Der Bundesrat hat in seiner 891. Sitzung am 16. Dezember 2011 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Gesamtwertung
- 1. In Bekräftigung der gemeinsamen Bund-Länder-Stellungnahme zum Fünften Kohäsionsbericht und der kohäsionspolitischen Aussagen in seinen Stellungnahmen zur Mitteilung der Kommission: Überprüfung des EU-Haushalts (BR-Drucksache 667/10(B) vom 17. Dezember 2010) sowie zum Verordnungsvorschlag der Kommission für den Mehrjährigen Finanzrahmen 2014 bis 2020 (BR-Drucksache 399/11(B) vom 14. Oktober 2011) weist der Bundesrat darauf hin, dass gemäß Artikel 174 AEUV die europäische Kohäsionspolitik einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, die wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Unterschiede in der Union zu verringern. Die Kohäsionspolitik kommt damit ihrem Vertragsziel nach, Entwicklungsrückstände zu überwinden, Wachstum und Beschäftigung in strukturschwachen Regionen zu stärken sowie die soziale Integration zu unterstützen. Gleichzeitig kann die Kohäsionspolitik einen wichtigen Beitrag übernehmen, die Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum zu unterstützen. Diese Aufgabe stellt sich sowohl in den weniger entwickelten als auch in den stärkeren Regionen Europas. Der Bundesrat begrüßt es daher, dass auch in Zukunft die Kohäsionspolitik in allen Regionen Europas umgesetzt werden soll.
- 2. Der Bundesrat betrachtet den Vorschlag für eine Gemeinsame Verordnung als Diskussionsgrundlage der Kommission mit den Mitgliedstaaten.
- 3. Der Bundesrat stellt fest, dass das Förderspektrum mit den von der Kommission vorgeschlagenen thematischen Zielen jedoch allein auf die Strategie Europa 2020 ausgerichtet werden soll. Nach Auffassung des Bundesrates dürfen die Regionen aber nicht eingeschränkt werden, integrierte regionale Entwicklungsstrategien auf den Weg zu bringen, die den jeweiligen regionalen Stärken und Bedarfen gerecht werden und einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung des Wirtschaftswachstums und der Beschäftigung leisten können.
- 4. Der Bundesrat hätte es begrüßt, wenn die Kommission eine tatsächliche allgemeine Verordnung für alle Fonds, für die der gemeinsame strategische Rahmen gilt, vorgelegt hätte. Die zahlreichen Überschneidungen des Teils mit gemeinsamen Bestimmungen für alle Fonds mit den allgemeinen Bestimmungen für den EFRE, ESF und KF machen die Regelungen unübersichtlich. Im Sinne der Klarheit sollte entschieden werden, entweder diese Teile in getrennten Verordnungen zu regeln oder beide Teile innerhalb der Allgemeinen Strukturfondsverordnung zusammenzuführen. Klare und übersichtliche Regelungen zur Verwaltung und Finanzkontrolle sind notwendig, um die Fehler bei der Umsetzung von Förderprogrammen zu minimieren.
- 5. Der Bundesrat fordert, dass es zu wirklichen Vereinfachungen in der Verwaltung der Fonds kommt. Die Anforderungen an die Einreichung und Umsetzung des Entwicklungsplans bzw. des Operationellen Programms sind aber um ein Vielfaches höher als in der laufenden Förderperiode. So ist eine Partnerschaftsvereinbarung zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten abzuschließen, die es bisher nicht gegeben hat und die die kofinanzierenden und verwaltenden Mitgliedstaaten sowie die Länder in der Durchführung der Programme einengt.
- 6. Der Bundesrat macht darauf aufmerksam, dass der Verordnungsvorschlag in den anstehenden Verhandlungen noch wesentlich nachgebessert werden muss, um den Grundprinzipien der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit, der Verwaltungsvereinfachung und des Bürokratieabbaus in allen Teilen gerecht zu werden. Der Bundesrat befürchtet, dass die Komplexität und der Umfang der Regelungen sowie der Verwaltungsaufwand, unter anderem durch die Einführung von Akkreditierungsverfahren, jährlichen Rechnungsabschlüssen und erweiterten Berichtspflichten, vor allem zu Lasten der Mitgliedstaaten und Regionen - aber auch der Empfänger - erhöht werden. Das dringende Anliegen Deutschlands, die Verwaltung der Operationellen Programme zu vereinfachen, wird dadurch konterkariert.
- 7. Der Bundesrat vertritt die Ansicht, dass insbesondere folgende Elemente des Verordnungsvorschlags im gemeinsamen Dialog mit den Mitgliedstaaten und Regionen einer grundlegenden Überarbeitung bedürfen:
Delegierte Rechtsakte: Die Verfahren zur Delegation von Rechtsakten müssen den primärrechtlichen Vorgaben aus Artikel 290 AEUV entsprechen. In jedem Einzelfall einer Übertragung muss danach gewährleistet sein, dass nur unwesentliche Befugnisse übertragen werden.
Partnerschaftsvereinbarung: Der Bundesrat spricht sich dafür aus, die Vorschriften über den Partnerschaftsvertrag grundlegend zu überarbeiten. Sie sollten lediglich die strategischen Prioritäten und Ziele enthalten. Das Instrument ist angesichts der unterschiedlichen Kompetenz- und Zuständigkeitsverteilung in den Mitgliedstaaten sonst nicht handhabbar.
Neue Verpflichtungen zur Einhaltung sanktionsbewehrter Konditionalitäten: Die Einführung umfangreicher zusätzlicher Exante-Konditionalitäten sowie die Verknüpfung der Programmierung und Programmabwicklung mit den Nationalen Reformprogrammen in Verbindung mit Sanktionsmöglichkeiten seitens der Kommission führen zu einer Vervielfachung der Komplexität der Programmplanung und -abwicklung sowie zu unkalkulierbaren Haushaltsrisiken für die Länder. Der Bundesrat sieht mit großer Sorge, dass die zusätzlichen Sanktionsmöglichkeiten der Kommission die Akzeptanz der bisherigen Europäischen Kohäsionspolitik konterkarieren, die insbesondere in der langfristigen Planungssicherheit für alle Akteure bestand.
Möglichkeit der Aussetzung von Zahlungen infolge von Leistungsüberprüfungen: Der Bundesrat plädiert für die Fortsetzung der etablierten Leistungskontrolle über Durchführungsberichte und Evaluationen. Er lehnt hingegen die Sanktionierung des Nichterreichens von Etappenzielen im Rahmen der Leistungsüberprüfung ab. Dadurch werden Anreize zu einer unambitionierten Programmgestaltung gesetzt und die Plan- und Steuerbarkeit der Operationellen Programme wird erschwert. Gleichzeitig entstehen den Länderhaushalten unkalkulierbare finanzielle Risiken.
I. Ziele, Gebietskategorien und Finanzrahmen Ziele
- 8. Der Bundesrat befürwortet den Vorschlag der Kommission, die Kohäsionspolitik künftig im Rahmen der beiden Ziele "Investitionen in Wachstum und Beschäftigung" und "Europäische territoriale Zusammenarbeit" umzusetzen und bei dem erst genannten Ziel nach Gebietskategorien zu unterscheiden.
