Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes über steuerliche und weitere Begleitregelungen zum Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union
(Brexit-Steuerbegleitgesetz - Brexit-StBG)

Der Bundesrat hat in seiner 974. Sitzung am 15. Februar 2019 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 4

a) Die Inhaltsübersicht ist wie folgt zu ändern:

Nach der Angabe "Artikel 4 Änderung des Außensteuergesetzes" ist folgende Angabe einzufügen:

"Artikel 4a Änderung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes"

b) Nach Artikel 4 ist folgender Artikel 4a einzufügen:

"Artikel 4a
Änderung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes

Dem § 37 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1997 (BGBl. I S. 378), das zuletzt durch Artikel 18 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl I S. 2338) geändert worden ist, wird folgender Absatz angefügt:

(17) Für Erwerbe, für die die Steuer vor dem Zeitpunkt entstanden ist, ab dem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist, ist dieses Gesetz mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland weiterhin als Mitgliedstaat der Europäischen Union gilt.""

Begründung:

Die Steuerbegünstigungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer werden bei Vorliegen der Voraussetzungen auch für Vermögen gewährt, welches sich innerhalb der Europäischen Union befindet. In Fällen, in denen eine gewährte Steuerbefreiung beim Eintritt bestimmter Ereignisse nachträglich entfällt, lässt es sich nicht rechtfertigen, wenn allein der Brexit zu einer Nachversteuerung führt.

Der vorgeschlagene § 37 Absatz 17 ErbStG stellt sicher, dass für Erwerbe, für die die Steuer vor dem Zeitpunkt entstanden ist, ab dem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland weiterhin als Mitgliedstaat der Europäischen Union gilt. Auf diese Weise wird im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz der "Status quo" gewahrt. Praktische Bedeutung kann dem beispielsweise bei Anwendung der Lohnsummenregelung bei der Steuerbegünstigung für Unternehmensvermögen zukommen.

Für Erwerbe ab dem Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch nicht wie ein solcher zu behandeln ist, gilt das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland - vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungen - als Drittstaat.

2. Zu Artikel 5 Nummer 1 bis 3 - neu - und Nummer 4 (§ 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1, § 13 Absatz 1 Satz 2, § 20 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe d, § 49 Absatz 3 und 4 PfandBG)

Artikel 5 ist wie folgt zu fassen:

"Artikel 5
Änderung des Pfandbriefgesetzes

Das Pfandbriefgesetz vom 22. Mai 2005 (BGBl. I S. 1373), das zuletzt durch Artikel 24 Absatz 38 des Gesetzes vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1693) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

(3) Abweichend von § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3, § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, § 20 Absatz 2 Nummer 2, § 26 Absatz 1 Nummer 3 sowie § 26f Absatz 1 Nummer 3 sind Forderungen, die sich gegen das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland oder dort ansässige Schuldner richten oder für die von diesen Stellen die Gewährleistung übernommen worden ist und vor dem 30. März 2019 gemäß den vorgenannten Vorschriften zur Deckung verwendet worden sind, weiterhin für die entsprechende Pfandbriefgattung deckungsfähig. Für Sichteinlagen und Geldforderungen mit täglicher Fälligkeit gilt dies bis zu einem Monat nach dem Tag, an dem erstmalig über die vorgenannten Guthaben seitens der Pfandbriefbank verfügt werden konnte.

(4) Forderungen, die

Begründung:

Die vorgeschlagenen Änderungen zielen auf eine dauerhafte Anerkennung der Deckungsfähigkeit britischer Vermögenswerte, um zu vermeiden, dass für deutsche Pfandbriefbanken durch den Brexit sachlich nicht gerechtfertigte Nachteile entstehen. Die vorgeschlagenen Änderungen haben demgegenüber keinerlei Auswirkungen auf die Zulässigkeit von Aktivitäten von in London ansässigen Banken in Deutschland.

Der bisherige Gesetzentwurf sieht für die Anerkennung der Deckungsfähigkeit britischer Vermögenswerte lediglich eine Altfallregelung (Indeckungnahme bis 30. März 2019) vor. Demnach wären deutsche Pfandbriefbanken zukünftig gehindert, Kredite mit britischen Deckungswerten über einen Pfandbrief zu refinanzieren. Dies ist aus folgenden, fachlich unbestrittenen Gründen sachlich nicht gerechtfertigt:

Nur eine ausdrückliche Aufnahme Großbritanniens im Pfandbriefgesetz gewährleistet, dass auch für das UK-Geschäft deutsche Pfandbriefe wie bisher zur Refinanzierung eingesetzt werden können. Durch eine Gleichstellung Großbritanniens mit den genannten Drittstaaten im Pfandbriefgesetz würden zudem für das Neugeschäft mit britischen Deckungswerten Regelungen zu Höchstgrenzen bzw. zusätzlichen qualitativen Kriterien für Drittstaaten-Deckungswerte zur Absicherung der Werthaltigkeit der Deckungsmasse greifen. Von daher sind die in den o.g. Nummern 1 bis 3 vorgesehenen Ergänzungen erforderlich.

