Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Europäischen Rat und das Europäische Parlament: "Eine Energiepolitik für Europa" KOM (2007) 1 endg.; Ratsdok. 5282/07

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 18. Januar 2007 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Förderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 12. Januar 2007 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 15. Januar 2007 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 207/06 (PDF) = AE-Nr. 060878

Mitteilung der Kommission an den Europäischen Rat und das Europäische Parlament

Eine Energiepolitik für Europa

Messina-Erklärung, 1955

1. Die Herausforderungen

Energie ist für das Funktionieren Europas von zentraler Bedeutung. Die Zeiten einer billigen Energie für Europa scheinen jedoch vorbei zu sein. Der Klimawandel, die zunehmende Importabhängigkeit und höhere Energiepreise stellen alle EU-Mitgliedstaaten vor dieselben Herausforderungen. Darüber hinaus nimmt die gegenseitige Abhängigkeit der EUMitgliedstaaten im Energiebereich - wie auch in vielen anderen Bereichen - zu: Ein Stromausfall in einem Land hat unmittelbare Auswirkungen in anderen Ländern.

Europa muss jetzt gemeinsam handeln, um eine nachhaltige, sichere und wettbewerbsfähige Energie bereitstellen zu können. Die EU würde damit zu ihren Wurzeln zurückkehren. Bereits bei Unterzeichnung des EGKS-Vertrags im Jahr 1952 und des Euratomvertrags im Jahr 1957 sahen die Gründungsmitgliedstaaten die Notwendigkeit eines gemeinsamen Ansatzes im Energiebereich. Die Energiemärkte und die geopolitischen Rahmenbedingungen haben sich seither deutlich gewandelt. Ein Tätigwerden der EU ist jedoch dringender erforderlich als jemals zuvor. Anderenfalls wären auch die EU-Ziele in anderen Bereichen, einschließlich der Ziele der Lissabon-Strategie für Beschäftigung und Wachstum und der Millenium-Entwicklungsziele, schwieriger zu verwirklichen. Eine neue europäische Energiepolitik muss ambitioniert wettbewerbsorientiert und langfristig ausgerichtet sein und allen Europäern zum Nutzen gereichen.

1.1. Nachhaltigkeit

Energie ist für 80 % aller Treibhausgas-Emissionen in der EU1 verantwortlich und ist Hauptsursache des Klimawandels. Die EU ist fest entschlossen, dieses Problem anzugehen:

Sie strebt an, die Treibhausgas-Emissionen in der EU und weltweit so weit zu senken, dass der globale Temperaturanstieg auf 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt wird.

Ein Festhalten an der bisherigen Energie- und Verkehrspolitik würde bedeuten, dass die CO₂-Emissionen in der EU bis zum Jahr 2030 um etwa 5 % und weltweit um 55 % zunehmen. Die derzeitige Energiepolitik in der EU ist nicht nachhaltig.

1.2. Versorgungssicherheit

Europa wird immer mehr abhängig von importierten Kohlenwasserstoffen. Bei einer "Businessas-usual"-Politik wird die Abhängigkeit der EU von Energieimporten von heute 50 % des EU-Gesamtenergieverbrauchs bis zum Jahr 2030 auf 65 % ansteigen. Die Abhängigkeit von Gasimporten wird sich bis 2030 voraussichtlich von 57 % auf 84 % erhöhen die Abhängigkeit von Ölimporten von 82 % auf 93 %.

Dies birgt politische und wirtschaftliche Risiken. Die globalen Energieressourcen sind einem erheblichen Druck ausgesetzt. Die Internationale Energieagentur (IEA) geht davon aus, dass die Ölnachfrage bis 2030 weltweit um 41 % zunehmen wird. Wie die Versorgung mit der Nachfrage Schritt halten soll, weiß man noch nicht. Die IEA stellte in ihrem World Energy Outlook 2006 fest, dass es äußerst ungewiss sei, inwieweit die großen Öl- und Gasproduzenten in der Lage und bereit seien, höhere Investitionen zu tätigen, um die wachsende globale Nachfrage befriedigen zu können2. Die Gefahr einer Energieversorgungslücke wächst.

Im Übrigen existieren noch keine Mechanismen, die im Falle einer Energiekrise die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten sicherstellen, und einige Mitgliedstaaten sind weitgehend oder vollständig von einem einzigen Gaslieferanten abhängig.

Gleichzeitig nimmt - bei Zugrundelegung eines "Businessas-usual"-Szenarios - die Elektrizitätsnachfrage in der EU jährlich um etwa 1,5 % zu. Selbst bei einer wirksamen Energieeffizienzpolitik werden allein für die Stromerzeugung in den kommenden 25 Jahren Investitionen in einer Größenordnung von 900 Mrd. EUR erforderlich sein. Berechenbarkeit und ein effektives Funktionieren des Gas- und des Elektrizitätsbinnenmarktes sind wesentliche Voraussetzungen für die notwendigen langfristigen Investitionen und für wettbewerbfähige Verbraucherpreise. Noch sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt.

1.3. Wettbewerbsfähigkeit

Die EU hat zunehmend unter den Auswirkungen der Preisvolatilität und der Preisanstiege auf den internationalen Energiemärkten zu leiden ebenso wie unter den Folgen der allmählichen Konzentration der Kohlenwasserstoffreserven in den Händen einiger weniger. Die potenziellen Auswirkungen sind beträchtlich: Stiege beispielsweise der Ölpreis bis zum Jahr 2030 auf 100 USD/Barrel in heutiger Währung, würde sich die Energieimportrechnung der EU-27 auf etwa 170 Mrd. EUR belaufen, was einer jährlichen Erhöhung um 350 EUR pro EU-Bürger entsprechen würde3. Dieser Wohlstandstransfer würde nur in sehr geringem Umfang zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in der EU führen.

Bei Schaffung geeigneter politischer und rechtlicher Rahmenbedingungen könnte der Energiebinnenmarkt nicht nur zu fairen, wettbewerbsfähigen Energiepreisen und zu Energieeinsparungen beitragen, sondern auch zu höheren Investitionen. Bisher sind die hierfür erforderlichen Voraussetzungen jedoch noch nicht gegeben. Die Folge davon ist, dass Bürger und Wirtschaft in der EU nicht in den vollen Genuss der Vorteile einer Liberalisierung der Energiemärkte kommen. Für die Kohlenstoffemissionsbegrenzung ist eine längerfristige Projektion erforderlich, damit die nötigen Investitionen im Elektrizitätssektor getätigt werden können.

