Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der internationalen Rechtshilfe bei der Vollstreckung von freiheitsentziehenden Sanktionen und bei der Überwachung von Bewährungsmaßnahmen

931. Sitzung des Bundesrates am 6. März 2015

Der Rechtsausschuss, empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe c

(Inhaltsübersicht Angabe zu § 84d und 84e IRG), Buchstabe d
(Inhaltsübersicht Angabe zu § 90e und 90f IRG), Nummer 25
(§ 84d Überschrift, erster Halbsatz,
§ 84e Überschrift, Absatz 1 Satz 1 und 2, Absatz 2, Absatz 3 Satz 1,
§ 84g Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2,
§ 84h Absatz 1, Absatz 2, Absatz 4 Satz 1,
§ 85 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 1 und 2, Absatz 4, Absatz 5 Satz 1,
§ 85b Absatz 2 Nummer 2, § 85d Satz 1 und 2 IRG), Nummer 26
(§ 90e Überschrift, Absatz 1 und 2,
§ 90f Überschrift, Absatz 1 Satz 1 und 2, Absatz 2, Absatz 3 Satz 1, Absatz 4 Satz 1 und 2,
§ 90h Absatz 3 Nummer 1 und 2, Absatz 6 Nummer 1 Buchstabe a und b, Nummer 2,
§ 90i Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 und 2,
§ 90k Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1,
§ 90l Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 1 und 2, Absatz 4, Absatz 5 Satz 1, § 90m Absatz 3 Nummer 2 und Absatz 5 Satz 1 IRG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Der Gesetzentwurf sieht sowohl in den §§ 84 ff. IRG-E, durch die der Rahmenbeschluss 2008/909/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für Zwecke ihrer Vollstreckung in der EU (Rb Freiheitsstrafen), als auch in den §§ 90a ff. IRG-E, durch die der Rahmenbeschluss 2008/947/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile und Bewährungsentscheidungen im Hinblick auf die Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen (Rb Bewährungsüberwachung) in deutsches Recht umgesetzt werden, die Übertragung der Bewilligungszuständigkeit für ein- und ausgehende Ersuchen auf die Staatsanwaltschaften bzw. die Vollstreckungsbehörden vor.

Diese originäre Zuständigkeitsübertragung bedeutet eine grundlegende Abkehr von der bisherigen Systematik des IRG.

§ 74 Absatz 1 IRG weist die Zuständigkeit für den ein- und ausgehenden Rechtshilfeverkehr insgesamt dem Bund zu. Lediglich die Ausübung dieser Befugnis ist den Ländern in bestimmtem Umfang gemäß § 74 Absatz 2 IRG in Verbindung mit der Vereinbarung vom 28. April 2004 über die Zuständigkeit im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten übertragen worden. Die Länder haben ihrerseits die so erhaltenen Befugnisse gemäß § 74 Absatz 2 IRG teilweise auf die Staatsanwaltschaften, Generalstaatsanwaltschaften und Gerichte im Wege der Delegation übertragen.

Der Gesetzentwurf begründet diesen Systembruch damit, dass eine Abwägung außen- und allgemeinpolitischer Aspekte, die der Bundesregierung bzw. nach § 74 Absatz 2 IRG den Landesregierungen im Rahmen der ihnen obliegenden Pflege der auswärtigen Beziehungen vorbehalten bleiben müsse, im Vollstreckungshilfeverkehr mit den EU-Mitgliedstaaten nicht mehr stattfinde. Aufgrund des besonderen wechselseitigen Vertrauens in die jeweiligen anderen Rechtssysteme sei vielmehr eine ausländisches Erkenntnis anzuerkennen und zu vollstrecken, wenn keiner der in den umzusetzenden Rahmenbeschlüssen abschließend aufgezählten Versagungsgründe gegeben sei.

Dem vorliegenden Gesetzgebungsvorhaben sind jedoch bereits die Umsetzung von zwei weiteren Rahmenbeschlüssen im Bereich der Vollstreckungshilfe vorausgegangen. Sowohl bei der innerstaatlichen Umsetzung des Rahmenbeschlusses zur Vollstreckung von ausländischen Geldsanktionen (§§ 86 ff. IRG) als auch von Einziehungsentscheidungen (§§ 88 ff. IRG) hatte der Gesetzgeber keinen Anlass gesehen, von der bisherigen Zuständigkeitsregelung abzuweichen.

Die bisherige Systematik, nach der die Entscheidung über die zuständigen Bewilligungsbehörden im Rahmen des strafrechtlichen Rechtshilfeverkehrs mit EU-Mitgliedstaaten durch die Länder getroffen werden, ermöglicht es zudem, die unterschiedlichen Strukturen und bei den einzelnen Behörden vorhandenen fachlichen Kompetenzen zu berücksichtigen.

