Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zwecks Verhinderung des Eindringens von Arzneimitteln, die in Bezug auf ihre Eigenschaften, Herstellung oder Herkunft gefälscht sind, in die legale Lieferkette KOM (2008) 668 endg.; Ratsdok. 17504/08

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 5. Januar 2009 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 17. Dezember 2008 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 17. Dezember 2008 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl. AE-Nr. 992131, AE-Nr. 080059 und AE-Nr. 080073

Begründung

1. Hintergrund dieses Vorschlags

In der EU kommt es zu einem besorgniserregenden Anstieg der Zahl der Arzneimittel, die in Bezug auf ihre Eigenschaften, ihre Herstellung oder ihre Herkunft gefälscht sind. Diese Arzneimittel sind aus dem Blickwinkel des EU-Arzneimittelrechts illegal, da sie nicht den Gemeinschaftsvorschriften für Arzneimittel entsprechen. Im Rahmen dieses Vorschlags zur Änderung des Arzneimittelrechts sollen derartige Arzneimittel daher als "gefälschte Arzneimittel" bezeichnet werden.

Gefälschte Arzneimittel können minderwertige oder gefälschte, überhaupt keine oder falsch dosierte Inhaltsstoffe, einschließlich Wirkstoffe, enthalten. Sie stellen eine erhebliche Bedrohung für Patienten und Industrie in Europa dar, und in der Öffentlichkeit und der Politik große Besorgnis darüber, dass in den letzten Jahren immer mehr dieser Produkte in der EU entdeckt wurden.

Diese potenzielle Bedrohung für die öffentliche Gesundheit wird auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wahrgenommen, die aus diesem Grund die Taskforce IMPACT (International Medical Products Anti-Counterfeiting Taskforce: Taskforce zur Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen) eingerichtet hat. IMPACT hat mit aktiver Beteiligung der Gemeinschaft ein Papier mit Grundsätzen und Elementen für nationale Rechtsvorschriften gegen Arzneimittelfälschungen ("Principles and Elements for National Legislation against Counterfeit Medical Products") ausgearbeitet, das am 12. Dezember 2007 von IMPACT auf der Generalversammlung in Lissabon gebilligt wurde. Die Gruppe der Acht (G8) hat den Einsatz von IMPACT in ihrer auf dem Gipfel am 7. Juni 2008 abgegebenen Erklärung ausdrücklich begrüßt.

Überdies hat sich die Risikolage verändert. Immer häufiger tauchen innovative und lebensrettende Arzneimittel auf, die gefälscht sind. Damit größere Mengen davon abgesetzt werden, werden diese Produkte in die legale Lieferkette eingeschleust und gelangen so zu den Patienten. Im Jahr 2007 wurden auf diese Weise etliche Tausend Packungen lebensrettender gefälschter Arzneimittel an Patienten in der EU abgegeben.

Zwar lässt sich nicht sagen, wie viele derartige Fälle es derzeit gibt oder noch geben wird es zeichnet sich aber deutlich ab, dass das hohe Niveau des Schutzes der öffentlichen Gesundheit in der EU bedroht ist. Dieser Trend kann sich verheerend auf das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Industrie und die Politik auswirken, was durchaus mit der Lebens- und Futtermittelkrise der 1990er-Jahre vergleichbar wäre.

Dass gefälschte Arzneimittel in der legalen Lieferkette unentdeckt bleiben, hat viele Gründe, die sich aber auf nur vier Aspekte zurückführen lassen:

Die geltenden Bestimmungen der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel1 sind in mancherlei Hinsicht nicht ausreichend um diese konkreten Ursachen zu bekämpfen. Da eine gewisse Zeit zwischen der Vorlage des Vorschlag von Änderungen der Richtlinie 2001/83/EG bis zu seiner tatsächlichen Umsetzung verstreicht, besteht jetzt eindeutiger Handlungsbedarf von Seiten der Kommission.