Durch die o.g. Nummern 1 bis 3 entfällt korrespondierend das Bedürfnis einer Bestandsschutzregelung, wie sie der Gesetzentwurf vorsieht, da die Regelungen zu Nummer 1 bis 3 auch einschlägige Werte erfassen, die vor dem Anknüpfungszeitpunkt 30. März 2019 zur Deckung verwendet wurden. Bezüglich der nicht aufgrund dieser Regelungen explizit als dauerhaft deckungsfähig erklärten Werte, insbesondere der weiteren Deckung, sollten die im Gesetzentwurf vorgesehenen Bestandsschutzregelungen des § 49 Absatz 3 und 4 Pfandbriefgesetz beibehalten werden (Nummer 4). Dies trägt dem besonderen Umstand Rechnung, dass Großbritannien bis zum Austrittsdatum Mitglied der Europäischen Union ist.

Diese Änderungen müssen bereits im vorliegenden Gesetzentwurf umgesetzt werden, um einen über den Austrittstag hinaus rechtssicheren, kontinuierlichen Einsatz des deutschen Pfandbriefs - dem führendem Covered Bond in Europa - als Refinanzierungsinstrument der deutschen Pfandbriefbanken für deren laufendes UK-Geschäft zu ermöglichen.

Nur so wird sichergestellt, dass die Änderung im Pfandbriefgesetz noch vor dem Austrittstermin am 30. März 2019 in Kraft treten kann. Ein Aufgreifen in einem späteren Gesetzgebungsverfahren, wie von anderer Seite erwogen, wird mit höchster Wahrscheinlichkeit zu einer Verabschiedung des Gesetzes erst nach dem Austrittsdatum führen. Dies bedeutet ein zeitliches Fenster, in dem keinerlei Anerkennung britischer Deckungswerte für Neugeschäft vorhanden wäre. Dies würde - ohne sachlichen Grund - zu einer Unterbrechung des UK-Geschäfts der Pfandbriefbanken führen. Es droht also eine starke Marktverunsicherung und letztlich die Abwanderung von Investoren zu konkurrierenden britischen oder anderen ausländischen Instituten mit der Folge möglicherweise unwiederbringlichen Verlusts von Geschäft bei den deutschen Pfandbriefbanken. Dies gilt es zum Schutz der heimischen Finanzwirtschaft und deren Kunden zu vermeiden.

3. Zu Artikel 7 Nummer 2 (§ 66a Absatz 1 Satz 2 VAG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, inwieweit die in § 66a VAG vorgesehene Höchstdauer eines möglichen Übergangszeitraums ausgeweitet werden kann.

Begründung:

Die in § 66a Absatz 1 Satz 2 VAG vorgesehene maximale Dauer von 21 Monaten für den möglichen Übergangszeitraum trägt den teilweise sehr langfristigen Leistungsverpflichtungen - die auch nach Auslaufen der Versicherungspolice noch über viele Jahre bestehen können - von Versicherungsunternehmen gegenüber ihren Versicherungsnehmern nicht hinreichend Rechnung.

Um flexibel auf etwaige Probleme bei der Abwicklung reagieren zu können, könnte die Höchstdauer des Übergangszeitraums in das pflichtgemäße Ermessen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gestellt oder die mögliche Höchstdauer erhöht werden.

4. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob analog den Übergangsbestimmungen in Artikel 6 Nummer 6 für Kreditinstitute (§ 53b Absatz 12 KWG) oder Artikel 7 Nummer 2 (§ 66a VAG) auch für im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland ansässige Erbringer von Zahlungsdiensten und des E-Geld-Geschäfts entsprechende Übergangsregelungen im Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz verankert werden können.

Begründung:

Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, Risiken für die Funktionsfähigkeit und die Stabilität der Finanzmärkte entgegenzuwirken, indem er der BaFin die Möglichkeit gibt, Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland übergangsweise die entsprechende weitere Nutzung der Regelungen zum Europäischen Pass zu erlauben.

Der Gesetzentwurf in seiner bisherigen Fassung enthält indes noch keine entsprechende Regelung im Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) für Anbieter, die Zahlungsdienste oder Leistungen des E-Geld-Geschäfts erbringen.

Eine entsprechende Übergangsregelung in diesem Bereich ist aber insbesondere für mittelständische Unternehmen, Fintechs oder Start-Ups, die derzeit mit im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland ansässigen Erbringern dieser Dienstleistungen zusammenarbeiten, erforderlich, um einen hinreichenden zeitlichen Vorlauf zum Übergang auf einen EU-Anbieter zu gewährleisten.

Auch in der EU angesiedelte Mutterunternehmen von im Vereinigten Königreich angesiedelten Zahlungsdienstleistern und E-Geld-Emittenten, die innerhalb der Gruppe dezidierte Geschäftsbereiche abdecken, benötigen eine angemessene Übergangsfrist, um die betroffenen Bereiche auf eine nach dem ZAG zu lizenzierende deutsche Tochter zu migrieren.