Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über das Zollrisikomanagement und die Sicherheit der Lieferkette - COM (2012) 793 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 592/03 (PDF) = AE-Nr. 032747,
Drucksache 897/05 (PDF) = AE-Nr. 053454 und AE-Nr. 080271

Brüssel, den 8.1.2013 COM (2012) 793 final

1. Einleitung

Die EU hängt hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Entwicklung in hohem Maße vom internationalen Handel ab und ist mit diesem Handel verbundenen Sicherheitsrisiken ausgesetzt. Illegaler internationaler Handel untergräbt auch das wirtschaftliche und soziale Wohlergehen in der EU. Ein wirksames Risikomanagement der Warenbewegungen in der internationalen Lieferkette ist für Sicherheit und Schutz von entscheidender Bedeutung und unumgänglich, wenn der rechtmäßige Handel erleichtert und die finanziellen und wirtschaftlichen Interessen der EU und ihrer Mitgliedstaaten geschützt werden sollen.

Seit den Ereignissen vom 11. September 2001 und anderen Terroranschlägen in Europa und in der Welt räumen die europäischen Zollbehörden der Sicherheit höchste Priorität ein. Die Sicherheit der EU, der Mitgliedstaaten und der Bürgerinnen und Bürger hängt von jeder einzelnen Wareneingangsstelle in der EU ab. Wenn es den Zollbehörden nicht gelingt, die Risiken an den Außengrenzen der EU in den Griff zu bekommen, wären die Zollunion und der EU-Binnenmarkt zum Scheitern verurteilt.

Die Zollpolitik fällt in die Zuständigkeit der EU: Die Mitgliedstaaten verfolgen einen gemeinsamen Ansatz. Die EU überwacht den internationalen Handel und sorgt für Mindeststandards beim Zollrisikomanagement und bei den Zollkontrollen. Wie viele andere Rechtsordnungen und entsprechend internationalen Standards hat die EU einen gemeinsamen Politikrahmen, der dazu dient, Risiken auszuschalten und den rechtmäßigen Handel zu fördern. Abgesehen von der Umsetzung relevanter Rechtsvorschriften sind die Zollverwaltungen EU-weit dazu übergegangen, die Kontrollverfahren, -techniken und -ressourcen zu überprüfen.

Der Zwischenfall im Oktober 2010 (mit Luftfracht aus dem Jemen) zeigte Mängel bei den Sicherheitsstandards und den Sicherheitsverfahren für den Luftfrachtverkehr sowohl in der EU als auch weltweit auf. Bei der darauf folgenden Debatte wurde die Notwendigkeit hervorgehoben, die Sicherheitsverfahren und -anforderungen in Bezug auf alle Transportarten im weiteren Sinne zu überarbeiten. Grundlegende Herausforderungen müssen bewältigt werden, und dies ist nicht allein auf der Ebene der Mitgliedstaaten möglich, sondern erfordert Maßnahmen der EU, um die auf nationaler Ebene geleisteten Anstrengungen zu ergänzen und zu unterstützen.

Der Zweck dieser Mitteilung besteht darin,

2. EU-Zollrisikomanagement und Sicherheit der Lieferkette

2.1. Rolle der Zollbehörden für die Sicherheit

Die Rolle der Zollbehörden in der Lieferkette - von der Vereinnahmung von Zöllen bis zum Hüten des Binnenmarktes und anderer Politikbereiche wie Volksgesundheit, Verbraucherschutz, Umwelt und Landwirtschaft - hat sich im Laufe der Zeit gewandelt und wurde nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 so erweitert, dass den Zollbehörden heute hinsichtlich der Sicherheit der Lieferkette wichtige Aufgaben zukommen.

So heißt es in der Aufgabenbeschreibung der EU-Zollbehörden 1 :

"Die Zollbehörden sind in erster Linie dafür zuständig, den internationalen Handel der Gemeinschaft zu überwachen und dadurch zu einem fairen und liberalisierten Handel, zur Umsetzung der externen Aspekte des Binnenmarkts, der gemeinsamen Handelspolitik und der anderen Politiken der Gemeinschaft in handelsrelevanten Bereichen sowie zur Sicherheit der Lieferkette insgesamt beizutragen. "2

Die über die vergangenen zehn Jahre hinweg wachsenden Aufgaben der EU-Zollbehörden im Bereich der Sicherheit entsprechen den weltweiten Entwicklungen und internationalen Standards, insbesondere den Normen der Weltzollorganisation (WZO) zur Sicherung und Erleichterung des Welthandels (SAFE).

2.2. Der EU-Zollrisikorahmen

Mit der Änderung des EU-Zollkodex aus dem Jahre 2005 3 wurde die Rechtsgrundlage für die Entwicklung eines gemeinsamen Rahmens für das Risikomanagement der Lieferkette geschaffen. Diese Änderung und nachfolgende Durchführungsvorschriften leiteten weitreichende Änderungen ein, die sich sowohl auf den Zoll als auch auf den Handel ausgewirkt haben.