Außerdem machen die genannten Rahmenbeschlüsse keine Vorgaben, welche Behörden letztlich für die Bewilligung von Ersuchen zur Übernahme der Vollstreckung einer freiheitsentziehenden Sanktion bzw. der Überwachung von Bewährungsmaßnahmen zuständig sein sollen. Dementsprechend haben die EU-Staaten, die die vorgenannten Rahmenbeschlüsse umgesetzt haben, unterschiedliche Bewilligungsbehörden benannt. Bei der Vollstreckung von Freiheitsstrafen haben eine Reihe von EU-Staaten Zentralbehörden vorgesehen wie beispielsweise Belgien, Dänemark, Finnland, Italien, Niederlande, Portugal (Justizministerium, Gefängnisverwaltung bzw. Generalstaatsanwaltschaft). Andere EU-Staaten haben Gerichte benannt (Tschechien, Polen, Kroatien). Ein vergleichbares Bild zeigt sich bei der Zuständigkeit für Ersuchen nach dem Rb Bewährungsüberwachung. Einige Staaten haben die Zuständigkeit für ein- und ausgehende Ersuchen auch unterschiedlichen Behörden zugeteilt.

Die vorgeschlagene Änderung passt den Gesetzentwurf dem bisherigen Aufbau des IRG an. Die Frage der für die Bewilligung zuständigen Behörden ergibt sich demnach aus § 74 IRG in Verbindung mit der Bund-Länder-Vereinbarung und den Zuständigkeitserlassen der Länder. Es ist daher auch nicht ausgeschlossen, dass ein Land für seinen Geschäftsbereich entscheidet, dass die Staatsanwaltschaft nicht nur die Bewilligungsentscheidung vorbereitet, sondern diese auch trifft. Im Übrigen folgt der Änderungsvorschlag hinsichtlich der Begrifflichkeiten und der Systematik dem Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses Einziehungsentscheidung (§§ 88 ff. IRG).

2. Zu Artikel 1 Nummer 25 (§ 84b Absatz 2 Satz 1 IRG)

In Artikel 1 Nummer 25 ist in § 84b Absatz 2 Satz 1 nach der Angabe " § 84b Absatz 1" die Angabe "Nummer 4" einzufügen.

Begründung:

Durch den Gesetzentwurf wird die Möglichkeit eröffnet, mit Einverständnis der betroffenen Person eine ausländische Sanktion, bei der die Zulässigkeitsvoraussetzungen von § 84b Absatz 1 Nummer 1 bis 3 IRG-E nicht gegeben sind, nach den besonderen Regelungen, die mit den anderen Mitgliedstaaten der EU im Rahmen des Grundsatzes der Gegenseitigen Anerkennung gelten, gleichwohl für zulässig zu erklären.

Die Vollstreckung freiheitsentziehender Entscheidungen, denen ein Abwesenheitsurteil zu Grunde liegt (§ 84b Absatz 1 Nummer 2 IRG-E) oder bei denen gegen den Grundsatz "ne bis in idem" verstoßen würde (§ 84b Absatz 1 Nummer 3 IRG-E), verstößt jedoch im Anwendungsbereich des Grundsatzes der Gegenseitigen Anerkennung gegen Artikel 6 EUV bzw. Artikel 50 GRC und den darin zum Ausdruck kommenden europäischen ordre public.

Darüber hinaus sollte die in der Bundesrepublik Deutschland geltende grundsätzliche Wertung hinsichtlich der Verantwortlichkeit und Schuldfähigkeit (§ 84b Absatz 1 Nummer 1 IRG-E) nicht aufgeben werden, zumal dies nicht durch europarechtliche Vorgaben erforderlich ist. Jedenfalls gehört aber auch diese Ausnahme nicht in den Kontext der Gegenseitigen Anerkennung von Gerichtsentscheidungen. Anders stellt sich der Sachverhalt lediglich hinsichtlich der Vollstreckung von nach deutschem Recht verjährten ausländischen Erkenntnissen (§ 84b Absatz 1 Nummer 4 IRG-E) dar, weil dadurch keine europarechtlichen Vorgaben missachtet werden oder wesentliche Wertungswidersprüche zum deutschen Recht bestehen.

Durch die vorgeschlagene Änderung werden die vorgenannten Fallkonstellationen aus den besonderen Vorschriften über die Vollstreckung von Freiheitsstrafen mit den Mitgliedstaaten der EU ausgeklammert und der Gesetzentwurf damit dem geltenden EU-Recht angepasst.