Gebietskategorien
Weniger entwickelte Regionen
- 9. Der Bundesrat unterstützt, dass die Kohäsionspolitik wie bisher vor allem den strukturschwächsten Regionen und Mitgliedstaaten zugute kommen soll. Die bisherigen Schwellenwerte für die Auswahl der Fördergebiete für den Kohäsionsfonds (90 Prozent des Bruttonationaleinkommens pro Einwohner gemessen am Durchschnitt der EU-27) und für das Ziel "Konvergenz" (75 Prozent des regionalen Bruttoinlandsprodukts pro Einwohner gemessen am Durchschnitt der EU-27) haben sich bewährt.
Übergangsregionen
- 10. Der Bundesrat begrüßt die Festlegung eines Sicherheitsnetzes für derzeit im Rahmen des Ziels Konvergenz förderfähige Regionen in Höhe von mindestens zwei Dritteln der derzeitigen Mittelzuweisung. Auch die für diese Regionen vorgesehenen Kofinanzierungssätze in Höhe von bis zu 75 Prozent entsprechen den Möglichkeiten dieser Regionen. Damit kommt die Kommission wichtigen Forderungen der Bundesregierung und der Länder nach.
- 11. Um die vorhandenen Potenziale dauerhaft zu mobilisieren, bedürfen diese Regionen noch der Unterstützung durch verlässliche flächendeckende Förderinstrumente, die der spezifischen Situation dieser Regionen gerecht werden. Trotz sichtbarer Fortschritte sind noch erhebliche Anstrengungen notwendig, bis das Ziel einer selbsttragenden Wirtschaftsstruktur erreicht sein wird. Entwicklungsrückstände, wie zu geringe FuE-Kapazitäten, zu geringe Einbindung in internationale Wirtschaftskreisläufe, unzureichende Eigenkapitalausstattung der Unternehmen und die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit, werden bis 2013 noch nicht abgebaut sein. Diese Situation besteht in vergleichbarer Weise auch in den aktuellen Phasing-out-Regionen. Ein Abfall der Förderung auf das Niveau der Wettbewerbsgebiete bei gleichzeitiger Verschlechterung der Förderbedingungen würde daher auch dort die positive Entwicklung zu einer selbsttragenden Wirtschaftsstruktur gefährden.
- 12. Daher müssen das Sicherheitsnetz sowie die Kofinanzierungssätze für alle derzeit im Konvergenzziel geförderten Regionen gelten, deren BIP pro Kopf 75 Prozent des EU-27-Durchschnitts übersteigt.
Diese Übergangsregelungen für die aus der Konvergenzförderung ausscheidenden Regionen einschließlich der Phasing-out-Regionen sollen für alle GSR-Fonds gelten.
- 13. Der Bundesrat ist jedoch der Auffassung, dass die Einführung des neuen Regionentyps "Übergangsregion" für Regionen mit einem BIP/Kopf zwischen 75 und 90 Prozent des Durchschnitts der EU-27 nicht erforderlich ist. Das steht dem Grundsatz der Konzentration der Förderung entgegen. Förderung sollte immer befristet und degressiv ausgestaltet werden. Die oben genannten
Forderungen lassen sich ebenfalls im Rahmen von Übergangsregelungen umsetzen.
Stärker entwickelte Regionen
- 14. Der Bundesrat unterstützt die Förderung aus den Strukturfonds in den stärker entwickelten Regionen. Die Kommission erkennt damit an, dass diese Regionen einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung der Europa-2020-Ziele leisten.
- 15. Der integrative Ansatz der Kohäsionspolitik unter Berücksichtigung der Erfordernisse der jeweiligen Regionen ist für eine nachhaltige Innovations- und Wachstumspolitik von großer Bedeutung und stellt eine notwendige Ergänzung zu den rein sektoral ausgerichteten anderen europäischen Politiken dar. Zudem gilt es auch, innerhalb der stärker entwickelten Regionen Strukturschwächen und Disparitäten zu beseitigen, um die harmonische Entwicklung der EU insgesamt sicherzustellen. Hierzu gehört ebenfalls die auch in Anbetracht des demografischen Wandels an Bedeutung gewinnende Fachkräftesicherung.
Territoriale Zusammenarbeit
- 16. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission die Fortsetzung der Förderung und Stärkung der territorialen Zusammenarbeit vorsieht. Die Zusammenarbeit in Projekten und Strukturen über Staatengrenzen hinweg trägt wirksam zur europäischen Integration bei. Die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit an allen Binnengrenzen der EU ist trotz aller Erfolge wegen fortbestehender Defizite und neuer Herausforderungen an den nationalen Randlagen nach wie vor erforderlich. Der Bundesrat ist daher der Ansicht, dass an den drei Ausrichtungen der grenzüberschreitenden, transnationalen und interregionalen Zusammenarbeit festgehalten werden soll.
- 17. Der Bundesrat regt an, die Gebietskulisse für die Ausrichtung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit (Programmlinie A) zu erweitern, um auch die Berücksichtigung funktionaler grenzübergreifender Bezüge für die Zugehörigkeit zum Programmgebiet zuzulassen. Die bewährten Kooperationsräume der transnationalen Zusammenarbeit (Programmlinie B) sollten grundsätzlich beibehalten und für raumübergreifende Projekte flexibilisiert werden.
- 18. Der Bundesrat regt an, auch in der neuen Förderperiode einen Kofinanzierungssatz von bis zu 85 Prozent zu gewähren, wenn mindestens ein Teilnehmer am Programm zu einem Mitgliedstaat gehört, dessen durchschnittliches ProKopf-BIP weniger als 85 Prozent des durchschnittlichen Pro-Kopf-BIP der EU-27 beträgt, um dem besonderen europäischen Mehrwert der territorialen Zusammenarbeit Rechnung zu tragen.
Finanzrahmen
- 19. Der Bundesrat begrüßt, dass der für den Politikbereich wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt vorgesehene Budgetrahmen in Höhe von 336 Milliarden Euro in Preisen von 2011 es ermöglicht, dass auch zukünftig die Kohäsionspolitik in allen Regionen der EU finanziert werden kann, um den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zu fördern.
- 20. Der Bundesrat gibt zu bedenken, dass die von der Kommission vorgeschlagene neue Fazilität "Connecting Europe" faktisch zu einer erheblichen Reduzierung der eigentlichen Kohäsionsmittel um 40 Milliarden Euro führt.
- 21. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die von der Kommission vorgeschlagene neue Fazilität "Connecting Europe" nicht zu den kohäsionspolitischen Ausgaben im eigentlichen Sinne gehört. Die Zuordnung der Infrastrukturfazilität zur Kohäsionspolitik darf nicht zu Lasten der Mittelausstattung der eigentlichen Instrumente der Kohäsionspolitik gehen, die grundsätzlich entsprechend ihrer Aufgaben nach dem Vertrag von Lissabon dem Zusammenhalt in der EU dienen. Die vorgesehene zentrale Administration dieser Fazilität führt zu einer Abkehr vom System der geteilten Verantwortung.
- 22. Der Bundesrat unterstreicht, dass der ESF für die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und die Wettbewerbsfähigkeit Europas von substanzieller Bedeutung ist. Der ESF wird für drei von fünf Kernzielen der Strategie Europa 2020 eingesetzt. Der Bundesrat unterstützt die elementar wichtige Rolle, die dem ESF im Rahmen der europäischen Kohäsionspolitik und der Strategie Europa 2020 zukommen soll.
