Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Dezember 2009 zu der notwendigen Überarbeitung des Rechtsrahmens für den Zugang zu Dokumenten nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon (Verordnung (EG) Nr. 1049/2001)

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 100840 - vom 27. Januar 2010.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung vom 14. - 17. Dezember 2009 angenommen.

Stellungnahme des Bundesrates: Drucksache 113/00(Beschluss)

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Union "den Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns [stellt], indem sie die Unionsbürgerschaft und einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts begründet" (Präambel der Charta der Grundrechte) und dass "die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat [...] das Recht auf Zugang zu den Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union [haben], unabhängig von der Form der für diese Dokumente verwendeten Träger" (Artikel 42 der Charta der Grundrechte),

B. in der Erwägung, dass durch den Vertrag von Lissabon nicht nur der Rechtsrahmen der Verordnung über den Zugang zu Dokumenten, sondern auch der rechtliche Kontext der Verordnung geändert wurde, insbesondere hinsichtlich der Beziehungen zwischen den Organen der Union und den Bürgern1,

C. in der Erwägung, dass diese Beziehungen künftig auf den im neuen Titel II des EUV dargelegten demokratischen Grundsätzen basieren sollten, denen zufolge "die Union [] den Grundsatz der Gleichheit ihrer Bürgerinnen und Bürger [achtet], denen ein gleiches Maß an Aufmerksamkeit seitens der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union zuteil wird" (Artikel 9) und "alle Bürgerinnen und Bürger [...] das Recht [haben], am demokratischen Leben der Union teilzunehmen. Die Entscheidungen werden so offen und bürgernah wie möglich getroffen" (Artikel 10 Absatz 3),

D. in der Erwägung, dass die vollständige Integration der Europäischen Gemeinschaft in die Europäische Union ebenso wie die Abschaffung der Regierungszusammenarbeit, die für die justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit in Strafsachen weiterhin galt, durch die Bereitschaft der Mitgliedstaaten gefördert wurde, "Demokratie und Effizienz in der Arbeit der Organe weiter zu stärken" (Präambel des EUV),

E. in der Erwägung, dass gemäß diesem neuen Rechtsrahmen alle Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union, nicht nur das Parlament, der Rat und die Kommission (die bereits gemäß Artikel 255 des ehemaligen EG-Vertrags dazu verpflichtet waren) unter weitestgehender Beachtung des Grundsatzes der Offenheit handeln müssen (Artikel 15 Absatz 1 AEUV),

F. in der Erwägung, dass gemäß dem EUV und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs2 Transparenz und Beteiligung der Zivilgesellschaft wesentliche Voraussetzungen sind, um eine verantwortungsvolle Ordnungspolitik der EU-Organe und damit die Wirksamkeit des Beschlussfassungsprozesses zu fördern,

G. in der Erwägung, dass die Bürger gemäß den Grundprinzipien der Demokratie ein Recht haben, den Beschlussfassungsprozess zu kennen und zu verfolgen, und dass die EU-Organe und die Vertreter der Mitgliedstaaten, wenn sie als Mitglieder des Rates handeln, vor, während und nach dem legislativen und nichtlegislativen Beschlussfassungsprozess mehr Transparenz garantieren sollten, um den Bürgern und den nationalen Parlamenten der Union ein umfassendes Verständnis zu vermitteln, wer was warum tut, und die Tätigkeit ihrer Vertreter zu überwachen,

H. in der Erwägung, dass die EU-Organe "den Bürgerinnen und Bürgern und den repräsentativen Verbänden [] die Möglichkeit [geben], ihre Ansichten in allen Bereichen des Handelns der Union öffentlich bekannt zu geben und auszutauschen", und "einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft [pflegen]" (Artikel 11 Absätze 1 und 2 EUV),

I. in der Erwägung, dass der Vertrag von Lissabon weitere Verbesserungen in Bezug auf Transparenz und öffentlichen Zugang zu Dokumenten erfordert und dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs bereits sehr hilfreich bei der Klärung einiger Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 war, so dass diese nun im Einklang mit dem zugangsfreundlichen Verständnis dieser Bestimmungen seitens des Parlaments bei Annahme der Verordnung auszulegen sind, sowie in der Erwägung, dass das Parlament keine legislativen Versuche der Kommission oder des Rates, den öffentlichen Zugang zu Dokumenten zu begrenzen oder das Informationsrecht der Bürger einzuschränken, hinnehmen wird,

J. in der Erwägung, dass die Grundsätze der Offenheit und der Transparenz nicht nur für den Beschlussfassungsprozess maßgeblich sein sollten, sondern auch für die Art und Weise, in der ein Text verfasst und mit allen erforderlichen Informationen übermittelt wird, um die Kriterien der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität im Interesse der EU-Bürger und der nationalen Parlamente zu erfüllen, sowie in der Erwägung, dass dies auch für die Justiz gelten sollte; in der Erwägung, dass Transparenz und Zugang zu Dokumenten auch in Bezug darauf gewährleistet sein sollten, wie die politischen Maßnahmen der Europäischen Union auf allen Ebenen umgesetzt und wie EU-Gelder verwendet werden, wie in der Europäischen Transparenzinitiative der Kommission festgelegt ist,

K. in der Erwägung, dass der Gerichtshof bestätigt hat, dass Transparenz und Zugang zu Informationen dazu beitragen, "den Organen in den Augen der europäischen Bürger eine größere Legitimität zu verleihen und deren Vertrauen zu stärken, weil sie es [ermöglichen], Unterschiede zwischen mehreren Standpunkten offen zu erörtern. Tatsächlich ist es eher das Fehlen von Information und Diskussion, das bei den Bürgern Zweifel hervorrufen kann, und zwar nicht nur an der Rechtmäßigkeit eines einzelnen Rechtsakts, sondern auch an der Rechtmäßigkeit des Entscheidungsprozesses insgesamt" (Verbundene Rechtssachen C-39/05 und C-52/05, Randnr. 59),

L. in der Erwägung, dass die lange erwarteten rechtlichen, finanziellen und operationellen Maßnahmen ergriffen werden sollten, um klar und rechtzeitig den Zugang zu allen einschlägigen Dokumenten in Bezug auf ein spezifisches Legislativverfahren zu ermöglichen, unabhängig davon, ob der Zugang von internen Dienststellen oder von externen Interessenvertretern beantragt wird, und dass die betreffenden Informationen über eine interinstitutionelle Internetseite zur Verfügung gestellt werden könnten, die die internen Register der Organe verbindet (wie z.B. die kürzlich verbesserte EUR-LEX-Seite des Amts für Veröffentlichungen der Europäischen Union), sowie in der Erwägung, dass die internen Regelungen entsprechend geändert und verbindliche interinstitutionelle Vereinbarungen rasch gemäß Artikel 295 AEUV ausgehandelt werden sollten,

M. in der Erwägung, dass die neuen Befugnisse der Europäischen Union und insbesondere des Parlaments in Bereichen wie internationale Abkommen betreffend die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen einen in Artikel 4 und 9 der Verordnung (EG) Nr. 1049/01 zu verankernden, zwingenderen Rechtsrahmen erfordern, damit die Sicherheit der Europäischen Union ordnungsgemäß gewahrt und gleichzeitig eine umfassende Kontrolle des Europäischen Parlaments als Vertreter der europäischen Bürger gewährleistet werden kann,

N. in der Erwägung, dass mehrere EU-Mitgliedstaaten bereits entweder Rechtsakte über Informationsfreiheit oder allgemeine Vorschriften über den Zugang zu Informationen und Dokumenten öffentlicher Institutionen beschlossen haben,