Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu der Entschließung vom 8. Juli 2005 zur Änderung des Übereinkommens vom 26. Oktober 1979 über den physischen Schutz von Kernmaterial

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu der Entschließung vom 8. Juli 2005 zur Änderung des Übereinkommens vom 26. Oktober 1979 über den physischen Schutz von Kernmaterial

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 4. Januar 2008
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates

Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Dr. Angela Merkel

Entwurf Gesetz zu der Entschließung vom 8. Juli 2005 zur Änderung des Übereinkommens vom 26. Oktober 1979 über den physischen Schutz von Kernmaterial

Vom

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Artikel 2

Begründung zum Vertragsgesetz

Zu Artikel 1

Auf die Änderung des Übereinkommens findet Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes Anwendung, da sie sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht.

Zu Artikel 2

Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht dem Erfordernis des Artikels 82 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes.

Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, in dem die Änderung nach Artikel 20 Abs. 2 des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.

Schlussbemerkung

Für Bund, Länder und Gemeinden entstehen durch dieses Gesetz keine Kosten.

Es sind keine Auswirkungen auf das Preisniveau oder nachteilige Auswirkungen für die Wirtschaft zu erwarten.

Änderung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial

(Übersetzung)

Denkschrift

I. Allgemeines

Die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) hat in Übereinstimmung mit Artikel 18 Abs. 4 Buchstabe a des Übereinkommens dieses am 13. Juni 1980 gezeichnet und ist ihm auf der Grundlage eines Beschlusses des Rates vom 9. Juni 1980 (ABl. EG 1980 Nr. L 149 S. 41) am 6. Oktober 1991 beigetreten.

Durch Beschluss vom 28. Juni 2005 (Dok. 1024/05 ATO 62 CONOP 33 = C 438) hat der Rat die Kommission ermächtigt über Änderungen des Übereinkommens zu verhandeln, soweit die Verhandlungen Fragen betreffen die in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinschaft fallen. Die Kommission hat an der diplomatischen Konferenz zur Änderung des Übereinkommens teilgenommen und die Änderung im Namen der Euratom am 8. Juli 2005 unterzeichnet.

Der Rat hat am 10. Juli 2007 einen Beschluss des Rates zur Genehmigung des Beitritts der Europäischen Atomgemeinschaft zu dem Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial und Kernanlagen (Dok.10341/07 ATO 79 CONOP 46, 11464/07 (Presse 160)) verabschiedet. Zur Begründung wird in den Nummern 4 und 5 der Erwägensgründe unter Bezugnahme auf den Beschluss des Europäischen Gerichtshofs vom 14. November 1978 0(1/78, Rechtsslg. 1978, S. 2151) ausgeführt, dass eine Beteiligung der Mitgliedstaaten an dem Übereinkommen mit den Bestimmungen des Euratom-Vertrags nur vereinbar sei, wenn die Gemeinschaft für die Bereiche ihrer Zuständigkeit gleichrangig neben den Staaten Vertragspartei sei. Bestimmte sich aus dem Übereinkommen ergebende Verpflichtungen könnten in diesen Bereichen nur erfüllt werden, wenn die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten sowohl bei Vertragsverhandlungen und Vertragsabschluss als auch bei der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen eng zusammenwirken. Der Gerichtshof habe ferner bestätigt, dass es gemäß Artikel 2 Buchstabe e des Euratom-Vertrags Aufgabe der Gemeinschaft sei durch geeignete Überwachungsmaßnahmen zu gewährleisten dass Kernbrennstoffe nicht anderen als den vorgesehenen Zwecken zugeführt werden.

Dabei unterscheide der Vertrag nicht zwischen der Art und den Umständen der anderweitigen Verwendung der Stoffe. Kapitel VII des Vertrags konkretisiere diese Aufgabe der Gemeinschaft und der dort verwendete Begriff "Überwachung der Sicherheit" habe eine umfassendere Bedeutung als die bloße Überwachung der bestimmungsgemäßen Verwendung des Kernmaterials.

Er umfasse nach Ansicht des Gerichtshofs auch Maßnahmen des physischen Schutzes. Der Gerichtshof stellte ferner fest, dass die Bestimmungen des Übereinkommens über die Strafverfolgung und die Auslieferung Angelegenheiten sind, für die die Mitgliedstaaten zuständig sind.

