Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung des Sondervermögens "Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter"
(Ganztagsfinanzierungsgesetz - GaFG)

Der Bundesrat hat in seiner 985. Sitzung am 14. Februar 2020 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu § 2 Satz 1 und Satz 1a - neu - GaFG

§ 2 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Angesichts der unterschiedlichen Ausgangslagen in den Ländern, insbesondere den flächendeckend vorhandenen Hortangeboten in den ostdeutschen Ländern bzw. einem bereits umgesetzten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung, ist es erforderlich, dass die investiven Mittel auch für den Ausbau und die Sanierung bestehender Angebote eingesetzt werden können.

Der investive Ausbau darf deshalb nicht nur die Errichtung von Einrichtungen umfassen, sondern auch den Ausbau und die Sanierung vorhandener Einrichtungen. Die umfängliche Inanspruchnahme der Hortangebote für Kinder im Grundschulalter ist durch die hohen Betreuungsquoten gegenüber den westdeutschen Ländern nachweislich vorhanden.

Um den qualitativen Ausbau zur Umsetzung des Rechtsanspruchs für ganztägige Betreuungsangebote gewährleisten zu können, müssen die bestehenden Angebote gerade unter dem Aspekt der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse erhalten werden. Von daher sind die Einrichtungen zwingend zu sanieren und zu erweitern. Die Erwerbsquoten von Familien haben zugelegt und die Ansprüche zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden weitere Bedarfe erfordern.

Angesichts der nicht unerheblichen Zahl freier Träger von Horteinrichtungen ist es wichtig, dass auch deren Einrichtungen erhalten bzw. ausgebaut werden. Damit müssen auch ihnen mindestens Mittel für den Ausbau und die Sanierung zur Verfügung stehen und dort, wo es sinnvoll ist, auch für Neubauten bzw. Ersatzneubauten.

2. Der Bundesrat begrüßt das Vorhaben der Bundesregierung, einen Rechtsanspruch auf ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter ab 2025 einzuführen.

Begründung:

Ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote leisten einen zentralen Beitrag für die Vereinbarkeit von Kindererziehung und Berufstätigkeit sowie für mehr Bildungschancen. Die bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Ganztagsangebote für Kinder im Grundschulalter ist deshalb eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für die sich Länder und Kommunen bereits seit langem stark machen.

Künftig ist mit einer weiter steigenden Nachfrage der Eltern nach Ganztagsplätzen zu rechnen. Der 14. Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes nach wird zugleich die Altersgruppe der 6,5 bis 10,5jährigen bis zum Jahr 2025 weiter wachsen. Deshalb wollen die Länder gemeinsam mit dem Bund ab dem Jahr 2025 einen Rechtsanspruch schaffen bzw. weiter umsetzen, der bedarfsgerecht ist und die Vielfalt der in den Ländern und Kommunen bestehenden Betreuungsmöglichkeiten der Kinder- und Jugendhilfe sowie der schulischen Angebote berücksichtigt.

3. Der Bundesrat sieht in der Errichtung des Sondervermögens "Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter" und dessen Ausstattung mit jeweils 1 Milliarde Euro in den Jahren 2020 und 2021 nur einen ersten Schritt des Bundes zur Finanzierung des Vorhabens der Bundesregierung, ab 2025 einen bundesgesetzlichen Rechtsanspruch auf ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter einzuführen.

Angesichts dessen, dass derzeit noch wesentliche Punkte der Umsetzung des Rechtsanspruchs, wie zum Beispiel die konkrete inhaltliche Ausgestaltung des Rechtsanspruchs und die Finanzierungsbeteiligung des Bundes sowohl bei den Investitions- als auch den Betriebskosten, ungeklärt sind, kann die Errichtung des Sondervermögens keine abschließende Entscheidung über den Finanzierungsbeitrag des Bundes darstellen.

Bereits jetzt ist klar, dass ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter für Länder und Kommunen erhebliche und dauerhafte Kostenfolgen in Milliardenhöhe mit sich bringen würde. Das gemeinsam von Bund und Ländern finanzierte DJI schätzt allein die Investitionskosten für die zusätzlich benötigten Plätze auf bundesweit bis zu 7,5 Milliarden Euro. Hiermit wird belegt, dass die im Rahmen des Sondervermögens vom Bund zur Verfügung gestellten Finanzmittel in Höhe von 2 Milliarden Euro zur Finanzierung des Rechtsanspruchs keineswegs ausreichend sein werden.

Ungeklärt ist darüber hinaus, wie die neben den Investitionskosten zukünftig dauerhaft entstehenden Betriebskosten - nach Schätzung des DJI jährlich aufwachsend, ab dem Jahr 2025 etwa 4,5 Milliarden Euro jährlich - finanziert werden sollen. Der Bundesrat erinnert daran, dass im Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode zugesagt wurde, es werde sichergestellt, "dass insbesondere der laufenden Kostenbelastung der Kommunen Rechnung getragen wird".

Vor diesem Hintergrund kann es sich nach Ansicht des Bundesrates hinsichtlich der Ausstattung des Sondervermögens mit 2 Milliarden Euro lediglich um einen ersten Schritt der Finanzierung durch den Bund handeln.

Aus Sicht des Bundesrates ist es deshalb zwingend erforderlich, dass vor Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens zur Schaffung des Rechtsanspruchs im Einvernehmen mit den Ländern dessen Finanzierung geklärt und im Gesetzgebungsverfahren zeitgleich eine entsprechende Finanzierungsregelung für die Investitions- und Betriebskosten getroffen sowie eine Erhöhung der Ausstattung des Sondervermögens vorgesehen wird.

4. Der Bundesrat weist darauf hin, dass der vom Grundgesetz vorgesehene Weg zu einer angemessenen Finanzausstattung der Anspruch der Länder auf einen aufgabengerechten Anteil am Steueraufkommen als eigene Finanzmittel ist (Artikel 106 Absatz 3 Satz 4 GG) . Dieser Weg wurde in den letzten Jahren jedoch zu selten verfolgt. Stattdessen hat der Bund den Ländern für unbefristete Aufgaben häufig zeitlich befristete Programmtitel gewährt, die mit Steuerungs- und Kontrollrechten zugunsten des Bundes verbunden waren. Dies schwächt das Budget- und Kontrollrecht der Landesparlamente, die Klarheit der Aufgabenverteilung und damit das Prinzip der demokratischen Verantwortlichkeit.