Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließungen des Europäischen Parlaments

Das Europäische Parlament hat auf seiner Tagung vom 11. bis 14. März 2013 die nachfolgend aufgeführten Texte angenommen. Sie wurden dem Bundesrat mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 4. April 2013 zugeleitet.

P7_TA-PROV(2013)0062 - Sonderbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten (Flughafen Wien)
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2013 zum Sonderbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten über seine Untersuchung der Beschwerde 2591/2010/GG gegen die Europäische Kommission (Flughafen Wien) (2012/2264(INI))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass Artikel 228 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union den Europäischen Bürgerbeauftragten ermächtigt, Beschwerden von jedem Bürger der Union über Missstände bei der Tätigkeit der Organe und Einrichtungen der Union entgegenzunehmen;

B. in der Erwägung, dass die von Unionsbürgern eingereichten Beschwerden eine wichtige Informationsquelle zu möglichen Verstößen gegen das Unionsrecht darstellen;

C. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union jede Person ein Recht darauf hat, "dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden";

D. in der Erwägung, dass weder die Verträge noch das Statut des Bürgerbeauftragten festlegen, was einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit darstellt, wodurch diese Aufgabe - vorbehaltlich der Deutungshoheit des Gerichtshofs - dem Europäischen Bürgerbeauftragten überlassen bleibt; in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte in seinem ersten Jahresbericht eine nicht erschöpfende Liste von Verhaltensweisen, die einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit darstellen, festgelegt hat;

E. in der Erwägung, dass der Europäische Bürgerbeauftragte infolge einer späteren Aufforderung des Parlaments, eine genaue und eindeutige Definition eines Missstandes festzulegen, in seinem Jahresbericht 1997 mitteilte, dass sich ein Missstand ergibt, "wenn eine öffentliche Einrichtung nicht im Einklang mit für sie verbindlichen Regeln oder Grundsätzen handelt";

F. in der Erwägung, dass diese Definition durch eine Erklärung ergänzt wurde, in der es heißt, dass bei der Untersuchung, ob ein Organ oder eine Einrichtung der Gemeinschaft im Einklang mit für es bzw. sie verbindlichen Regeln und Grundsätzen gehandelt hat, der Bürgerbeauftragte vor allem ermitteln müsse, ob es bzw. sie dem Gesetz entsprechend gehandelt hat;

G. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte auch die Anwendung der Kodizes für gute Verwaltungspraxis überwacht, zu denen sich die Organe verpflichtet haben und in denen die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts dargelegt sind, einschließlich der Elemente des Dienstleistungsprinzips, sowie die Anwendung der Charta der Grundrechte, die auf alle Bereiche der Verwaltung der EU uneingeschränkt Anwendung findet;

H. in der Erwägung, dass sich der Bürgerbeauftragte bislang sehr kooperativ und verantwortungsbewusst gezeigt hat, indem er mit der Übermittlung von 18 Sonderberichten an das Parlament in sechzehneinhalb Jahren diese nur als letztes politisches Mittel eingesetzt und damit sein grundsätzliches Streben nach einvernehmlichen Lösungen unter Beweis gestellt hat;

I. in der Erwägung, dass sich dieser Sonderbericht damit befasst, wie die Kommission mit einer Beschwerde umgegangen ist, die bei ihr im Jahr 2006 von 27 Bürgerinitiativen eingereicht wurde, die gegen die ihrer Meinung nach negativen Folgen der Erweiterung des Flughafens Wien kämpfen;

J. in der Erwägung, dass es in Artikel 2 der UVP-Richtlinie1 heißt: "Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit [...] Projekte, bei denen [...] mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden.";

K. in der Erwägung, dass die Kommission zu dem Schluss gekommen ist, dass die Arbeiten zur Erweiterung des Flughafens ohne die vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt wurden, und am 21. März 2007 aufgrund der Unterlassung der UVP ein Mahnschreiben an Österreich gerichtet hat; in der Erwägung, dass Österreich in seiner Antwort vom 7. Mai 2007 nicht widerlegen konnte, dass die fraglichen Infrastrukturmaßnahmen zu einer erheblichen Zunahme an Luftverkehr und Belästigungen im Zusammenhang mit dem Flugverkehr über Wien geführt haben und nach wie vor führen, d.h. dass diese Maßnahmen erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt hatten;

L. in der Erwägung, dass die Kommission in Anbetracht der Tatsache, dass die Arbeiten entweder bereits abgeschlossen waren oder kurz vor dem Abschluss standen, es vorzog, Österreich nicht vor den EuGH zu bringen, sondern nach einer Einigung mit den österreichischen Behörden zu suchen, die die Unterlassung weitestgehend korrigiert; in der Erwägung, dass die Kommission mit den österreichischen Behörden vereinbart hat, dass letztere eine Expost-UVP durchführen, um unter anderem zu bestimmen, welche Abhilfemaßnahmen erforderlich sind, um die Auswirkungen des Lärms für die in der Nähe des Flughafens lebende Bevölkerung zu begrenzen;

M. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte diese Entscheidung der Kommission akzeptiert hat; in der Erwägung, dass die Beschwerdeführer mit der Art und Weise, in der die Expost-UVP durchgeführt wurde, unzufrieden waren und insbesondere kritisierten, dass sie nicht die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs erhalten hätten, wie es in der UVP-Richtlinie vorgesehen ist, und dass die für die UVP zuständige Behörde, das österreichische Bundesministerium für Verkehr, dieselbe Behörde war, die zuvor die Genehmigungen für die entsprechenden Arbeiten erteilt hatte, und sich somit in einem Interessenkonflikt befand;

N. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte infolge seiner Untersuchung nicht zu dem Schluss kommen konnte, dass die Kommission für die ordnungsgemäße Durchführung der Expost-UVP Sorge getragen hat; in der Erwägung, dass er den Fall dennoch abschloss, weil er der Ansicht war, dass seinerseits keine weiteren Maßnahmen erforderlich seien, da das Verfahren noch andauerte und die Kommission mitgeteilt hatte, dass sie das Vertragsverletzungsverfahren nur einstellen werde, wenn sie zu der Überzeugung gelangt, dass die österreichischen Behörden die notwendigen Maßnahmen ergriffen haben;

O. in der Erwägung, dass die Beschwerdeführer sich im November 2010 erneut an den Bürgerbeauftragten wandten und eine zweite Untersuchung eingeleitet wurde, in deren Verlauf der Bürgerbeauftragte Einsicht in die Akte der Kommission nahm; in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte zu der Auffassung gelangte, dass die Akte weder einen Hinweis darauf enthielt, dass die Anmerkungen, welche die Beschwerdeführer in der Zeit der Durchführung der Expost-UVP gemacht hatten, mit den österreichischen Behörden diskutiert worden waren, noch dass die Entscheidung des Bürgerbeauftragten über die erste Beschwerde - abgesehen von den österreichischen Berichten über die UVP - zu einem weiteren Schriftwechsel geführt hätte;

P. in der Erwägung, dass dieser Sachverhalt den Bürgerbeauftragten zu der Schlussfolgerung führte, dass die Kommission die Ergebnisse seiner ersten Untersuchung nicht berücksichtigt hatte und dass sie insbesondere in ihren Antworten an den Bürgerbeauftragten im Hinblick auf die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs gegen die Expost-UVP nicht konsequent gewesen sei und nicht darauf bestanden habe, eine andere Einrichtung als das Bundesministerium für Verkehr, das die Arbeiten genehmigt hatte, mit der Durchführung der UVP zu betrauen;

Q. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte der Kommission einen Empfehlungsentwurf vorgelegt hat, in dem er sie dringend ersuchte, "ihre Herangehensweise in Bezug auf die Vertragsverletzungsbeschwerde der Beschwerdeführer betreffend den Flughafen Wien neu [zu] überdenken und die vom Bürgerbeauftragten angesprochenen Mängel [zu] beheben" und darauf hinwies, dass dies bedeute, "dass die Kommission bei weiteren Maßnahmen in dem Vertragsverletzungsverfahren berücksichtigen sollte, dass die nationalen Behörden

R. in der Erwägung, dass die Kommission in ihrer Antwort an den Bürgerbeauftragten zum ersten Punkt argumentierte, dass sie das Thema des Rechtsbehelfs gegenüber den österreichischen Behörden angesprochen, aber deren Standpunkt akzeptiert habe, dass dies zu Schwierigkeiten im Hinblick auf die nationale Gesetzgebung zu Rechtsverfahren geführt hätte, und darauf hinwies, dass die österreichischen Behörden sich dazu verpflichtet hätten, dafür zu sorgen, dass die kumulativen Folgen der vorherigen, lediglich nachträglich bewerteten Arbeiten bei der UVP einer neuen, dritten Start- und Landebahn, in deren Rahmen eine umfassende gerichtliche Prüfung möglich sei, uneingeschränkt berücksichtigt werden;

S. in der Erwägung, dass das Argument der Kommission im Hinblick auf den zweiten Vorwurf bezüglich eines Missstandes dahingehend lautete, dass die UVP-Richtlinie keine Bestimmungen über die Verteilung der Zuständigkeiten hinsichtlich des UVP-Verfahrens in den Mitgliedstaaten enthalte; in der Erwägung, dass gemäß dem Subsidiaritätsprinzip allein die für die Organisation ihrer jeweiligen Verwaltung selbst verantwortlichen Mitgliedstaaten darüber entscheiden, welche Behörde für die Verfahren gemäß der UVP-Richtlinie zuständig ist; in der Erwägung, dass es ein allgemeiner Grundsatz des Verwaltungsrechts in allen Mitgliedstaaten ist, dass eine Behörde, die eine rechtswidrige Entscheidung gefällt hat, gegen die eine Beschwerde eingelegt worden ist oder zu der es eine Gerichtsentscheidung gibt, dafür zuständig ist, die Situation zu beheben;

T. in der Erwägung, dass der Empfehlungsentwurf somit nicht erfolgreich und der Bürgerbeauftragte der Auffassung war, dass der vorliegende Fall ein Beispiel für eine Situation ist, in der die Kommission im Zusammenhang mit einem eindeutigen Verstoß gegen das EU-Recht keine angemessenen Abhilfemaßnahmen ergriffen hat, da sie nicht dafür gesorgt hat, dass die Expost-UVP unparteiisch durchgeführt wird, und sich nicht in angemessener Weise an die Empfehlung des Bürgerbeauftragten im Hinblick auf den Rechtsbehelf gegen diese Prüfung gehalten hat;

U. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte daher zu der Auffassung gelangt ist, dass es angemessen sei, die Angelegenheit dem Parlament vorzulegen;

V. in der Erwägung, dass die Kommission am 26. Oktober 2012 einen Vorschlag für eine Überprüfung der UVP-Richtlinie angenommen hat; in der Erwägung, dass der Rechtsausschuss einen legislativen Initiativbericht entworfen hat, in dem eine allgemeine Verordnung über Verwaltungsverfahren für die Verwaltung der EU gefordert wird;

Die Empfehlung des Bürgerbeauftragten

P7_TA-PROV(2013)0095 - Lage in Ägypten
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. März 2013 zur Lage in Ägypten (2013/2542(RSP))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass Ägypten ein wichtiger Partner der Europäischen Union im südlichen Mittelmeerraum ist; in der Erwägung, dass politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen in Ägypten erhebliche Folgen in der gesamten Region und darüber hinaus nach sich ziehen;

B. in der Erwägung, dass Mohammed Mursi die Präsidentschaftswahl von Mai und Juni 2012 mit 51,7 % der Stimmen gewonnen hat und damit zum ersten Mal ein islamistischer Kandidat zum Staatsoberhaupt eines arabischen Landes gewählt wurde; in der Erwägung, dass diese frei und fair durchgeführte Präsidentschaftswahl einen Meilenstein für den Prozess des demokratischen Übergangs darstellte;

C. in der Erwägung, dass der Oberste Verfassungsgerichtshof Ägyptens am 14. Juni 2012 die Parlamentswahl von 2012 für verfassungswidrig und ein Drittel der gewählten Abgeordneten für nicht rechtmäßig gewählt sowie das Gesetz über den Ausschluss vom politischen Leben für ungültig erklärt hat;

D. in der Erwägung, dass Präsident Mursi am 22. November 2012, acht Tage nach der Verabschiedung der Schlussfolgerungen der Sitzung der Taskforce EU-Ägypten und einen Tag nach Abschluss des von Ägypten vermittelten Waffenstillstandsabkommens zwischen Israel und der Hamas, eine Verfassungserklärung abgegeben hat, mit der er unter anderem den Präsidenten der Kontrolle der Justiz entzogen hat; in der Erwägung, dass der Präsident diese Erklärung wenige Tage später zurückgezogen hat, es aber bereits zu eskalierenden Demonstrationen gekommen ist;

E. in der Erwägung, dass Justizorgane und Richter in Ägypten weiterhin Druck, Angriffen, Einschüchterungen und Einmischungen verschiedener politischer Akteure und Kräfte ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass der Verfassungsgerichtshof im November 2012 seine Arbeit wegen einer Blockade seiner Räumlichkeiten durch Unterstützer des Präsidenten und seiner Verbündeten aussetzte; in der Erwägung, dass die Entlassung des Generalstaatsanwalts im Oktober 2012 und die Ernennung seines Nachfolgers heftige Kritik und Proteste von Richtern, Gerichtsbeamten und anderen nach sich zogen; in der Erwägung, dass diese Einmischungen in das Justizsystem das Vertrauen der ägyptischen Bevölkerung in die Fairness und Unparteilichkeit der Rechtsprechung untergraben;

F. in der Erwägung, dass die Verfassungsgebende Versammlung am 30. November 2012 den Verfassungsentwurf verabschiedet hat; in der Erwägung, dass dieser am 15. und 22. Dezember 2012 in einem Referendum mit 63,8 % der abgegebenen Stimmen bestätigt wurde, wobei allerdings die Wahlbeteiligung bei nur 32,9 % lag; in der Erwägung, dass der Verfassungsprozess und der vorweggenommene Erlass der neuen Verfassung nicht etwa Konsens hervorgebracht, sondern die inneren Spaltungen in der ägyptischen Gesellschaft weiter vertieft haben; in der Erwägung, dass sowohl in Ägypten als auch im Ausland weithin Besorgnis über mehrere Artikel der neuen Verfassung geäußert worden ist, die sich auf den Rang der Scharia in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die Unabhängigkeit der Justiz und die Rolle der Militärgerichte, die Grundrechte und die Rechte der Frauen beziehen;

G. in der Erwägung, dass für Ende April in Ägypten eine erneute Parlamentswahl angekündigt worden ist; in der Erwägung, dass der ägyptische Oberste Wahlausschuss genehmigt hat, dass neben der Europäischen Union, der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union auch vier nichtstaatliche Organisationen die Wahl beobachten; in der Erwägung, dass der Oberste Verfassungsgerichtshof Ägyptens am 18. Februar 2013 mehrere Artikel dieses Gesetzes für verfassungswidrig erklärt und den Schura-Rat aufgefordert hat, diese zu ändern; in der Erwägung, dass die oppositionellen Kräfte unter der Führung der Nationalen Heilsfront aus Protest gegen den Mangel an rechtlichen Garantien für freie und faire Wahlen einen Boykott der kommenden Parlamentswahl angekündigt haben; in der Erwägung, dass die ägyptische Wahlkommission die geplante Parlamentswahl nach einer dementsprechenden Entscheidung des Kairoer Verwaltungsgerichts ausgesetzt hat, weil der Schura-Rat nach der Änderung des Wahlgesetzes dieses nicht zur endgültigen Prüfung an den Obersten Verfassungsgerichtshof zurückverwiesen hat;