2. Öffentliche Konsultation

Im Zuge der Ausarbeitung der Folgenabschätzung zu diesem Vorschlag führte die Kommission vom 11. März 2008 bis zum 9. Mai 2008 eine öffentliche Konsultation unter dem Motto "Wichtige Ideen für einen besseren Schutz der Patienten gegen die Gefahren von Arzneimittelfälschungen" durch. Im Verlauf dieser öffentlichen Konsultation gingen 128 Beiträge von Interessenträgern bei der Kommission ein.

Davon stammten 103 aus der Wirtschaft (Pharmaindustrie, Händler, Wirkstofflieferanten, Unternehmensberater), 15 von Bürgern, Patienten bzw. Patientengruppen sowie aus Hochschulkreisen und 10 von im Gesundheitswesen tätigen Personen, Apothekern und Krankenversicherungen.

Die 128 Beiträge von Interessenträgern lassen sich geografisch wie folgt aufschlüsseln: EU-weit tätige Verbände 20, Italien 30, Vereinigtes Königreich 14, Deutschland 9, Frankreich und Schweiz jeweils 4, Polen, Irland und die Niederlande jeweils 3, Malta und Dänemark jeweils 2, Österreich, Schweden und Spanien jeweils 1 und von außereuropäischen Drittländern 18. 13 Stellungnahmen von Interessenträgern gingen von weltweit tätigen Verbänden ein oder ließen sich nicht geografisch zuordnen.

30 nationale und regionale Behörden nahmen die Konsultation der Interessenträger zum Anlass, die Kommission über ihren Standpunkt zu unterrichten.

In allen Äußerungen wurde diese Initiative einstimmig begrüßt, wobei besonders betont wurde, dass rasch und entschieden gehandelt werden müsse und die Problematik gefälschter Arzneimittel exponentiell verschärft. Ferner wurde die "vielschichtige" Herangehensweise der Kommission begrüßt, die darauf beruht, dass die durchlässigen Punkte ermittelt werden, über die gefälschte Arzneimittel in den Handel gelangen können. Das Feedback wurde zusammengefasst und auf der Website der Kommission2 veröffentlicht.

3. Folgenabschätzung

Die Kommission hat unter Beachtung der einschlägigen Leitlinien eine Folgenabschätzung durchgeführt und deren Ergebnisse in einem Folgenabschätzungsbericht veröffentlicht.

Darin werden die politischen Optionen aufgezeigt und bewertet, durch die sich die Zielvorgabe erreichen lässt, mit allen verfügbaren Mitteln möglichst zu verhindern, dass gefälschte Arzneimittel in die legale Lieferkette gelangen.

Die Bewertung dieser politischen Optionen erfolgte unter Zugrundelegung des Basisszenarios des "Nicht-Tätigwerdens". Davon ausgehend wurden verschiedene Szenarios für die künftige Entwicklung bei gefälschten Arzneimitteln bis zum Jahr 2020 durchgespielt. Bei diesen Szenarios (und den damit verbundenen Kosten) handelt es sich naturgemäß um reine Schätzungen unter bestmöglicher Heranziehung des vorliegenden (nur begrenzten) Datenmaterials, die allerdings erkennen lassen, dass die direkten und indirekten Kosten für die Gesellschaft, die bis 2020 entstehen könnten wenn die Kommission nicht tätig wird, je nach Szenario zwischen 9,5 Mrd. EUR und 116 Mrd. EUR liegen.

Diese Kosten des Nicht-Tätigwerdens sind den Kosten der jeweiligen politischen Optionen gegenüberzustellen.

Bis 2020 ist von folgenden Kosten auszugehen:

Für die Hersteller und Einführer von Arzneimitteln: Zwischen 6,8 Mrd. EUR und 11 Mrd. EUR, je nachdem welche Sicherheitstechnik gewählt wird. Die Kosten für die Händler, die Sicherheitsmerkmale entfernen/austauschen, hängen vom Umfang ihrer Geschäftstätigkeit ab. Den Apotheken entstehen zudem je nach Vorgehensweise, Kosten von rund 157 Mio. EUR.

Für den Arzneimittelgroßhandel: etwa 280 Mio. EUR.

