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Regelwerk

Altlastenerlass - Berücksichtigung von Flächen mit Bodenbelastungen, insbesondere Altlasten, in der Bauleitplanung und im Baugenehmigungsverfahren
- Schleswig-Holstein -

Vom 5. März 2001
(Amtsbl. Schl.-H. 2001 S. 182)
Gl.-Nr.: 2131.13



Zur aktuellen Fassung

Gemeinsamer Erlass des Innenministeriums -IV 63-511.557 und des Ministeriums für Umwelt, Natur und Forsten - V 52- 5821.12.1 - vom 5. März 2001

1 Verhältnis des Bundes-Bodenschutzgesetzes sowie der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung zum Baugesetzbuch

1.1 Gegenstand des Erlasses

Die Überplanung oder Nutzung (z.B. durch Überbauung) von Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind, stellt die Gemeinden bei der Bauleitplanung und die Bauaufsichtsbehörden bei der Genehmigung von Vorhaben vor Probleme.

Der Altlastenerlass des Innenministeriums vom 15. Juni 1993 (-IV 810 b -515.211.28-) zu diesem Thema konkretisierte die Anforderungen an die Aufstellung der Bauleitpläne, die Zulässigkeit von Vorhaben und die Berücksichtigung von Altlasten im Baugenehmigungsverfahren.

Inzwischen sind neue Rechtsgrundlagen zum Bodenschutz in Kraft getreten (Bundes-Bodenschutzgesetz - BBodSchG - vom 17. März 1998- BGBl. I S. 502 - und Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung - BBodSchV - vom 12. Juli 1999 - BGBl. I S. 1554 -). Dieser Erlass aktualisiert den Erlass vom 15. Juni 1993 unter Berücksichtigung der. neuen Rechtslage. Er befasst sich mit der Berücksichtigung von Bodenbelastungen bei der Bauleitplanung und der Genehmigung von Vorhaben und zeigt die Schnittstellen zwischen beiden Rechtsbereichen und dem Bodenschutzrecht auf.

Gegenstand des Erlasses sind nicht die allgemeinen Vorschriften zum Bodenschutz, wie sie z.B. in § 1a Abs. 1, § 35 Abs. 3 und 5, § 179 und 202 BauGB, in §§ 3, 9 und 86 Abs. 1 Satz 2 LBO enthalten sind. Gegenstand des Erlasses sind ebenfalls nicht die speziellen, für die Grundstückseigentümer, die Inhaber der tatsächlichen Gewalt und die Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung (s. § 4 Abs. 1 und 2 BBodSchG) sowie die Bodenschutzbehörden geltenden Bestimmungen des Bundes-Bodenschutzgesetzes und der hierzu ergangenen Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung.

1.2 Auswirkungen des Bodenschutzrechts auf die Bauleitplanung

Das Bundes-Bodenschutzgesetz enthält Grundsätze und Pflichten zur Abwehr schädlicher Bodenveränderungen und zur Sanierung schädlicher Bodenveränderungen und Altlasten. Die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung enthält nähere Regelungen zum Vollzug des Bundes-Bodenschutzgesetzes. Zuständig für dessen Vollzug sind die Kreise und kreisfreien Städte als Bodenschutzbehörden (§ 1 der Landesverordnung über die zuständigen Behörden nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz vom 8. Februar 1999 - GVOBl. Schl.-H. S. 58 -).

Das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht einerseits und das Bodenschutzrecht andererseits überschneiden sich nicht, denn § 3 Abs. 2 BBodSchG verankert den Grundsatz der Subsidiarität. Das Bundes-Bodenschutzgesetz ist auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten nicht anzuwenden, soweit bereits Vorschriften des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts Einwirkungen auf den Boden regeln.