H. in der Erwägung, dass Präsident Mursi nach gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Protestierenden und Sicherheitskräften am Vorabend des zweiten Jahrestags der Revolution des 25. Januar und in den Wochen danach, bei denen Dutzende Menschen zu Tode kamen und die durch die zunehmende Gesetzlosigkeit in Ägypten, den rapiden Niedergang der ägyptischen Wirtschaft und die Todesurteile gegen mehrere Dutzend an den tödlichen Fußballkrawallen von 2012 in Port Said beteiligte Zivilpersonen ausgelöst worden waren, in mehreren ägyptischen Städten den Notstand ausgerufen und das darauf Militär vor einem "Zusammenbruch des Staates" gewarnt hat; in der Erwägung, dass Führungspersönlichkeiten der Opposition am 30. Januar 2013 gemeinsam Präsident Mursi dazu aufgefordert haben, der Gewalt gegen die Protestierenden ein Ende zu machen, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden und einen wirklichen nationalen Dialog zu beginnen, da nur so die gegenwärtigen politischen und sozialen Spaltungen und Spannungen überwunden werden können; in der Erwägung, dass Präsident Mursi den Aufrufen zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit nicht gefolgt ist; in der Erwägung, dass Präsident Mursi am 26. Februar 2013 einen nationalen Dialog ausgerufen hat, der von führenden Kräften der Opposition boykottiert wurde;

I. in der Erwägung, dass am 26. Januar 2013 bei Zusammenstößen nach der Verkündung der Todesurteile für 21 Einwohner von Port Said wegen der tödlichen Gewaltexzesse ein Jahr zuvor nach einem Fußballspiel 42 Personen, darunter zwei Polizeibeamte, zu Tode gekommen sind; in der Erwägung, dass dieses Urteil am 9. März bestätigt worden ist und ein Urteil gegen die verbliebenen 52 Angeklagten gesprochen wurde; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 16. Februar 2012 eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle, die zu dem Unglück geführt haben, gefordert und verlangt hat, dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden; in der Erwägung, dass Europäische Union die Anwendung der Todesstrafe in allen Fällen und unter jeglichen Umständen ablehnt und zum Schutz der Menschenwürde immer wieder ihre weltweite Abschaffung gefordert hat;

J. in der Erwägung, dass die zunehmenden politischen Spannungen die Polarisierung in der ägyptischen Gesellschaft weiter vertieft haben und derzeit zu anhaltenden Straßenprotesten und gewaltsamen Zusammenstößen mit willkürlichen Inhaftierungen, Einschüchterungen, Entführungen und Folter führen; in der Erwägung, dass Fälle übermäßiger und tödlicher Anwendung von Gewalt gegen friedliche Demonstranten durch Polizei, Sicherheitskräfte und nicht identifizierte Gruppierungen oft ungestraft bleiben; in der Erwägung, dass Sicherheit und öffentliche Ordnung mit Umsicht und unter umfassender Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten aufrechterhalten werden sollten;

K. in der Erwägung, dass die öffentliche Meinung in Ägypten Einschränkungen der Meinungsfreiheit sehr kritisch gegenübersteht; in der Erwägung, dass das Strafrecht und die kürzlich verabschiedete Verfassung die Meinungsfreiheit sowohl online als auch offline deutlich einschränken könnten; in der Erwägung, dass die bürgerlichen und digitalen Freiheiten die allgemeinen Menschenrechte fördern und daher jederzeit geachtet werden sollten; in der Erwägung, dass körperliche Gewalt und Schikanen gegen Journalisten erheblich zugenommen haben; in der Erwägung, dass eine Reihe von Gerichtsverfahren gegen oppositionelle Medien wegen Beleidigung des Präsidenten eingeleitet worden sind; in der Erwägung, dass die strafrechtliche Verfolgung von Journalisten, insbesondere von Medien der Opposition, und Komikern wie Gamal Fahmy, Bassem Youssef und Okasha Tawfiq fortgesetzt werden; in der Erwägung, dass in 24 gemeldeten Fällen Anklage wegen Beleidigung des Präsidenten erhoben wurde; in der Erwägung, dass die Zahl der Gerichtsverfahren wegen Blasphemie seit der Amtsübernahme durch Präsident Mursi angestiegen ist;

L. in der Erwägung, dass der Gesetzesentwurf über den "Schutz des Rechts auf friedliche Kundgebungen in der Öffentlichkeit" deutliche Einschränkungen des Rechts auf friedliche öffentliche Versammlungen vorsieht;

M. in der Erwägung, dass ägyptische Frauen in der aktuellen Übergangszeit besonders gefährdet sind; in der Erwägung, dass Berichten ägyptischer und internationaler Menschenrechtsorganisationen zufolge Demonstrantinnen oft Gewalt, sexuellen Übergriffen, Jungfräulichkeitstests und anderen Formen erniedrigender Behandlung durch die Sicherheitskräfte ausgesetzt sind, während Verfechterinnen von Frauenrechten bedroht und schikaniert werden; in der Erwägung, dass Frauen im Bereich der politischen Teilhabe erhebliche Rückschläge erlitten haben; in der Erwägung, dass der nationale Frauenrat und die Zivilgesellschaft das Schweigen der Behörden verurteilt haben, die die Gewalt gegen Frauen nicht verurteilt und damit ein falsches Signal hinsichtlich der Wahrung der Frauenrechte in Ägypten ausgesandt haben;

