Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 23. September 2008 mit Empfehlungen an die Kommission zur Transparenz institutioneller Investoren (2007/2239(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 317905 - vom 20. Oktober 2008.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 23. September 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass alternative Anlageinstrumente wie Hedge Fonds und Private Equity den Fondsverwaltern anerkanntermaßen neue Diversifizierungsvorteile und den Anlegern die Aussicht auf höhere Rendite bieten, die allgemeine Liquidität am Markt erhöhen, zum Preisfindungsprozess, zur Risikodiversifizierung und zur finanziellen Integration beitragen und die Markteffizienz verbessern können,

B. in der Erwägung, dass Hedge Fonds und Private Equity unterschiedliche Anlageinstrumente sind, die sich hinsichtlich der Art der Investitionen und der Investitionsstrategie unterscheiden,

C. in der Erwägung, dass Hedge Fonds und Private Equity, die in der Europäischen Union angesiedelt sind, ein Regelungsumfeld benötigen, das ihre innovativen Strategien achtet, damit ihre Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene sichergestellt wird, gleichzeitig aber die Auswirkungen einer potenziell nachteiligen Marktdynamik abgemildert werden; in der Erwägung, dass produktspezifische Rechtsvorschriften unflexibel sein und die Innovation hemmen könnten,

D. in der Erwägung, dass sich Hedge Fonds und Private Equity, deren Verwaltungsgesellschaften ihren Sitz in der Europäischen Union haben, nach den bestehenden und künftigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft richten müssen; in der Erwägung, dass sich auch Einrichtungen mit Sitz außerhalb der Europäischen Union im Rahmen bestimmter Tätigkeiten nach diesen Rechtsvorschriften richten müssen,

E. in der Erwägung, dass in der Europäischen Union Onshore-Hedge Fonds, Manager von Hedge Fonds und Private Equity den geltenden Rechtsvorschriften unterliegen, insbesondere was den Marktmissbrauch betrifft, und in der Erwägung, dass sie durch Geschäftspartner sowie bei den damit zusammenhängenden Verkäufen von Anlagen in regulierten Produkten einer indirekten Regulierung unterliegen,

F. in der Erwägung, dass Hedge Fonds und Private Equity in manchen Mitgliedstaaten nationalen Regulierungssystemen und davon verschiedenen Umsetzungsmaßnahmen bestehender EU-Richtlinien unterliegen, und dass solche unterschiedlichen nationalen Regelungen auf nationaler Ebene das Risiko einer regulatorischen Fragmentierung im Binnenmarkt bergen, was die grenzüberschreitende Entwicklung dieser Tätigkeit in Europa behindern könnte,

G. in der Erwägung, dass Richtlinien wohl die geeigneten Rechtsinstrumente sind, um Themen zu behandeln, mit denen man sich im Zusammenhang mit Hedge Fonds und Private Equity auseinander setzen muss; in der Erwägung, dass einer möglichen Richtlinie über die Transparenz von Hedge Fonds und Private Equity eine Analyse und Bewertung der Auswirkungen der bereits in den Mitgliedstaaten geltenden Rechtsvorschriften auf Hedge Fonds und Private Equity vorausgehen sollte; in der Erwägung, dass diese Rechtsvorschriften der Ausgangspunkt für eine Harmonisierung sein sollten, und in der Erwägung, dass geltende Rechtsvorschriften unter Umständen angepasst werden müssen, wobei allerdings vermieden werden sollte, dass nicht vertretbare Unterschiede geschaffen werden,

H. in der Erwägung, dass die Notwendigkeit und die Analyse der Transparenz und der Frage, wo sie erhöht werden kann, anerkanntermaßen eines der wichtigsten Anliegen ist, und dass Transparenz verschiedene Aspekte hat, so z.B. die Transparenz von Hedge Fonds bzw. Private Equity gegenüber den Unternehmen, deren Anteile sie erwerben oder besitzen, und gegenüber Prime Brokern, institutionellen Anlegern, wie Pensionsfonds oder Banken, Kleinanlegern, Geschäftspartnern, Regulierungsstellen und Behörden, und dass eines der Hauptprobleme bei der Transparenz in der Beziehung zwischen Hedge Fonds bzw. Private Equity einerseits und den Unternehmen, deren Anteile sie besitzen oder erwerben, andererseits besteht,

