Gesetzesantrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen

A. Problem und Ziel

Das Gesundheitswesen weist - nicht zuletzt aufgrund struktureller Besonderheiten ein breites Feld korruptionsgefährdeter Beziehungen auf, die nur punktuell durch die geltenden strafrechtlichen Regelungen erfasst werden können.

Gerade in jüngerer Zeit sind auf dem Bereich des Gesundheitsmarktes zunehmend Formen der unzulässigen Einflussnahme und auf die Erlangung regelwidriger Vorteile abzielende Kooperationen in das Blickfeld der Strafverfolgungsbehörden geraten.

Zu nennen sind hier insbesondere Fälle, in denen Absprachen zur Vergütung einer Patientenzuführung festgestellt werden konnten. Hier wird der Nehmer (Angehöriger eines Heilberufs) von der Geberseite dafür belohnt, dass er für die Abnahme gerade ihrer auf Gesundheitsfürsorge ausgerichteten Dienst- oder Sachleistungen durch die zu behandelnden Patienten sorgt. Von Bedeutung sind überdies Vereinbarungen zwischen Arzneimittelunternehmen und Ärzten, die darauf abzielen, dass die das Arzneimittel eines bestimmten Herstellers verschreibenden Ärzte für die Verschreibung ein Entgelt in Form eines Rabattes, einer Rückzahlung, eines Kick-Backs oder einer sonstigen Vergünstigung erhalten. Eine solche Fallkonstellation lag auch der Grundsatzentscheidung des Großen Senats für Strafsachen vom 29. März 2012 (BGH - GrS - St 57, 202) zugrunde.

Der Bundesgerichtshof hat insoweit entschieden, dass ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei der Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben weder als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB noch als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkasse im Sinne des § 299 StGB handelt. Damit blieb nicht nur das Handeln des die Prämien entgegen nehmenden Arztes, sondern auch das Handeln der den Vorteil gewährenden Pharmareferentin eines Arzneimittelunternehmens im Ergebnis straflos.

Die von dem Bundesgerichtshof für den konkreten Fall konstatierten Strafbarkeitslücken gelten in weitem Umfang für vergleichbare korruptionsartige Beziehungen auf dem Gesundheitsmarkt. Während die Straftatbestände der Vorteilsannahme und der Bestechlichkeit gemäß §§ 331, 332 StGB an das Handeln eines Amtsträgers anknüpfen, werden von dem Straftatbestand der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 Abs. 1 StGB nur "Angestellte oder Beauftragte eines geschäftlichen Betriebes" erfasst. Damit können sich namentlich freiberuflich auf dem Gesundheitsmarkt Tätige, etwa niedergelassene Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte oder Apotheker, nicht nach diesen Vorschriften strafbar machen. In der Folge unterfällt auch die Geberseite (Aktivseite der Bestechung) nicht dem geltenden Korruptionsstrafrecht. Nachdem die sonstigen Strafvorschriften, insbesondere Betrug ( § 263 StGB) und Untreue (§ 266 StGB), die Strafbarkeitslücken nur im Einzelfall zu schließen vermögen, bleibt korruptives Handeln im Gesundheitswesen in erheblichem Umfang straflos. Zudem führt die unterschiedliche strafrechtliche Sanktionierung von beispielsweise Klinikärzten im Vergleich zu freiberuflich tätigen Ärzten zu einer mit Blick auf die zu schützenden Rechtsgüter und Interessen fragwürdigen Ungleichbehandlung. Während erstere auf der Grundlage der Regelungen in §§ 299, 331, 332 StGB für korruptives Handeln strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden können, scheidet für letztere eine Strafbarkeit nach diesen Vorschriften von vornherein aus.

Dies erscheint nicht akzeptabel. Es handelt sich gleichermaßen um sozialschädliches Verhalten, das - zumal angesichts des Stellenwerts, welcher der medizinischen Versorgung in einer Gesellschaft zukommt - einer effektiven Verhinderung und Bekämpfung auch durch das Strafrecht bedarf. Bereits die bloße Möglichkeit, dass durch regelwidrige Zuwendungen die wirtschaftlichen Interessen von Angehörigen eines Heilberufs in eine sachwidrige Konkurrenz zu dem Wohl des Patienten treten, kann nicht hingenommen werden. Die Sachlichkeit und Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen und damit verbunden das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Ärzte und gleichstehender Heilberufe ist auch mit den Mitteln des Strafrechtsschutzes sicherzustellen. Daneben sollen sowohl Mitbewerber als auch die Allgemeinheit sichergehen können, dass Entscheidungen von Angehörigen der Heilberufe nicht unlauteren, nicht offenbarten Einflüssen ausgesetzt werden, die zu Gunsten eines am Markt Beteiligten zu einer wettbewerbsverfälschenden und häufig auch das Gesundheitssystem finanziell (mehr)belastenden Bevorzugung führen.

B. Lösung

Der Entwurf sieht als zentrale Änderung die Einfügung eines neuen Straftatbestandes der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen (§ 299a StGB-E) vor. Daneben wird die Regelung zu den besonders schweren Fällen in § 300 StGB auch auf die neuen Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen erstreckt und ein weiteres, auf die Herbeiführung von Gesundheitsgefahren bezogenes Regelbeispiel angefügt. Die bisherige Regelung zur Vermögensstrafe und zum Erweiterten Verfall in § 302 StGB wird durch Streichung der Bezugnahme auf die Vermögensstrafe der aktuellen Rechtslage angepasst und ebenfalls auf die neue Vorschrift des § 299a StGB-E erstreckt.

Sofern für die Aburteilung der Tat gemäß § 299a StGB-E die Zuständigkeit des Landgerichts begründet ist, werden die Strafverfahren wegen Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen durch Ergänzung des Gerichtsverfassungsgesetzes bei der Wirtschaftsstrafkammer konzentriert.

Der Entwurf entwickelt damit den der Diskontinuität anheimgefallenen Gesetzentwurf des Bundesrates vom 5. Juli 2013, "Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen (... StrÄndG)", BR-Drs. 451/13(B) HTML PDF , fort, indem er zwar an dessen grundsätzlichen Regelungsansatz anknüpft, aber abweichend davon u.a.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

I. Bund

Für den Bund entstehen weder Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand noch nennenswerter Aufwand beim Vollzug.

II. Länder und Kommunen

Die vorgeschlagenen Erweiterungen der Strafbarkeit werden zu einem Mehraufwand bei der Strafjustiz und der Polizei führen, der allerdings nicht sicher abgeschätzt werden kann.

E. Sonstige Kosten

Der Wirtschaft und den sozialen Sicherungssystemen entstehen

Keine. Kosten. Auswirkungen des Gesetzes auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

F. Bürokratiekosten

Für Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger sowie die Verwaltung werden

Keine. Informationspflichten eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.

Gesetzesantrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen

Der Bayerische Ministerpräsident München, 13. Januar 2015

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Volker Bouffier

Sehr geehrter Herr Präsident,
gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung übermittle ich den als Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen mit dem Antrag, dass der Bundesrat diesen gemäß Artikel 76 Absatz 1 GG im Bundestag einbringen möge.

Ich bitte, den Gesetzentwurf unter Wahrung der Rechte aus § 23 Absatz 3 in Verbindung mit § 15 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates gemäß § 36 Absatz 2 GOBR auf die Tagesordnung der 930. Sitzung am 6. Februar 2015 zu setzen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Horst Seehofer

Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuchs

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

2. Nach § 299 wird folgender § 299a eingefügt:

" § 299a Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen

3. § 300 wird wie folgt gefasst:

" § 300 Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr und im Gesundheitswesen

In besonders schweren Fällen wird eine Tat nach den §§ 299 und 299a mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

4. § 302 wird wie folgt gefasst:

" § 302 Erweiterter Verfall

In den Fällen der §§ 299 und 299a ist § 73d anzuwenden, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat."