Eine Steigerung der Investitionen, insbesondere der Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien, dürfte Arbeitsplätze schaffen und Innovationen wie auch die Entwicklung der wissensbasierten Wirtschaft in der EU fördern. Die Europäische Union ist bereits weltweit führend im Bereich der erneuerbaren Technologien. Der Sektor erwirtschaftet einen Umsatz in Höhe von 20 Mrd. EUR und beschäftigt 300 000 Menschen.4

Er verfügt über das Potenzial, die Führerschaft auf dem rasch wachsenden weltweiten Markt für kohlenstoffarme Energietechnologien zu übernehmen. Im Bereich der Windenergie beispielsweise besitzen die Unternehmen in der EU bereits einen Weltmarktanteil von 60 %.

Europas Entschlossenheit, im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel die Führungsrolle zu übernehmen, eröffnet uns die Chance, die globale Forschungsagenda voranzutreiben. Alle

Optionen sollten offen gehalten werden, um die Weiterentwicklung der neuen Technologien zu gewährleisten.

Gleichzeitig gilt es, in allen Phasen der Planung und Umsetzung der einzelnen Maßnahmen die soziale Dimension der europäischen Energiepolitik im Auge zu behalten. Diese Politik dürfte generell langfristig Wachstum und Beschäftigung in Europa fördern, kann aber auch erhebliche Auswirkungen haben für einige international vertriebene Produkte und Verfahren, insbesondere im Bereich der energieintensiven Industrien.

2. Ein strategisches Ziel für Europas Energiepolitik

Ausgangspunkt einer europäischen Energiepolitik muss es sein, sich einer dreifachen Herausforderung zu stellen: Bekämpfung des Klimawandels, Verringerung der durch die Abhängigkeit von importierten Kohlenwasserstoffen bedingten externen Verwundbarkeit der EU und Förderung von Beschäftigung und Wachstum, wobei es gilt, den Verbrauchern Energiesicherheit bei erschwinglichen Preisen zu bieten.

Im Lichte der zahlreichen Beiträge, die im Rahmen der Konsultation zu ihrem Grünbuch5 eingegangen sind, schlägt die Kommission in der vorliegenden Mitteilung zur Überprüfung der Energiestrategie vor, die europäische Energiepolitik zu untermauern durch

Beides sind Kernpunkte der Kommissionsmitteilung "Begrenzung des globalen Klimawandels auf 2 Grad Celsius - Der Weg in die Zukunft bis 2020 und darüber hinaus"6.

Die Einhaltung der Verpflichtung, unverzüglich in der Bekämpfung der Treibhausgas-Emissionen tätig zu werden, sollte aus drei Gründen im Zentrum der neuen europäischen Energiepolitik stehen: Energiebedingte CO₂-Emissionen machen 80 % der Treibhausgas-Emissionen in der EU aus. Eine Reduzierung der Emissionen bedeutet:

Zusammengenommen bilden das formulierte strategische Ziel und die im Folgenden genannten konkreten Maßnahmen zur Realisierung dieses Ziels den Kern einer neuen europäischen Energiepolitik.

3. Der Aktionsplan

Das formulierte strategische energiepolitische Ziel zu realisieren bedeutet, Europa in eine in hohem Maße energieeffiziente und CO₂-arme Energiewirtschaft umzuwandeln, eine neue industrielle Revolution in Gang zu setzen, den Wandel hin zu einem kohlenstoffarmen Wachstum beschleunigt voranzutreiben und über mehrere Jahre hinweg den Anteil der von uns erzeugten und verwendeten heimischen, emissionsarmen Energie drastisch zu erhöhen.

Die Herausforderung besteht darin, dies auf eine Weise zu bewerkstelligen, die das Potenzial für eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Europas maximiert und die Kosten begrenzt.

Die bereits ergriffenen Maßnahmen in Bereichen wie Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen, Biokraftstoffe, Energieeffizienz und Energiebinnenmarkt haben beachtliche Ergebnisse erbracht, doch lassen sie die Kohärenz vermissen, die erforderlich wäre, um Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. Keine der einzelnen politischen Komponenten liefert allein alle Antworten. Vielmehr müssen sie alle in ihrer Gesamtheit gesehen werden. Die energiepolitischen Belange müssen in vielen verschiedenen Politikbereichen aufgegriffen werden. Zum Beispiel muss, wie bereits festgestellt die soziale Dimension der europäischen Energiepolitik in allen Phasen der Planung und Umsetzung der einzelnen Maßnahmen berücksichtigt werden7. Weiterhin wird es zur Realisierung der energiepolitischen Ziele der EU erforderlich sein, Meere und Ozeane in stärkerem Maße zu nutzen angesichts ihres Potenzials, zur Energieerzeugung beizutragen wie auch zur Diversifizierung der Energietransportwege und -methoden8. Der erste Schritt muss darin bestehen, dass die Mitgliedstaaten sich auf eine Strategie und einen Aktionsplan für die nächsten drei Jahre festlegen, wobei es ausdrückliches Ziel sein muss, eine internationale Allianz der Industriestaaten zu schmieden, um mindestens eine Senkung der globalen Treibhausgas-Emissionen um 30 % bis 2020 zu erreichen, und einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen der EU um 20 % bis 2020 zu leisten.

Die einschlägigen Aktivitäten werden Gegenstand einer sorgfältigen Überwachung der Fortschritte, einer entsprechenden Berichterstattung sowie eines effektiven Austauschs bewährter Verfahrensweisen sein. Dabei ist für ständige Transparenz Sorge zu tragen. Die Kommission wird daher regelmäßig eine aktualisierte Überprüfung der Energiestrategie vorlegen.

Die im Folgenden umrissenen Maßnahmen werden die EU nicht nur auf den richtigen Weg hin zu einer kohlenstoffarmen wissensbasierten Energiewirtschaft bringen, sondern gleichzeitig die Versorgungssicherheit erhöhen und in zunehmendem Maße auch einen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit leisten.

3.1. Der Energiebinnenmarkt

Das Bestehen eines echten Energiebinnenmarktes ist eine wesentliche Voraussetzung für die Bewältigung aller drei energiepolitischen Herausforderungen, vor denen Europa steht:

Die EG hat bereits eine Reihe von Maßnahmen9 zur Schaffung eines Energiebinnenmarktes getroffen die darauf abzielen, Wahlmöglichkeiten für alle Verbraucher in der EU - Privatpersonen wie Unternehmen - zu bieten, neue Geschäftschancen zu eröffnen und den grenzüberschreitenden Handel zu fördern.

