Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes

A. Problem und Ziel

Durch das Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 wurde mit § 28 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) ein neuer Verlustgrund geregelt, wonach ein Deutscher die deutsche Staatsangehörigkeit verliert, wenn er auf Grund freiwilliger Verpflichtung ohne eine Zustimmung des Bundesministeriums der Verteidigung oder der von ihm bezeichneten Stelle oder ohne Berechtigung auf Grund eines zwischenstaatlichen Vertrages in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, eintritt. In dem Verhalten liegt eine Hinwendung zu dem anderen Heimatstaat und zugleich eine Abwendung von der Bundesrepublik Deutschland, die einen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit rechtfertigt. Unter die Verlustregelung fällt jedoch nur der ungenehmigte freiwillige Eintritt in die regulären Streitkräfte oder diesen gleichgestellte bewaffnete Verbände eines ausländischen Staates. Dagegen ist die konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen für eine Terrormiliz im Ausland, mit der sich ebenfalls eine Abwendung von der Bundesrepublik Deutschland und ihrer freiheitlichen demokratischen Grundordnung manifestiert, bisher staatsangehörigkeitsrechtlich folgenlos.

Künftig sollen auch Deutsche, die sich ins Ausland begeben und dort an Kampfhandlungen für eine Terrormiliz konkret beteiligt haben und dadurch zum Ausdruck bringen, dass sie sich von Deutschland und seinen grundlegenden Werten ab- und einer anderen ausländischen Macht in Gestalt einer Terrormiliz zugewandt haben, durch eine Ergänzung des § 28 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes verlieren, wenn sie noch eine andere Staatsangehörigkeit besitzen. Staatenlosigkeit kann dadurch nicht eintreten, so dass es sich um einen nach Artikel 16 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) zulässigen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit handelt. Die Verlustregelung steht auch mit Artikel 4 Buchstabe b sowie Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d in Verbindung mit Absatz 3 des von Deutschland ratifizierten Europäischen Übereinkommens vom 6. November 1997 über die Staatsangehörigkeit (BGBl. 2004 II S. 578, 579) in Einklang. Danach darf ein Vertragsstaat in seinem innerstaatlichen Recht den Verlust seiner Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes vorsehen bei einem Verhalten, das den wesentlichen Interessen des Vertragsstaats in schwerwiegender Weise abträglich ist, wenn der Betreffende dadurch nicht staatenlos wird.

B. Lösung

Änderung des StAG.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Bund, Länder und Gemeinden werden durch das Gesetz mit geringfügigen, nicht genau bezifferbaren zusätzlichen Ausgaben belastet. Mehrbedarf des Bundes an Sach- oder Personalmitteln wird finanziell und stellenmäßig im jeweiligen Einzelplan ausgeglichen.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft entsteht kein Erfüllungsaufwand.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Erfüllungsaufwand für die Verwaltung entsteht im Falle des § 28 Satz 1 Nummer 2 StAG durch die Feststellung des Verlustes (Nichtbestehens) der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 30 Absatz 1 Satz 3 StAG und damit im Zusammenhang stehender Maßnahmen (z.B. Sicherstellung und Einziehung deutscher Ausweisdokumente, Berichtigung des Melde-, Pass- und Personalausweisregisters). Es werden schätzungsweise Fallzahlen im einstelligen bis niedrigen zweistelligen Bereich zugrunde gelegt. Dadurch entstünden dem Bund, den Ländern und Gemeinden zusätzlicher Erfüllungsaufwand in nur geringfügiger Höhe (ca. knapp 1. 000 Euro).

F. Weitere Kosten

Keine.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 5. April 2019 Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes mit Begründung und Vorblatt.

Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig. In der Vergangenheit liegende Beteiligungen an Kampfhandlungen können aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht von der Verlustregelung erfasst werden. Um schnellstmöglich auf künftige Fälle reagieren zu können, soll das Gesetzgebungsverfahren beschleunigt durchgeführt werden.

Fristablauf: 17.05.19
besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG

Federführend ist das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Drittes Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes

Das Staatsangehörigkeitsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 102-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 11. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2218) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 17 Absatz 1 Nummer 5 wird wie folgt gefasst:

"5. durch Eintritt in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates oder durch konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer Terrormiliz im Ausland (§ 28),".