N. in der Erwägung, dass die ägyptische Zivilgesellschaft und internationale nichtstaatliche Organisationen zunehmend unter Druck gesetzt werden und bei ihrer Arbeit in Ägypten auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen; in der Erwägung, dass mehrere Entwürfe für ein neues Gesetz über nichtstaatliche Organisationen und Stiftungen zu Besorgnis von Aktivisten und Organisationen der Zivilgesellschaft geführt haben, da diese die Möglichkeiten der Finanzierung nichtstaatlicher Organisationen insbesondere aus dem Ausland drastisch einschränken und eine aggressive Überwachung durch die Behörden ermöglichen sowie jegliche Art von gesellschaftlichen Aktivitäten und Organisationen einschränken würden; in der Erwägung, dass diese Gesetze auch Erkundungsbesuche und andere wesentliche Aktivitäten in ganz Ägypten einschränken und so den Organisationen der Zivilgesellschaft die Erfüllung ihrer Aufgaben praktisch unmöglich machen würden;

O. in der Erwägung, dass die EU Ägyptens wichtigster Wirtschaftspartner und seine Hauptquelle für Auslandsinvestitionen und Entwicklungszusammenarbeit ist; in der Erwägung, dass sich die Taskforce EU-Ägypten unter dem gemeinsamen Vorsitz der HR/VP und des ägyptischen Außenministers Kamel Amr am 13./14 November 2012 in Kairo getroffen und ein umfassendes Paket wirtschaftlicher und politischer Hilfsmaßnahmen beschlossen hat, das Ägypten in seinem Umwandlungsprozess unterstützen soll und beinahe 5 Milliarden Euro an Zuschüssen und Darlehen für die Jahre 2012-2013 umfasst; in der Erwägung, dass die finanzielle Unterstützung teilweise davon abhängt, dass Ägypten ein Übereinkommen mit dem Internationalen Währungsfonds abschließt, sowie von der Menschenrechts-, Demokratie- und Wirtschaftspolitik in dem Land; in der Erwägung, dass die Einhaltung dieser Zusagen und eine beschleunigte Bereitstellung von EU-Unterstützung für Ägypten lebenswichtig sind;

P. in der Erwägung, dass die Taskforce ihr Engagement für die Förderung und Einhaltung der Menschenrechte - einschließlich der Rechte der Frau und der Gleichstellung der Geschlechter, um die Entfaltung der Fähigkeiten von Frauen in allen Bereichen zu fördern -, die freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit und die Religions- bzw. Glaubensfreiheit unterstrichen und alle Formen der Anstachelung zu religiösem Hass, Intoleranz, Feindschaft oder Gewalt verurteilt hat;

Q. in der Erwägung, dass der Erfolg der Europäischen Nachbarschaftspolitik sowie der Erfolg der Reformen im Bereich der Menschenrechte und insbesondere der Frauenrechte von dem Engagement der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung der jeweiligen Maßnahmen abhängt;

R. in der Erwägung, dass die wirtschaftliche Lage Ägyptens äußerst schlecht ist, wobei die Devisenreserven auf einem niedrigen Niveau stehen und das ägyptische Pfund so wenig wert ist wie seit 2004 nicht mehr; in der Erwägung, dass eine positive wirtschaftliche Entwicklung des Landes von seiner langfristigen politischen und sozialen Stabilität abhängen wird; in der Erwägung, dass sich Ägypten in einer kritischen Phase des Wandels befindet und in diesem Prozess des Übergangs zur Demokratie mit erheblichen Herausforderungen und Schwierigkeiten konfrontiert ist; in der Erwägung, dass dieser Übergang unter Einhaltung der Grundwerte der sozialen Gerechtigkeit, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Rechtsstaatlichkeit und der verantwortungsvollen Staatsführung erfolgen sollte;

S. in der Erwägung, dass die Rückführung von Vermögenswerten, die vom ehemaligen Regime gestohlen wurden, über ihre wirtschaftliche Bedeutung hinaus dazu beitragen kann, dass dem ägyptischen Volk Gerechtigkeit zuteil wird und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, und daher ein wichtiges politisches Thema von hoher symbolischer Bedeutung für die Beziehungen zwischen der EU und Ägypten ist; in der Erwägung, dass die in der EU befindlichen Vermögenswerte von 19 Personen, die für die Veruntreuung ägyptischer staatlicher Gelder verantwortlich sind, darunter der ehemalige Präsident Mubarak, seit März 2011 eingefroren sind; in der Erwägung, dass der Rat am 26. November 2012 eine neue Verordnung erlassen hat, um die Rückführung dieser veruntreuten Gelder zu erleichtern; in der Erwägung, dass die Taskforce vereinbart hat, innerhalb von drei Monaten einen Fahrplan zu erstellen, der auch die Einrichtung einer vom Europäischen Auswärtigen Dienst koordinierten Vermögensrückführungsgruppe beinhalten könnte;

P7_TA-PROV(2013)0100 - Lage in Bangladesch
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. März 2013 zur Lage in Bangladesch (2013/2561(RSP))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Europäische Union und Bangladesch seit langem gute Beziehungen pflegen, auch im Rahmen des Kooperationsabkommens über Partnerschaft und Entwicklung;

