Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt

Der Bundesrat hat in seiner 881. Sitzung am 18. März 2011 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb ( § 326 Absatz 1 StGB)

In Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb § 326 Absatz 1 ist nach dem Wort "befördert," das Wort "lagert," einzufügen.

Begründung:

Wie im bisherigen § 326 Absatz 1 StGB ist auch weiterhin das unrechtmäßige Lagern von Abfällen ausdrücklich als Tatbestandsalternative aufzuführen. Im Rahmen der Maßnahmen der Abfallbewirtschaftung zur Einhaltung der Abfallhierarchie und zur Erreichung der abfallwirtschaftlichen Ziele mag die Lagerung ein unselbstständiger Teil des Verwertungs- oder Beseitigungsverfahrens sein. Für den strafrechtlich relevanten Bereich unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Umwelt wird die Lagerung von Abfällen demgegenüber nach wie vor in der Abfallrahmenrichtlinie aufgeführt (vgl. insbesondere die Artikel 17 und 19 der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien, ABl. L 312 vom 22.11.2008, S. 3). Auch nach den Artikeln 10 ff. i.V.m Nummer 5.5 des Anhangs I der EU-Industrieemissionsrichtlinie (Richtlinie 2010/75/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen, ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) ist die Lagerung von Abfällen eine Tätigkeit, bei der es Umweltverschmutzungen zu verhüten gilt.

Unabhängig hiervon wird in vielen Fällen einer unrechtmäßigen Abfalllagerung vom Täter keine (zeitnahe) Verwertung oder Beseitigung beabsichtigt sein, so dass eine Tatbestandsverwirklichung des § 326 Absatz 1 StGB-E ohne das Tatbestandsmerkmal "lagern" zu Auslegungsproblemen führen würde.

2. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 327 Absatz 2 Satz 1 StGB)

Artikel 1 Nummer 5 ist wie folgt zu fassen:

'5. § 327 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Mit dem Änderungsvorschlag sollen neben dem illegalen Anlagenbetrieb unter Verstoß gegen die Zulassungspflicht auch Verstöße gegen vollstreckbare öffentlichrechtliche Verträge (§ 330d Nummer 4 Buchstabe e StGB) erfasst werden, die auch durch Verwaltungsakt hätten auferlegt werden können.

3. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 327 Absatz 2 Satz 2 StGB)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob im Gesetzestext klargestellt werden sollte, dass der in § 327 Absatz 2 StGB einzufügende Satz 2 lediglich eine Ausweitung des Schutzbereichs des Tatbestands bewirkt, die Voraussetzungen der §§ 3 bis 9 StGB für die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts jedoch unberührt lässt.

Begründung:

Die Richtlinie 2008/99/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt (ABl. L 328 vom 6.12.2008, S. 28) ist wie das deutsche Umweltstrafrecht verwaltungsakzessorisch strukturiert und knüpft dabei an europarechtliche Normen des Umweltverwaltungsrechts an. Aus Artikel 2 Buchstabe a Nummer iii der Richtlinie folgt die Vorgabe, auch solche Handlungen unter Strafe zu stellen, deren Rechtswidrigkeit sich aus dem Verstoß gegen ein Gesetz, eine Verwaltungsvorschrift oder eine behördliche Entscheidung eines anderen Mitgliedstaats ergibt, sofern dieser Akt der Umsetzung der in Anhang A und B der Richtlinie aufgeführten europäischen Rechtsakte dient.