Das Bodenschutzrecht verfolgt die Sicherung und Wiederherstellung der Bodenfunktionen einschließlich der Gefahrenabwehr. Das Bauplanungsrecht hat die städtebauliche Gesamtplanung zum Gegenstand, die die (zukünftigen) Einwirkungen auf den Boden regelt. Die Frage, wie eine Bodenbelastung in der Gesamtplanung zu berücksichtigen ist, bleibt ein Problem des Bauplanungsrechts. Gleiches gilt für das Bauordnungsrecht.

Dennoch kann, sich eine Entlastung der bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Verfahren ergeben durch:

Die gesetzliche Zuständigkeit der Bodenschutzbehörden ist auf die Sanierung schädlicher Bodenveränderungen und Altlasten (§ 2 Abs. 3 und 5 BBodSchG) beschränkt. Eine Gefahr im Sinne des Bodenschutzgesetzes, die die Zuständigkeit der Bodenschutzbehörden begründet, besteht nur, wenn angesichts der vorhandenen Situation eine Gefahr vorliegt. Gefahren, die sich erst einstellen, wenn das Grundstück nach Maßgabe einer Überplanung mit (empfindlicheren) Nutzungen oder nach §§ 34 bzw. 35 BauGB bebaut wird, begründen keine Zuständigkeit der Bodenschutzbehörde.

Es ist Aufgabe der planenden Gemeinde bzw. der Bauaufsichtsbehörde, durch

die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung (§ 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB) bzw. die öffentliche Sicherheit, insbesondere Leben und Gesundheit (§ 3 Abs. 2 LBO), zu gewährleisten.

Etwas anderes gilt nur, wenn sich die schädliche Bodenveränderung oder Altlast in den Bereich anderer Grundstücke mit bereits vorhandener, empfindlicherer Nutzung ausbreitet oder auszubreiten droht. Dies stellt eine Gefahr für das benachbarte Grundstück dar, die die Bodenschutzbehörde auch dann zum Einschreiten verpflichtet, wenn sich auf dem (z.B. unbebauten) Ausgangsgrundstück noch keine Gefahrensituation gebildet hat.

Die Regelung des § 4 Abs. 4 BBodSchG weitet nicht die Zuständigkeiten der Bodenschutzbehörde aus, sondern betrifft lediglich die Art und Weise, wie die Pflichten nach § 4 Abs. 1 bis 3 BBodSchG erfüllt werden. Die Regelung des § 4 Abs. 4 BBodSchG hebt den Zielkonflikt zwischen einer Totalsanierung bzw. der Erhaltung oder Wiederherstellung der Multifunktionalität des Bodens (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BBodSchG) und einer nur nutzungsbezogenen Sanierung zugunsten letzterer auf. Deshalb orientiert sich die Erfüllung der Pflichten nach § 4 Abs. 1 bis 3 BBodSchG an der planungsrechtlich zulässigen Nutzung oder der baulichen Prägung des Gebiets unter Berücksichtigung der absehbaren Entwicklung.

1.3 Begriffe

Das Bundes-Bodenschutzgesetz und die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung arbeiten mit Begriffen, die auch im Rahmen der Bauleitplanung und im Bauordnungsrecht Verwendung finden können. Deshalb werden diese Begriffe im Verhältnis zu den Begriffen, die sich aus dem Baugesetzbuch bzw. der Landesbauordnung ergeben, kurz erläutert:

1.4 Anwendung von Werten der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung in der Bauleitplanung

Das Bodenschutzrecht knüpft an die Überschreitung bestimmter Werte bestimmte Rechtsfolgen und Maßnahmen. Diese Regelungen können auch für die Bauleitplanung von Bedeutung sein, sind jedoch wegen des unterschiedlichen Ansatzes (Sicherung und Wiederherstellung der Bodenfunktionen einschließlich der Gefahrenabwehr im Bodenschutzrecht - vgl. § 1 BBodSchG/Städtebauliche Gesamtplanung unter Berücksichtigung aller Belange in der Bauleitplanung -) nicht direkt übertragbar. Die Tatsache, dass in Tabelle 1 des Anhangs 1 und in Nr. 1 des Anhangs 2 zur Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung in Anlehnung an bauplanungsrechtliche Kriterien zwischen verschiedenen Nutzungen unterschieden wird, macht jedoch Parallelen deutlich.