- 23. Der Bundesrat bekräftigt die Rolle des ESF als wichtiges Instrument zur Unterstützung der europaweiten Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik, der Bewältigung der Prozesse sozialer Integration und Migration sowie der Auswirkungen des demografischen Wandels, der Prozesse des lebenslangen Lernens sowie zur Verbesserung der Chancengleichheit von Frauen und Männern.
- 24. Der Bundesrat lehnt jedoch die zentrale Festlegung von Quoten für die Fonds als Anteil an den kohäsionspolitischen Ausgaben in Abhängigkeit der Regionentypen ab. Die prozentuale Aufteilung der Strukturfondsmittel auf EFRE und ESF muss vielmehr das Ergebnis der im Rahmen des Programmierungsprozesses herausgearbeiteten Strategie auf der Basis der sozioökonomischen Gegebenheiten in den Regionen sein.
Zusätzlichkeit
- 25. Der Bundesrat bekräftigt das Prinzip, dass die Unterstützung aus den Fonds für das Ziel "Investitionen in Wachstum und Beschäftigung" öffentliche oder gleichwertige Strukturausgaben des Mitgliedstaates nicht ersetzen dürfen. Bei der Bestimmung des Referenzwertes mit Bezug zu den öffentlichen und vergleichbaren Strukturausgaben des Mitgliedstaates sind insbesondere die Anstrengungen zur Konsolidierung der nationalen und regionalen öffentlichen Haushalte zu berücksichtigen. Eine gesonderte Nachweisführung auf regionaler Ebene wird abgelehnt, da für die Zusätzlichkeit der Unterstützung aus den Fonds die Gesamtheit der nationalen Anstrengungen entscheidend ist.
- 26. Der Bundesrat begrüßt, dass die Überprüfung des Zusätzlichkeitsprinzips in Mitgliedstaaten entfallen soll, in denen nur ein geringer Prozentsatz der Bevölkerung in weniger entwickelten Regionen bzw. Übergangsregionen lebt. Um dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen, sollte aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung der Schwellenwert auf 20 Prozent angehoben werden.
II. Strategische Programmplanung Gemeinsamer strategischer Rahmen (GSR)
- 27. Der Bundesrat unterstützt den Ansatz der Kommission, die Abstimmung der kohäsionspolitischen Fonds untereinander durch einen GSR zu verbessern. Gemeinsame Regelungen müssen dazu führen, die Umsetzung der Programme einfacher und transparenter zu gestalten. In der laufenden Förderperiode bewährte Strukturen und Verfahren sollen dabei erhalten bleiben. Die Einbindung des Kohäsionsfonds, des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), des Europäischen Sozialfonds (ESF), des Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) ist dafür erforderlich. Die alleinige Ausrichtung des GSR auf die Ziele und Vorsätze der EU-Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum widerspricht allerdings den primärrechtlich definierten Aufgaben und Zielen der Fonds.
- 28. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Anforderungen nicht über die im derzeitigen Instrument der Integrierten strategischen Leitlinien verankerten Inhalte hinausgehen sollten. Die bisherigen Erfahrungen mit der Umsetzung der Kohäsionspolitik zeigen, dass thematische Ziele und territoriale Herausforderungen nicht auseinanderfallen. Deshalb sollten territoriale Herausforderungen nicht gesondert adressiert werden. Vielmehr haben thematische Aspekte immer einen territorialen/regionalen/lokalen Bezug. Die besondere Bedeutung thematischer Ziele für den städtischen oder den ländlichen Raum kann im Rahmen der in den Operationellen Programmen zu formulierenden regionalen Entwicklungsstrategien herausgearbeitet werden.
- 29. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die in den Verordnungen vorgesehenen thematischen Ziele und Einsatzbereiche der Fonds durch die im GSR festgelegten "zentralen Aktionen" nicht eingeschränkt werden dürfen.
- 30. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der GSR nicht als delegierter Rechtsakt gemäß Artikel 142 des Vorschlags durch die Kommission erlassen werden darf. Vielmehr soll der GSR, wie bisher auch, gemäß Artikel 177 AEUV durch Rat und Europäisches Parlament im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren verabschiedet werden.
- 31. Der Bundesrat weist darauf hin, dass der für die strategische Planung vorgesehene Ablauf mit aufeinander aufbauenden Planungsstufen von der Verabschiedung der Verordnung, über den Gemeinsamen Strategischen Rahmen und der Partnerschaftsvereinbarung bis zur Genehmigung des Operationellen Programms erhebliche Zeit erfordern wird. Er fordert daher, dass der Planungsprozess gestrafft wird, um einen deutlich verzögerten Programmstart mit all seinen Folgeproblemen abzuwenden.
Partnerschaftsvereinbarung
- 32. Der Bundesrat begegnet der Grundidee von Partnerschaftsvereinbarungen grundsätzlich aufgeschlossen. Er ist jedoch der Auffassung, dass die Partnerschaftsvereinbarungen nicht das geeignete Politikinstrument sind, um allgemeine wirtschafts- und beschäftigungspolitische Reformen aus den länderspezifischen Empfehlungen und/oder den Nationalen Reformprogrammen, die generelle Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen in den Mitgliedstaaten und die Umsetzung von europäischem in nationales Recht durchzusetzen.
- 33. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass es den Mitgliedstaaten obliegt, im Benehmen mit den Fördergebieten und unter Berücksichtigung der jeweiligen innerstaatlichen Kompetenzverteilung für die Kohärenz der Programmplanung mit den länderspezifischen wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Empfehlungen gemäß Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4 AEUV zu sorgen. Die Kommission will eine evtl. Nichterfüllung dieser Empfehlungen durch Streichung oder Einfrieren der Strukturfondsmittel und andere Auflagen sanktionieren. Dies lehnt der Bundesrat ab, da die Empfehlungen dadurch eine faktische Verbindlichkeit erhalten würden.
- 34. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die vorgeschlagene Partnerschaftsvereinbarung in der von der Kommission vorgeschlagenen Gestaltung
- - den erforderlichen Umfang bei weitem überschreitet und zu einer bedenklichen Komplexitätssteigerung führt, die den in Aussicht gestellten Vereinfachungsbestrebungen deutlich widerspricht; - inhaltlich und faktisch keine bilaterale Vereinbarung, sondern weitgehend eine einseitige Verpflichtungserklärung der Mitgliedstaaten und der Länder gegenüber der Kommission darstellt;
- - in die föderalen Strukturen des Mitgliedstaates eingreift, weil zuständigkeits- und haftungsrechtlich fragwürdige Gesamtverantwortlichkeiten gefordert werden;
- - für die Mitgliedstaaten und Länder schwer kalkulierbare und unzumutbare finanzielle Haushaltsrisiken schafft; - in der praktischen Gesamtbetrachtung zu langwierigen Abstimmungs- und Koordinationsprozessen führt, die einen rechtzeitigen Programmstart und eine effiziente und effektive Umsetzung der Programme gefährden können;
- - hinsichtlich des Prozesses ihrer Erstellung und der Beteiligung verantwortungsgerecht geregelt werden sollte, da in der deutschen Fassung in Artikel 5 des Vorschlags der Allgemeinen Verordnung richtigerweise von der Einbindung der Partner in die Vorbereitung, in Artikel 13 Nummer 2 des Vorschlags der Allgemeinen Verordnung aber von einer gemeinsamen Erstellung durch die Partner gesprochen wird. Dieser weite Ansatz der Mehrebenen-Governance widerspricht den nationalen Haftungs- und Verantwortungsebenen, wie dem Haushaltsrecht, da allein die Mitgliedstaaten und die Länder für die Inhalte der Partnerschaftsvereinbarung haften.
