Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Begrenzung des globalen Klimawandels auf 2 Grad Celsius -Der Weg in die Zukunft bis 2020 und darüber hinaus KOM (2007) 2 endg. Ratsdok. 5422/07

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 24. Januar 2007 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Förderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 12. Januar 2007 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 15. Januar 2007 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Hinweis: vgl. Drucksache 136/05 (PDF) = AE-Nr. 050464

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen
Begrenzung des globalen Klimawandels auf 2 Grad Celsius Der Weg in die Zukunft bis 2020 und darüber hinaus

1. Kurzfassung

Der Klimawandel ist eine Realität und es muss dringend gehandelt werden, um ihn auf ein beherrschbares Maß zu begrenzen. Die EU muss intern die erforderlichen Maßnahmen ergreifen und auf internationaler Ebene die Führung übernehmen, damit der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur das vorindustrielle Niveau um nicht mehr als 2°C übersteigt.

Diese Mitteilung und die sie begleitende Folgenabschätzung machen deutlich, dass dies technisch möglich und wirtschaftlich machbar ist, wenn die größten Emittenten rasch handeln. Dabei ist der Nutzen von Maßnahmen weitaus größer als die wirtschaftlichen Kosten.

Die vorliegende Mitteilung richtet sich an den im Frühjahr 2007 stattfindenden Europäischen Rat, der über ein integriertes und umfassendes Konzept für die Politik der EU in den Bereichen Energie und Klimawandel beschließen soll. Sie schließt sich an die 2005 verabschiedete Kommunikation "Strategie für eine erfolgreiche Bekämpfung der globalen Klimaänderung" an, die konkrete Vorschläge für die EU Klimapolitiken gemacht und Schlüsselelemente für die zukünftige EU Klimastrategie aufgestellt hat. Zur Festlegung der nächsten Schritte in unserer Politik zum Klimawandel sollte der Europäische Rat Beschlüsse fassen, um bessere Voraussetzungen für eine neue globale Vereinbarung zu schaffen, die nach 2012 an die ersten Verpflichtungen im Rahmen des Kyoto-Protokolls anknüpft.

In der Mitteilung wird vorgeschlagen, dass die EU bis zum Jahr 2020 eine Senkung der Treibhausgas-Emissionen der Industrieländer um 30 % (gegenüber dem Stand von 1990) im Rahmen von internationalen Verhandlungen anstrebt. Nur so kann die globale Erwärmung auf maximal 2ºC begrenzt werden. Bis ein internationales Abkommen geschlossen wurde, und unbeschadet ihrer Position in internationalen Verhandlungen, sollte sich die EU jetzt schon unabhängig fest verpflichten, durch ihr Emissionshandelssystem, sonstige Maßnahmen zum Klimawandel und energiepolitische Maßnahmen die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um mindestens 20 % zu reduzieren. Mit diesem Konzept kann die EU zeigen, dass sie auf internationaler Ebene in Klimafragen eine führende Rolle spielt, der Industrie signalisieren dass das Emissionshandelssystem nach 2012 weitergeführt wird und Investitionen in Technologien zur Emissionsreduktion und kohlenstoffarme Alternativen fördern.

Nach 2020 werden die Entwicklungsländer mehr Emissionen verursachen als die Industrieländer. Bis dahin sollten die Emissionen der Entwicklungsländer insgesamt gesehen langsamer zunehmen und dann ab 2020 generell zurückgehen. Durch Ausschöpfung des breiten Spektrums an Maßnahmen im Energie- und Verkehrsbereich, die nicht nur erheblich zur Senkung von Emissionen beinhalten, sondern auch zu unmittelbaren wirtschaftlichen und sozialen Vorteilen führen, kann dieses Ziel ohne Beeinträchtigung des Wirtschaftswachstums und der Armutsbekämpfung in diesen Ländern erreicht werden.

Bis 2050 müssen die weltweiten Emissionen gegenüber 1990 um bis zu 50 % reduziert werden, was bedeutet, dass die entwickelten Länder bis zu diesem Jahr ihre Emissionen um 60 bis 80 % senken müssen. Viele Entwicklungsländer müssen ihre Emissionen ebenfalls erheblich reduzieren.