Die Mitteilung über den Energiebinnenmarkt10 und der Abschlussbericht über die wettbewerbsbezogene sektorspezifische Untersuchung11 machen deutlich, dass es bislang nicht gelungen ist, die genannten Ziele mit den derzeitigen Vorschriften und Maßnahmen zu verwirklichen. Es liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass das Ausbleiben von Fortschritten dazu führt dass die Mitgliedstaaten die Strom- und Gaspreise deckeln. Je nach Höhe der Preisobergrenze und je nachdem, ob sie allgemeine Geltung hat, kann eine Preisdeckelung ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Energiebinnenmarktes verhindern und Preissignale unterbinden die deutlich machen, dass neue Kapazitäten benötigt werden. Die Folge sind Unterinvestitionen und die Gefahr künftiger Versorgungsengpässe. Neuen Marktteilnehmern, und damit auch den Anbietern sauberer Energie, kann dadurch der Markteintritt erschwert werden.

Auf der Grundlage der zahlreichen Beiträge, die im Rahmen der Konsultation über das Grünbuch eingegangen sind, ist die Kommission zu der Auffassung gelangt, dass etwas geschehen muss. Es bedarf jetzt eines Bündels aufeinander abgestimmter Maßnahmen, die darauf abzielen, innerhalb von drei Jahren ein europäisches Gas- und Stromnetz sowie einen wirklich wettbewerbsorientierten europaweiten Energiemarkt zu schaffen.

Damit dies erreicht werden kann, sind nach Auffassung der Kommission folgende Maßnahmen erforderlich:

3.1.1. Entflechtung

Der Binnenmarktbericht und die sektorspezifische Untersuchung verdeutlichen die Gefahren von Diskriminierung und Missbrauch, wenn Unternehmen sowohl Energienetze als auch die Erzeugung oder den Verkauf kontrollieren und auf diese Weise nationale Märkte schützen und Wettbewerb verhindern. Eine solche Situation hält auch vertikal integrierte Unternehmen davon ab, ausreichend in ihre Netze zu investieren, denn je stärker sie die Netzkapazität erhöhen desto stärker wird der Wettbewerb auf ihrem "heimischen Markt" und desto niedriger wird der Marktpreis sein.

Die Kommission ist der Auffassung, dass zwei Optionen in Betracht kommen, die hier Abhilfe schaffen können: ein völlig unabhängiger Netzbetreiber (wobei das vertikal integrierte Unternehmen Eigentümer der Netzvermögenswerte bleibt und dafür einen festgesetzten Ertrag erhält, jedoch nicht für ihren Betrieb, ihre Wartung und ihren Ausbau verantwortlich ist) oder eine eigentumsrechtliche Entflechtung (wobei Netzbetreiber einerseits und Versorger und Erzeuger andererseits völlig voneinander getrennt sind)12.

Es ist wirtschaftlich belegt, dass eine eigentumsrechtliche Entflechtung das wirksamste Mittel ist um Wahlfreiheit für die Energieverbraucher zu gewährleisten und Investitionen zu beleben. Der Grund dafür ist, dass getrennt operierende Netzunternehmen sich bei Investitionsentscheidungen nicht von sich überlagernden Angebots- bzw. Erzeugerinteressen leitenlassen. Außerdem würden damit eine übermäßig detaillierte und komplexe Regulierung und unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand vermieden.

Das Konzept des unabhängigen Netzbetreibers würde den Status Quo verbessern, jedoch aber für ein wirksames Funktionieren eine eingehendere, präskriptivere und kostenintensivere Regulierung erfordern und wäre weniger wirksam bei der Lösung des Problems mangelnder Anreize für Investitionen in die Netze.

Im Übrigen bedürfen die Vorschriften zur Entflechtung der Verteilungstätigkeiten einer Überprüfung. Derzeit sind Verteilernetzbetreiber mit weniger als 100 000 Kunden von den meisten Entflechtungsanforderungen ausgenommen.

3.1.2. Wirksame Regulierung

Zunächst einmal gilt es, den Umfang der Befugnisse und den Grad der Unabhängigkeit der Energieregulierer auf der Basis des größten - und nicht des kleinsten - gemeinsamen Nenners EU-weit zu harmonisieren. Zum Zweiten ist ihnen nicht nur die Aufgabe zu übertragen, die effektive Entwicklung des jeweiligen nationalen Marktes zu fördern, sondern auch die Aufgabe, die Entwicklung des Energiebinnenmarktes voranzubringen.

Des Weiteren sind die für ein effektives Funktionieren des grenzüberschreitenden Handels erforderlichen technischen Standards zu harmonisieren. Die bisherigen Fortschritte bleiben weit hinter den Erwartungen zurück. Die Einrichtung der Gruppe der europäischen Regulierungsbehörden für Elektrizität und Gas (ERGEG) und die Elektrizitäts- und Erdgasverordnungen haben nicht die gewünschte Steuerungswirkung erzielt. Die meisten relevanten technischen Standards unterscheiden sich nach wie vor von einem Mitgliedstaat zum anderen und erschweren damit den grenzüberschreitenden Handel, wenn sie ihn nicht gar unmöglich machen. Hier sind vor allem drei Optionen zu prüfen:

Zwischen Entflechtung und Regulierung besteht ein Zusammenhang. Märkte, auf denen keine eigentumsrechtliche Entflechtung stattgefunden hat, erfordern eine detailliertere, komplexere und präskriptivere Regulierung. In einer derartigen Situation müssen die einzelstaatlichen Regulierungsbehörden insbesondere über weitreichendere Befugnisse verfügen, um Diskriminierung verhindern zu können. Die Regulierungsbehörden können jedoch nicht in jedem Fall alle Hindernisse beseitigen, die ausreichenden Investitionen in Netze, bei denen keine eigentumsrechtliche Entflechtung erfolgt ist, im Wege stehen.

Was die drei Optionen angeht, ist die Kommission der Auffassung, dass die erstgenannte - schrittweise Weiterentwicklung des derzeitigen Konzepts - vor allem deshalb unzureichend wäre weil Fortschritte weiterhin nur auf der Grundlage einer freiwilligen Vereinbarung zwischen 27 einzelstaatlichen Regulierungsbehörden mit häufig unterschiedlichen Interessen erzielt werden könnten. Mindestens erforderlich zur Realisierung rascher Fortschritte in der Harmonisierung der für einen effektiv funktionierenden grenzüberschreitenden Handel wichtigen technischen Aspekte wäre demnach das ERGEG+-Konzept.

Solange kein formaler Beschluss gefasst und umgesetzt wurde, sollten die Regulierungsbehörden angehalten werden, auf freiwilliger Basis enger zusammenzuarbeiten und die Befugnisse, die sie bereits besitzen, wirksamer zu nutzen.

3.1.3. Transparenz

Transparenz ist von zentraler Bedeutung für das ordnungsgemäße Funktionieren des Marktes.