2. § 28 wird wie folgt gefasst:

" § 28

(1) Ein Deutscher, der

(2) Der Verlust nach Absatz 1 tritt nicht ein,

(3) Terrormiliz im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 ist ein paramilitärisch organisierter bewaffneter Verband, der das Ziel verfolgt, in völkerrechtswidriger Weise die Strukturen eines ausländischen Staates gewaltsam zu beseitigen und an Stelle dieser Strukturen neue staatliche oder staatsähnliche Strukturen zu errichten.

(4) Der Verlust ist im Falle des Absatzes 1 Nummer 2 nach § 30 Absatz 1 Satz 3 von Amts wegen festzustellen. Die Feststellung trifft bei gewöhnlichem Aufenthalt des Betroffenen im Inland die oberste Landesbehörde oder die von ihr nach Landesrecht bestimmte Behörde. Befindet sich der Betroffene noch im Ausland, findet gegen die Verlustfeststellung kein Widerspruch statt; die Klage hat keine aufschiebende Wirkung."

Artikel 2
Einschränkung eines Grundrechts

Durch Artikel 1 dieses Gesetzes wird das Grundrecht auf Fortbestand der deutschen Staatsangehörigkeit aus Artikel 16 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes eingeschränkt.

Artikel 3
Bekanntmachungserlaubnis

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann den Wortlaut des Staatsangehörigkeitsgesetzes in der vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekannt machen.

Artikel 4
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am [einsetzen: Tag nach der Verkündung] in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Anlass und Zielsetzung der Regelung

Es wird eine neue Verlustregelung in das Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) eingefügt. Deutsche, die durch ihre konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen für eine Terrormiliz im Ausland zum Ausdruck bringen, dass sie sich von Deutschland und seinen grundlegenden Werten ab- und einer anderen ausländischen Macht in Gestalt einer Terrormiliz zugewandt haben, sollen künftig durch eine Ergänzung des § 28 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes verlieren, wenn sie noch eine andere Staatsangehörigkeit besitzen. Die Verlustregelung knüpft an die Struktur und den Regelungsgehalt des bestehenden § 28 StAG an, der den Dienst in den regulären Streitkräften oder einem vergleichbaren bewaffneten Verband eines anderen Staates als gravierenden, den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nach sich ziehenden Fall der Illoyalität ansieht. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass sich in der Hinwendung zum bewaffneten Verband eines anderen Staates zugleich eine Abwendung von Deutschland manifestiert.

Mit dem Begriff der "Terrormiliz" wird gleichermaßen ein bewaffneter Verband vorausgesetzt, dem sich der Betroffene angeschlossen hat. Durch die tatbestandlich geforderte "konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen", die mit dem Einsatz der körperlichen Unversehrtheit respektive des eigenen Lebens einhergehen kann, wird die Zuwendungshandlung zu einer ausländischen Macht noch deutlicher manifestiert als dies beim bloßen Eintritt in den bewaffneten Verband eines Staates der Fall ist.

Die Erweiterung der Verlustregelung hält sich im verfassungsrechtlichen Rahmen des Artikels 16 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG). Danach darf sich der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nicht als Entziehung der Staatsangehörigkeit im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 Satz 1 GG darstellen, sondern muss als sonstiger Verlust der Staatsangehörigkeit (Artikel 16 Absatz 1 Satz 2 GG) eingeordnet werden können. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist Entziehung der Staatsangehörigkeit jede Verlustzufügung, die die - für den Einzelnen und für die Gesellschaft gleichermaßen bedeutsame - Funktion der Staatsangehörigkeit als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung der Verlässlichkeit und Gleichheit des Zugehörigkeitsstatus liegt insbesondere in jeder Verlustzufügung, die der Betroffene nicht oder nicht auf zumutbare Weise beeinflussen kann (BVerfGE 116, 24 [44]). Zur Verlässlichkeit des Staatsangehörigkeitsstatus gehört auch die Vorhersehbarkeit eines Verlusts und damit ein ausreichendes Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Bereich der staatsangehörigkeitsrechtlichen Verlustregelungen (BVerfGE 116, 24 [45]). Mit der Entscheidung, sich in den Wirkbereich einer Terrormiliz zu begeben und sich dort an Kampfhandlungen für diese Terrormiliz konkret zu beteiligen, bestimmen die Betroffenen in zumutbarer Weise selbst den Eintritt der Verlustfolge. Folglich ist dadurch die Funktion der Staatsangehörigkeit als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit nicht beeinträchtigt und liegt also kein unzulässiger Entzug, sondern ein sonstiger Verlust der Staatsangehörigkeit vor, für den mit diesem Gesetz die von Verfassungs wegen geforderte gesetzliche Grundlage geschaffen wird.

