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30. Naphthalin
(CAS-Nr.: 91-20-3)

(BArbBl. 11/97 S. 64)


Recherchen wurden in den Literaturdatenbank NLM (1995) und TOXALL (1995) durchgeführt. Es wurden neben der Originalliteratur zu einstufungsrelevanten Studien im wesentlichen die zusammenfassenden Darstellungen zur Toxizität von Naphthalin von ATSDR (1995), Greim (1995) und HSE (draft, 1996) herangezogen.

Stoffidentität und -eigenschaften:

CAS-Nr.: 91-20-3
Summenformel:            C10H8
Molmasse: 128,16
Schmelzpunkt: 80,2 °C
Siedepunkt: 217,9 °C (bei l013 hPa)
Dampfdruck: 7,2 Pa (bei 20 °C)

Kanzerogenität:

Es liegen keine validen humanepidemiologischen Studien zur Beurteilung der Kanzerogenität von Naphthalin vor. Nicht abgesicherte Hinweise aus ostdeutschen Studien ergeben sich insbesondere für Larynxkarzinome bei beruflich exponierten Naphthalinreinigern (Wolf, 1976, 1978; Kup. 1978):

7 Tumorfälle unter 15 Exponierten (Naphthalinreiniger) werden beschrieben (4 Larynxkarzinome, 1 Magenkarzinom, 1 Blinddarmkarzinom, 1 malignes Lymphom) (Wolf, 1976). Sieben Arbeiter ohne Tumoren litten unter Nasen-/Rachen-Kehlkopfentzündungen (Wolf, 1978). Die Inzidenz von Larynxkarzinomen im dem von Wolf untersuchten Kollektiv ist um ca. den Faktor 4000 höher als die Inzidenz von Larynxkarzinomen in der damaligen DDR (NTP, 1992). Die Arbeiter waren Raucher und auch gegenüber anderen Substanzen exponiert (Greim, 1995).

Aus der DDR stammt auch eine weitere Untersuchung eines Patientenkollektivs mit Larynxkarzinomen, bei dem bei 4 von 12 Erkrankten eine Naphthalinexposition vorgelegen hatte, wobei jedoch der Einfluß u.a. von Tabakkonsum nicht ausgeschlossen werden konnte (Kup. 1978).

Nach Angaben der deutschen Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie liegen mehrere berufliche Krebserkrankungsfälle vor, bei denen eine Naphthalin-Exposition wahrscheinlich eine Rolle gespielt hat. Die Entschädigung der an Tumoren des Respirationstraktes (auch Larynxkarzinome) Erkrankten erfolgte aufgrund der Öffnungsklausel nach § 551, Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (BG Chemie, 1996).

Außerdem sind Fallberichte von kolorektalen Karzinomen nach oraler Aufnahme von Naphthalin nahthalinhaltiges Gebräu") dokumentiert (Ajao et al., 1988).

Eine tierexperimentelle Kanzerogenitätsstudie mit inhalativer Exposition wurde von NTP (1992) an B6C3F1-Mäusen durchgeführt. 75 Tiere/Geschlecht wurden dabei mit 0 bzw. 50 mg/m3. 150 Tiere/Geschlecht mit 150 mg/m3Naphthalin exponiert (6 h/d; 5 d/w; 104 w).

In männlichen Tieren wurde keine expositionsbedingt erhöhte Tumorinzidenz beobachtet. Bei weiblichen Tieren der höchsten Dosisgruppe von 150 mg/m3war die Tumorinzidenz für alveolare und bronchiolare Adenome im Vergleich zur Kontrolle signifikant erhöht. 1 hochexponiertes weibliches Tier wies ein alveolar/bronchiolares Karzinom auf. Die Inzidenz aller Lungentumoren (kombiniert) bei den hochdosierten weiblichen Tieren war auch höher als die in der historischen Kontrolle des NTP, die 7.8 % (Spanne 0 -16 %) betrug. Bei weiblichen Mäusen traten zudem nicht signifikant erhöht Hämangiosarkome bei 150 mg/m3auf (5/135 Tiere) im Vergleich zur Kontrolle (0/69) und zur niedrigen Dosisgruppe (0/65). Subkutane Tumoren der Haut waren nicht erhöht.

Bei beiden Konzentrationen wurde in beiden Geschlechtern Respirationstoxizität, chronische Entzündung der Nase und der Lunge, Hyperplasie des Lungenepithels, Metaplasien des Riechepithels festgestellt.

Die Überlebensrate der weiblichen exponierten Tiere war ähnlich der Kontrolle. Das Körpergewicht war nur geringfügig (< 10 %) gegenüber der Kontrolle reduziert. Dies gilt im wesentlichen auch für die männlichen Tiere. Bei den männlichen Kontrolltieren war jedoch die Überlebensrate aufgrund von Wunden und Sekundärverletzungen durch Kämpfe reduziert.

Konzentration mg/m3(Geschlecht) pulmonäre
Alveolar/
Bronchiolar-
Adenome
pulmonäre
Alveolar/
Bronchiolar-
Karzinome
Pulmonäre
Alveolar/
Bronchiolar
Tumoren
(gesamt)
  Tiere mit Tumoren/ Untersuchte Tiere
0 (w) 5/69 (7%) 0/69 (0%) 5/69 (7%)
50 (w) 2/65 (3%) 0/65 (0 %) 2/65 (3 %)
150 (w) 28/135 (21%) 1/135 (1%) 29/135 (22%)
0 (m) 7/70 (10%) 0/70 (0%) 7/70 (10%)
50 (m) 15/69 (22(70 3/69 (4%) 17/69 (25%)
150 (m) 27/135 (20%) 7/135(5%) 31/135 (23%)

Das Expertenkomitee des NTP (PEER-Review) wertet die Studie mit "some evidence" für eine kanzerogene Wirkung bei weiblichen Mäusen und "no evidence für eine kanzerogene Wirkung bei männlichen Mäusen. Die Wertung "some evidence" statt "clear evidence" erfolgte, weil es sich um überwiegend benigne Tumoren des Atemtraktes handelte. Die Bewertung der Hämangiosarkome wurde von der Mehrheim der Expertengruppe als nicht eindeutig expositionsbedingt angesehen, da die Häufigkeit im Bereich der historischen Kontrolle lag (NTP, 1992).

Bei einer zweiten Kanzerogenitätsstudie an Mäusen mit inhalativer Exposition gegenüber 50 und 150 mg/m3Naphthalin über 6 Monate (Adkins et al., 1986), die allerdings erhebliche Mängel enthält, wurde ebenfalls eine erhöhte Inzidenz von multiplen Adenomen in der Lunge im Vergleich zur Kontrolle nachgewiesen. Die Anzahl von Lungentumoren/tumortragende Maus war jedoch in der Kontrollgruppe ungewöhnlich niedrig.

Zur oralen chronischen Aufnahme von Naphthalin liegt eine Studie an Ratten vor, bei der 41 mg/kg x d (resorbiert) keine Hinweise auf Kanzerogenität erkennen ließen (Schmähl, 1955). Die Studie entspricht jedoch nicht den heutigen Anforderungen, um darauf einen Negativbefund abzusichern.

Mutagenität/Gentoxizität:

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(Stand: 20.08.2018)

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