B. in der Erwägung, dass die regierende Awami-Liga unter Premierministerin Sheik Hasina in Erfüllung eines zentralen Wahlversprechens ein Kriegsverbrechertribunal eingesetzt hat, das sich mit den Gräueltaten befassen soll, die während des neunmonatigen Sezessionskriegs zwischen dem ehemaligen Ost- und Westpakistan im Jahre 1971 verübt wurden, bei dem zwischen 300 000 und 3 Millionen Menschen getötet und etwa 200 000 Frauen vergewaltigt wurden;

C. in der Erwägung, dass das Trauma eines der schlimmsten Fälle von Massenmord der Geschichte das Leben vieler Bangladescher noch 40 Jahre danach überschattet, und dass den Menschen mit diesen Gerichtsverfahren ein wichtiges Forum geboten werden soll, in dem ihre Leiden anerkannt werden und sie Entschädigung erhalten können;

D. in der Erwägung, dass das Internationale Strafgericht (ICT) am 21. Januar 2013 sein Urteil gegen Abdul Kalam Azad verkündete, dem Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Unabhängigkeitskriegs im Jahr 1971 vorgeworfen wurden, und ihn in Abwesenheit zum Tode verurteilte;

E. in der Erwägung, dass der Internationale Strafgerichtshof am 5. Februar 2013 Abdul Qader Mollah zu einer lebenslangen Haft verurteilte, was zu emotional aufgeladenen, aber größtenteils friedlichen Protesten meist junger Menschen an der Straßenkreuzung von Shahbagh in Dhaka führte; in der Erwägung, dass diese sogenannte "Shahbagh-Bewegung" ein Todesurteil gegen den Angeklagten und eine von religiösem Extremismus freie Gesellschaft und Politik forderte;

F. in der Erwägung, dass die Regierung im Vorfeld dieser Proteste das Gesetz über das Internationale Strafgericht von 1973 änderte, indem es eine Bestimmung einführte, derzufolge Kläger das Recht haben, ein vom Strafgericht ergangenes Urteil anzufechten; in der Erwägung, dass das Gerichtsurteil gegen Abdul Qader Mollah infolgedessen in ein Todesurteil umgewandelt werden kann; in der Erwägung, dass solche rückwirkenden Bestimmungen gegen die Normen für ein faires Verfahren verstoßen, die Legitimität der Tätigkeit des ICT unterminieren und dem Grundsatz der doppelten strafrechtlichen Verfolgung ("ne bis in idem") zuwiderlaufen, der im Völkerrecht sowie in Artikel 14 Absatz 7 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verankert ist, dessen Vertragspartei Bangladesch ist;

G. in der Erwägung, dass mehrere führende Politiker der regierenden Awami-Liga, darunter auch der Innenminister, die Forderungen der Shabagh-Bewegung unterstützt und vorgeschlagen haben, dass die Jamaate-Islami-Partei verboten und der Partei verbundene Medienunternehmen geschlossen werden sollten;

H. in der Erwägung, dass der ICT am 28. Februar 2013 seine Entscheidung verkündete, Delwar Hossain Sayeedi, den stellvertretenden Vorsitzenden der Jamaate-Islami-Partei, dem unter anderem die Verfolgung der Hindu-Minderheit vorgeworfen wird, zum Tode zu verurteilen;

I. in der Erwägung, dass sich die Situation nach diesem letzten Urteil zugespitzt hat und die gewaltsamen Proteste der Anhänger der Jamaat-Partei gegen das Urteil zum Tod von mehr als 60 Menschen geführt haben; in der Erwägung, dass nach Angaben nichtstaatlicher Organisationen bei dem Polizeieinsatz in Reaktion auf die Angriffe von Mitgliedern und Anhängern der Jamaat-Partei auch scharfe Munition eingesetzt wurde;

J. in der Erwägung, das Berichten zufolge Jamaat-Aktivisten und Anhänger der Nationalistischen Partei Bangladeschs kürzlich mehr als 40 hinduistische Tempel, Wohnhäuser und Geschäfte in Bangladesch angegriffen haben, und dass infolge dieser Ausschreitungen mehrere Hundert Menschen obdachlos wurden; in der Erwägung, dass die hinduistische Minderheit in Bangladesch und andere Minderheiten (wie die Ahmadiyya-Gemeinschaft) wiederholt Phasen der Gewalt und Verfolgung erlebt haben, besonders während des Unabhängigkeitskriegs von 1971 und nach den Wahlen von 2001, und dass infolgedessen etwa 900 000 Hindus zwischen 2001 und 2011 Bangladesch verlassen haben;

K. in der Erwägung, dass in einigen anderen Fällen beim ICT Gerichtsverfahren anhängig sind, bei denen die ernsthafte Gefahr besteht, dass die Kläger für schuldig befunden und zum Tode verurteilt werden;

L. in der Erwägung, dass der UN-Sonderberichterstatter für außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen und der UN-Sonderberichterstatter für die Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten sowie einige Menschenrechtsorganisationen Besorgnis über die behaupteten Unzulänglichkeiten des Gerichts in Bezug auf faire und ordnungsgemäße Verfahren und besonders den Umstand geäußert haben, dass eines der Verfahren in Abwesenheit des Beklagten stattfand;