Auf der anderen Seite wären durch die Ausklammerung von § 84b Absatz 1 Nummer 1 bis 3 IRG-E die betroffenen Personen auch nicht schlechter gestellt als im außereuropäischen Ausland verurteilte Personen. Der Rahmenbeschluss 2008/909/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für Zwecke ihrer Vollstreckung in der EU (Rb Freiheitsstrafen) tritt zwar an Stelle der geltenden multilateralen Übereinkommen. Vollstreckungshilfe kann aber auch im Verhältnis zu EU-Staaten weiterhin auf vertragloser Grundlage geleistet werden. Geht daher ein entsprechendes Ersuchen ein, das nicht auf den Rahmenbeschluss gestützt ist, kann die Übernahme der weiteren Vollstreckung auf Grundlage der Vorschriften des 4. Teils des IRG erfolgen.

3. Zu Artikel 1 Nummer 25 (§ 84g Absatz 4 Satz 2 IRG)

In Artikel 1 Nummer 25 sind in § 84g Absatz 4 Satz 2 nach der Angabe " § 54a" die Wörter "Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 und 3" einzufügen.

Begründung:

Durch die Regelung wird die Möglichkeit eröffnet, mit Einverständnis der betroffenen Person die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen zu übernehmen, die das Höchstmaß der in der Bundesrepublik Deutschland angedrohten Sanktion übersteigen.

Die Verweisung auf § 54a IRG-E führt jedoch dazu, dass eine Bedingung des europäischen Staates akzeptiert werden kann, die Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe nur nach Zustimmung des Urteilsstaates zur Bewährung auszusetzen.

Eine solche Bedingung steht jedoch im Widerspruch zu den Vorgaben des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für Zwecke ihrer Vollstreckung in der EU (Rb Freiheitsstrafen). Nach Artikel 17 Rb Freiheitsstrafen ist für die Frage der Aussetzungsentscheidung alleine das Recht des Vollstreckungsstaates maßgeblich. Lediglich für die verurteilte Person günstigere Aussetzungsregelungen können nach Artikel 17 Absatz 4 Rb Freiheitsstrafen zwischen den Mitgliedstaaten berücksichtigt werden. Schließlich sieht Artikel 17 Absatz 3 Satz 2 Rb Freiheitsstrafen für den Ausstellungsstaat, der mit den im Vollstreckungsstaat geltenden Bestimmungen über eine etwaige vorzeitige oder bedingte Entlassung nicht einverstanden ist, allein die Möglichkeit vor, sein Ersuchen zurückzuziehen.

Durch die Änderung wird klargestellt, dass eine solche Bedingung durch einen europäischen Mitgliedstaat in Übereinstimmung mit dem EU-Recht keine Berücksichtigung findet.

4. Zu Artikel 1 Nummer 25 (§ 84k Absatz 2 Satz 2 IRG)

In Artikel 1 Nummer 25 ist § 84k Absatz 2 Satz 2 wie folgt zu fassen:

"Von der Vollstreckung kann ferner abgesehen werden, wenn die verurteilte Person aus der Haft geflohen ist."

Begründung:

Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung sind die deutschen Behörden nicht nur bei einem Ausbruch, sondern auch bei jeder Flucht aus einer Lockerung gehindert, die verurteilte Person erneut in Haft zu nehmen. Dies ist gegenüber dem Urteilsstaat nicht zu rechtfertigen, wenn die deutschen Behörden um den Aufenthaltsort der verurteilten Person wissen oder die verurteilte Person nach eigenmächtiger Verlängerung eines Hafturlaubes in die Justizvollzugsanstalt zurückkehren will. Auch zum Schutz der Bevölkerung wäre dies nicht zu verantworten, insbesondere wenn ein höchst gefährlicher Sexualstraftäter oder Mörder geflohen ist. Bereits der durch die erforderliche Informationsübermittlung an den Urteilsstaat bedingte Zeitverzug bis zur Einleitung einer erneuten internationalen Fahndung und deren Umsetzung in Deutschland würde die Gefahr einer erneuten Straftat oder einer endgültigen Flucht verstärken. Darüber hinaus ist nicht gesichert, dass der Urteilsstaat nach Abgabe der Verantwortung zur Resozialisierung nach Deutschland die Fahndung zum Zwecke der erneuten Inhaftierung einleitet. Schließlich kann bei erfolgreicher Verhaftung des Flüchtenden im Inland eine erneute Prozedur der Vollstreckungsübernahme vom Urteilsstaat an Deutschland vermieden werden. Der Änderungsvorschlag dient damit auch der Verwaltungsvereinfachung, insbesondere wenn die verurteilte Person sowohl eine deutsche als auch eine Sanktion eines Mitgliedstaats zu verbüßen hat.

Der Änderungsvorschlag widerspricht nicht den Vorgaben des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union (Rb Freiheitsstrafen).

