Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Steuervereinfachungsgesetzes 2011

Der Bundesrat hat in seiner 881. Sitzung am 18. März 2011 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 2 Absatz 5b Satz 2 EStG)

Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b ist wie folgt zu fassen:

"b) Absatz 5b Satz 2 wird aufgehoben."

Begründung:

Nach der Gesetzesbegründung soll mit der neuen Formulierung des Satzes 2 erreicht werden, dass die von § 32d Abs. 2 und 6 EStG erfassten und somit regulär zu besteuernden Kapitaleinkünfte nur noch beim Einkommensteuertarif wirksam werden. Eine Auswirkung auf die anderen Elemente der Steuerberechnung wie z.B. auf den Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG soll jedoch ausgeschlossen werden.

Dies geht über das Ziel hinaus, die Vereinfachungswirkung der abgeltenden Besteuerung von Kapitaleinkünften möglichst umfassend auszugestalten. Zum einen käme es zu einer nicht gerechtfertigten Benachteiligung insbesondere von Rentnern und Pensionären, die Kapitaleinkünfte beziehen, die von Amts wegen (§ 32d Abs. 2 Nr. 1, 2 und 4 EStG) oder auf Antrag (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 6 EStG) der tariflichen Einkommensteuer unterliegen. Zum anderen käme es zu nicht gerechtfertigten Begünstigungen, wenn die regulär besteuerten Kapitaleinkünfte bei der Ermittlung der zumutbaren Belastung, der Einkommensgrenze bei der Arbeitnehmer-Sparzulage und der Wohnungsbauprämie und bei der Festsetzung des besonderen Kirchgeldes ausgeschieden würden.

Es ist kein Grund erkennbar, weshalb Kapitaleinkünfte, die nicht dem gesonderten Steuertarif unterliegen, anders als z.B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder aus einem Riester-Banksparplan, keine Begünstigung durch den Altersentlastungsbetrag erhalten sollen und auch bei der weiteren Einkommensermittlung anders als die übrigen tariflich besteuerten Einkünfte behandelt werden sollen. Damit wäre auch keine Vereinfachung verbunden, weil die von § 32d Abs. 2 und 6 EStG erfassten Kapitaleinkünfte für die reguläre Einkommensteuer stets in der Einkommensteuererklärung enthalten sein müssen.

Zur Vermeidung dieser nicht gerechtfertigten unsystematischen Auswirkung ist § 2 Abs. 5b Satz 2 EStG aufzuheben. Die Streichung des § 2 Abs. 5b Satz 2 EStG stellt sicher, dass die notwendige Vereinfachungswirkung bei den abgeltend besteuerten Kapitaleinkünften in dem in Nummer 2 des Beschlusses der Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder vom 20.05.2010 gewollten Umfang eintritt.

§ 2 Abs. 5b Satz 1 EStG nimmt nämlich nur Kapitalerträge im Sinne der §§ 32d Abs. 1 und 43 Abs. 5 EStG aus dem Begriff Einkünfte, etc., aus. Dies sind die Einkünfte aus Kapitalvermögen, für die der gesonderte Steuersatz von 25 % greift. Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem regulären Steuersatz unterliegen, werden von Satz 1 nicht angesprochen. Da § 32d Abs. 2 und Abs. 6 EStG die Anwendung des § 32d Abs. 1 EStG ohnehin ausschließt, führt bereits die bloße Streichung des § 2 Abs. 5b Satz 2 EStG dazu, dass lediglich die abgeltend besteuerten Kapitaleinkünfte aus der Ermittlung der zumutbaren Belastung und des Spendenabzug ausscheiden.

2. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 10 Absatz 2 und 2a EStG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Berichtigungsvorschrift in § 10 Absatz 2a Satz 8 EStG

Die Änderung sollte zugleich zum Anlass genommen werden zu prüfen, ob die bisher in § 10 Absatz 2 Satz 4 und 5 enthaltenen (zusätzlichen) Korrekturnormen weiterhin erforderlich sind.

Begründung:

Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b und Absatz 1 Nummer 3 EStG werden nach § 10 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 bzw. Absatz 2 Satz 3 nur beim Sonderausgabenabzug berücksichtigt, wenn der Steuerpflichtige gegenüber der übermittelnden Stelle in die Datenübermittlung nach Absatz 2a eingewilligt hat. Die elektronische Datenübermittlung dient somit nicht lediglich der Überprüfung der vom Steuerpflichtigen erklärten Daten, sondern ist regelmäßig Beleg für die im Hinblick auf den Sonderausgabenabzug konstitutive Einwilligung gegenüber der übermittelnden Stelle. Die elektronisch übermittelten Daten sind entsprechend den materiellrechtlichen Regelungen der Einkommensteuerfestsetzung zugrunde zu legen.

Dementsprechend sieht der die Einzelheiten der Datenübermittlung regelnde Absatz 2a der Vorschrift in Satz 8 vor, dass ein Steuerbescheid geändert werden kann, soweit Daten bei Vorliegen der Einwilligung (Satz 4) oder bei nachträglicher Einwilligung (Satz 6) übermittelt werden bzw. Korrekturen oder Stornierungen erfolgen (Satz 7). Im Interesse der Rechtssicherheit sollte klargestellt werden, dass es für die Korrektur des Steuerbescheids nicht darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt die Datenübermittlung erfolgt (ist). Eine Korrektur ist darüber hinaus in den Fällen erforderlich, in denen zwar Aufwendungen geltend gemacht wurden, mangels Einwilligung des Steuerpflichtigen aber eine Datenübermittlung unterbleibt.