P7_TA-PROV(2013)0101 - Die problematische Lage von Minderheitengruppen, insbesondere der irakischen Turkmenen, im Irak
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. März 2013 zum Irak: die problematische Lage von Minderheitengruppen, insbesondere der irakischen Turkmenen (2013/2562(RSP))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass der Irak vor ernsten politischen, sicherheitsrelevanten und sozioökonomischen Herausforderungen steht; sowie in der Erwägung, dass die politische Landschaft des Landes extrem fragmentiert ist und es häufig zu gewalttätigen Übergriffen kommt, sodass viele der legitimen Hoffnungen der Menschen im Irak auf Frieden, Wohlstand und einen echten demokratischen Wandel zunichte gemacht werden;

B. in der Erwägung, dass die irakische Verfassung allen Bürgerinnen und Bürgern die Gleichheit vor dem Gesetz zusichert, insbesondere in Artikel 125, der die administrativen, politischen, kulturellen und bildungsspezifischen Rechte der verschiedenen Nationalitäten wie Turkmenen, Chaldäer, Assyrer und aller anderen Nationalitäten garantiert; sowie in der Erwägung, dass nach Artikel 31 der Verfassung für die Region Kurdistan, die seit 2009 in Kraft ist, die nationale, kulturelle und administrative Autonomie der Turkmenen, Araber, Assyro-Chaldäer und Armenier sowie sonstigen ethnischen Gruppen Kurdistans respektiert wird, sobald diese Gemeinschaften die Bevölkerungsmehrheit stellen;

C. in der Erwägung, dass das irakische Parlament am 9. April 2012 der Einrichtung einer hohen Kommission für Menschenrechte zugestimmt hat, die zwar noch nicht vollständig arbeitsfähig, aber doch die erste unabhängige Kommission für Menschenrechte in der Geschichte des Landes ist;

D. in der Erwägung, dass sich das Parlament im Rahmen des politischen Dialogs mit der irakischen Seite insbesondere der Menschenrechtslage im Irak widmet, die Anlass zu ernsthafter Besorgnis gibt, vor allem angesichts der unbefriedigenden Situation benachteiligter Gruppen einschließlich der Minderheiten;

E. in der Erwägung, dass in dem Abkommen zwischen der EU und dem Irak und insbesondere in seiner Menschenrechtsklausel betont wird, dass sich der politische Dialog zwischen der EU und dem Irak auf Menschenrechte und den Ausbau demokratischer Institutionen konzentrieren sollte;

F. in der Erwägung, dass der Irak seit langen Zeiten Heimat verschiedenster ethnischer und religiöser Minderheiten ist, darunter Turkmenen, Christen, Kurden, Schabaken, Mandäer, Armenier, Jesiden, Bahais, schwarze Iraker, Assyrer, Juden, Palästinenser und andere;

G. in der Erwägung, dass die Minderheiten im Irak nach wie vor Assimilierungsmaßnahmen betroffen und in der irakischen Regierung und anderen staatlichen Organen unterrepräsentiert sind; in der Erwägung, dass der Anteil der betreffenden Minderheitengruppen an der irakischen Gesamtbevölkerung in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist, da viele aus dem Land geflohen sind, während andere sich gezwungen sahen innerhalb des Landes ihren Wohnort zu wechseln;

H. in der Erwägung, dass die Turkmenen Schätzungen zufolge die drittgrößte Minderheitengruppe im Irak sind; sowie in der Erwägung, dass die Turkmenen im Zuge der andauernden Auseinandersetzungen zwischen Turkmenen und Kurden um Kirkuk, eine Region mit reichen Vorkommen an Erdöl und anderen Bodenschätzen, oft Opfer von Übergriffen und Entführungen durch kurdische Kräfte und Gruppen arabischer Extremisten sind; in der Erwägung, dass sowohl sunnitische als auch schiitische Turkmenen religiös motivierten Übergriffen ausgesetzt sind;

I. in der Erwägung, dass der laufende Konflikt zwischen der irakischen Zentralregierung und der Regionalregierung von Kurdistan unlängst eskaliert ist, dass sich die Sicherheitslage in der Region dadurch verschlechtert hat und das friedliche Zusammenleben der verschiedenen ethnischen Gruppen, insbesondere von Kurden, Arabern und Turkmenen, in Gefahr gerät;

J. in der Erwägung, dass im Nordirak neben territorialen Auseinandersetzungen auch regelmäßig offenkundig religiös motivierte Übergriffe sunnitischer Gruppen auf die schiitische Bevölkerung stattfinden; in der Erwägung, dass am 31. Dezember 2012 29 Pilger während des schiitischen al-Arba"in-Gedenkfestes getötet wurden; in der Erwägung, dass am 23. Januar 2013 bei einem Anschlag auf eine schiitische Moschee in Tuz Khurmatu, einer Stadt mit hohem turkmenischen Bevölkerungsanteil in der nordirakischen Provinz Nineve, auf die sowohl die irakische Zentralregierung als auch die Regionalregierung von Kurdistan Anspruch erhebt, mindestens 42 Menschen den Tod fanden und 117 verletzt wurden;

