7. Ebenfalls Bedenken hat der Bundesrat gegen die in Artikel 6 des Verordnungsvorschlags geregelte generelle Akzeptanz nicht beglaubigter Übersetzungen von durch Behörden anderer Mitgliedstaaten ausgestellten öffentlichen Urkunden. Diese Regelung erscheint mit tragenden und bewährten Grundsätzen des deutschen Personenstandsrechts kaum vereinbar und würde deshalb zu Vollzugsproblemen führen. Nach deutschem Personenstandsrecht sind die Standesämter verpflichtet, vor der Beurkundung eines Personenstandsfalles den zugrunde liegenden Sachverhalt zu ermitteln und abschließend zu prüfen (§ 5 PStV). Bei fremdsprachigen Urkunden soll eine deutsche Übersetzung gefordert werden (§ 2 PStV). Sofern die Urkunde in einer Fremdsprache verfasst ist, die im Mitgliedstaat nicht verbreitet ist, werden die Standesämter eine nicht beglaubigte Übersetzung kaum auf ihre Schlüssigkeit überprüfen können. Sie würden daher im Regelfall eine deutsche Übersetzung veranlassen.
Darüber hinaus schließt der Wortlaut des Artikels 6 des Verordnungsvorschlags nicht aus, dass die Übersetzung durch den Vorlegenden selbst erfolgt. Auch dies würde deutschem Personenstandsrecht ausdrücklich zuwiderlaufen (Ziffer A 4. 1.1 PStG-VwV). Bei einer Übersetzung durch einen Beteiligten des Beurkundungsverfahrens besteht ein Interessenkonflikt, der eine vollständige und richtige Beurkundung jedenfalls dann gefährdet, wenn die Behörde die Übersetzung nicht überprüfen kann. Die in Artikel 6 Nummer 2 des Verordnungsvorschlags vorgesehene Regelung, wonach im Einzelfall bei berechtigten Zweifeln an der Richtigkeit die Anforderung einer beglaubigten Übersetzung möglich ist, vermag den Konflikt zu deutschem Personenstandsrecht nicht zu lösen, da es sich bei Artikel 6 Nummer 2 um eine Ausnahmevorschrift und nicht um den Regelfall handelt.
Nach Auffassung des Bundesrates sollte daher generell die Möglichkeit bestehen, eine amtlich beglaubigte Übersetzung einer ausländischen Urkunde anfordern zu können. Da nach Artikel 11 ff. des vorliegenden Vorschlags mehrsprachige EU-Urkunden zur Verfügung gestellt werden sollen, die keiner Übersetzung bedürfen, besteht für die Bürgerinnen und Bürger eine leicht zugängliche, zumutbare und praktisch nutzbare Alternative, um Übersetzungen zu vermeiden, wie auch die gebräuchliche Verwendung mehrsprachiger Urkunden im Rahmen des genannten CIEC-Übereinkommens zeigt. Für Artikel 6 besteht somit keine Notwendigkeit. Der Bundesrat spricht sich deshalb für die Streichung dieses Artikels aus.
9. Im Hinblick auf die in Artikel 11 ff. des Verordnungsvorschlags vorgesehenen Formulare besteht nach Auffassung des Bundesrates aus personenstandsrechtlicher Sicht noch Änderungs- und Ergänzungsbedarf.
Da die vorgesehenen EU-Urkunden auf Basis von Registereinträgen ausgestellt werden sollen, erscheint es sachgerecht, in alle Urkunden die Registernummern oder Registrierungskennzeichen aufzunehmen, um einen Rückbezug der Urkunde auf die Register zu ermöglichen und eine gegebenenfalls erforderliche Verifizierung der Urkunde zu erleichtern. Diese Angabe ist auch in allen Urkunden des CIEC-Übereinkommens (in Zeile 3) vorgesehen. Sofern ein Mitgliedstaat andere Registrierungszeichen zum Auffinden eines Eintrags oder einer Person verwendet, sollten diese in der Urkunde angegeben werden.
Zudem erscheint es notwendig, zu bestimmen, wie der ausstellende Mitgliedstaat verfahren soll, wenn in den EU-Formularen vorgesehene Angaben nach nationalem Recht im Registereintrag nicht vorhanden oder abweichend vermerkt sind. Dies betrifft für das deutsche Personenstandsrecht die Angaben zum gewöhnlichen Aufenthalt bei der Eheschließung und der Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in Zeile 12 der EU-Formulare nach den Anhängen III und IV und im Formular des Anhangs II die Zeilen 12 und 13 zu den Eltern des Verstorbenen.
Artikel 7 des CIEC-Übereinkommens vom 8. September 1976 sieht hierzu vor, ein Feld des Urkundenformulars durch Striche unbenutzbar zu machen, wenn eine entsprechende Angabe im Register nicht vorhanden ist.
Ferner sollte berücksichtigt werden, dass nach deutschem Personenstandsrecht (§ 40 Absatz 3 PStV) die Angabe eines Sterbezeitraumes im Register vermerkt sein kann. In Zeile 4 des EU-Formulars im Anhang II besteht hierfür gegenwärtig keine Eintragungsmöglichkeit.
Schließlich bedürfen aus Sicht des Bundesrates einige der Leittexte in den Formularen ausweislich der zu den jeweiligen Zeilen gegebenen Erläuterungen bzw. Übersetzungen der Korrektur. Dies betrifft zum Beispiel im Formular des Anhangs III den Leittext der Zeile 4 "Tag und Ort des Eintrags", der korrekterweise "Tag und Ort der Eheschließung" lauten müsste und den Leittext der Zeile 11 "Name vor der Eheschließung", der zutreffend "Name nach der Eheschließung" lauten müsste. Im Formular des Anhangs IV wären die Leittexte in Zeile 4 "Tag und Ort des Eintrags", in Zeile 5 "Name vor dem Eintrag" und in Zeile 11 "Name nach dem Eintrag" durch die Leittexte "Tag und Ort der Begründung", "Name vor der Begründung" und "Name nach der Begründung" zu berichtigen.