§ 10 Absatz 2a EStG gilt sowohl für die Datenübermittlung von Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b als auch für Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 3. Somit gilt auch die Korrekturvorschrift in Absatz 2a Satz 8 für beide Arten von Vorsorgeaufwendungen, so dass für die - ausschließlich für Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b geltenden - zusätzlichen Korrekturmöglichkeiten in Absatz 2 Satz 4 und 5 der Vorschrift kein Bedürfnis mehr bestehen sollte. Aus Steuervereinfachungsgesichtspunkten erscheint eine Rechtsbereinigung angezeigt.

3. Zu Artikel 1 Nummer 8 Buchstabe b (§ 10 Absatz 4b Satz 2 EStG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob an der in § 10 Absatz 4b Satz 2 EStG vorgesehenen Verrechnung eines Erstattungsüberhangs aus Beiträgen nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 EStG mit anzusetzenden Beiträgen nach § 10 Absatz 1 Nummer 3a EStG festzuhalten ist.

Begründung:

Die Verrechnung eines Erstattungsüberhangs aus Beiträgen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit anzusetzenden Beiträgen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG ist aus fachlicher Sicht nicht zu befürworten, da hierdurch die für den Sonderausgabenabzug erforderliche Berücksichtigung der Aufwendungen nach der wirtschaftlichen Belastung des Steuerpflichtigen nicht sichergestellt wird.

Während Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG in vollem Umfang steuerlich zu berücksichtigen sind, können Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG lediglich im Rahmen der Höchstbeträge des § 10 Abs. 4 EStG angesetzt werden, sofern der Abzug der Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu keinem günstigeren Ergebnis für den Steuerpflichtigen führt.

In Fällen, in denen im Erstattungsjahr Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG oberhalb der Höchstbeträge nach § 10 Abs. 4 EStG geleistet werden, birgt die vorgesehene Verrechnung das Risiko, dass die erstatteten Beiträge ohne Auswirkung bzw. zum Teil ohne Auswirkung auf die Höhe des Sonderausgabenabzugs bleiben, obwohl die Beiträge im Zahlungsjahr in vollem Umfang im Rahmen des Sonderausgabenabzugs berücksichtigt wurden.

Hierzu sei auf den Fall verwiesen, dass die nur beschränkt abziehbaren Beiträge nach Nr. 3a auch nach Verrechnung mit einem Erstattungsüberhang von Beiträgen nach der Nr. 3 den abziehbaren Höchstbetrag übersteigen.

Eine solche Lösung erscheint nicht sachgerecht, da sich die Beitragszahlungen im Vorjahr in vollem Umfang bei den Sonderausgaben niedergeschlagen haben und die Verrechnung des Erstattungsüberhangs mit beschränkt abziehbaren Sonderausgaben die wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen nicht zutreffend abbildet.

4. Zu Artikel 1 Nummer 14 ( § 25a EStG)

Mit dem Gesetzentwurf soll für nicht unternehmerisch tätige Steuerzahler die Möglichkeit eröffnet werden, Einkommensteuererklärungen für zwei Jahre gleichzeitig abzugeben. Der Vorteil wird darin gesehen, dass sich die Steuerzahler nicht mehr in jedem Jahr erneut mit dem Einkommensteuerrecht auseinandersetzen müssen.

Der Bundesrat weist darauf hin, dass für den Großteil der Steuerzahler eine "Zwei-Jahres-Erklärung" entweder nicht anwendbar sein wird, weil sie die "13 000 Euro-Grenze" überschreiten, oder nicht attraktiv ist, da sie eine Steuerrückzahlung erwarten. Nachdem die Steuerbürger auch bei der Inanspruchnahme der "Zwei-Jahres-Option" für jedes Jahr jeweils eine gesonderte Einkommensteuererklärung abzugeben haben, dürfte der tatsächliche Vereinfachungseffekt gering sein, zumal aufgrund von Steuerrechtsänderungen sich vielfach in den verschiedenen Jahren unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben.

Zu berücksichtigen ist auch, dass die Antragshürde vergleichsweise groß ist. Im Antrag für die Ausübung des Wahlrechts sind nämlich die voraussichtliche Höhe der Einnahmen sowie die Art der Einkünfte zu erklären, so dass auf die Steuerzahler zusätzlicher Bürokratieaufwand zukommt.

Der Bundesrat befürchtet, dass mit dem Antrag auf Ausübung der "Zwei-Jahres-Option" und damit zusammenhängenden Rückfragen der Steuerbürger die Finanzämter mit zusätzlichen Arbeiten belastet werden, die - nachdem Personalmehrungen nicht zu erwarten sind - letztlich die Bearbeitung der übrigen Aufgaben verzögern. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass die nun vorgesehene "Zwei-Jahres-Option" die aktuellen Bemühungen und Initiativen der Steuerverwaltung nicht befördert, mit den Angehörigen der steuerberatenden Berufe Vereinbarungen für eine kontinuierliche Abgabe der Steuererklärungen zu treffen.

Der Bundesrat bittet, die vorgesehene Einführung der "Zwei-Jahres-Option" im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch einmal zu überprüfen.

5. Zu Artikel 1 Nummer 16 ( § 26a Absatz 2 EStG) Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe c und Nummer 5 (Inhaltsübersicht und § 61 EStDV)

Begründung:

zu a)

Nach dem Entwurf zu § 26a Absatz 2 werden die Sonderausgaben den Ehegatten zunächst jeweils zur Hälfte zugerechnet und erst auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten demjenigen Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Dies weicht von der bisherigen

Regelung im § 26a Absatz 2 Satz 1 ab, bei der die Sonderausgaben allein auf die Kinderbetreuungskosten nach § 9c beschränkt sind.

Ein Großteil der Sonderausgaben, die von einem Ehegatten wirtschaftlich getragen wurden (zum Beispiel Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, Kirchensteuern, Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung etc.), wären danach, ohne übereinstimmenden Antrag und ohne zwingenden Grund für die Nichtabgabe, nur zur Hälfte zu berücksichtigen. Gibt der andere Ehegatte keine Steuererklärung ab, käme es zusätzlich auch nicht zur hälftigen Anrechnung der Sonderausgaben des anderen Ehegatten.