I. in der Erwägung, dass die Erfahrungen der Vereinigten Staaten, wo die Rechtsvorschriften über die Informationsfreiheit von Wettbewerbern genutzt wurden, um Einzelheiten über Fondsinvestitionen zu erhalten, die für Anleger bestimmt waren, zeigen, dass sowohl die Anleger als auch der Fonds gefährdet wurden,

J. in der Erwägung, dass eine inkohärente Umsetzung der Transparenzrichtlinie zu unterschiedlichen Transparenzniveaus in der Europäischen Union und zu hohen Kosten für die Anleger geführt hat,

K. in der Überzeugung, dass Transparenz eine Grundvoraussetzung für das Vertrauen der Anleger und das Verständnis komplexer Finanzprodukte ist und somit zum optimalen Funktionieren und zur Stabilität der Finanzmärkte beiträgt; in der Erwägung, dass Transparenz zwar der gebotenen Sorgfalt dienlich ist, diese jedoch nicht ersetzt,

L. in der Erwägung, dass die gegenwärtige Sub-Prime-Krise nicht hauptsächlich auf einen einzigen Sektor zurückgeführt werden kann - es ist zu berücksichtigen, dass es Zeit brauchen wird, um die Ursachen und Wirkungen dieser Krise völlig zu verstehen -, und in der Erwägung, dass ihre vielfachen Ursachen u. a. Folgendes umfassen:

M. in der Erwägung, dass das Gemeinschaftsrecht Mechanismen wie Komitologie- oder Lamfalussy-Verfahren enthält, die durch Durchführungsmaßnahmen eine gewisse Flexibilität bei der Reaktion auf das sich wandelnde Geschäftsumfeld zulassen, und dass sich dieses System durch das Instrument der delegierten Rechtsakte nach dem Vertrag von Lissabon verbessern wird;

N. in der Erwägung, dass durch zahlreiche verschiedene Hedge Fonds und Private Equity Initiativen und von Organisationen, wie etwa der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden, dem Internationale Währungsfonds, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie von Einrichtungen der Industrie, auch solchen für Hedge Fonds und Private Equity, Grundsätze und Verhaltenskodizes erstellt wurden, die als Modelle für EU-Rechtsvorschriften dienen und sie ergänzen könnten, und dass Unternehmen und Wirtschaftsverbände dazu ermutigt werden sollten, sich - zusätzlich zur Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften - zur Einhaltung dieser Kodizes nach dem Grundsatz "einhalten oder erläutern" zu verpflichten, und dass die Einzelheiten eines solchen Systems "Einhalten oder Erläutern" öffentlich zugänglich gemacht und ordnungsgemäß bewertet werden sollten,

O. in der Erwägung, dass bei einigen im Freiverkehr gehandelten Produkten (OTC) offenere und transparentere Handelssysteme angewandt werden könnten, um die Bewertung zu Marktpreisen - sofern möglich - auszuweiten und einen Hinweis auf einen möglichen Wechsel der Eigentümer zu geben; in der Erwägung, dass ein generelleres OTC-Clearing-System für Zwecke der Überwachung und der Risikobewertung attraktiv ist, dass jedoch jedes neue System weltweit eingeführt werden muss, um gleiche Ausgangsbedingungen im globalen Kontext sicherzustellen,

P. in der Erwägung, dass eine branchenweite Überwachung und Berichterstattung wichtig ist, um Besorgnissen der Öffentlichkeit Rechnung zu tragen und die wirtschaftlichen Auswirkungen von Private Equity zu verstehen, und in der Erwägung, dass private und öffentliche Unternehmen bereits verpflichtet sind, ihre Beschäftigten zu Fragen zu konsultieren, die deren Interessen berühren; in der Erwägung, dass kein Ungleichgewicht zwischen der Pflicht zur Offenlegung von Geschäftsinformationen privater Anlagegesellschaften und der entsprechenden Pflicht für andere Privatunternehmen geschaffen werden sollte,

