Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zum Aktionsplan für digitale Bildung - COM (2018) 22 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 315/16 (PDF) = AE-Nr. 160513 und
Drucksache 713/17 (PDF) = AE-Nr. 171096 Europäische Kommission

Brüssel, den 17.1.2018 COM (2018) 22 final

Mitteilung der Kommission an Das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zum Aktionsplan für digitale Bildung {SWD(2018) 12 final}

1. Einleitung

Bildung ist die beste Investition in die Zukunft Europas. Sie spielt eine zentrale Rolle bei der Förderung von Wachstum, Innovation und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Die Bildungssysteme in Europa müssen den Bürgerinnen und Bürgern die zukunftsorientierten Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen vermitteln, die sie für Innovation und Wohlstand brauchen. Außerdem spielen sie eine wichtige Rolle bei der Stiftung einer europäischen Identität, die auf gemeinsamen Werten und einer gemeinsamen Kultur beruht. Bildung sollte junge Menschen dazu befähigen, sich auszudrücken, sich einzubringen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und die Zukunft eines Europas mitzugestalten, das von Demokratie, Solidarität und Inklusion geprägt ist. Digitale Technologien unterstützen den Lernprozess auf vielfältige Weise und eröffnen Lernchancen, die für alle zugänglich sein müssen. Sie eröffnen den Zugang zu einer Fülle von Informationen und Ressourcen.

In der Erklärung von Rom bekräftigten die EU-Mitgliedstaaten im März 2017 ihr Engagement, den jungen Europäerinnen und Europäern die beste Bildung zu bieten. Im Oktober 2017 forderte der Europäische Rat Bildungs- und Ausbildungssysteme, die "an das digitale Zeitalter angepasst" sind.1 Auf dem Gipfel in Göteborg im November 2017 proklamierten das Parlament, der Rat und die Kommission die europäische Säule sozialer Rechte, in der das Recht auf allgemeine und berufliche Bildung sowie lebenslangem Lernen von hoher Qualität und in inklusiver Form verankert ist. In der Mitteilung "Stärkung der europäischen Identität durch Bildung und Kultur"2, dem Beitrag der Kommission zur Aussprache über die Themen Bildung und Kultur im Rahmen der Agenda der EU-Führungsspitzen beim Gipfel in Göteborg, wird die Vision eines europäischen Bildungsraums dargelegt und ein eigener Aktionsplan für digitale Bildung angekündigt.

Die Kommission wird im Januar 2018 den ersten Europäischen Bildungsgipfel zum breit gefassten Thema "Laying the foundations of the European Education Area: for an innovative, inclusive and values based education" abhalten. Als Beitrag zur neuen europäischen Agenda für Kompetenzen3 wird die Kommission einen überarbeiteten europäischen Referenzrahmen zu Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen4 vorschlagen, der die Kenntnisse, Fertigkeiten und Einstellungen umfasst, die die Menschen für das ganze Leben benötigen und zu denen auch die digitalen Kompetenzen gehören. Im vorliegenden Aktionsplan wird dargelegt, wie im Rahmen der Bildungssysteme Innovation und digitale Technologien besser genutzt und die Entwicklung relevanter digitaler Kompetenzen gefördert werden können, die im Zeitalter rasanten digitalen Wandels beruflich und privat von Nöten sind. Der Schwerpunkt des Aktionsplans liegt auf Schul- und Ausbildungssystemen und umfasst Schul-, Berufs- und Hochschulbildung.

2. Chancen und Herausforderungen des digitalen Wandels im Bildungsbereich

Mit dem rasanten Fortschritt neuer Technologien wie der künstlichen Intelligenz, der Robotik, Cloud Computing und der Blockchain-Technologie wird sich der digitale Wandel in Europa künftig weiter beschleunigen. Wie bisherige große technische Errungenschaften verändert auch die Digitalisierung die Art und Weise, wie Menschen leben, interagieren, lernen und arbeiten. Während manche Arbeitsplätze verschwinden, andere ersetzt und wieder andere neu geschaffen werden, werden sich viele Arbeitsbereiche und Wirtschaftszweige verändern und gleichzeitig neue Tätigkeitsfelder entstehen.5 Deshalb ist die lebenslange Investition in digitale Kompetenzen von größter Bedeutung.