Eine Regelung, die die Staatsangehörigkeit entfallen lässt und erst nachträglich in Kraft gesetzt wird, ist als verbotene Entziehung im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 Satz 1 GG anzusehen. Die Betroffenen haben nur dann Einfluss auf den Verlust der Staatsangehörigkeit, wenn sie im Zeitpunkt ihres Handelns wissen oder wenigstens wissen können, dass sie damit die Voraussetzungen für den Verlust der Staatsangehörigkeit schaffen (BVerfGE 135, 48 [Rn. 39]). Eine Erfassung sogenannter "Rückkehrer", die in der Vergangenheit als IS-Kämpfer agiert haben und nun nach Deutschland zurückkehren wollen durch die neu zu schaffende Verlustregelung, ist daher nicht möglich. Soweit sich aber IS-Kämpfer noch in verbliebenen Bastionen oder Rückzugsgebieten des IS aufhalten, kommt im Fall der konkreten Beteiligung an wieder aufflammenden oder erneuten Kampfhandlungen nach Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Verlusteintritt grundsätzlich in Betracht.

II. Gesetzgebungskompetenz des Bundes

Die Zuständigkeit des Bundes zum Erlass dieser Vorschriften ergibt sich aus Artikel 73 Absatz 1 Nummer 2 GG. Danach hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für die Staatsangehörigkeit im Bunde.

III. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und mit völkerrechtlichen Verträgen vereinbar. Nach dem Recht der Europäischen Union fällt die Regelung des Erwerbs und Verlusts der Staatsangehörigkeit in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.

Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit kann zugleich zum Verlust der akzessorischen Unionsbürgerschaft (Artikel 20 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union) führen, wenn die weitere Staatsangehörigkeit des Betroffenen nicht diejenige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union ist. Dem steht jedoch Unionsrecht nicht entgegen, da die Verlustfolge im Fall terroristischer und damit von der Weltgemeinschaft geächteter Aktivitäten auch hinsichtlich der unionsrechtlichen Stellung und vor dem Hintergrund der in Artikel 2 des Vertrages über die Europäische Union niedergelegten Grundwerte den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt.

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d in Verbindung mit Absatz 3 des Europäischen Übereinkommens vom 6. November 1997 über die Staatsangehörigkeit (BGBl. 2004 II S. 578, 579) lässt den Verlust der Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaats nach dessen innerstaatlichem Recht zu bei einem Verhalten, das den wesentlichen Interessen dieses Vertragsstaats in schwerwiegender Weise abträglich ist, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird. In der konkreten Beteiligung an Kampfhandlungen einer Terrormiliz wie beispielsweise des menschenverachtenden Islamischen Staates (IS), der von der Weltgemeinschaft geächtet ist (vgl. etwa Resolution 2253 [2015] des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen) und das Leben von Millionen Menschen im Irak und Syrien und der ganzen Region erheblich bedroht hat, liegt ein Verhalten, das wesentlichen Interessen Deutschlands in schwerwiegender Weise abträglich ist. Hinzu kommt, dass durch die zahlreichen "Rückkehrer" auch in Deutschland erhebliche Sicherheitsrisiken ausgelöst werden. Die Verlustregelung entspricht daher den völkerrechtlichen bzw. menschenrechtlichen Vorgaben.