Q. in der Erwägung, dass produktbezogene Rechtsvorschriften wohl nicht die geeignete Art von Rechtsvorschriften für diesen innovativen Sektor sind,

R. in der Erwägung, dass eine Website für Verhaltenskodizes als zentrale Anlaufstelle hilfreich wäre und für die Europäische Union eingerichtet und international propagiert werden sollte; in der Erwägung, dass diese Website ein Register von Marktteilnehmern, die sich an die Verhaltenskodizes halten, und ihre Veröffentlichungen sowie Erläuterungen zu Verstößen enthalten sollte; in der Erwägung, dass die Gründe für Verstöße auch lehrreich sein können,

S. unter Hinweis auf die Notwendigkeit, die Hindernisse für den grenzüberschreitenden Vertrieb alternativer Anlageinstrumente dadurch zu beseitigen, dass ein europäisches System für Privatplatzierung für institutionelle Anleger geschaffen wird,

T. in der Erwägung, dass zusätzliche, insbesondere häufige, Berichtspflichten bei Private Equity gerechtfertigt und in einem vertretbaren Kosten-Nutzen-Verhältnis stehen müssen; in der Erwägung, dass in Bezug auf alle Kontexte eine bessere Verknüpfung zwischen Vergütungspaketen und der langfristigen Performance hergestellt werden muss,

U. in der Erwägung, dass die Bedingung des Artikels 39 Absatz 2 der Geschäftsordnung, wonach ein Vorschlag noch nicht in Vorbereitung sein darf, erfüllt ist,

Anlage zur Entschliessung
Ausführliche Empfehlungen zum Inhalt der geforderten Vorschläge

Das Europäische Parlament ersucht die Kommission, eine oder mehrere Richtlinien vorzuschlagen durch die ein gemeinsamer Transparenzstandard gewährleistet wird und Fragen im Zusammenhang mit Hedge Fonds und Private Equity geregelt werden.

Grundlage hierfür sollte sein, dass die Richtlinie(n) den Mitgliedstaaten ausreichend Flexibilität bieten sollte(n), um die EU-Regelungen in ihre bestehenden Gesellschaftsrechtssysteme umzusetzen. Parallel dazu ersucht das Europäische Parlament die Kommission, Verbesserungen bei der Transparenz durch Unterstützung und Überwachung der Entwicklung der Selbstregulierung zu fördern, die bereits von Managern der Hedge Fonds und Private Equity und ihren Geschäftspartnern eingeführt wurden, und die Mitgliedstaaten zu ermuntern, diese Bemühungen durch Dialog und den Austausch bewährter Praktiken zu unterstützen.

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es keine einheitliche öffentliche Offenlegung von Staatsfonds (Sovereign Wealth Funds) gibt, begrüßt das Europäische Parlament die Initiative des Internationalen Währungsfonds, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die einen internationalen Verhaltenskodex für Staatsfonds ausarbeiten soll; vertritt die Ansicht, dass ein solcher Verhaltenskodex in gewisser Weise zu einer Entmystifizierung der Tätigkeiten von Staatsfonds beitragen würde; fordert die Kommission auf, sich an diesem Prozess zu beteiligen.

Hedge Fonds und Private Equity

Das Europäische Parlament ersucht die Kommission, die geeigneten Legislativvorschläge zusammen mit einer Folgenabschätzung und unter Einbeziehung der betroffenen Branchen zu unterbreiten, indem sie den für die verschiedenen Arten von Anlegern und Geschäftspartnern geltenden gemeinschaftlichen Besitzstand überarbeitet, um die Möglichkeit der Differenzierung zwischen Hedge Fonds, Private Equity und anderen Anlegern zu untersuchen, und Regelungen anzupassen oder einzuführen, damit relevante und sachliche Informationen eindeutig offen gelegt und rechtzeitig bekannt gemacht werden um hochwertige Entscheidungsprozesse und eine transparente Kommunikation zwischen Anlegern und der Unternehmensführung sowie zwischen Anlegern und anderen Geschäftspartnern zu erleichtern. Liegen Vorschläge bereits vor, sollten sie entsprechend umgesetzt werden; es empfiehlt der Kommission, nach Wegen zu suchen, um die Risiken -als Gegenstück zur Kreditwürdigkeit - besser sichtbar und leichter verständlich zu machen;

Aufmerksamkeit sollte der Frage geschenkt werden, ob geltende und künftige Richtlinien und Transparenzmaßnahmen nicht vielleicht durch übertriebene Haftungsfreistellungsregelungen in Verträgen untergraben werden.