Während der digitale Wandel zwar zahlreiche Chancen eröffnet, besteht die größte Gefahr in einer Gesellschaft, die schlecht auf die Zukunft vorbereitet ist. Soll die Bildung tatsächlich als tragende Säule für Wachstum und Inklusion in der EU dienen, müssen die Bürgerinnen und Bürger in erster Linie darauf vorbereitet werden, die Chancen dieser sich rasant verändernden, globalisierten und vernetzten Welt bestmöglich zu nutzen bzw. deren Herausforderungen zu meistern.

Obwohl laufend Reformanstrengungen unternommen werden, gibt es zwischen den und innerhalb der EU-Mitgliedstaaten nach wie vor eine Kluft, insbesondere was digitale Infrastruktur und Fertigkeiten betrifft; all das behindert inklusives Wachstum. Besonders betroffen von dieser Situation sind benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Dazu kommt, dass Mädchen wenig Interesse zeigen, Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (die MINT-Fächer) für ein Studium zu wählen, was weiterhin eindeutig ein Problem ist. Dadurch werden gesellschaftliche wie wirtschaftliche Chancen verpasst und die Geschlechterungleichheit droht sich zu verfestigen.

Der Bildungsbereich kann von der Öffnung der Klassen, von praxisnahen Erfahrungen und Projekten sowie von neuen Lerninstrumenten, -materialien und offenen Bildungsressourcen profitieren. Online-Zusammenarbeit kann Lernende stärken. Der Zugang zu und der Einsatz digitaler Technologien können dazu beitragen, die Leistungsunterschiede zwischen Schülerinnen und Schülern aus sozioökonomisch starken und sozioökonomisch schwachen Familien zu verkleinern. Differenzierter Unterricht kann sich positiv auf die Motivation auswirken, da auf die Bedürfnisse der einzelnen Lernenden eingegangen wird. Die Fortschritte bei der Integration neuer Technologien in den Unterricht sind derzeit allerdings noch beschränkt.

Über 80 % der jungen Europäerinnen und Europäer nutzen das Internet für soziale Aktivitäten.6 Der mobile Internetzugang hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen.7 Die Nutzung neuer Technologien für Bildungszwecke hinkt jedoch hinterher. Nicht alle Primar- und Sekundarschulen in der EU verfügen über einen Breitband-Internetzugang und nicht alle Lehrkräfte verfügen über die entsprechenden Kompetenzen und trauen sich, digitale Instrumente im Unterricht einzusetzen.8 Laut einer aktuellen Studie hatten im Jahr 2015 schätzungsweise 18 % der Primar- und Sekundarschulen in der EU keinen Breitband-Internetzugang.9

Innovation in der Bildung - im Sinne der Einführung neuer Dienstleistungen, Technologien und Kompetenzen seitens der Bildungseinrichtungen - kann dazu beitragen, Lernergebnisse zu verbessern, die Chancengerechtigkeit zu erhöhen und die Lerneffizienz zu steigern.10 Am wirksamsten und nachhaltigsten sind solche Innovationsbemühungen, wenn sie von gut geschulten Lehrkräften unterstützt und in klare Lernziele eingebettet werden. Wie digitale Mittel bestmöglich genutzt werden können, um Bildungsziele zu erreichen, muss noch weiter erforscht werden.

Der digitale Fortschritt stellt Europas Schülerinnen und Schüler, seine Studierenden und Lehrkräfte vor neue Herausforderungen. Während die in den sozialen Medien und auf Nachrichtenseiten verwendeten Algorithmen Vorurteile und Falschmeldungen ("Fake News") potenzieren können, ist der Datenschutz inzwischen eines der wichtigsten Themen der digitalen Gesellschaft. Sowohl junge Menschen als auch Erwachsene können im Netz Opfer von Cyber-Mobbing, Belästigung und Ausbeutung werden oder auf verstörende Inhalte stoßen. Die tägliche Exposition gegenüber digitalen Daten, die größtenteils von undurchschaubaren Algorithmen angetrieben sind, stellt ein eindeutiges Risiko dar und erfordert mehr denn je kritisches Denkvermögen und die Fähigkeit, sich konstruktiv und sachkundig im digitalen Umfeld zu bewegen. Obwohl der Bedarf an Medienkompetenz, zahlreichen anderen digitalen Kompetenzen und Fertigkeiten - z.B. im Hinblick auf Sicherheit und Privatsphäre - ständig steigt, gibt es in der breiten Bevölkerung und in fortschrittlicheren Berufen und Wirtschaftszweigen diesbezüglich noch großen Nachholbedarf.

