Beschluss des Bundesrates
Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Marktüberwachung

Der Bundesrat hat in seiner 844. Sitzung am 23. Mai 2008 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.

Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Marktüberwachung

I.

II.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Akkreditierung und Benennung von Konformitätsbewertungsstellen und von GS-Stellen integraler Bestandteil der Regelungen für den Marktzugang von sicheren Produkten ist. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung bei der Umsetzung der europäischen Vorschriften zur Akkreditierung und Marktaufsicht zu berücksichtigen, dass dieser sensible Bereich wie bisher in staatlicher Verantwortung bleibt.

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) zu novellieren und hierbei folgende Eckpunkte zu berücksichtigen:

III.

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung,

IV.

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, inwieweit folgender Eckpunkt bei einer Novellierung des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes berücksichtigt werden kann:

V.

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, gemeinsam mit Vertretungen der Marktüberwachungsbehörden der Länder und der Zollverwaltung Vorschläge zur Stärkung der Marktüberwachung im Bereich des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes zu erarbeiten und dabei die Vorschläge des Landes Baden-Württemberg zur Änderung des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes zu berücksichtigen.

VI.

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die auf die Sicherheit von Produkten bzw. Spielzeug ausgerichteten Beschlüsse der Wirtschafts- und der Verbraucherschutzministerkonferenz zu berücksichtigen.

VII.

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bis zum 1. Mai 2009 über die Ergebnisse der Arbeiten in der der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu berichten.

Begründung

In jüngster Zeit sorgten mehrere weltweite, freiwillige Rückrufaktionen von Spielzeug aus fernöstlicher Produktion, insbesondere wegen zu hohem Bleigehalt in der Farbe bzw. verschluckbaren Magneten, für Aufsehen und öffentliche Debatten über die Sicherheit von Produkten. In der Diskussion wurde der Vorwurf laut, die deutschen und europäischen Marktüberwachungsbehörden würden ihren Pflichten zum Schutz der Verbraucher einerseits und der heimischen, regelkonform arbeitenden Industrie vor Wettbewerbsverzerrungen andererseits nicht ausreichend gerecht werden. Obwohl in den konkreten Fällen seitens der Hersteller und Behörden verantwortungsvoll und umsichtig gehandelt wurde, waren die Vorfälle Anlass für den Ruf nach einer stärkeren Marktüberwachung.

Die aufgeführten Maßnahmen sollen auf europäischer und nationaler Ebene bestehende Verbesserungspotenziale im Bereich der Marktüberwachung nutzen. Hierzu sind insbesondere die Grundlagen im nationalen Recht zu optimieren.

Zu den einzelnen Vorschlägen:

Zu Abschnitt I

Zu Nummer 1

Das deutsche GS-Zeichen (GS = geprüfte Sicherheit) ist ein anerkanntes Sicherheitszeichen, das weit über die Grenzen Deutschlands hinaus Beachtung und beim Verbraucher hohe Akzeptanz findet. Im Bereich des Verbraucher- und Arbeitsschutzes soll es die Gewähr dafür bieten, dass die sicherheitstechnischen Anforderungen erfüllt und durch eine unabhängige Stelle (zugelassene Stelle) geprüft und regelmäßig überwacht werden. Außerdem ist es ein wichtiges Kriterium, an dem sich der Verbraucher orientieren kann.

Daher sollte die Möglichkeit, das GS-Zeichen zu erteilen, erhalten bleiben, bis ein europaweit einheitliches Sicherheitszeichen eingeführt ist.

Den aktuellen Überlegungen der EU-Kommission, das GS-Zeichen abzuschaffen, ist daher nachdrücklich entgegen zu treten.

Zu Nummer 2

Nach den Erfahrungen der Marktüberwachung bringen immer wieder bestimmte Hersteller oder Importeure mit der gesetzlich vorgesehenen "Eigenerklärung" sicherheitstechnisch mangelhafte Produkte in Verkehr.