Die neue Rechtsvorschrift sollte Anteilseigner dazu verpflichten, Emittenten mitzuteilen, welche Anteile an den Stimmrechten sie nach dem Erwerb oder der Veräußerung von Aktien halten, wenn dieser Anteil die spezifische Schwelle ab 3 % - und nicht 5 % wie nach der Richtlinie 2004/109/EG - erreicht, bzw. über- oder unterschreitet; sie sollte auch vorschreiben dass Hedge Fonds und Private Equity - soweit diese Kategorien von Anlegern von anderen unterschieden werden können - gegenüber den Unternehmen, deren Anteile sie erwerben oder besitzen, Kleinanlegern und institutionellen Investoren, Prime Brokern und Aufsichtsstellen ihre Investitionspolitik und eventuelle Risiken offen legen und erläutern müssen.

Diese Vorschläge sollten sich auf eine Überprüfung der geltenden gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften gründen, die im Hinblick darauf durchgeführt wird, inwieweit die geltenden Transparenzregelungen auf die besondere Situation von Hedge Fonds und Privat Equity angewendet werden können.

Im Hinblick auf die oben genannten Legislativvorschläge sollte die Kommission insbesondere:

Konkret zu Hedge Fonds

Das Europäische Parlament ersucht die Kommission, Regelungen, die die Transparenz des Abstimmungsverhaltens von Hedge Fonds erhöhen, auf der Grundlage zu erlassen, dass die Adressaten dieser gemeinschaftlichen Regelungen die Manager solcher Fonds sein sollten. Solche Regelungen könnten auch ein EU-weites System für die Aktionärsidentifizierung umfassen. Liegen Vorschläge bereits vor, sollten sie entsprechend umgesetzt werden.

Im Hinblick auf den/die oben genannten Legislativvorschlag/Legislativvorschläge sollte die Kommission insbesondere:

Optionsvereinbarungen gelten sollten.

Konkret zu Private-Equity

Das Europäische Parlament ersucht die Kommission, Regelungen vorzuschlagen, die es Anlegern verbieten, Unternehmen "auszuplündern" (sogenanntes "Asset Stripping") und dadurch ihre finanzielle Macht auf eine Art zu missbrauchen, die dem erworbenen Unternehmen langfristig nur schadet, und keine positiven Auswirkungen auf die Zukunft des Unternehmens und die Interessen seiner Mitarbeiter, Gläubiger und Geschäftspartner hat. Außerdem sollte die Kommission gemeinsame Regelungen prüfen, um die Erhaltung des Kapitals von Gesellschaften sicherzustellen. Parallel dazu ersucht das Europäische Parlament die Kommission, die Frage zu untersuchen, ob die Mitgliedstaaten Maßnahmen eingeführt haben, um dem "Asset Stripping" entgegenzuwirken.

Im Hinblick auf den/die oben genannten Legislativvorschlag/Legislativvorschläge sollte sich die Kommission mit den Problemen befassen, die auftreten, wenn Banken riesige Kredite an Käufer, einschließlich Private Equity, vergeben und dann jede Verantwortung für den Zweck, für den das Geld verwendet wird, und die Herkunft des Geldes, mit dem der Kredit zurückgezahlt wird, ablehnen, wobei zu berücksichtigen ist, dass weiterhin der Kreditnehmer für diese Fragen verantwortlich ist und dass die Eigenkapitalanforderungen für vergleichbare Risiken im gesamten Finanzsystem gleich sein müssen.

Das Europäische Parlament ersucht die Kommission, die Frage zu prüfen, ob die Unternehmensübergangsrichtlinie25 auf die besondere Situation von fremdfinanzierten Unternehmensübernahmen (leveraged buyouts) angepasst werden muss.