Dieser gemeinsame Rahmen umfasst die Ermittlung und die Kontrolle risikoreicher Warenbewegungen aufgrund gemeinsamer Risikokriterien, den Beitrag von zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (AEO) in einer Zoll-Handels-Partnerschaft zur Sicherung und Erleichterung des rechtmäßigen Handels und die Sicherheitsrisikoanalyse vor der Ankunft/dem Abgang der Waren anhand der Angaben über die Ladung, die die Wirtschaftsbeteiligten vor der Ankunft der Waren in bzw. vor dem Abgang der Waren aus der EU elektronisch übermitteln.

In der Praxis wird der Rahmen durch das Computergesteuerte Risikomanagementsystem für den Zoll (CRMS) unterstützt, das eine weitreichende Kommunikation zwischen den Mitgliedstaaten und einen systematischen Austausch von risikorelevanten Informationen ermöglicht. Zugriff haben die Risikoanalysezentren der Mitgliedstaaten, alle Kontrollstellen an den EU-Außengrenzen sowie die Kommission.

Diese rechtliche Änderung erforderte wegen ihrer Tragweite und ihrer Wirkung eine Vorbereitung von mehreren Jahren, wobei und die umfassende Durchführung aller Maßnahmen für 2011 geplant war.

2.3. Das Zollrisikomanagementverfahren

Das beim Ein- und Ausgang von Waren in die bzw. aus der EU entstehende Risiko wird anhand von Informationen über die Ladung analysiert, die in einer einzigen Anmeldung4 von den Wirtschaftsbeteiligten vor der Ankunft oder vor dem Abgang der Waren elektronisch übermittelt werden. Bei Ausfuhren (Ausfuhrkontrollsystem) erfolgt die Risikoanalyse in der Ausfuhrzollstelle. Bei Einfuhren (Einfuhrkontrollsystem) wird sie unabhängig von der Bestimmung am ersten Ort des Eingangs der Waren in das Gebiet der EU durchgeführt.

Die Risiken werden mittels einer elektronischen Anwendung für gemeinsame Risikokriterien und Standards für die Analyse des Sicherheitsrisikos bewertet. Die elektronisch vorliegenden Ergebnisse werden anschließend von Zollrisikoanalysten unter Nutzung zahlreicher Informationsquellen, einschließlich Informationen aus anderen Mitgliedstaaten, bewertet. Die Zollbehörden am ersten Ort des Eingangs entscheiden je nach Höhe des Risikos, ob Prüfungen erforderlich sind, und wenn ja, ob sie an der Grenze oder am Entladeort durchzuführen sind. Ist die Risikoanalyse positiv (Prüfungen sind erforderlich), werden die Ergebnisse den Zollbehörden in den Entlademitgliedstaaten zugeleitet.

2.4. Schwächen des derzeitigen Ansatzes

Nach einer ersten Bewertung der Umsetzung der neuen Rechtsvorschriften zusammen mit den Zollbehörden der Mitgliedstaaten gab die Kommission eine eingehendere Studie über die Möglichkeiten in Auftrag, wie sich die Ermittlung von Risiken und deren Analyse auf EU-Ebene verbessern lassen 5 . Die Studie kam zu dem Schluss, dass bei einigen Punkten unmittelbarer Handlungsbedarf besteht, beispielsweise bei der Datenqualität, den Lieferkettenmodellen und bestimmten Aspekten der angewandten Methodik.

2.4.1. Datenqualität und Rolle der Wirtschaftsbeteiligten

Das Risikomanagement soll in erster Linie sicherstellen, dass alle Rechtsvorschriften ordnungsgemäß angewendet und ungerechtfertigte Kontrollen vermieden werden und dass sich die Kontrollen auf die risikoanfälligsten Bereiche konzentrieren. Den Wirtschaftsbeteiligten kommt beim Risikomanagement eine entscheidende Rolle zu, und zwar wegen der ihnen vorliegenden Informationen und der Maßnahmen, die sie zur Sicherung ihrer Lieferkette treffen.

Für eine wirksame Nutzung der Risikomanagementmethoden ist es erforderlich zu wissen "wer was befördert, wer der Empfänger ist und woher die Waren stammen". Angaben über die tatsächlich an der Transaktion und der Warenbewegung beteiligten Personen (Käufer und Verkäufer oder Eigentümer) und die genaue Art der jeweiligen Waren sind ebenso wichtig wie Informationen über die Weiterleitung der Waren in der Lieferkette.

Dieser Ansatz basiert auf Vorabinformationen über das Frachtgut, die die Wirtschaftsbeteiligten für Waren, die in das Zollgebiet oder aus dem Zollgebiet der Europäischen Union verbracht werden, elektronisch übermitteln. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass diese Daten so früh wie möglich vorliegen und sowohl sachdienlich als auch von hoher Qualität sind. Umgekehrt führen gravierende Mängel im Zusammenhang mit den Standards oder der Sachdienlichkeit der Daten später dazu, dass die elektronische Risikoermittlung und -bewertung beeinträchtigt werden.

Sachdienliche, hochwertige Daten sind für ein auf elektronischen Daten basierendes Risikomanagement von grundlegender Bedeutung; aus der Studie geht jedoch hervor, dass der derzeitige Input den Mindestanforderungen nicht genügt. Überdies wurde eine systemrelevante Lücke bei der Bereitstellung von Informationen über die an der Transaktion Beteiligten festgestellt, und einige andere übermittelte Angaben sind von geringer Qualität. In vielen Fällen sind die in der summarischen Eingangsanmeldung aufgeführten Informationen nicht präzise genug, um eine wirksame Risikoanalyse durchzuführen. Außerdem sollten die Behörden für die Risikoanalyse mehr wertvolle Daten auswerten, die den Wirtschaftsbeteiligten vorliegen.

