Unterrichtung durch die Bundesregierung
Weißbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Integration der EU-Hypothekarkreditmärkte KOM (2007) 807 endg.; Ratsdok. 5128/08

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 14. Januar 2008 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 18. Dezember 2007 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 19. Dezember 2007 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 744/05 (PDF) = AE-Nr. 052633,
Drucksache 306/07 (PDF) = AE-Nr. 070402 und
Drucksache 865/07 (PDF) = AE-Nr. 070947

Weissbuch über die Integration der EU-Hypothekarkreditmärkte (Text von Bedeutung für den EWR)

1. Einleitung

Für die meisten EU-Bürger ist ein Hypothekarkredit die größte Investitionsentscheidung ihres Lebens. Das Volumen der ausstehenden Hypothekarkredite für private Wohnbauten beläuft sich auf fast 47 % des BIP der EU, womit der Hypothekarkreditmarkt zu den wichtigsten Märkten der europäischen Wirtschaft zählt1. Die Integration der EU-Hypothekarkreditmärkte ist daher von zentraler Bedeutung für eine größere Effizienz nicht nur des EU-Finanzsystems (sowohl auf der Groß- als auch der Privatkundenebene), sondern auch der EU-Gesamtwirtschaft.

In Anbetracht der zentralen Bedeutung der Hypothekarkreditmärkte hat die Kommission eine umfassende Überprüfung ihrer Funktionsweise und ihres Integrationsgrades angestoßen. Im vorliegenden Weißbuch werden die Ergebnisse dieser Überprüfung zusammengefasst und ein ausgewogenes Maßnahmenpaket vorgeschlagen, um auf den EU-Hypothekarkreditmärkten für mehr Effizienz und Wettbewerb zu sorgen2. Im Einklang mit den Grundsätzen der besseren Rechtsetzung wurden die betreffenden Maßnahmen nach eingehenden Konsultationen mit allen Interessengruppen und auf der Grundlage einer angemessenen Folgenabschätzung ausgearbeitet3.

Soweit möglich und angebracht, hat die Kommission auch die Erkenntnisse, die sich schon jetzt aus den jüngsten Ereignissen an den Finanzmärkten ableiten lassen, gebührend berücksichtigt. Dieses Weißbuch ist jedoch nicht als Antwort auf die gegenwärtige Finanzmarktkrise, die durch Probleme am US-amerikanischen Subprime-Markt ausgelöst wurde zu verstehen. Diese Krise hat Auswirkungen, die über das Thema Hypothekarkredit hinausgehen und ausführlich im Rahmen des Treffens des Rates "Wirtschaft und Finanzen" am 9. Oktober 2007 erörtert wurden.

Die in diesem Weißbuch enthaltenen Richtungsvorgaben für die Politik sollen in enger Zusammenarbeit mit allen Beteiligten weiterentwickelt werden. Bei jeder Maßnahme wird vor der Annahme durch die Kommission eine individuelle Folgenabschätzung durchgeführt, die auch eine quantitative Kosten-Nutzen-Analyse beinhaltet.

Das Weißbuch fügt sich in den breiten Zusammenhang der Kommissionsmitteilung "Ein Binnenmarkt für das Europa des 21. Jahrhunderts"4 ein, die die Vorteile einer engeren Marktintegration bei Finanzdienstleistungen für Privatkunden deutlich gemacht hat.

2. Handlungsgründe auf EU-Ebene

Der EG-Vertrag bietet die Grundlage für die Schaffung eines Binnenmarkts und die Beseitigung von Hindernissen für den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital. Die verfügbaren Daten zeigen jedoch, dass es bei Wohnungsbauhypotheken noch lange keinen integrierten Binnenmarkt gibt. Auf der Angebots- wie der Nachfrageseite wird das grenzübergreifende Geschäft durch Hemmnisse beeinträchtigt, die den Wettbewerb und die Auswahl auf dem Markt einschränken.