Im Interesse einer Individualbesteuerung und bürgerfreundlichen Verwaltung sollte der Regelfall daher vorsehen, dass die Sonderausgaben dem Ehegatten zugerechnet werden, der sie wirtschaftlich getragen hat.

Die Formulierung entspricht der des Referentenentwurfes, mit der Erweiterung, dass der "gemeinsame" Antrag durch den "übereinstimmenden" Antrag ersetzt wurde. Hierdurch tritt ein deutlicher Steuervereinfachungseffekt ein, da weder die Verwaltung, noch die Steuerpflichtigen auf die Erklärung des anderen Ehegatten angewiesen sind. Auch im Sinne der fortschreitenden Datenübermittlung können die wirtschaftlich getragenen Aufwendungen von der Finanzverwaltung einfach direkt zugeordnet werden.

zu b)

Es handelt sich um eine notwendige redaktionelle Anpassung aufgrund der Änderung in Buchstabe a.

6. Zu Artikel 1 Nummer 18 Buchstabe a ( § 32 Absatz 4 EStG)

Artikel 1 Nummer 18 Buchstabe a ist wie folgt zu fassen:

"a) In Absatz 4 werden die Sätze 2 bis 10 durch folgende Sätze ersetzt:

"Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe a, b und d nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der § § 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe c gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend; der Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums ist nicht maßgebend.""

Begründung:

Der Wegfall der Einkünfte- und Bezügegrenze macht es erforderlich, die Berücksichtigung von Kindern mit einer nebenbei ausgeübten Erwerbstätigkeit neu zu fassen. Mit der von der Bundesregierung vorgesehenen Änderung soll zukünftig eine Erwerbstätigkeit bis zum Abschluss der erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums eines Kindes außer Betracht bleiben.

In den Fällen des Berücksichtigungstatbestandes nach § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c EStG (Kinder ohne Ausbildungsplatz) führt dies zu einer ungerechtfertigten Differenzierung. Kinder, die nach dem allgemeinbildenden Schulabschluss ihre ernsthaften Bemühungen um einen Ausbildungsplatz durch geeignete Unterlagen (schriftliche Bewerbungen bzw. Ablehnungen, Bescheinigung über die Registrierung als Bewerber für einen Ausbildungsplatz oder für eine Bildungsmaßnahme bei der Agentur für Arbeit usw.) dokumentieren, wären nach dem vorliegenden Gesetzeswortlaut bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres trotz voller Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen.

Für die Frage, ob das auf einen Ausbildungsplatz wartende Kind aufgrund seiner Erwerbstätigkeit in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten und damit nicht mehr zu berücksichtigen ist, kommt es nicht darauf an, ob das Kind zuvor eine Berufsausbildung bzw. ein Erststudium absolviert hat. Aus diesem Grund sollten Kinder ohne Ausbildungsplatz, die einer Erwerbstätigkeit im Umfang von mehr als 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit nachgehen, generell von einer Berücksichtigung ausgeschlossen werden.

7. Zu Artikel 1 Nummer 20 (§ 32e Absatz 2 Satz 3 EStG)

In Artikel 1 Nummer 20 ist § 32e Absatz 2 Satz 3 wie folgt zu fassen:

"Der Betrag, um den gemindert wird, errechnet sich aus der Differenz der festzusetzenden Einkommensteuer vor Ansatz der Tarifminderung nach der gewählten Veranlagungsart und der festzusetzenden Einkommensteuer vor Ansatz der Tarifminderung, die sich bei einer geänderten Ausübung der Wahl der Veranlagungsart nach § 26 Absatz 2 ergeben würde."

Begründung:

Die Tarifminderung berechnet sich nach dem Gesetzentwurf nach der Differenz der tariflichen Einkommensteuer der gewählten Veranlagungsart zur tariflichen Steuer, die sich bei einem Wechsel der Veranlagungsart ergeben würde. Durch das Abstellen allein auf die tarifliche Einkommensteuer nach § 32 Abs. 1 oder 5 EStG bleiben u.a. die Anrechnung ausländischer Steuern nach § 34c EStG, die Steuerermäßigung nach § 35 EStG und die Erhöhung der tariflichen Einkommensteuer um den Anspruch auf Altersvorsorgezulage (§ 10a Abs. 2 EStG) oder den Anspruch auf Kindergeld (§ 31 EStG) außer Betracht.

Damit kann es zu ungerechtfertigten Tarifminderungen oder zu einer Versagung der Tarifminderung kommen, weil die Ermäßigungen der tariflichen Einkommensteuer oder die Hinzurechnungen zur tariflichen Einkommensteuer bei einer Änderung der Veranlagungsart wegfallen. Die Änderung des Einkommensteuerbescheides kann nämlich dazu führen, dass bei der gewählten Einzelveranlagung der Anspruch eines Ehegatten auf Altersvorsorgezulage oder Kindergeld entfällt, obwohl er bei der zum Vergleich heranzuziehenden Zusammenveranlagung besteht.

Beispiel:

Das gemeinsame zu versteuernde Einkommen der Ehegatten mit einem Kind beträgt (vor Abzug der Freibeträge für Kinder) 78.000 €. Die Ehegatten beantragen Einzelveranlagung, wobei das zu versteuernde Einkommen (vor Abzug der Freibeträge für Kinder) des Ehemannes 43.000 € und das der Ehefrau 35.000 € beträgt. Nach Abzug der Freibeträge für Kinder und der Hinzurechnung des Kindergeldes beträgt die festzusetzende Einkommensteuer des Ehemannes 9.930 € und die festzusetzende Einkommensteuer der Ehefrau 7.206 €.

