Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen
Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation
(Marktmanipulations-Konkretisierungsverordung - MaKonV)



A. Zielsetzung

Mit dem Verordnungsentwurf wird die Verordnungsermächtigung des Artikels 1 § 20a Abs. 5 des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes umgesetzt.

B. Lösung

§ 2a Abs. 5 des Wertpapierhandelsgesetzes enthält eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Finanzen, wonach nähere Bestimmungen getroffen werden können über

Mit der vorliegenden Verordnung sollen weitere Teile der EU-Marktmissbrauchsrichtlinie (2003/6/EG) sowie der auf der Grundlage dieser Richtlinie ergangenen Durchführungsrichtlinien der Kommission (2003/124/EG und 2004/72/EG) in nationales Recht umgesetzt werden.

Die Verordnung ersetzt insoweit die Regelungen der am 28. November 2003 in Kraft getretenen Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Kurs- und Marktpreismanipulation (BGBl. 2003 I, S. 2300). Für Kursstabilisierungsmaßnahmen und Aktienrückkaufprogramme, welche bislang ebenfalls in der KuMaKV geregelt waren, wurde in der unmittelbar geltenden EU-Verordnung Nr. 2273/2003 der Kommission vom 22. Dezember 2003 eine entsprechende Regelung geschaffen. Dieser Bereich ist damit dem nationalen Gesetz- und Verordnungsgeber entzogen.

Nach der Darstellung des Anwendungsbereichs im ersten Teil konkretisiert die Verordnung im zweiten Teil die Begriffe der bewertungserheblichen Umstände für Finanzinstrumente, der falschen oder irreführenden Signalen zum Erwerb oder den Verkauf von Finanzinstrumenten sowie das Vorliegen einer sonstigen Täuschungshandlung im Sinn des § 20a WpHG. Die Verordnung enthält im dritten Teil einen Verweis auf die EU-Verordnung Nr. 2273/2003 über so genannte "Safe-Harbours", also Handlungen, welche in keinem Fall einen Verstoß gegen das Verbot des § 20a Abs. 1 WpHG darstellen und regelt die Anerkennung ausländischer Stabilisierungsregeln. Der vierte Teil der Verordnung bestimmt das Verfahren zur Feststellung einer zulässigen Marktpraxis durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin).

Ziel der vorliegenden Verordnung ist es einerseits, den Marktteilnehmern Leitlinien an die Hand zu geben, die deutlich machen, welche Handlungen oder Unterlassungen als Kurs- oder Marktpreismanipulation im Sinne des § 20a Abs. 1 WpHG einzustufen sind und welche Handlungen in keinem Fall einen solchen Verstoß darstellen. Zum anderen wird in der Verordnung das Verfahren zur Feststellung einer zulässigen Marktpraxis geregelt.

Die Verordnung bedarf nach § 20a Abs. 5 Satz 1 WpHG der Zustimmung des Bundesrats.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

E. Sonstige Kosten

Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten.

F. Gleichstellungspolitische Auswirkungen

Keine

Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen
Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation (Marktmanipulations-Konkretisierungsverordung - MaKonV)

Bundeskanzleramt Berlin, den 5. Januar 2005
Staatsminister beim Bundeskanzler


An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck



Sehr geehrter Herr Präsident,


hiermit übersende ich die vom Bundesministerium der Finanzen zu erlassende Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation (Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung - MaKonV) mit Begründung und Vorblatt.

Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.


Mit freundlichen Grüßen



Rolf Schwanitz

Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation (Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung - MaKonV) Vom...

Auf Grund des § 20a Abs. 5 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes, der durch Artikel 1 Nr. 7 des Gesetzes vom 28. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2630) neu gefasst worden ist, verordnet das Bundesministerium der Finanzen:

Teil 1
Anwendungsbereich

§ 1 Anwendungsbereich

Die Vorschriften dieser Verordnung sind anzuwenden auf

Teil 2
Bewertungserhebliche Umstände, falsche oder irreführende Signale oder künstliches Preisniveau und sonstige Täuschungshandlungen

§ 2 Bewertungserhebliche Umstände

4. Kapital- und Finanzierungsmaßnahmen.

§ 3 Falsche oder irreführende Signale oder künstliches Preisniveau

§ 4
Sonstige Täuschungshandlungen

Teil 3
Handlungen, die in keinem Fall einen Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation darstellen

§ 5 Handlungen im Einklang mit europäischem Recht

§ 6 Anerkennung ausländischer Stabilisierungsregeln

Teil 4
Zulässige Marktpraxis

§ 7 Verfahren zur Anerkennung einer zulässigen Marktpraxis

§ 8 Kriterien

§ 9 Beteiligung von Marktteilnehmern, Behörden und ausländischen Stellen

§ 10 Bekanntgabe

Teil 5
Schlussvorschriften

§ 11 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Kurs- und Marktpreismanipulation vom 18. November 2003 (BGBl. I S. 2300) außer Kraft.

Der Bundesrat hat zugestimmt.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG) wird das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG neu gefasst. Die Überschrift von § 2a WpHG lautet nunmehr "Verbot der Marktmanipulation". Inhaltlich haben sich im Wesentlichen folgende Änderungen ergeben: In § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG werden neben unrichtigen auch irreführende Angaben über bewertungserhebliche Umstände erfasst. In § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG, der dem bisherigen § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG entspricht, wird das subjektive Merkmal der Preiseinwirkungsabsicht durch die objektive Einwirkungseignung ersetzt.
Um die Vorgabe des Art. 1 Nr. 2 lit. a der Richtlinie 2003/6/EG (Marktmissbrauchsrichtlinie) umzusetzen, wurde ein neuer § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG eingefügt. Dieser verbietet Geschäfte oder Kauf- oder Verkaufaufträge, die geeignet sind, falsche oder irreführende Sig nale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. § 20a Abs. 2 WpHG enthält für dieses Verbot eine Einschränkung bei Bestehen legitimer Gründe und - kumulativ - der Vereinbarkeit mit einem von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bundesanstalt) aufzustellenden Katalog zulässiger Marktpraktiken.