Aus diesem Grund sieht der Gesetzentwurf Änderungen vor, die eine Ausdehnung des Schutzbereichs des deutschen Umweltstrafrechts auf Verstöße gegen europäisches Umweltverwaltungsrecht bewirken sollen. So soll zum Beispiel in § 328 Absatz 3 Nummer 1 StGB der Verweis auf nationales deutsches Umweltrecht (Chemikaliengesetz) durch einen Verweis auf den umgesetzten europäischen Rechtsakt ersetzt werden. Mit Artikel 1 Nummer 5 beschreitet der Gesetzentwurf für § 327 Absatz 2 StGB jedoch einen anderen Weg: Die dortigen Bezugnahmen auf deutsches Verwaltungsrecht sollen bestehen bleiben. Angefügt werden soll dafür ein neuer Satz 2, der ausschließlich den verwaltungsrechtswidrigen Betrieb bestimmter Anlagen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union pönalisiert.

Der in § 327 Absatz 2 Satz 2 StGB-E vorgesehene Tatbestand stellt damit abgesehen von den Fällen eines Erfolgseintritts im Inland sowie einer inländischen Teilnahmehandlung (vgl. § 9 StGB) ausschließlich Auslandstaten unter Strafe und bedeutet insofern ein Novum für das Strafgesetzbuch, denn bedingt auch durch seine Verwaltungsakzessorietät nimmt § 327 Absatz 2 Satz 2 StGB-E nicht auf Tatbestandsmerkmale des Satzes 1 Bezug, sondern formuliert einen selbständig neben Satz 1 tretenden Tatbestand. Dass § 327 Absatz 2 Satz 2 StGB-E gegenüber § 327 Absatz 2 Satz 1 StGB trotzdem nur eine Ausweitung des Schutzbereichs intendiert, die aufgrund der Verwaltungsakzessorietät der Norm erforderlich ist, ist für den Rechtsanwender bei diesem Tatbestand nicht im gleichen Maß ersichtlich, wie es etwa bei § 129b StGB im Vergleich zu den §§ 129, 129a StGB, bei § 152 StGB im Vergleich zu den §§ 146 bis 151 StGB, bei § 162 Absatz 1 StGB im Vergleich zu den §§ 153 bis 161 StGB, bei § 299 Absatz 3 StGB im Vergleich zu § 299 Absatz 1 und 2 StGB oder bei § 370 Absatz 6 AO im Vergleich zu § 370 Absatz 1 bis 5 AO der Fall ist. Vielmehr könnte die ausschließliche Bezugnahme der Formulierung auf Auslandstaten den Eindruck erwecken, als stelle § 327 Absatz 2 Satz 2 StGB-E Auslandstaten unabhängig von den zusätzlichen Voraussetzungen des Strafanwendungsrechts (§§ 3 bis 9 StGB) unter Strafe. Diesem Eindruck könnte durch eine Klarstellung in § 327 Absatz 2 Satz 2 StGB-E vorgebeugt werden.

4. Zu Artikel 2 Nummer 3 (§ 69 Absatz 3 Nummer 6, Absatz 6 BNatSchG) Artikel 2 Nummer 3 ist zu streichen.

Begründung:

Die Artikel 2 Nummer 3 des Gesetzentwurfs zugrunde liegende Annahme, der bisherige Bußgeldtatbestand des § 69 Absatz 3 Nummer 6 BNatSchG habe wegen der beabsichtigten Einführung des § 329 Absatz 4 StGB-E keinen Regelungsgehalt mehr, ist unzutreffend.

Der vorgesehene Straftatbestand in § 329 Absatz 4 StGB-E pönalisiert nur vorsätzliches und leichtfertiges (§ 329 Absatz 6 StGB-E) Handeln. Der Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 69 Absatz 3 Nummer 6 BNatSchG erfasst dagegen jegliches fahrlässiges Handeln.

Zudem stellt der vorgesehene Straftatbestand in § 329 Absatz 4 StGB-E nur erhebliche Schädigungen unter Strafe. Der Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 69 Absatz 3 Nummer 6 i.V.m. § 33 Absatz 1 Satz 1 BNatSchG wird dagegen bereits durch jede Veränderung oder Störung erfüllt, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann; selbst eine erhebliche Beeinträchtigung muss danach also nicht objektiv eintreten, sondern es genügt die Eignung der Tathandlung zur Herbeiführung einer erheblichen Beeinträchtigung.