2.4.2. Sichere Lieferketten und Wirtschaftsbeteiligte

Sicherheit und Schutz der Integrität der Lieferkette sind für die Bürgerinnen und Bürger, die Geschäftswelt und den Staat von gemeinsamem Interesse. Dafür ist eine größtmögliche Partnerschaft zwischen Zoll und Wirtschaft erforderlich.

Durch die Feststellung rechtmäßiger und risikoarmer Handelsgeschäfte können sich die Zollbehörden auf höhere Risiken konzentrieren und die Weiterleitung rechtmäßiger Warenbewegungen in der Lieferkette beschleunigen.

In der EU hat sich nunmehr ein solides Programm für zugelassene Wirtschaftsbeteiligte (AEO) etabliert (mit mehr als 11000 verwendeten Zertifikaten im Juli 2012), das von einigen wichtigen Handelspartnern förmlich anerkannt wurde. Das Programm wird auf EU-Ebene genau überwacht.

Zugelassene Wirtschaftsbeteiligte treffen spezifische Maßnahmen zur Sicherung ihrer Lieferkette und werden von den Zollbehörden förmlich anerkannt. Diese Maßnahmen betreffen Investitionen in Systeme der physischen Sicherheit und interne Kontrollsysteme, die Zahlungsfähigkeit, die Risikobewertung des Geschäfts und die Zuverlässigkeit der Geschäftspartner. Die Maßnahmen sollten in der EU von anderen Behörden als den Zollbehörden und von Aufsichtsbehörden, die mit der Risikobewertung der Lieferkette und der Risikominderung befasst sind, anerkannt werden.

Vergleichbare Initiativen in anderen Politikbereichen sind zur Zeit jedoch nicht an das AEO-Programm gekoppelt. Das kann zur Folge haben, dass ein Wirtschaftsbeteiligter von zwei unterschiedlichen Behörden in Bezug auf dasselbe Kriterium zweimal überprüft wird.

Es bedarf einer stärkeren Abstimmung, um die förmliche Anerkennung des AEO-Programms für die Zwecke des Risikomanagements bereichsübergreifend auszudehnen und sicherzustellen, dass die Vorteile, die regelkonformen Unternehmen erwachsen, maximiert werden. Ein Beispiel dafür ist die Abstimmung des AEO-Programms auf das Programm für sichere Wirtschaftsbeteiligte in der Luftsicherheit.

2.4.3. Operative Methodik

Die praktische Umsetzung des gemeinsamen EU-Risikomanagementrahmens geht mit großen Herausforderungen einher. Deutliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich des Umfangs der Risikoanalyse und hinsichtlich der damit verbundenen Abhilfemaßnahmen haben reale und unerwünschte Folgen.

Die Umsetzung ist aus den folgenden Gründen uneinheitlich und ineffizienter als erwartet:

- Kapazitätsbedingte Unterschiede

Bisher wurde für den Bereich Sicherheit und Schutz noch kein gemeinsamer Mindeststandard für automatisierte Risikoanalysen erreicht, was auf die Unterschiede bei der Entwicklung, der Kapazität und der technischen Leistungsfähigkeit der nationalen elektronischen Risikoanalysesysteme zurückzuführen ist.

Das bedeutet, dass die gemeinsamen Risikokriterien nicht in allen Mitgliedstaaten umfassend angewendet werden und ihre Wirksamkeit auf EU-Ebene somit nicht ordnungsgemäß überwacht und bewertet werden kann. Auch die Tatsache, dass es in einigen Mitgliedstaaten keine Kapazität und Unterstützung gibt, die 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche (24/7) verfügbar sind, bildet ein Hindernis für gemeinsame EU-Standards.

Dadurch sind die Möglichkeiten der EU, sich an gemeinsame Risiken anzupassen bzw. darauf zu reagieren, begrenzt und werden Innovationen im Risikomanagement behindert.

- Unterschiedliche Arbeitsbelastung

Da das Volumen der Handelsgeschäfte, die einer Risikobewertung zu unterziehen sind, je nach Mitgliedstaat unterschiedlich ist, ist auch die Arbeitsbelastung unterschiedlich. Diese Unterschiede sind in erster Linie auf die geographische Lage und die Art der Logistikkette zurückzuführen. Außerdem können auch die Gefahren je nach Zeit und Ort variieren.

Eine Analyse der Daten des Einfuhrkontrollsystems und der in den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden Risikobewertungsressourcen zeigt, dass die Arbeitsbelastung der für die Risikoanalyse und die zielgerichteten Kontrollen zuständigen Zollbediensteten stark schwankt. In einigen Fällen liegt die Arbeitsbelastung zwischen neun Mal (bei der Luftfracht) und bis zu 50 Mal über dem EU-Durchschnitt (beim Seeverkehr).