Derzeit ist der Umfang der von den ÜNB/FNB bereitgestellten Informationen sehr unterschiedlich so dass es für neue Marktteilnehmer auf bestimmten Märkten leichter ist, Fuß zu fassen, als auf anderen. Im Übrigen verlangen einige Regulierungsbehörden von den Erzeugern mehr Transparenz bezüglich der Verfügbarkeit von Erzeugungskapazitäten als andere Regulierungsbehörden, was dazu beitragen kann, Preismanipulationen zu verhindern.

Hier wären Mindestanforderungen - ähnlich den bereits für den Telekommunikationssektor geltenden Anforderungen15 - festzulegen, die von allen Unternehmen in der EU einzuhalten sind.

3.1.4. Infrastruktur

Im Vorrangigen Verbundplan16 werden fünf Prioritäten genannt:

3.1.5. Netzsicherheit

Die jüngsten Erfahrungen haben gezeigt, dass zur Erhöhung der Zuverlässigkeit des Elektrizitätssystems der EU und zur Vermeidung von Blackouts gemeinsame, verbindliche Netzsicherheitsstandards in der EU notwendig sind. Dem neuen gemeinschaftlichen Mechanismus und der neuen gemeinschaftlichen Struktur der ÜNB/FNB sollte auch die Aufgabe übertragen werden, gemeinsame Mindestsicherheitsstandards vorzuschlagen. Diese würden dann nach Genehmigung durch die Energieregulierungsbehörden verbindlich.

3.1.6. Ausreichende Stromerzeugungs- und Gasversorgungskapazitäten

In den kommenden 25 Jahren wird Europa 900 Mrd. EUR in neue Stromerzeugungskapazitäten investieren müssen. Gas ist wegen seiner hohen Effizienz nach wie vor ein bevorzugter Energieträger, doch werden auch hier Investitionen in Höhe von 150 Mrd. EUR in gasbefeuerte Kraftwerke und von weiteren 220 Mrd. EUR in die Gasinfrastruktur vonnöten sein. Absolute Priorität gebührt mit Blick auf die Sicherung ausreichender neuer Investitionen der Schaffung eines reibungslos funktionierenden Energiebinnenmarktes, der die richtigen Investitionsanreize setzt. Darüber hinaus ist eine genaue Überwachung von Angebot und Nachfrage erforderlich, damit etwaige Versorgungsengpässe ermittelt werden können. Dies wird eine zentrale Aufgabe des neuen Büros der Energiebeobachtungsstelle (siehe weiter unten) sein.

3.1.7. Energieversorgung als öffentliche Dienstleistung

Energie ist für jeden europäischen Bürger von zentraler Bedeutung. Die geltenden europäischen Rechtsvorschriften verlangen bereits die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen. Doch muss die EU zur Bekämpfung von Energiearmut darüber hinausgehende Maßnahmen treffen. Die Kommission wird eine Energieverbrauchercharta ausarbeiten mit der vier Hauptziele verfolgt werden sollen:

3.2. Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten und Versorgungssicherheit bei Öl, Gas und Strom

Der Energiebinnenmarkt schafft größere Abhängigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten bei der Energieversorgung, sowohl im Elektrizitätssektor als auch im Gassektor. Ungeachtet der Zielvorgaben bezüglich Energieeffizienz und erneuerbarer Energien werden Öl und Gas auch künftig mehr als die Hälfte des Energiebedarfs in der EU decken, und beide Sektoren werden auch künftig stark von Importen abhängig sein (im Jahr 2030 beim Öl in einem Umfang von 90 %, beim Gas in einem Umfang von 80 %). Die Stromerzeugung wird in hohem Maße vom Gas abhängig sein. Wenn ein großer technologischer Durchbruch ausbleibt, wird Erdöl weiterhin eine dominierende Stellung im Verkehrssektor einnehmen. Somit wird die Versorgungssicherheit bei Gas und Öl auch künftig für die EU-Wirtschaft von enormer Bedeutung sein.

Die EU verfügt über solide Energiebeziehungen zu "traditionellen" Gaslieferanten innerhalb des Europäischen Wirtschaftraums (EWR), insbesondere zu Norwegen, sowie außerhalb des EWR zu Russland und Algerien. Die EU vertraut darauf, dass sich diese Beziehungen künftig noch intensivieren werden. Nichtsdestoweniger muss sie eine größere Vielfalt bezüglich der Energiequellen, der Lieferanten, des Transportwegs und der Art und Weise des Transports anstreben. Darüber hinaus gilt es, wirksame Mechanismen zu schaffen, die im Falle einer Energiekrise die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten sicherstellen. Dies erscheint um so wichtiger angesichts der Tatsache, dass einige Mitgliedstaaten weitgehend oder vollständig von einem einzigen Gaslieferanten abhängig sind.

Die Energiesicherheit sollte auf verschiedene Weise gefördert werden:

Dies wird insbesondere dazu beitragen, Zweifel an der Stromversorgungssicherheit auszuräumen.

3.3. Langfristige Verpflichtung zur Reduzierung der Treibhausgase und EU-Emissionshandelssystem

Die EU setzt traditionell auf wirtschaftspolitische Instrumente, um externe Kosten zu internalisieren. Auf diese Weise bleibt es den Marktkräften überlassen, die effizienteste und mit möglichst geringen Kosten verbundene Lösung zu finden. In ihrer Mitteilung "Begrenzung des globalen Klimawandels auf 2 Grad Celsius - Der Weg in die Zukunft bis 2020 und darüber hinaus" legt die Kommission dar, dass der Emissionshandel ein zentraler Mechanismus zur Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes ist und dies auch bleiben muss.

Des Weiteren erläutert sie, wie er zur Grundlage für internationale Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels werden kann. Die Kommission überprüft derzeit das EU-Emissionshandelssystem, um sicherzustellen, dass der Emissionshandel sein Potenzial in vollem Umfang realisiert: dies ist von entscheidender Bedeutung, um Veränderungen anzustoßen was die Art und Weise anbelangt, wie Europa seine Energie erzeugt und nutzt.

3.4. Ein ehrgeiziges Programm für Energieeffizienzmaßnahmen auf

Gemeinschaftsebene, auf nationaler, lokaler und internationaler Ebene Die entscheidende Komponente einer europäischen Energiepolitik ist für die europäischen Bürger die Energieeffizienz. Eine höhere Energieeffizienz kann einen außerordentlich wichtigen Beitrag zu Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit leisten.