Ein Bauleitplan darf nicht zu städtebaulichen Missständen oder Gefahren im Sinne des Ordnungsrechts bzw. nicht zu Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen im Sinne des Bundes-Bodenschutzgesetzes führen oder sie sanktionieren. Der Bebauungsplan hat unterhalb dieser Schwelle Schutz zu gewährleisten (sog. bauleitplanerisches Vorsorgeprinzip).

Schadstoff-Konzentrationswerte speziell für Zwecke der Bauleitplanung gibt es nicht. Die Werte der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung können jedoch für die Bauleitplanung herangezogen werden.

Die Prüfwerte des Bodenschutzrechts markieren eine "Gefahrenschwelle im ungünstigen Fall". Die Unterschreitung der Prüfwerte wird dem Anspruch des Baugesetzbuches nach "gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnissen" (§ 1 Abs. 5 BauGB) am ehesten gerecht. Die Unterschreitung der Prüfwerte schließt in der Regel eine Gefahr aus. Sie können daher als Orientierung bei der Bauleitplanung herangezogen werden. Im Sinne der planerischen Vorsorge kann es sinnvoll sein, eine Unterschreitung der Prüfwerte anzustreben und auch auf nur gering belasteten Flächen keine empfindliche Nutzung vorzusehen, wenn Nutzungsalternativen vorhanden sind. Deshalb sind die Gemeinden nicht gehindert, kontaminierte Flächen auch bei einer Unterschreitung der Gefahrenschwelle vor Inkrafttreten des B-Planes zu sanieren. Zu Kostenpflichtigen bzw. Störern nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz werden Grundstückseigentümer bei bestehender Bebauung oder sonstiger Nutzung jedoch erst, wenn die nach dem Bodenschutzrecht jeweils zulässigen Werte erreicht und im Einzelfall Maßnahmen erforderlich werden. Das gleiche gilt im Bereich des Bauordnungsrechts; die Gefahrenbegriffe differieren nicht.

2 Bodenbelastungen im Bauleitplanverfahren

2.1 Nachforschungspflicht bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials

Anlass zu einer Nachforschung wegen Bodenbelastungen in einem Bauleitplanverfahren besteht, wenn der Gemeinde Anhaltspunkte über das mögliche Bestehen von Bodenbelastungen vorliegen oder sich aus behördlichen oder allgemein zugänglichen Informationsquellen ein Verdacht auf Bodenbelastungen ergibt.

Informationsquellen können bestehen in

Einem lediglich vagen Verdacht und Hinweisen auf völlig unerhebliche Bodenverunreinigungen braucht die Gemeinde nicht nachzugehen.

Bei einem Verdacht muss die Gemeinde sich gezielt Klarheit verschaffen über Art und Umfang der Bodenbelastung sowie über das Gefahrenpotential. Die Gemeinde soll die in Betracht kommenden Behörden, z.B. die

unter Darlegung des Verdachts nach Erkenntnissen über die Bodenveränderungen fragen und um Stellungnahme zu deren Auswirkungen bitten.

Wenn diese Stellungnahmen nicht ausreichen, wird ein Gutachten eines Sachverständigen (s. § 18 BBodSchG) erforderlich sein. Wird ein Gutachten zur Ermittlung der Bodenbelastung vergeben, sollte der Auftrag sich nicht nur auf Lage und Ausdehnung, sondern auch auf die Auswirkungen der Bodenbelastung auf die geplanten Nutzungen erstrecken. Es empfiehlt sich, ferner klären zu lassen, ob bzw. welche Maßnahmen zur Sanierung einer Bodenbelastung erforderlich sind. Die Kosten für das Gutachten hat die Gemeinde zu tragen, soweit sie die Kosten nicht durch städtebaulichen Vertrag (§ 11 BauGB) auf einen Investor abwälzen kann (s. Tz. 5).