- Operative Zusammenarbeit und Informationsaustausch

Da die Vorabinformationen über Frachtgut an die erste Eingangsstelle in der EU gehen, ist die Bewertung des Risikos "wer was befördert, wer der Empfänger ist und woher die Waren stammen" um so komplizierter, weil die in die EU verbrachten Waren, die für einen anderen als den ersten Eingangsmitgliedstaat bestimmt sind oder die sich im Durchfuhrverfahren befinden, anteilig sehr hoch sind6. Bei Sendungen, die an den ersten Eingangsstellen ankommen, handelt es sich häufig um Waren, die für andere Mitgliedstaaten bestimmt sind oder die die EU auf ihrem Weg zu ihrer endgültigen Bestimmung in Drittländern durchqueren.

Das bedeutet, dass die auf nationaler und lokaler Ebene im Bestimmungsmitgliedstaat verfügbaren Kenntnisse und Informationen für eine wirksame Risikokontrolle und Risikominderung an den ersten Eingangsstellen von entscheidender Bedeutung sind. Außerdem sind Informationen über Beteiligte und ihre Merkmale, einschließlich Schwachstellen bei Teilen der Lieferkette außerhalb der EU, für die Risikoanalyse entlang den Außengrenzen von gemeinsamer Relevanz und Bedeutung.

Ein systematischer Echtzeit-Austausch oder die Bündelung von Informationen sowie von Wissen und Sachkenntnissen ist unumgänglich, wenn sichergestellt werden soll, dass gemeinsame äquivalente Mindeststandards gelten und wichtige Informationen, die risikorelevante Folgen für die Lieferkette haben, denen zur Verfügung stehen, die sie benötigen. Umgekehrt höhlen maßgebliche Mängel beim Informationsaustausch die Wirksamkeit des Risikomanagements an den verschiedenen Eingangsstellen und für die EU insgesamt aus.

Die verfügbaren Angaben über den Informationsaustausch in einem Zeitraum von zwölf Monaten deuten darauf hin, dass die im Rahmen der heutigen operativen Methoden und Strukturen bereitgestellten risikorelevanten Informationen nicht ausreichen 7 . Da der Informationsaustausch zwischen den ersten Eingangszollstellen und anderen relevanten Mitgliedstaaten nicht ordnungsgemäß funktioniert, werden für die Risikobewertung auf EU-Ebene wichtige Informationen übersehen.

Nach dem Zwischenfall mit verdächtigen Sendungen aus dem Jemen ging der Bericht der hochrangigen Arbeitsgruppe über die Erhöhung der Sicherheit von Luftfracht auch auf die Koordinierung und den Informationsaustausch in der EU ein:

"Eine angemessene Reaktion auf die Terrorbedrohungen muss eine straffere Koordinierung und Zusammenarbeit auf EU-Ebene zwischen dem Verkehrs- und dem JI-Bereich und verschiedenen Regierungsstellen sowie einen raschen Austausch von Informationen zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten der EU beinhalten. Dieses Prinzip geht über die spezifische Bedrohung hinaus, die der Anlass für diesen Bericht ist, und ist Teil einer breiter angelegten Reflexion darüber, wie die EU in der Lage sein sollte, auf Vorfälle zu reagieren, die sich auch in anderen Bereichen ereignen könnten."

Der Informationsaustausch zwischen Zollbehörden und anderen Behörden ist auf nationaler Ebene jedoch sehr unterschiedlich und auf EU-Ebene bisweilen überhaupt nicht vorhanden (z.B. beim Reaktorunglück in Fukushima). Die derzeitige Situation ist unbefriedigend und erfordert Abhilfemaßnahmen8.

3. Risikomanagement der Lieferkette - Umfassend betrachtet

Risikomanagement ist ein kontinuierlicher Prozess, der aus der Identifizierung von Gefahren und Risiken, deren Bewertung und Analyse sowie der Ausarbeitung geeigneter Abhilfemaßnahmen besteht. Dieser Prozess ist mit zeitlichen Zwängen verbunden und dadurch gekennzeichnet, dass Kenntnisse der Logistik und der Lieferketten vorhanden sowie das Management und die Integration vielfältiger Informationen und Informationsflüsse gegeben sein müssen. Die Qualität und die Zuverlässigkeit der Informationen müssen bewertet werden; dazu gehört auch eine Einschätzung des Risikos, dass Daten durch Fehlinformationen, Manipulationen oder Fälschungen unbrauchbar sind. Die Wirksamkeit des Risikomanagements ist von seiner Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit bedingt, und zwar nicht nur gegenüber möglichen folgenreichen Ereignissen, sondern auch gegenüber weniger berechenbaren Auswirkungen. Von zentraler Bedeutung ist auch der Umgang mit den Folgen und Nachwirkungen eingetretener Risiken.

3.1. Größenordnung der Herausforderung: Handelswachstum und Komplexität der Lieferkette

Die Größenordnung der Herausforderung lässt sich am Volumen und am Ausmaß des Warenverkehrs sowie am Profil der modernen Logistik bemessen. Dabei geht es um ein Gleichgewicht zwischen den Zwängen der Kontrollumgebung sowohl hinsichtlich der Ressourcenkompetenzen als auch der Notwendigkeit, eine ungerechtfertigte Unterbrechung der rechtmäßigen Lieferkette zu vermeiden.