IV. Gesetzesfolgen

1. Nachhaltigkeitsaspekte

Die nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung ist nicht betroffen. Dies gilt insbesondere für die Schlüsselindikatoren in Nummer 16. Der Schlüsselindikator Nummer 16.1 ist nicht betroffen, weil es mit der Neuregelung nicht um die Bekämpfung der Kriminalität geht. Im Staatsangehörigkeitsrecht sind nur statusrechtliche Fragen zu regeln, insbesondere wann ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit verlieren kann. Auch die Schlüsselindikatoren 16.2 (Frieden und Sicherheit) und 16.3 (gute Regierungsführung) sind offensichtlich nicht betroffen.

2. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Bund, Länder und Gemeinden werden durch das Gesetz mit geringfügigen, nicht genau bezifferbaren zusätzlichen Ausgaben belastet. Mehrbedarf des Bundes an Sach- oder Personalmitteln wird finanziell und stellenmäßig im jeweiligen Einzelplan ausgeglichen.

3. Erfüllungsaufwand

a) Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.

b) Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft entsteht kein Erfüllungsaufwand.

c) Erfüllungsaufwand für die Verwaltung

Erfüllungsaufwand für die Verwaltung entsteht im Falle des § 28 Absatz 1 Nummer 2 StAG durch die Feststellung des Verlustes (Nichtbestehens) der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 30 Absatz 1 Satz 3 StAG und damit im Zusammenhang stehender Maßnahmen (z.B. Sicherstellung und Einziehung deutscher Ausweisdokumente, Berichtigung des Melde-, Pass- und Personalausweisregisters). Es werden schätzungsweise Fallzahlen im einstelligen bis niedrigen zweistelligen Bereich zugrunde gelegt. Dadurch entstünde dem Bund, den Ländern und Gemeinden zusätzlicher Erfüllungsaufwand in nur geringfügiger Höhe (ca. knapp 1. 000 Euro).

4. Weitere Kosten

Keine.

5. Weitere Gesetzesfolgen

Gleichstellungspolitische Belange werden nicht berührt.

V. Befristung; Evaluierung

Eine Befristung oder Evaluierung ist nicht erforderlich.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 (Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes)

Zu Nummer 1

In § 17 Absatz 1 Nummer 5 wird die Aufzählung um den neuen Verlustgrund der konkreten Beteiligung an Kampfhandlungen für eine Terrormiliz im Ausland ergänzt.

Zu Nummer 2

Mit der Neufassung des § 28 wird in Absatz 1 Satz 1 die bisherige Regelung über den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit eines Deutschen bei einem freiwilligen Eintritt in Streitkräfte eines ausländischen Staates, dessen Staatsangehörigkeit er auch besitzt, unter Absatz 1 Nummer 1 aufgeführt und unter Nummer 2 um den neuen Verlusttatbestand der konkreten Beteiligung an Kampfhandlungen einer Terrormiliz im Ausland erweitert.

Die erweiterte Verlustregelung knüpft an die Struktur und den Regelungsgehalt der bisherigen Vorschrift an, die den Dienst in den regulären Streitkräften oder einem vergleichbaren bewaffneten Verband des Staates der anderen Staatsangehörigkeit als gravierenden, den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nach sich ziehenden Fall der Illoyalität ansieht. Für die Verlustfolge reicht jedoch, anders als beim Eintritt in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband, der Beitritt zu einer Terrormiliz allein nicht aus, zumal ein solcher tatsächlicher Beitritt ohne formalen Akt schwerer nachweisbar ist. Tatbestandlich wird daher erst die konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen einer Terrormiliz im Ausland als Verlustgrund zugrunde gelegt.

Wer sich bewusst ins Ausland in den Wirkbereich einer Terrormiliz begibt und diese durch konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen aktiv unterstützt, sich dadurch also in den Dienst einer Terrormiliz stellt und deren völkerrechtswidrige Ziele fördert, belegt, dass er sich zu Gunsten der Hinwendung zu der Terrormiliz grundlegend von Deutschland und seiner freiheitlichen demokratischen Grundordnung abgewandt hat.