Kursstabilisierungsmaßnahmen und Aktienrückkaufprogramme werden in der EU-Verordnung Nr. 2273/2003 der Kommission vom 22. Dezember 2003 einem Safe Harbour zugeordnet, so dass dieser Regelungsbereich dem nationalen Gesetz- und Verordnungsgeber entzogen ist. Die entsprechenden Regelungen der Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Kurs- und Marktpreismanipulation (KuMaKV) können daher nicht bestehen bleiben.

§ 20a Abs. 5 WpHG ermächtigt das Bundesministerium der Finanzen, in einer Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen zu erlassen über

Auf Grundlage dieser Ermächtigung werden die Regelungen aus der bisherigen KuMaKV übernommen, soweit diese mit der neuen Fassung des § 2a WpHG vereinbar sind, und im Übrigen die notwendigen Ergänzungen vorgenommen. Die Ergänzungen in dieser Verordnung gegenüber der KuMaKV dienen in erster Linie der Umsetzung einzelner Bestimmungen aus der Marktmissbrauchsrichtlinie und aus zwei dazu ergangenen Durchführungsrichtlinien, soweit dies noch nicht durch das AnSVG geschehen ist. Es handelt sich dabei insbesondere um

B. Besonderer Teil

Zur Überschrift

Der Titel der Verordnung einschließlich der Kurzbezeichnung sollen der geänderten Überschrift des § 20a WpHG angepasst werden: Die Verordnung konkretisiert das Verbot der Marktmanipulation.

Zu Teil 1 (Anwendungsbereich)

Zu § 1 (Anwendungsbereich)

In der Neufassung von § 2a WpHG hat der Begriff des "Vermögenswertes" keine Verwendung mehr gefunden. Stattdessen knüpft die Vorschrift an den durch die Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie eingeführten Begriff "Finanzinstrument" an, der konsequenterweise auch in die MaKonV Eingang findet. § 20a Abs. 4 WpHG erstreckt den Anwendungsbereich des Marktmanipulationsverbots auf Waren und ausländische Zahlungsmittel im Sinne des § 63 Abs.2 BörsG, so dass der sachliche Schutzbereich der Norm wie auch dieser Verordnung im Ergebnis nicht reduziert ist.

Die Nummern 2 und 5 entsprechen den Vorgaben in § 20a Abs. 5 Nr. 2 und 5 WpHG. Nummer 3 entspricht § 1 Nr. 2 KuMaKV. Die sonstigen Täuschungshandlungen sind in § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG geregelt. Nummer 4 entspricht § 1 Nr. 3 KuMaKV. Statt von "Kurs - und Marktpreismanipulation" wird in § 20a WpHG nunmehr von Marktmanipulation gesprochen.

Zu § 2 (Bewertungserhebliche Umstände)

Die Änderung in Absatz 1 gegenüber § 2 Abs. 1 KuMaKV soll einen Gleichlauf mit der Regelung in § 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 WpHG in der Fassung des Anlegerschutzverbesserungsgesetz herbeiführen, um ein einheitliches Verständnis bei der Auslegung beider Vorschriften zu fördern. Auch zukünftige Umstände können Gegenstand unrichtiger Angaben sein, wenn ihr Eintritt aufgrund konkreter Anhaltspunkte hinreichend wahrscheinlich ist.

Durch die Änderung in Absatz 2 gegenüber § 2 Abs.2 KuMaKV wird berücksichtigt, dass § 15 Abs. 1 WpHG nunmehr die Veröffentlichung von Insiderinformationen verlangt, wie sie in § 13 Abs. 1 WpHG definiert sind. Sind die Voraussetzungen für eine Selbstbefreiung von der Veröffentlichungspflicht nach § 15 Abs. 3 WpHG gegeben und macht der Emittent von dieser Möglichkeit Gebrauch, so erfüllt die Nichtveröffentlichung den Tatbestand der Marktmanipulation nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG nicht, da es an einem Verschweigen entgegen bestehenden Rechtsvorschriften fehlt. § 15 Abs. 3 WpHG gestattet jedoch nicht, im Zeitraum der rechtmäßigen Selbstbefreiung unrichtige Angaben über die verschwiegenen Umstände zu machen, denn es handelt sich um ein Schweigerecht, aber nicht um ein Recht zur Lüge. Insiderinformationen verlieren ihre Qualität als bewertungserhebliche Umstände im Sinne von § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG folglich nicht dadurch, dass der Emittent (vorübergehend) von der Pflicht zu ihrer Veröffentlichung befreit ist.

In Bezug auf die bisherigen Nummern 3 und 6 bis 10 in § 2 Abs. 3 KuMaKV wird durch einen geänderten Einleitungssatz in Absatz 3 deutlich gemacht, dass es sich in diesen Fällen immer um bewertungserhebliche Umstände handelt. Da die Wertung jeweils durch die einzelnen Regelbeispiele vorgegeben ist, erübrigt sich eine weitere Ermessensebene in Form des Wortes "können" im Einleitungssatz.

In Absatz 4 werden die bisherigen Nummern 1, 2, 4 und 5 des § 2 Abs. 3 KuMaKV aufgeführt, bei denen auch weiterhin eine Bewertung im Einzelfall geboten ist, weil die Erfüllung dieser Regelbeispiele nicht zwingend zur Annahme eines bewertungserheblichen Umstandes führen muss.