Artikel 2
Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

In 74c Absatz 1 Satz 1 Nummer 5a des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird das Wort "sowie" durch ein Komma ersetzt und werden nach den Wörtern "geschäftlichen Verkehr" die Wörter "sowie der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen" angefügt.

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung des Entwurfs

Der Gesundheitsmarkt ist ein stark regulierter Markt, der aufgrund seiner strukturellen Besonderheiten in besonderem Maße die Gefahr normabweichenden und zugleich schädigenden Verhaltens begründet. Bereits die Vielzahl und die Interessenlage der Beteiligten, das komplexe Verhältnis, in dem diese Beteiligten zueinander stehen, die Intransparenz der Kosten und auch die Höhe der zu verteilenden finanziellen Mittel stellen kriminogene Faktoren dar. Ein Markt, in dem jährlich mehr als 200 Milliarden Euro umgesetzt werden, der zudem maßgeblich geprägt ist von stetig wachsendem Kostendruck, unübersichtlichen und teilweise veralteten Gebührenordnungen und sich ständig ändernden rechtlichen Rahmenbedingungen, bietet geradezu einen Nährboden für strafrechtlich relevante Sachverhalte (vgl. Badle, in: Duttge, Tatort Gesundheitsmarkt, 2011, S. 28, 29). Unklare, unsinnige, zu komplizierte oder widersprüchliche sowie lückenhafte Normen, ungerechte Regelungen, aber auch unzureichende Kontrolle fördern und schaffen Tatgelegenheiten (vgl. Steinhilper, GesR 2010, 398, 400).

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber die Ärzteschaft hier in weitem Umfang zum Nachfragedisponenten für Wirtschaftsunternehmen eingesetzt hat. Durch die Statuierung von Arztvorbehalt ( § 15 SGB V) und Verschreibungspflicht ( § 48 AMG) hat der Gesetzgeber die Ärzteschaft für zahlreiche andere Akteure zur Schlüsselfigur des Absatzmarktes Gesundheitswesen gemacht und ihr damit eine erhebliche Entscheidungsmacht anvertraut (vgl. Geiger, NK 2013, 136, 144: Arzt als "gatekeeper"; Murmann, in: Duttge, Tatort Gesundheitsmarkt, 2011, S. 109, 113). Entsprechend groß ist die Gefahr unzulässiger Formen der Einflussnahme auf diese und das Risiko drittschädigender Kooperationen zwischen Ärzten und anderen Leistungserbringern auf dem Gesundheitsmarkt. Namentlich in der Arzt-Patienten-Beziehung besteht eine hohe Dominanz des Arztes bei der Frage der richtigen Behandlung sowie der Verordnung des richtigen Arznei-, Therapie- und Rehabilitationsmittels. So sind beispielsweise die orthopädietechnischen Betriebe und Sanitätshäuser wirtschaftlich in erheblichem Ausmaß von den Verordnungen der Ärzte abhängig, da sie den Großteil ihrer Umsätze mit ärztlichen Verordnungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung tätigen. Solche asymmetrischen Markt- und Kräfteverhältnisse begünstigen korruptive Beziehungen. Die zentrale Stellung der Ärzteschaft gilt auch gegenüber den Herstellern von Pharmaprodukten. Letztgenannten dürfen beispielsweise verschreibungspflichtige Arzneimittel dem Patienten direkt weder anbieten noch durch Werbung anpreisen (vgl. § 10 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz); sie konzentrieren ihre werblichen Anstrengungen für pharmazeutische Produkte daher auf die Fachkreise, insbesondere die Ärzte und Apotheker, in deren Händen die Verschreibung bzw. Abgabe ihrer Produkte liegt.

Auch die Bedingungen am Markt begünstigen Versuche, auf das Verhalten anderer Marktteilnehmer unlauter einzuwirken. So wird nicht selten konstatiert, dass der Gesundheitsmarkt in Deutschland ein weitgehend gesättigter Markt sei, bei dem es eine Unterversorgung an Arznei- und Hilfsmitteln nicht gebe, und es daher schwierig sei, quantitatives Wachstum zu erzielen (s. etwa Martiny, in: Duttge, Tatort Gesundheitsmarkt, 2011, S. 15, 18). Hinzu komme ein Mangel an Qualitätswettbewerb, der zu einem undurchsichtigen Übermaß an Marketing und Lobbying führe. Namentlich die verstärkte internationale Verflechtung der Pharmaunternehmen und der Abbau von Forschungsprojekten zum Zwecke der firmeninternen Kosteneinsparung bewirken einen Mangel an Innovationen. Das Marketing kann sich kaum noch auf qualitative Unterschiede der Produkte stützen. Im Bereich des Gesundheitswesens lässt sich daher in den vergangenen Jahren eine erhebliche progressive Wettbewerbsintensivierung verzeichnen (vgl. Martiny a.a. O. S. 23; N. Nestler, JZ 2009, 984, 989), die es nahe legen kann, sich zum eigenen Vorteil regelwidriger Formen des Wettbewerbs zu bedienen.

Allerdings kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, die Zusammenarbeit der im Gesundheitswesen handelnden Personen unter einen Generalverdacht zu stellen oder pauschal durch weitreichende strafrechtliche Regelungen zu sanktionieren. Kooperationen und eine Zusammenarbeit zwischen Industrie, medizinischen Einrichtungen und Angehörigen der Heilberufe sind insbesondere aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen notwendig und auch forschungs- und gesundheitspolitisch erwünscht (vgl. etwa zu Kooperationen bei der sektorenübergreifenden Versorgung im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung §§ 11 Abs. 4 S. 2, 39 Abs. 1 S. 4, 39a Abs. 2 S. 2, 116b Abs. 4 S. 9-11 SGB V; ferner § 87 Abs. 2c SGB V für Arztnetzwerke). Namentlich die medizinische Forschung und die Weiterentwicklung von Arzneimitteln und Medizinprodukten erfordert zwingend eine enge Zusammenarbeit der Industrie mit medizinischen Einrichtungen und Ärzten. Aber auch sonst kann es vielfältige sachlich gerechtfertigte Gründe für eine (dauerhafte) Zusammenarbeit auf dem Gesundheitsmarkt geben.