Vielfach wird es sich empfehlen, dass die Gemeinde in ähnlicher Weise vorgeht wie die Bodenschutzbehörde und sich von dieser Behörde beraten lässt. Die Vorgehensweise hat daher soweit möglich in Anlehnung an die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung zu erfolgen.

Empfehlungen bezüglich Erfassung, Untersuchung und Bewertung enthalten die Arbeitshilfen, die vom Landesamt für Natur und Umwelt herausgegeben werden.

2.2 Berücksichtigung von Bodenbelastungen

Werden Bodenbelastungen vor Inkrafttreten eines Bebauungsplanes oder einer Satzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 oder 3 BauGB in einem für die künftige Nutzung ausreichenden Maße saniert, braucht die Planung auf die Bodenbelastungen keine Rücksicht zu nehmen.

Bleibt eine Bodenbelastung bestehen, hat der Bebauungsplan oder die Baurechte schaffende Satzung die Bodenbelastung so zu berücksichtigen, dass trotz ihres Fortbestehens keine Gefahren drohen.

Eine festgestellte Bodenbelastung kann das Planaufstellungsverfahren unterschiedlich gestalten:

Eine Festsetzung im Bebauungsplan, dass die Nutzung erst nach der Sanierung der Bodenbelastung aufgenommen werden darf, ist nicht zulässig. Eine Weiterführung des Verfahrens mit dem bisherigen Planinhalt ist dagegen möglich, wenn jeder Grundstückseigentümer sein Grundstück mit angemessenem Aufwand selbst sanieren kann. Bei großräumigen Verunreinigungen, die nur insgesamt beseitigt werden können, ist eine Fortsetzung der Planung nur zulässig, wenn durch zusätzliche Regelungen sichergestellt ist, dass vor Aufnahme der plangemäßen Nutzung die Bodenbelastung saniert wird.

Der Erläuterungsbericht bzw. die Begründung müssen hinreichende Aussagen zur Bodenbelastung und zu ihrer Vereinbarkeit mit der künftigen Nutzung oder über ihre Beseitigung enthalten.

Eine Kennzeichnung nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 bzw. § 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB befreit die Gemeinde nicht von der Pflicht zur sachgemäßen Abwägung.

Folgendes ist zu beachten:

§ 9 BauGB und die Baunutzungsverordnung enthalten keine speziellen, auf Bodenbelastungen zugeschnittenen Festsetzungsmöglichkeiten. Einer Bodenbelastung kann dennoch durch die Wahl bestimmter Festsetzungen Rechnung getragen werden, wie z.B.

2.3 Einzelheiten zur Anwendung der Prüf- und Maßnahmenwerte bei unterschiedlichen Wirkungspfaden und Nutzungen

Die für die Bauleitplanung heranziehbaren Prüf- und Maßnahmenwerte in Anhang 2 Nr. 1 und 2 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung differenzieren nach Wirkungspfaden (Boden-Mensch und Boden-Pflanze) und Nutzungen.

2.3.1 Zuordnung der Prüf- und Maßnahmenwerte zu unterschiedlichen Nutzungen

Die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung nimmt Rücksicht auf unterschiedliche empfindliche Nutzungen.

Anhang 2 der Verordnung unterscheidet hinsichtlich des Wirkungspfades Boden-Mensch (direkter Kontakt) zwischen

Kann für bestimmte Flächen eine Nutzung durch Kinder nicht ausgeschlossen werden, so sind diese Flächen wie Kinderspielflächen zu bewerten. Gleiches gilt für Wohngärten.