Marktwirtschaftliche Instrumente wie das EU-Emissionshandelssystem werden entscheidend dazu beitragen, dass Europa und andere Länder ihre Ziele zu den geringstmöglichen Kosten erreichen. Die Regelung für die Zeit nach 2012 sollte eine Verknüpfung miteinander vergleichbarer interner Handelssysteme ermöglichen, wobei das EU-Emissionshandelssystem die Grundlage für den künftigen globalen Kohlenstoffmarkt bildet. Auch nach 2012 wird das EU-Emissionshandelssystem offen stehen für Kohlenstoffgutschriften aus dem Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung und aus gemeinsamen Umsetzungsprojekten im Rahmen des Kyoto-Protokolls.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten beschließen, die Investitionen in Forschung und Entwicklung in den Bereichen Energieerzeugung und Energiesparen ganz erheblich aufzustocken.

2. Die Herausforderungen des Klimawandels: DAS 2ºC-Ziel erreichen

Es gibt deutliche wissenschaftliche Belege dafür, dass in Bezug auf den Klimawandel dringender Handlungsbedarf besteht. Aktuelle Studien wie der Stern-Bericht bestätigen, dass Untätigkeit enorme Kosten für die Wirtschaft, aber auch für das Sozialwesen und die Umwelt verursacht, die vor allem von den Armen in den

Industrie- und Entwicklungsländern getragen werden müssen. Untätig zu bleiben wird sich ganz erheblich auf die Sicherheit auf lokaler und globaler Ebene auswirken. Die meisten Lösungen sind ohne weiteres durchführbar, allerdings müssen die Regierungen jetzt Maßnahmen ergreifen, um sie umzusetzen. Die wirtschaftlichen Kosten von Maßnahmen gegen den Klimawandel sind nicht nur tragbar sondern können unter anderen Gesichtspunkten auch mit erheblichen Vorteilen verbunden sein.

Die EU will den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf weniger als 2°C über dem vorindustriellen Niveau begrenzen. Dadurch werden die Auswirkungen des Klimawandels und die Wahrscheinlichkeit, dass das globale Ökosystem massiv und unwiderruflich gestört wird, begrenzt. Wie der Rat festgestellt hat, müssen hierzu die Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre weit unter dem Wert von 550 ppmv CO₂-Äquivalent gehalten werden. Durch eine Stabilisierung der langfristigen Konzentrationen auf etwa 450 ppmv CO₂-Äquivalent liegt die Erfolgschance bei 50 %, sofern die globalen Treibhausgas-Emissionen vor 2025 ihren Höchststand erreichen und danach bis zum Jahr 2050 um bis zu 50 % im Vergleich zum Niveau von 1990 zurückgehen. Der Rat ist übereingekommen, dass die entwickelten Länder weiterhin eine Führungsrolle spielen und darauf hinarbeiten müssen, ihre Emissionen bis 2020 in der Größenordnung von 15 bis 30 % zu senken. Das Europäische Parlament hat vorgeschlagen, in der EU bis 2020 eine Senkung der Emissionen um 30 % und bis 2050 um 60 bis 80 % anzustreben.

In vorliegender Mitteilung werden Optionen für realistische und wirksame Maßnahmen auf EU- und internationaler Ebene genannt, damit das 2ºC-Ziel erreicht werden kann. Bei dem in der Folgenabschätzung dargestellten Emissionsverlauf handelt es sich um ein wirtschaftliches Szenarium zur Einhaltung des 2ºC-Ziels. Für die Senkung der Emissionen in den Industrieländern bis zum Jahr 2020 wird eine Zielvorgabe von 30 % im Vergleich zum Emissionsniveau von 1990 unterstützt und es wird verdeutlicht, dass es nicht ausreicht, wenn nur die Industrieländer ihre Emissionen senken. Nach dem Jahr 2020 dürften die Entwicklungsländer mehr Emissionen verursachen als die Industrieländer, was mögliche Emissionssenkungen in letzteren in der Zeit danach mehr als ausgleicht. Daher setzen wirksame

Maßnahmen gegen den Klimawandel ein geringeres Wachstum der Treibhausgas-Emissionen von Entwicklungsländern und die Umkehrung der Emissionen aus der Entwaldung voraus. Darüber hinaus verstärkt eine nachhaltige und effiziente Forstpolitik den Beitrag des Forstbereichs zur gesamten Reduzierung der Treibhausgaskonzentrationen.