Eine Studie setzt den potenziellen Nutzen, den die EU-Wirtschaft aus einer Integration ihrer Hypothekarkreditmärkte ziehen könnte, über die kommenden zehn Jahre bei 0,7 % des EUBIP bzw. 0,5 % des privaten Verbrauchs an5. Der Studie zufolge könnten die Hypothekarkreditzinsen dadurch bis 2015 um bis zu 47 Basispunkte sinken - bei einem Hypothekarkredit von 100 000 EUR eine jährliche Zinsersparnis von 470 EUR6. Eine andere Studie veranschlagt den jährlichen Nutzen auf 0,12-0,24 % des EU-BIP7. In beiden Fällen ergibt sich der geschätzte Nutzen, der sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgrund der Entwicklung der Märkte leicht verändert haben könnte, aus der größeren Effizienz der Hypothekarkreditgeber und der Erweiterung des Produktangebots.

Dabei ist allerdings zu sehen, dass das Integrationspotenzial begrenzt ist. Faktoren wie Sprache, räumliche Nähe, Verbraucherpräferenzen und Geschäftsstrategien der Kreditgeber haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss. Auf andere Faktoren, die das Hypothekarkreditgeschäft in einem anderen EU-Mitgliedstaat verhindern oder erheblich verteuern kann jedoch über geeignete Politikinitiativen eingewirkt werden.

Der Kommission ist bewusst, dass Verbraucher Hypothekarkredite in erster Linie bei Anbietern in ihrer Nähe aufnehmen und sich dies bei den meisten wohl bis auf weiteres auch nicht ändern wird. Die Integration der EU-Hypothekarkreditmärkte wird daher im Wesentlichen von der Angebotsseite ausgehen, insbesondere indem sich Anbieter auf verschiedene Weise im Mitgliedstaat des Verbrauchers etablieren.

3. Ziele

Wettbewerbsbestimmte und effiziente EU-Hypothekarkreditmärkte können durch Maßnahmen erreicht werden, die die grenzübergreifende Vergabe und Refinanzierung von Hypothekarkrediten erleichtern, das Produktangebot erweitern, das Verbrauchervertrauen erhöhen und die Kundenmobilität fördern.

3.1. Die grenzübergreifende Vergabe und Refinanzierung von Hypothekarkrediten erleichtern

Finanzdienstleister können Hypothekarkredite auf vielerlei Weise in anderen Mitgliedstaaten anbieten: Präsenz vor Ort (z.B. Zweigniederlassungen, Tochterinstitute, Fusionen und Übernahmen), Direktvertrieb (z.B. über Telefon oder Internet) oder Vermittler vor Ort (z.B. Hypothekenmakler). Finanzdienstleister können auch ins grenzübergreifende Geschäft einsteigen indem sie ein Hypothekarkreditportfolio von einem Anbieter in einem anderen Mitgliedstaat ankaufen.

Durch unterschiedliche Rechts- und Verbraucherschutzvorschriften, zerstückelte Infrastruktur (z.B. Kreditregister) und mitunter auch in Ermangelung eines geeigneten Rechtsrahmens (z.B. für die Refinanzierung von Hypothekarkrediten) entstehen rechtliche und wirtschaftliche Hemmnisse, die die grenzübergreifende Kreditvergabe einschränken und die Entwicklung kosteneffizienter EU-weiter Refinanzierungsstrategien verhindern. Die Kommission will daher unverhältnismäßige Hindernisse aus dem Weg räumen und auf diese Weise den EU weiten Vertrieb von Hypothekarprodukten verbilligen.

Nach Auffassung der Kommission sind die verschiedenen Refinanzierungsinstrumente für Hypothekarkredite keine Substitute, sondern komplementäre Produkte. Ziel sollte es sein, die Entwicklung eines breiten Produktspektrums zur Hypothekenrefinanzierung zu erleichtern, nicht zu beschränken. Der Einsatz von Refinanzierungstechniken, die das Risiko von Hypothekarkrediten von den Originatoren auf die Kapitalmärkte verlagern, bietet Vorteile in Bezug auf Risikodiversifizierung und Refinanzierungskosten. Wie die Erfahrungen der letzten Zeit allerdings deutlich gemacht haben, muss dabei sichergestellt sein, dass solche Techniken nicht so eingesetzt werden, dass die Stabilität des Finanzsystems Schaden nimmt.