Die für Industrie- und Gewerbegrundstücke genannten Werte gelten nur für unbefestigte Flächen. Soweit Flächen überbaut oder sonst versiegelt sind, können höhere, in der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung nicht genannte Werte hingenommen werden. Da auf Gewerbe- oder Industriegrundstücken auch Anlagen für soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke zulässig sind, darf die Gemeinde nicht allein auf die Werte für Industrie- und Gewerbegrundstücke abstellen. Maßgebend ist die empfindlichste zulässige Nutzung. Die Gemeinde kann steuernd eingreifen, indem sie bestimmte Nutzungen ausschließt oder das Baugebiet gliedert und empfindlichere Nutzungen nur in bestimmten Bereichen des Bebauungsplans zulässt (s. § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO). Hierdurch wird erreicht, dass das Gebiet trotz einer teilweisen höheren Empfindlichkeit ohne Sanierung überplant und bebaut werden kann.

Eine nach § 33 BauGB zulässige Nutzung ist ebenfalls eine planungsrechtlich zulässige Nutzung im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 1 BBodSchG.

Hinsichtlich des Wirkungspfades Boden-Nutzpflanze unterscheidet Anhang 2 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung zwischen den Nutzungen

Je nach Nutzungsart sind die Prüf- bzw. Maßnahmenwerte (s. Anhang 2 Nr. 1.2; 1.3; 1.4; 2.2 und 2.3 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung) unterschiedlich hoch.

Wirkungspfad Boden-Grundwasser

Da die Gefahrenbeurteilung beim Wirkungspfad Boden-Grundwasser unabhängig von der Nutzung erfolgt, ergibt sich bei einer Nutzungsänderung keine Änderung der Bewertung einer Bodenbelastung. Die in Anhang 2 Nr. 3 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung genannten Prüfwerte für den Wirkungspfad Boden-Grundwasser sind von Bedeutung, wenn sie nicht zur Gefährdung der Bebauung, aber zur Gefährdung des Grundwassers führen können. Denn die Gemeinde darf keine Flächen überplanen und (Bau-) Rechte schaffen, deren Ausnutzung eine Sanierung des Bodens zum Schutz des Grundwassers erschwert oder verteuert. Es ist zu berücksichtigen, dass Baumaßnahmen zur Freisetzung einer bisher nicht mobilen Schadstoffkontamination führen können und deshalb gesonderte Beurteilungen notwendig sind.

2.3.2 Ableitung weiterer Prüf- und Maßnahmenwerte

Stoffe und Substanzen, für die in der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung keine Prüf- und Maßnahmenwerte genannt sind, sind im Einzelfall zu beurteilen. Eine Ableitung entsprechender Werte muss auf der Basis der Ableitungsgrundsätze des Bundes (Bekanntmachung über Methoden und Maßstäbe für die Ableitung der Prüf- und Maßnahmenwerte nach der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung vom 18. Juni 1999 - Bundesanzeiger Nr. 161a, Jahrgang 51) erfolgen. Es empfiehlt sich, in solchen Fällen das Landesamt für Natur und Umwelt einzuschalten.

2.4 Kennzeichnung in Bauleitplänen

Zur Information und Warnung sollen nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BauGB im Flächennutzungsplan nur die für eine bauliche Nutzung vorgesehenen Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind, gekennzeichnet werden. Sofern Bodenbelastungen im sonstigen Geltungsbereich des Flächennutzungsplanes bekannt sind, sollte in der Erläuterung hierauf verwiesen werden.

Im Bebauungsplan wird für sämtliche Flächen eine Kennzeichnung verlangt; es besteht keine Beschränkung auf Flächen für bauliche Nutzungen (§ 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB).

Soweit bekannt, sollen im Erläuterungsbericht bzw. in der Begründung auch Art und Umfang der Bodenbelastung genannt werden.

2.5 Bodenbelastungen im Bereich Baurechte schaffender Satzungen

Der Erlass einer Entwicklungs- oder einer Ergänzungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 BauGB setzt nach dessen Satz 3 voraus, dass die Satzung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist. Damit gelten für den Erlass dieser Satzungen hinsichtlich Bodenbelastungen die gleichen Grundsätze wie für die Aufstellung eines Bebauungsplanes.

