Begründung zur Bewertung von Stoffen als sensibilisierend
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27. Glycerylmonothioglykolat
(CAS-Nr.: 30518-84-9)

Ausgabe: Juli 1999
(BArbBl. 8/1999 S. 83)



Stand: Mai 1999

(Mercaptoessigsäuremonoester mit 1,2,3-Propantriol, Thioglykolsäure-α -monoglycerylester)

Vorkommen:

Glycerylmonothioglykolat wird als Wellmittel in der sogenannten "sauren" Dauerwelle eingesetzt. Durch das Angebot von Alternativprodukten geht die Verwendung dieser Dauerwelle in Deutschland offenbar deutlich zurück.

Arbeitsmedizinische und experimentelle Daten:

Nach Einführung der sauren Dauerwelle, die Glycerylmonothioglykolat (GMTG) enthält, wurden 1980/81 nach nur 4 Monaten Exposition bei 5 von 7 Friseuren positive Tests auf GMTG beobachtet [14]. In Deutschland reagierten 9 von 32 Friseuren positiv auf GMTG [1]. 6 Kasuistiken über allergisches Ekzem durch GMTG bei Friseuren und anderen wurden aus Italien berichtet [10]. In einer Multizenter-Studie in Deutschland wurden 1989 196 Patienten, davon 87 Friseure, mit GMTG getestet. 43 (21,9 %) zeigten Reaktionen auf GMTG. Für 23 von den 33 Friseure mit positivem Test wurde Relevanz angenommen [2]. Ein Screening mit Friseurchemikalien erbrachte bei 178 Patienten aus 11 Kliniken eine Sensibilisierungsrate von 30,9 % [3]. Von 1990-1991 wurden in 8 deutschen Kliniken 191 Patienten mit Friseurchemikalien getestet, 65 (32 %) reagierten positiv auf GMTG [8].

In Europa wurden in einer Studie in 9 Zentren Sensibilisierungsraten von 0-51 % bei erkrankten Friseuren gefunden [4]. 34 (11,3 %) von 302 hautkranken Friseuren und 9 von 261 (3,4 %) Friseurkunden mit Dermatitis waren in Italien gegen GMTG sensibilisiert [5, 6]. 59 (57 %) von 103 Friseuren reagierten in den Niederlanden auf GMTG [12]. In Australien lag GMTG hinter Nickel und Thiuram an 3. Stelle der Berufsallergene für Frauen (12,5 % von 103 Frauen mit allergischer Kontaktdermatitis) [12].

3 Jahre nach Einführung des GMTG in den neuen Bundesländern betrug die Sensibilisierungsrate bei 68 Friseuren mit Händeekzem 45,8 % [13].

Nur selten werden kombinierte Reaktionen mit Ammoniumthioglykolat festgestellt [3, 13].

Die Ester der Thioglykolsäure haben im Tierversuch eine höhere sensibilisierende Potenz als die Salze [9]. Daten zum GMTG liegen nicht vor.

Bewertung:

Aufgrund der hohen Sensibilisierungsraten in Exponiertenkollektiven nach kurzer Expositionszeit, der Kasuistiken und des Nachweises ist sensibilisierende Wirkung durch Hautkontakt (R43) ausreichend belegt.

Literatur:

[1] Frosch, P. J.: Aktuelle Kontaktallergene. Z. Hautkr. 62 (1987), 1631-1638

[2] Frosch, P. J.; Kleinhans, D.; Fuchs, T.; Schnuch, A.; Ippen, H.; Ring, J.; Przybilla, B.; Rakosi, J.; Stary, A.; Merk, H.; Lischka, G.; Brasch, J.; Bahmer, F.; Goerz, G.: Formaldehyde and glyceryl monothioglykolate: Results of the German Contact Dermatitis Researche Group. Curr. topic Contact Derm., Berlin: Springer, 1989, 274-279

[3] Frosch, P. J.: Aktuelle Kontaktallergene. Hautarzt 41(1990), Suppl. X, 129-133

[4] Frosch, P. J.; Barrows, D.; Camarasa, J. G.; Dooms-Goosens, A.; Ducombs, G.; Lahti, A.; Menné, T.; Rycroft, R. J. G.; Shaw, S.; White, I R.; Wilkinson, J. D.: Allergic reaction to a hairdressers series: results from 9 European centres. Contact Derm. 28 (1993), 180-183

[5] Greim, H. (Hrsg): Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe. Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten. Glycerylmonothioglykolat, 1993, Weinheim: VCH-Losebl.-Ausg.

[6] Guerra, L.; Tosti, E.; Bardazzi, F.; Pigatto, P.; Lisi, B.; Santucci, R.; Valsecchi, R.; Schena, D.; Angelini, G.; Sertoli, A.; Ayala, F.; Kokelj, F.: Contact dermatitis in hairdressers: the Italien Experience. Contact Derm. 26 (1992), 101-107

[7] Guerra, L.; Bardazzi, F.; Tosti, A.: Contact dermatitis in hairdressers` clients. Contact Derm. 26(1992)108-111

[8] Peters, K.-P.; Frosch, P. J.; Uter, W.; Schnuch, A.; Arnold, R.; Bahmer, F.; Brasch, J.; Diepgen, T. L.; Elsner, F.; Fuchs, Th.; Henseler, T.; Müller, S.; Przybilla, B.; Schulze-Dirks, A.; Stary, A.; Zimmermann, J.: Typ 1V-Allergien auf Friseurstoffe. Dermatosen 42 (1994), 50-57

[9] Schulz, K. H.: Durch Thioglykolsäurederivate ausgelöste Kontaktekzeme im Friseurberuf. Untersuchungen über die Sensibilisierung und Gruppensensibilisierung gegenüber Thioglykolsäurederivaten. Berufsdermatosen 9 (1961), 244-257

[10] Tosti, A.; Melino, M.; Bardazzi, F.: Contact dermatitis due to glyceryl monothioglycolate. Contact Derm. 19 (1988), 71

[11] Wagner, E.: Zu Veränderungen des Allergenspektrums bei Friseuren in den neuen Bundesländern - Allergie gegen p-Phenylendiamin und Koinzidenz mit anderen Haarfarbemitteln und ausgewählten Textilfarben bei Friseuren. Forschungsbericht 5001 der Bundesanstalt für Arbeitsmedizin, Berlin, 1996

[12] Walle, van der, H. B.; Brunsveld, V. M.: Dermatitis in hairdressers (I.) The expierience of the past 4 years. Contact Derm. 30 (1994), 217-221

[13] Wall, L. M.; Gebauer, K. A.; Occupational skin disease in Western Australien. Contact Derm. 24 (1991), 101-109

[14] Warshawski, L.; Mitchell, J. C.; Storrs, F. J.: Allergic contact dermatitis from glyceryl monothioglycolate in hairdressers. Contact Derm. 7 (1981), 351-352

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