Aufgrund Einspruchs wird das zu versteuernde Einkommen der Ehefrau auf 20.000 € vermindert. Die Freibeträge für Kinder werden bei der Ehefrau nicht mehr angesetzt, weil das anteilige Kindergeld von 1.104 € die Steuerentlastungswirkung der Freibeträge für Kinder übersteigt. Die tarifliche und zugleich festzusetzende Einkommensteuer der Ehefrau (vor Abzug der Tarifminderung) beträgt 2.701 €. Bei der Zusammenveranlagung würden jedoch die Freibeträge für Kinder weiterhin in vollem Umfang angesetzt, sodass die tarifliche Einkommensteuer 10.004 € und die festzusetzende Einkommensteuer nach Hinzurechnung des Kindergeldes von 2.208 € 12.212 € beträgt.

Stellt man auf die tarifliche Einkommensteuer ab, so beträgt die Tarifminderung 1.523 € (die tarifliche Einkommensteuer beträgt beim Ehemann 8.826 € vor Hinzurechnung des anteiligen Kindergeldes und bei der Ehefrau 2.701 € abzüglich der tariflichen Einkommensteuer bei Zusammenveranlagung von 10.004 €). Stellt man auf die festzusetzende Einkommensteuer (vor Ansatz der Tarifminderung) ab, beträgt die Tarifminderung lediglich 419 € (festzusetzende Einkommensteuer Ehemann 9.930 € zuzüglich festzusetzende Einkommensteuer Ehefrau 2.701 € abzüglich festzusetzende Einkommensteuer bei Zusammenveranlagung 12.212 €). Die tarifliche Einkommensteuer vergleicht im vorliegenden Fall die um die vollen Freibeträge für Kinder geminderte Einkommensteuer aus der Zusammenveranlagung mit der Einkommensteuer, die bei der Einzelveranlagung nur die halben Freibeträge für Kinder beinhaltet. Richtigerweise muss jedoch auf die festzusetzende Einkommensteuer abgestellt werden.

Anstelle der tariflichen Einkommensteuer muss daher auf die festzusetzende Einkommensteuer (vor Ansatz der Tarifermäßigung) als Vergleichsgröße abgestellt werden.

8. Zu Artikel 1 Nummer 20 ( § 32e EStG)

Durch die Reduzierung der Anzahl der Veranlagungsarten von sieben auf künftig vier und die gleichzeitige neu eingeführte Bindung an die einmal getroffene Wahl einer Veranlagungsart kann die Situation eintreten, dass Ehegatten im Vergleich zu unverheirateten Personen bei gleicher Einkommensstruktur eine höhere Einkommensteuerbelastung zu tragen hätten. Dies soll durch die im Gesetzentwurf vorgesehene Tarifminderung verhindert werden. Die Tarifminderung kann beantragt werden, wenn sich bei Wechsel der Veranlagungsart eine geringere Steuer ergeben würde.

Der Bundesrat weist darauf hin, dass es sich hierbei faktisch um eine neue Günstigerprüfung handelt, die von den Finanzämtern durchzuführen ist. Dabei ergeben sich - unabhängig von dem damit verbundenen hohen personellen Aufwand - technische Schwierigkeiten. Denn eine solche Günstigerprüfung kann nur über eine sog. "Schattenveranlagung" durchgeführt werden. Dies bedeutet, dass bei einer unwiderruflich beantragten Zusammenveranlagung zwei Schattenveranlagungen als Einzelveranlagungen (mit den dafür notwendigen personellen Eingaben) vorgenommen werden müssen. Das Ergebnis muss dokumentiert werden und ggf. als Begründung für eine Antragsablehnung, falls sich keine niedrigere Einkommensteuer ergibt, beigefügt werden. Ein solches personelles Verfahren birgt hohe Fehlerrisiken. Eine maschinelle Lösung ist - wenn überhaupt - nur mittelfristig möglich. Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes wird sie jedenfalls keinesfalls zu realisieren sein.

9. Zu Artikel 1 Nummer 21 ( § 33 EStG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Art des Nachweises einer Zwangsläufigkeit, Notwendigkeit und Angemessenheit von Krankheitskosten für den Abzug als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG - im Sinne der geltenden Verwaltungsanweisung - gesetzlich festgeschrieben werden kann.

Begründung:

Krankheitskosten können als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abgezogen werden, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung und Linderung einer Erkrankung vertretbar sind. Diese medizinische Indikation von Kosten zum Zwecke der Heilung einer Krankheit ist nach langjähriger Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers, in bestimmten Fällen durch amtsärztliches Attest vor Beginn einer Behandlung zu führen (R 33.4 Abs. 1 EStR). Der Bundesfinanzhof weicht in seinen Urteilen vom 11.11.2010, VI R 16/09 und VI R 17/09, von dieser langjährigen Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung ab. In den Urteilen merkt der erkennende Senat an, dass sich ein formalistisches Nachweisverlangen nicht aus dem Gesetz ergebe und nach dem Grundsatz der freien Beweisführung alle geeigneten Beweismittel zum Nachweis der Krankheitskosten zugelassen seien.

Aus dieser Änderung der Rechtsprechung ergeben sich erhebliche Erschwernisse für die Steuerbürger und die Steuerverwaltung. Der Bundesfinanzhof weist in seinem Urteil darauf hin, dass der Steuerbürger verpflichtet sei, die medizinische Indikation einer Heilmaßnahme und der damit zusammenhängenden Aufwendungen nachzuweisen. Dieser Nachweis könne jedoch nicht steuerlich wirksam durch ein Sachverständigengutachten des behandelnden Arztes geführt werden, denn dieses sei lediglich als urkundlich belegter Parteivortrag zu würdigen. Bei Zweifeln an der medizinischen Indikation einer Heilmaßnahme müsste das Finanzamt bzw. das Finanzgericht von Amts wegen ein Gutachten zur medizinischen Indikation der den Aufwendungen zugrunde liegenden Heilmaßnahme einholen. Dabei trage der Steuerpflichtige das Risiko, das ein bestellter Sachverständiger im Nachhinein die medizinische Indikation der streitigen Behandlung nicht mehr verlässlich feststellen könne.