2.6 Bauleitplanung trotz Bodenbelastungen

Ein Bauleitplan kann auch bei Überschreiten der maßgebenden Werte in Kraft gesetzt werden, wenn die Grundstückseigentümer ihre Grundstücke mit vertretbaren Kosten selbst sanieren können. Diese Möglichkeit scheidet aus, wenn bei großflächigen Bodenverunreinigungen eine erneute Verunreinigung des sanierten Grundstückes durch das Umfeld droht. Es kann dem Grundstückseigentümer in der Regel nicht zugemutet werden, mit den übrigen Betroffenen Vereinbarungen über eine koordinierte Gesamtsanierung zu treffen.

Denkbar wäre, dass sich die Grundstückseigentümer durch Vertrag, der durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit abgesichert ist, zur zügigen Durchführung einer Sanierung verpflichten. Die faktische Verantwortung für die baldige Durchführung bleibt in diesen Fällen bei der Gemeinde; deshalb wird von dieser Lösung abgeraten. Eine Absicherung der Sanierungsverpflichtung durch Baulast (§ 89 LBO) würde den unteren Bauaufsichtsbehörden die Überwachung des Vollzugs aufbürden; auch hiervon wird abgeraten.

Ein Bebauungsplan kann trotz Überschreiten der zulässigen Werte auch dann in Kraft gesetzt werden, wenn Gefahren durch vertretbare Auflagen zur Baugenehmigung verhindert werden können.

In diesem Fall sollte der Bebauungsplan außer der Kennzeichnung einen Hinweis auf notwendige, besondere Formen der Bauausführung enthalten.

2.7 Erläuterung bzw. Begründung des Bauleitplans oder der Satzung

Im Erläuterungsbericht ist darzulegen, welche Gründe für die Ausweisung der baulichen Nutzung trotz der bekannten Bodenbelastung maßgebend sind. Gegebenenfalls ist darauf einzugehen, welche Maßnahmen oder Vorkehrungen (s. § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB) zu treffen sind, damit die städtebauliche Ordnung und Entwicklung gesichert werden kann und planerisch keine Missstände vorbereitet werden.

Bei der Überplanung von Bodenbelastungen kommen in der Begründung zu Bebauungsplänen oder Baurechte schaffenden Satzungen Aussagen zu folgenden Punkten in Betracht:

3 Bodenbelastungen und rechtswirksame Bebauungspläne

Bestand bereits im Planaufstellungsverfahren der Verdacht einer Bodenbelastung oder stellt sich nachträglich heraus, dass im Plangebiet eine Bodenbelastung vorhanden ist, kann der Bebauungsplan im ergänzenden Verfahren nach § 215a BauGB geheilt werden, wenn die erforderlichen materiellen Änderungen die Grundzüge der Planung nicht berühren. Durch Zurückstellung von Baugesuchen bzw. vorläufige Untersagung von Vorhaben (§ 15 BauGB) oder eine Veränderungssperre (§ 14 BauGB) kann die Bebauung einer belasteten Fläche unterbunden werden, bis ihre Nutzbarkeit geklärt ist.

Können die Grundzüge der Planung nicht gewahrt werden (z.B. aufgrund einer notwendigen Umplanung in eine weniger empfindliche Nutzung), ist ein Planänderungsverfahren erforderlich.

Kann durch eine Sanierung oder durch Maßnahmen des Bauordnungsrechts der Gefahr begegnet werden, ist eine sonst notwendige Änderung des Bebauungsplans entbehrlich.

4 Aufgaben der Bauaufsichtsbehörde

4.1 Baugenehmigungsverfahren

Die Bauaufsichtsbehörden haben im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen, ob das Vorhaben aufgrund der Bodenbelastungen ohne Auflagen, nur mit Auflagen oder erst nach vorheriger Sanierung genehmigt werden kann.