3.2. Das Produktangebot erweitern

Auch wenn in der EU insgesamt eine breite Produktpalette erhältlich ist, deckt doch kein einziger Inlandsmarkt das gesamte Spektrum der Produktmerkmale und Zielkunden ab. Bis zu einem gewissen Grad liegt dies an Faktoren wie den Verbraucherpräferenzen oder den unterschiedlichen Geschäftsstrategien der Hypothekarkreditgeber. Doch auch wirtschaftliche und rechtliche Hürden halten Hypothekarkreditgeber davon ab, bestimmte Produkte auf bestimmten Märkten anzubieten oder eine bestimmte Refinanzierungsstrategie zu verfolgen.

Insofern besteht zwischen den Hemmnissen für das Produktangebot und sonstigen Hürden, die Kreditgeber am grenzübergreifenden Hypothekengeschäft hindern, ein enger Zusammenhang.

Mehrere Studien gelangten zu dem Schluss, dass schon die Erweiterung des Produktangebots ausreichen würde, um die Vorteile einer Integration der Hypothekarkreditmärkte zu einem Großteil zu realisieren. Einer Studie zufolge würde allein die Beseitigung der Hindernisse für die Vermarktung bestimmter Produkte in den kommenden zehn Jahren zu einer Zunahme des EU-Verbrauchs um 0,4 % und des EU-BIP um 0,6 % führen (gegenüber einem Gesamtwachstum des EU-Verbrauchs um schätzungsweise 0,5 % und des EU-BIP um 0,7 %)8. Eine weitere Studie lässt darauf schließen, dass ein breiteres Produktangebot den Markt um 10 % vergrößern würde, da damit neue Kundenschichten Zugang zu Hypothekarkrediten erhielten, und dass ein Viertel der heutigen Kreditnehmer dadurch geeignetere Produkte finden könnte, was pro Jahr einen Nutzen von 0,15 % bis 0,30 % der ausstehenden privaten Hypothekarkredite bzw. 0,06-0,12 % des BIP von 2003 brächte9.

Die Kommission will das Angebot an Produkten, die dem Kundenbedarf entsprechen könnten erweitern, indem sie Hemmnisse für den Vertrieb insbesondere neuer und innovativer Hypothekarprodukte beseitigt. Ihr ist bewusst, dass viele Regeln, die das grenzübergreifende Angebot bestimmter Produkte einschränken, zum Schutz der Verbraucher bzw. der Stabilität des Finanzsystems eingeführt worden sind. Die jüngsten Probleme am US-amerikanischen Subprime-Markt können als Warnung dienen, diese zentralen ordnungspolitischen Ziele nicht unnötig zu gefährden. Gleichwohl will die Kommission nach Wegen suchen, ein breiteres Produktangebot mit solidem Verbraucherschutz und adäquater Finanzstabilität zu verbinden.

3.3. Das Verbrauchervertrauen erhöhen

Die Aufnahme eines Hypothekarkredits ist für jeden Verbraucher eine folgenschwere Entscheidung. Aus Sicht der Kommission kann es ohne zuversichtliche und handlungsfähige Verbraucher, die unabhängig vom Standort des Kreditgebers das für sie am besten geeignete Hypothekarprodukt auszusuchen imstande sind, keinen effizienten Markt geben. Um die richtige Entscheidung treffen zu können, benötigen die Verbraucher klare, korrekte, vollständige und vergleichbare Angaben über die verschiedenen Hypothekarprodukte.

Die Kommission hält es für unerlässlich, dass Hypothekarkredite verantwortlich vergeben werden insbesondere indem sorgfältig geprüft wird, ob der Kreditnehmer zur Zahlung der dabei anfallenden Raten in der Lage ist. Eine solche Prüfung kann auf mehrerlei Weise erfolgen z.B. durch Abfrage einer Datenbank. Wie die jüngste Krise am Subprime-Markt deutlich gemacht hat, können eine unverantwortliche Kreditvergabe und Fehlverkäufe von Hypothekarkrediten durch Kreditgeber oder skrupellose Kreditvermittler die ganze Wirtschaft in Mitleidenschaft ziehen.