Zu § 3 (Falsche oder irreführende Signale oder künstliches Preisniveau)

Mit Absatz 1 werden die Vorgaben aus Art. 4 der Richtlinie 2003/124/EG in deutsches Recht umgesetzt. Es handelt sich um Anhaltspunkte, die bei der Feststellung falscher oder irreführender Signale oder eines künstlichen Preisniveaus zu berücksichtigen sind. Die Nennung dieser Faktoren dient dazu, den Marktteilnehmern zusätzliche Rechtssicherheit im Hinblick auf die Abgrenzung von nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG verbotenem zu legalem Verhalten zu geben. Die Bundesanstalt muss sich bei ihrer Überwachungstätigkeit nach den hier geregelten Anzeichen für das Vorliegen einer Marktmanipulation richten, ohne dass die Aufzählung abschließend wäre. Das Vorliegen eines der genannten Anzeichen führt gleichwohl nicht zwingend zur Annahme einer Marktmanipulation. Vielmehr kann die nach Art. 4 der Richtlinie 2003/124/EG erforderliche Einzelfallbetrachtung überwiegende Gründe für ein gesetzeskonformes Verhalten ergeben.

Die unter Nummer 1 zusammengefassten Anzeichen für falsche oder irreführende Signale oder ein künstliches Preisniveau können sowohl durch abgeschlossene Geschäfte als auch durch Kauf- oder Verkaufaufträge ausgelöst werden. Den Anzeichen unter Buchstabe a bis d ist gemeinsam, dass sie unter anderem auf "erhebliche Preisänderungen" abstellen. Gerade eine durch einzelne Geschäfte bewirkte erhebliche Preisänderung kann ein deutliches Anzeichen für eine Marktmanipulation sein. Dieser Umstand ändert jedoch nichts daran, dass eine strafbare Marktmanipulation nach § 38 Abs. 2 in Verbindung mit § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG lediglich die Einwirkung auf einen Börsen- oder Marktpreis voraussetzt, ohne dass diese Einwirkung erheblich sein müsste.

Nummer 1 Buchstabe a) beruht auf Art. 4 Buchstabe a) der Richtlinie 2003/124/EG. Danach geht eine Marktmanipulation häufig mit Geschäften oder Aufträgen einher, die aufgrund ihres großen Anteils am Gesamtvolumen aller Transaktionen mit diesem Finanzinstrument an einem Markt ein ausreichendes Preiseinwirkungspotential haben. Unter einem Markt ist jeder börsliche oder außerbörsliche Markt zu verstehen, an dem Angebot und Nachfrage bezüglich Finanzinstrumenten zusammengeführt und Preise gebildet werden. Der manipulative Charakter derartiger Geschäfte oder Aufträge ist jedoch im Einzelfall unter Heranziehung weiterer Umstände zu prüfen, da das Volumen für sich genommen keine Manipulation begründet. Wird eine erhebliche Preisänderung bewirkt, die in einer Steigerung, Senkung oder künstlichen Beibehaltung des Preises bestehen kann, so ist die tatbestandsbezogene Indizwirkung der großvolumigen Geschäfte oder Aufträge als verstärkt anzusehen.

Mit Buchstabe b) wird den Vorgaben aus Art. 4 Buchstabe b) der Richtlinie 2003/124/EG Rechnung getragen. Wer über eine vergleichsweise große Kauf- oder Verkaufsposition in einem bestimmten Finanzinstrument verfügt und vermittels Geschäften oder Aufträgen den Börsen- oder Marktpreis dieser Finanzinstrumente erheblich steigert, senkt oder künstlich beibehält, setzt Anhaltspunkte dafür, den Preis manipuliert zu haben, da er ein wirtschaftliches Interesse an einer Preiseinwirkung gehabt haben kann.

Buchstabe c) beruht auf Art. 4 Buchstabe d) der Richtlinie 2003/124/EG. Anzeichen für eine Marktmanipulation sind danach Umkehrungen von Positionen in Finanzinstrumenten, die innerhalb eines kurzen Zeitraums vermittels Geschäften oder Aufträgen vorgenommen werden, da es sich hierbei um ein geläufiges Verfahren handelt, um künstlich Umsätze und Handelsaktivität zu generieren und letztlich auf den Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstruments einzuwirken.

Durch Buchstabe d) wird Art. 4 Buchstabe e) der Richtlinie 2003/124/EG umgesetzt. Durch die Konzentration von Geschäften oder Aufträgen innerhalb einer kurzen Zeitspanne kann man Preise künstlich steigern, senken oder beibehalten. Die umgekehrte Preisänderung im Anschluss an die Phase der geballten Geschäftsaktivität deutet darauf hin, dass es sich zuvor um ein künstlich bewirktes Preisniveau gehandelt hat. Buchstabe e) dient der Umsetzung von Art. 4 Buchstabe g) der Richtlinie 2003/124/EG und betrifft die bisher in § 3 Abs. 2 Nr. 4 KuMaKV geregelten Fälle der Marktmanipulation. Erfasst sind Geschäfte oder Aufträge gerade in bestimmten Zeitspannen, die für die Schlussnotierung eines Tages oder den Abrechnungskurs von Derivatekontrakten ausschlaggebend sind.

Mit Nummer 2 wird der Bestimmung aus Art. 4 Buchstabe f) der Richtlinie 2003/124/EG nachgekommen. Werden Kauf- oder Verkaufsaufträge vor ihrer Ausführung annulliert, nachdem sie zuvor das Bild der Orderlage geprägt haben, könnten den Marktteilnehmern falsche oder irreführende Signale über Angebot oder Nachfrage bezüglich eines Finanzinstruments gegeben worden sein.