Nach § 3 Abs. 2 LBO sind bauliche Anlagen sowie Grundstücke, andere Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 LBO so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit, insbesondere Leben oder Gesundheit, nicht gefährdet werden. Diese Generalklausel wird durch § 18 i.V.m. § 4 Abs. 1 LBO im Hinblick auf den Schutz vor schädlichen Einflüssen konkretisiert. Danach muss das Baugrundstück nach seiner Beschaffenheit für die bauliche Anlage geeignet sein, so dass durch Wasser, Feuchtigkeit sowie andere chemische, physikalische oder biologische Einflüsse keine Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen entstehen.

Neben der bauordnungsrechtlichen Unzulässigkeit ergibt sich die planungsrechtliche Unzulässigkeit aus §§ 34 Abs. 1 oder 35 BauGB. Nach § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB müssen gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben. Nach § 35 Abs. 1, 2 und Abs. 4 BauGB dürfen den Vorhaben keine öffentlichen Belange entgegenstehen bzw. die Vorhaben dürfen öffentliche Belange nicht beeinträchtigen. Zu den öffentlichen Belangen gehört, dass kein Vorhaben schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt ist (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB).

Im Baugenehmigungsverfahren (§ 73 LBO) sind in den Bauvorlagen bei vorhandenen Bodenbelastungen deren Art und Umfang zu benennen und geplante Sanierungsmaßnahmen anzugeben. Die Bauaufsichtsbehörde hat zu prüfen, ob die von der Bauherrin oder dem Bauherrn angegebenen Sanierungsmaßnahmen ausreichen. Die Bauaufsichtsbehörde kann die Vorlage von Gutachten verlangen (§ 18 i.V.m. § 4 Abs. 1 und § 70 Abs. 2 LBO) oder nach Anhörung und auf Kosten der Bauherrin oder des Bauherrn Sachverständige oder sachverständige Stellen heranziehen (§ 66 Abs. 2 Satz 1 LBO). Es empfiehlt sich die Heranziehung von Sachverständigen oder Untersuchungsstellen nach § 18 BBodSchG. Die Bodenschutzbehörde sollte in jedem Fall beteiligt werden.

Gehen von der Bodenbelastung Gefahren für das geplante Bauvorhaben aus, kann das Vorhaben nicht oder nur mit Nebenbestimmungen oder erst nach Beseitigung der Bodenbelastung genehmigt werden. Reicht es aus, durch bauliche Vorkehrungen eine Gefahr auszuschließen, genügt aus Gründen der Verhältnismäßigkeit diese Maßnahme. Die Bodenschutzbehörde ist auch in diesen Fällen zu beteiligen.

Die Bauaufsichtsbehörde hat die Gemeinde zu unterrichten, wenn sie Festsetzungen eines Bebauungsplans wegen der von einer Bodenbelastung ausgehenden Gefahren als fehlerhaft ansieht. Die Gemeinde muss dann prüfen, ob ein ergänzendes Verfahren (§ 215a BauGB) oder die Einleitung eines Verfahrens zur Aufhebung, Neuaufstellung oder Änderung des Bebauungsplanes notwendig ist.

4.2 Vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren und Baufreistellungsverfahren

Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren sind die am Bau Beteiligten allein dafür verantwortlich, dass Bodenbelastungen (ggf. durch eine besondere Bauausführung) Rechnung getragen wird. Die hier einschlägige Vorschrift des § 18 LBO ist nicht Prüfungsgegenstand im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren (§ 75 Abs. 2 Nr. 1 LBO).