Als Ausweg aus dieser Gefahr - so der Bundesfinanzhof - könne der Steuerpflichtige vor Beginn der Behandlung auf eigene Initiative ein amts- oder vertrauensärztliches Zeugnis einholen oder im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens nach § 155 FGO i.V.m. §§ 485 ff. ZPO die medizinische Indikation der Heilbehandlung feststellen lassen.

Zur Vermeidung der vorgenannten Beweissicherungsverfahren in allen Krankheitsfällen, bei denen der Steuerbürger eigene Aufwendungen trägt, sollten zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens die bestehenden Nachweisregelungen aus R 33.4 Abs. 1 EStR in das EStG bzw. die EStDV übertragen werden. Für die Steuerbürger wird neben der Vermeidung verzichtbarer amts- oder vertrauensärztlicher Zeugnisse bei einer Vielzahl von Heilmaßnahmen auch Rechtssicherheit geschaffen, weil bei Vorlage der gesetzlichen Nachweise die medizinische Indikation der Heilmaßnahme anerkannt wird. Zudem kann der Steuerbürger erkennen, welche konkreten Nachweise für bestimmte Heilmaßnahmen erforderlich sind. In einer Vielzahl von Fällen (z.B. bei anhaltender Erkrankung mit anhaltendem Verbrauch von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln) verzichtet das Finanzamt auch bisher auf ein amts- oder vertrauensärztliches Zeugnis. Für die Finanzverwaltung wäre eine gesetzliche Normierung ebenfalls vorteilhaft, weil dadurch langwierige Rechtsbehelfe bei Nichtanerkennung von Sachverständigengutachten behandelnder Ärzte entfallen würden.

10. Zu Artikel 1 Nummer 26 und 34 Buchstabe h (§ 37 Absatz 3 Satz 4 und § 52 Absatz 50f EStG) Artikel 3 Nummer 6 (§ 233a Absatz 2 AO) Artikel 4 Nummer 2 (§ 15 Absatz 11 EGAO)

Begründung:

Zu a)

Artikel 1 - Änderung des Einkommensteuergesetzes - § 37 EStG

Der Gesetzentwurf sieht in Nummer 26 Buchstabe a vor, den Zeitraum, innerhalb dessen eine nachträgliche Anpassung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen für einen abgelaufenen Veranlagungszeitraum noch möglich ist, für Fälle mit überwiegenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft von 21 auf 23 Monate zu verlängern. Begründet wird dies mit der Verlängerung der Steuererklärungsfristen für diese Fälle in § 149 Absatz 2 Satz 2 der Abgabenordnung um zwei Monate (siehe Artikel 3 Nummer 4 des Gesetzentwurfs).

Die Frist für die nachträgliche Anpassung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen beträgt nach § 37 Absatz 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Regelfall 15 Monate nach Ablauf des betreffenden Veranlagungszeitraumes und knüpft somit an die Entstehung des Steueranspruchs an. Für Fälle mit überwiegenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gilt eine um 6 Monate verlängerte Frist von 21 Monaten, da Land- und Forstwirte regelmäßig ein abweichendes Wirtschaftsjahr haben (30.06.; § 4a Absatz 1 Nummer 1 EStG) und der auf den Schluss des Wirtschaftsjahres ermittelte Gewinn für die Besteuerung anteilig dem vorangegangenen Veranlagungszeitraum und dem Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr endet, zugewiesen wird (§ 4a Absatz 2 Nummer 1 EStG). Auch die verlängerte Anpassungsfrist stellt somit auf den Ablauf des Veranlagungszeitraumes ab. Eine Verknüpfung mit den Erklärungsfristen ist nicht vorhanden. Die Begründung trägt daher die beabsichtigte Änderung nicht. Eine Notwendigkeit für eine Verlängerung der Frist wird auch unabhängig hiervon nicht gesehen. Die vorgesehene Änderung in Nummer 26 Buchstabe a) sollte daher entfallen. Dementsprechend ist der Änderungsbefehl der Nummer für die weiteren redaktionellen Änderungen anzupassen.

Nummer 34 Buchstabe

Zu b)

Artikel 3 - Änderung der Abgabenordnung - § 233a AO

Die im Regierungsentwurf vorgesehene Verlängerung der Zeit, in der eine Verzinsung des bereits entstandenen Steueranspruchs nicht vorgenommen wird (sog. Karenzzeit), wird ebenfalls mit der beabsichtigten Änderung zu § 149 Absatz 2 Satz 2 AO begründet.

Die Karenzzeit knüpft an das Kalenderjahr der Steuerentstehung an. Die beabsichtigte Verlängerung der Abgabefrist hat jedoch keine Auswirkung auf die Steuerentstehung und bedingt daher keine Anpassung der Karenzzeit nach § 233a Absatz 2 AO.

Die Begründung trägt daher die beabsichtigte Änderung nicht.

Eine Verlängerung der Karenzzeit ist auch unabhängig hiervon nicht geboten. Die Karenzzeit von 15 Monaten wurde bereits an der längst möglichen allgemeinen Verlängerung der Fristen zur Abgabe von Steuererklärungen und dem regelmäßigen Gang der Veranlagungsarbeiten ausgerichtet.