Nummer 3 erfasst die bisher von § 3 Abs. 2 Nr. 1 KuMaKV geregelten Manipulationsfälle, in denen Geschäfte entgegen ihrem äußeren Anschein wirtschaftlich betrachtet keine Vermögensverschiebung bewirken. Art. 4 Buchstabe c) der Richtlinie 2003/124/EG ordnet die Anzeichen für diese Fallgruppe dem neuen § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG zu. Obwohl die Neuregelung nicht mehr die bisherige Form eines zwingenden Beispiels von Marktmanipulation, sondern aufgrund der Richtlinienvorgaben den Charakter eines Anzeichens hat, ist damit keine Herabstufung bei der Illegalität derartiger Scheingeschäfte verbunden. Vielmehr wird in diesen Fällen auch zukünftig eine Marktmanipulation nur dann zu verneinen sein, wenn die besonderen Umstände der Transaktion den Marktteilnehmern im Vorhinein hinreichend transparent gemacht worden sind. Ein Wertpapierdarlehen, welches außerhalb eines Marktes zwischen zwei Personen vereinbart und ausgeführt wird, erfüllt in der Regel schon deshalb nicht die Voraussetzung dieses Anzeichens, da es sich nicht auf die Bildung von Börsen- oder Marktpreisen auswirken kann.

Absatz 2 stimmt im Wesentlichen mit § 3 Abs.2 Nr. 2 bis 4 KuMaKV überein. Die dort geregelten Beispiele für sonstige Täuschungshandlungen werden nun dem neu geschaffenen Tatbestand des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG zugeordnet. Der Tatbestand ,irreführende Signale" wurde durch das AnSVG aufgrund der Vorgaben der Marktmissbrauchsrichtlinie aus dem Tatbestand der "sonstigen Täuschungshandlungen" ausgegliedert und als eigenständige Alternative der Marktmanipulation kodifiziert.

Nummer 1 übernimmt die Regelung des § 3 Abs. 2 Nr. 4 KuMaKV und dient zugleich der Umsetzung des zwingenden Regelbeispiels nach Art. 1 Nr. 2 Buchstabe c) 2. Spiegelstrich der Richtlinie 2003/6/EG über Marktmissbrauch. Sofern bei Börsenschluss gekauft oder verkauft wird und die Anleger dadurch über die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse an der Börse getäuscht werden, ist der objektive Tatbestand einer Marktmanipulation nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG erfüllt, ohne dass es auf eine weitergehende Prüfung, etwa anhand des Anzeichens nach Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe e), ankommt. Zu einer Täuschung über die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse kommt es etwa dann, wenn der Eindruck wirtschaftlich begründeten Kauf- oder Verkaufsinteresses erweckt wird, wo in Wirklichkeit nur der Schlusspreis beeinflusst werden soll. Nummer 2 entspricht dem bisherigen § 3 Abs. 2 Nr. 2 KuMaKV. Nummer 3 entspricht dem bisherigen § 3 Abs. 2 Nr. 3 KuMaKV.

Zu § 4 (Sonstige Täuschungshandlungen)

§ 4 ersetzt die nähere Bestimmung sonstiger Täuschungshandlungen in § 3 Abs. 1 und 3 KuMaKV. Neben der allgemeinen Definition in Absatz 1 und den Regelbeispielen in Absatz 3 enthält diese Vorschrift in Absatz 2 Anzeichen für sonstige Täuschungshandlungen.

Die Änderungen in Absatz 1 gegenüber dem bisherigen § 3 Abs. 1 KuMaKV dienen der Klarstellung, dass sonstige Täuschungshandlungen nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG keinen kommunikativen Erklärungswert zu haben brauchen. Ein Täuschungserfolg in Form eines Irrtums seitens der Marktteilnehmer ist nicht erforderlich, die Handlung oder das Unterlassen muss lediglich geeignet sein, bei einem verständigen Anleger eine Fehlvorstellung über die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse an einer Börse oder einem Markt, etwa Angebot und Nachfrage in Bezug auf ein Finanzinstrument, hervorzurufen. Eine derartige Irreführung umfasst auch die Fehlvorstellung, beide Vertragspartner effektiver Geschäfte beabsichtigten die Übertragung von Finanzinstrumenten, während sie in Wirklichkeit die Ausführung ihrer Geschäfte nur in Kauf nehmen, um ihr eigentliches Ziel der Preiseinwirkung zu erreichen. Unter "Angebot und Nachfrage in Bezug auf ein Finanzinstrument" soll damit nur das - nicht notwendig den Marktteilnehmern bekundete - Primärinteresse an der Geschäftsausführung verstanden werden. Der Maßstab des verständigen Anlegers entspricht § 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 WpHG und § 2 Abs. 1 Satz 1 dieser Rechtsverordnung. Der Begriff des "Vermögenswertes wurde infolge des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes durch "Finanzinstrument" ersetzt, wobei der sachliche Anwendungsbereich der Norm durch § 2a Abs. 4 WpHG mitbestimmt wird. Der bisherige § 3 Abs. 2 Nr. 1 KuMaKV ist als ;,sonstige Täuschungshandlung" zu streichen, da Geschäfte zwischen wirtschaftlich identischen Personen nun von § 3 Abs. 1 Nr. 3 erfasst sind.

Absatz 2 nennt Anzeichen für sonstige Täuschungshandlungen. Wie in § 3 gibt die Richtlinie 2003/124/EG über deren Art. 5 auch für die Fallgruppe der sonstigen Täuschungshandlungen Anhaltspunkte vor, aufgrund derer eine Marktmanipulation festgestellt werden kann. Hier wie dort handelt es sich nicht um eine abschließende Aufzählung. Im Einzelfall kann trotz Vorliegen eines hier normierten Anzeichens eine Marktmanipulation verneint werden, wenn entgegenstehende Gründe dies gebieten:

Mit Nummer 1 wird den Vorgaben aus Art. 5 Buchstabe a) der Richtlinie 2003/124/EG Rechnung getragen. Wer vor oder nach einer Transaktion oder der Erteilung von Kauf- oder Verkaufsaufträgen falsche oder irreführende Informationen weitergibt, gibt Anhaltspunkte dafür, dass er andere hierdurch zu Geschäften verleiten will, um von dieser Täuschung auf dem Kapitalmarkt zu profitieren, so dass ein Anzeichen für eine Marktmanipulation nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG gegeben ist. Die Weitergabe kann an einen unbestimmten Personenkreis oder an bestimmte Dritte erfolgen.