3. Die zentrale Rolle EU-weiter Kooperation für Innovation - in größerem Stil - in den Bildungssystemen der Mitgliedstaaten

Die EU-weite Zusammenarbeit - in Form von Peer Learning und dem Austausch bewährter Verfahren und neuer Erkenntnisse - ist eine bewährte Methode zur Unterstützung der Bildungssysteme der Mitgliedstaaten. Mit gemeinsamen Rahmenregelungen lassen sich wirksame Lösungen erarbeiten, und gemeinsame Instrumente wie eTwinning führen zu mehr Effizienz und größerer Breitenwirkung. Überall in Europa werden innovative, vor allem digitale Verfahren eingesetzt. Dabei sind sowohl öffentliche als auch private und Nichtregierungsorganisationen an den unterschiedlichen Formen dieser Verfahren beteiligt. Innovation in den Bildungssystemen ist jedoch kein Selbstzweck, sondern eine Möglichkeit, die Qualität und Inklusivität im Bildungsbereich zu erhöhen.

Laut Daten des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts (EIT) warten Interessenträger nicht darauf, dass sich etwas ändert, sondern nutzen die Chancen der Digitalisierung aktiv, um das Lernen und Lehren zu verbessern.11 Innovatives und unternehmerisches Denken in der allgemeinen und beruflichen Bildung sollte gefördert werden und von dem klaren politischen Willen angetrieben sein, Innovation allen zugute kommen zu lassen. Innovative Verfahren sollten ausgetauscht, diskutiert, gefördert und - soweit möglich - ausgeweitet werden. Lehrkräfte müssen besseren Zugang zu entsprechenden Konzepten, Instrumenten, Methoden und Verfahren sowie zu systemischen und gestalterischen Denkansätzen haben, denn sie wissen meist nicht, was anderswo - mitunter sogar in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft - bereits getestet und für gut befunden wurde.

EU-weite Daten und Erkenntnisse führen zu mehr Transparenz und ermöglichen es, die Fortschritte in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten zu messen sowie von Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen EU zu lernen. Der Einsatz neuer Technologien in Schulen ist Gegenstand zahlreicher Studien und Umfragen. Die meisten davon decken allerdings nur einen Teilaspekt wie etwa die Konnektivität oder einen geografisch begrenzten Raum wie zum Beispiel ein bestimmtes Land ab. Die wichtigsten Quellen für Benchmarking auf globaler Ebene sind die Umfragen der Europäischen Kommission, darunter die Umfrage 2013 zu IKT in der Bildung und die jährliche Umfrage zur IKT-Nutzung von Haushaltern und Einzelpersonen, sowie die PISA-Studie der OECD (internationale Schulleistungen) und die Studien über die Kompetenzen von Erwachsenen (PIAAC). Es bräuchte in dem Zusammenhang weitere Erkenntnisse sowie einen kohärenteren Ansatz bei der Datenerfassung.

Die Interessenträger des Bildungsbereichs sind zentrale Akteure, wenn es darum geht, Innovation als Querschnittsmaterie zu etablieren. In neueren öffentlichen Konsultationen wird der Bedarf an zielgerichteteren EU-Maßnahmen betont, um die Akzeptanz innovativer Ansätze und digitaler Technologien in der Bildung sowie die Entwicklung digitaler Kompetenzen zu fördern, darunter digitale Medienkompetenz sowie digitale Sicherheit und digitales Wohlergehen.12 68 % der Befragten der öffentlichen Konsultation zu Erasmus+ gaben an, dass Innovation "extrem relevant" sei, um die Bedürfnisse des Bildungssektors zu erfüllen. Es besteht eindeutiger die Notwendigkeit,

Der Aktionsplan für digitale Bildung baut auf den beiden im Mai 2017 verabschiedeten Mitteilungen auf: Eine erneuerte EU-Agenda für die Hochschulbildung und Ein guter Start ins Leben durch Schulentwicklung und hervorragenden Unterricht.13 Er unterstützt die Arbeit am digitalen Binnenmarkt14 und an der neuen europäischen Agenda für Kompetenzen.

Der Aktionsplan führt die im Reflexionspapier "Die Globalisierung meistern" formulierte Forderung nach einer "zunehmend von Mobilität und Digitalisierung geprägt[en]" Gesellschaft und der richtigen "Mischung von sozialen Kompetenzen [...] und soliden digitalen Kompetenzen" weiter. Laut Aktionsplan soll die Bildung dazu beitragen, die Resilienz in Zeiten des rasanten technologischen Wandels und der Globalisierung zu stärken. Der Aktionsplan steht im Einklang mit der G20-Ministererklärung zur digitalen Wirtschaft von 2017, in der international anerkannt wird, dass "zur Nutzung neuer digitaler Technologien möglicherweise sämtliche Formen der Bildung und des lebenslangen Lernens angepasst werden müssen".

Diese Dokumente enthalten eine Reihe wichtiger politischer Ziele, die relevanter sind denn je. Dazu gehören:

4. Vorrangige Maßnahmen

Der Schwerpunkt des Aktionsplans liegt auf der konkreten Umsetzung und der Notwendigkeit, die sinnvolle Nutzung digitaler und innovativer Unterrichtsformen anzuregen, zu fördern und auszuweiten. Es werden die unterschiedlichsten Interessenträger des Bildungsbereichs, darunter Unternehmen, Forschungseinrichtungen, NGOs und, wo relevant, auch Einrichtungen der nicht formalen Bildung, einbezogen werden. Der Aktionsplan umfasst drei Prioritäten:

Der Aktionsplan sieht für jede Priorität Maßnahmen vor, die die Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der Herausforderungen unterstützen sollen.

Dazu gehören:

4.1. Priorität Nr. 1: Bessere Nutzung digitaler Technologien im Unterricht und zu Lernzwecken

Unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft werden immer stärker von digitalen Technologien durchdrungen. Verschieden Formen digitaler Technologien sind ein wichtiger Bestandteil unserer beruflichen Umgebung und unseres Lebensstils. Im Alltag und in der Bildung werden digitale Technologien allerdings sehr unterschiedlich genutzt. Die digitalen Technologien bergen ein riesiges, noch weitgehend unerschlossenes Potenzial zur Verbesserung unserer Bildung.

Ein Schlüsselelement digitalen Bildung besteht darin, für Gerechtigkeit und Qualität beim Zugang und bei der Infrastruktur zu sorgen. Die digitale Kluft hat viele Dimensionen, aber den Zugang zu neuen Technologien und die Konnektivität für alle Schülerinnen und Schüler zu verbessern muss ein Ansatzpunkt für den Abbau von Ungleichheit und Ausgrenzung sein. Eine Lösung muss auch für die Qualitätsunterschiede beim Zugang und bei der Infrastruktur gefunden werden, denn hohe Qualität bietet eine innovativere und befriedigendere Lernerfahrung.

Die Innovation im Bildungsbereich hängt maßgeblich von der Stärkung und Vernetzung der Lehrkräfte ab. Erasmus+ erreicht dies mit Hilfe von Peer-Learning. Neue, von Experten abgehaltene Schulungen und praktische Workshops für Politikverantwortliche und Lehrkräfte sowie die Plattform der europäischen Verbände der Berufsbildungsanbieter tragen durch die Ausarbeitung spezifischer Inhalte in mehreren Sprachen und die Nutzung wichtiger EU-Plattformen wie dem School Education Gateway und der Teacher Academy zur weiteren Vernetzung bei. Mit neuen Möglichkeiten innerhalb von Erasmus+ soll die sogenannte "Blended Mobility" (gemischte Mobilität) noch stärker gefördert werden, um so sowohl Online- als auch herkömmliches Präsenzlernen und Austausche für Schülerinnen und Schüler in verschiedenen Ländern zu unterstützen.

Die Bereitschaft der Bildung für den digitalen Wandel erfordert Fachwissen und bedeutet Anpassung und Veränderung. Schulen und Berufsbildungseinrichtungen in Europa unterscheiden sich beträchtlich hinsichtlich Ausstattung, Fertigkeiten der Lehrkräfte und der Art, wie an den Einsatz neuer Technologien herangegangen wird. Überall in Europa gibt es punktuelle innovative digitale Bildungsmaßnahmen. Doch innovative Strategien und Verfahren müssen unterstützt werden, damit sie ausgeweitet werden können.

Um Innovation und neue Technologien in den Unterricht einzubinden, benötigen die Lehrkräfte das richtige Umfeld, die richtige Infrastruktur, die richtige Ausstattung und die Unterstützung ihrer Vorgesetzten. Damit sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrkräfte von digitalen Technologien profitieren, braucht es ein Konzept, bei dem Lehrkräfteschulungen, Lehrpläne und Unterrichtsmaterialien, die sich für digital gestützte Unterrichtsmodelle eignen, kombiniert werden. Das Instrument zur Selbsteinschätzung der digitalen Fähigkeiten (SELFIE), das im Rahmen eines Pilotprojekts in Schulen in 14 Ländern getestet wurde, trägt diesem organisationsübergreifenden Konzept für den Einsatz digitaler Technologien im Unterricht und zu Lernzwecken Rechnung.

Mobilität ist ein wichtiger Teil von Bildung und digitale Technologien sind der Schlüssel zu weiteren Verbesserungen. Verschiedene Vorhaben im Rahmen von Erasmus+, wie der elektronische europäische Studierendenausweis (European Student eCard) und der "Papierlose Erasmus-Antrag", werden erweitert und durch die im Rahmen der Finanzierungsfazilität "Connecting Europe"15 geleistete Arbeit zum Thema Authentifizierung ergänzt. Die Zielsetzungen lauten:

Mit der Initiative "Elektronischer europäischer Studierendenausweis" soll die Mobilität der Studierenden in Europa qualitativ verbessert werden. Bis 2025 sollte es für alle Studierenden, die an Erasmus+-Mobilität teilnehmen, möglich sein, dass ihre nationale Identität und ihr Studierendenstatus in allen EU-Mitgliedstaaten automatisch anerkannt werden, sodass sie bei der Ankunft im Ausland Zugang zu allen Campus-Dienstleistungen (Lehrmaterialien, Anmeldungen, Bibliotheken usw.) haben. 20 000 Schülerinnen und Schüler sowie 4 000 Lehrkräfte werden eine Förderung für einen Schulaustausch in Anspruch nehmen können, um die Arbeit an laufenden digitalen Projekten und Kooperationen zu ergänzen bzw. darauf aufzubauen.

Die nächsten Schritte:

4.2. Priorität Nr. 2: Entwicklung relevanter digitaler Kompetenzen für den digitalen Wandel

Um sich in der digitalen Gesellschaft zurechtzufinden und erfolgreich zu sein sowie mit digitalen Risiken umgehen zu können, benötigen die Bürgerinnen und Bürger Kompetenzen, die ihnen helfen, die Chancen und Herausforderungen des digitalen Wandels zu nutzen bzw. zu meistern. Neben Rechnen, Lesen und Schreiben gehören digitale Kompetenzen zu den Grundfertigkeiten, die in allen Lebensbereichen benötigt werden; trotzdem verfügen zu viele Bürgerinnen und Bürger nur über begrenzte oder veraltete digitalen Kompetenzen. Da alle Bürgerinnen und Bürger die verschiedenen Aspekte digitaler Kompetenz unterschiedlich gut verstehen müssen, ist eine flächendeckende "Ausweitung" dieser Kompetenzen erforderlich; gleichzeitig werden in der IKT-Branche fundierte Informatikkenntnisse gebraucht, was eine "Vertiefung" der digitalen Kompetenzen erforderlich macht.

Digitale Kompetenz ist Teil des überarbeiteten europäischen Referenzrahmens für Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen, und alle Bürgerinnen und Bürger sollten sie haben. Digitale Kompetenz bedeutet, dass man digitale Technologien souverän und kritisch Nutzen kann, und umfasst die Kenntnisse, Fertigkeiten und Einstellungen, die alle Bürgerinnen und Bürger in einer sich rasant verändernden digitalen Gesellschaft brauchen. Im europäischen Referenzrahmen für digitale Kompetenzen der Bürgerinnen und Bürger19 werden fünf digitale Kompetenzbereiche beschrieben: Informations- und Datenkompetenz; Kommunikation und Zusammenarbeit; Erstellung digitaler Inhalte; Sicherheit und Wohlergehen; und Problemlösung. Der kürzlich veröffentlichte europäische Referenzrahmen für digitale Kompetenzen für Lehrkräfte20 bietet Lehrkräften einen Leitfaden zur Entwicklung digitaler Kompetenzmodelle. Gemeinsam stellen die beiden Referenzrahmen ein ausführliches und brauchbares Bezugsmodell für die systematische Förderung digitaler Kompetenz dar.

Die digitale Revolution wird die Art und Weise, wie die Europäerinnen und Europäer leben, arbeiten und lernen, auch in Zukunft dramatisch verändern. Daraus ergeben sich zwar enorme Chancen, aber auch erhebliche Risiken, wenn die digitale Kompetenzen nicht weiterentwickelt werden. Als Teil der Agenda für Kompetenzen werden die Mitgliedstaaten im Rahmen der Initiative Weiterbildungspfade dazu angehalten, ein kohärentes Konzept zu erarbeiten, um die digitalen Kompetenzen (sowie die Kompetenzen Rechnen, Lesen und Schreiben) der vielen Millionen Erwachsenen mit geringen Qualifikationen oder niedrigem Bildungsniveau - also der Bevölkerungsgruppe mit dem dringendsten Aufholbedarf - zu verbessern. Darüber hinaus erfordern schätzungsweise 90 % der Arbeitsplätze von heute ein gewisses Maß an digitalen Fertigkeiten21; gelingt es nicht, den Europäerinnen und Europäern aller Altersstufen digitale Kompetenzen zu vermitteln, besteht ernste Gefahr, dass Europa seinen größten Wettbewerbsvorteil - hochqualifizierte und gut ausgebildete Arbeitskräfte - verliert.

Der Erwerb digitaler Kompetenzen muss im frühen Kindesalter beginnen und ein Leben lang fortgesetzt werden. Dies kann im Rahmen von Lehrplänen oder außerschulischem Unterricht erfolgen. Die jungen Europäerinnen und Europäer nutzen zwar das Internet, Apps und Spiele mit Begeisterung, sie müssen jedoch auch etwas über die dahinter liegenden Strukturen und grundlegenden Algorithmen wissen, selbst digitale Inhalte erstellen können und digitale Führungskompetenz entwickeln. Ein Beispiel einer erfolgreichen Basisbewegung in der EU ist die Initiative "codeweek.eu", mit der 2016 rund eine Million Menschen auf der ganzen Welt erreicht wurden. Auf der Grundlage dieser Erfahrung soll die Initiative ausgeweitet werden, um alle Schulen in Europa zur Teilnahme an der "EU Code Week" zu motivieren, indem mit verschiedenen Behörden der EU-Mitgliedstaaten, Botschafterinnen und Botschaftern dieser Programmierwoche, dem eTwinning-Netzwerk, der Koalition für digitale Kompetenzen und Arbeitsplätze22 und anderen einschlägigen Initiativen zusammengearbeitet wird.

Die Frage, wie wir die Herausforderungen des digitalen Wandels im Hinblick auf Internetsicherheit und Cyber-Hygiene besser bewältigen können, muss stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Wir müssen das kritische Denkvermögen und die Medienkompetenz von Kindern und jungen Menschen stärken, damit sie die allgegenwärtigen Gefahren, die von Fake News, Cyber-Mobbing, Radikalisierung, Bedrohungen der Cybersicherheit und Online-Betrug ausgehen, richtig einschätzen und damit umgehen können. Sogar Kleinkinder kommen täglich mit digitalen Technologien in Berührung, ohne deren Gefahren zu erkennen, während die Eltern sich zwar Sorgen über unangemessene Inhalte und Risiken machen, aber nicht wissen, was sie dagegen tun sollen. Gleichzeitig meldet Europol eine ständig steigende Zahl an Cyberattacken, Datenschutzverletzungen und anderen illegalen Online-Aktivitäten. In ihrer Mitteilung über Cybersicherheit23 vom September forderte die Kommission die EU-Mitgliedstaaten auf, sich dazu zu verpflichten, das Thema Cybersicherheit in die Lehrpläne von Hochschulen und Berufsbildungseinrichtungen aufzunehmen.

Wenn Europa das geschlechterspezifische Gefälle mit Hilfe von digitaler und unternehmerischer Bildung schließen möchte, muss es die Vorteile der digitalen Revolution umfassend nutzen. Mädchen und Jungen sind zwar in ähnlichem Maße an digitalen Technologien interessiert und besitzen diesbezüglich ein ähnliches Kompetenzniveau, doch im Geschlechtervergleich mündet bei Mädchen dieses Interesse weniger oft in einem entsprechenden Studium oder Beruf. Mädchen und junge Frauen brauchen positive Beispiele, Vorbilder und Unterstützung, um Stereotype zu überwinden und um zu erkennen, dass der Weg zu einer erfüllenden und erfolgreichen Karriere in einem IKT- oder MINT-Beruf auch ihnen offen steht. Die Erhöhung des Frauenanteils in diesen Berufen wird dazu beitragen, das digitale Potenzial Europas freizusetzen, und gleichzeitig sicherstellen, dass Frauen bei der Gestaltung der digitalen Welt eine gleichberechtigte Rolle spielen.24 In der EU sind weniger als ein Fünftel der IKT-Fachkräfte Frauen.25

Die Ausbildung hochqualifizierter IKT-Fachkräfte ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit.26 Zur Unterstützung der nächsten Generation von Analysten, Forschern und Innovatoren sind fortgeschrittene digitale Kompetenzen erforderlich. Fundierte digitale Fachkenntnisse sind für viele Berufe von Bedeutung, nicht nur für die IKT-Branche. Ärztinnen und Ärzte benötigen zur Analyse der Ausbreitungskurve von Krankheiten beispielsweise sowohl medizinisches Fachwissen als auch eine Reihe fortgeschrittener digitaler Kompetenzen. Gegenwärtig sind drei von vier Forschern nicht im Umgang mit Open Access oder Open Data geschult. In der auf die Bürgerinnen und Bürger ausgerichteten Forschung und bei Innovationsprojekten, bei denen es um die Lösung gesellschaftlicher Probleme geht, sollten vermehrt Open Data und kollaborative digitale Werkzeuge und Methoden verwendet werden.

Die nächsten Schritte:

4.3. Priorität Nr. 3: Bessere Bildung durch aussagekräftigere Datenanalysen und Prognosen

Für den Bildungsbereich spielen Daten eine entscheidende Rolle. Durch die Verwendung digitaler Technologien werden Daten erzeugt, die wirksam genutzt werden können. Die Herausforderung besteht darin, die Daten für ein tieferes Verständnis und bessere Prognosen zu nutzen, um die bestehenden Bildungssysteme zu verbessern oder aktuelle Probleme im Bildungswesen zu lösen. Da es sich bei den technologischen Trends wie der künstlichen Intelligenz, der Automatisierung und der Robotik um globale Phänomene handelt, kann die EU-weite Zusammenarbeit den EU-Mitgliedstaaten eine hilfreiche Richtschnur bieten und zu einem Austausch über mögliche Antworten auf internationale Probleme beitragen. Die Daten, die im Rahmen von Umfragen und Studien über die Digitalisierung in allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen und über die Nutzung digitaler Technologien zu Lernzwecken erfasst werden, sind wichtiger Input für die Politikgestaltung. Umfassende Vergleichsdaten über die Verbreitung von Technologien in den Bildungssystemen sind jedoch oft schwer zu bekommen, nur teilweise vorhanden oder veraltet. Es ist daher eine effizientere und wirksamere Datenerfassung und Koordinierung auf EU- und internationaler Ebene (OECD) gefordert.

Für evidenzbasierte politische Maßnahmen kann die Erfassung von Daten dazu beitragen, bestehende Bedürfnisse besser zu erkennen und darauf einzugehen, doch gerade Vergleichsdaten werden nur selten dafür herangezogen. Initiativen zur digitalen Bildung werden nur selten mit anderen Initiativen und verfügbaren Daten verglichen, sodass nur wenig darüber bekannt ist, welche Verfahren in der Regel gut funktionieren oder bestimmten Gesellschaften und Bildungssystemen zugutekommen können. Big Data und Lernanalytik eröffnen neue Chancen zur Erfassung, Auswertung und Nutzung von Daten, um unsere Bildungssysteme zu verbessern. In verschiedenen EU-Mitgliedstaaten gibt es mehrere Initiativen, um in Fächern wie Mathematik vom bisher verwendeten einheitlichen Unterrichtsansatz auf die Methode des differenzierten Unterrichts überzugehen, bei der die Inhalte individuell auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler abgestimmt werden können.27 Mit Lernanalytik lässt sich differenziertes Lernen28 fördern, z.B. dadurch, dass festgestellt wird, welche Schülerinnen und Schüler gefährdet sind, und es lässt sich die Wirksamkeit verschiedener Unterrichtsstrategien bewerten. Da die Lernanalytik in Europa noch in den Kinderschuhen steckt, braucht es jedoch mehr Pilotprojekte, um in diesem Bereich zu forschen und zu experimentieren.29

Nutzergetriebene Innovation ist der Schlüssel dafür, dass Innovationslösungen für Problemfelder im Bildungsbereich rasch angenommen werden. Bildungsbezogene Daten und Trends werden in der Regel von internationalen Organisationen und Regierungen "von oben" erfasst. Die Nutzerperspektive wird dabei häufig zu wenig berücksichtigt, was die möglichen Lösungsansätze gegebenenfalls einschränken könnte. Dies ist vor allem im Zeitalter der nutzergetriebenen Innovation der Fall, in dem die Menschen die Lösungen für ihre Probleme selbst entwickeln. Vor diesem Hintergrund wird die Kommission verschiedene Möglichkeiten ausloten, Bürgerbeteiligung und nutzergetriebene Innovation zu fördern, und zwar durch die Abhaltung eines jährlichen, EU-weiten Hackathons zum Thema Bildung, bei dem innovative Lösungen für die großen Bildungsherausforderungen entwickelt werden sollen.

Prognosen: vom Rückstand zur Vorwegnahme von Veränderungen. Allgemeinbildende und berufsbildende Einrichtungen versuchen, die technologischen Entwicklungen aufzuholen. Prognosen für den Bildungsbereich können diesen negativen Trend umkehren und Bildungsvertreter (von Politikverantwortlichen bis zu Fachleuten aus der Praxis) einbinden, um kommende Veränderungen zu gestalten.

Die nächsten Schritte:

5. Zusammenfassung und Ausblick

Im Aktionsplan werden europäische Initiativen dargelegt, die die Kommission in Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten, mit Interessenträgern und mit der Gesellschaft bis Ende 2020 umsetzen wird. Der Aktionsplan ist Teil des größeren Vorhabens der Kommission, einen europäischen Bildungsraum zu schaffen, und versteht sich als Ergänzung zu den Empfehlungen zu gemeinsamen Werten und Schlüsselkompetenzen. Die Umsetzung des Aktionsplans erfolgt im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung (ET 2020). Der Aktionsplan soll das Europäische Semester unterstützen, das ein wichtigen Motor für Reformen ist, weil damit länderspezifische Empfehlungen zum Bildungsbereich verbunden sind.

Die Kommission wird einen Dialog mit relevanten Interessenträgern zur Frage eröffnen, wie die vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt werden können. Im Follow-up zur Umsetzung wird die Kommission mit der ET-2020-Gruppe für digitale Kompetenzen zusammenarbeiten.

Außerdem wird die Kommission politische Lehren aus der Umsetzung der Maßnahmen ziehen und damit einen Beitrag zur sich entwickelnden Diskussion über die künftige europäische Bildungszusammenarbeit leisten.