Der spätere Beginn des Zinslaufs nach § 233a Absatz 2 Satz 2 AO trägt den Besonderheiten der Gewinnermittlung bei Land- und Forstwirten mit abweichendem Wirtschaftsjahr ( § 4a EStG) ausreichend Rechnung. Bei dem späteren Zinslaufbeginn wurde an das im Regelfall sechs Monate nach Ablauf des Veranlagungszeitraums endende zweite Wirtschaftsjahr angeknüpft (siehe dazu auch Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum Steuerreformgesetz 1990, BT-Drs. 011/2536 S. 22, 36).

Eine weitere Verlängerung der Karenzzeit bei überwiegenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft hätte zur Folge, dass die beabsichtigte Angleichung bei der Steuererklärungsabgabe bei der Verzinsung nunmehr zu einer Ungleichbehandlung führen würde. Die beabsichtigte Verlängerung würde im Ergebnis bedeuten, dass Steuerpflichtige in Nachzahlungsfällen einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorteil erlangen, in Erstattungsfällen würden die Steuerpflichtigen ohne sachliche Rechtfertigung benachteiligt.

Ferner würde dies unterstellen, dass der regelmäßige Gang der Veranlagungsarbeiten bei Steuererklärungen mit überwiegenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zwei Monate länger wäre als bei den übrigen Steuererklärungen. Hierfür bestehen jedoch keinerlei Anhaltspunkte.

Zu c)

Artikel 4 - Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung - § 15 EGAO

Artikel 4 beinhaltet die zeitliche Gültigkeitsregelung zur beabsichtigten Änderung des § 233a Absatz 2 Satz 2 AO (siehe Artikel 3 Nummer 6). Da diese gestrichen wird, entfällt entsprechend auch Artikel 4 Nummer 2.

11. Zu Artikel 1 Nummer 29 ( § 44a EStG)

12. Zu Artikel 1 nach Nummer 35 ( § 52b Absatz 9 EStG)

13. Zu Artikel 3 Nummer 2 (§ 89 Absatz 5 bis 7 AO)

In Artikel 3 Nummer 2 sind in § 89 die Absätze 5 bis 7 wie folgt zu fassen:

Begründung:

Die Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte nach § 89 Abs. 2 AO ist mit dem Jahressteuergesetz 2007 eingeführt worden und geht auf eine Empfehlung des Bundesrates zurück, der damit einen zu starken Anstieg von Anträgen und den damit verbundenen Arbeitsaufwand in den Finanzämtern gerade begrenzen wollte (vgl. BR-Drucks. 622/06(B) HTML PDF ). Zwar ist in diesem Beschluss auch angeführt, dass von der Erhebung von Gebühren bspw. wegen/bei Geringfügigkeit abgesehen werden können sollte; bei näherer Betrachtung lässt sich diese Aussage jedoch nicht aufrecht erhalten, so dass trotz der Festlegung im Koalitionsvertrag auf die Einführung einer Bagatellgrenze verzichtet werden sollte:

Die im Gesetzentwurf enthaltene Regelung § 89 Abs. 5 Satz 3 und Abs. 6 Satz 2 AO-neu stellt für den Steuerbürger keine echte Steuervereinfachung dar, denn sie bringt allenfalls eine geringfügige Kostenersparnis, keinesfalls aber eine Verringerung des von ihm zu betreibenden (Verwaltungs-)Aufwands. Auch für die Verwaltung wirkt sie allein wegen der vorprogrammierten Streitanfälligkeit alles andere als vereinfachend und wird zusätzliche Ressourcen binden.

Gegen die Einführung von Bagatellgrenzen spricht u.a.:

Wie der Gesetzesbegründung entnommen werden kann, betrüge die finanzielle Ersparnis max. 200 Euro. Mit Blick auf die (Bindungs-)Wirkungen einer verbindlichen Auskunft muss der Antrag bestimmte Formerfordernisse erfüllen und bedarf daher einer sorgsamen Vorbereitung sowie einer detaillierten Begründung (vgl. § 1 StAuskV); dies ist auch in sog. "Kleinfällen" - unverzichtbare Voraussetzung für eine Bescheidung durch das Finanzamt. Entsprechende Anträge werden daher regelmäßig von einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe ausgearbeitet, der wiederum hierfür eine Gebühr erhebt.

Demgegenüber bleibt es dem Steuerbürger (weiterhin) unbenommen, statt einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO gebührenfrei eine unverbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 1 AO zu erhalten. Nur am Rande stellt sich die Frage, ob in den Fällen mit einem Gegenstands- oder Zeitwert unterhalb der in Rede stehenden Bagatellgrenzen die Erteilung einer verbindlichen Auskunft rechtlich überhaupt noch möglich wäre, weil § 89 Abs. 2 Satz 1 AO ein besonderes Interesse im Hinblick auf die "erheblichen steuerlichen Auswirkungen" verlangt; durch die Einführung der Bagatellgrenzen könnte durchaus eine gesetzliche Definition dieses Kriteriums angenommen werden, was u. U. nur noch unverbindliche Auskünfte gem. § 89 Abs. 1 AO erlauben würde.

Zum einen ist zu erwarten, dass die Finanzämter mit einer deutlich zunehmenden Zahl an Anträgen auf kostenfreie Auskunft konfrontiert werden, wodurch u. U. erheblicherzusätzlicher Arbeitsaufwand in den Finanzämtern erzeugt wird, was wiederum die Bindung oder Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen mit sich bringt/erfordert. Damit würde die verhaltenslenkende Wirkung der Gebühr weitgehend aufgegeben.

Zum anderen geht hiermit bei steigendem (personellen) Aufwandeine Reduzierung des Gebührenaufkommens einher.