Am 19. Oktober 2006 hat die Kommission den Aktionsplan für Energieeffizienz18 angenommen. Der Aktionsplan sieht Maßnahmen vor, die es der EU ermöglichen könnten, das zentrale Ziel einer Reduzierung ihres Gesamtprimärenergieverbrauchs um 20 % bis 2020 zu erreichen. Ist der Aktionsplan erfolgreich, würde dies bedeuten, dass die EU bis zum Jahr 2020 etwa 13 % weniger Energie als heute verbraucht, was einer Einsparung von 100 Mrd. EUR und etwa 780 Mio. Tonnen CO₂ pro Jahr entspricht. Dazu bedarf es jedoch erheblicher Anstrengungen: es sind Verhaltensänderungen nötig ebenso wie zusätzliche Investitionen.

Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören:

3.5. Ein längerfristiges Ziel im Bereich erneuerbare Energien

Im Jahr 1997 hat die Europäische Union damit begonnen, auf das Ziel hinzuarbeiten, bis zum Jahr 2010 den Anteil erneuerbarer Energien an ihrem Gesamtenergiemix um 12 % zu erhöhen was einer Verdoppelung gegenüber dem Stand von 1997 entspricht. Seither hat die Produktion erneuerbarer Energien um 55 % zugenommen. Nichtsdestoweniger wird die EU ihr Ziel verfehlen. Es ist unwahrscheinlich, dass der Anteil erneuerbarer Energien bis 2010 über 10 % liegen wird. Die Hauptgründe dafür, dass die vereinbarten Zielvorgaben nicht erfüllt werden können, sind - wenn man einmal von den höheren Kosten erneuerbarer Energieträger im Vergleich zu "traditionellen" Energieträgern absieht - das Fehlen eines kohärenten und effektiven EU-weit geltenden politischen Rahmens sowie das Fehlen einer langfristigen Vision. Die Folge davon ist, dass lediglich eine begrenzte Anzahl von Mitgliedstaaten deutliche Fortschritte in diesem Bereich gemacht hat und dass die kritische Masse nicht erreicht wird, um die Erzeugung erneuerbarer Energie aus ihrem Nischendasein herauszuführen.

Die EU muss an Tempo zulegen und eine glaubwürdige, langfristige Vision der Zukunft der erneuerbaren Energien in der EU entwickeln, aufbauend auf den vorhandenen Instrumenten, insbesondere auf der Richtlinie über Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Dies ist von zentraler Bedeutung, wenn die Zielvorgaben20 erfüllt werden sollen und wenn weitere Anreize für Investitionen, Innovationen und die Schaffung von Arbeitsplätzen gesetzt werden sollen. Die Herausforderung für die Politik im Bereich erneuerbare Energien besteht darin, den richtigen Weg zu finden unter Abwägung zweier Optionen: Aufbau großer Kapazitäten zur Erzeugung erneuerbarer Energie heute oder Abwarten bis morgen, bis die Forschung so weit ist, dass die Kosten geringer ausfallen. Will man hier die richtigen Entscheidungen treffen gilt es folgende Faktoren zu berücksichtigen:

Im Lichte der Informationen, die im Rahmen der öffentlichen Konsultation und der Folgenabschätzung erhoben wurden, schlägt die Kommission in ihrem Fahrplan für erneuerbare Energien21 das verbindliche Ziel vor, den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergiemix der EU von heute weniger als 7% auf 20 % bis zum Jahr 2020 zu erhöhen. Zielvorgaben über das Jahr 2020 hinaus wären unter Berücksichtigung des technologischen Fortschritts zu bewerten.

Wie kommen wir dahin?

Die Erfüllung der Zielvorgabe eines Anteils von 20 % erfordert ein massives Wachstum in allen drei Bereichen der erneuerbaren Energie: Elektrizität, Biokraftstoffe, Wärme- und Kälteerzeugung. In allen Bereichen wurden mit dem in einzelnen Mitgliedstaaten geschaffenen politischen Rahmen gute Ergebnisse erzielt, die zeigen, wie es geht.

Die erneuerbaren Energieträger verfügen über das Potenzial, bis 2020 etwa ein Drittel des elektrischen Stroms in der EU zu liefern. Die Windkraft deckt heute ungefähr 20 % des Strombedarfs in Dänemark, 8 % in Spanien und 6 % in Deutschland. Bei anderen neuen Technologien - Fotovoltaik, Solarwärme und Wellen- und Gezeitenenergie - werden die derzeit noch hohen Kosten wahrscheinlich sinken.

Im Wärme- und Kältesektor werden von verschiedenen Technologien Fortschritte erwartet.

Schweden beispielsweise verfügt über mehr als 185 000 installierte Erdwärmepumpen.

Deutschland und Österreich führen die Entwicklung im Bereich der Solarwärme an. Würden andere Mitgliedstaaten ähnliche Fortschritte erzielen, würde sich der Anteil erneuerbarer Energien im Bereich Wärme- und Kälteerzeugung um 50 % erhöhen.

Bei den Biokraftstoffen hat in Schweden Bioethanol bereits einen Anteil von 4 % am Benzinmarkt, und Deutschland liegt beim Biodiesel mit einem Anteil von 6 % am Dieselmarkt weltweit an der Spitze. Bis 2020 könnten Biokraftstoffe einen Anteil von 14 % am Markt für Verkehrskraftstoffe erreichen.

Die Zielvorgabe von 20 % ist sehr ehrgeizig. Sie zu erfüllen wird beträchtliche Anstrengungen aller Mitgliedstaaten erfordern. Der Beitrag der einzelnen Mitgliedstaaten zur Erreichung des von der Union angestrebten Ziels wird den unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten und Ausgangsbedingungen sowie der Natur des nationalen Energiemix Rechnung tragen müssen. Den Mitgliedstaaten sollte ausreichend Flexibilität gelassen werden, damit sie diejenigen erneuerbaren Energien fördern können, die am besten ihren spezifischen Möglichkeiten und Prioritäten entsprechen. Wie die Mitgliedstaaten ihre jeweiligen Zielvorgaben erfüllen wollen, sollte in nationalen Aktionsplänen dargelegt werden, die der Kommission vorzulegen sind. Diese Pläne sollten sektorale Zielvorgaben und Maßnahmen nennen, die sich im Einklang mit den allgemeinen nationalen Zielvorgaben befinden. In der Praxis werden die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung ihrer Pläne ihre eigenen spezifischen Ziele für die Bereiche Elektrizität, Biokraftstoffe und Wärme- und Kälteerzeugung festzulegen haben. Diese Ziele werden von der Kommission überprüft, damit gewährleistet ist, dass das Gesamtziel erreicht wird. Die Kommission wird dieses Konzept im Jahr 2007 in einem neuen Legislativpaket zum Thema "erneuerbare Energie" vorstellen.