Gleichwohl lässt sich angesichts der vorstehend skizzierten Verhältnisse im Gesundheitswesen feststellen, dass jedenfalls ein erhöhtes Risiko für Zuwendungen besteht, die in unzulässiger Weise auf das Verhalten der Entscheidungsträger im Gesundheitswesen Einfluss zu nehmen versuchen. Diesen Gefahren korruptiver Handlungsformen versuchen vielfältige Regelungen wie auch Bemühungen zur Prävention zu begegnen. So sind etwa die Kassenärztlichen Vereinigungen und die gesetzlichen Krankenkassen zur Einrichtung von Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen verpflichtet, die beim Verdacht von Fehlverhalten die Staatsanwaltschaft zu unterrichten haben (§§ 81a, 197a SGB V). Darüber hinaus ist in der Vergangenheit eine Vielzahl von Initiativen entwickelt worden, um die zulässigen Kooperationsformen zwischen Arzt und Industrie klarer zu fassen und aus dem Strafrechtsbereich eindeutig fernzuhalten. Von einzelnen Vereinen, wie etwa "Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V." oder "Arzneimittel und Kooperation im Gesundheitswesen e.V.", wurden Verhaltensvorgaben für die Mitgliedsunternehmen sowie Verfahrensordnungen und sanktionsbefugte Schiedsgerichte eingeführt. Von besonderer Bedeutung sind verschiedene Regelungen im Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung sowie in den einschlägigen Berufsordnungen der akademischen ("verkammerten") Heilberufe, die Zuwendungen und andere Formen der regelwidrigen Einflussnahme verbieten. So untersagen die Berufsordnungen für Ärzte zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit in der Zusammenarbeit mit Dritten bestimmte Formen der Kooperation. Verboten sind insbesondere die Annahme geldwerter Leistungen für die bevorzugte Verordnung von Arznei-, Hilfsmitteln oder Medizinprodukten sowie übermäßige Zuwendungen im Rahmen vertraglicher Zusammenarbeit (vgl. §§ 31 bis 33 Musterberufsordnung [MBO]-Ärzte; § 2 Abs. 7 und 8 MBO-Zahnärzte; § 12 Abs. 8 MBO-Tierärzte; § 5 Abs. 7 MBO-Psychotherapeuten; für Apotheker vgl. §§ 10, 11 ApoG und z.B. § 11 Abs. 2 der Bayerischen Berufsordnung für Apothekerinnen und Apotheker). Im Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung normiert § 73 Abs. 7 SGB V das ausdrückliche Verbot, sich für die Zuweisung von Patienten Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. Ergänzend erklärt § 33 Abs. 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte Berufsausübungsgemeinschaften für unzulässig, die der Umgehung dieses Verbots dienen. Auch § 128 SGB V regelt Zuwendungsverbote und Formen unzulässiger Zusammenarbeit zwischen Vertragsärzten und anderen Leistungserbringern namentlich mit Blick auf die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln. Durch die Statuierung, Wiederholung und Präzisierung gesetzlicher Verbote verspricht sich der Gesetzgeber präventive Wirkungen.

Ungeachtet dieser anerkennenswerten Bemühungen um Kontrolle, Prävention und Transparenz sind in der Vergangenheit zunehmend Formen der unzulässigen Einflussnahme und auf die Erlangung regelwidriger Vorteile abzielende Kooperationen in das Blickfeld der Strafverfolgungsbehörden geraten.

Zu nennen sind hier insbesondere Fälle, in denen Absprachen zur Vergütung einer Patientenzuführung festgestellt werden konnten. Hier wird der Nehmer (Arzt, Angehöriger eines Heilberufs) von der Geberseite dafür belohnt, dass er für die Abnahme gerade ihrer medizinischen oder sonst auf Gesundheitsfürsorge ausgerichteten Dienst- oder Sachleistung durch die zu behandelnden Patienten sorgt (vgl. Kölbel, wistra 2009, 129: medizinische "Kopfgeld"-Praxis). So stehen etwa die offenen oder verdeckten "Zuweisungsprämien", die niedergelassene Ärzte von anderen Ärzten, Kliniken, Laboren, Sanitätshäusern oder Gesundheitshandwerkern für die Zuleitung von "Fällen" erhalten, exemplarisch für diesen Bereich (vgl. Schneider/Gottschaldt, wistra 2009, 133 ff.; Lindemann, in: Lindemann/Ratzel, Brennpunkte des Wirtschaftsstrafrechts im Gesundheitswesen, 2010, S. 9, 12 ff.; Kölbel, NStZ 2011, 195, 197 f.; ders., in: Duttge, Tatort Gesundheitsmarkt, 2011, S. 87, 89).

Zu nennen sind auch Formen, in denen Vertragsärzte entgegen § 128 Abs. 2 S. 1 SGB V direkt in den Hilfsmittelvertrieb integriert werden und Kooperationsformen zur Umgehung dieses Vertriebsbeteiligungsverbots (sozialrechtlich untersagt nach § 128 Abs. 2 S. 3 SGB V). Unzulässige Zuwendungsbeziehungen können darüber hinaus auch zwischen Apothekern und Ärzten bestehen, so etwa mit Blick auf die Zuführung von Patienten oder die Zuweisung von Verschreibungen entgegen § 11 Abs. 1 ApoG (vgl. auch den Fall des OLG Braunschweig, NStZ 2010, 392).

Von besonderer praktischer Bedeutung sind ferner Fälle des so genannten "Pharmamarketings", bei denen es um Aktivitäten geht, mit denen die Arzneimitteldistribution unterstützt werden soll. Hierunter fallen beispielsweise Rabatte der Arzneimittelhersteller an Apotheken, um den Absatz bestimmter (teurerer) Arzneimittel zu fördern (vgl. Schneider-Danwitz, jurisPK-SGB V, 2008, § 197a Rn. 23 m.w.N.; hierzu und zum Verstoß gegen § 10 ApoG auch KG, MedR 2013, 373 m. Anm. Meyer, PharmR 2013, 39).

Zu nennen sind auch Aktivitäten, mit denen die Arzneimittelhersteller das Verschreibungsverhalten der Ärzte zu Gunsten der eigenen Produkte zu beeinflussen suchen. Das kann unter dem Deckmantel so genannter Anwendungsbeobachtungen (vgl. § 67 Abs. 6 S. 1 AMG) geschehen, also Studien, die der systematischen Sammlung von Kenntnissen und Erfahrungen dienen, die bei der Anwendung eines bestimmten Arzneimittels gemacht werden. Sobald die Arzneimittelhersteller den Ärzten ein Honorar zahlen, das den Wert der eigenen Leistung, namentlich des Dokumentationsaufwandes, klar übersteigt, liegt es wenigstens nahe, dass dies auf das Verschreibungsverhalten einwirken und den Arzt zum Einsatz des betreffenden Medikaments motivieren soll (vgl. Krüger, StraFo 2012, 308, 310 f.; Kölbel, in: Duttge, Tatort Gesundheitsmarkt, 2011, S. 87, 90 f.; Schneider/Strauß, HRRS 2011, 333 ff.; Böse/Mölders, MedR 2008, 585 ff.). Eingedenk dieser Risiken bestimmt § 67 Abs. 6 S. 3 AMG ausdrücklich, dass Art und Höhe der Entschädigungen, die an Ärzte für ihre Beteiligung an solchen Untersuchungen geleistet werden, so zu bemessen sind, dass kein Anreiz für eine bevorzugte Verschreibung oder Empfehlung bestimmter Arzneimittel entsteht (berufsrechtlich flankiert durch § 33 MBO-Ärzte). Generell geht es hier um Vereinbarungen zwischen Arzneimittelunternehmen und Ärzten, die letztlich zum Gegenstand haben, dass der das Arzneimittel eines bestimmen Herstellers verschreibende Arzt für diese Verschreibung ein Entgelt in Form eines Rabattes, einer Rückzahlung, eines Kick-Backs oder einer sonstigen Vergünstigung erhält.