Das besondere Interesse an der verbindlichen Auskunft besteht ausschließlich für Steuerbürger und Berater, denn sie vermeidet unabhängig vom Gegenstandswert durch ihre einseitige Bindungswirkung (Beratungs-)Risiken und weist Rechtsentwicklungsrisiken im Wesentlichen der Verwaltung zu, wodurch der Steuerbürger eine erhebliche Planungs- und Rechtssicherheit erlangt. Jede verbindliche Auskunftunabhängig vom Gegenstandswert erfordert die gesonderte und intensive Befassung mit dem Steuerfall über die jährliche Steuerveranlagung hinaus (Sonderaufgabe bzw. Verwaltungserschwernis) und ist entsprechend dem o.a. Grundsatzauch in sog. "Kleinfällen" gerechtfertigt. Insofern ist nicht einsehbar, warum der besondere Service in Form der verbindlichen Auskunftserteilung in bestimmten Fällen durchgängig gebührenfrei bleiben soll.

Dies entspricht zunächst der einhelligen Auffassung der für Fachreferatsleiter der Länder, die daneben darauf hingewiesen haben, dass die Gebührenerhebung in der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle von den Antragstellern nicht in Frage gestellt werde.

Zudem ist bislang die Recht- und Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung von den Finanzgerichten gegen die kritischen Stimmen in der Literatur grundsätzlich bestätigt worden.

Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen wäre durch die Einführung der im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelung in Abs. 7 Satz 1 ein nicht abschätzbarer Mehraufwand für die Bearbeitung von Anträgen auf Ermäßigung der Gebühr (bzw. deren Verzicht) wegen vermeintlicher "Unbilligkeit" zu erwarten. Dabei ist davon auszugehen, dass entsprechende Billigkeitsanträge aus Unkenntnis und entgegen der Anwendungsregelung in § 25 EGAO - neuauch für solche Anträge auf verbindliche Auskunft gestellt werden, die vor der Verkündung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 eingegangen und mithin nach altem Recht zu bescheiden sind.

Ungeachtet dessen dürfte bereits nach geltendem Recht eine Billigkeitsmaßnahme gem. § 227 AO nicht zur Gänze ausgeschlossen sein, weil es sich bei der Gebühr um eine steuerliche Nebenleistung i. S.v. § 3 Abs. 4 i.V.m. § 1 Abs. 3 AO handelt, wenn gleich Unbilligkeit mit Blick auf die einseitige Bindungswirkung und die Vorteile für die Steuerpflichtigen nur schwer vorstellbar ist. Darüber hinaus ist auch jetzt schon eine vollständige Ermäßigung der Gebühr möglich (Hinweis auf § 89 Abs. 3 Satz 4 AO).

14. Zu Artikel 3 Nummer 3aneu - (§ 147 Absatz 3 AO)

Artikel 4 Nummer 3aneu - (§ 19a EGAO)

Begründung:

Lieferscheine sind als empfangene oder abgesandte Handels- oder Geschäftsbriefe nach § 147 Absatz 1 Nummern 2 und 3 AO aufbewahrungspflichtig. Sie sind auch dann aufzubewahren, wenn sich die Angaben aus den Rechnungen ergeben. Die Aufbewahrungspflicht beträgt gemäß § 147 Absatz 3 Satz 1 AO sechs Jahre bzw. zehn Jahre, wenn die Lieferscheine als Buchungsbeleg verwendet werden. Nach § 14 Absatz 4 UStG muss eine Rechnung stets Angaben zu Menge und Art der gelieferten Ware enthalten. Eine Pflicht zur Erstellung von Lieferscheinen besteht nicht.

Die doppelte Aufbewahrung inhaltlich identischer Unterlagen ist aus steuerlichen Gründen nicht notwendig. Mit dem Verzicht auf die Aufbewahrung von Lieferscheinen, deren Inhalt eingangs- bzw. ausgangsseitig durch die entsprechende Rechnung dokumentiert ist, werden Unternehmen von unnötigem Bürokratieaufwand entlastet, ohne dass die Kontrollmöglichkeiten der Steuerverwaltung eingeschränkt werden.

Die verkürzte Aufbewahrungspflicht soll für alle Lieferscheine gelten, deren Aufbewahrungspflicht nach der bisher geltenden Vorschrift noch nicht abgelaufen ist.

15. Zu Artikel 4aneu - (§ 27 Absatz 2 Satz 6 - neu - und § 34 Absatz 12aneu - KStG)

Artikel 18 Absatz 2 (Inkrafttreten)

"Artikel 4a
Änderung des Körperschaftsteuergesetzes

Das Körperschaftsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4144), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1768) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 27 Absatz 2 Satz 5 wird folgender Satz angefügt:

"Abweichend von Satz 4 wird auf die Abgabe der Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen verzichtet, wenn sich gegenüber den gesondert festgestellten Beträgen zum Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres keine Änderungen ergeben haben und die Kapitalgesellschaft dies in der Körperschaftsteuererklärung angibt."

2. Nach § 34 Absatz 12 wird folgender Absatz 12a eingefügt:

Begründung:

Kapitalgesellschaften müssen mit jeder Körperschaftsteuererklärung zusätzliche Erklärungen über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen abgeben (Vordruck KSt 1F). Bei einer Vielzahl von Gesellschaften kommt es hier über Jahre hinweg zu keiner Änderung (z.B. des Einlagekontos), so dass die jährliche Verpflichtung, dies in einer eigenständigen Erklärung anzugeben, zu keinem Erkenntnisgewinn bei der Verwaltung führt, sondern nur Bürokratieaufwand bei der Gesellschaft verursacht. Es soll hier künftig genügen, wenn die Kapitalgesellschaft in der Körperschaftsteuererklärung angibt, dass keine Änderungen der gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlagen gegenüber den zum Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres gesondert festgestellten Beträgen eingetreten sind.

Finanzielle Auswirkungen

keine

Die Regelung des neuen § 27 Abs. 2 Satz 6 KStG soll erstmals für den Veranlagungszeitraum 2011 anzuwenden sein.