Grundsätzlich kann die Behörde erst tätig werden, wenn mindestens ein begründeter Gefahrenverdacht hinsichtlich der Gefährlichkeit eines bestimmten Produkts vorliegt. Ein solcher Verdacht kann aber i.d.R. erst entstehen, wenn das Produkt bereits auf dem Markt ist und Anhaltspunkte für seine unzureichende Sicherheit den Behörden bekannt werden. Um bessere Eingriffsmöglichkeiten zu haben, wenn Hersteller und Importeure wiederholt durch das Inverkehrbringen unsicherer Produkte aufgefallen sind, sollen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, dass solche Hersteller oder Importeure für eine bestimmte Zeit bestimmte Produkte nur nach Prüfung einer zugelassenen Stelle in Verkehr bringen dürfen, durch die der Nachweis erbracht wird, dass die Herstellung von einwandfreien Produkten gelingt.

Dieses Verfahren ist z.B. auch bei der Qualitätssicherung der Wareneingangskontrolle in der Industrie üblich.

Zu Abschnitt II

Zu Nummer 1, 2 und 3

Die Erfahrungen der Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Verwendung des GS-Zeichens zeigen, dass

Dadurch wird die Bedeutung des GS-Zeichens geschädigt und entwertet. Die zugelassenen Stellen bzw. GS-Stellen tragen daher eine große Verantwortung dafür dass die Zuerkennung des GS-Zeichens im Einzelfall tatsächlich berechtigt ist. Nach dem GPSG sind die zugelassenen Stellen verpflichtet,

Kontrollmaßnahmen durchzuführen. Dies bedeutet, dass sie neben den Marktüberwachungsbehörden zusätzliche Eigenverantwortung haben und diese auch wahrnehmen müssen. Die Verpflichtung zur Information der beauftragten Stelle (gemäß § 2 Abs. 14 GPSG die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin - BauA) bzw. der Marktüberwachungsbehörden bei Erkenntnissen über zu Unrecht verwendete GS-Zeichen verbessert im Zusammenhang mit der zentralen Veröffentlichung von zurückgenommenen oder missbräuchlich verwendeten GS-Zeichen die Transparenz und wirkt dadurch dem Missbrauch entgegen. Dasselbe gilt für die Einführung fälschungssicherer GS-Zeichen. Die Informationen sollen nicht nur der Behörde sondern auch dem Verbraucher anwenderfreundlich zur Verfügung stehen.

Zu Nummer 4

Die Marktüberwachungsbehörden haben bisher praktisch keine Möglichkeit, die Verbreitung von sicherheitstechnisch bedenklichen Produkten über Internetauktionen von Anbietern außerhalb des Geltungsbereichs des GPSG zu unterbinden. Denn ein Zugriff auf den Anbieter ist meist, wenn überhaupt, nur schwer und zeitaufwändig möglich. Für diese Fälle soll eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, die es den Marktüberwachungsbehörden ermöglicht gegenüber Internetauktionshäusern, auf deren Plattform solche Produkte durch Dritte vertrieben werden, den Abbruch der Internetauktion anzuordnen um das Inverkehrbringen auf diesem Wege zu verhindern.

Zu Nummer 5

Es ist belegt, dass selbst unter Aufsicht von GS-Prüfstellen in Drittstaaten durchgeführte sogenannte Verschiffungskontrollen oft keine Gewähr dafür bieten dass bei der zollrechtlichen Anmeldung von Produkten zur Einfuhr in den EU-Binnenmarkt tatsächlich EU-konforme Produkte eingeführt werden. So werden durchaus legal z.B. während des Transportes nach Europa Container und Produkte unter Zollverschluss in Häfen umgeladen. Daher sollen vor der Einfuhr in den Binnenmarkt von GS-Prüfstellen stichprobenartige Überprüfungen bei Produkten mit GS-Zeichen oder Baumusterprüfung vorgenommen werden.

Zu Nummer 6

Beim Import von Waren aus dem europäischen Ausland erscheint es darüber hinaus für die Sicherheit und einen fairen Wettbewerb im Binnenmarkt notwendig Importeuren von solchen Importwaren, z.B. aus Fernost, die - bußgeldbewehrte - Pflicht aufzuerlegen, sich darüber zu informieren, ob ein GS-Zeichen auch tatsächlich erteilt worden ist. Dies ist gerechtfertigt, weil die Importeure im Verhältnis zu den im Binnenmarkt ansässigen Herstellern eine vergleichbare Verantwortung für das Inverkehrbringen tragen.