3. Die Kosten von Handeln und von Untätigkeit

Die Kommission hat in ihrer 2005 vorgelegten Mitteilung "Strategie für eine erfolgreiche Bekämpfung der globalen Klimaänderung" aufgezeigt, dass der Nutzen einer Eindämmung des Klimawandels die Kosten der erforderlichen Maßnahmen weit übertrifft. Aktuelle Forschungsergebnisse bestätigen vielfältige Auswirkungen des Klimawandels (auf Landwirtschaft, Fischerei, Wüstenbildung, Biodiversität,

Wasserressourcen, hitze- und kältebedingte Sterblichkeit, Küstenzonen,

Hochwasserschäden usw.).

Die Auswirkungen des Klimawandels werden wahrscheinlich nicht überall gleich sein. Einige Regionen der EU werden unverhältnismäßig stark in Mitleidenschaft gezogen werden. In Südeuropa zum Beispiel wird die Klimaänderung wahrscheinlich zu einer Verringerung der Ernteproduktivität führen, die durch Hitze bedingte Sterblichkeit wird steigen, und es wird eine negative Auswirkung auf die Bedingungen für den Tourismus während des Sommers geben.

Im Stern-Bericht wird argumentiert, dass der Klimawandel das Ergebnis eines in diesem Umfang noch nie dagewesenen Marktversagens ist. Die Nichtberücksichtigung der Kosten des Klimawandels in den unser wirtschaftliches Verhalten bestimmenden Marktpreisen ist mit immensen wirtschaftlichen und sozialen Kosten verbunden. Mit den im Stern-Bericht auf 5 bis 20 % des globalen BIP geschätzten Kosten der Untätigkeit würden die am wenigsten anpassungsfähigen Armen unverhältnismäßig stark belastet und damit die sozialen Auswirkungen der Klimaänderung verschlimmert Bis 2030 soll sich das globale BIP im Vergleich zu 2005 nahezu verdoppeln. In den Entwicklungsländern mit den höchsten Treibhausgas-Emissionen wird das BIP weiterhin stärker zunehmen als in den Industrieländern. Aus der Folgenabschätzung geht hervor, dass globale Maßnahmen gegen den Klimawandel völlig mit der Erhaltung des globalen Wachstums vereinbar sind. Investitionen in eine kohlenstoffarme Wirtschaft erfordern zwischen 2013 und 2030 etwa 0,5 % des globalen BIP, was sein globales Wachstum bis zum Jahr 2030 jährlich nur um 0,19 % senken würde - einen Bruchteil des voraussichtlichen BIP-Wachstums von jährlich 2,8 %. Eine solche "Versicherungsprämie" müssen wir uns leisten, denn sie kann das Risiko erheblich verringern dass der Klimawandel unwiderrufliche Schäden verursacht. Da außerdem die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit, die höhere Energiesicherheit oder geringere Folgeschäden dabei unberücksichtigt bleiben, vermittelt die Zahl ein stark übertriebenes Bild von den erforderliche Anstrengungen.

4. Die Vorteile eines Handelns und Zusammenhang mit anderen Politikbereichen

In den letzten drei Jahren haben sich die Öl- und Gaspreise verdoppelt und die Strompreise sind dieser Entwicklung gefolgt. Es wird damit gerechnet, dass die Energiepreise hoch bleiben und mit der Zeit noch weiter ansteigen. In ihrem aktuellen Aktionsplan für Energieeffizienz hat die Kommission darauf hingewiesen, dass Maßnahmen zur effizienteren Nutzung von Ressourcen selbst dann wirtschaftlich sinnvoll sind, wenn die damit verbundenen Emissionssenkungen nicht berücksichtigt werden.

Wie aus der Folgenabschätzung hervorgeht, würde die Energieversorgungssicherheit der EU wesentlich erhöht, wenn sie Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreift.

Die Öl- und Gaseinfuhren würden bis 2030 um jeweils etwa 20 %, im Vergleich zur Entwicklung bei Untätigkeit, zurückgehen. Durch die Verzahnung von Maßnahmen gegen den Klimawandel mit energiepolitischen Maßnahmen wird daher ein Synergieeffekt erzielt.

Mit Maßnahmen gegen den Klimawandel wird auch die Luftverschmutzung reduziert.

So würden sich aus einer Senkung der CO₂-Emissionen in der EU um 10 % bis zum Jahr 2020 im Gesundheitsbereich enorme Kosteneinsparungen ergeben (in der Größenordnung von 8 bis 27 Mrd. EUR). Daher wird es mit solchen Maßnahmen einfacher sein, die Ziele der EU-Strategie zur Luftverschmutzung zu erreichen.

In anderen Ländern ergeben sich ähnliche Vorteile. Bis 2030 werden die USA, China und Indien voraussichtlich mindestens 70 % ihres Ölbedarfs durch Einfuhren decken.