Der vorgesehene Straftatbestand in § 329 Absatz 4 StGB-E wird also nur einen Teil der durch den Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 69 Absatz 3 Nummer 6 BNatSchG erfassten Fälle abdecken. Die Aufhebung des § 69 Absatz 3 Nummer 6 BNatSchG würde somit eine Herabsetzung des bisherigen Schutzstandards bedeuten.

5. Zu Artikel 2 Nummer 4 ( § 71 Absatz 5 BNatSchG) Artikel 2 Nummer 4 § 71 Absatz 5 ist zu streichen.

Begründung:

Die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Regelung ist abzulehnen, weil sie für den Vollzug des Artenschutzrechts eine erhebliche Verschlechterung gegenüber der bisherigen Rechtslage bedeutet. Durch die in § 71 Absatz 5 BNatSchG-E vorgesehene Einschränkung werden die Möglichkeiten für strafrechtliche Sanktionen ohne erkennbare sachliche Begründung eingeschränkt.

Für einen effektiven Artenschutzvollzug sind wirksame und vollziehbare Strafrechtsvorschriften unabdingbare Voraussetzung; sie verleihen den artenschutzrechtlichen Vorschriften die ihnen angemessene Bedeutung. Wie im bisherigen § 71 BNatSchG ist daher auch weiterhin eine strafrechtliche Sanktion gerade für streng geschützte Arten unabhängig von der Anzahl der betroffenen Tiere und auch unabhängig vom Erhaltungszustand der Art notwendig. Durch die vorgeschlagene Streichung des § 71 Absatz 5 BNatSchG-E wird die bewährte geltende Rechtslage aufrecht erhalten.

Andernfalls werden für den Vollzug erhebliche Schwierigkeiten gesehen, da für das Vorliegen einer Straftat neben dem Nachweis der eigentlichen Tat zusätzlich in jedem Einzelfall darzulegen ist, dass die strafbare Handlung eine erhebliche Menge betrifft und dies auch erhebliche Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Art hat.

Die vorgeschlagene Streichung trägt der besonderen Schutzwürdigkeit der streng geschützten Arten Rechnung. Demgegenüber erscheint bei der niedrigeren Schutzkategorie der besonders geschützten Arten die Beschränkung in § 71a Absatz 4 BNatSchG-E sinnvoll, damit bei diesen Arten nicht jeder Verstoß automatisch strafrechtlich geahndet werden muss.

6. Zu Artikel 3 Nummer 4 Buchstabe b ( § 38 Absatz 2 BJagdG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens das Bundesjagdgesetz so anzupassen, dass die geplante Strafverschärfung bei fahrlässiger Handlung im Fall des § 38 Absatz 1 Nummer 3 BJagdG nur Wild betrifft, das nach Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union aus Gründen des Erhalts der Arten streng oder besonders geschützt oder von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu schützen ist. Hinsichtlich der nicht in dieser besonderen Weise geschützten Wildarten soll ein fahrlässiger Verstoß eine Ordnungswidrigkeit darstellen.

§ 38 Absatz 2 BJagdG könnte wie folgt gefasst werden:

(2) Handelt der Täter fahrlässig und betrifft im Fall des Absatzes 1 Nummer 3 die Handlung Wild, das nach Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union aus Gründen des Erhalts der Arten streng oder besonders geschützt oder von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu schützen ist, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe."

Begründung:

Die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Regelung ist für die Jagdpraxis nicht hinreichend differenziert. Sie lässt die Wildschadenproblematik und die Notwendigkeit einer Bestandsregulierung außer Acht. Eine Strafrechtsverschärfung für alle Wildarten ist durch die Richtlinie 2008/99/EG nicht vorgesehen. Eine Differenzierung nach dem Schutzstatus der Wildtiere ist insbesondere vor dem Hintergrund einer gewollten stärkeren Bejagung der (nicht besonders geschützten) Schalenwildarten zum Zweck der Vermeidung von Wildschäden und zur Eindämmung von Tierseuchen bei Wildtieren geboten.