Eine solche Fallkonstellation lag auch der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen vom 29. März 2012 (BGH - GrS - St 57, 202) zugrunde: Hier hatte eine bei einem Pharmakonzern im Außendienst angestellte Pharmareferentin unter der Bezeichnung "Verordnungsmanagement" ein Prämiensystem für die ärztliche Verordnung von Medikamenten aus ihrem Vertrieb praktiziert. Danach sollte der verschreibende Vertragsarzt 5 % der Herstellerabgabepreise als Prämie dafür erhalten, dass er Arzneimittel des Unternehmens verordnete. Die Zahlungen wurden als Honorar für fiktive wissenschaftliche Vorträge ausgewiesen. Der Bundesgerichtshof hatte hier entschieden, dass ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassener Arzt bei der Wahrnehmung der ihm in diesem Rahmen übertragenen Aufgaben (§ 73 Abs. 2 SGB V, hier: Verordnung von Arzneimitteln) weder als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB noch als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB handelt. Damit blieb nicht nur das Handeln des die Prämien entgegen nehmenden Arztes, sondern auch das der Pharmareferentin im Ergebnis straflos. Das Unbehagen des Bundesgerichtshofs über dieses Ergebnis lässt sich den abschließenden - rechtspolitisch motivierten Ausführungen unmissverständlich entnehmen (BGHSt 57, 202, 217 f.):

"Vor dem Hintergrund der seit längerem im strafrechtlichen Schrifttum geführten Diskussion sowie im Hinblick auf gesetzgeberische Initiativen (vgl. dazu etwa BT-Drucks. 17/3685) zur Bekämpfung korruptiven Verhaltens im Gesundheitswesen verkennt der Große Senat für Strafsachen nicht die grundsätzliche Berechtigung des Anliegens, Missständen, die - allem Anschein nach - gravierende finanzielle Belastungen des Gesundheitssystems zur Folge haben, mit Mitteln des Strafrechts effektiv entgegenzutreten. Die Anwendung bestehender Strafvorschriften, deren Tatbestandsstruktur und Wertungen der Erfassung bestimmter Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der Erbringung von Gesundheitsleistungen nach den Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung als strafrechtlich relevant entgegenstehen, auf der Grundlage allein dem Gesetzgeber vorbehaltener Strafwürdigkeitserwägungen ist der Rechtsprechung jedoch versagt."

Die von dem Bundesgerichtshof für den entschiedenen Fall konstatierten Strafbarkeitslücken gelten in weitem Umfang auch für die anderen oben aufgeführten Fallgestaltungen und zwar unabhängig davon, ob der Bereich der Gesetzlichen oder der privaten Krankenversicherung, des öffentlichen oder privaten Gesundheitsbereichs betroffen ist. Namentlich freiberuflich tätige Ärzte, seien sie vertrags- oder privatärztlich tätig, unterfallen auf Nehmerseite nicht den korruptionsstrafrechtlichen Vorschriften. Sie stellen weder Amtsträger im Sinne der Straftatbestände der Vorteilsannahme und der Bestechlichkeit gemäß §§ 331, 332 StGB dar, noch handeln sie als Angestellte oder Beauftragte im Sinne des Straftatbestands der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 Abs. 1 StGB. Demgegenüber werden verbeamtete oder angestellte Klinikärzte in Krankenhäusern mit öffentlichrechtlicher Trägerschaft als Amtsträger von den Regelungen der §§ 331 ff. StGB erfasst. Soweit angestellte Ärzte, z.B. in privat betriebenen Krankenhäusern, regelwidrig Vorteile annehmen, kommt der Tatbestand der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 Abs. 1 StGB) in Betracht.

Soweit Ärzte und andere Angehörige der Heilberufe keine tauglichen Täter von korruptionsstrafrechtlichen Regelungen auf Nehmerseite sind, kann auch die Geberseite (z.B. Pharmaunternehmen, Gesundheitshandwerker, Sanitätshäuser) der insoweit spiegelbildlich ausgestalteten Straftatbestände nicht strafrechtlich sanktioniert werden. Schließlich werden die durch das geltende Korruptionsstrafrecht gelassenen Lücken häufig auch durch andere Strafnormen, insbesondere Betrug (§ 263 StGB) oder Untreue (§ 266 StGB), nicht geschlossen. Damit lässt sich festhalten, dass das Gesundheitswesen zwar ein breites Feld korruptionsgefährdeter Beziehungen aufweist, diese Beziehungen namentlich in ihren vielfältigen Formen des so genannten "Pharmamarketings" und der Vergütung für "Patientenzuführungen", nach geltendem Recht aber in nicht unerheblichem Umfang straflos bleiben. Zudem führt die unterschiedliche strafrechtliche Sanktionierung von beispielsweise Klinikärzten im Vergleich zu freiberuflich tätigen Ärzten zu einer mit Blick auf die zu schützenden Rechtsgüter und Interessen fragwürdigen Ungleichbehandlung. Während erstere auf der Grundlage der Regelungen in §§ 299, 331, 332 StGB für korruptives Handeln strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden können, scheidet für letztere eine Strafbarkeit nach diesen Vorschriften von vornherein aus.

Dies erscheint nicht akzeptabel. Es handelt sich gleichermaßen um sozialschädliches Verhalten, das - zumal angesichts des Stellenwerts, der der medizinischen Versorgung in einer Gesellschaft zukommt - einer effektiven Verhinderung und Bekämpfung durch das Strafrecht bedarf. Diesem Ziel dienen die vorgeschlagenen Regelungen, deren Kern die Schaffung eines neuen Straftatbestandes der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen ist (§ 299a StGB-E). Hierdurch sollen strafwürdige und strafbedürftige Formen vorteilsmotivierter Zuwendungsbeziehungen in einer klaren, auf die Verhältnisse im Gesundheitswesen abgestimmten Regelung unter Strafe gestellt werden. Entsprechend seiner Verortung im Abschnitt über die "Straftaten gegen den Wettbewerb" schützt § 299a StGB-E namentlich den Wettbewerb auf dem Gesundheitsmarkt. Sowohl Mitbewerber als auch die Allgemeinheit sollen sichergehen können, dass Entscheidungen der Angehörigen der Heilberufe nicht unlauteren, nicht offenbarten Einflüssen ausgesetzt werden, die zu Gunsten eines am Markt Beteiligten zu einer wettbewerbsverfälschenden Bevorzugung führen. Dabei wird gerade auch der Marktzugang von Mitbewerbern geschützt und diejenigen Mitbewerber vor Nachteilen bewahrt, die sich rechtstreu verhalten und einem strengen Compliance- bzw. Antikorruptions-Regime unterwerfen. Entsprechende Bemühungen werden durch die vorgeschlagene Strafbewehrung unterstützt, so dass auch damit zu rechnen ist, dass die bei den Marktteilnehmern in Folge von Wettbewerbsverfälschungen entstehenden Schäden abnehmen und korruptionsbedingte Fehlallokationen von finanziellen Mitteln vermindert werden (vgl. Kubiciel, KPKp 5/2014, S. 3 f.). Letztlich wird dadurch auch die im Interesse der Allgemeinheit bestehende und mit Blick auf den Austausch von Waren und Dienstleistungen staatlich weitgehend reglementierte Struktur des Gesundheitswesens geschützt.

Im Zentrum eines strafrechtlichen Schutzes steht vor allem aber auch der Gedanke der Sachlichkeit und Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen und damit verbunden das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Ärzte und gleichstehender Heilberufe. Korruptive Verhaltensweisen untergraben das für jede Behandlung erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Angehörigem eines Heilberufs und können zudem die Qualität und die Wirtschaftlichkeit der Behandlung beeinträchtigen. Insbesondere bei der Beeinflussung des ärztlichen Verschreibungsverhaltens durch namhafte Zuwendungen oder Rückvergütungen von Pharmaunternehmen liegt es auf der Hand, dass durch die Orientierung an solchen Vorteilen eine pflichtwidrige Begünstigung eines Unternehmens betrieben wird. Dies erscheint in einem Lebensbereich besonders verwerflich, in dem die Gefahr besteht, dass die wirtschaftlichen Interessen des Arztes in eine sachwidrige Konkurrenz zu dem Wohl des Patienten treten (zutreffend Murmann, in: Duttge, Tatort Gesundheitsmarkt, 2011, S. 109, 112). Der medizinische Sachverstand und die damit einhergehenden Beurteilungsspielräume werden zuvörderst durch die Ärzte ausgefüllt. Diese stellen die Diagnose und treffen in Abstimmung mit den Patienten die medizinisch erforderlichen Entscheidungen. Sie handeln dabei für ihre Patienten, die sie sachkundig zu beraten und dadurch in die Lage zu versetzen haben, ihr Selbstbestimmungsrecht hinsichtlich der Behandlung auszuüben. Schon die bloße Möglichkeit, dass das Beratungsund Entscheidungsverhalten des Arztes oder eines gleichstehenden Angehörigen eines Heilberufs durch den Erhalt von Zuwendungen Dritter und nicht von medizinischen bzw. heilfürsorgerischen Erwägungen geleitet ist, begründet Gefahren für den besonders sensiblen Bereich des Gesundheitsschutzes und erscheint geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in eine qualitativ hochwertige, ausschließlich am heilfürsorgerischen Auftrag orientierte Gesundheitsversorgung zu erschüttern.