In dem aktiven Unterstützen einer Terrormiliz durch konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen liegt auch ein Verhalten, das nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d des Europäischen Übereinkommens vom 6. November 1997 über die Staatsangehörigkeit den wesentlichen Interessen der Bundesrepublik Deutschland in schwerwiegender Weise abträglich ist und den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit rechtfertigt.

Kampfhandlungen im Sinne dieser Regelung sind Auseinandersetzungen, die zwischen staatlichen und/oder nichtstaatlichen Gruppierungen mit (Waffen-)Gewalt ausgetragen werden, aber auch gegen Staaten oder deren Zivilbevölkerung gerichtete terroristische Anschläge. Eine konkrete Beteiligung an Kampfhandlungen ist anzunehmen, wenn der Betreffende in Kampfhandlungen eingebunden ist. Bei der zugrunde zu legenden statusrechtlichen Betrachtungsweise kommt es nicht auf die Schwere der Beteiligung oder die Funktion innerhalb der gewaltsamen Auseinandersetzung an. Notwendig ist daher nicht, dass der Betreffende selbst (Waffen-)Gewalt ausübt. Ausreichend ist vielmehr jeder aktive Beitrag im Rahmen einer gewaltsamen Auseinandersetzung.

Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nach Absatz 1 setzt das Bestehen einer anderen Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Erfüllung des jeweiligen Verlusttatbestandes voraus. Es wird dabei ausgeschlossen, dass der Betroffene durch den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit staatenlos würde.

Absatz 2 schließt einen Verlust nach Absatz 1 bei minderjährigen Deutschen aus. Die erweiterte Verlustregelung ist damit sowohl mit Artikel 16 Absatz 1 GG, der eine Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit verbietet und für eine Verlustfolge eine gesetzliche Regelung sowie bei einer Verlustfolge gegen den Willen des Betroffenen die Vermeidung von Staatenlosigkeit vorschreibt, als auch mit Artikel 4 Buchstaben b und c und Artikel 7 Absatz 2 und 3 des Europäischen Übereinkommens vom 6. November 1997 über die Staatsangehörigkeit, nach denen ebenfalls eine willkürliche Entziehung der Staatsangehörigkeit nicht erfolgen darf und der Eintritt von Staatenlosigkeit zu vermeiden ist sowie eine Verlustfolge bei Kindern aus den vorgenannten Gründen nicht vorgesehen ist, vereinbar.

In Absatz 3 erfolgt die Legaldefinition des Begriffs "Terrormiliz". Danach ist Terrormiliz im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 ein paramilitärisch organisierter bewaffneter Verband, der hinsichtlich seiner Größenordnung, sowie seines operativen und territorialen Wirkens das Ziel verfolgt, in völkerrechtswidriger Weise die Strukturen eines ausländischen Staates gewaltsam zu beseitigen und an Stelle dieser Strukturen neue staatliche oder staatsähnliche Strukturen zu errichten.

Der neue Verlustgrund in § 28 folgt dem statusrechtlichen Schema der tradierten Verlusttatbestände, das durch die Abwendung von Deutschland und die dauerhafte Hinwendung zu einem anderen Staat gekennzeichnet ist. Zwar ist das Zuwendungsobjekt hier kein Staat; es ist aber zu berücksichtigen, dass im heutigen Weltgeschehen Konfliktlagen bestehen, in denen sich Staatenordnungen in vielen Krisengebieten auflösen oder strukturelle Defizite aufweisen. Als Korrelat wird daher eine Hinwendung zu einer Terrormiliz vorausgesetzt. Diese ist nach der gegebenen Legaldefinition ein Verband, der hinsichtlich seiner Größenordnung sowie seines operativen und territorialen Wirkens in der Lage ist und beabsichtigt, zumindest regional staatsähnliche Machtstrukturen auszubilden. Zuwendungsobjekt ist damit jedenfalls eine ausländische Macht mit "Staatsanspruch"(vgl. zum Begriff der ausländischen Macht § 109h StGB, der zum Schutz der Außenbeziehungen (Neutralität) der Bundesrepublik Deutschland die Anwerbung für fremde Dienste untersagt. Als ausländische Macht im Sinne dieser Vorschrift werden nicht nur Staaten angesehen, sondern auch zwischenstaatliche Machtgebilde oder sonstige militärische Mächte wie Bürgerkriegsparteien oder Volksfronten).