Zu Nummer 7

Im Gegensatz zur Regelung in § 19 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 2 GPSG, wonach GS-Prüfstellen bereits heute ein Bußgeld droht, wenn sie das GS-Zeichen zu Unrecht vergeben haben oder die Qualitätsüberwachung nicht ordnungsgemäß durchführen, gibt es vergleichbare Tatbestände für andere zugelassene Stellen nicht.

Wenn diese jedoch in Konformitätsbewertungsverfahren einbezogen wurden und hierbei nicht fachgerecht agiert haben, z.B. bei Baumusterprüfungen, Einzelprüfungen von Produkten oder der Qualitätssicherung, ist eine entsprechende Bußgeldbewehrung einer nicht ordnungsgemäßen Prüfung durch diese Stellen ebenfalls gerechtfertigt. Dies erscheint umso dringlicher, als in diesen Fällen die Beteiligung von Prüfstellen nur in Ausnahmefällen vorgesehen ist, und zwar bei Produkten mit einem hohen Gefahrenpotenzial.

Zu Abschnitt III

Zum ersten Spiegelstrich

Das Verbraucherinformationsgesetz vom 5. November 2007 (BGBl. I. S. 2558), das am 1. Mai 2008 in Kraft getreten ist, verpflichtet informationspflichtige Stellen der Länder, die für den Vollzug des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs zuständig sind, auf schriftlichen Antrag hin jedem Bürger gesundheitsbezogene Informationen im Zusammenhang mit Erzeugnissen, die unter das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs fallen, zu geben. Durch die Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf Verbraucherprodukte im Bereich des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes soll ein wesentlicher Schritt zu einer Verbesserung des Verbraucherschutzes getan werden.

Zum zweiten Spiegelstrich

Art und Ausmaß der Information der Öffentlichkeit über technische Mängel von Verbraucherprodukten sind nicht hinreichend klar geregelt. Zwar gibt es im GPSG eine Regelung über die "Warnung" der Verbraucher (§ 8 Abs. 4 Satz 3 GPSG). Die gesetzlichen Voraussetzungen sind jedoch so eng, dass dieses Instrument des Verbraucherschutzes in der Praxis kaum genutzt wird und praktisch leer läuft. Insbesondere die drohenden Schadensersatzansprüche betroffener Unternehmen führen zu einer großen Rechtsunsicherheit bei der Anwendung der Norm. Des Weiteren bestimmt zwar § 10 Abs. 2 GPSG, dass die zuständigen Behörden der Öffentlichkeit ihnen zur Verfügung stehenden Informationen über von Verbraucherprodukten ausgehende Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit der Verwender "zugänglich" machen. Im Unterschied zu einer Veröffentlichung in den Medien erreicht dieses "Zugänglichmachen der Information" regelmäßig jedoch nur ein Fachpublikum oder interessierte Bürger, die sich selbst um die Information bemühen, nicht jedoch die "breite Masse" der Verbraucher. Hier besteht eine erhebliche Lücke im Verbraucherschutz, die geschlossen werden soll.

Eine eindeutige Ermächtigungsgrundlage, die unter Abwägung der betroffenen Rechte von Verbrauchern und Unternehmen klar regelt, in welchen Fällen die Behörde unter Nennung der genauen Produktbezeichnung mit dem Namen der Hersteller oder Importeure die Öffentlichkeit aktiv über konkrete Sicherheitsmängel informieren kann, ist daher für technische Verbraucherprodukte dringend erforderlich. Insbesondere sollte auch geprüft werden, inwieweit die behördlichen Informationen unabhängig von eigenen Maßnahmen des Herstellers zulässig sind.

Zu Abschnitt IV

Das GPSG und die untergesetzlichen Vorschriften beinhalten eine Reihe von Bußgeldtatbeständen, jedoch fehlt - im Gegensatz zur früheren Regelung im Produktsicherheitsgesetz - eine Regelung zur Ahndung der Nichteinhaltung der materiellen Anforderungen des Gesetzes bzw. der Verordnungen an das Inverkehrbringen, also des eine Bußgeldbewehrung des Inverkehrbringens unsicherer Produkte als solches.