Ähnlich wie Nummer 1 beschreibt auch Nummer 2, die der Umsetzung von Art. 5 Buchstabe b) der Richtlinie 2003/124/EG dient, ein Anzeichen für eine Täuschungshandlung durch Fehlinformation des Kapitalmarktes, hier durch die Erstellung oder Weitergabe von Finanzanalysen nach § 34b Abs. 1 Satz 1 WpHG oder von Anlageempfehlungen. Die Finanzanalysen oder Anlageempfehlungen müssen dabei inhaltlich oder der Form nach mit Fehlern behaftet, von wirtschaftlichen Interessen geleitet oder durch sonstige Voreingenommenheit beeinflusst sein.

Mit der im Vergleich zu § 3 Abs. 3 KuMaKV geänderten Formulierung des Satzbeginns von Absatz 3 soll deutlich gemacht werden, dass die hier geregelten Fälle Regelbeispiele sonstiger Täuschungshandlungen sind und keine abschließende Aufzählung darstellen.

Nummer 1 wird im Vergleich zu § 3 Abs. 3 Nr. 1 KuMaKV an die Vorgaben in Art. 1 Nr. 2 Buchstabe c), l. Spiegelstrich, der Richtlinie 2003/6/EG über Marktmissbrauch angepasst. Danach kommt es auf ein Ausnutzen der marktbeherrschenden Stellung nicht mehr an. Vielmehr reicht es aus, wenn eine marktbeherrschende Stellung gesichert wird, aufgrund derer faktisch die Preisbildung kontrolliert wird, ohne dass dies bezweckt worden sein müsste. Dabei reicht die Bestimmung von Angebots- oder Nachfragepreisen aus. Neben der Preiskontrolle genügt zukünftig das Hervorrufen unfairer Handelsbedingungen durch die marktbeherrschende Stellung. Nicht marktgerechte Handelsbedingungen herrschen nicht nur bei einer unfairen Preisbildung, sondern auch bei einer Beeinträchtigung sonstiger Bedingungen, die für die Funktionsfähigkeit der Märkte und deren Nutzen für die Marktteilnehmer von Bedeutung sind. Die Sicherung einer marktbeherrschenden Stellung liegt in der Regel nicht vor, wenn der Emittent selbst oder ein mit ihm verbundenes Unternehmen von ihm ausgegebene Finanzinstrumente an einem Markt durch das Einstellen von Kauf- oder Verkaufsaufträgen betreuen muss, um einen Handel zu ermöglichen (z.B. im Optionsscheinhandel). Nummer 2 wird an die Vorgaben in Art. 1 Nr. 2 Buchstabe c), 3. Spiegelstrich, der Richtlinie 2003/6/EG über Marktmissbrauch angepasst. Über Empfehlungen hinaus kann der Tatbestand zukünftig auch durch die Abgabe sonstiger Meinungen oder Gerüchte erfüllt sein. Inwieweit die Gerüchte zutreffen oder die Meinungen sachlich begründet sind, ist für die Erfüllung dieses Regelbeispiels unerheblich. Einschränkend gilt aber, dass die handelnde Person Positionen in dem betreffenden Finanzinstrument innehaben muss. Das Regelbeispiel greift nicht, sofern ein solcher Interessenkonflikt zusammen mit der Kundgabe der Stellungnahme oder des Gerüchts angemessen und wirksam offenbart wird.

Zu Teil 3 (Handlungen, die in keinem Fall einen Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation darstellen)

Die Änderung passt die Überschrift des dritten Teils an die Bezeichnung des § 20a WpHG an.

Zu § 5 (Handlungen im Einklang mit europäischem Recht)

Die Vorschriften des 3. Teils wurden bis auf die Bestimmung zur Anerkennung ausländischer Stabilisierungsregeln in § 11 KuMaKV, nunmehr § 5 MaKonV, gestrichen, da die EU-Verordnung Nr. 2273/2003 (Ausnahmeregelungen für Rückkaufprogramme und Kursstabilisierungsmaßnahmen) als unmittelbar geltendes Recht vorrangig ist und insoweit kein Gestaltungsspielraum mehr für den nationalen Gesetzgeber besteht. Der Verweis auf den in § 20a Abs. 3 WpHG in Verbindung mit der EU-Verordnung geregelten "Safe Harbour" wird aus Gründen der Klarstellung in diese Rechtsverordnung aufgenommen.

Zu § 6 (Anerkennung ausländischer Stabilisierungsregeln)

Aufgrund der vorrangigen EU-Verordnung zu Rückkaufprogrammen und Stabilisierungsmaßnahmen darf eine gesonderte Bestimmung zur Anerkennung ausländischer Stabilisierungsregeln nur noch für solche Stabilisierungsmaßnahmen getroffen werden, die außerhalb des EU-/EWR-Raumes vorgenommen werden und den inländischen Preis eines solchen Finanzinstruments beeinflussen, welches nicht an einem organisierten Markt eines EU-/EWR-Staates zugelassen (oder dessen Zulassung dort beantragt) ist. Ein Anwendungsbereich ergibt sich somit erst aus der Tatsache, dass nach § 20a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WpHG - außerhalb des Regelungsbereiches der Marktmissbrauchsrichtlinie - auch die lediglich in den geregelten Markt oder in den Freiverkehr einbezogenen Finanzinstrumente in den Schutzbereich des Marktmanipulationsverbots aufgenommen werden. Da die Richtlinie über diese einbezogenen Finanzinstrumente keine Regelungen trifft, steht es dem nationalen Gesetzgeber frei, die Verbote und Gebote der Marktmissbrauchsrichtlinie hierauf zu erstrecken, oder aber abweichende Bestimmungen zu treffen.