Der Bundesrat ist daher der Auffassung, dass in den auf nationaler Ebene zu schließenden Partnerschaftsvereinbarungen lediglich die strategischen Prioritäten und Ziele vereinbart werden sollen. Hauptinstrument der Programmplanung und Umsetzung müssen weiterhin die regionalen Operationellen Programme bleiben.
- 35. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Partnerschaftsvereinbarungen auf der Ebene der Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung innerstaatlicher Zuständigkeiten erarbeitet werden sollen. Über die Art und Weise der Einbeziehung der zuständigen Behörden, der Wirtschafts- und Sozialpartner und ggf. weiterer Stellen, die die Zivilgesellschaft vertreten, entscheidet die innerstaatliche Struktur und Zuständigkeitsverteilung und nicht der "Ansatz der Mehrebenen-Governance". Eine Ermächtigung der Kommission für delegierte Rechtsakte zur Aufstellung eines Europäischen Verhaltenskodexes zur Umsetzung der Partnerschaft lehnt der Bundesrat ab.
- 36. Die Europäische Territoriale Zusammenarbeit (ETZ) kann aufgrund ihres multilateralen Charakters nicht über das Instrument der Partnerschaftsvereinbarung gesteuert werden. Sie sollte daher ausdrücklich aus deren Geltungsbereich herausgelöst werden.
- 37. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, die Vorschriften über die Partnerschaftsvereinbarung im Hinblick auf diese Einwände grundlegend zu überarbeiten.
Operationelle Programme
- 38. Der Bundesrat begrüßt, dass die Operationellen Programme wie bisher das wichtigste Instrument für die Durchführung der Kohäsionspolitik darstellen sollen.
- 39. Der Bundesrat stellt fest, dass auch die Anforderungen an die Operationellen Programme deutlich erhöht wurden. Er wendet sich gegen die Verknüpfung mit den Nationalen Reformprogrammen und den länderspezifischen Empfehlungen sowie die Aufnahme zusätzlicher Exante-Konditionalitäten.
- 40. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Programme gemäß dem Auftrag der Kohäsionspolitik vor allem eine Strategie zur Überwindung von regionalen Entwicklungsrückständen bzw. zur Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts beinhalten müssen und auf dieser Grundlage einen Beitrag zur EU-Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum leisten. Daher dürfen europäische Vorgaben und Prioritäten die Flexibilität vor Ort nicht zu stark einschränken. Die Fördergebiete müssen weiterhin die Möglichkeit haben, auf der Grundlage breit gefächerter Maßnahmenbereiche und Förderinstrumente, entsprechend der spezifischen regionalen Bedürfnisse eigene Prioritäten zu setzen.
- 41. Der Bundesrat fordert, die Herausforderungen des demografischen Wandels bei den Einsatzmöglichkeiten aller GSR-Fonds in einem stärkeren Maße zu berücksichtigen, als dies der Entwurf der Kommission bisher vorsieht. Thematische Konzentration und Investitionsprioritäten sollten einen ausreichenden Gestaltungsspielraum zulassen, um innovative Lösungsansätze entwickeln und umsetzen zu können.
- 42. Der Bundesrat fordert die Wahrung regionaler Gestaltungsspielräume bei der Durchführung von Maßnahmen zur sozialen und wirtschaftlichen Stabilisierung von Städten und städtischen Problemgebieten im Rahmen integrierter Ansätze.
- 43. Der Bundesrat hält es für notwendig, integrierte Ansätze zur territorialen Entwicklung, wie etwa bei der Förderung der nachhaltigen Stadtentwicklung, wahlweise als integrierte territoriale Investition (ITI) aus verschiedenen Operationellen Programmen und verschiedenen Prioritätsachsen unterstützen zu können oder die Förderung in einer einzigen Prioritätsachse eines Programms zusammenzufassen.
- 44. Der Bundesrat begrüßt, dass die Möglichkeit beibehalten wird, innerhalb einer Prioritätsachse eines Programms einen Teil der Ausgaben nach den Förderfähigkeitsregeln des jeweils anderen Fonds zu unterstützen ("Crossfinancing"). Der maximale Prozentsatz dafür sollte aber nicht, wie in den Verordnungsvorschlägen vorgesehen, von bisher maximal 10 Prozent (bzw. 15 Prozent für Stadtentwicklungsmaßnahmen) auf 5 Prozent reduziert, sondern vielmehr ausgeweitet werden. Um eine ausreichende Flexibilität zu gewährleisten, ist ein Prozentsatz von mindestens 20 Prozent einzuräumen. Dabei sollte der Zusammenhang zwischen dem EFRE und dem ESF nicht zwingend auf der Ebene des einzelnen Projektes hergestellt werden müssen.
- 45. Der Bundesrat fordert, dass die vorgeschlagenen Elemente zum integrierten Ansatz zur territorialen Entwicklung - wie die Delegation von Umsetzungsverantwortlichkeiten und Förderentscheidungen an die lokale Ebene, die Auflistung der Städte, denen Mittel übertragen werden, die Ermittlung von Gebieten, in denen Maßnahmen für die lokale Entwicklung vorgesehen werden, sowie die Vorkehrungen für interregionale und transnationale Maßnahmen - allenfalls eine Option für die Mitgliedstaaten und Regionen darstellen sollen.
- 46. Der Bundesrat begrüßt, dass die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern sowie die Vermeidung und Verhinderung von Diskriminierung ein wichtiger Grundsatz für die GSR-Fonds bleiben soll. Der Bundesrat erwartet, dass die Kommission die Chancengleichheit von Frauen und Männern bei den weiteren Schritten konsequent umsetzt und ein besonderes Augenmerk auf die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und auf die Reduzierung geschlechtsspezifischer Unterschiede bei Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Entgelt legt.
- 47. Der Bundesrat hält es nicht für effektiv, im Rahmen der Programmaufstellung eine Bewertung des Verwaltungsaufwands für die Zuwendungsempfänger vorzunehmen sowie Maßnahmen zum Bürokratieabbau festzulegen. Der Verwaltungsaufwand wird in hohem Maß durch Vorgaben der Kommission bestimmt, zumal gerade das vorliegende Regelwerk den Empfängern zusätzliche Bürokratiekosten auferlegt. Außerdem entsteht Bürokratie insbesondere durch politische Festlegungen außerhalb der Kohäsionspolitik (öffentliches Vergaberecht, Beihilferecht, Umweltrecht, Haushaltsrecht), deren Vorgaben nicht in der Verantwortung der Verwaltungsbehörden liegen.
- 48. Der Bundesrat fordert die Kommission auf, auf die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe zu verzichten. Dadurch werden den Mitgliedstaaten bzw. Regionen Auslegungs- und Begründungslasten auferlegt. Eine daraus resultierende Ungleichbehandlung der Regionen im Genehmigungsprozess muss vermieden werden.
