Begründung zur Bewertung von Stoffen als sensibilisierend
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34. Zimtaldehyd

(CAS-Nr.: 104-55-2)

Ausgabe: Juli 1999
(BArbBl. 8/1999 S. 89)



Stand: Mai 1999

(Chem. Bezeichnung: 3-Phenyl-2-propenal, Cinnamylaldehyd, cinnamaldehyde, cinnamic aldehyde, cinnamal, β -Phenylacrolein)

Vorkommen:

Als Duftstoff und Geschmackskorrigens in Kosmetika, Pflanzenextrakten, Reinigungsmitteln, Zahnpasta, Mundwasser und Nahrungsmitteln (z.B. Getränken) [16, 22], indirekt auch nach chemischer oder metabolischer Umwandlung von Zimtalkohol [2].

Arbeitsmedizinische und experimentelle Daten:

In größeren Patientenkollektiven, die wegen des Verdachtes auf ein allergisches Kontaktekzem epikutan getestet worden waren, reagierten 0,8-9 % positiv auf Zimtaldehyd [zit. bei 13, 20], wobei regionale Unterschiede bestehen [24]. In einer europäischen Multizenter-Studie lag die Rate bei 0,9 % [5], in einer Auswertung der Nordamerikanischen Kontaktallergiegruppe bei 3,1 % [16, 17], in Italien (n=1500) bei 0,2 % [23]. Die mit verschiedenen Testkonzentrationen (zwischen 0,05 und 2 %) ermittelten Ergebnisse zeigen, daß die Raten mit steigender Testkonzentration höher ausfallen [zit. bei 13]. Konzentrationen von 2 % werden wegen der hohen Zahl falsch positiver Reaktionen als zu hoch angesehen [3, 29]. Allgemein üblich ist mittlerweile die Testung mit 1 % in Vaseline [7].

Von 6.766 Patienten, die in den Jahren 1990 bis 1994 in den Kliniken des IVDK mit Zimtaldehyd (1 % in Vaselin) getestet worden waren, reagierten 131 (1,9 %) positiv [6].

Einer Berufe/Allergen-Matrix ist zu entnehmen [28], daß Zimtaldehyd als Allergen bei Ernährungsberufen [18, 27] und Zahnmedizinischem Personal eine Rolle spielt. Auch bei industrieller Verwendung kann es zu Sensibilisierungen kommen [19]. In einem berufsdermatologisch selektionierten Patientengut wurde in 13 % eine berufliche Verursachung durch Zimtaldehyd angenommen [11].

In einer Studie, die von Verbrauchsartikel-Herstellern durchgeführt wurde, reagierte keiner von 3.987 Personen aus der Allgemeinbevölkerung, die mit zimtaldehydhaltigen Produkten epikutan getestet worden waren, allergisch. Die üblicherweise in kosmetischen Produkten eingesetzten Zimtaldehyd-Konzentrationen von weniger als 1% werden deshalb von diesen Untersuchern als sicher angesehen [1]. In einer anderen Studie reagierten hingegen Personen mit einer bekannten Zimtaldehydallergie noch im Einzelfall auf Konzentrationen von 0,02 % in Vaseline und Ethanol im Epikutantest und auf 0,1 % Zimtaldehyd in Ethanol im wiederholten Gebrauchstest (ROAT) [12].

Zimtaldehyd ist Bestandteil des standardmäßig im Epikutantest eingesetzten Duftstoffmixes, dessen Sensibilisierungsraten in den neunziger Jahren auf über 10 % angestiegen waren [25]. Bei Einzeltestung der Bestandteile gehört Zimtaldehyd zu den häufig positiven Substanzen [5, 8, 15, 22, 26].

Da Zimtaldehyd auch als Geschmackskorrigens in Nahrungsmitteln, Kaugummi und Zahnpasta vorkommt, kann es gelegentlich auch durch orale Aufnahme zu generalisierten Ekzemen oder Urticaria kommen [24]. Die Fälle von Kontakturticaria sprechen dafür, daß neben mitunter schweren kontaktekzematösen Reaktionen [9] auch Allergien vom Sofort-Typ bzw. pseudoallergische Reaktionen ausgelöst werden können [14, 27].