K. in der Erwägung, dass die irakische Bevölkerung trotz einer deutlichen Verbesserung der Sicherheitslage weiterhin einem unzumutbar hohen Maß an Gewalt ausgesetzt ist, und täglich von Bombenanschlägen und Schießereien berichtet wird; in der Erwägung, dass die Zukunft der meisten Iraker aufgrund der fortwährenden Spannungen und der Gewalt ungewiss ist und eine Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Integration der irakischen Bevölkerung insgesamt verhindert wird;

P7_TA-PROV(2013)0102 - Der Fall Arafat Jaradat und die Lage palästinensischer Häftlinge in israelischen Gefängnissen
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. März 2013 zum Fall Arafat Jaradat und zur Lage der palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen (2013/2563(RSP))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass Arafat Jaradat am 18. Februar 2013 wegen angeblicher Steinwürfe auf israelische Ziele verhaftet wurde und am 23. Februar 2013 im Gefängnis von Megiddo verstorben ist; in der Erwägung, dass die Todesursache umstritten ist; in der Erwägung, dass die israelischen Staatsorgane behaupten, dass er an einem Herzinfarkt verstorben sei und die bei der Autopsie festgestellten Blutungen und Rippenbrüche bei den Wiederbelebungsmaßnahmen, die von Strafvollzugsbediensteten durchgeführt wurden, entstanden seien; in der Erwägung, dass die palästinensischen Behörden hingegen behaupten, dass sein Tod durch Folterung verursacht worden sei;

B. in der Erwägung, dass sich fast alle der 4 500 palästinensischen Gefangenen an einem Hungerstreik beteiligt haben, mit dem sie gegen den Tod von Arafat Jaradat protestierten; in der Erwägung, dass es in den letzten Tagen zu Zusammenstößen auf den Straßen des Westjordanlands gekommen ist, weil die Palästinenser über die Bedingungen für palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen empört sind;

C. in der Erwägung, dass die Frage der palästinensischen Gefangenen und Häftlingen weitreichende politische, soziale und humanitäre Auswirkungen hat; in der Erwägung, dass die palästinensischen politischen Gefangenen und ehemaligen Häftlinge eine herausragende Rolle in der palästinensischen Gesellschaft spielen; in der Erwägung, dass mehr als 4 800 palästinensische Gefangene und Häftlinge, darunter zahlreiche Frauen und Kinder, mehr als 100 Gefangene aus der Zeit vor dem Oslo-Abkommen und 15 Mitglieder des Palästinensischen Legislativrates in israelischen Gefängnissen einsitzen; in der Erwägung, dass sich 178 von ihnen, darunter 9 Mitglieder des Palästinensischen Legislativrates, in Verwaltungshaft befinden; in der Erwägung, dass laut einer Erklärung von palästinensischen und israelischen Menschenrechtsorganisationen vom März 2013 Berichten zufolge seit 1967 mindestens 71 palästinensische Gefangene aufgrund von Folterungen in israelischen Gefängnissen verstorben sind;

D. in der Erwägung, dass die überwiegende Mehrheit der palästinensischen Gefangenen aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen in Gefängnissen innerhalb des israelischen Hoheitsgebietes gefangen gehalten werden; in der Erwägung, dass es für die meisten von ihnen oft unmöglich oder sehr schwierig ist, ihr Recht auf Besuch von Angehörigen durchzusetzen;

E. in der Erwägung, dass die Verwaltungshaftanordnungen des israelischen Militärs eine Inhaftierung ohne Anklage oder Gerichtsverfahren auf der Grundlage von Beweisen ermöglichen, zu denen die Inhaftierten oder deren Rechtsanwälte keinen Zugang haben, sowie in der Erwägung, dass diese Anordnungen eine Laufzeit von bis zu sechs Monaten haben und auf unbestimmte Zeit verlängert werden können; in der Erwägung, dass das Oberste Gericht Israels vor kurzem die Militärgerichte und die Militärgeneralstaatsanwälte wegen der Verlängerung der Verwaltungshaftanordnungen kritisiert hat;

F. in der Erwägung, dass die palästinensischen politischen Gefangenen mehrmals in Hungerstreiks getreten sind, an denen sich Hunderte von Gefangenen beteiligt haben; in der Erwägung, dass sich mehrere palästinensische Gefangene nach wie vor in einem ununterbrochenen Hungerstreik befinden;

G. in der Erwägung, dass weibliche Häftlinge eine besonders gefährdete Gruppe palästinensischer Gefangener sind;

H. in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge 700 palästinensische Kinder von den israelischen Sicherheitskräften jedes Jahr im Westjordanland inhaftiert werden; in der Erwägung, dass laut den Ergebnissen einer von der UNICEF durchgeführten Überprüfung der Vorgehensweisen gegenüber palästinensischen Kindern, die mit dem Haftsystem des israelischen Militärs in Berührung kamen, die Misshandlung dieser Kinder offenkundig weit verbreitet und systematisch ist;

I. in der Erwägung, dass sich die Beziehungen zwischen der EU und Israel gemäß Artikel 2 des Assoziationsabkommens auf die Achtung der Menschenrechte und der Grundsätze der Demokratie stützen, die ein wesentliches Element dieses Abkommens darstellen; in der Erwägung, dass in dem Aktionsplan EU-Israel ausdrücklich die Achtung der Menschenrechte und die Beachtung des humanitären Völkerrechts als gemeinsame Werte beider Parteien hervorgehoben werden;