbuße gesondert festgesetzt ( § 20 OWiG).

18. Besondere Personengruppen

  1. Handelt jemand für einen anderen, ist § 9 OWiG zu beachten.
  2. Gegen juristische Personen und Personenvereinigungen kann unter den Voraussetzungen des § 30 OWiG ei Geldbuße festgesetzt werden.
  3. Wegen Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen durch die Inhaber oder ihnen gleichstehende Personen wird auf § 130 OWiG hingewiesen.

19. Zahlung der Geldbuße

Nach Ablauf der Einspruchsfrist wird der Bußgeldbescheid rechtskräftig und damit vollstreckbar. Die Vollstreckung des Bußgeldbescheides richtet sich nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz für den Freistaat Sachsen (SächsVwVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2003 (SächsGVBl. S. 614, 913), geändert durch Artikel 25 des Gesetzes vom 29. Januar 2008 (SächsGVBl. S. 138, 160). Falls die Geldbuße nicht bezahlt wird, kann die Vollstreckungsbehörde beim Amtsgericht Antrag auf Anordnung von Erzwingungshaft stellen ( § 96 Abs. 1 OWiG).

IV. Inkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2008 in Kraft.

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