- 49. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission einen verspäteten Start der Operationellen Programme verhindern möchte. Das Verfahren für die Erstellung und Genehmigung der Programme trägt dabei allerdings den Belangen von föderativ konstituierten Mitgliedstaaten unzureichend Rechnung und erschwert einen frühzeitigen Beginn der Förderung. Es ist vorgesehen, dass die Programme gleichzeitig mit der Partnerschaftsvereinbarung bei der Kommission einzureichen sind.
Der Bundesrat weist darauf hin, dass eine Gleichzeitigkeit der Vorlage und Genehmigung von Länderprogrammen und der Partnerschaftsvereinbarung, die in den wesentlichen Eckpunkten zu korrespondieren haben, so nicht möglich sein wird.
Der Bundesrat weist ferner darauf hin, dass die gleichzeitige Einreichung der Programme und der Partnerschaftsvereinbarung ggf. durch innerstaatliche Verfahren oder Abstimmungsprozesse mit der Kommission erschwert sein kann. Das Verfahren würde bedeuten, dass in allen Regionen eines Mitgliedstaates für alle Fonds ein Start erst möglich ist, wenn die Erstellung des letzten Operationellen Programms abgeschlossen ist. Die Genehmigung der Partnerschaftsvereinbarung und der Operationellen Programme darf nicht von der Vorlage aller Programme eines Mitgliedstaats abhängig gemacht werden.
Der Bundesrat fordert eine flexiblere Ausgestaltung der Einreichungsmöglichkeit und damit des Starts der Programme.
In diesem Zusammenhang drängt der Bundesrat darauf, dass die als Entwurf bei der Kommission abzugebende Partnerschaftsvereinbarung bei möglichen neuen Bedarfen seitens der Länder, die bei der Erstellung der Länderprogramme bekannt werden, im Zuge der Genehmigung der Partnerschaftsvereinbarung im sogenannten Gegenstromprinzip angepasst werden kann.
III. Konditionalitäten
- 50. Der Bundesrat versteht die Mittelzuweisungen und -auszahlungen künftig als an sogenannte Konditionalitäten gebunden. Dabei müssen vor allem Exante-Bedingungen bereits vor Vertragsabschluss mit der Kommission (Partnerschaftsvereinbarung) ebenso erfüllt sein wie Bedingungen, von deren Erfüllung erfolgsabhängig die Zahlung weiterer Mittel abhängig gemacht wird. Darüber hinaus sollen makroökonomische Konditionalitäten eingeführt werden. Der Bundesrat unterstützt das Ziel einer besseren Leistungsfähigkeit und Effizienz des Fördermitteleinsatzes.
- 51. Zusätzliche Konditionalitäten, die zur weiteren administrativen Belastung und zu Fehlanreizen führen können oder sachfremd sind, lehnt er jedoch ab.
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass Konditionalitäten, die den Geltungsbereich auf Ziele außerhalb der Förderlogik der konkreten Förderprogramme ausweiten, kein geeignetes und angemessenes Instrument zur Zielsteuerung der Programme sind.
Der Bundesrat weist dabei auf eine Reihe grundsätzlicher Probleme in den Vorschlägen der Kommission hin. Diese betreffen insbesondere die Wahrung der Kompetenzverteilung zwischen und innerhalb der europäischen, nationalen und regionalen Ebene sowie die Achtung des Subsidiaritätsprinzips.
- 52. Der Bundesrat betont daher, dass der Umfang der makroökonomischen und Exante-Konditionalitäten grundlegend überprüft und revidiert werden muss. Die in Annex IV aufgelisteten thematischen und allgemeinen Konditionalitäten sind zudem als delegierte Rechtsakte häufig unbestimmt und daher hinsichtlich ihrer konkreten Auswirkungen nur schwer zu beurteilen. Der Zusammenhang zum eigentlichen Politikziel ist vielfach nicht nachvollziehbar. Inhaltlich stellen sie nicht selten mehr eine thematische Erweiterung der Interventionen als eine Konkretisierung der Umsetzungsstrukturen oder -verfahren dar. Durch ihre sanktionsbewehrte Einbeziehung als konstituierende Elemente in den Partnerschaftsvertrag sind sie nicht kalkulierbar und können die Umsetzung der Fonds behindern. Auf thematische Exante-Konditionalitäten sollte verzichtet werden. Die Anforderungen an die Umsetzung allgemeiner Exante-Konditionalitäten gehen ebenfalls über das bisherige System hinaus und sind zu reduzieren. Generell sollten sich Konditionalitäten auf Bereiche beschränken, die im Rahmen der Programmumsetzung beeinflussbar sind.
- 53. Die Verknüpfung der geplanten Konditionalitäten mit einem differenzierten Sanktionsmechanismus (Aussetzung von Zahlungen, Finanzkorrekturen und Rückforderungen) konterkariert wesentliche Vorteile der Europäischen Kohäsionspolitik, die insbesondere in der langfristigen Planungssicherheit und der dezentralen Umsetzung auf der Basis einer strategisch ausgerichteten Regionalpolitik bestehen, und wird daher abgelehnt. Bereits die Erwartung nicht kalkulierbarer Zahlungsflüsse gefährdet eine reibungslose Umsetzung der Programme in den Regionen. Ferner setzt ein solch überkomplexes System erfahrungsgemäß Fehlanreize für die Auswahl thematischer Prioritäten und letztlich für die konkreten Projekte. Damit wird im Ergebnis das eigentliche Politikziel verfehlt.
- 54. Weiterhin muss mit einer Verschiebung der Verwaltungskapazitäten auf die Erfüllung von Konditionalitäten als Voraussetzung für die Umsetzung der Regionalförderung gerechnet werden. Entsprechende Monitoringverfahren bewirken eine Aufblähung der Bürokratie und stehen damit im eklatanten Widerspruch zum gemeinsamen Ziel der Vereinfachung. Es muss auch mit Verzögerungen beim Start der Programme sowie mit Diskontinuitäten während der Umsetzung gerechnet werden.
- 55. Der Bundesrat unterstützt das Ziel der Kommission, den Einsatz der Strukturfondsmittel möglichst zielgerecht und ergebnisorientiert zu gestalten. Er hält es allerdings für überdenkenswert, dass die Wiedereinführung einer verpflichtenden "leistungsgebundenen Reserve" vorgeschlagen wird, ohne dass zu erkennen ist, auf Grundlage welcher konkreten Indikatoren und welcher konkreten Sanktionsmechanismen die Zuteilung der zum Teil erheblichen Beträge gerecht und nachvollziehbar geregelt werden soll. Dies gilt umso mehr unter der Berücksichtigung des Spannungsverhältnisses zwischen länderspezifischen Programmen und den auf nationaler Ebene festzulegenden "Meilensteinen" der Partnerschaftsverträge. Damit besteht die Gefahr, dass die richtige Idee einer verstärkten Ergebnisorientierung durch eine wenig überzeugende Umsetzung diskreditiert wird.