Als Folge wäre § 39 BJagdG um einen Ordnungswidrigkeitentatbestand für solche Verstöße zu ergänzen, die nicht bereits nach § 38 Absatz 2 BJagdG strafbar sind.

7. Zu Artikel 3 Nummer 6 Buchstabe b - neu - (§ 39 Absatz 2 Nummer 5a - neu - BJagdG) Artikel 3 Nummer 6 ist wie folgt zu fassen:

'6. § 39 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die vorgeschlagene Regelung in Artikel 3 Nummer 5 führt zu dem Ergebnis, dass der Handel mit und der Besitz von streng und besonders geschützten Arten unter Strafe steht. Nach der im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelung ist die Tat im Falle des neu eingefügten § 38a Absatz 5 BJagdG-E jedoch nicht strafbar, wenn die Handlung eine unerhebliche Menge der Exemplare betrifft und unerhebliche Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Art hat. Der Handel und der Besitz einer unerheblichen Menge der Exemplare dieser Arten ist allerdings auch nicht bußgeldbewehrt. Dies hätte im Falle des neu eingefügten § 38a Absatz 5 BJagdG-E zur Folge, dass jemand, der beispielsweise ein streng geschütztes Tier präparieren lässt und es verkauft, sich wegen der "unerheblichen Menge der Exemplare" nicht strafbar macht und auch nicht ordnungswidrig handelt. Um der Gefahr von Jagdwilderei im Ansatz entgegenzuwirken, ist der Handel mit Tieren im Falle des § 38a Absatz 5 BJagdG-E in den Bußgeldkatalog aufzunehmen.

8. Zu Artikel 4 (§ 18 Absatz 3 AbfVerbrG)

Artikel 4 ist wie folgt zu fassen:

'Artikel 4
Änderung des Abfallverbringungsgesetzes

In § 18 Absatz 3 des Abfallverbringungsgesetzes vom 19. Juli 2007 (BGBl. I S. 1462) werden die Wörter "im Falle des Absatzes 1 Nr. 18 Buchstabe a mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro," gestrichen.'

Begründung:

Ziel der Richtlinie zum Umweltstrafrecht ist es, einen EU-weiten Mindeststandard für Umweltdelikte zu schaffen.

Die in der Vorlage vorgesehene Aufhebung des § 1 Absatz 1 der Abfallverbringungsbußgeldverordnung würde dazu führen, dass nur die illegale Verbringung erheblicher (Abfall-)Mengen strafbewehrt ist. Unterhalb dieser Erheblichkeitsschwelle besteht dann vollständige Sanktionslosigkeit.

Dies stellt auch mit Blick auf die anderen Ordnungswidrigkeitentatbestände gemäß § 1 der Abfallverbringungsbußgeldverordnung, die auch ohne Berücksichtigung der (Abfall-)Menge eingreifen, eine Ungleichbehandlung dar.

Deshalb wird mit dem Änderungsvorschlag das Ziel verfolgt, trotz des neuen Straftatbestandes § 1 Absatz 1 der Abfallverbringungsbußgeldverordnung beizubehalten und in Verbindung mit § 18 Absatz 3 des Abfallverbringungsgesetzes lediglich die Bußgeldhöhe anzupassen. Für illegale Verbringungen von geringen Mengen ist auch nur eine geminderte maximale Bußgeldhöhe sachgerecht.

Mit dem Änderungsvorschlag in § 18 Absatz 3 des Abfallverbringungsgesetzes soll diese maximale Bußgeldhöhe für illegale Verbringungen nach § 18 Absatz 1 Nummer 18 Buchstabe a des Abfallverbringungsgesetzes und damit für die in § 1 Absatz 1 der Abfallverbringungsbußgeldverordnung genannten Tatbestände von 100 000 Euro auf die geringste maximale Bußgeldhöhe von 20 000 Euro reduziert werden.