Eine zentrale Komponente des festzulegenden Rahmens muss die EU-weite, koordinierte Entwicklung von Biokraftstoffen gemäß bestimmten Mindestanforderungen sein. Zwar sind Biokraftstoffe heutzutage teurer als andere Formen erneuerbarer Energie und werden dies auch in naher Zukunft bleiben, doch werden sie in den nächsten 15 Jahren der einzige Weg sein, um im Verkehrssektor die Abhängigkeit vom Erdöl signifikant zu verringern. In ihrem Fahrplan für erneuerbare Energien und ihrem Fortschrittsbericht Biokraftstoffe22 schlägt die Kommission daher vor, als verbindliches - bis 2020 zu erreichendes - Mindestziel für die Verwendung von Biokraftstoffen einen Anteil von 10 % am Gesamtkraftstoffmarkt festzulegen und dafür Sorge zu tragen, dass die Nutzung von Biokraftstoffen sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU in umweltverträglicher Weise erfolgt. Die EU sollte bei Drittländern und den dort ansässigen Erzeugern darauf hinwirken, dass diesen Anforderungen Genüge getan wird. Das im Jahr 2007 vorzulegende Legislativpaket zur erneuerbaren Energie wird darüber hinaus spezifische Maßnahmen vorsehen, die auf eine bessere Marktdurchdringung von Biokraftstoffen und Technologien zur Wärme- und Kälteerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern abstellen. Auch wird die Kommission im Rahmen anderer Politiken und flankierender Maßnahmen weiter auf eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energieträger hinarbeiten. Ziel wird es sein, einen echten EU-Energiebinnenmarkt für erneuerbare Energien zu schaffen.

Was wird das kosten?

Das Erreichen eines Anteils erneuerbarer Energien von 20 % wird zusätzliche jährliche Kosten in Höhe von durchschnittlich etwa 18 Mrd. EUR verursachen. Dies entspricht ungefähr einer Erhöhung der zu erwartenden Gesamtenergieimportrechnung der EU im Jahr 2020 um 6 %. Zugrunde gelegt wird dabei ein Ölpreis von 48 USD/Barrel bis 2020. Bei einem Anstieg des Ölpreises auf 78 USD/Barrel würden die durchschnittlichen jährlichen Kosten auf 10,6 Mrd. EUR fallen. Bei Zugrundelegung eines Kohlenstoffpreises von über 20 EUR würde die Erreichung eines Anteils von 20 % praktisch gar keine höheren Kosten verursachen als ein Festhalten an "traditionellen" Energieträgern. Zudem würden zahlreiche Arbeitsplätze in Europa entstehen wie auch neue, im Technologiebereich tätige europäische Unternehmen.

3.6. Ein europäischer Strategieplan für Energietechnologie

Auf dem Gebiet der Energietechnologie verfolgt Europa zwei wichtige Ziele: Die Senkung der Kosten sauberer Energie und eine Vorreiterrolle der EU-Unternehmen im schnell wachsenden Sektor der kohlenstoffarmen Technologien. Mit Blick auf diese Ziele wird die Kommission 2007 einen europäischen Strategieplan für Energietechnologie23 vorlegen. Voraussetzung für diesen Plan ist eine auf lange Sicht angelegte Vision für den sich auf Wettbewerb stützenden, langfristigen Übergang zu einem kohlenstoffarmen Energiesystem.

Dies ist eine Zielvorstellung für ein Europa mit einer blühenden, zukunftsfähigen Energiewirtschaft, das die Gefahren des Klimawandels und der Globalisierung als Chance begriffen hat und weltweit führend ist in einer Vielzahl von sauberen, effizienten und emissionsarmen Energietechnologien - einer Branche, die Motor für Wohlstand und Schlüssel für Wachstum und Arbeitsplätze sein wird. Damit dies nicht nur eine Vision bleibt, muss die Europäische Union gemeinsam und schnell handeln, indem sie sich auf die Verabschiedung und Umsetzung eines Europäischen Strategieplans für Energietechnologie einigt und die hierfür notwendigen Mittel bereitstellt. Mit dem 7. Forschungsrahmenprogramm werden zwar die jährlichen Ausgaben für Energieforschung in Europa über die nächsten 7 Jahre um 50 % erhöht, doch selbst das wird für die notwendigen Fortschritte nicht ausreichen. Der Technologieplan muss nicht nur ehrgeizig sein, sondern erfordert auch eine bessere gemeinschaftsweite und nationale Koordinierung der Ausgaben sowie klare Ziele mit konkreten Fahrplänen und Meilensteinen. Er sollte auf sämtliche der EU zur Verfügung stehende Instrumente, wie die gemeinsamen Technologieinitiativen und das Europäische Institut für Technologie, zurückgreifen.

Eine derartige Initiative könnte folgende Schwerpunkte enthalten:

Die Ziele für die jeweiligen Sektoren sollten durch sektorspezifische Meilensteine und eine Erhöhung der Ausgaben für die Energieforschung untermauert werden. Die Kommission wird auf dem Frühjahrsrat 2008 einen europäischen Strategieplan für Energietechnologie vorlegen.

3.7. Eine Zukunft mit CO₂-armen fossilen Brennstoffen

50 % der Stromversorgung der EU werden durch Kohle und Gas gedeckt, die auch weiterhin einen wichtigen Teil unseres Energiemix darstellen dürften. Die Vorräte sind auch noch auf lange Sicht erheblich. Kohle erzeugt jedoch etwa doppelt so viel CO₂-Emissionen wie Gas.

Kohleeinsatz und CO₂-Abscheidung müssen sauberer werden. Auch international gesehen spielt die Entwicklung umweltfreundlicher Kohle und die Kohlenstoffabscheidung und - speicherung eine entscheidende Rolle. Prognosen der IEA zufolge wird bis 2030 doppelt so viel Strom aus Kohle erzeugt. Dabei würden etwa 5 Mrd. Tonnen CO₂, etwa 40 % des erwarteten Anstiegs der weltweiten energiebezogenen CO₂-Eemissionen, freigesetzt. Neben dem europäischen Strategieplan für Energietechnologie besteht zusätzlicher Handlungsbedarf, um die internationale Forschung und entsprechende Maßnahmen auf dem Gebiet der CO₂Abscheidung und Speicherung voranzubringen.