IV. Thematische Konzentration und Prioritätenbildung
- 56. Der Bundesrat unterstützt grundsätzlich die Konzentration des Mitteleinsatzes auf klare Prioritäten. Die thematischen Ziele umfassen jeweils unterschiedlich große Investitions- bzw. Politikbereiche. Die Gewichtung dieser thematischen Ziele und ihre Übersetzung in fondsspezifische Interventionsbereiche müssen daher in Abhängigkeit von den regionalen sozioökonomischen Gegebenheiten erfolgen und dürfen nicht von der Kommission vorgegeben werden. Die Vorgabe von Quoten in Bezug auf einzelne thematische Ziele und Investitionsprioritäten wird daher abgelehnt.
- 57. Der Bundesrat hält es nicht für zielführend, dass nach Artikel 87 des Verordnungsvorschlags Prioritätsachsen nur ein einziges thematisches Ziel des Katalogs nach Artikel 9 aufgreifen dürfen. Der Bundesrat spricht sich daher gegen den in Artikel 87 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags enthaltenen Grundsatz aus, dass jede Prioritätsachse eines künftigen Operationellen Programms nur einem einzigen thematischen Ziel entsprechen muss. Soweit ein integrierter Ansatz unter Einschluss von Wirtschaftsförderung, Innovation und nachhaltiger Entwicklung gefordert wird, soll sich dieser demnach aus mehreren Prioritätsachsen bedienen. Da wegen der Problem- und Chancenvielfalt in einer Region eine größere Zahl von Prioritätsachsen gebildet werden müssten, würde dies zu unnötiger Bürokratie und einer weiteren Erstarrung der Förderung führen. Der Bundesrat sieht in diesem Zusammenhang Schwierigkeiten darin, dass in der Programmplanung für jede "Integrierte territoriale Investition" einzeln und vorab festgelegt werden muss, wie viele Mittel aus den einzelnen Prioritätsachsen veranschlagt werden. Der Bundesrat betont die Notwendigkeit der Vereinfachung, der notwendigen Flexibilität und des Wettbewerbsgedankens.
V. Territoriale Entwicklung
VI. Monitoring, Begleitung und Evaluierung
VII. Verwaltung und Finanzkontrolle
Zu den Strukturfonds
- 67. Der Bundesrat hält es für bedenklich, dass die neuen Strukturen keine Verbesserungen und Vereinfachungen erbringen werden. Die Einführung wird zudem Anlaufprobleme und Verzögerungen zu Beginn der Förderperiode verursachen. Der Bundesrat lehnt daher die neuen Strukturen ab.
Der Bundesrat fordert, das jetzt eingespielte und bewährte Verwaltungs- und Kontrollsystem der Strukturfondsförderung beizubehalten. Das agrarische Verwaltungs- und Kontrollsystem ist der Strukturfondsförderung wesensfremd und für diese ungeeignet.
In diesem Zusammenhang weist der Bundesrat auf die folgenden Bürokratie schaffenden Regelungen hin:
- - die Einrichtung einer zusätzlichen (fondsübergreifenden) landesweiten Akkreditierungsstelle; - die Abgabe einer zusätzlichen jährlichen Managementerklärung;
- - zusätzliche jährliche Rechnungsabschlüsse, einschl. Sanktionierungsmöglichkeiten.
Verwaltungs- und Kontrollsystem
- 68. Der Bundesrat begrüßt die grundsätzliche Beibehaltung der in der Förderperiode 2007 bis 2013 bewährten Verwaltungsstrukturen aus Verwaltungsbehörde, Bescheinigungsbehörde und Prüfbehörde für die Umsetzung der Operationellen Programme.
- 69. Der Bundesrat lehnt jedoch eine Trennung zwischen der Verantwortung für die Förderung mit EU-Mitteln und den entsprechenden Entscheidungskompetenzen ab. Er weist darauf hin, dass die vorgesehenen "von der örtlichen Bevölkerung betriebenen Maßnahmen zur lokalen Entwicklung", die "Gemeinsamen Aktionspläne" und die "Integrierten territorialen Investitionen" die Transparenz von Kompetenzen und Verantwortung innerhalb des Verwaltungs- und Kontrollsystems für die Strukturfonds gefährden. Die Regionen sollten zur Anwendung dieser Instrumente daher auch nicht verpflichtet werden.
- 70. Der Bundesrat betont nachdrücklich, dass Regelungen zum Verwaltungs- und Kontrollsystem der Strukturfondsförderung nicht in die Organisationshoheit der Mitgliedstaaten eingreifen dürfen. Entsprechend diesem Grundsatz obliegt es den Mitgliedstaaten, Verwaltungs- und Kontrollsysteme einzurichten und auch die notwendigen Behörden zu bestimmen. Die Regelung, nach der Verwaltungs-, Bescheinigungs- und Prüfbehörde selbst dann nicht in einer Behörde angesiedelt werden dürfen, wenn der Grundsatz der funktionellen Unabhängigkeit gewahrt ist, wird als Eingriff in die Organisationshoheit der Mitgliedstaaten und Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot abgelehnt. Diese Regelung gefährdet im Übrigen etablierte, von der Kommission anerkannte Organisationsstrukturen und verursacht ein Mehr an Bürokratie, dem kein Mehrwert oder Nutzen gegenübersteht. Die Vorgabe funktioneller Unabhängigkeit ist ausreichend.
- 71. Der Bundesrat weist darauf hin, dass im deutschen Verwaltungsrecht bereits Möglichkeiten zur unabhängigen Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen existieren und keine zusätzlichen Verwaltungsstrukturen geschaffen werden müssen.
- 72. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die vor Finanzkorrekturen vorgesehene Anhörungsfrist von zwei Monaten extrem kurz bemessen ist und zu Lasten einer fundierten Gegenäußerung der Mitgliedstaaten geht. Eine Frist von mindestens drei Monaten erscheint angemessener, insbesondere vor dem Hintergrund der föderalen Struktur in Deutschland und in anderen Mitgliedstaaten.
Akkreditierungsverfahren
- 73. Der Bundesrat lehnt die vorgesehene Akkreditierung von Verwaltungs- und Kontrollstellen entschieden ab. Die Umsetzung der Kohäsionspolitik durch die Mitgliedstaaten entspricht dem Subsidiaritätsgrundsatz in der EU. Dass die Strukturfondsförderung zum Bereich der geteilten Mittelverwaltung im Sinne von Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe b der geltenden EU-Haushaltsordnung (EUHHO) gehört, ist ein in Artikel 4 Absatz 7 normierter Grundsatz der Kohäsionspolitik. Dieser leitet sich direkt aus dem Subsidiaritätsprinzip des Artikels 5 EUV ab. Nur wenn Haushaltsmittel von der Kommission zentral und indirekt verwaltet werden, bestimmt Artikel 53 Absatz 2 der geltenden EUHHO, dass dies nach Maßgabe der Artikel 54 bis 57 EU-HHO erfolgt. Der Verweis auf Artikel 56 Absatz 3 der geltenden EU-HHO in Artikel 64 Absatz 1 stellt jedoch die im Wege der geteilten Mittelverwaltung administrierte Kohäsionspolitik mit Politikbereichen gleich, in denen die Kommission die Haushaltsmittel zentral verwaltet. Eine damit verbundene Zentralisierung der Kohäsionspolitik in der EU lehnt der Bundesrat strikt ab.
Sollte der Verweis in Artikel 64 sich nicht auf die geltende EU-HHO, sondern auf den Kommissionsvorschlag einer neuen EU-Haushaltsordnung (Ausgangsentwurf KOM (2010) 260 endg.; aktuelle Fassung: KOM (2010) 815 endg.) beziehen, verweist der Bundesrat insofern auf seine ablehnende Haltung zu den dort vorgesehenen Akkreditierungsverfahren (BR-Drucksache 347/10(B) ).
- 74. In diesem Zusammenhang weist der Bundesrat darauf hin, dass eine Akkreditierung von staatlichen Behörden durch andere staatliche Behörden in Deutschland keinen Rückhalt im Verwaltungsrecht findet und generell auch als Eingriff in die Organisationshoheit der Mitgliedstaaten abzulehnen ist. Soweit staatliche Behörden die Verwaltungs- und Kontrollaufgaben wahrnehmen, muss jedwede Akkreditierung bereits aus diesem Grund ausscheiden.
- 75. Der Bundesrat hält es für angezeigt, an dem in der Förderperiode 2007 bis 2013 eingeführten Verfahren der Konformitätsprüfung mit einer Annahme der Systeme durch die Kommission festzuhalten. Wenn die eingerichteten Verwaltungs- und Kontrollsysteme, die in der gegenwärtigen Förderperiode ja auch bereits Prüfungen unterzogen und ggf. im Ergebnis von Prüfungen optimiert wurden, weitergeführt werden können, wird mit einer Konformitätsprüfung am Beginn der Förderperiode 2014 bis 2020 auch kein zeitlicher Verzug beim Start der Förderung eintreten. Außerdem erhalten die Behörden damit eine gewisse Rechtssicherheit für ihre eingerichteten Verwaltungssysteme.
Aufgaben der Behörden
- 76. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Verwaltungsbehörden die vorgesehenen Zuverlässigkeitserklärungen im Zusammenhang mit den neu geforderten jährlichen Rechnungsabschlüssen wohl nur werden abgeben können, wenn die zugrundeliegenden Vorgänge tatsächlich und damit auch vor Ort einer Prüfung unterzogen werden. Er macht darauf aufmerksam, dass entsprechende jährliche Prüfungen in jedem einzelnen Projekt für die Empfänger einen erheblichen Aufwand bedeuten. Durch diese zusätzlichen Bürokratiekosten sowohl auf Seiten der Empfänger als auch der Mitgliedstaaten werden bei den Unternehmen, Forschungseinrichtungen und anderen Empfängern, aber auch bei den Bürgerinnen und Bürgern insgesamt das Ansehen der Strukturfondsförderung der EU und auch die positive Wahrnehmung der EU nachhaltig beeinträchtigt werden.
- 77. Der Bundesrat unterstreicht, dass die Fehleranalyse des Europäischen Rechnungshofes und der Kommission gezeigt hat, dass die gravierendsten Fehler, die ermittelt wurden, sich auf eine begrenzte Zahl von Programmen in einigen Mitgliedstaaten konzentrieren.
Wenn Prüfungsergebnisse der Vergangenheit gezeigt haben, dass in bestimmten Programmen oder Mitgliedstaaten Optimierungen am Verwaltungs- und Kontrollsystem notwendig sind, sollten derlei Verbesserungen im Rahmen einer Konformitätsprüfung der betreffenden Mitgliedstaaten eingefordert werden. Eine generelle weitere Verschärfung des Verwaltungs- und Kontrollsystems, unter anderem durch die Einführung jährlicher Rechnungsabschlüsse, in allen Mitgliedstaaten lehnt der Bundesrat als unverhältnismäßig ab.
- 78. Der Bundesrat begrüßt die nunmehr eingeräumte Möglichkeit, für ein Operationelles Programm die Aufgaben von Verwaltungs- und Bescheinigungsbehörde zusammenzulegen. Damit werden allerdings keine Einsparungen oder Vereinfachungen von Aufgaben erreicht. Gleichzeitig weist der Bundesrat vor dem Hintergrund dieses Paradigmenwechsels darauf hin, dass offensichtlich in der Vergangenheit verzichtbare Anforderungen an die Verwaltungs- und Kontrollsysteme der Mitgliedstaaten gestellt wurden. Er spricht sich in diesem Zusammenhang für eine stärkere Beachtung der Verhältnismäßigkeit zwischen Kontroll- und Sanktionssystemen einerseits und der Betrugsprävention und den potenziellen Schäden andererseits aus.
Finanzmanagement/Finanzfluss
Datenaustauschsysteme
- 84. Der Bundesrat teilt das Vorhaben, die europäische Kohäsions-, Struktur- und Beschäftigungspolitik mit gesteigerter Effizienz umzusetzen. Hierzu gehören auch leistungsfähige Datenverarbeitungssysteme. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Forderung der Kommission, den gesamten Informationsaustausch zwischen den Empfängern und den Verwaltungsbehörden, Bescheinigungsbehörden, Prüfbehörden und den zwischengeschalteten Stellen ab dem 31. Dezember 2014 ausschließlich über elektronische Datensysteme abzuwickeln, nicht sichergestellt werden kann. Er betrachtet es als zu weitgehend, dass der gesamte Informationsaustausch ab 31. Dezember 2014 zwischen den Empfängern und den für die Verwaltung und Kontrolle der Programme zuständigen Behörden ausschließlich auf elektronischem Weg erfolgen und die Nichteinhaltung dieser Vorgaben mit finanziellen Sanktionen verbunden werden soll. Deshalb bittet er die Kommission, die vorgeschlagenen Stufen und Sanktionen der e-Kohäsion zunächst zu erläutern und zu konkretisieren. Der Bundesrat weist vorsorglich darauf hin, dass die beabsichtigte Verpflichtung zur Einführung auf eine Reihe von ungeklärten Fragen trifft, wie die Datensicherheit und den Datenschutz, die durchgängige Berücksichtigung nationaler Sicherheitsstandards bei allen Beteiligten auch außerhalb der Verwaltung, die Kompatibilität mit bisher eingeführten Systemen, die elektronische Signatur sowie die Verlässlichkeit und Authentizität von Ausgaben und Zahlungsbelegen. Er vertritt die Auffassung, dass die Verpflichtung zur vollständigen elektronischen Verwaltung nicht zu Verzögerungen bei der Programmumsetzung und zu unangemessenen Mitteleinsätzen führen darf.
- 85. Der Bundesrat gibt zu bedenken, dass allein die Übertragung der Abwicklung auf elektronische Medien nicht automatisch zu einer Senkung der Bürokratielasten für die Empfänger führt. Dafür sind einfache Verwaltungs- und Prüfverfahren vorrangig. Eine Vereinfachung der Verfahren wird jedoch durch die Vorschläge der Kommission nicht erreicht.
VIII. Förderfähigkeitsregeln
IX. Finanzinstrumente
- 93. Der Bundesrat begrüßt die Kommissionsvorschläge zur Verstärkung des Einsatzes revolvierender Instrumente, um die Förderung auch über Förderperioden hinaus zu verstetigen. Er unterstützt die Öffnung des Instrumentariums für alle Themen und Handlungsfelder der Strukturfonds sowie bei Unternehmensfonds für alle Phasen der Unternehmensentwicklung. Er begrüßt dabei auch, dass neben den verschiedenen vorgesehenen Fondsvarianten (Finanzinstrumenten im engeren Sinne) auch die direkt (von den Verwaltungsbehörden oder zwischengeschalteten Stellen) als rückzahlbare Beihilfen gewährten Hilfen sowie Kombinationen von Finanzinstrumenten und anderen Fördermaßnahmen möglich bleiben. Allerdings sind klarere begriffliche Unterscheidungen zwischen Finanzinstrumenten und (sonstigen) rückzahlbaren Unterstützungsformen zu treffen.
- 94. Der Bundesrat fordert, dass die Regionen auch künftig in der Lage sein müssen, entsprechend dem regionalen Bedarf und dem Prioritätensystem des Operationellen Programms das passende Finanzinstrument oder die passende Unterstützungsart auszuwählen, neu zu entwickeln oder passgenau den bestmöglichen Instrumentenmix zu finden. Dabei dürfen einzelne Instrumente nicht privilegiert werden. Es darf keine höheren Hürden für Individuallösungen auf regionaler Ebene im Vergleich zu Standardinstrumenten auf EU-Ebene geben.
- 95. Insbesondere für eine Privilegierung von Fonds auf der EU-Ebene durch Anhebung des Beteiligungssatzes auf bis zu 100 Prozent ist kein sachlicher Grund erkennbar. Soweit für Finanzinstrumente eine Anhebung des Beteiligungssatzes um 10 Prozentpunkte in Betracht kommt, sollte dies im Übrigen unabhängig davon erfolgen, ob sie eine eigene Prioritätsachse bilden.
- 96. Es ist ebenfalls nicht akzeptabel, dass Prüfungen der von der Kommission verwalteten Finanzinstrumente durch die für die Programme zuständigen Stellen ausgeschlossen werden, während die Regelung zur Verwaltung und Kontrolle für Finanzinstrumente in der Zuständigkeit der Regionen einer künftigen Regelung durch die Kommission per delegiertem Rechtsakt zugewiesen wird. Ebenso lehnt der Bundesrat die Begrenzung von Zahlungsanträgen für national oder regional verwaltete Fonds auf den Zweijahresbedarf ab, während bei Finanzinstrumenten, die direkt oder indirekt durch die Kommission verwaltet werden, die Zahlung des Gesamtbetrags des EFRE-Beitrags an das Finanzinstrument erstattungsfähig bliebe.
- 97. Der Bundesrat stimmt mit der Kommission dahingehend überein, dass mit den Klarstellungen bei den Begriffsbestimmungen, mit den vorgesehenen Bestimmungen zur Förderfähigkeit, zu Zinsen und sonstigen Gewinnen und zur Wiederverwendung von Rückflüssen sowie mit den Ausnahmeregelungen für Finanzinstrumente grundsätzlich die Rechtssicherheit verbessert wurde. Damit sind wichtige Forderungen der deutschen Länder erfüllt.
- 98. Der Bundesrat stellt fest, dass in Bezug auf die Abwicklung der Finanzinstrumente delegierte Rechtsakte vorgesehen sind. Damit besteht keine Rechtssicherheit für die Beteiligten. Diese ist jedoch eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Anwendung von Finanzinstrumenten und für ein stärkeres Engagement der Privatwirtschaft. Zwingend erforderlich ist ein von Beginn an verbindliches und abschließendes Regelwerk über die gesamte Förderperiode und Laufzeit der Finanzinstrumente, dessen Auslegung und praktische Anwendung zwischen den Beteiligten verlässlich abgestimmt ist.
Zur technischen Hilfe
- 99. Der Bundesrat sieht in dem vorliegenden Verordnungsvorschlag eine Verlagerung weiterer bürokratisch belastender Aufgaben von der Kommission auf den Mitgliedstaat. Ferner werden die Verfahren deutlich komplexer. Vor diesem Hintergrund ist ein Ansatz von 4 Prozent des Mittelbudgets für die technische Hilfe bei Weitem nicht ausreichend. Gerade für kleine Programme ist ein deutlich höherer Ansatz erforderlich, ohne dass dieser durch "Verzichte" anderer Programme erkauft werden muss.
X. Delegierung von Rechtsakten
- 100. Der Bundesrat sieht es als kritisch an, dass der Verordnungsvorschlag an rund 40 Stellen Ermächtigungen enthält, nach denen die Kommission delegierte Rechtsakte (im Wesentlichen Präzisierungen und Einschränkungen) nach den Artikeln 142 und 143 des vorliegenden Entwurfs erlassen kann. Dies steht zum einen den Grundsätzen der Vereinfachung und der weitestgehenden Anwendung nationalen Rechts (Subsidiaritätsprinzip) entgegen. Zum anderen ist zu befürchten, dass diese nicht umfänglich vor Beginn der Förderperiode, sondern zu einem späteren Zeitpunkt und dann rückwirkend erlassen werden. Der Bundesrat fordert eine deutliche Reduzierung und Beschränkung sowie das Verbot der Rückwirkung.
- 101. Der Bundesrat stellt eine auffällige Häufung der Übertragung von Befugnissen auf die Kommission mittels delegierter Rechtsakte fest, für deren Erlass zudem keine Frist vorgesehen ist. Damit besteht für die Länder und letztlich Empfänger in wesentlichen Fragen keine Rechtssicherheit. Ein von Beginn an verbindliches und abschließendes Regelwerk stellt jedoch eine zentrale Voraussetzung für eine fehlerfreie und erfolgreiche Förderung dar.
- 102. Der Bundesrat fordert, dass die Delegierung von Rechtsakten (Artikel 142, 143 des Verordnungsvorschlags) den primärrechtlichen Vorgaben des AEUV entsprechen muss. Danach sind Ermächtigungen an die Kommission, delegierte Rechtsakte zu erlassen, auf vorab klar definierte inhaltliche (Artikel 290 AEUV) oder Durchführungsfragen (Artikel 291 AEUV) zu begrenzen. In jedem Einzelfall einer Ermächtigung muss gewährleistet sein, dass nur unwesentliche bzw. ausschließlich durchführungsbezogene Befugnisse übertragen werden. Die in vielen Vorschriften des Verordnungsvorschlags vorgesehenen breit angelegten Ermächtigungen zum Erlass weiterführender Rechtsakte zu wichtigen Fragen (Governance, Gemeinsamer strategischer Rahmen, Finanzkorrekturen bei materieller Zielverfehlung, Finanzinstrumente, Pauschalen, Aufgaben der Prüfbehörde) widersprechen diesem rechtsstaatlichen Grundsatz einzeln und erst recht in einer Gesamtbetrachtung eklatant.
XI. Übergangsbestimmungen
- 103. Die Förderperiode 2014 bis 2020 wird sich mit der Abwicklung der vorangegangenen Förderperiode um mehrere Jahre überschneiden. Der Bundesrat fordert daher eine Klarstellung in Artikel 145 Absatz 1, dass sich die Abwicklung der Förderperiode 2007 bis 2013 nach den für sie geltenden Rechtsvorschriften (insbesondere VO (EG) Nr. 1083/2006) richtet.
XII. Berücksichtigung der Stellungnahme und Direktzuleitung an die Kommission
- 104. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die vorstehenden Ausführungen und Forderungen bei der Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland an der Gestaltung und Ausrichtung der europäischen Kohäsions-, Struktur- und Beschäftigungspolitik und den weiteren Beratungen des Verordnungsvorschlags auf EU-Ebene zu berücksichtigen.
- 105. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.