Aus diesen Gründen müsse die Gemeinschaft weiterhin an dem geänderten Übereinkommen beteiligt sein und zum Abschluss des Übereinkommens ermächtigt werden. Anlässlich des Beitritts werde die Gemeinschaft in Übereinstimmung mit Artikel 18 Abs. 4 Buchstabe c des Übereinkommens gegenüber dem Verwahrer erklären, dass die Artikel 8 bis 13 und Artikel 14 Abs. 2 und 3 nicht auf die Gemeinschaft angewendet werden.

Der Rat hat ferner, nachdem die Europäische Kommission letztlich aus übergeordneten Erwägungen von einer gemeinsamen Erklärung Abstand genommen hat folgende einseitige Erklärung anlässlich der Verabschiedung des Mandats zu Protokoll gegeben:

"Im Rahmen der Genehmigung des Beitritts der Europäischen Atomgemeinschaft zu dem geänderten Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial und Kernanlagen und der Annahme der beigefügten Erklärung über die Zuständigkeit der Gemeinschaft nach Artikel 18 Absatz 4 des Übereinkommens erklärt der Rat Folgendes:

Darüber hinaus erinnert der Rat an die folgende Erklärung der Kommission, die sie 1987 anlässlich der Ratifizierung des Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial abgegeben hat:

"Die Kommission erkennt an, dass die Zuständigkeit für die Gewährleistung der Durchführung der im Übereinkommen festgelegten Maßnahmen des physischen Schutzes ausschließlich bei den Mitgliedstaaten liegt.

Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, der Kommission operative Berichte vorzulegen, und die Kommission wird hinsichtlich der von den Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen des physischen Schutzes weder Berichte erstellen noch Inspektionen vor Ort vornehmen."

II. Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu Nummer 3 (Artikel 1) (Begriffsbestimmungen)

Die Änderung des Übereinkommens lässt die bisherigen drei Begriffsbestimmungen unberührt, fügt jedoch zwei weitere hinzu: "Kernanlage" und "Sabotageakt".

Der Begriff "Kernanlage" (Artikel 1 Buchstabe d ) umfasst im Sinne dieses Übereinkommens grundsätzlich alle Anlagen des Kernbrennstoffkreislaufs und ist somit umfassend. Er wird jedoch durch ein weiteres Definitionselement eingeschränkt. Erfasst werden nämlich nur solche Anlagen, bei denen eine Beschädigung der Anlage oder Einwirkungen auf die Anlage zu einer erheblichen Strahlenbelastung oder zur Freisetzung erheblicher Mengen radioaktiver Stoffe führen könnten. Ob eine Einrichtung der in der Definition beschriebenen Art eine Kernanlage im Sinne des Übereinkommens ist, hängt daher davon ab, ob im Falle einer Einwirkung auf die Anlage von dieser eine erhebliche radiologische Gefährdung ausgehen kann. Wann dieses Definitionselement gegeben ist, wird durch unbestimmte Rechtsbegriffe bestimmt die gerichtlich nachprüfbar sind. "Sabotageakt" (Artikel 1 Buchstabe e ) ist jede gegen eine Kernanlage oder gegen Kernmaterial gerichtete vorsätzliche Handlung, die unmittelbar oder mittelbar zu radiologischen Gefährdungen des Personals, der Öffentlichkeit oder der Umwelt führen kann. Die Begriffsbestimmung erfordert nicht die Rechtswidrigkeit der vorsätzlichen Handlung, sodass grundsätzlich auch gerechtfertigte Eingriffe, etwa der Feuerwehr oder der Polizei aus Gründen der Gefahrenabwehr, Sabotageakte im Sinne der Definition sein können. Die Rechtfertigung solcher Akte ist dann nach der jeweils anwendbaren Vertragsbestimmung (vgl. Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe e) in Verbindung mit dem Strafgesetzbuch zu ermitteln.

Zu Nummer 4 (Artikel 1 A) (Zweck des Übereinkommens)

Gemäß diesem Artikel hat das Übereinkommen drei Zwecke: die Errichtung und Aufrechterhaltung eines weltweiten Systems des physischen Schutzes von Kernmaterial und Kernanlagen, die Verhütung und die Bekämpfung von Straftaten im Zusammenhang mit Kernmaterial und Kernanlagen sowie die Erleichterung entsprechender Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten.