Mittelbar werden durch die vorgesehenen Regelungen auch die Vermögensinteressen der Wettbewerber sowie die Solidargemeinschaft der Versicherten vor finanziellen Mehrbelastungen geschützt. Denn wenn sich Entscheidungen allein an medizinischsachlichen Notwendigkeiten orientieren, unterbleiben Verzerrungen durch wirtschaftliche Eigeninteressen der handelnden Akteure und dadurch hervorgerufene Schädigungen des Gesundheitssystems. Gerade für den Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung werden insoweit hohe Schäden geltend gemacht, die durch korruptionsartige Beziehungen auf dem Gesundheitsmarkt verursacht werden (vgl. Duttge, in: Duttge, Tatort Gesundheitsmarkt, 2011, S. 3, 6 unter Bezugnahme auf Berechnungen bei European Healthcare Fraud and Corruption Network, The European Healthcare and Corruption Directory, 2005; Gee/Button/Brooks, Counter fraud: The financial cost of Healthcare fraud, 2009; ferner BGHSt 57, 202, 218:

"allem Anschein nach gravierende finanzielle Belastungen des Gesundheitssystems"; krit. zur Höhe der angeführten Schadenssummen Schneider, HRRS 2013, 473, 478). Der Umstand, dass sich die Gesetzliche Krankenversicherung weit überwiegend aus den Pflichtbeiträgen der Versicherten finanziert und es daher im besonderen öffentlich Interesse liegt, dass diese Beiträge zweckentsprechend verwendet werden, rechtfertigt es allerdings nicht, den Schutz der Gesetzlichen Krankenversicherung vor korruptionsbedingten Mehrkosten zu einem primären Ziel einer korruptionsstrafrechtlichen Regelung zu erheben (anders BT-Drs. 17/14184, S. 29 f.). Es handelt sich vielmehr um einen - durchaus willkommenen - Schutzreflex, der sich aus der vorgeschlagenen Konzeption ergibt (vgl. ferner Fischer, StGB, 61. Aufl. 2014, § 299 Rn. 2, § 331 Rn. 2, dazu, dass auch die korruptionsstrafrechtlichen Regelungen der §§ 299, 331 ff. StGB allenfalls mittelbar eine vermögensbezogene Schutzrichtung aufweisen).

Konsequenterweise findet eine Differenzierung in der strafrechtlichen Behandlung vorteilsmotivierter Beziehungen je nachdem, ob sie den Bereich der privaten oder Gesetzlichen Krankenversicherung betreffen, nicht statt. Korruptionsartige Kooperationen sind ungeachtet davon, ob sie sich im Bereich der privaten oder der Gesetzlichen Krankenversicherung auswirken, in gleichem Maße geeignet, die Sachlichkeit und Unabhängigkeit medizinischer Behandlung in Frage zu stellen und den Wettbewerb im Gesundheitswesen zu verfälschen. Ein Vertragsarzt, der aus monetären Erwägungen Arzneimittel eines bestimmten Pharmaunternehmens gegenüber gesetzlich Versicherten verordnet, ist in gleicher Weise strafwürdig wie ein nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Arzt, der mit Blick auf Privatpatienten entsprechend handelt. Dass eine Differenzierung nach vertrags- oder privatärztlichen Verordnungsverhalten nicht sachgerecht ist, wird an der häufig anzutreffenden Situation besonders deutlich, dass ein Vertragsarzt auch Privatpatienten behandelt. Wollte man hier unterscheiden, dürfte derselbe Vertragsarzt sich zwar bei der Ausstellung einer privatärztlichen Verschreibung ungestraft bestechen lassen, nicht jedoch dann, wenn er eine vertragsärztliche Verordnung ausstellt (Cosack, ZIS 2013, 226, 227). Teilweise mag die Korruptionsgefährdung für Behandlungen im Bereich der privaten Krankenversicherung aufgrund des bestehenden engeren Regelungskorsetts sogar größer sein als im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. etwa die Regelung zur sog. Autidem-Substitution nach § 129 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V). Schließlich finden sich die im hiesigen Regelungszusammenhang derzeit bestehenden Strafbarkeitslücken ungeachtet dessen, ob das Verhalten sich auf Kassenpatienten oder Privatversicherte erstreckt.

Die bereits skizzierten Formen der Korruptionsprävention sind nicht geeignet, eine strafrechtliche Regelung entbehrlich zu machen. Das gilt etwa mit Blick auf die Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen. Wenn auch von diesen Vorgaben präventive Wirkungen ausgehen mögen, ist doch nicht zu verkennen, dass sie nicht an einer kriminalitätsverhindernden Struktur der Primärordnung selbst ansetzen, sondern bereits ein sanktionswürdiges Fehlverhalten bzw. einen darauf bezogenen Verdacht voraussetzen (zutreffend Murmann, in: Duttge, Tatort Gesundheitsmarkt, 2011, S. 109, 110). Auch was die Leistungsfähigkeit der verschiedenen, von einzelnen Akteuren auf dem Gesundheitsmarkt eingegangenen Selbstverpflichtungen anbelangt, hat sich inzwischen vielfach Ernüchterung breitgemacht (vgl. Kölbel, in: Duttge, Tatort Gesundheitsmarkt, 2011, S. 87, 99 ff.; Murmann a.a. O. S. 110). Die Möglichkeiten zur Kontrolle und Sanktionierung korruptiver Verhaltensweisen mit den Mitteln des Approbations-, Berufs- und Disziplinarrechts für die Angehörigen der akademischen Heilberufe lassen das Bedürfnis für eine Strafbewehrung ebenfalls nicht entfallen. Jene Reaktionsmöglichkeiten verfolgen andere Zwecke als den Schutz der durch Korruption betroffenen Rechtsgüter und den staatlichen Ausspruch eines sozialethischen Unwerturteils über ein bestimmtes Handeln des Bürgers. Sie haben überwiegend präventiven Charakter und vermögen den besonderen - kriminalstrafwürdigen - Unwert des inmitten stehenden Korruptionsverhaltens auch nicht hinreichend zu erfassen (vgl. Braun, MedR 2013, 277, 280 ff.; Murmann, in: Duttge, Tatort Gesundheitsmarkt, 2011, S. 109 f.). Zudem verfügen die mit Sanktions- und Disziplinargewalt ausgestatteten Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen und die berufsständischen Kammern auf Landesebene nur über eingeschränkte hoheitliche Ermittlungskompetenzen, Korruptionsfälle unter den eigenen Mitgliedern effektiv aufzuklären und zu ahnden. Namentlich fehlt ihnen die Möglichkeit zu effektiven Ermittlungen in Gestalt der Durchsuchung und Beschlagnahme. In der Praxis sind diese Einrichtungen daher auf die Ergebnisse staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen angewiesen, um ergänzende disziplinar- und berufsrechtliche Maßnahmen ergreifen zu können (s. BT-Drs. 17/14184, S. 32). Im Übrigen setzen die berufsständischen und disziplinarrechtlichen Sanktionen nur bei den jeweiligen Mitgliedern dieser Zusammenschlüsse an. Von Bedeutung ist aber auch die Pönalisierung des Zuwendungsverhaltens der Geberseite (z.B. Arzneimittelunternehmen, Sanitätshäuser), die in weitem Umfang vergleichbaren berufs- oder disziplinarrechtlichen Sanktionsregelungen nicht ausgesetzt sind. Letztlich kann daher nur mir den Mitteln des Strafrechts korruptivem Verhalten im Gesundheitswesen effektiv entgegengetreten werden. Diesem Ziel dienen die vorgeschlagenen Regelungen.

II. Gesetzgebungskompetenz; Vereinbarkeit mit EU-Recht

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 des Grundgesetzes (Strafrecht).

Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.

III. Auswirkungen

Auswirkungen auf den Bundeshaushalt sind durch den Entwurf nicht zu erwarten. Durch die vorgesehene Einfügung eines neuen Straftatbestandes wird in den Ländern Mehraufwand bei den Strafgerichten und Strafverfolgungsbehörden entstehen.

Die für die Länderhaushalte zu erwartenden Mehrausgaben lassen sich nicht konkret beziffern.

Die vorgesehenen Gesetzesänderungen belasten die Wirtschaft nicht mit zusätzlichen Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise, das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, oder die Umwelt sind nicht zu erwarten.

Der Entwurf unterscheidet rechtlich nicht zwischen dem Schutz von Frauen und Männern.

Mit dem Gesetzentwurf werden keine Informationspflichten für die Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger eingeführt.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuchs)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen, die mit der Einfügung des neuen Straftatbestandes in § 299a StGB-E sowie den Änderungen in §§ 300, 302 StGB verbunden sind.

Zu Nummer 2 (§ 299a)

§ 299a StGB-E enthält - als zentralen Regelungsgegenstand des Entwurfs - die neue Strafnorm der "Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen" in Gestalt eines abstrakten Gefährdungsdelikts. Die Regelung bildet die Konsequenz aus der Erkenntnis, dass korruptive Verhaltensweisen auf dem Gesundheitsmarkt - obwohl sozialschädlich - bislang in erheblichem Umfang straflos sind. Sie schafft einen auf diesen Markt bezogenen Sondertatbestand, der gleichermaßen sowohl die Vorteilsgeber- als auch die Vorteilsnehmerseite bestraft und zwar unabhängig davon, ob der jeweiligen Sachverhalt einen Bezug zur Gesetzlichen oder zur privaten Krankenversicherung, zum öffentlichen oder privaten Gesundheitsbereich aufweist. Sie knüpft damit an einen Regelungsvorschlag des Bundesrates aus dem Jahr 2013 an (BR-Drs. 451/13(B) HTML PDF ), der mit Ende der vergangenen Legislaturperiode der Diskontinuität anheimgefallen ist, und entwickelt diesen fort.

Der neue Straftatbestand wird in den 26. Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs, mithin in die "Straftaten gegen den Wettbewerb", eingeordnet, auch wenn der Straftatbestand eine über den Schutz des Wettbewerbs (auf dem Gesundheitsmarkt) hinausgehende Zielrichtung verfolgt. Neben dem Schutz des lauteren Wettbewerbs tritt maßgeblich der Schutz der Sachlichkeit und Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen und damit verbunden das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Angehörigen der Heilberufe. Bereits die bloße Gefahr, dass Leistungserbringer auf dem Gesundheitsmarkt durch die Gewährung regelwidriger Vorteile sachwidrigen Einfluss auf die unabhängige medizinische Dienstleistung nehmen, soll vermieden werden (siehe oben). Nachdem das Strafgesetzbuch ohnehin

Keine. durchgehend stringente Einteilung von Strafnormen in den jeweiligen Abschnitt kennt, die Strafnorm in § 299a StGB-E zumindest auch den Schutz des Wettbewerbs bezweckt und diese auch nach ihrer Struktur und der bisherigen strafrechtlichen Diskussion in großer Nähe zu § 299 StGB steht, erscheint es gerechtfertigt, die neue Strafbestimmung ungeachtet ihres weiterreichenden Schutzziels im Abschnitt über die "Straftaten gegen den Wettbewerb" zu verorten.

Der Aufbau des § 299a StGB-E orientiert sich an § 299 StGB: Absatz 1 regelt die Strafbarkeit des Bestochenen (Passiv- oder Nehmerseite), Absatz 2 spiegelbildlich die Strafbarkeit des Bestechers (Aktiv- oder Geberseite).

Die Strafdrohung des § 299a StGB-E entspricht derjenigen bei § 299 StGB. Eine Strafschärfung für besonders schwere Fälle ist in § 300 StGB vorgesehen.

Zu Absatz 1

Der Täterkreis des ersten Absatzes erfasst Angehörige von Heilberufen, für die im gesamten Inland berufsständische Kammern eingerichtet sind (Sonderdelikt). Dies sind (derzeit) Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, mithin die so genannten akademischen Heilberufe. Eine solche Eingrenzung des Personenkreises trägt dem Umstand Rechnung, dass gerade diesen Berufsgruppen eine zentrale Lenkungsund Verteilungsfunktion auf dem Gesundheitsmarkt zukommt. Das gilt hinsichtlich der Arztberufe namentlich mit Blick auf Fragen der medizinischen Behandlung, hinsichtlich der Apotheker namentlich mit Blick auf eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung. So bestimmen die ärztlichen Heilberufe durch ihre medizinische Beratungs- und Behandlungstätigkeit, ob und wenn ja welche Angehörigen der nichtärztlichen Heilberufe in den Behandlungsprozess einbezogen werden. Sie sind damit in weitem Umfang als Nachfragedisponenten für andere Akteure auf dem Gesundheitsmarkt eingesetzt und somit besonderen Risiken der regelwidrigen Einflussnahme ausgesetzt.

Demgegenüber sind die Berufsgruppen der von Absatz 1 nicht erfassten Heilberufe (z.B. Ergotherapeuten, Logopäden, Physiotherapeuten) faktisch überwiegend von ärztlichen Verordnungen, Zuweisungen und Empfehlungen abhängig. In ihrer Eigenschaft als Vorteilsgeber werden sie bereits durch die Bestechungsvariante (§ 299a Absatz 2 StGB-E) erfasst. Der damit einhergehende Schutz vor Korruption im Gesundheitswesen wird zudem noch durch die Bestimmungen des Heilmittelwerbegesetzes verstärkt, die in allen Heilberufen in weitem Umfang die Annahme von Zuwendungen untersagen und Zuwiderhandlungen mit Bußgeld sanktionieren (vgl. §§ 2, 7 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nr. 4 a HWG). Für Personen außerhalb dieses Berufskreises, etwa Betriebswirte oder kaufmännische Angestellte in Krankenhäusern oder Pflegeheimen, die den Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten abwickeln, richtet sich die Strafbarkeit (weiterhin) nach § 299 StGB.

Die Begrenzung auf Heilberufe, für die im "gesamten Inland" berufsständische Kammern eingerichtet sind, trägt dem Bedürfnis nach einem bundesweit einheitlichen Anwendungsbereich der Vorschrift Rechnung. Damit werden im Bereich des Strafrechts Ungleichbehandlungen durch die Erfassung unterschiedlicher Berufsgruppen in den einzelnen Heilberufs- und Kammergesetzen der Länder vermieden. So führt eine Ausdehnung der Berufsgruppen, für die berufsständische Kammern eingerichtet sind, nur dann zu einer Erweiterung des Täterkreises nach Absatz 1, wenn diese Ausdehnung in sämtlichen Heilberufs- und Kammergesetzen der Länder nachvollzogen wird.

Erfasst werden nur Handlungen der Heilberufsträger, die "im Zusammenhang mit der Ausübung dieses Berufs" erfolgen. Der Zusatz soll klarstellen, dass privates Handeln außerhalb der beruflichen Tätigkeit (z.B. Arzneimittelerwerb zur privaten Verwendung) eine Strafbarkeit nach Absatz 1 nicht zu begründen vermag.

Der Täter muss für sich oder einen Dritten einen Vorteil fordern, sich versprechen lassen oder annehmen. Annehmen ist die tatsächliche Entgegennahme des Vorteils, Sichversprechenlassen die Annahme des Angebots eines zukünftig zu erbringenden Vorteils und Fordern die (auch konkludente) Erklärung des Täters, dass er einen Vorteil als Gegenleistung für sein Handeln begehrt. An die zu den gleichlautenden Tathandlungen in §§ 299 Abs. 1, 331, 332 StGB ergangene Rechtsprechung und die dort anerkannten Auslegungsgrundsätze kann angeknüpft werden.

Als Vorteil im Sinne des § 299a StGB-E kommt wie bei § 299 StGB grundsätzlich alles in Betracht, was die Lage des Empfängers materiell oder immateriell verbessert und worauf er

Keine.n Anspruch hat. Beispiele für Vorteile sind direkte Geldzuwendungen, aber auch Rabatte beim Bezug von Arzneimitteln und Laborleistungen sowie Einladungen zu Urlaubsreisen. Die zum Vorteilsbegriff in §§ 299, 331 ff. StGB entwickelte Auslegung gilt hier entsprechend. Dabei werden sowohl Zuwendungen an den Täter nach Absatz 1 als auch an Dritte erfasst.

Den Kern des Straftatbestandes bildet - wie allgemein bei Korruptionsdelikten - die so genannte Unrechtsvereinbarung, d.h. das Fordern, Sichversprechenlassen oder Annehmen von Vorteilen für sich oder einen Dritten als Gegenleistung für eine bestimmte (regelwidrige) Handlung des Heilberufsträgers nach Absatz 1. Zwischen der Zuwendung und der "Bezugshandlung" des korrumpierten Heilberufsträgers muss mithin eine inhaltliche Verknüpfung bzw. Koppelung bestehen. Dabei ist nur die Verknüpfung bestimmter Gegenleistungen mit der Vorteilsgewährung strafbar, nämlich die Pflichtverletzung bei dem Bezug, der Verordnung, der Verabreichung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten oder der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial. Diese Konkretisierung und Eingrenzung dient der Rechtssicherheit und soll namentlich allen Beteiligten auf dem Gesundheitsmarkt den Umfang der Strafbewehrung transparent machen.

Die verwendeten Tatbestandsmerkmale greifen insoweit weitgehend auf Begrifflichkeiten aus dem Medizin- und Sozialrecht zurück. An erster Stelle wird das pflichtverletzende Verhalten beim Bezug, der Verordnung, der Verabreichung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten erfasst. Arzneimittel sind in § 2 des Arzneimittelgesetzes, Medizinprodukte in § 3 des Medizinproduktegesetzes legaldefiniert. Die Begriffe "Heil- oder Hilfsmittel" sind wiederum aus dem Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs (§§ 32 und 33 SGB V), mithin aus dem Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung, entlehnt. Danach sind Heilmittel alle ärztlich verordneten Dienstleistungen, die einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen. Dazu gehören insbesondere Maßnahmen der Sprach- und der Ergotherapie. Im Unterschied zu Heilmitteln sind Hilfsmittel alle ärztlich verordneten Sachen, die den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder die Folgen von Gesundheitsschäden mildern oder ausgleichen. In Betracht kommen namentlich Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen.

Jegliche Verschaffung oder Weitergabe dieser Mittel an Patienten kann grundsätzlich Gegenstand der Unrechtsvereinbarung sein. Das Gesetz erwähnt insoweit als relevante Handlungen den Bezug, die Verordnung, die Verabreichung und die Abgabe. Dabei meint "Bezug" jedes Geschäft, das auf die Erlangung der Arznei-, Heil- oder Hilfsmittel oder Medizinprodukte gerichtet ist. "Verordnen" erfasst die hierauf bezogene Verschreibung zu Gunsten des Patienten. Im Kontext vor allem der Behandlung mit Arzneimitteln steht das "Verabreichen", das namentlich Fälle des Applizierens meint. Unter "Abgabe" fällt jede Form der Übergabe an den Patienten.

Im Rahmen der Unrechtsvereinbarung wird als weitere mögliche Leistung des Täters nach Absatz 1 auch die Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial erfasst. Unter Zuführen eines Patienten ist jedes Handeln des Bestochenen zu verstehen, welches kausal dafür ist, dass ein Patient die Dienste eines bestimmten anderen Arztes, Apothekers, Labors oder eines sonstigen Leistungserbringers auf dem Gesundheitsmarkt in Anspruch nimmt. Dies sind vorrangig Verweisungen, Einweisungen (in das Krankenhaus) und Überweisungen (z.B. an einen Facharzt). Erfasst sind aber auch Empfehlungen, einen bestimmten Leistungserbringer aufzusuchen und dessen Leistungen in Anspruch zu nehmen. Zwar sprechen die meisten gesetzlichen und berufsrechtlichen Regelungen von der "Zuweisung" von Patienten (vgl. etwa § 73 Abs. 7 SGB V, § 31 Abs. 1 MBO-Ärzte), worunter alle Fälle der Überweisung, Verweisung oder Empfehlung zu verstehen sein sollen (Möller/Tsambikakis, in: AG Medizinrecht im DAV/IMR, Aktuelle Entwicklungen im Medizinstrafrecht, 2013, 43, 66 m.w. N.). Vor dem Hintergrund des im Strafrecht geltenden Bestimmtheitsgrundsatzes des Art. 103 Abs. 2 GG soll die Wahl des Begriffes "Zuführung" demgegenüber klarer zum Ausdruck bringen, dass das Handeln des von Absatz 1 erfassten Täterkreises

Keine.n verbindlichen oder förmlichen Charakter haben muss. Auch die "Vermittlung" von Patienten (vgl. etwa § 2 MBO-Zahnärzte) fällt unter den Begriff der "Zuführung" in § 299a StGB-E. Die Zuführung von Untersuchungsmaterial bezieht sich vor allem auf die Vergabe von (medizinischen) Laboruntersuchungen.

Die in Aussicht gestellte Gegenleistung des Heilberufsträgers nach Absatz 1 besteht darin, dass er bei den genannten Tätigkeiten einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge (Nr. 1) oder in sonstiger Weise seine Berufsausübungspflichten verletze (Nr. 2). Die erste Variante ist dabei ein herausgehobener Fall der zweiten Variante.

Das Tatbestandsmerkmal der Bevorzugung im in- oder ausländischen Wettbewerb knüpft an die Regelung des § 299 Abs. 1, 3 StGB an und trägt dem Umstand Rechnung, dass auch die Tätigkeit von Akteuren auf dem Gesundheitsmarkt in einem marktwirtschaftlichen und wettbewerblichen Umfeld erfolgt. Eine Bevorzugung im Sinne des § 299a Absatz 1 Nummer 1 StGB-E ist die Gewährung von Vorteilen im Wettbewerb gegenüber den Mitbewerbern; sie setzt also eine Entscheidung zwischen mindestens zwei Mitbewerbern voraus (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl. 2014, § 299 Rn. 14). Die intendierte Bevorzugung muss im Wettbewerb des Vorteilsgewährenden mit seinen Konkurrenten erfolgen. Die Bevorzugung ist unlauter, wenn sie geeignet ist, Mitbewerber durch Umgehung der Regeln des Wettbewerbs und durch Ausschaltung der Konkurrenz zu schädigen. Das Merkmal der Unlauterkeit ist dabei maßgeblich durch die Unrechtsvereinbarung bestimmt, ein bestimmtes Handeln im Zusammenhang mit der Berufsausübung mit der Vorteilsgewährung zu verknüpfen. Es grenzt sachwidrige von sachgerechten Motiven der Bevorzugung ab und soll die Abgrenzung zulässiger Absatz- bzw. Umsatzförderung von strafbarer Vorteilsgewährung ermöglichen. Von Bedeutung sind hier namentlich die im Allgemeinen Teil der Begründung wie auch nachstehend erwähnten berufs- und sozialrechtlichen Regelungen für den Austausch von Waren und Dienstleistungen und der Zusammenarbeit mit Dritten auf dem Gesundheitsmarkt. Gesetzlich erlaubte, branchenüblichsozialadäquate Zuwendungen können das Merkmal der Unlauterkeit nicht begründen.