9. Zur Eingangsformel und Artikel 5

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob entweder ein Inkrafttreten des Gesetzes frühestens sechs Monate nach der Verkündung oder in der Eingangsformel die Zustimmung des Bundesrates zu dem Gesetz vorzusehen ist.

Begründung:

Nach Artikel 72 Absatz 3 Satz 2 GG treten Bundesgesetze auf den Gebieten des Artikels 72 Absatz 3 Satz 1 GG - dazu zählen das Jagdwesen und der Naturschutz frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist.

Die Voraussetzungen dieser Bestimmung dürften gegeben sein. In den Artikeln 2 und 3 des Entwurfs werden das Bundesnaturschutzgesetz und das Bundesjagdgesetz geändert. Der Entwurf stützt sich zwar nicht auf die Kompetenz zur Regelung des Jagdwesens und des Naturschutzes (Artikel 74 Absatz 1 Nummer 28 und 29 GG) sondern ausschließlich auf die Kompetenz zur Regelung des Strafrechts in Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 GG (vgl. die Entwurfsbegründung in BR-Drs. 058/11 (PDF) , S. 19). Ob dies als Kompetenzgrundlage ausreicht, ist aber schon deshalb fraglich, weil in Artikel 2 Nummer 2 und Artikel 3 Nummer 1 bis 3 auch Vorschriften nichtstrafrechtlichen Inhalts geändert werden. Insoweit stellt sich die Frage, ob Artikel 72 Absatz 3 Satz 2 GG nicht schon nach seinem Wortlaut einschlägig ist.

Soweit die Änderungen im Übrigen strafrechtlichen Inhalt haben, folgt zwar die Kompetenz aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 GG, und Vorschriften auf diesem Gebiet stehen nicht unter dem Abweichungsvorbehalt des Artikels 72 Absatz 3 GG. Allerdings erstreckt sich die Abweichungsbefugnis der Länder nach Maßgabe des Artikels 72 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 GG auf das Jagd- und Naturschutzrecht. Strafvorschriften auf diesem Gebiet sind Nebenstrafrecht, welches das Landesrecht nicht aushöhlen darf. Der Bund muss hier an den vom Landesgesetzgeber geschaffenen Ordnungsrahmen anknüpfen (vgl. Degenhart, in: Sachs: GG, 5. Aufl., 2009, Artikel 74, Rnr. 14, 16 m.w. N.).

Für die Abweichungsgesetzgebung dürfte das zur Folge haben, dass die materielle Abweichungskompetenz nach Artikel 72 Absatz 3 Nummer 1 und 2 GG auch das daran anknüpfende Strafrecht erfasst. Andernfalls wäre es den Ländern nicht möglich, die materielle Änderung einer Norm in einer darauf aufbauenden Strafvorschrift zu berücksichtigen. Als weitere Folge dürfte sich daraus ergeben, dass die Rechtsfolgen des Artikels 72 Absatz 3 Satz 2 GG (Inkrafttreten frühestens sechs Monate nach der Verkündung, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist) auch auf (neben-)strafrechtliche Vorschriften auf diesen Gebieten anzuwenden sind.

10. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat erkennt die Notwendigkeit einer Umsetzung der EU-Richtlinie zum Umweltstrafrecht an. Gleichwohl stellt der Bundesrat fest, dass es insbesondere hinsichtlich der Natura 2000-Gebiete und des Artenschutzes zu einer erheblichen Erhöhung des strafrechtlichen Risikos für Landwirte und Waldbesitzer kommt.

Der Bundesrat bittet daher, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens sicherzustellen, dass keine über das europarechtliche Maß hinaus gehende nationale Umsetzung erfolgt.