Aus diesem Grund werden zukünftig ausländische Stabilisierungsregeln in den Fällen anerkannt, in denen durch Maßnahmen im Nicht-EU-/EWR-Ausland auf den Preis eines Finanzinstruments eingewirkt wird, welches in Deutschland in den geregelten Markt oder in den Freiverkehr einbezogen ist, ohne gleichzeitig an einem organisierten Markt im EU-/EWR-Raum zugelassen zu sein, sofern diese Stabilisierungsregeln denjenigen der EU-Verordnung gleichwertig sind.

Die Vorschrift des § 20a Abs. 3 Satz 2 WpHG, die den Anwendungsbereich der EU Verordnung entsprechend auf den Freiverkehr ausdehnt, schließt eine Anerkennung ausländischer Stabilisierungsregeln für den genannten Anwendungsbereich in dieser Verordnung nicht aus:

Zu Teil 4 (Zulässige Marktpraxis)

Zu § 7 (Verfahren zur Anerkennung einer zulässigen Marktpraxis)

Aufgrund von Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2004/72/EG sieht Absatz 1 Satz 1 vor, dass die Bundesanstalt über die Anerkennung einer Marktpraxis entscheidet, sobald sie im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit von einer möglichen Gepflogenheit im Sinne von § 20a Abs. 2 WpHG erfährt. Insbesondere in Verfahren wegen Marktmissbrauch prüft sie stets, ob für die Beurteilung des Sachverhalts eine Marktpraxis relevant ist, die als zulässig anerkannt werden könnte. In diesen Fällen darf das Vorliegen von Marktmanipulation nicht festgestellt werden, bevor die Bundesanstalt über die Zulässigkeit der Marktpraxis entschieden hat. § 20a Abs. 2 Satz 2 WpHG verlangt nicht, dass eine Marktpraxis bereits im Zeitpunkt der Tathandlung als zulässig anerkannt war. Vielmehr kann und muss eine Anerkennung auch im Nachhinein erfolgen, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. § 20a Abs. 2 Satz 3 WpHG stellt klar, dass eine Marktpraxis nicht bereits deshalb unzulässig ist, weil sie nicht zuvor ausdrücklich anerkannt wurde. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Verfolgung von Marktmanipulation mit der hohen Veränderungs- und Modernisierungsgeschwindigkeit des Handels mit Finanzinstrumenten Schritt hält. Um die gewünschte Fortentwicklung der Kapitalmärkte nicht zu behindern, soll mit Satz 1 sichergestellt werden, dass eine Handlung nicht als Marktmanipulation verfolgt wird, wenn sie einer zulassungswürdigen, lediglich noch nicht von der Bundesanstalt anerkannten Marktpraxis entspricht.

Satz 1 setzt überdies die Regelung in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/72/EG um. Danach ist die Bundesanstalt an die besonderen Verfahrensvorschriften dieser Verordnung gebunden, wenn sie zulässige Marktpraktiken im Sinne von § 20a Abs. 2 WpHG anerkennen will. Eine Anerkennung von zulässigen Marktpraktiken auf anderem Wege oder durch andere staatliche Stellen ist nicht zulässig. Ob es sich um eine zulässige Marktpraxis handelt, ist bedeutsam für die Feststellung eines Verstoßes gegen § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG. Eine Marktmanipulation nach § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 3 WpHG wird dadurch nicht ausgeschlossen. Nach Satz 2 hat die Bundesanstalt, wie in Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2004/72/EG vorgesehen, zulässige Marktpraktiken regelmäßig daraufhin zu untersuchen, ob sie noch den Bedingungen entsprechen, die auf den betreffenden Märkten herrschen. Da sich die Marktpraktiken den Bedürfnissen der Marktteilnehmer entsprechend verändern, hat die Bundesanstalt besonders auf neu entstehende Praktiken zu achten. Änderungen im Handelsumfeld, bei den an dem betreffenden Markt geltenden Regeln sowie bei der Zusammensetzung und Infrastruktur des Marktes können dazu führen, dass eine als zulässig anerkannte Marktpraxis nach Abs. 1 Satz 3 modifiziert oder ganz gestrichen werden muss. Solche Änderungen dürfen sich nicht rückwirkend zu Lasten der Marktteilnehmer auswirken. Die Berücksichtigung der Handelsregeln dient nicht deren Kontrolle in Bezug auf Recht- und Zweckmäßigkeit, sondern lediglich der Überprüfung der Marktpraxis im Hinblick auf deren Kompatibilität mit dem geltenden Recht.

Satz 4 stellt im Einklang mit Art. 3 Abs: 5 der Richtlinie 2004/72/EG klar, dass die Verfahrensvorschriften auch bei Änderungen oder Aufhebungen bereits anerkannter Marktpraktiken zu beachten sind.

Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2004/72/EG schreibt eine Regelung für den Fall vor, dass im Laufe von Untersuchungen wegen Marktmissbrauchs die Frage der Zulässigkeit einer Marktpraxis zu entscheiden ist: In Fällen besonderer Eilbedürftigkeit, etwa wenn es erforderlich ist, besonders zeitnah auf illegale Vorgänge an den schnelllebigen Kapitalmärkten mit Maßnahmen nach § 4 WpHG reagieren zu können, erlaubt Absatz 2 Satz 1, dass die Bundesanstalt über die Zulässigkeit ohne die Beteiligung von Marktteilnehmern, Behörden und zuständigen ausländischen Stellen nach § 9 sowie ohne die Bekanntgabe der endgültigen Anerkennung nach § 10 entscheidet, sofern diese Verfahrensschritte zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Diese vorläufige Anerkennung ist nur für das konkretindividuelle Verfahren verbindlich und erlangt abstraktgenerelle Wirkung erst durch die in Satz 2 vorgeschriebene Nachholung von Beteiligung und Bekanntgabe, soweit die vorläufige Entscheidung der Bundesanstalt dadurch bestätigt und nicht inhaltlich abgeändert wird:

Nach Satz 3 werden die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsbefugnisse durch das Anerkennungsverfahren nicht beschränkt. Leitet die Staatsanwaltschaft Ermittlungen ein, so ist sie Herrin des Ermittlungsverfahrens. Nach § 40a Abs: 1 Satz 1 WpHG informiert sie die Bundesanstalt über die Einleitung des Verfahrens. Dadurch erhält die Bundesanstalt Gelegenheit, in eigener Verantwortung abstrakt über die Anerkennung einer für das Verfahren bedeutsamen Marktpraxis zu entscheiden. Eine Beteiligung der Bundesanstalt an den Ermittlungen des konkreten Verdachtsfalls ist hierfür nicht erforderlich. Vielmehr gelten die allgemeinen Bestimmungen der § 4 Abs. 5 und § 40a WpHG. Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft und Anerkennungsverfahren der Bundesanstalt sind zwei voneinander unabhängige Vorgänge. Die Bundesanstalt muss von Strafverfolgungsbehörden und Gerichten lediglich diejenigen Informationen erhalten, die ihr die Identifikation einer potentiell zulässigen Marktpraxis ermöglichen.

Zu § 8 (Kriterien)

Absatz 1 nennt die in Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2004/72/EG vorgeschriebenen Kriterien, die die Bundesanstalt als die für die Anerkennung einer zulässigen Marktpraxis zuständige Behörde unter anderem zu berücksichtigen hat.

Nummer 1 beruht auf Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a) der Richtlinie 2004/72/EG. Ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung und Anerkennung von Marktpraktiken ist die dabei von den Marktteilnehmern geübte Transparenz. Je weniger transparent eine Marktpraxis nicht nur für die an einem Geschäft Beteiligten, sondern für den gesamten Markt ist, desto geringer sind die Aussichten für ihre Anerkennung. Die notwendige Transparenz kann beispielsweise dadurch hergestellt werden, dass bestimmte Geschäftsarten im Einklang mit dem Regelwerk eines Marktes nachvollziehbar offen gelegt werden. Marktpraktiken auf nichtorganisierten Märkten können strukturbedingt weniger transparent sein als vergleichbare Marktpraktiken auf organisierten Märkten. Dieser Umstand führt aber nicht von vorneherein zu einer Ablehnung der Anerkennung.

In Umsetzung von Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c) der Richtlinie 2004/72/EG schreibt Nummer 2 vor, dass Liquidität und Leistungsfähigkeit der Märkte nicht durch Marktpraktiken gefährdet werden dürfen. Andernfalls würde die Hauptfunktion der Börsen und sonstigen Märkte für Finanzinstrumente, jederzeit schnelle, kostengünstige und sichere Geschäfte sowie eine effektive Preisbildung zu gewährleisten, ernstlich in Frage gestellt. Marktpraktiken, die zu einer Erhöhung der Liquidität führen, können eher anerkannt werden, als solche, die die Liquidität einschränken.

Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b) und Satz 2 der Richtlinie 2004/72/EG schreiben vor, dass das Funktionieren der Marktkräfte und das zur effektiven Preisbildung erforderliche, ungehinderte Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage durch eine Marktpraxis nicht beeinträchtigt werden darf Dabei sind nach Art. 2 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2004/72/EG insbesondere die Auswirkungen der betreffenden Marktpraxis auf die wichtigsten Marktparameter, etwa auf die vor der Einführung der untersuchten Marktpraxis herrschenden besonderen Marktbedingungen, auf den gewichteten Durchschnittskurs und auf die tägliche Schlussnotierung, zu analysieren, um die Marktpraxis insgesamt sicher bewerten zu können. Werden die Märkte in diesen Punkten negativ beeinflusst, stellt dies ein gewichtiges Argument gegen die Anerkennung der Marktpraxis dar. Diese Anforderungen werden mit Nummer 3 umgesetzt.

Nummer 4 dient der Implementierung von Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe d) der Richtlinie 2004/72/EG. Für die einwandfreie Funktion des Marktes und zum Schutz seiner Integrität ist bei der Anerkennung zulässiger Marktpraktiken darauf zu achten, ob diese das effiziente und faire Handeln der Marktteilnehmer nicht beeinträchtigen. Marktpraktiken, die das freie Spiel von Angebot und Nachfrage dadurch beeinträchtigen, dass sie die Möglichkeiten anderer Marktteilnehmer, auf bestimmte Geschäfte zu reagieren, einschränken, können die Marktintegrität ernsthaft gefährden und sind daher in der Regel nicht anerkennungsfähig.

Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe g) der Richtlinie 2004/72/EG wird durch Nummer 5 umgesetzt. Danach ist im Anerkennungsverfahren zu prüfen, inwieweit die untersuchte Praxis mit den individuellen Strukturmerkmalen des betreffenden Marktes vereinbar ist: Zu den Strukturmerkmalen zählen die Art und der Grad der Regulierung dieses Marktes, insbesondere die Frage, ob es sich um einen organisierten Markt handelt. Daneben ist die Art der dort gehandelten Finanzinstrumente und der Marktteilnehmer, z.B. der Anteil der Privatanleger, entscheidend.

Einzelne Marktpraktiken eines bestimmten Marktes dürfen die Integrität anderer, direkt oder indirekt mit diesem Markt verbundener organisierter oder nichtorganisierter Märkte innerhalb der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums nicht gefährden. Je höher das Risiko für solche anderen Märkte ist, desto geringer sind die Aussichten für die Anerkennung der Marktpraxis. Diese Vorgabe aus Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe e der Richtlinie 2004/72/EG wird in Nummer 6 berücksichtigt.