Zwischen 2004 und 2010 stieg der Außenhandel der EU trotz der Finanzkrise wertmäßig um beinahe 50%9. Die EU liegt im Zentrum der globalen Handels- und Lieferkettenlogistik. Sie ist der wichtigste Handelspartner für die Vereinigten Staaten, China und Russland. Mehr als 90 % des Welthandels (8,4 Mrd. Tonnen Waren) wird jährlich auf dem Seeweg über mehr als 25 800 globale Handelsstrecken abgewickelt. Über 20 % dieser Waren wird in Europa entladen. Es gibt weltweit 25 400 Luftverkehrsknotenpunkte für Fracht und Passagiere, von denen ein beachtlicher Anteil mit mehr als 250 internationalen Flughäfen in der EU verbunden ist. Die zahlreichen Parteien, die an der Verwaltung dieser Handelswege beteiligt sind, tragen zur Komplexität der Logistikkette bei. Die östliche Landgrenze ist 9 890 km lang und zählt 133 Eingangsstellen für Straßen- und Schienenfahrzeuge. An der gesamten EU-Außengrenze liegen mehr als 1000 Eingangszollstellen.

Im Jahr 2011 bearbeiteten die EU-Zollstellen 36 Mio. Vorabanmeldungen (summarische Eingangsanmeldungen), 140 Mio. Einfuhranmeldungen, 96 Mio. Ausfuhranmeldungen und 9 Mio. Versandanmeldungen. Das bedeutet, dass in den Zollverwaltungen der Mitgliedstaaten durchschnittlich 8,9 Anmeldungen pro Sekunde bearbeitet werden.

Auch wenn der größte Teil des Handelsverkehrs rechtmäßig ist, wird der illegale Handel in einer neueren Studie des Weltwirtschaftsforums mit 7% bis 10% der Weltwirtschaft0 veranschlagt1 .

3.2. Vielfältige Risiken und Verknüpfung der Zollbehörden mit anderen Behörden

Auch den Maßnahmen und der Rolle der Agenturen und Behörden, die keine Zollbehörden sind, kommt wesentliche Bedeutung zu. Die Notwendigkeit, die von den verschiedenen Behörden getroffenen Maßnahmen unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Befugnisse aufeinander abzustimmen und ihre Komplementarität sicherzustellen, ist ein konstantes und entscheidendes Merkmal für das Management der Sicherheit der Lieferkette. So sind beispielsweise Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit für die Risikobewertung von Warenbewegungen eindeutig relevant; am offensichtlichsten wird dies im Luftfrachtverkehr, einer Verkehrsart, bei der heute von einem hohen Terrorrisiko ausgegangen wird. Desgleichen sind Sicherheitsmaßnahmen bei der Beförderung gefährlicher Güter bedeutende Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt.

Allgemeiner ausgedrückt: Treffen die Zollbehörden zusammen mit oder im Namen von anderen Behörden Maßnahmen, so sind eine systematische Kommunikation und ein Austausch risikorelevanter Informationen notwendig11. In Angelegenheiten, die eine ernsthafte Gefahr für die Volksgesundheit und die Umwelt oder für den Schutz und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger darstellen, ist eine solche Kommunikation von entscheidender Bedeutung, um ein rechtzeitiges Eingreifen der zuständigen Behörde mit Blick auf eine Minderung und Kontrolle des Risikos sicherzustellen. Dies ist besonders wichtig, wenn versucht werden dürfte, Waren bei ihrem Eingang in die EU zu verstecken oder falsch anzumelden. Es sollte daher sichergestellt werden, dass in den verschiedenen Agenturen auf nationaler Ebene und auf EU-Ebene vorhandene Schlüsselinformationen in die Risikobewertung einfließen, damit deren Wirksamkeit verbessert werden kann.

3.3. Die Herausforderung für das Zollrisikomanagement: ein mehrschichtiger Ansatz

Der derzeitige Rahmen für das Risikomanagement reicht nicht aus, die Schutz- und Sicherheitsrisiken an den Außengrenzen anzugehen. Es müssen Maßnahmen getroffen werden, um die bestehenden Lücken zu füllen, und es wird ein neuer Ansatz für das EU-Risikomanagement benötigt.

Die Bewertung der Art des Risikos und dessen wahrscheinliche Auswirkungen, falls das Risiko eintritt, sollte der Entscheidung zugrunde liegen, ob Maßnahmen getroffen werden sollten oder nicht; wenn ja, sollten Ort, Art und Zeitplanung der durchzuführenden Prüfungen oder Abhilfemaßnahmen festgelegt werden.

Unterschiedliche Risiken erfordern unterschiedliche Antworten: Es wird davon ausgegangen, dass Handelsgeschäfte zwischen leicht zu ermittelnden sicheren Wirtschaftsteilnehmern ein geringeres Risiko beinhalten als andere; bestimmte Warenbewegungen lassen sich ohne weiteres als risikoreich einstufen. Aus diesem Grund ist die EU nicht für 100%iges Scanning oder 100 %ige Kontrolle, sondern vertritt die Ansicht, dass die Kontrollmaßnahmen entsprechend der Risikobewertung durchgeführt werden sollten.