Die Formulierung, dass die Ziele "in völkerrechtswidriger Weise" verfolgt werden müssen, ist aufgenommen worden, um völkerrechtlich gerechtfertigte "Befreiungsbewegungen" oder revolutionäre Kräfte auszunehmen, die sich gegen in völkerrechtlich zu missbilligender Weise handelnde Gruppierungen oder Regime richten. Auch wenn entsprechenden Gruppierungen nicht per se Völkerrechtssubjektivität zukommt, kann jedenfalls bei Rebellengruppen/Aufständischen die Kontrollfrage gestellt werden, ob eine völkerrechtliche Rechtfertigung eines Vorgehens gegen den betroffenen Staat durch ein Völkerrechtssubjekt denkbar oder nicht denkbar wäre. Damit wären beispielsweise für kurdische Rebellenverbände kämpfende deutsche Doppelstaater, die mit Unterstützung der Anti-Terror-Allianz Gebietsteile in Nordsyrien vom IS zurückerobern, nicht als Angehörige einer Terrormiliz anzusehen.

Infolge der Einbindung in den Tatbestand des § 28 tritt die Verlustfolge bei konkreter Beteiligung an Kampfhandlungen für eine Terrormiliz kraft Gesetzes ein. Absatz 4 Satz 1 schreibt aus Gründen der Rechtssicherheit vor, dass in Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 von Amts wegen eine deklaratorische Verlustfeststellung, also die Feststellung des Nichtbestehens der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 30 Absatz 1 Satz 3 erfolgt, da anders als beim Eintritt in den Wehrdienst eines anderen Staates Tatsachenfeststellungen darüber, dass und zu welchem Zeitpunkt jemand tatsächlich an Kampfhandlungen im Ausland beteiligt war, schwieriger zu belegen sind. Das Vorliegen der Voraussetzungen für den eingetretenen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ist von der die Feststellungsentscheidung treffenden Staatsangehörigkeitsbehörde nachzuweisen.

Absatz 4 Satz 2 sieht für die Verlustfeststellung in Fällen des Absatzes 1 Nummer 2, in denen der Betroffene trotz der konkreten Beteiligung an Kampfhandlungen im Ausland seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch im Inland hat, wegen des erforderlichen Zusammenwirkens mit den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern eine generelle Zuständigkeit der jeweiligen obersten Landesbehörde oder der von ihr nach Landesrecht bestimmten Behörde vor. Ist von einem gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland auszugehen, liegt die Zuständigkeit beim Bundesverwaltungsamt (§ 5 des Gesetzes über die Errichtung des Bundesverwaltungsamtes).

Aufenthaltsrechtliche und grenzpolizeiliche Maßnahmen, die an einen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit anknüpfen, setzen eine vorherige Verlustfeststellung voraus. Um eine Einreise in das Bundesgebiet im Einzelfall mit grenzpolizeilichen Maßnahmen verhindern zu können, findet nach Absatz 4 Satz 3 bei Betroffenen, die aus dem Kampfgebiet nach Deutschland zurückkehren wollen, ein Widerspruchsverfahren gegen die Verlustfeststellung nicht statt; die Klage gegen die Verlustfeststellung hat keine aufschiebende Wirkung.

Zu Artikel 2 (Einschränkung eines Grundrechts)

Die geplante gesetzliche Regelung in Artikel 1 ermöglicht den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit und schränkt damit das Grundrecht auf Fortbestand der deutschen Staatsangehörigkeit aus Artikel 16 Absatz 1 Satz 2 GG ein (vergleiche auch Begründung zu Artikel 1 Nummer 2). Auf Grund von Artikel 19 Absatz 1 Satz 2 GG ist das eingeschränkte Grundrecht zu benennen.

Zu Artikel 3 (Bekanntmachungserlaubnis)

Auf Grund bereits zahlreicher Änderungen durch frühere Änderungsgesetze ist eine Neubekanntmachung des StAG erforderlich.

Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.