16. Zu Artikel 5 nach Nummer 2 ( § 20 Absatz 2 UStG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die auf 500 000 Euro angehobene Umsatzgrenze für die Umsatzbesteuerung nach vereinnahmten Entgelten dauerhaft geregelt werden kann.

Begründung:

Mit dem Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung wurde die Grenze für die Ist-Besteuerung auf bundeseinheitlich 500 000 Euro angehoben. Allerdings ist diese Anhebung bis Ende 2011 befristet. Ab 2012 würde danach die Grenze wieder auf 250 000 Euro sinken und für das gesamte Bundesgebiet gelten.

Die derzeit geltende Grenze von 500 000 Euro ist konsequent, zumal nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz bis zu einem Jahresumsatz von 500 000 Euro keine Buchführungspflicht mehr zwingend besteht. Denn bei der innerhalb dieser Grenze stets möglichen Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung werden nur Zahlungsflüsse, nicht schon Forderungen erfasst. Dies spricht dafür, die Grenze von 500 000 Euro auf Dauer beizubehalten. Dies führt zugleich zur Verbesserung der Liquidität bei mittelständischen Unternehmen.

In diesem Zusammenhang könnte erwogen werden, auch den Vorsteuerabzug nach Ist-Versteuerungsgrundsätzen vorzunehmen.

17. Zu Artikel 5a - neu - ( § 44 Absatz 3 UStDV)

§ 44 Absatz 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 434), die zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 17. November 2010 (BGBl. I S. 1544) geändert worden ist, wird aufgehoben.

Begründung:

Unternehmer müssen jährlich ermitteln, ob die aufgrund einer Investitionsmaßnahme erfolgte Vorsteuererstattung in der damaligen Höhe noch zutreffend ist. Ansonsten ist der Vorsteuerabzug zu berichtigen. Da dieser Vorsteuerberichtigungsbetrag jährlich ermittelt werden muss, geht der mit § 44 Abs. 3 UStDV beabsichtigte Vereinfachungseffekt, geringfügige Berichtigungsbeträge erst am Ende des Berichtigungszeitraums geltend zu machen, ins Leere. Die Vorschrift kann gestrichen werden.

Finanzielle Auswirkungen

keine

18. Zu Artikel 6 (§ 6 Absatz 1 Satz 2 StDÜV)

In Artikel 6 ist § 6 Absatz 1 Satz 2 zu streichen.

Begründung:

Nach Auffassung des Bundesrates soll es bei der vollelektronischen Übermittlung von Steuerdaten generell eine obligatorische Authentifizierung geben. Der derzeit mögliche Verzicht auf eine Authentifizierung in den angeführten Übermittlungsfällen führt in der Praxis zu Schwierigkeiten und zusätzlichem nicht vermittelbarem Bürokratieaufwand. Das wiederholte Wechseln zwischen authentifizierter und nichtauthentifizierter Abgabe der elektronischen Steueranmeldung löst bei den Finanzämtern erhöhte Prüfungspflichten aus (z.B. Nachfrage beim Steuerberater, Ermitteln des Datenübermittlers, Bearbeitung des Hinweisfalls). Das Schließen der freien Zugänge würde die Finanzämter entsprechend entlasten. Nach einer rechtzeitigen Information des betroffenen Personenkreises könnte die obligatorische Authentifizierung bereits zu Beginn des Jahres 2012 eingeführt werden, da ab dem Veranlagungszeitraum 2011 für Unternehmen ohnehin die gesetzliche Verpflichtung besteht, die Jahressteuererklärung elektronisch einzureichen. Hierfür ist ebenfalls kein freier Zugang eröffnet, so dass die Voraussetzungen für die Authentifizierung bei den meisten betroffenen Steuerpflichtigen ab dem Jahr 2012 vorliegen müssten. Ein zusätzlicher Aufwand würde für die Steuerpflichtigen deshalb grundsätzlich nicht entstehen.

19. Zu Artikel 9 (Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung)

Artikel 9 ist zu streichen.

Begründung:

Der Gesetzentwurf sieht eine Verdopplung der Bagatellgrenze auf 10.000 Euro für Vermögensverwahrer und -verwalter vor. Bis zu diesem Betrag können Anzeigen der von ihnen für den Erblasser verwahrten beziehungsweise verwalteten Vermögensgegenstände unterbleiben. Dieser Betrag wurde erst zum 01.01.2011 auf 5.000 Euro angehoben.

Eine nochmalige Verdopplung der Bagatellgrenze auf 10.000 Euro und eine Erweiterung des Anzeigenverzichts auch für Wertpapieremittenten und Versicherungsunternehmen schafft Kumulationsmöglichkeiten, die zu einer deutlichen Verringerung des Erbschaftsteueraufkommens führen können üe Fall Minderung der Bemessungsgrundlage bis zu 30.000 Euro).

Im Vorblatt des Gesetzentwurfs wird unter Buchstabe D "Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte" in Ziffer 2 "Vollzugsaufwand" ausgeführt, dass die vorgesehene gesetzliche Regelung in den Rechenzentren der Landesfinanzverwaltungen Mehraufwand durch die notwendige Anpassung der automationstechnischen Unterstützung für das Besteuerungsverfahren verursachen wird.

Die automationstechnische Umsetzung der im Entwurf eines Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vorgesehenen Maßnahmen wird - wie üblich - im Rahmen des Vorhabens Konsens erfolgen. Der Bundesrat weist darauf hin, dass im Konsens-Budget aufgrund der bereits vorgegebenen Aufgaben für die nun durch den vorliegenden Gesetzentwurf erforderlichen automationstechnischen Anpassungen kein Finanzierungsspielraum mehr besteht. Deshalb muss das Budget erhöht werden. Nach Berechnungen der Länder ist dabei von folgenden Beträgen auszugehen: