Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften

Der Bundesrat hat in seiner 866. Sitzung am 12. Februar 2010 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 3 Nummer 39 EStG)

Der Bundesrat begrüßt die Neufassung des § 3 Nummer 39 Satz 2 EStG und bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, den lohnsteuerlichen Überlassungszeitpunkt von börsennotierten Vermögensbeteiligungen typisierend gesetzlich zu konkretisieren.

Begründung

Mit dem Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz vom 07.03.2009, BGBl. I S. 451 wurde § 19a EStG durch § 3 Nummer 39 EStG ersetzt. Die bisherige Regelung in § 19a Absatz 2 Satz 2 EStG, nach der für am Tag der Beschlussfassung über die Überlassung an der Börse gehandelte Vermögensbeteiligungen der Kurs am Beschlussfassungstag maßgebend war, wenn zwischen Beschlussfassung und Überlassung nicht mehr als 9 Monate vergangen waren, wurde dabei bewusst nicht übernommen (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drs. 016/10531 S. 15). Nach § 3 Nummer 39 Satz 4 EStG ist als Wert der Vermögensbeteiligung der gemeine Wert zum Zeitpunkt der Überlassung nach den allgemeinen lohnsteuerlichen Regelungen anzusetzen. Zeitpunkt des Zuflusses ist danach der Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Vermögensbeteiligung (BFH vom 23.06.2005, VI R 10/03, BStBl II S. 770). Bei Aktien ist dies der Zeitpunkt der Einbuchung der Aktien in das Depot des Arbeitnehmers (BFH vom 20.11.2008, VI R 25/05, BStBl 2009 II S. 382).

Die Diskussionen über die Ausführungsbestimmungen zu § 3 Nummer 39 EStG zum Zuflusszeitpunkt mit der Notwendigkeit von Vereinfachungsregelungen (vgl. BMF-Schreiben vom 08.12.2009, BStBl I S. 1.513) zeigen, dass hinsichtlich börsennotierter Vermögensbeteiligungen eine typisierende gesetzliche Regelung angebracht ist, damit die Vermögensbeteiligung beim Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber und bei der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers mit demselben Wert angesetzt wird. Zum einen brauchen die zum Lohnsteuerabzug verpflichteten Arbeitgeber eine verlässliche Sicherheit, dass sie für alle begünstigten Arbeitnehmer die in einem bestimmten Zeitfenster überlassenen Vermögensbeteiligungen mit einem einheitlichen Wert ansetzen können. Gerade bei der Überlassung von Aktien im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen kann nicht sicher gestellt werden, dass die Einbuchung der Aktien in das Depot des Arbeitnehmers für alle Arbeitnehmer an ein und demselben Tag erfolgt. Zum andern fördert es nicht die Akzeptanz von Mitarbeiterkapitalbeteiligungsmodellen, wenn Arbeitnehmer desselben Mitarbeiterbeteiligungsmodells ihre Aktien mit unterschiedlichen Werten versteuern, wenn sich ein Teil der Arbeitnehmer im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung auf den individuellen Einbuchungstag der Aktien auf ihrem Depot beruft.

2. Zu Artikel 1 Nummer 5 ( § 10b EStG) Artikel 2 Nummer 1 ( § 9 KStG) Artikel 3 Nummer 1 ( § 9 GewStG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie die in Artikel 1 Nummer 5, Artikel 2 Nummer 1 und Artikel 3 Nummer 1 vorgesehenen Änderungen beim Abzug grenzüberschreitender steuerbegünstigter Zuwendungen um entsprechende Verfahrensvorschriften zur Zuerkennung der Steuerbegünstigung gegenüber ausländischen Zuwendungsempfängen und zum Zuwendungsnachweis ergänzt werden können.

Begründung

Mit den im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen sollen die Konsequenzen aus dem EUGH-Urteil "Persche" gezogen werden, wonach künftig eine inländische Steuerbegünstigung gegenüber dem Zuwendenden auch für innerhalb der EU grenzüberschreitende Zuwendungen (insbesondere Spenden) zu gewähren ist.

Die geplanten Neuregelungen sind allerdings in dieser Form nicht praxistauglich.

Das deutsche Steuerrecht sieht bislang kein förmliches Anerkennungsverfahren für die Steuerbegünstigung nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG und den damit verbundenen Zuwendungsabzug vor. Über die Steuerbegünstigung wird im Rahmen des Veranlagungsverfahrens (durch Körperschaftsteuer oder Freistellungsbescheid) entschieden. Der entsprechende Bescheid ist dann Grundlage für eine ordnungsgemäße Zuwendungsbestätigung, die zugleich eine tatbestandliche Voraussetzung für den Zuwendungsabzug darstellt.

Für im Inland nicht steuerpflichtige (ausländische) Zuwendungsempfänger ist dieses Verfahren nicht gangbar. Der Gesetzentwurf enthält indes keine Vorschriften bzw. Ermächtigungsnormen bezgl. der verfahrensmäßigen Voraussetzungen zur Abziehbarkeit und Nachweiserbringung bezgl. Zuwendungen an solche ausländische Körperschaften.

Der EuGH hat im Urteil "Persche" entschieden, dass der Wohnsitzstaat des Spenders die Abziehbarkeit von Spenden an ausländische Körperschaften von (ggf. umfangreichen) zu erbringenden Nachweisen durch den Spender abhängig machen könne. Der Wohnsitzstaat habe auch das Recht zu prüfen, ob die ausländische Körperschaft die nach nationalem Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung und den Spendenabzug erfüllt. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Amtshilfe kann ein entsprechend standardisiertes Nachweis-/Prüfverfahren jedoch nicht ersetzen.

Bei dieser Ausgangslage ist es dringend erforderlich,

3. Zu Artikel 1 nach Nummer 5 (§ 22a Absatz 1 Satz 1 EStG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die nach § 22a Absatz 1 Satz 1 EStG von den Mitteilungspflichtigen zu übermittelnden Daten (Rentenbezugsmitteilung) um die Staatsangehörigkeit des Leistungsempfängers erweitert werden können:

Begründung

Im Rahmen des Rentenbezugsmitteilungsverfahrens nach § 22a EStG sind von der Finanzverwaltung künftig jährlich eine Vielzahl von Datensätzen der Mitteilungspflichtigen sowohl für unbeschränkt als auch für beschränkt steuerpflichtige Rentner auszuwerten und zu bearbeiten. Ob die im Ausland lebenden Rentner jedoch verpflichtet sind, eine Einkommensteuererklärung zur beschränkten Steuerpflicht abzugeben, ist davon abhängig, ob das entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Deutschland das Besteuerungsrecht zuweist. So ist beispielsweise nach dem DBA-Italien und nach dem DBA-Schweden die Zuweisung des Besteuerungsrechts von der Staatsangehörigkeit des Rentenempfängers abhängig.

Wird die Staatsangehörigkeit der Leistungsempfänger in die von den Mitteilungspflichtigen mit der Rentenbezugsmitteilung zu übermittelnden Daten aufgenommen, können die Fälle, in denen Deutschland das Besteuerungsrecht nach dem DBA nicht zusteht, ggf. automationsunterstützt ausgesteuert werden. Damit würden sowohl nachträgliche, kostenintensive Ermittlungsarbeiten als auch unnötiger Verwaltungsaufwand vermieden werden.

4. Zu Artikel 1 Nummer 6 ( § 49 EStG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie sichergestellt werden kann, dass die Besteuerung von im Ausland lebenden "Riester-Rentnern" erfolgt, wenn der sog. Riestervertrag bei einem ausländischen Anbieter abgeschlossen worden ist.

Begründung

Bisher gehörten zu den inländischen Einkünften beschränkt Steuerpflichtiger nur Leibrenten und andere Leistungen, die von inländischen Versorgungsträgern gezahlt werden. Die nun beabsichtigte Erweiterung der beschränkten Steuerpflicht auf Leibrenten und andere Leistungen, die von ausländischen Zahlstellen geleistet werden, stößt auf erhebliche praktische Schwierigkeiten.

Der Steuerpflichtige hat keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt mehr im Inland und auch die auszahlende Stelle sitzt nicht im Inland. Der ausländische Versorgungsträger ist nicht meldepflichtig und insbesondere nicht verpflichtet, eine Rentenbezugsmitteilung nach § 22a EStG auszustellen und zu übersenden.

Abgesehen davon, dass die Finanzämter von ausländischen Rentenzahlungen und anderen Leistungen keine Kenntnis erlangen, ist auch fraglich, ob die Neuregelung in § 49 Absatz 1 Nummer 7 und Nummer 10 EStG mit DBA-Regelungen in Einklang steht, die Deutschland nicht das Besteuerungsrecht für Leibrenten und andere Leistungen zuweist, wenn der Empfänger der Leistungen im Ausland lebt.

5. Zu Artikel 1 (Einkommensteuergesetz)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob für beschränkt Steuerpflichtige, die z.B. als Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft beschäftigt werden, bereits beim Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 39d Absatz 1 Satz 3 EStG von der späteren Einkommensteuererklärungspflicht abgesehen werden kann, wenn voraussichtlich keine inländische Einkommensteuerschuld entstehen wird.

Begründung

Bis einschließlich des Veranlagungszeitraumes 2008 war die Einkommensteuer für beschränkt steuerpflichtige Saisonarbeitskräfte auch dann durch den Lohnsteuerabzug abgegolten, wenn Werbungskosten auf der Bescheinigung i.S.d. § 39d Absatz 1 Satz 3 EStG eingetragen waren. Durch das Jahressteuergesetz 2009 wurde in § 50 Absatz 2 EStG eine generelle Einkommensteuererklärungspflicht für beschränkt Steuerpflichtige eingeführt, wenn Werbungskosten auf der Bescheinigung i. S. d. § 39d Absatz 1 Satz 3 EStG eingetragen werden.

Diese Steuererklärungspflicht wird vor allem bei Saisonarbeitskräften, die in der Landwirtschaft beschäftigt sind, im Regelfall nicht zu nennenswerten inländischen Steuermehreinnahmen führen, da die Saisonarbeitskräfte regelmäßig keine oder nur geringe Einkünfte im jeweiligen Heimatland haben. Dem steht ein erheblicher bürokratischer Aufwand sowohl bei der einzelnen Saisonarbeitskraft als auch beim jeweiligen Finanzamt gegenüber. So müssen die betroffenen Saisonarbeitskräfte eine Steuererklärung abgeben, die von den Finanzämter zu prüfen ist. Wird keine Steuererklärung abgegeben, müssen die Finanzämter die im Ausland lebenden Saisonarbeitskräfte ggf. im Wege der Amtshilfe zur Abgabe einer Steuererklärung auffordern.

Die Möglichkeit, bereits beim Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung gem. § 39d Absatz 1 Satz 3 EStG einen Antrag auf Absehen von der Steuererklärungspflicht zu stellen, stellt insoweit eine erhebliche Erleichterung sowohl für die Saisonarbeitskräfte als auch für die Finanzämter dar und entspricht der Zielsetzung des Koalitionsvertrages.

6. Zu Artikel 2 Nummer 2 (§ 34 Absatz 8a KStG)

Artikel 3 Nummer 1 und 2 (§ 9 Nummer 5 und § 36 Absatz 8b GewStG)

Begründung

Zu a)

Der neue § 10b Absatz 1 Satz 1 bis 5 EStG gilt nach dem Regierungsentwurf rückwirkend, nicht so jedoch die fast wortgleich lautende Regelungen im KStG. Bisher wurde im ersten der in § 34 Absatz 8a angefügten Sätze nur auf § 9 Absatz 1 Nummer 5 Satz 2 bis 5 KStG und im zweiten Satz auf § 9 Absatz 1 Nummer 5 Satz 1 und 6 KStG verwiesen. Damit gelten die Änderungen im KStG erst für Zuwendungen, die nach dem 31. Dezember 2009 geleistet werden. Durch die vorgeschlagene Änderung wird ein Gleichlauf der zeitlichen Anwendungsregelung mit der entsprechenden Änderung in § 52 Absatz 24e EStG beabsichtigt.

Zu b)

Doppelbuchstabe aa)

Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung. Der geänderte Satz ist der Satz 14, nicht der Satz 13.

Doppelbuchstabe bb)

Der neue § 10b Absatz 1 Satz 1 bis 5 EStG gilt nach dem Regierungsentwurf rückwirkend, nicht so jedoch die fast wortgleich lautenden Regelungen im GewStG. Bisher wurde im ersten der in § 36 Absatz 8b GewStG angefügten Sätze nur auf § 9 Nummer 5 Satz 2 bis 5 GewStG und im zweiten Satz auf § 9 Nummer 5 Satz 1 und 6 GewStG verwiesen. Damit gelten die Änderungen im GewStG erst für Zuwendungen, die nach dem 31. Dezember 2009 geleistet werden. Durch die vorgeschlagene Änderung wird ein Gleichlauf der zeitlichen Anwendungsregelung mit der entsprechenden Änderung in § 52 Absatz 24e EStG beabsichtigt.

7. Zu Artikel 3 Nummer 1a - neu - (§ 29 Absatz 1 Nummer 2 GewStG)

In Artikel 3 ist nach Nummer 1 folgende Nummer 1a einzufügen:

Begründung

Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 4. April 2007, I R 23/06, entschieden, dass bei der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für Betriebe, die Energieerzeugung aus Windkraft betreiben, die Gewerbesteuermessbetragszerlegung nach den allgemeinen Grundsätzen des § 29 GewStG durchzuführen ist. Um den Gewerbesteuermessbetrag zwischen Betreiber- und Standortgemeinden von Windenergie erzeugenden Betrieben gerecht aufzuteilen, wurde durch das Jahressteuergesetz 2009 ein besonderer Zerlegungsmaßstab eingeführt, wonach ab Erhebungszeitraum 2008 der Gewerbesteuermessbetrag in diesen Fällen zu 003/10 (PDF) nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne und zu 007/10 (PDF) nach dem Verhältnis fertig gestellter Sachanlageinvestitionen (ohne Betriebs- und Geschäftsausstattung) aufzuteilen ist.

Soweit die Sachverhalte bei Windenergiebetrieben denen bei Betreibern von Photovoltaikanlagen entsprechen, müssen sich hinsichtlich der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags konsequenterweise die entsprechenden gewerbesteuerlichen Auswirkungen ergeben:

Bei der Anwendung des Zerlegungsmaßstabs Arbeitslöhne erhalten die Gemeinden, in denen die Freiflächenanlagen zur Nutzung der solaren Strahlungsenergie betrieben werden, regelmäßig keinen Zerlegungsanteil, weil dort keine Arbeitnehmer des Energieanlagenbetreibers beschäftigt sind. Die Gewerbesteuer entfällt in diesen Fällen vielfach nur auf die Gemeinde, in der das Unternehmen seinen Geschäftssitz hat.

Die strukturell vorhandene Nichtberücksichtigung der Standortgemeinden der Freiflächen-Anlagen zur Nutzung der solaren Strahlungsenergie kann sich aber hemmend auf deren Bereitschaft auswirken, zum Einen Flächen für Eignungsgebiete für Freiflächen-Anlagen zur Nutzung der solaren Strahlungsenergie auszuweisen und zum Anderen die mit dem Bau und Betrieb entsprechender Anlagen einhergehenden Beeinträchtigungen und Auswirkungen auf das Ortsbild und Landschaftsbild hinzunehmen. Diese Wirkungen stehen nicht im Einklang mit den umweltpolitischen Leitlinien der Bundesregierung, die u. a. die Ausweitung der Energieerzeugung aus Freiflächen-Anlagen zur Nutzung der solaren Strahlungsenergie vorsieht.

Aus umweltpolitischen Gründen ist es daher geboten, auch die Standortgemeinden der Freiflächen-Anlagen zur Nutzung der solaren Die Änderung des § 29 GewStG (allgemeiner Zerlegungsmaßstab) lässt die Sonderregelung zur Zerlegung der mehrgemeindlichen Betriebsstätten in § 30 GewStG unberührt.

8. Zu Artikel 5 Nummer 2 (§ 4 Nummer 11b UStG)

Der Bundesrat betrachtet mit Sorge, dass sich auf dem Markt für Briefdienstleistungen trotz Auslaufens der Exklusivlizenz zum 31. Dezember 2007 bislang kein funktionsfähiger und chancengleicher Wettbewerb eingestellt hat. Der Bundesrat stellt fest, dass die steuerliche Ungleichbehandlung von Briefdienstleistern ein entscheidendes Wettbewerbshemmnis darstellt. Der Bundesrat begrüßt das Anliegen der Bundesregierung, die Umsatzsteuerbefreiung für Post-Universaldienstleistungen neu zu regeln und damit auch auf dem Gebiet des Postwesens die Voraussetzung für mehr Wettbewerb zu schaffen. Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch einmal eingehend zu prüfen, ob die von betroffenen Unternehmen vorgebrachte Argumentation, Dienstleistungen mit besonderen Vorgaben (z.B. aufgrund der Menge der Sendungen) erfüllten ebenfalls die europarechtlichen Voraussetzungen für eine Umsatzsteuerbefreiung, in nationales Recht umgesetzt werden kann.

Nach Kenntnis des Bundesrates legt die Europäische Kommission das bei der Neuregelung des § 4 Nummer 11b UStG-E berücksichtigte Urteil des EuGH vom 23.04.2009, C-357/07 (TNT Post UK) dahingehend aus, dass auch Dienstleistungen von der Umsatzsteuer befreit sein sollen, die aufgrund besonderer Vorgaben (reduzierter Preis in Abweichung von der allgemeinen, vorab festgelegten Preisliste, die allen Kunden zugänglich sind, die bestimmte Bedingungen wie Volumen oder etwa die Verwendung von Frankiermaschinen erfüllen) nur einem kleinen Kundenkreis zur Verfügung stehen. In solchen Fällen könne der Preis weder als individuell noch als ausgehandelt betrachtet werden.

Nach der im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgenommenen Neuregelung sollen die genannten Leistungen hingegen der Umsatzsteuer unterworfen werden. Vor dem Hintergrund dieser offensichtlich differierenden Auslegung der EuGH-Rechtsprechung hält der Bundesrat eine nochmalige Prüfung für notwendig.

9. Zu Artikel 5 Nummer 3 (§ 13b Absatz 6 Nummer 6 - neu - UStG)

In Artikel 5 Nummer 3 ist in § 13b Absatz 6 der Punkt am Ende der Nummer 5 durch ein Semikolon zu ersetzen und folgende Nummer 6 anzufügen:

Begründung

Seit dem 1. Januar 2010 bestimmt sich der Ort der Leistung bei Restaurationsleistungen auf einem Schiff, im Luftverkehr und im Schienenverkehr nach § 3e UStG. Danach sind Restaurationsumsätze im Inland zu erfassen, wenn die Leistungen in einem dieser Beförderungsmittel erbracht werden und dieses seinen Abgangsort im Inland und einen Ankunftsort im Gemeinschaftsgebiet hat. Kommt ein Beförderungsmittel aus einem Drittland (z.B. der Schweiz), ist inländischer Abgangsort der erste inländische Ort, an dem Reisende einsteigen können. Leistungen, die zwischen diesem Abgangsort und dem (letzten) Ankunftsort im Gemeinschaftsgebiet erbracht werden, unterliegen ebenfalls im Inland der Umsatzsteuer.

Liegt der Leistungsort danach im Inland und wird der Verzehrumsatz von einem ausländischen Unternehmer erbracht, schuldet jeder Leistungsempfänger, der wiederum selbst Unternehmer ist, nach § 13b Absatz 2 Nummer 1 i. V. m. Absatz 5 UStG die Umsatzsteuer.

Diese Umkehr der Steuerschuldnerschaft betrifft alle Unternehmer i. S. des § 2 UStG, unabhängig davon, ob sie Kleinunternehmer sind, selbst wenn sie als solche nur steuerfreie Umsätze erbringen (wie z.B. der Vermieter einer Wohnung). Jeder einzelne Flug- oder Fahrgast, auf den dies zutrifft, muss in diesen Fällen die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, auch wenn er die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich bezieht (§ 13b Absatz 5 Satz 3 UStG).

Es ist somit eine Vielzahl von Umsätzen zu erfassen, auch von Unternehmern, die bisher keine Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuererklärungen abgegeben haben. Ein ordnungsgemäßes Besteuerungsverfahren ist ausgeschlossen, da die zuständigen Finanzbehörden nicht in der Lage sind, die korrekte Besteuerung auch nur ansatzweise zu überwachen. Dadurch ergibt sich zwangsläufig ein erhebliches Vollzugsdefizit des geltenden Gesetzes. Vor allem, wenn man noch berücksichtigt, dass eine Vielzahl von Betroffenen (wie z.B. der Arbeitnehmer der eine Wohnung seines Zweifamilienhauses vermietet) mit der Gesetzeslage nicht vertraut sein dürfte.

Durch die mit diesem Änderungsantrag beabsichtigte Korrektur wird die Erhebung der gesetzlich entstehenden Umsatzsteuer sicher gestellt. Außerdem verhindert sie einen erheblichen bürokratischen Aufwand bei den Finanzbehörden und den betroffenen Unternehmern. Die Neuregelung ist durch Artikel 194 der MwStSystRL gedeckt.

10. Zu Artikel 5 Nummer 3 ( § 13b UStG)

Begründung

zu a)

Der Handel mit Emmissionszertifikaten wird zunehmend für den Umsatzsteuerbetrug missbraucht, wodurch Steuerausfälle in erheblicher Höhe drohen. Das Reverse-Charge-Verfahren, bei dem die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger verlagert wird, ist ein bereits in anderen Bereichen bewährtes Mittel zur Betrugsbekämpfung. Der Rat der Europäischen Union hat den dringenden Handlungsbedarf erkannt und sich politisch bereits auf einen entsprechenden Richtlinienvorschlag geeinigt, der die Ausweitung des Reverse-Charge-Verfahrens auf den Emmissionszertifikatehandel EU-rechtlich legitimiert. Die entsprechende Richtlinie soll noch in der ersten Jahreshälfte verabschiedet werden. Andere Mitgliedstaaten haben entsprechende Regelungen bereits eingeführt. Zur Vermeidung der drohenden Steuerausfälle muss auch das nationale Umsatzsteuerrecht schnellstmöglich angepasst werden.

zu b)

Der Handel mit Schrott und Altmetallen sowie die Gebäudereinigungsleistungen von Subunternehmern an Gebäudereinigungsfirmen stellen betrugsanfällige Bereiche mit hohem Ausfallrisiko dar. Gerade in diesen Bereichen sind häufig Subunternehmer tätig, die ihren steuerlichen Pflichten nicht oder unzureichend nachkommen. Das Risiko besteht darin, dass Umsatzsteuerbeträge in Rechnung gestellt werden, die zwar nicht in voller Höhe abgeführt werden, die die Leistungsempfänger aber in vollem Umfang als Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt geltend machen können. Hinsichtlich der Erweiterung des § 13b UStG hat die Bundesregierung bereits im Rahmen des Verfahrens für ein Drittes Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt. Auf fachlicher Ebene wurde eine schnellstmögliche Umsetzung dieses Vorschlags beschlossen (vgl. auch TOP 11 der Finanzministerkonferenz am 29. Januar 2009).

11. Zu Artikel 5 Nummer 8 (§ 18a Absatz 1 Satz 5 UStG)

In Artikel 5 Nummer 8 ist in § 18a Absatz 1 Satz 5 durch folgenden Satz zu ersetzen: "Nimmt der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf, ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr Meldezeitraum stets der Kalendermonat."

Begründung

Nach § 18a Absatz 1 Satz 1 UStG-E müssen Zusammenfassende Meldungen ab dem 01.07.2010 grundsätzlich bis zum 25. Tag nach Ablauf jedes Kalendermonats abgegeben werden. Unternehmer, deren Umsatz aus meldepflichtigen Lieferungen in andere EU-Mitgliedstaaten nicht mehr als 50.000 Euro im Quartal beträgt, haben die Zusammenfassenden Meldungen bis zum 25. Tag nach Ablauf jedes Kalendervierteljahrs abzugeben (§ 18a Absatz 1 Satz 2 UStG-E). In der Zeit vom 01.07.2010 bis zum 31.12.2011 gilt anstelle des Betrages von 50.000 Euro eine Betragsgrenze von 100.000 Euro (§ 18a Absatz 1 Satz 5 UStG-E).

Die Neuregelung dient der Umsetzung der Richtlinie 2008/117/EG zum Zweck der Bekämpfung des Steuerbetrugs bei innergemeinschaftlichen Umsätzen vom 16.12.2008 (ABl. L 14 vom 20.1.2009 S. 7).

Nach geltendem Recht sind Zusammenfassende Meldungen stets vierteljährlich abzugeben. Durch die Neuregelung sollen die zuständigen Finanzbehörden der EU schneller (grundsätzlich monatlich) über innergemeinschaftliche Lieferungen an Unternehmer in ihrem Mitgliedstaat informiert werden. Diese Zielsetzung wird durch die Regelung des § 18a Absatz 1 Satz 2 UStG-E geringfügig beeinträchtigt, wonach Unternehmer, die nur in geringem Umfang (nicht mehr als 50.000 Euro im Quartal) innergemeinschaftliche Lieferungen ausführen, die Zusammenfassende Meldung quartalsweise abgeben können; diese unerhebliche Beeinträchtigung der Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung kann im Interesse der Vereinfachung der Abgabepflichten des Unternehmers hingenommen werden.

Soweit jedoch § 18a Absatz 1 Satz 5 UStG-E für die Zeit vom 01.07.2010 bis 31.12.2011 anstelle des Betrags von 50.000 Euro im Quartal einen Betrag von 100.000 Euro vorsieht, kann nicht mehr von einer hinnehmbaren geringfügigen Beeinträchtigung der Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung gesprochen werden. Auch wenn diese Regelung nach Artikel 1 Nummer 2 der EG-Richtlinie 2008/117/EG optional zulässig ist und EU-Richtlinien nach dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP "1 zu 1" umzusetzen sind, sollte von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht werden, denn sie führt dazu, dass Unternehmer mit innergemeinschaftlichen Lieferungen im Umfang von bis zu 400.000 Euro jährlich von der monatlichen Abgabepflicht ausgenommen werden, was der eigentlichen Zielsetzung der EG-Richtlinie widerspricht.

Vor diesem Hintergrund sollte § 18a Absatz 1 Satz 5 UStG-E gestrichen werden.

Vom Grundsatz der monatlichen Abgabe der Zusammenfassenden Meldung sollte auch dann nicht abgewichen werden, wenn der Unternehmer eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit begründet. Für die Umsatzsteuer-Voranmeldungen besteht eine Verpflichtung zur monatlichen Abgabe für das Jahr der Begründung der unternehmerischen Tätigkeit und das Folgejahr (§ 18 Absatz 2 Satz 4 UStG). Diese Maßnahme war als wichtiges Instrument für die inländische Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung mit Wirkung ab dem 01.01.2002 durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz eingeführt worden. Für die Abgabe der Zusammenfassenden Meldungen gilt nichts anderes. Deshalb sollte wie bereits im März 2009 durch den Umsatzsteuerfachbereich Hessens gefordert, folgender Passus in § 18a UStG-E aufgenommen werden: "Nimmt der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf, ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr Meldezeitraum stets der Kalendermonat."