Absatz 2 beruht auf Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe f) der Richtlinie 2004/72/EG. Danach ist im Anerkennungsverfahren zu berücksichtigen, zu welchen Ergebnissen andere in- und ausländische Behörden bereits in Verfahren gekommen sind, in denen die zur Anerkennung anstehende Marktpraxis von Bedeutung war. Es handelt sich dabei nicht nur um abstrakte Verfahren zur Anerkennung derselben oder anderer Marktpraktiken, sondern auch um einzelfallbezogene Verfahren und Untersuchungen wegen des Verdachts auf Marktmanipulation, die ausgewertet werden sollen. Im Unterschied zu § 9 Abs. 1 Satz 2 geht es nicht um die Konsultation anderer Behörden in der Anerkennungsfrage, sondern um die Berücksichtigung unabhängig vom Anerkennungsverfahren vorliegender Erkenntnisse aus anderen Verfahren. Als inländische Behörden kommen Justizbehörden und solche Behörden in Betracht, die mit der Bundesanstalt bei der Verfolgung von Marktmanipulation zusammenarbeiten, wie etwa die Handelsüberwachungsstellen. Daneben sind die Feststellungen entsprechender ausländischer Stellen zu berücksichtigen. Soweit sich aus den Untersuchungen in Verfahren wegen des Verdachts auf Marktmanipulation Erkenntnisse über die Vereinbarkeit der Marktpraxis mit den gesetzlichen Bestimmungen und mit dem Regelwerk von Märkten gewinnen lassen, sind diese in das Anerkennungsverfahren einzubeziehen.

Zu § 9
(Beteiligung von Marktteilnehmern, Behörden und ausländischen Stellen)

Absatz 1 regelt das in Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/72/EG vorgeschriebene Beteiligungsverfahren, welches die Einbindung externen Sachverstandes und die Ermittlung der berechtigten Interessen derer, die von der Entscheidung über die Anerkennung der Marktpraxis betroffen sind, gewährleisten soll. Bei ihren Entscheidungen über die Zulässigkeit von Marktpraktiken hat die Bundesanstalt erforderlichenfalls die betroffenen Marktteilnehmer, die Börsen und Märkte sowie Verbraucher umfassend zu konsultieren und ihnen gegenüber ein hohes Maß an Transparenz walten zu lassen. Daneben sind inländische Behörden, deren Aufgabenbereich von der Anerkennung der Marktpraxis berührt wird, insbesondere Börsenaufsichtsbehörden, anzuhören.

Die Bundesanstalt soll vor der Anerkennung einer zulässigen Marktpraxis zuständige Stellen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union und anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zu Rate ziehen, die für die Überwachung der Finanzmärkte zuständig sind. Dies gilt insbesondere für die ausländischen Stellen, die Märkte mit vergleichbaren Strukturen und Handelsmechanismen überwachen. Grundsätzlich kann eine Marktpraxis auf einem Markt als zulässig anerkannt werden, obwohl sie auf einem vergleichbaren anderen Markt innerhalb der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum für unzulässig erachtet wird. Bei derartigen Unterschieden in der Anerkennungspraxis kann im Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden über eine Lösung beraten werden.

Absatz 2 dient der sachgerechten Durchführung des Beteiligungsprozesses. Für die angemessene Verfolgung von Marktmanipulation auf den wandlungsfreudigen und schnelllebigen Kapitalmärkten ist eine zügige Durchführung des Anerkennungsverfahrens von großer Bedeutung. Indem die Bundesanstalt Fristen für die Abgabe von Stellungnahmen setzen und verspätete Stellungnahmen unberücksichtigt lassen darf, kann sie unangemessene Verzögerungen im Anerkennungsverfahren vermeiden.

Zu § 10 (Bekanntgabe)

Absatz 1 Satz 1 dient der Umsetzung von Art. 3 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2004/72/EG. Die Bundesanstalt hat die Anerkennung einer zulässigen Marktpraxis bekannt zu geben, um eine gleichmäßige Information aller Marktteilnehmer und sonstigen Betroffenen zu gewährleisten. Als Veröffentlichungsmedium ist hier wegen seiner universellen Zugänglichkeit das Internet vorgesehen. Hier veröffentlicht die Bundesanstalt auf ihrer Website auch die für sie relevanten Gesetze, ihre Richtlinien, Rundschreiben und sonstigen Veröffentlichungen sowie nach § 40b WpHG von ihr getroffene Maßnahmen. Daneben ist die Veröffentlichung der allgemeinverbindlichen, positiven Anerkennungsentscheidung im elektronischen Bundesanzeiger geboten. An beiden Veröffentlichungsorten ist eine Liste sämtlicher von der Bundesanstalt anerkannter Marktpraktiken zu führen, in denen diese gemäß Absatz1 Satz 2 beschrieben und begründet werden. Hierdurch wird die Umsetzung von Art. 3 Abs. 3 Satz 3 der Richtlinie 2004/72/EG gewährleistet. Die Begründung soll sich am Kriterienkatalog des § 8 orientieren und bedarf nach Satz 3 besonderer Ausführungen, wenn die Bundesanstalt bei Ihrer Entscheidung von der Beurteilung derselben Marktpraxis auf anderen, vergleichbaren Märkten im Inland, der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum abweicht. Die Bundesanstalt hat eine Entscheidung, mit der eine Marktpraxis nicht anerkannt wird, nicht zu veröffentlichen.

Absatz 2 beruht auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2004/72/EG und schreibt die unverzügliche Weiterleitung der Entscheidung über die Anerkennung an den Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden vor, der für eine Veröffentlichung unter seiner Internetadresse Sorge trägt. Dieses Verfahren dient dazu, ein Informationsgefälle zwischen in- und ausländischen Marktteilnehmern zu vermeiden und an einer zentralen Stelle alle EU- und EWR-weit zulässigen Marktpraktiken zur Verfügung zu halten. Daneben stellt die Anerkennung eine wichtige Information für die Aufsichtstätigkeit ausländischer Regulierungsbehörden dar.

Zu Teil 5 (Schlussvorschriften)

Zu § 11 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten)

§ 11 regelt das Inkrafttreten dieser Verordnung und das gleichzeitige Außerkrafttreten der KuMaKV.