Durch den Jemen-Zwischenfall traten mehrere Schlüsselpunkte klar zutage, denen bei der Ausarbeitung einer EU-Zollpolitik für die Sicherheit der Lieferkette Rechnung zu tragen ist. Dazu gehören zeitrelevante Risikominderungsmaßnahmen, die gleichzeitige Beteiligung mehrerer Mitgliedstaaten an einem einzigen Vorgang und ihre Interdependenz, der agenturenübergreifende und internationale Aspekt des Themas und das wesentliche Interesse der Industrie und der Beteiligten an dem System für den internationalen Handel und die Lieferkette. Diese miteinander verknüpften Elemente unterstreichen die Notwendigkeit eines proaktiven, interkonnektiven Ansatzes für das Risikomanagement, an dem zahlreiche Akteure beteiligt sind.

Die Antwort auf das Risiko einer in Luftfracht versteckten Sprengvorrichtung erfordert Maßnahmen vor der Verladung in einem Drittland, während andere Risiken, einschließlich solcher mit sicherheitsrelevanten und finanziellen Auswirkungen wie etwa illegaler Handel zur Finanzierung krimineller oder terroristischer Aktivitäten, Gegenstand von Kontrollen in einem weiteren Stadium der Lieferkette sein können. Des Weiteren gibt es auch Risiken, die effizienter und störungsfreier in den Räumlichkeiten der Wirtschaftsbeteiligten kontrolliert werden können. Viele finanz- und handelspolitischen Risiken können nach wie vor wirksamer bei der Zollabfertigung und im Zuge nachträglicher Kontrollen geprüft werden, wenn genauere Angaben und Unterlagen vorliegen. Eine wirksame Risikoanalyse ist von grundlegender Bedeutung, wenn solche Kontrollen gezielt durchgeführt werden sollen.

Eine frühzeitige Risikobewertung ist der Schlüssel zur Feststellung der Art und der Höhe des Risikos und aller möglichen Antworten. Eine Bewertung der Risiken noch vor Ankunft der Waren (und sogar vor deren Verladung) ermöglicht es den Zollbehörden und anderen Durchsetzungsbehörden, eine vielschichtige Antwort auf die Risiken auszuarbeiten und zu entscheiden, an welchem Punkt der Logistikkette am besten angesetzt werden kann, ohne dass die Sicherheit der EU-Mitgliedstaaten und der Bürgerinnen und Bürger in Gefahr gebracht wird. Ein optimales Risikomanagement sieht wie folgt aus:

Schaubild 2: Bestmögliches Risikomanagementverfahren:

Bewertung im Vorfeld - Eingreifen wenn erforderlich

Dieses proaktive Risikomanagement erfordert eine Rundumdie-Uhr-Überwachung der Lieferkette in Echtzeit an 365 Tagen im Jahr. Dabei ist es notwendig, dass alle Akteure, die ein gemeinsames Interesse am Schutz der Integrität der Lieferkette haben, beteiligt sind und ein Verfahrensrahmen vorhanden ist. Legitime Geschäftsinteressen müssen für die Risikoanalyse sachdienliche Informationen über die Lieferkette zur Verfügung stellen. Es könnte eine Struktur in Betracht gezogen werden, die die in der EU erforderliche agenturübergreifende Koordinierung und den Informationsaustausch ermöglicht. Auch die Möglichkeiten für eine Berücksichtigung von Informationen aus Drittländern müssen erwogen werden.

Ein solcher Ansatz unterstreicht die Notwendigkeit einer viel größeren Konvergenz bei der Nutzung von Informationen, Datenquellen, Instrumenten und Methoden, die die Zollbehörden einsetzen, um Risiken zu ermitteln und gewerbliche Sendungen in der Lieferkette zu analysieren. Eine Unterscheidung, beispielsweise zwischen Risikomanagement zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Sicherheitsrisiken und einem allgemeineren

Betrugskämpfungsanliegen, einschließlich Warenschmuggel, dürfte kontraproduktiv und ineffizient sein.

Das Fehlen eines einheitlichen Ansatzes behindert die Planung und den gezielten Einsatz der beschränkten Ressourcen und führt zu einer EU-weiten Verletzlichkeit.

4. EU-Zollriisikomanagement: Zukunftsperspektiven

Die Wirksamkeit und die Effizienz des Risikomanagements EU-grenzüberschreitender Sendungen sind für die Sicherheit, die Gesundheit und das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger sowie für den Handel und die wirtschaftlichen und finanziellen Interessen der EU und ihrer Mitgliedstaaten von größter Bedeutung. Komplexe Herausforderungen erfordern komplexe und integrierte Lösungen für die im derzeitigen Ansatz ermittelten Schwachstellen.

4.1. Gewährleistung der Qualität, der Verfügbarkeit und der Zusammenführung von Handelsdaten

Eine wichtige Priorität ist, dass die von den Wirtschaftsbeteiligten bereitgestellten hochwertigen Daten in den am Risikomanagement beteiligten Behörden auf geeigneter Ebene zur Verfügung stehen.

4.1.1. Qualität der Daten (" wer befördert was zu wem")

Im Anschluss an die Arbeiten der hochrangigen Arbeitsgruppe über die Erhöhung der Sicherheit von Luftfracht sollten die EU-Vorschriften und das Vorabinformationssystem für Frachtgut angenommen werden um sicherzustellen, dass die für eine wirksame Risikoanalyse erforderlichen Daten vorliegen.