12. Zu Artikel 7a - neu - (Feuerschutzsteuergesetz)

Artikel 10 Absatz 4 (Inkrafttreten)

Begründung

Zu a)

Die Änderung des Feuerschutzsteuergesetzes regelt nach dem grundsätzlichen Übergang der Verwaltungskompetenz von den Ländern auf den Bund am 1. Juli 2010 die Vereinnahmung der dann beim Bund aufkommenden Feuerschutzsteuer durch die Länder mit einem angepassten Zerlegungsverfahren.

§ 11 Absatz 1 FeuerschStG

Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung infolge der Einfügung von Absatz 4 in § 11 FeuerschStG.

§ 11 Absatz 3 FeuerschStG

Die Verwaltungskompetenz bei der Feuerschutzsteuer geht zum 1. Juli 2010 auf den Bund über, während die Ertragskompetenz weiterhin bei den Ländern verbleibt. Die bisherigen vorläufigen vierteljährlichen Zerlegungszahlungen unter den Ländern werden damit obsolet;

Zerlegungszahlungen unter den Ländern sind nur noch im Rahmen der endgültigen Abrechnung erforderlich. Um eine zeitnahe Vereinnahmung der beim Bundeszentralamt für Steuern aufkommenden Feuerschutzsteuer durch die Länder zu gewährleisten, soll das jeweilige monatliche Aufkommen anhand der von der Finanzbehörde Hamburg wie bisher ermittelten Zerlegungsanteile auf die Länder verteilt und jeweils bis zum 15. des Folgemonats an diese durch das Bundeszentralamt für Steuern überwiesen werden. Mit dieser Regelung wird an Verfahren angeknüpft, wie sie bei der Quellensteuer gemäß EU-Zinsrichtlinie und der Pauschsteuer für Mini-Jobs üblich sind.

§ 11 Absatz 4 FeuerschStG

Die Vorschrift stellt sicher, dass für die Abrechnung und den Vollzug der Zerlegung des Aufkommens an Feuerschutzsteuer vor dem Übergang der Verwaltungskompetenz auf den Bund das bisherige Recht auch nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung weiterhin Anwendung findet.

Zu b)

Die mit der Änderung des Feuerschutzsteuergesetzes bewirkte Anpassung des Zerlegungsverfahrens tritt zeitgleich mit dem Übergang der Verwaltungskompetenz von den Ländern auf den Bund am 1. Juli 2010 in Kraft; dementsprechend wird die Regelung des Inkrafttretens um Artikel 7a - neu - erweitert.

13. Zu Artikel 9a - neu - (Zukunftsinvestitionsgesetz)

Begründung

§ 3 Absatz 3 - neu - und § 3a ZuInvG

Zur Stärkung der konjunkturellen Entwicklung ist es entscheidend, dass die geförderten Maßnahmen zusätzlich erfolgen. Die Regelung stimmt mit dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD - Drucksache 016/11740 - überein und entspricht dem Wunsch der Länder. Das Kriterium der Zusätzlichkeit bezieht sich aber nach dem Wortlaut von § 3 Absatz 3 Satz 2 neu ausschließlich auf die geförderten Vorhaben.

§ 6a ZuInvG

Mit der Streichung stimmt die Regelung mit dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD - Drucksache 016/11740 - überein und entspricht dem Wunsch der Länder.

§ 7 Absatz 1 Satz 1 - neu - und § 8 Satz 2 - neu - ZuInvG

Die Änderungen sind Folgeänderungen zur Einfügung des neuen § 3 Absatz 3 und der Streichung des § 3a.