umwelt-online: Verordnung (EG) Nr. 440/2008 zur Festlegung von Prüfmethoden gemäß der VO (EG) Nr. 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) (44)

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C.48 Kurzzeit-Reproduktionstest an Fischen 17

Einleitung

1. Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 229 (2012). Die Entwicklung und Validierung eines Fischtests, mit dem endokrin aktive Chemikalien nachgewiesen werden können, geht auf die Befürchtung zurück, dass in der Umwelt vorhandene Chemikalien aufgrund ihrer Interaktion mit dem endokrinen System die Gesundheit von Mensch und Natur gefährden. 1998 hat die OECD vorrangig mit der Änderung bestehender und der Entwicklung neuer Leitlinien für Screening-Tests und die Untersuchung potenziell endokriner Disruptoren begonnen. Ein Teil dieser Arbeit bestand in der Entwicklung einer Prüfrichtlinie für das Screening von Chemikalien mit Wirkung auf das endokrine System von Fischen. Der Kurzzeit-Reproduktionstest an Fischen wurde im Rahmen laborübergreifender Untersuchungen an ausgewählten Chemikalien umfassend validiert, um die Relevanz und die Zuverlässigkeit des Tests für den Nachweis von Chemikalien mit Auswirkung auf die Reproduktion von Fischen durch verschiedene Mechanismen, einschließlich endokriner Modalitäten, zu demonstrieren ( 1) ( 2) ( 3) ( 4) ( 5). Alle Endpunkte der OECD-Prüfrichtlinie wurden an Dickkopfelritzen und eine Teilmenge der Endpunkte an Japanischen Reiskärpflingen (d. h. Vitellogenin und sekundäre Geschlechtsmerkmale) und Zebrabärblingen (d. h. Vitellogenin) validiert. Die Validierungsarbeit wurde einem Peer-Review durch eine Gruppe von Experten, die von den nationalen Koordinatoren des OECD Prüfrichtlinien-Programms ernannt wurden ( 6), und eine unabhängige Gruppe von Experten, die von der US-Umweltschutzbehörde (US-EPA) beauftragt wurde ( 29), unterzogen. Der Test ist nicht dafür vorgesehen, spezifische endokrinschädigende Wirkmechanismen zu identifizieren, denn die getesteten Fische besitzen eine intakte Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse (HHG- Achse), die auf unterschiedlichen Ebenen auf Chemikalien, die auf die HHG-Achse einwirken, reagieren kann.

2. Die vorliegende Prüfmethode entspricht einemIn-vivo-Screening-Assay, bei dem geschlechtsreife männliche und weibliche Fische gemeinsam gehalten und für einen begrenzten Teil ihres Lebenszyklus (21 Tage) einer Chemikalie ausgesetzt werden. Nach dieser21-tägigen Exposition werden bei männlichen und weiblichen Fischen zwei Biomarker-Endpunkte als Indikatoren einer endokrinen Wirkung der Prüfchemikalie gemessen; diese Endpunkte sind Vitellogenin und sekundäre Geschlechtsmerkmale. Vitellogenin wird bei Dickkopfelritzen, bei Japanischen Reiskärpflingen und bei Zebrabärblingen, die sekundären Geschlechtsmerkmale werden bei Dickkopfelritzen und Japanischen Reiskärpflingen gemessen. Darüber hinaus wird die quantitative Fruchtbarkeit während der Prüfung täglich überwacht. Ferner werden Gonaden konserviert. Anhand der Histopathologie kann die Reproduktionsleistung der Versuchstiere bewertet und der evidenzbasierten Bewertung anderer Endpunkte hinzugefügt werden.

3. Dieser Bioassay dient demIn-vivo-Screening der Reproduktion und seine Anwendung ist im Zusammenhang mit demOECD Conceptual Framework for the Testing and Assessment of Endocrine Disrupting Chemicals ( 30) zu sehen. In diesem konzeptionellen Rahmen wird der Kurzzeit-Reproduktionstest an Fischen auf Stufe 3 alsIn-vivo-Test vorgeschlagen, um Daten über ausgewählte endokrine Mechanismen/Wirkungspfade zu erhalten.

Ausgangsüberlegungen und Begrenzungen

4. Vitellogenin (VTG) wird gewöhnlich von der Leber weiblicher oviparer Vertebraten in Reaktion auf im Blutkreislauf zirkulierendes endogenes Östrogen produziert. VTG ist ein Vorläufer von Eidotterproteinen und wandert, einmal in der Leber produziert, über die Blutbahn zum Eierstock, wo es aufgenommen und von sich entwickelnden Eiern modifiziert wird. Vitellogenin ist im Plasma noch nicht geschlechtsreifer weiblicher und männlicher Fische kaum nachweisbar, da sich bei diesen noch nicht genügend zirkulierendes Östrogen gebildet hat. Die Leber kann Vitellogenin jedoch in Reaktion auf eine exogene Östrogenstimulation synthetisieren und absondern.

5. Die Messung der VTG-Konzentration ermöglicht den Nachweis von Chemikalien mit unterschiedlichen östrogenen Wirkungsweisen. Östrogen-wirksame Chemikalien können durch Messung der VTG-Induktion bei männlichen Fischen nachgewiesen werden, was in wissenschaftlichen Veröffentlichungen mit Peer Review umfassend dokumentiert wurde (z.B. ( 7)). VTG-Induktion wurde auch nach Exposition gegenüber aromatisierbaren Androgenen nachgewiesen ( 8) ( 9). Eine Reduktion des im Körper weiblicher Tiere zirkulierenden Östrogens, beispielsweise durch Hemmung der Aromatase, die endogenes Androgen in das natürliche Östrogen 172-¦stradiol umwandelt, bewirkt eine Verringerung der VTG-Konzentration, die zum Nachweis von Chemikalien mit aromatasehemmenden Eigenschaften verwendet wird ( 10) ( 11). Die biologische Relevanz der VTG-Reaktion nach einer Östrogen-/Aromatasehemmung ist erwiesen und wurde umfassend dokumentiert. Die VTG-Produktion bei weiblichen Tieren kann aber auch durch allgemeine Toxizität und nichtendokrine toxische Wirkungsweisen (z.B. durch Hepatotoxizität) beeinflusst werden.

6. Für Routinemessungen haben sich verschiedene standardisierte Verfahren bewährt, so der artspezifische ELISa (Enzyme-Linked Immunosorbent Assay), bei dem das in kleinen Blut- oder Leberproben einzelner Fische produzierte VTG immundiagnostisch quantifiziert wird ( 12) ( 13) ( 14) ( 15) ( 16) ( 17) ( 18

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