Die Gegenleistung kann nach § 299a Absatz 1 Nummer 2 StGB-E auch darin bestehen, dass der Heilberufsträger nach Absatz 1 hierdurch in sonstiger Weise seine Berufsausübungspflichten verletzen würde. Es handelt sich insoweit um den Grundtatbestand, der korruptives Handeln (auch) außerhalb konkreter Wettbewerbsverhältnisse/-situationen erfasst und zugleich verdeutlichen soll, dass entsprechende Verhaltensweisen im Gesundheitswesen nicht nur den Wettbewerb beeinträchtigen, sondern vor allem auch Berufspflichtverletzungen des Heilberufsträgers darstellen, welche die Sachlichkeit und Unabhängigkeit medizinischer Entscheidung gefährden und damit auch das Patienten- und Allgemeinwohl. Die Berufspflichten ergeben sich namentlich aus den für den jeweiligen Heilberuf geltenden spezialgesetzlichen Regelungen (Bundesärzteordnung, Bundes-Tierärzteordnung, Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde, Gesetz über die Berufe des psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apothekengesetz sowie jeweils auf diesen Grundlagen erlassener Regelungen), den Heilberufs- und Kammergesetzen der Länder und den darauf gestützten Berufsordnungen sowie den Regelungen des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs. Von besonderer Bedeutung sind hier die Vorschriften, die nähere Regelungen zum Austausch von Waren und Dienstleistungen auf dem Gesundheitsmarkt sowie zur Zusammenarbeit und zum Zusammenwirken mit anderen Akteuren im Gesundheitsbereich treffen (z.B. §§ 31 bis 33 MBO-Ärzte, § 2 Abs. 7 und 8 MBO-Zahnärzte, § 12 Abs. 8 MBO-Tierärzte, § 5 Abs. 7 MBO-Psychotherapeuten, §§ 10, 11 ApoG, §§ 73 Abs. 7, 128 SGB V). Der gesundheitsmarktbezogene Charakter der in Bezug genommenen Pflichten wird dabei durch das Erfordernis eines Handelns "bei dem Bezug etc. von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial" nahegelegt.

Zu Absatz 2

§ 299a Absatz 2 StGB-E stellt spiegelbildlich die Vorteilsgewährung an die in Absatz 1 genannten Personen unter Strafe. Tauglicher Täter kann jedermann sein, auch wenn es sich in aller Regel bei den Tätern nach Absatz 2 um Personen handeln wird, die ebenfalls auf dem Gesundheitsmarkt agieren (v.a. Erbringer von medizinischen Sach- oder Dienstleistungen).

Hinsichtlich der erfassten Tatbestandshandlungen des Anbietens, Versprechens und Gewährens kann an die zu §§ 299 Abs. 2, 333, 334 StGB ergangene Rechtsprechung und die dort anerkannten Auslegungsgrundsätze angeknüpft werden. Für die weiteren Tatbestandsmerkmale gelten die Ausführungen zu Absatz 1 entsprechend.

Zu Nummer 3 (§ 300)

Die Neufassung erstreckt die bisherige Regelung besonders schwerer Fälle über die Fälle des § 299 StGB hinaus auf den neuen Straftatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen gemäß § 299a StGB-E. Diese Erweiterung findet auch in der Neufassung der Paragrafenbezeichnung inhaltlich Niederschlag. Die Statuierung besonders schwerer Fälle trägt dem Umstand Rechnung, dass der in § 299a StGB-E vorgesehene Sanktionsrahmen Fällen besonderen Unrechts- oder Schuldgehalts im Einzelfall nicht gerecht werden kann.

Die bislang in § 300 Satz 2 StGB enthaltenen Regelbeispiele bleiben unverändert bestehen. Darüber hinaus wird ein weiteres Regelbeispiel in Gestalt einer neuen Nummer 3 in Satz 2 eingefügt. Danach liegt ein besonders schwerer Fall in der Regel vor, wenn der Täter einen anderen Menschen durch die Tat in die Gefahr einer erheblichen Gesundheitsschädigung bringt. Die Strafschärfung in diesen Fällen hat vor allem besondere Gefahrenlagen im Anwendungsbereich des § 299a StGB-E im Blick, die aktuell werden können, wenn sich medizinische Behandlungsentscheidungen primär an monetären Erwägungen ausrichten. Da derartige Entscheidungen regelmäßig Auswirkungen auf die Gesundheit, insbesondere den Heilungsprozess, der betroffenen Patienten haben, verwirklicht ein Handeln, das vorteilsmotiviert zu medizinischen Fehlentscheidungen führt und hierdurch bedeutsame Gesundheitsgefahren schafft, erhöhtes Unrecht.

Zu denken ist etwa an Fälle, in denen für eine Behandlung von mehreren in Betracht kommenden Therapieformen nicht die nach dem Maßstab der ärztlichen Kunst indizierte gewählt wird, weil sich andernfalls regelwidrige geldwerte Vorteile für die behandelnde Person nicht realisieren ließen.

Die Gefahr einer erheblichen Gesundheitsschädigung muss konkret sein, also in dem spezifischen Fall nahe liegen, und kausal und zurechenbar durch das tatbestandsmäßige Handeln nach §§ 299, 299a StGB(-E) begründet sein. Eine Gesundheitsschädigung ist dann erheblich, wenn sie über bloß geringfügige, lästige Beeinträchtigungen der Gesundheit hinausgeht und fühlbare Erschwernisse mit sich bringt. Die konkrete Gefahr muss mindestens bedingt vorsätzlich herbeigeführt werden.

Zu Nummer 4 (§ 302)

Die Neufassung zieht die Konsequenzen daraus, dass das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 20. März 2002 (BVerfGE 105, 135) die Vermögensstrafe nach § 43a StGB für verfassungswidrig erklärt hat und fasst die beiden Absätze in einer einzigen Regelung zur Anwendung des Erweiterten Verfalls zusammen. Zugleich wird der Anwendungsbereich systemkonform auf die Fälle des § 299a StGB-E erstreckt. Danach ist sowohl für die Aktiv- wie auch die Passivseite einer Bestechung gemäß § 299 oder § 299a StGB(-E) die Regelung zum Erweiterten Verfall gemäß § 73d anzuwenden, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

Zu Artikel 2 (Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes)

Die Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer bei den Landgerichten, die sich bislang schon auf die Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) bezieht, wird auf den neuen Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen (§ 299a StGB-E) erstreckt.

§ 74c Absatz 1 Satz 1 Nummer 5a wird insoweit ergänzt. Damit wird nicht nur der Sachnähe beider Straftatbestände Rechnung getragen, sondern auch dem Umstand, dass (auch) bei Fällen des § 299a StGB-E Sachverhalte inmitten stehen, für die besondere Kenntnisse und Erfahrungen im Wirtschaftsleben und bei der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität erforderlich sind.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.