Artikel 22 Absatz 2 Rb Freiheitsstrafen sieht lediglich vor, dass der Ausstellungsstaat wieder zur Vollstreckung der Sanktion berechtigt ist, sobald der Vollstreckungsstaat ihn von der Flucht der verurteilten Person aus der Haft unterrichtet hat. Gleichwohl ist damit kein Entfallen der Berechtigung des Vollstreckungsstaates verbunden, die Sanktion weiter zu vollziehen. Vielmehr hebt Artikel 21 Buchstabe h Rb Freiheitsstrafen in einem durchaus vergleichbaren Fall für den Vollstreckungsstaat nur die Verpflichtung zur Vollstreckung der Sanktion auf.

Die Wiederergreifung der verurteilten Person nach ihrer Flucht und die anschließende Fortsetzung der Vollstreckung der Sanktion im Inland greift auch nicht in die Souveränität des Urteilsstaates ein. Die Flucht der verurteilten Person aus der Haft führt nicht automatisch zu einem Entfallen der Zustimmung des Urteilsstaates zur Vollstreckung der Sanktion im Vollstreckungsstaat. Nur wenn die verurteilte Person in den Urteilsstaat geflohen ist, wird ein Vorrang des Urteilsstaates an der Entscheidung, ob eine Fahndung einzuleiten ist, anzuerkennen sein. In diesen Fällen besteht für den Vollstreckungsstaat kein Grund, an der Vollstreckung der Sanktion im Inland festzuhalten.

Schließlich ermöglicht der Änderungsvorschlag, dass das im Rb Freiheitsstrafen in Erwägungsgrund 5 genannte wechselseitige Vertrauen unter den Mitgliedstaaten, hier insbesondere das Vertrauen der anderen Mitgliedstaaten in eine nachhaltige Strafvollstreckung durch Deutschland, weiter wachsen kann.

5. Zu Artikel 1 Nummer 26 (§ 90c Absatz 2 Satz 1 IRG)

In Artikel 1 Nummer 26 ist in § 90c Absatz 2 Satz 1 nach der Angabe " § 90c Absatz 1" die Angabe "Nummer 4" einzufügen.

Begründung:

Durch den Gesetzentwurf wird die Möglichkeit eröffnet, mit Einverständnis der betroffenen Person die Überwachung einer ausländischen Bewährungsmaßnahme, bei der die Zulässigkeitsvoraussetzungen von § 90c Absatz 1 Nummer 1 bis 3 IRG-E nicht gegeben sind, nach den besonderen Regelungen, die mit den anderen Mitgliedstaaten der EU im Rahmen des Grundsatzes der Gegenseitigen Anerkennung gelten, gleichwohl für zulässig zu erklären.

Die Vollstreckung bzw. Überwachung von Bewährungsmaßnahmen hinsichtlich freiheitsentziehender Entscheidungen, denen ein Abwesenheitsurteil zu Grunde liegt (§ 90c Absatz 1 Nummer 2 IRG-E) oder bei denen gegen den Grundsatz "ne bis in idem" verstoßen würde (§ 90c Absatz 1 Nummer 3 IRG-E), verstößt jedoch im Anwendungsbereich des Grundsatzes der Gegenseitigen Anerkennung gegen Artikel 6 EUV bzw. Artikel 50 GRC und den darin zum Ausdruck kommenden europäischen ordre public.

Darüber hinaus sollte die in der Bundesrepublik Deutschland geltende grundsätzliche Wertung hinsichtlich der Verantwortlichkeit und Schuldfähigkeit für strafbares Verhalten (§ 90c Absatz 1 Nummer 1 IRG-E) nicht aufgeben werden, zumal dies nicht durch europarechtliche Vorgaben erforderlich ist. Jedenfalls gehört aber auch diese Ausnahme nicht in den Kontext der Gegenseitigen Anerkennung von Gerichtsentscheidungen.

Hinzu kommt, dass im Verhältnis zu anderen Mitgliedstaaten der EU auch keine humanitären Gesichtspunkte denkbar sind, die ein Abweichen von den vorstehenden Grundsätzen rechtfertigen könnten. Anders als bei der Übernahme ausländischer freiheitsentziehender Sanktionen wird im Falle der Übernahme der Bewährungsüberwachung zum Zeitpunkt des Ersuchens nämlich bereits keine freiheitsentziehende Sanktion mehr vollstreckt.

Anders stellt sich der Sachverhalt lediglich hinsichtlich der Vollstreckung bzw. Überwachung von Bewährungsmaßnahmen nach deutschem Recht verjährter ausländischer Erkenntnisse (§ 90c Absatz 1 Nummer 4 IRG-E) dar, weil dadurch weder europarechtliche Vorgaben missachtet werden noch wesentliche Wertungswidersprüche zum deutschen Recht bestehen.

Durch die vorgeschlagene Änderung werden die vorgenannten Fallkonstellationen aus den besonderen Vorschriften über die Vollstreckung von Freiheitsstrafen mit den Mitgliedstaaten der EU ausgeklammert und der Gesetzentwurf damit dem geltenden EU-Recht angepasst.