Eine gute Beratung, auch über die rechtlichen Aspekte, ist für ein größeres Verbrauchervertrauen von hoher Bedeutung. Sie ist nicht mit Information zu verwechseln, bei der lediglich das Produkt beschrieben wird. Die Kommission tritt für hohe Standards bei der Hypothekarkreditberatung ein, auch wenn sicher nicht alle Kunden denselben Beratungsbedarf haben.

3.4. Die Kundenmobilität fördern

Der Wettbewerb auf dem Hypothekarkreditmarkt wird auch durch die Fähigkeit und die Neigung der Kunden zum Wechsel des Kreditgebers beeinflusst. Die Kommission will die Kundenmobilität fördern, indem sie dafür sorgt, dass Kunden, die den Kreditgeber wechseln wollen nicht durch ungerechtfertigte rechtliche oder wirtschaftliche Hemmnisse abgeschreckt oder gänzlich daran gehindert werden.

Transparente Preise durch klare und vergleichbare Informationen spielen für die Kundenmobilität eine große Rolle. Initiativen, die die Qualität und Verständlichkeit der vorvertraglichen Information verbessern, sind daher unerlässlich, damit die Kunden tatsächlich in vollem Umfang über alle Kostenkomponenten und Produktmerkmale aufgeklärt werden. Kundenmobilität wird jedoch nicht allein über Informationsvermittlung erreicht.

Durch hohe Gebühren beim Anbieterwechsel und durch Produktkopplung (z.B. wenn Kunden, die einen Hypothekarkredit aufnehmen, beim selben Institut ein Girokonto eröffnen oder eine Versicherung abschließen müssen) werden Kunden faktisch an einen bestimmten Finanzdienstleister gebunden, womit die Mobilität eingeschränkt und der Wettbewerb geschwächt wird. Ähnlich wirken Klauseln, die Kunden verpflichten, ihr Gehalt auf das mit dem Hypothekarkredit verbundene Girokonto überweisen zu lassen. Solche Geschäftspraktiken beeinträchtigen nicht nur die Kundenmobilität, sondern können auch den Preis- und Produktwettbewerb auf den Märkten für die gekoppelten und die Kopplungsprodukte verringern und neue Akteure, vor allem Nischenanbieter des gekoppelten Produkts, vom Markteintritt abhalten.

4. Erreichung der Ziele

Um die genannten Ziele zu erreichen, müssen aus Sicht der Kommission weitere Arbeiten durchgeführt werden, um zu einem optimalen Maßnahmenpaket zu gelangen.

4.1. Den Rechtsetzungsbedarf ermitteln

Ausgehend von der vorerwähnten Überprüfung sieht die Kommission Handlungsbedarf vor allem in folgenden Bereichen: vorvertragliche Information, effektiver Jahreszins, verantwortliche Kreditvergabe und vorzeitige Rückzahlung.

Obwohl die allgemeine Folgenabschätzung, die für dieses Weißbuch durchgeführt wurde, zu dem Ergebnis kommt, dass Rechtsvorschriften für einige der Bereiche die wirksamste Option wären um die gesetzten Ziele zu erreichen, ist die Kommission der Ansicht, dass erst weitere Untersuchungen und Konsultationen mit den Beteiligten durchgeführt werden müssen, um eine endgültige Entscheidung über die am besten geeignete Lösung zu treffen.

Im Einklang mit ihren Grundsätzen der besseren Rechtsetzung wird die Kommission insbesondere für alle Bereiche eine eingehende Folgenabschätzung verschiedener Politikoptionen durchführen, die auch eine quantitative Kosten-Nutzen-Analyse umfasst, um sicherzustellen dass die Kosten nicht größer sind als der erwartete Nutzen. Bevor diese ausführliche Folgenabschätzung vorliegt und weitere Konsultationen mit den betroffenen Interessengruppen durchgeführt wurden, kann aus Sicht der Kommission nicht über den Mehrwert einer etwaigen Richtlinie entschieden werden.