Dazu gehören Einzelheiten über die an den Transaktionen und Warenbewegungen tatsächlich Beteiligten sowie eine angemessene Beschreibung der Waren für die Zwecke der Identifizierung und der elektronischen Risikoanalyse; die Einführung eines obligatorischen HS-Codes ist zumindest für gewerbliche Sendungen notwendig.

Die Übermittlungsmodalitäten, die erforderlich sind, um diese breitgefächerten Informationen von Verkehrsunternehmen und anderen Beteiligten zu erhalten, müssen vordringlich festgelegt werden. Eine gewisse Differenzierung zwischen den verschiedenen Handelsmodellen ist zu empfehlen (z.B. Containerschifffahrt auf See; Eilluftfracht; Postverkehr). Bei der Rechtsetzung in der EU sollte der Verwaltungsaufwand für Wirtschaftsbeteiligte und kleine und mittlere Unternehmen berücksichtigt werden. Außerdem gilt es der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, internationale Standards zu entwickeln und zu fördern.

4.1.2. Verfügbarkeit von Daten in allen zuständigen Zollbehörden

Je eher eine Risikobewertung der Warenbewegungen in einer Lieferkette vorgenommen werden kann, desto bessere Kontrollanforderungen können je nach Art des festgestellten Risikos ausgearbeitet und an das Logistikverfahren angepasst werden. Die Handelsdaten müssen möglichst früh auf eine Art und Weise aufgezeichnet werden, die eine wirksame Risikoanalyse und ein wirksames Risikomanagement erleichtert.

Die Daten müssen zahlreichen Mitgliedstaaten gleichzeitig zugänglich sein, um eine flexible Verwendung, Verwaltung und Nutzung zu fördern. Die Änderung der Übermittlungsmodalitäten kann es ermöglichen, Daten verschiedener Wirtschaftsbeteiligter, die in mehr als einem Mitgliedstaat zusammengetragen wurden, zu bündeln. Es sollte geprüft werden, wie dieses Ziel kostengünstig erreicht werden kann.

4.2. Einbindung der Wirtschaftsbeteiligten

Die Sicherheit und der Schutz der Integrität der Lieferkette liegen im gemeinsamen Interesse der Geschäftswelt und der Behörden.

4.2.1. Das Programm der EU für zugelassene Wirtschaftsbeteiligte (AEO)

Die erfolgreiche Einführung des Programms für zugelassene Wirtschaftsbeteiligte (AEO - Authorised Economic Operators) in der EU ist für die Anerkennung der Anstrengungen dieser Akteure von entscheidender Bedeutung und sorgt für erhebliche Vorteile.

Die Anerkennung des AEO-Status innerhalb der EU durch andere Behörden als Zollbehörden und durch die mit der Risikobewertung und -minderung der Lieferkette betrauten Stellen könnte für die Wirtschaftsbeteiligten mit bedeutenden Einsparungen und Vorteilen verbunden sein. Gleichermaßen könnte eine (vollständige oder teilweise) Anerkennung eines vergleichbaren EU-Status in anderen Bereichen (z.B. reglementierter Beauftragter im Luftverkehr) durch die Zollbehörden die Wirksamkeit der risikobasierten Auswahl verbessern.

Die Ausweitung der Vorteile für AEO aus der EU auf internationaler Ebene sowie die gegenseitige Anerkennung vergleichbarer Programme in Drittländern sollten Priorität erhalten.

4.2.2. Zusammenarbeit mit rechtmäßig handelnden Wirtschaftsbeteiligten zur Aufdeckung von illegalem Handel

Eine umfassende Einbeziehung der Wirtschaftsbeteiligten eröffnet die Aussicht auf weitere wichtige Vorteile für das Risikomanagement, wenn nämlich die Handelspartner für die Bedeutung der Qualität der zu übermittelnden Daten sensibilisiert und die Kenntnisse im Zusammenhang mit der Lieferkette verbessert werden, um so Sicherheitslücken und Gefahren besser identifizieren zu können.

Den Wirtschaftsbeteiligten vorliegende wertvolle Daten sollten von den Behörden für die Risikoanalyse ausgewertet werden.

4.3. Beseitigung von Unterschieden bei den Risikomanagementkapazitäten

Es gilt nicht nur, die Kapazitätsunterschiede bei der Informationsanalyse zu beseitigen, sondern auch dem unterschiedlichen Informationsstand in den einzelnen Mitgliedstaaten abzuhelfen. Daher sind kombinierte Maßnahmen auf nationaler Ebene und auf EU-Ebene in Betracht zu ziehen.

4.3.1. Ebene der Mitgliedstaaten

Es ist notwendig, Kapazitäten aufzubauen, um die in jedem Mitgliedstaat bestehenden Lücken zu schließen. Dazu gehört die Anpassung nationaler elektronischer Risikoanalyseinstrumente an gemeinsame technische Spezifikationen, um die Einführung der erforderlichen Standards sicherzustellen. Das bedeutet auch, dass angemessene Ressourcen für ein Risikomanagement rund um die Uhr bereitgestellt und fundierte Fachkenntnisse in Sachen Risikoermittlung und -minderung (z.B. durch Schulungen) gewährleistet werden.