Für Großhändler, die nur als Ausführer tätig sind: etwa 403 Mio. EUR.

Für andere an der Vertriebskette beteiligte Händler: etwa 5 Mio. EUR.

Für Hersteller von Arzneimittelwirkstoffen: etwa 320 Mio. EUR. Der Großteil davon wäre von Herstellern in Drittländern zu tragen.

4. Rechtsgrundlage und Subsidiarität

Ziel der Richtlinie 2001/83/EG und dieses Änderungsvorschlags ist es, das Funktionieren des Binnenmarktes für Arzneimittel und gleichzeitig ein hohes Gesundheitsschutzniveau in der EU zu gewährleisten. Rechtsgrundlage ist somit Artikel 95 EG-Vertrag.

Da mit der Richtlinie 2001/83/EG erschöpfende Vorschriften festgelegt werden, ist es den Mitgliedstaaten nicht gestattet, zusätzliche Vorschriften zu erlassen. Zudem kann das Ziel, gefälschte Arzneimittel in der legalen Lieferkette zu bekämpfen, ohne dadurch das Funktionieren des Binnenmarktes für Arzneimittel zu behindern, von den Mitgliedstaaten nicht in ausreichendem Maße erreicht und daher besser auf Gemeinschaftsebene verwirklicht werden.

5. Änderungen

Die Kommission schlägt eine Reihe von Änderungen der Richtlinie 2001/83/EG vor, damit das Risiko dafür sind, dass gefälschte Arzneimittel in die legale Lieferkette geraten. Dabei handelt es sich um folgende Änderungen:

Der Folgenabschätzungsbericht enthält eine eingehende Erörterung der vorgeschlagenen Änderungen, darunter auch eine Bewertung ihrer sozioökonomischen Folgen.

6. Vereinbarkeit mit anderen politischen Maßnahmen der Gemeinschaft

Dieser Vorschlag ist Teil der Gemeinschaftsstrategie für sichere, innovative und erschwingliche Arzneimittel, die die Kommission in ihrer Mitteilung an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss mit dem Titel "Sichere, innovative und erschwingliche Arzneimittel: Eine neue Vision für die Arzneimittelindustrie"3 vorgelegt hat. Der Vorschlag steht auch im Einklang mit dem strategischen Ziel der Kommission, die Bürger vor Bedrohungen ihrer Gesundheit zu schützen, das sie in ihrem Weißbuch "Gemeinsam für die Gesundheit:

Ein strategischer Ansatz der EU für 2008-2013"4 festgelegt hat.

7. Auswirkungen auf den Haushalt

Es wird vorgeschlagen, die Gemeinschaftsdatenbank der Unternehmen, die die Good Manufacturing Practices (GMP)5 einhalten, auf Großhändler zu erweitern, die die Good Distribution Practices (GDP)6 einhalten (siehe oben, Nummer 5 Listenpunkt 7). Wie in dem Finanzbogen im Anhang zu diesem Vorschlag ausgeführt wird, ist nicht davon auszugehen, dass sich diese IT-Maßnahmen auf den Haushalt auswirken werden.

8. Weitere Angaben

Der vorgeschlagene Rechtsakt ist von Bedeutung für den Europäischen Wirtschaftsraum und sollte deshalb auf den EWR ausgeweitet werden.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zwecks Verhinderung des Eindringens von Arzneimitteln, die in Bezug auf ihre Eigenschaften, Herstellung oder Herkunft gefälscht sind, in die legale Lieferkette (Text von Bedeutung für den EWR)

Das Europäische Parlament und der Rat der europäischen Union - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95, auf Vorschlag der Kommission,7 nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,8 nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen,9 gemäß dem Verfahren des Artikels 251 EG-Vertrag,10 in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Richtlinie erlassen:

Artikel 1

Die Richtlinie 2001/83/EG wird wie folgt geändert:

Artikel 2

Artikel 3

Artikel 4


Brüssel, den
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident

Finanzbogen

Der Finanzbogen befindet sich im PDF-Dokument.