Vorzeitige Rückzahlung

Die vorzeitige Rückzahlung gehört bei der Integration der EU-Hypothekarkreditmärkte aus Sicht der Kommission zu den wichtigsten Fragestellungen. Die Folgenabschätzung macht deutlich dass sich die Konditionen für vorzeitige Rückzahlungen auf alle vier Ziele der Kommission auswirken. Sie zeigt auch die Bedeutung der vorzeitigen Rückzahlung für die Produktvielfalt, die Studien zufolge wiederum zu den entscheidenden Faktoren für die Realisierung des Nutzens der Hypothekarkreditmarktintegration gehört. Die Kommission ist überzeugt dass, in voller Anerkenntnis der Vielfältigkeit der in den Mitgliedsstaaten vorhandenen Regelungen zur vorzeitigen Rückzahlung, eine befriedigende Lösung für die vorzeitige Rückzahlung es ermöglichen würde, den vollen Nutzen aus integrierten europäischen Hypothekarkreditmärkten zu ziehen.

Der Kommission erkennt die politische Sensibilität dieses Themas und die komplexe Problematik einer angemessenen Harmonisierung an (die durch die Schwierigkeiten beim Verbraucherkredit deutlich geworden ist). Dennoch ist sie überzeugt, dass sie zusammen mit den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament die Pflicht hat, alle Möglichkeiten auszuschöpfen damit die europäischen Haushalte von einem breiterem Angebot von Vertragstypen für Hypothekarkredite profitieren können. Die Kommission will daher insbesondere mit den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament ausloten, inwieweit man sich auf eine angemessene europäische Regelung für die vorzeitige Rückzahlung einigen könnte.

Die Kommission wird 2008:

Qualität und Vergleichbarkeit von Informationen verbessern

Nach ersten Ergebnissen von Verbrauchertests im Auftrag der Kommission sind den Kunden vorvertragliche Informationen in strukturierter Form sehr wichtig, damit sie Angebote miteinander vergleichen können. Gewünscht werden umfassende Informationen mit Tabellen und konkreten Beispielen in leicht verständlicher Sprache, ohne zuviel Fachjargon. Die Informationen sollten früh genug vor Vertragsabschluss zur Verfügung gestellt werden.

Auch wenn der Verhaltenskodex für wohnungswirtschaftliche Kredite10 (der "Kodex") eine wichtige Rolle gespielt hat, sind die Informationen, die Verbraucher bei Hypothekarkrediten erhalten von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat noch immer quantitativ wie qualitativ unterschiedlich. Nach Auffassung der Kommission ist der Kodex zum einen in bestimmten Punkten veraltet und zum anderen kein vollwertiger Ersatz für verbindliche Vorschriften. Die Einhaltung des Kodex ist nicht optimal11 und wird außerdem nicht wirksam überwacht und durchgesetzt was die Glaubwürdigkeit bei den Verbrauchern schmälert. Probleme entstehen auch dadurch, dass der Kodex in verschiedenen Ländern unterschiedlich angewandt wird, beispielsweise wenn es darum geht, wann dem Verbraucher das Europäische Standardisierte Merkblatt auszuhändigen ist12.

Eine ganz zentrale Information für den Verbraucher ist der effektive Jahreszins. Die echte Vergleichbarkeit verschiedener Produkte kann insbesondere bei der grenzübergreifenden Betrachtung durch unterschiedliche Berechnungsmethoden und Kostengrundlagen eingeschränkt werden, so dass der Verbraucher in die Irre geführt wird. Die Harmonisierung des effektiven Jahreszinses ist unerlässlich, um hohe Qualitätsstandards bei der Kundeninformation und echte Vergleichbarkeit verschiedener Hypothekarprodukte sicherzustellen.