4.3.2. EU-Ebene

Die Maßnahmen der Mitgliedstaaten können helfen, Lücken bei den Risikoanalysekapazitäten auf nationaler Ebene zu schließen. Für sich genommen reichen sie jedoch nicht aus, um kollektive, EU-weite Risikomanagementfragen zu behandeln, die mit der Fragmentierung der Informationsflüsse aufgrund der geographischen Lage und der Art der internationalen Logistikketten zusammenhängen.

Kapazitäten und Ressourcen der Mitgliedstaaten müssen auf EU-Ebene besser gebündelt werden, damit die Ziele des EU-Risikomanagements an allen Stellen der Außengrenze wirksamer erreicht werden können. Auch wenn spezifische lokale, regionale und nationale Merkmale des Risikomanagements anerkannt und beachtet werden, so würden doch zusätzliche Kapazitäten auf EU-Ebene eine dynamische kostenwirksame Ergänzung zu nationalen Maßnahmen bedeuten. Dabei könnte es sich beispielsweise um den Echtzeit-Einsatz eines elektronischen Risikoanalyseinstruments handeln, mit dem die nationalen technischen Kapazitäten verstärkt werden, sowie um die Verbesserung der Kompetenzen beim Umgang mit Gefahren und Risiken, die allen Mitgliedstaaten gemein sind. Ein Instrumentarium auf EU-Ebene würde insbesondere Folgendes ermöglichen:

Die Möglichkeiten, die sich aus dem künftigen Programm Zoll 2020 ergeben, beispielsweise der Einsatz von Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten in Form von Sachverständigengruppen an einem bestimmten Ort, sollten voll ausgeschöpft werden. Die Bündelung solcher Ressourcen auf EU-Ebene wäre hilfreich, um die Fragmentierung der Informationsflüsse anzugehen, Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Risikomanagementkapazitäten zwischen den Mitgliedstaaten zu beseitigen und einen einheitlichen Standard für elektronische Risikoanalyse und Risikomanagement zu gewährleisten.

4.4. Koordinierung mit anderen Behörden und Agenturen

Eine der wichtigsten Schlussfolgerungen nach dem Jemen-Zwischenfall besteht darin, dass es unbedingt erforderlich ist, zu einer strukturierteren und systematischeren Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Zollbehörden und anderen Behörden zu gelangen, insbesondere in Situationen, in denen ein Risiko besser auf EU-Ebene bewältigt werden kann. Das heißt im Besonderen:

Der Mehrwert derartiger Vorkehrungen wäre noch größer, wenn solche Informationen einheitlich und unverzüglich in Echtzeit auf EU-Ebene angewendet würden, da dadurch eine frühestmögliche Antwort auf gemeinsame Gefahren und Risiken gewährleistet würde und die weiter oben angeführten Schwachstellen beseitigt werden könnten.

4.5. Internationale Zusammenarbeit

Ein wirksames Risikomanagement hängt von einer starken internationalen Zusammenarbeit ab, sowohl bilateral als auch multilateral. Eine enge Zusammenarbeit mit unseren wichtigsten Handelspartnern sorgt für eine Erweiterung von Kenntnissen und Informationen. Außerdem trägt sie zu einer Verbreitung der Kenntnisse über Risikomanagementmethoden und -techniken auf internationaler Ebene bei.

Die EU sollte Initiativen zur Verbesserung des Informationsaustauschs mit den wichtigsten Handelspartnern und Nachbarländern weiterverfolgen, die gegenseitige Anerkennung von Handelspartnerschaftsprogrammen fördern, gemeinsame Schulungen durch den Austausch von Mitarbeiten unterstützen und gemeinsame Standards ausarbeiten; sie sollte die laufenden Arbeiten an einem gemeinsamen Risikomanagementrahmen mit den Partnern, die an dem EU-Zollsicherheitsbereich beteiligt sind, abschließen; schließlich sollte sie die internationalen Arbeiten an Standards (z.B. im Rahmen von "SAFE") in multilateralen Organisationen wie WZO, ICAO, IMO und WPV unterstützen, und zwar im Zusammenhang mit dem Risikomanagement und der Sicherheit der Lieferkette, einschließlich Vorabinformationen über alle Sendungen, Informationsaustausch, Handelspartnerschaftsprogramme und Detektionstechnologien.

5. Fazit

Handelspartner, Mitgliedstaaten und die Bürgerinnen und Bürger in der EU haben alle ein Interesse an einem wirksamen Risikomanagement. Eine engere Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsbeteiligten ist notwendig, um die erwünschten Standards für die Risikoanalyse zu erreichen, den rechtmäßigen Handel zu erleichtern und den illegalen Handel besser zu bekämpfen. Dies und ein systematischerer Austausch risikorelevanter Informationen, eine systematischere Koordinierung zwischen den Zollbehörden, anderen Behörden oder Agenturen und eine enge internationale Zusammenarbeit werden zu einer Verbesserung der Sicherheit und der Integrität der Lieferkette führen.

Bevor konkrete Maßnahmen zur Stärkung des Zollrisikomanagements getroffen werden, ersucht die Kommission den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den in dieser Mitteilung dargestellten Ansatz zu prüfen.