Zu Nummer 5 (Artikel 2) (Anwendungsbereich)

Der den Anwendungsbereich des Übereinkommens festlegende Artikel 2 wurde durch die Änderung neu gefasst.

Absatz 1 erweitert den Anwendungsbereich gegenüber der ursprünglichen Fassung des Übereinkommens.

Es ist nunmehr anwendbar auf Kernmaterial, das für friedliche Zwecke genutzt, gelagert oder befördert wird, sowie auf Kernanlagen, die für friedliche Zwecke genutzt werden jedoch unter der Voraussetzung, dass die Artikel 3, 4 sowie 5 Abs. 4 nur auf Kernmaterial während des internationalen Transports anzuwenden sind.

Der Geltungsbereich des Übereinkommens ist somit auf Tätigkeiten im Bereich der friedlichen Nutzung der Kernenergie beschränkt. Dies wird durch Absatz 5 der Bestimmung bekräftigt, der ausdrücklich festlegt, dass das Übereinkommen nicht für militärisch genutztes Kernmaterial und für militärisch genutzte Kernanlagen gilt.

Das Übereinkommen ist auf Nutzung, Lagerung und Beförderung von Kernmaterial im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates in allen ihren Formen anwendbar. Dies gilt auch, wie schon in der ursprünglichen Fassung des Übereinkommens, für die internationale Beförderung. Die endgültige Beseitigung (Entsorgung, Endlagerung) von Kernmaterial kann dagegen nicht unter die Begriffe "Nutzung", "Lagerung" und "Beförderung" von Kernmaterial subsumiert werden. Abfallentsorgung ist, sofern es sich nicht um eine vorübergehende Lagerung von Kernmaterialabfällen außerhalb von Kernanlagen handelt, insbesondere keine Lagerung von Kernmaterial. Die Zwischenlagerung und die Endlagerung werden jedoch über den Begriff "Kernanlage" erfasst. So wie dieser Begriff in Artikel 1 Buchstabe d bestimmt ist, erstreckt er sich ausdrücklich auf Anlagen zur "Lagerung oder endgültigen Entsorgung von Kernmaterial".

Absatz 2 legt den Grundsatz der Verantwortlichkeit des Vertragsstaates für die Errichtung, Durchführung und Aufrechterhaltung eines Systems des physischen Schutzes innerhalb seines Hoheitsbereichs fest. Diese Bestimmung regelt demnach nicht den Anwendungsbereich des Übereinkommens, sondern enthält einen die Vertragsstaaten verpflichtenden Grundsatz des physischen Schutzes, der in den weiteren Bestimmungen des Übereinkommens, insbesondere in Artikel 2 A, konkretisiert wird.

Absatz 3 enthält, wie bereits Artikel 2 Abs. 3 der ursprünglichen Fassung des Übereinkommens, eine allgemeine Unberührtheitsklausel zugunsten der souveränen Rechte der Vertragsstaaten. Absatz 4 konkretisiert diese Klausel im Hinblick auf bestimmte sonstige Rechte und Verpflichtungen oder Tätigkeiten, die anderen Regeln des Völkerrechts unterworfen sind. Buchstabe c des Absatzes stellt klar, dass das Übereinkommen keine Rechtfertigung der Anwendung oder Androhung von Gewalt gegen die friedliche Nutzung von Kernmaterial und Kernanlagen beinhaltet. Buchstabe d stellt zusätzlich klar, dass durch das Übereinkommen im Übrigen rechtswidrige Handlungen weder gerechtfertigt noch entschuldigt werden noch die strafrechtliche Verfolgung nach sonstigen Gesetzen verhindert wird.

Zu Nummer 6 (Artikel 2 A) (Hauptverpflichtungen der Vertragsstaaten)

Artikel 2 A enthält die Hauptverpflichtungen der Vertragsstaaten zur Erreichung der Übereinkommensziele und bildet das Herzstück des präventiven physischen Schutzes von Kernmaterial und Kernanlagen.