Damit sie weltweit die Führungsrolle übernehmen kann, muss die EU eine klare Vision für die Einführung der CO₂-Abscheidung und Speicherung in der EU erkennen lassen und einen Rechtsrahmen schaffen, der die Entwicklung fördert, aber auch verstärkt und effizienter in die Forschung investieren und international tätig werden. In Zukunft muss das EU-System für den Emissionshandel auch die CO₂-Abscheidung und Speicherung berücksichtigen. Wie in ihrer Mitteilung über nachhaltige Stromerzeugung24 aus fossilen Brennstoffen dargelegt, wird die Kommission 2007 folgende Arbeiten aufnehmen:

3.8. Die Zukunft der Kerntechnik

Gegenwärtig werden ein Drittel des Strombedarfs und 15 % des Energiebedarfs der EU durch Kernenergie gedeckt, die eine der größten Quellen kohlendioxidfreier (CO₂-freier) Energie in Europa ist. Kernkraft trägt in der EU zur Begrenzung der CO₂-Emissionen bei und wird für diejenigen Mitgliedstaaten, die es wünschen, wohl auch künftig eine wichtige Komponente eines Energieszenarios sein, in dem für die nächsten Jahrzehnte eine signifikante Emissionsminderung unabdingbar sein wird.

Die Kernkraft ist weniger anfällig für den Brennstoffpreis als Kohle- und Gaskraftwerke, da Uran nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten der Stromerzeugung durch Kernkraftwerke ausmacht, die sich auf Energiequellen stützt, die auf Jahrzehnte hinaus in ausreichenden Mengen vorhanden sind und weltweit vertrieben werden.

Wie aus der im Anhang zu diesem Dokument abgebildeten Tabelle über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Energiequellen ersichtlich, ist die Kernenergie mit relativ stabilen Kosten eine der billigsten Energiequellen für kohlenstoffarme Energie, die derzeit in der EU erzeugt wird26. Mit der nächsten Generation von Kernkraftwerken dürften sich diese Kosten weiter verringern.

Die Entscheidung über die Stromerzeugung aus Kernkraft liegt bei jedem einzelnen Mitgliedstaat. Falls jedoch der Anteil der Kernenergie in der EU zurückgehen sollte, kommt es darauf an, diesen Rückgang durch die Einführung anderer zusätzlicher kohlenstoffarmer Energiequellen für die Stromerzeugung auszugleichen, da es ansonsten schwierig sein dürfte, die Ziele für die Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen und die Erhöhung der Versorgungssicherheit zu erreichen.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Energiesituation geht die IEA davon aus, dass der weltweite Einsatz der Kernkraft von 368 GW 2005 auf 416 GW 2030 steigen wird. Daraus ergeben sich für die EU wirtschaftliche Vorteile, wenn sie ihre technologische Führungsrolle auf diesem Gebiet wahrt und ausbaut.

Wie im neuen hinweisenden Nuklearprogramm27, dargelegt, sollte auf EU-Ebene der modernste Rechtsrahmen für die Kernenergie im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht für die Mitgliedstaaten weiterentwickelt werden, die sich für die Kernkraft entscheiden, wobei es darauf ankommt, die im Euratom-Vertrag festgelegten, höchsten Normen für die Sicherheit, die Sicherung und die Nichtverbreitung einzuhalten. Die Nutzung der Kernenergie wirft jedoch große Probleme der Abfallentsorgung und der Stilllegung von Kernkraftwerken auf, weshalb die Kommission sich weiterhin mit Fragen der Bewirtschaftung radioaktiver Abfälle und der Stilllegung befassen sollte. Die EU sollte sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass diese hohen Normen international eingehalten werden. Um auf diesem Gebiet Fortschritte zu erzielen, schlägt die Kommission die Einsetzung einer hochrangigen EU-Gruppe zur nuklearen Sicherheit und Sicherung vor, die die Aufgabe hat, schrittweise Einvernehmen zu erzielen und schließlich zusätzliche europäische Vorschriften zur nuklearen Sicherheit und Sicherung zu entwickeln.

3.9. Eine internationale Energiepolitik, die die Interessen Europas aktiv unterstützt.

Die EU kann ihre Energieziele und Klimaänderungsziele nicht allein erreichen. Auf die EU entfallen künftig nur noch 15 % der neu entstehenden CO₂-Emissionen. Außerdem wird der Energieverbrauch der EU, die neuen Ziele zugrunde gelegt, bis 2030 im weltweiten Vergleich auf unter 10 % sinken. Die Probleme der Versorgungssicherheit und des Klimawandels können also nicht von der EG oder ihren Mitgliedstaaten allein bewältigt werden. Um eine wettbewerbsfähige, nachhaltige und sichere Energieversorgung zu gewährleisten, muss sie sowohl mit Industrie- als auch Entwicklungsländern, den Energieverbrauchern und den Energieerzeugern zusammenarbeiten.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen bei der Verfolgung dieser Ziele mit einer Stimme sprechen, effiziente Partnerschaften schmieden und hieraus eine zielorientierte Außenpolitik gestalten. Energiefragen müssen zu einem zentralen Bestandteil der außenpolitischen Beziehungen der EU werden, sie sind ein wesentliches Element der geopolitischen Sicherheit, der wirtschaftlichen Stabilität, der gesellschaftlichen Entwicklung und der internationalen Anstrengungen zum Klimaschutz. Die EU muss daher, gestützt auf gegenseitiges Vertrauen, Zusammenarbeit und Unabhängigkeit, wirksame energiepolitische Beziehungen mit all ihren internationalen Partnern aufbauen. Damit werden die Beziehungen nicht nur geographisch ausgeweitet, sondern auch vertieft auf der Grundlage von Vereinbarungen mit wichtigen, den Energiebereich betreffenden Bestimmungen.

Der Europäische Rat hat den Rechtsrahmen für die von der Kommission und dem Rat gemeinsam dargelegte Vision einer auf lange Sicht angelegten Energiedimension in der Außenpolitik verabschiedet28 und hat vereinbart, ein Netz von Energiesicherheits-Korrespondenten aufzubauen, das ein Frühwarnsystem beinhaltet und die Reaktionsfähigkeit der EU in Zeiten externer Energieversorgungskrisen verbessert.

Bei der Aushandlung internationaler Vereinbarungen, insbesondere im Bereich des Handels, spricht die EU bereits mit einer Stimme. Laufende und künftige internationale Abkommen, seien sie bilateral oder mit mehreren Ländern abgeschlossen, können noch wirkungsvoller mit Blick auf rechtsverbindliche Zusagen eingesetzt werden. Diese können sich auf die gegenseitige Liberalisierung der Handels- und Investitionsbedingungen in vor- und nachgelagerten Märkten erstrecken sowie auf die Gewährung des Zugangs zu Pipelines für Länder entlang der Transit- und Transportketten. Auch können sie zur Förderung des internationalen Handels mit nachhaltig erzeugten Biokraftstoffen oder umweltfreundlichen Gütern sowie für die internationale Festlegung der Preise für Kohlenstoffemissionen genutzt werden.

Die EU muss daher dieser Vision jetzt Taten folgen lassen. Um mit einer Stimme sprechen zu können, gilt es zunächst, klare Ziele und die Mittel festzulegen, die für eine effiziente Koordinierung benötigt werden. Die regelmäßige Überprüfung der Energiestrategie bietet immer wieder Gelegenheit, innerhalb der EU-Institutionen die außenpolitische Dimension der Energiefragen zu erörtern.

Eine wirkungsvolle EU-Energiepolitik muss während den nächsten drei Jahren die folgenden Prioritäten setzen:

3.9.1. Verzahnung der europäischen Energie- und Entwicklungspolitik: Beide Seiten können nur gewinnen.

Hohe Energiepreise treffen Entwicklungsländer besonders hart. Auch wenn einige Entwicklungsländer möglicherweise als Erzeuger davon profitieren, werden andere feststellen, dass die höheren Kosten für Energieeinfuhren die Entwicklungshilfeeinnahmen übersteigen29. Afrika und andere Entwicklungsregionen haben genauso wie Europa ein vitales Interesse daran, die Diversifizierung und Energieeffizienz zu erhöhen - womit ein erheblicher Beitrag zu den Millennium-Entwicklungszielen geleistet werden kann. Daher ist die EU entschlossen, Entwicklungsländer bei der Förderung einer nachhaltigen und sicheren Versorgung mit Energie und deren Einsatz zu unterstützen.

Um dies auch umsetzen zu können, sollte die EU auf die Bereitstellung erschwinglicher, zuverlässiger und nachhaltiger Energiedienste, vor allem aus erneuerbaren Energiequellen, für die Armen setzen, sowie auf die Entwicklung sauberer und effizienter Technologien für die Öl- und Gasgewinnung. Afrika bietet die einzigartige Möglichkeit, wettbewerbsfähige Technologien für die Nutzung erneuerbarer Energieträger einzusetzen. Wie bereits bei der mobilen Telekommunikation geschehen, kann Afrika den Aufbau teurer Übertragungsnetze quasi überspringen und gleich zur neuen Generation sauberer, kohlenstoffarmer Energiequellen und Technologien übergehen. Dies bietet eine echte "Win-Win"-Situation, bei der saubere, erneuerbare Energien zum Einsatz kommen und einige der weltweit ärmsten Regionen mit Strom versorgt werden. Besondere Anstrengungen bedarf es in Afrika südlich der Sahara, wo die Anzahl der Stromanschlüsse weltweit am niedrigsten ist.

Die EU wird hierfür auch die verschiedenen ihr zur Verfügung stehenden Instrumente einsetzen: Den 10. Europäischen Entwicklungsfonds, die EU-Afrika-Partnerschaft für Infrastruktur, die sich mit regionalen Projekten zur Erzeugung und Übertragung von Strom befasst, die AKP-EU-Energiefazilität und das EC-COOPENER-Programm und seine Nachfolger sowie das EUROSOLAR-Programm für Lateinamerika.

3.10. Überwachung und Berichterstattung

Überwachung, Transparenz und Berichterstattung sind die wesentlichen Elemente für den schrittweisen Aufbau einer wirksamen europäischen Energiepolitik. Die Kommission schlägt die Einrichtung eines Büros der Energiebeobachtungsstelle unter dem Dach der Generaldirektion Energie und Verkehr vor. Dieses Büro sollte wesentliche Aufgaben in Bezug auf den Energiebedarf und die Energieversorgung Europas wahrnehmen, insbesondere den künftigen Investitionsbedarf der EU für die Strom- und Gasinfrastruktur und die Versorgungseinrichtungen transparenter machen und mit Hilfe von Benchmarking und dem Austausch vorbildlicher Verfahrensweisen aufzeigen, inwieweit die Mitgliedstaaten eine mit Blick auf die Energieziele der EU erfolgreiche Entwicklung des Energiemix sicherstellen konnten.

Die Kommission wird die Aufgaben der Beobachtungsstelle darlegen und 2007 eine Rechtsgrundlage zur Finanzierung ihrer Tätigkeiten vorschlagen. In diesem Zusammenhang wird sie die bereits vorhandenen Informations- und Berichtspflichten der Kommission und der Mitgliedstaaten prüfen und straffen.

4. Blick nach Vorn

Die Überprüfung der Energiestrategie hat aufgezeigt, welche Maßnahmen notwendig sind, um die Ziele einer nachhaltigen, sicheren und wettbewerbsfähigen Energieversorgung zu erreichen. Als erster Schritt muss sichergestellt sein, dass der Europäische Rat und das Europäische Parlament klare Entscheidungen bezüglich des strategischen Konzepts treffen, so dass ein Aktionsplan erstellt werden kann, der die EU in die Lage versetzt, die ehrgeizigen, breit angelegten und langfristigen Ziele zu erreichen. Auf der Grundlage künftiger Überprüfungen kann die EU ihren Aktionsplan nachbessern und Veränderungen berücksichtigen - etwa technologische Fortschritte und gemeinsame internationale Maßnahmen zum Klimaschutz. Das Ziel, die Emissionen europa- und weltweit zu reduzieren, ist untrennbar mit der europäischen Energiepolitik verknüpft.

Erreicht die EU die für die Energieeffizienz und die erneuerbaren Energieträger jeweils vorgeschlagenen Ziele, ist sie auf gutem Wege, die Vorgaben zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen auf 20 % bis 2020 zu erfüllen und verbessert damit ihre Ausgangsposition mit Blick auf die drastischen Reduzierungen, die bis 2050 erzielt werden sollen. Jetzt gilt es entschlossen zu handeln, nur so lassen sich Fortschritte erzielen: unsere Importabhängigkeit wird stabilisiert, Investitionen können rechtzeitig getätigt werden, neue Arbeitsplätze werden geschaffen und Europa erlangt die technologische Führung bei kohlenstoffarmen Technologien. Die EU könnte das Tempo einer neuen weltweiten industriellen Revolution angeben.

Die Kommission ersucht daher den Europäischen Rat und das Europäische Parlament,

Anhang 1
Schwerpunkte der internationalen EU-Energiepolitik

Schwerpunkte der außenpolitischen EU-Energiestrategie in den nächsten drei Jahren:

In einem ersten Schritt sollte ein europäischer Koordinator für die vom kaspischen Becken bis Österreich und Ungarn verlaufende Nabucco-Gas-Pipeline ernannt werden. Für die Zukunft bestünden weitere Optionen darin, etwa Koordinatoren für die Projekte zu ernennen, die Energielieferungen von Partnern wie die Türkei, Zentralasien oder Nordafrika beinhalten.

Anhang 2
Vor- und Nachteile der verschiedenen Quellen für elektrische Energie