Entsprechendes gilt im Baufreistellungsverfahren nach § 74 LBO. Der Bauherr ist für die Beachtung des sonstigen materiellen Rechts, d.h. auch dafür verantwortlich, dass sein Vorhaben mit den Bodenbelastungen vereinbar ist. Die Bauaufsichtsbehörde ist nicht besonders verpflichtet, Vorhaben in Bebauungsplangebieten mit Bodenbelastungen zu kontrollieren. Findet im Einzelfall eine Kontrolle statt und wird dabei die Unvereinbarkeit des Vorhabens mit der Bodenbelastung erkannt, soll der Baubeginn oder die Bauausführung untersagt werden.

5 Vertragliche Möglichkeiten im Rahmen der Bauleitplanung zur Sanierung von Bodenbelastungen

5.1 Sanierungsvertrag zwischen Bodenschutzbehörde und Investor unter Einbeziehung der Gemeinde

Stellt eine Bodenbelastung für eine vorhandene Bebauung oder sonstige Nutzung eine Gefahr dar, soll die Bodenschutzbehörde, wenn die weiteren Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 BBodSchG vorliegen, tätig werden. Sie kann von den zur Sanierung Verpflichteten die Vorlage eines Sanierungsplans verlangen. Sie kann

Soll ein öffentlich-rechtlicher Vertrag abgeschlossen werden, kann es sich empfehlen, dass die Bodenschutzbehörde neben dem oder den Sanierungsverpflichteten den Investor und die Gemeinde als Dritte am Vertrag beteiligt. Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages kann neben der Vorbereitung städtebaulicher Maßnahmen auch die Bodensanierung sein (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB). In diesem Fall erhält der Vertrag Bestandteile eines städtebaulichen Vertrages nach § 11 BauGB. Es können Wünsche der Gemeinde, z.B. zum zeitlichen Ablauf der Sanierung, berücksichtigt werden. In einem Vertrag zwischen Bodenschutzbehörde, Gemeinde und Investor kann auch vereinbart werden, dass der Investor die Sanierung übernimmt und der nach § 4 Abs. 3 BBodSchG Verpflichtete nur bei Ausfall des Investors eintritt. Der Vertrag sollte deutlich machen, dass das Recht der Bodenschutzbehörde unberührt bleibt, den nach § 4 Abs. 3 BBodSchG Verpflichteten heranzuziehen.

Im Vertrag sollte ferner geregelt werden, dass die Bodenschutzbehörde für alle Vertragsparteien verbindlich entscheidet, ob die Sanierung den Anforderungen genügt. Es sollte ferner geregelt werden, wer (Gemeinde oder Bodenschutzbehörde, ggf. nach gegenseitiger Abstimmung) den Vertrag kündigen kann.

5.2 Sanierungsvertrag zwischen Gemeinde und Investor unter Einbeziehung der Bodenschutzbehörde

Sanierungsverpflichtungen können in den Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan (§ 12 BauGB) aufgenommen und die Bodenschutzbehörde zur (weiteren) Vertragspartnerin gemacht werden.

Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan ist nur zulässig, wenn der Investor auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Planes zur Durchführung nicht nur bereit, sondern auch in der Lage ist. Das setzt regelmäßig voraus, dass er über alle Grundstücke im Plangeltungsbereich verfügt. Daher kann er in der Regel auch großflächige Bodenbelastungen beseitigen.

Im Vertrag kann insbesondere vereinbart werden, dass

Die Bodenschutzbehörde kann sich verpflichten,

Die Aufzählung ist nur beispielhaft.

Entsprechendes gilt für Vereinbarungen der Gemeinde mit dem Investor nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB, die der Vorbereitung oder Umsetzung eines Bauleitplanes dienen.

Es sollte in jedem Fall deutlich gemacht werden, dass die vertraglichen Vereinbarungen das Recht der Bodenschutzbehörde nicht einschränken, gegebenenfalls den Investor nach den Vorschriften des Bundes-Bodenschutzgesetzes in Anspruch zu nehmen.

6 Aufhebung von Erlassen

Meinen Erlass vom 15. Juni 1993 - IV 810b - 515.211.28 - (Altlastenerlass) (n.v.) hebe ich auf.

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