Die Bestimmung gliedert sich in vier Teile, die jeweils aufeinander aufbauen. Absatz 1 legt das für die Vertragsstaaten bindende Ziel fest. Absatz 2 bestimmt die Mittel, die anzuwenden sind, um dieses Ziel zu erreichen.

Absatz 3 verpflichtet die Vertragsstaaten, allerdings unter Einräumung von Ermessensspielräumen, bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen bestimmte Grundsätze anzuwenden.

Absatz 4 sieht Ausnahmen von den Verpflichtungen des Artikels vor.

Gemäß Absatz 1 sind die Vertragsstaaten verpflichtet, ein geeignetes System des physischen Schutzes für Kernmaterial und Kernanlagen unter ihrer Hoheitsgewalt in Kraft zu setzen und beizubehalten. Es muss ein "System" (englisch: "regime") geschaffen werden. Das bedeutet dass es im Regelfall nicht ausreicht, das Übereinkommen mit separaten Einzelvorschriften umzusetzen.

Das einzurichtende System muss im Hinblick auf die zu erreichenden Ziele "geeignet" (englisch: "appropriate") sein. Das kann bei den einzelnen Vertragsstaaten wegen unterschiedlicher Rechts- und Verwaltungstraditionen zu unterschiedlichen Systemen des physischen Schutzes führen. Die zu erreichenden und die Vertragsstaaten verpflichtenden Ziele des zu schaffenden Systems des physischen Schutzes sind in den Buchstaben a bis d des Absatzes 1 aufgeführt (englisch: "Physical Protection Objectives").

Die Buchstaben a und c verpflichten die Vertragsstaaten zu aktiven und passiven Schutzmaßnahmen gegen die rechtswidrige Aneignung von Kernmaterial und gegen Sabotageakte. Die Buchstaben b und d erfordern aktives Tätigwerden der Vertragsstaaten zur Lokalisierung und Wiederbeschaffung entwendeter Kernmaterialien und zur Milderung der radiologischen Folgen von Sabotageakten.

In Absatz 2 werden die Mittel vorgeschrieben, mit denen die Vertragsstaaten das geforderte System des physischen Schutzes erreichen sollen: Sie müssen einen Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug schaffen, Behörden mit klar umrissenen Zuständigkeiten bezeichnen oder einrichten und sonstige geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung physischen Schutzes treffen.

Absatz 3 verpflichtet die Vertragsstaaten, bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus den Absätzen 1 und 2 die in den Text des Absatzes aufgenommenen "Grundsätze des physischen Schutzes von Kernmaterial und Kernanlagen" anzuwenden, soweit dies sinnvoll und durchführbar ist.

Die Einbeziehung der Grundsätze in den operativen Teil des Übereinkommens gehörte zu den umstrittensten Fragen der Vertragsverhandlungen. Ihre Einbeziehung wurde jedoch für unverzichtbar gehalten, da das Übereinkommen ohne diese Grundsätze einer gemeinsamen Grundlage des physischen Schutzes entbehrt hätte. Die Grundsätze sind die komprimierte Zusammenfassung der internationalen Praxis des physischen Schutzes, wie sie insbesondere in dem IAEO-Dokument INFCIRC/ 225/Rev.4 (Corrected) beschrieben ist. Sie bilden eine in sich geschlossene Einheit. Sie wurden deshalb nicht in einzelne Vertragsbestimmungen aufgegliedert, sondern als ein Block und ohne sprachliche Anpassungen in das Übereinkommen übernommen.

Die Grundsätze sind ein Fremdkörper im operativen Teil des Übereinkommens. Sie sind nicht in normativer Sprache verfasst was ihre unmittelbare Anwendung erschwert. Manche Grundsätze wiederholen Verpflichtungen, die in dem Übereinkommen bereits enthalten sind (z.B. Grundsatz C "Rahmen für Gesetzgebung und Vollzug", Grundsatz D "Zuständige Behörde"), andere sind ungeeignet für die unmittelbare Umsetzung (Grundsatz F"Sicherungskultur", Grundsatz G "Bedrohung").

Aus diesen Gründen, aber insbesondere auch weil zahlreiche Staaten eine strikte Verpflichtung zur Anwendung der Grundsätze nicht wünschten, wurde der Anwendungsbefehl im Obersatz des Absatzes 3 nicht in zwingender Form formuliert, sondern zu einer Ermessensentscheidung gemacht. Die Grundsätze sind nur anzuwenden, soweit dies sinnvoll und durchführbar ist. Den Vertragsstaaten wird Flexibilität bei ihrer Anwendung im System des nationalen physischen Schutzes eingeräumt. Nationale Besonderheiten können berücksichtigt werden.

Absatz 4 räumt den Vertragsstaaten die Möglichkeit ein Kernmaterial von der Anwendung dieses Artikels auszunehmen und dieses nicht einem System des physischen Schutzes zu unterwerfen. Dabei sind Beschaffenheit, Menge und relative Attraktivität sowie die möglichen radiologischen und sonstigen Folgen eines unerlaubten Eingriffs und die aktuelle Bedrohungslage zu berücksichtigen.

Diese Stoffe sollen jedoch nach den Grundsätzen einer umsichtigen Betriebsführung geschützt werden.

Zu Nummer 7 (Artikel 5) (Internationale Zusammenarbeit)

Artikel 5 wurde vollständig neu gefasst, obwohl er wesentliche Teile des ursprünglichen Textes unverändert beibehält.

Gemäß Absatz 1 haben die Vertragsstaaten eine Verbindungsstelle für die in den Geltungsbereich des Übereinkommens fallenden Angelegenheiten zu bestimmen und den übrigen Vertragsstaaten bekannt zu geben.

Diese Stelle ist nicht notwendigerweise identisch mit der nach Artikel 2 A Abs. 2 Buchstabe b zu bestimmenden zuständigen Behörde. Während diese materielle Kompetenzen hat ist die Verbindungsstelle lediglich eine Anlaufstelle für die Vertragspartner ("point of contact") in Angelegenheiten des Übereinkommens; sie dient der schnellen und reibungslosen wechselseitigen Information.

In der Bundesrepublik Deutschland ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit mit dieser Aufgabe betraut.

Absatz 2 regelt die Art und Weise der Zusammenarbeit der Vertragsstaaten bei der Entwendung von Kernmaterial und bei einer glaubhaften Androhung einer Entwendung.

Der Absatz ist gegenüber der bisherigen Fassung des Übereinkommens unverändert geblieben.

Die internationale Zusammenarbeit bei Sabotageakten und bei der Androhung von Sabotageakten ist in einem neuen Absatz 3 geregelt. Die Buchstaben a und b des Absatzes legen Verpflichtungen zur Unterrichtung in Fällen der Androhung von Sabotage und der vollendeten Sabotage fest. Die Unterrichtung soll dazu beitragen, die Sabotage zu verhindern oder ihre Folgen zu mindern.

Vertragsstaaten, die um Unterstützung in den Fällen der Buchstaben a und b ersucht werden, treffen umgehend eine Entscheidung, ob sie diese gewähren werden (Buchstabe c). Die Koordinierung der Zusammenarbeit erfolgt auf diplomatischem oder anderem vereinbarten Wege (Buchstabe d).

Absatz 4 entspricht inhaltlich dem bisherigen Absatz 3.

Absatz 5 erweitert die Zusammenarbeit, die nach Absatz 4 bei der Gestaltung des Systems des physischen Schutzes für den internationalen Transport vorgesehen ist auf das Schutzsystem bei der innerstaatlichen Nutzung und Beförderung von Kernmaterial und bei Kernanlagen.

Zu Nummer 8 (Artikel 6) (Schutz von vertraulichen Informationen)

Artikel 6 Abs. 1 wurde ergänzt, ohne seinen Inhalt im Übrigen zu verändern. Die Bestimmung verpflichtet nunmehr Vertragsstaaten, die Informationen vertraulich an Nichtvertragsstaaten weitergeben, ebenso wie schon bisher bei einer solchen Weitergabe an internationale Organisationen, Schritte zu unternehmen, um sicherzustellen, dass die Vertraulichkeit solcher Informationen durch den Empfänger gewahrt wird. Informationen, die ein Vertragsstaat von einem anderen Vertragsstaat vertraulich erhalten hat, darf er Dritten nur mit vorheriger Zustimmung des anderen Vertragsstaats zur Verfügung stellen.

Zu Nummer 9 (Artikel 7 Abs. 1) (Straftaten)

Der Katalog der strafbaren Vorsatztaten in Artikel 7 Abs. 1 wurde erweitert.

Nach Buchstabe a ist auch das vorsätzliche Begehen einer Handlung ohne rechtmäßige Befugnis unter Strafe zu stellen, die in dem Empfang, dem Besitz, der Verwendung, Weitergabe, Veränderung, Beseitigung oder der Verbreitung von Kernmaterial besteht und die bedeutende Umweltschäden verursacht oder zu verursachen geeignet ist.

Diese Vorgaben sind vom deutschen Recht abgedeckt, insbesondere von § 328 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs (StGB), auch i. V. m. Artikel 2 des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 26. Oktober 1979 über den physischen Schutz von Kernmaterial (AtSchÜbkG).

Nach Buchstabe d ist das vorsätzliche Befördern, Versenden oder Verbringen von Kernmaterial in oder aus einem Staat ohne rechtmäßige Befugnis unter Strafe zu stellen. Auch diese Vorgabe ist vom geltenden deutschen Recht abgedeckt, insbesondere von § 328 Abs. 1 Nr. 1 StGB (auch i. V. m. Artikel 2 AtSchÜbkG). Tathandlung der Regelung in Buchstabe e ist die rechtswidrige Beeinträchtigung einer Kernanlage oder die rechtswidrige Beeinträchtigung des Betriebs einer Kernanlage. Die Tathandlung muss entweder mit dem Vorsatz erfolgen, bestimmte Schäden hervorzurufen, oder mit der Kenntnis, dass die Handlung geeignet ist, diese Schäden hervorzurufen.

Die Vorgaben sind durch eine Reihe von Strafvorschriften abgedeckt insbesondere §§ 211, 212, 226, 304, 305, 308, 309 Abs. 1, 2, 3 und 6, § 311 Abs. 1 Nr. 1 StGB (auch i. V. m. Artikel 2 AtSchÜbkG), §§ 316b und 324 StGB.

Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die Rechtsänderung zur Umsetzung des VN-Übereinkommens vom 13. April 2005 zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen: § 309 Abs. 6 StGB wurde um die Schutzgüter "Gewässer, Luft und Boden" sowie "Tiere und Pflanzen von bedeutendem Wert" erweitert (BGBl. 2007 I S. 2523).

Hinsichtlich der Erweiterung des (Drohungs-)Straftatbestandes in Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe g Nr. 1 um "Umweltschäden" und "die unter Buchstabe e beschriebene Straftat" wird ebenfalls kein Umsetzungsbedarf im deutschen Recht gesehen (vgl. § 126 Abs. 1 Nr. 2, 3, 6 und 7 StGB und § 129 Abs. 1 und 2 i. V. m. Abs. 3 StGB).

Die Erweiterung des Straftatbestandes in Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe g Nr. 2 ist insbesondere von §§ 240, 241 StGB abgedeckt.

Die Versuchsstrafbarkeit ist nach Artikel 7 Abs. 1 Bu c h - s t a b e h jetzt auch für Straftaten nach den Buchstaben d und e vorzusehen. Es besteht kein Umsetzungsbedarf, vgl. insbesondere § 309 Abs. 1, 2 und 3 StGB i. V. m. §§ 12, 23 StGB, § 309 Abs. 6 Satz 2 StGB, § 311 Abs. 2 StGB und § 328 Abs. 4 StGB.

Teilnahmehandlungen sind nach Artikel 7 Abs. 1 Bu c h - s t a b e i jetzt auch bei Straftaten nach den Buchstaben g und h zu bestrafen. Umsetzungsbedarf besteht nicht (§§ 26, 27 StGB).

Die Erweiterung des Straftatbestandes in Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe j ist durch § 25 Abs. 1 und 2 StGB und §§ 26 und 27 StGB abgedeckt.

Die Erweiterung von Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe k ist insbesondere durch §§ 126, 129, 129a Abs. 1 und 2 i. V. m. Abs. 5 StGB abgedeckt. Ergänzend ist auf die allgemeinen Vorschriften in § 25 Abs. 2 StGB und §§ 26, 27 StGB hinzuweisen.

Zu Nummer 10 (Artikel 11 A und 11 B) (Auslieferung in besonderen Fällen)

Der neue Artikel 11 A stellt sicher, dass keine der in Artikel 7 genannten Straftaten als politische Straftat angesehen werden darf, um so eine Auslieferung zu verhindern - etwa unter Berufung auf Artikel 3 des Europäischen Auslieferungsabkommens vom 13. Dezember 1957 (BGBl. 1964 II S. 1369; 1976 II S. 1778; 1982 I S. 2071; 1994 II S. 299). Demgegenüber ist gemäß Artikel 11(B) kein Vertragsstaat zur Auslieferung verpflichtet, wenn er ernstliche Gründe zu der Annahme hat, dass ein auf das Übereinkommen gestützter Auslieferungsantrag nur gestellt wurde, um die Person wegen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer ethnischen Herkunft oder ihrer politischen Ansichten zu verfolgen.

Zu Nummer 11 (Artikel 13 A) (Weitergabe von Kerntechnologie für friedliche Zwecke)

Der neue Artikel stellt klar, dass das Übereinkommen die Weitergabe von Kerntechnologie für friedliche Zwecke, die der Stärkung des physischen Schutzes dienen soll, unberührt lässt. Diese Unberührtheitsklausel ist eine Folge des unveräußerlichen Rechts aller Staaten, die Kernenergie für friedliche Zwecke zu nutzen, wie es im Nichtverbreitungsvertrag niedergelegt ist.

Zu Nummer 12 (Artikel 14 Abs. 3) (Beschränkte Mitteilungspflicht)

Der unveränderte Absatz 2 des Artikels 14 regelt eine Unterrichtung der Vertragsstaaten über den Ausgang einschlägiger Strafverfahren. Absatz 3 sah bisher bereits eine Ausnahme von dieser Mitteilungspflicht vor, wenn sich eine Straftat auf für friedliche Zwecke genutztes Kernmaterial während der innerstaatlichen Nutzung, Lagerung oder Beförderung bezog und sowohl die verdächtige Person als auch das Kernmaterial in dem Vertragsstaat, in dem die Straftat begangen wurde, verblieben.

Die Neufassung des Artikels 14 Abs. 3 passt die Bestimmung an den erweiterten Anwendungsbereich des Übereinkommens an und erstreckt die Ausnahme von der Mitteilungspflicht auch auf Straftaten, die sich auf Kernanlagen im Sinne von Artikel 1 Buchstabe d beziehen.

Zu Nummer 13 (Artikel 16) (Überprüfungskonferenzen)

Fünf Jahre nach Inkrafttreten der Änderung beruft der Verwahrer eine Vertragsstaatenkonferenz ein, um zu überprüfen ob die Änderung umgesetzt wurde und ob sie zweckdienlich ist. In der Folge kann die Mehrheit der Vertragsstaaten in Zeitabständen von mindestens fünf Jahren über den Verwahrer weitere Überprüfungskonferenzen erwirken.

Zu Nummer 14 (Fußnoten b) und e) des Anhangs II)

Die Neufassung der Fußnoten b) und e) des Anhangs II dient der Anpassung der Maßeinheit an das internationale Einheitensystem, das über das "Bureau International des Poids et Mesures" festgelegt wurde. Die Maßeinheit entspricht somit auch den Festlegungen der Ausführungsverordnung zum Gesetz über Einheiten im Messwesen vom 13. Dezember 1985. Die Angabe der Werte in der bisher verwendeten Einheit "rad/h" wurde zusätzlich in Klammern beibehalten, wodurch erkennbar bleibt, dass es sich nur um eine Änderung der Maßeinheit und nicht um eine Änderung des Wertes handelt.

Anlage zur Denkschrift
Konferenz zur Erörterung und Annahme von Änderungsvorschlägen zum Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial

Schlussakte Wien, 4. bis 8. Juli 2005

Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten ihre Unterschrift unter diese Schlussakte gesetzt.

Geschehen zu Wien am 8. Juli 2005

Bericht des Gesamtausschusses

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
Gesetz zu der Änderung zum Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des Gesetzes zu der Änderung zum Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem vorliegenden Entwurf werden keine Informationspflichten für Unternehmen,

Bürger und Verwaltung eingeführt, geändert oder aufgehoben.

Der Nationale Normenkontrollrat hat daher im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Bachmaier
Vorsitzender und Berichterstatter Berichterstatter