Im Maximierungstest an jeweils 25 Freiwilligen wurden mit einer Konzentration von 0,5 % in Vaseline zwei Sensibilisierungen, bei 2 % in Vaseline 11 Sensibilisierungen und bei 3 % in Vaseline drei Sensibilisierungen induziert [1, 20]. Im Human repeat insult patch test wurden bei den Konzentrationen 1,0 und 1,25 % in Ethanol 5/41 bzw. 5/ 10 Sensibilisierungen induziert [1]. Zahlreiche Tierversuche mit und ohne Adjuvans belegen die Sensibilisierungsfähigkeit der Substanz. So waren der Optimierungstest nach Maurer mit 19-20/20 Tieren positiv und der Okklusive Epikutantest mit 3/5 Tieren [zit. bei 13].

Konzentrationen von 2 % zur Induktion und 0,5 % bei der Reexposition waren ausreichend [20].

Patienten mit einer Zimtaldehydallergie reagieren häufig auch auf Perubalsam [20, 22]. Da Zimtaldehyd in Perubalsam nicht vorkommen soll [10], müssen die gemeinsamen Reaktionen als Kreuzallergie mit anderen Bestandteilen (z.B. Zimtalkohol) gedeutet werden. Kreuzreaktionen mit Zimtsäure, Benzoesäure, Benzaldehyd [4, 27] sowie Benzoin [22] und Ketoprofen [21] wurden berichtet. Auswertungen des IVDK von 6.766 Patienten, die mit Zimtalkohol und gleichzeitig mit Zimtaldehyd getestet worden waren, ergaben in über 50 % der Fälle jeweils auch eine positive Reaktion auf die andere Substanz [6].

Bewertung:

In der Allgemeinbevölkerung und in Gruppen beruflich Exponierter führt der Kontakt mit Zimtaldehyd zu einer nicht unerheblichen Zahl von Sensibilisierungen und Erkrankungen. Eine Vielzahl von Kasuistiken (allergisches Kontaktekzem und Kontakturtikaria) werden beschrieben. Die sensibilisierende Wirkung durch Hautkontakt (R43) ist auch durch Sensibilisierungsversuche am Menschen und Tierexperimente hinreichend belegt.

Literatur:

[1] Danneman, P. J.; Booman, K. A.; Dorsky, J.; Kohrman, K. A.; Rothenstein, A. S. Sedlak, R. I.; Steltenkamp, R. J.; Thompson, G. R.: Cinnamic aldehyde: a survey of consumer patch-test sensitization. Fd. Chem. Toxic. 21(1983), 721-725

[2] Dennis, K. J.; Shibamoto, T.: Photochemical products of transcinnamic alcohol: possible fromation of skin irritants and allergens. J. Toxicol. Cut. Ocular. Toxicol. 9 (1990), 149-157

[3] Fergurson, J.; Sharma, S.: Cinnamic aldehyde test concentrations [letter]. Contact Dermatitis 10 (1984), 191-192

[4] Forsbeck, M.; Skog, E.: Immediate reactions to patch tests with balsam of Peru. Contact Dermatitis 3 (1977), 201-205

[5] Frosch, P. J.; Pilz, B.; Andersen, K. E.; Burrows, D.; Camarasa, J. G.; Dooms-Goossens, A.; Ducombs, G.; Fuchs, T.; Hannuksela, M.; Lachapelle, J. M. et al.: Patch testing with fragrances: results of a multicenter study of the European Environmental and Contact Dermatitis Research Group with 48 frequently used constituents of perfumes. Contact Dermatitis 33 (1995), 333-342

[6] Geier, J.; Schnuch, A.: Reaktionen auf Zimtalkohol und Zimtaldehyd. Dermatosen 45 (1997), 29

[7] de Groot, A. C.: Patch testing. Amsterdam: Elsevier, 1986

[8] de Groot, A. C.; van-der-Kley, A. M.; Bruynzeel, D. P.; Meinardi, M. M.; Smeenk, G.; van Joost, T.; Pavel, S.: Frequency of false-negative reactions to the fragrance mix. Contact Derm. 28 (1993), 139-140

[9] Goh, C. L.; Ng, S. K.: Bullous contact allergy from cinnamon. Dermatosen 36 (1988), 186-187

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