Die Kommission wird 2008:

Eine verantwortliche Kreditvergabe und -aufnahme fördern

Die Kommission ist der Meinung, dass Geber und Vermittler von Hypothekarkrediten - im Interesse aller (Verbraucher, Anleger, Anteilseigner des Kreditgebers usw.) - verpflichtet sein sollten die Kreditwürdigkeit des Kunden mit allen geeigneten Mitteln zu prüfen, bevor sie einen Hypothekarkredit vergeben. Außerdem sollte sichergestellt werden, dass Hypothekarkreditgeber beim Zugang zu Kreditregistern in anderen Mitgliedstaaten nicht diskriminiert werden und Kreditdaten - unter Einhaltung der EU-Datenschutzvorschriften -problemlos weitergeleitet werden können.

Nach Auffassung der Kommission sollten Hypothekarkreditgeber den Verbraucher zwar umfassend informieren und hinreichend aufklären, damit er eine fundierte Entscheidung treffen kann, doch sollten sie nicht gesetzlich zur Kundenberatung verpflichtet werden. Eine gesetzliche Beratungspflicht könnte sich nachteilig auf die Hypothekarkreditpreise auswirken und das Spektrum der Produkte, unter denen der Verbraucher wählen kann, einschränken, da die Kreditgeber naturgemäß über ihre eigenen Produkte beraten würden. Der Verbraucher sollte vielmehr die Möglichkeit haben, sich wahlweise von einem unabhängigen Berater oder vom Kreditgeber beraten zu lassen. Allerdings sollten für diese Beratung in jedem Fall höchste Standards gelten. Entscheidend dabei ist, dass der Verbraucher Zugang zu einer objektiven Beratung hat, die seinem individuellen Profil entspricht und der Komplexität der Produkte und den damit verbundenen Risiken Rechnung trägt. Wichtig ist auch, dass der Verbraucher gegenüber dem Berater vollständige und richtige Angaben macht.

Die Kommission wird 2008

Um die Kommission bei der Ausarbeitung geeigneter Maßnahmen zur Verbesserung der Zugänglichkeit, Vergleichbarkeit und Vollständigkeit von Kreditdaten zu unterstützen, wird 2008 eine Expertengruppe für Kredithistorien eingesetzt.

Eine Verbesserung der Finanzkenntnisse der Verbraucher kann diesen ebenfalls beurteilen helfen welche Produkte und Dienstleistungen am besten für sie geeignet sind. Die parallel zu diesem Weißbuch veröffentlichte Mitteilung über Erwerb und Vermittlung von Finanzwissen legt dar, wie die Kommission EU-weit eine erstklassige Vermittlung von Finanzwissen sicherstellen will.

Alle Fragen des für den Hypothekenvertrag geltenden Rechts sollten nach Auffassung der Kommission im Rahmen der "Rom-I"-Verordnung behandelt werden, die kürzlich vom Rat und dem Europäischen Parlament angenommen wurde. In der Frage des für den hypothekarischen Sicherungsgegenstand geltenden Rechts sieht die Kommission keinen Grund, vom allgemein anerkannten Grundsatz abzuweichen, wonach das Recht des Landes gilt in dem die Immobilie belegen ist.

4.2. Bewertung, Grundbuchregister und Zwangsvollstreckung

Nach Auffassung der Kommission sollten die Mitgliedstaaten ihre Verfahren für Zwangsversteigerungen und Grundbucheintragungen effizienter gestalten. Diese Faktoren erhöhen die Kosten für die Hypothekarkreditgeber, die Unsicherheit der Anleger hinsichtlich der Qualität der Sicherheit und die Refinanzierungskosten, so dass die Effizienz der vorhandenen Anbieter leidet und Neulinge vom Markteintritt abgehalten werden.

Die Kommission wird regelmäßig aktualisierte "Anzeiger" mit objektiven Angaben über Kosten und Dauer der Grundbuchregistrierungs- und Zwangsversteigerungsverfahren in allen Mitgliedstaaten veröffentlichen.

Vorbehaltlich einer angemessenen Folgenabschätzung wird die Kommission 2008 eine Empfehlung vorlegen, in der die Mitgliedstaaten:

4.3. Vorgehen bei Vertragsverletzungen

Bei Vertragsverstößen wird die Kommission auch künftig rigoros durchgreifen. Insbesondere wird die Kommission 2008 untersuchen, ob:

4.4. Folgemaßnahmen zum Bericht der Expertengruppe für die Refinanzierung von Hypothekarkrediten

Da die Effizienz der EU-Märkte für die Refinanzierung von Hypothekarkrediten noch erheblich gesteigert werden kann, will die Kommission Art, Ursachen und Größenordnung der sowohl von der Expertengruppe für die Refinanzierung von Hypothekarkrediten15 als auch von der Arbeitsgruppe "Verbriefung" der European Financial Markets Lawyers Group16 aufgezeigten Probleme näher analysieren. Dabei wird die Kommission die jüngsten Entwicklungen an den Subprime-Märkten, die Komplexität und die horizontalen Aspekte der ermittelten Hemmnisse und die weitreichenden Auswirkungen für alle Beteiligten berücksichtigen.

Prüfen wird die Kommission insbesondere

Die Kommission rechnet mit einer zügigen und angemessenen Reaktion des Marktes auf die vom Rat "Wirtschaft und Finanzen" am 9. Oktober 2007 angesprochenen Fragen, insbesondere zu Fragen der Transparenz und der Bewertung von komplexen Finanzinstrumenten.

Je nachdem, wie sich die Finanzmärkte künftig entwickeln, könnte die Einsetzung einer Expertengruppe für Verbriefung ins Auge gefasst werden, um zu einer geeigneten horizontalen Politikreaktion auf die komplexen Herausforderungen der Verbriefung zu gelangen.

4.5. Weitere Untersuchungen

Wie im Grünbuch über Finanzdienstleistungen für Privatkunden im Binnenmarkt17 angekündigt beschäftigt sich die Kommission derzeit mit:

In ihrer Mitteilung über einen Binnenmarkt für das Europa des 21. Jahrhunderts vom November 0718 hat die Kommission ihre Absicht bekannt gegeben, Produktkopplung und andere unlautere Praktiken bei Krediten, Konten, Zahlungen und Versicherungen unter die Lupe zu nehmen, um ihre Auswirkungen auf die Mobilität abzuschätzen. Ziel der Kommission ist eine horizontale Initiative zu unlauteren Geschäftspraktiken bei Finanzdienstleistungen für Privatkunden, einschließlich Hypothekarkrediten.

In einigen Mitgliedstaaten geltende Zinsbeschränkungen (z.B. Vorschriften gegen Zinswucher, Begrenzung von Zinsschwankungen oder Verbot von Zinseszins) können den grenzübergreifenden Verkehr bestimmter Produkte behindern. Ihre Auswirkungen auf die Produktvielfalt und das grenzübergreifende Geschäft müssen sorgfältig gegen ihre möglicherweise wichtige Funktion für den Sozial- und Verbraucherschutz abgewogen werden wobei außerdem zu bedenken ist, dass solche Beschränkungen nur in einigen wenigen Mitgliedstaaten gelten. Vor diesem Hintergrund wird die Kommission 2010 eine horizontale Untersuchung veröffentlichen, die die Auswirkungen dieser Vorschriften auf den Binnenmarkt unter Berücksichtigung ihrer Ziele bewertet.

5. Schlussfolgerungen

In diesem Weißbuch wird ein geeignetes Maßnahmenpaket vorgestellt, um Wettbewerb und Effizienz auf den EU-Hypothekarkreditmärkten zu steigern, was Verbrauchern, Hypothekarkreditgebern und Anlegern gleichermaßen zugute kommen wird. Angesichts der Bedeutung des Hypothekarkredits für die EU-Bürger und die Gesamtwirtschaft wurde hierfür ein faktengestützter Grundansatz gewählt. Die jüngsten Geschehnisse an den globalen Hypothekarkreditmärkten haben die Richtigkeit des vorgeschlagenen Ansatzes bestätigt, gleichzeitig aber auch deutlich gemacht, in welchen Bereichen noch weiterer Handlungsbedarf besteht. Die Kommission beabsichtigt so schnell wie möglich zusammen mit allen Beteiligten die Beurteilung der verschiedenen Optionen abzuschließen.

Alle vorgeschlagenen Maßnahmen werden nur greifen, wenn sie Hypothekarkreditgebern nachweislich Chancen für den Eintritt in neue Märkte und für das grenzübergreifende Geschäft eröffnen. Außerdem sollten sie erwiesenermaßen die Effizienz der Hypothekarkreditvergabe erhöhen, indem sie Größen- und Verbundvorteile bringen, die die Kosten senken. Der erwartete Nutzen sollte gegen die etwaigen Kosten der Maßnahmen abgewogen werden.

Die bisher durchgeführten Arbeiten deuten darauf hin, dass ein wesentlicher Nutzen durch ein Tätigwerden in mehreren der in diesem Weißbuch angesprochenen Bereiche erzielt werden kann. Viele der Maßnahmen, die Effizienz und Wettbewerb im grenzübergreifenden Hypothekarkreditgeschäft - sowohl auf dem Primär- wie auch auf dem Sekundärmarkt -erhöhen, hätten auch eine Erweiterung des Produktangebots und daher möglicherweise niedrigere Preise für die Verbraucher zur Folge. Im Weißbuch wurde auf die zentrale Bedeutung guter Information, einer verantwortlichen Kreditvergabe und -aufnahme sowie einer guten Beratung hingewiesen, damit sich Kunden für das Produkt entscheiden können, das am besten für sie geeignet ist. Die Anstrengungen zur Erhöhung der Kundenmobilität durch mehr Transparenz und weniger Produktkopplung dürften ebenfalls den Verbrauchern zugute kommen.

Mehr Markttransparenz, mehr Sicherheit in Bezug auf den Restwert einer Anlage und breitere Anlagemöglichkeiten aufgrund größerer Produktvielfalt auf dem Primär- und Sekundärmarkt würden letztlich das Risiko der Anleger bei Investitionen in hypothekarisch besicherte Produkte senken.

Anhang
Im Weißbuch angekündigte Aufgaben und Maßnahmen

Durchzuführen bis Maßnahme
2008 Folgenabschätzung zu vorzeitiger Rückzahlung, vorvertraglicher Information, effektivem Jahreszins, Zugang zu Kreditregistern, Kreditwürdigkeitsprüfung und Beratungsstandards sowie Konsultation mit zentralen Interessengruppen zur Frage der vorzeitigen Rückzahlung
2008 Test des überarbeiteten Europäischen Standardisierten Merkblatts bei Verbrauchern
2008 Einsetzung einer Expertengruppe für Kredithistorien
2008 Veröffentlichung der Studie über Rolle und Regulierung von Nichtbanken auf den EU-Hypothekarkreditmärkten
2008 Veröffentlichung der Studie zu Produkten des Immobilienverzehrs ("Equity Release"-Produkte)
2008 Evtl. Einsetzung einer Expertengruppe für Verbriefung
2008 Überprüfung des Ausschlusses ausländischer Hypothekarkredite aus den Deckungsstöcken für gedeckte Schuldverschreibungen und anderer Funktionsaspekte der Hypothekarkreditmärkte mit Blick auf die im EG-Vertrag verankerte Kapitalverkehrsfreiheit
2008 Veröffentlichung einer Studie über Produktkopplung und andere unlautere Praktiken im Kredit-, Konten-, Zahlungs- und Versicherungsgeschäft
2008 Vorlage einer Empfehlung zur Grundbucheintragung, Zwangsversteigerung und Immobilienbewertung
2008-2009 Veröffentlichung von Anzeigern über Kosten und Dauer der Verfahren für Grundbucheintragungen und Zwangsversteigerungen
2010 Veröffentlichung einer Studie zur Notwendigkeit und Begründetheit von Zinsbeschränkungen (z.B. zur Unterbindung von Zinswucher, Zinsschwankungen und Zinseszins) mit Blick auf ihre Auswirkungen auf den Binnenmarkt