Eine Verknappung der Ressourcen könnte geopolitische Spannungen auslösen.

Gleichzeitig nimmt die Luftverschmutzung vor allem in Entwicklungsländern zu.

Durch die Senkung der Treibhausgas-Emissionen in anderen Ländern werden Versorgungssicherheit und Luftqualität in den Entwicklungsländern verbessert.

5. Massnahmen in der EU

(a) Festlegung von Emissionsreduktionszielen

Das Potenzial für die Senkung der Treibhausgas-Emissionen in der EU ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft. In dem Bericht zur Überprüfung der EU-Energiestrategie werden Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen dieses Potenzial größtenteils erschlossen werden soll. Darüber hinaus werden die Massnahmen, die im Rahmen des Europäische Programms zur Klimaänderung beschlossen wurden und andere Politiken, die zur Zeit umgesetzt werden, weiter zur Senkung der Emissionen nach 2012 beitragen.

Die EU kann ihre Ziele in Bezug auf den Klimawandel nur im Rahmen eines internationalen Übereinkommens erreichen. Interne Maßnahmen der EU haben gezeigt, dass Treibhausgas-Emissionen gesenkt werden können, ohne das Wirtschaftswachstum zu gefährden, und dass die erforderlichen Technologien und politischen Instrumente bereits vorhanden sind. Die EU wird weiterhin interne Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels ergreifen. Auf diese Weise kann sie in den internationalen Verhandlungen richtungsweisend auftreten.

Der Rat sollte einen Vorschlag der EU und ihrer Mitgliedstaaten beschließen, demzufolge die entwickelten Länder bis zum Jahr 2020 im Rahmen einer internationalen Vereinbarung zur Begrenzung des Klimawandels auf 2°C über dem vorindustriellen Niveau ihre Treibhausgas-Emissionen um 30 % senken. Bis ein internationales Abkommen geschlossen wurde, und unbeschadet ihrer Position in internationalen Verhandlungen, sollte sich die EU jetzt schon unabhängig fest verpflichten, durch ihr Emissionshandelssystem, sonstige Maßnahmen zum Klimawandel und energiepolitische Maßnahmen die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um mindestens 20% im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Dadurch wird der europäischen Industrie signalisiert dass auch nach 2012 eine erhebliche Nachfrage nach Emissionszertifikaten vorhanden sein wird, und es werden Anreize für Investitionen in Emissionssenkungstechnologien und kohlenstoffarme Alternativen geschaffen.

(b) Maßnahmen im Rahmen der sich entwickelnden Energiepolitik der EU

Dem Bericht zur Überprüfung der EU-Energiestrategie entsprechend gewährleisten die folgenden konkreten Maßnahmen ein wettbewerbsfähiges, nachhaltigeres und sichereres Energieversorgungssystem und eine erhebliche Senkung der Treibhausgas-Emissionen in der EU bis zum Jahr 2020:

(c) Stärkung des Emissionshandelssystems der EU

45 % der CO₂-Emissionen werden vom EU-Emissionshandelssystem erfasst. Ab 2013 sollte sich dieser Anteil erhöhen. Bei der Überprüfung des Systems sollten zumindest die folgenden Optionen zur Stärkung seiner Rolle bedacht werden:

(d) Eindämmung der Emissionen aus dem Verkehr

Durch die unaufhörliche Zunahme der verkehrsbedingten Emissionen in der EU werden die Emissionssenkungen in der Abfallwirtschaft, im verarbeitenden Gewerbe und im Energiesektor zu einem großen Teil zunichte gemacht. Zur Eindämmung von Verkehrsemissionen

(e) Reduktion der Treibhausgas-Emissionen in anderen Sektoren

Wohn- und Geschäftsgebäude

Der Energieverbrauch von Gebäuden kann durch die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und die Einführung von gemeinschaftsweit geltenden Leistungsanforderungen zur Förderung von Niedrigenergiegebäuden (die bis 2015 allgemein verbreitet sein sollen) um bis zu 30 % gesenkt werden. Da sich der Klimawandel auf die benachteiligten Kreise der Gesellschaft auswirken wird, sollten die Regierungen spezielle energiepolitische Maßnahmen für Sozialwohnungen ins Auge fassen.

Andere Gase als CO₂

Zur Eindämmung der Emission von anderen Treibhausgasen als CO₂, die 17 % der Emissionen in der EU ausmachen, sollten u.a. folgende Maßnahmen vorgeschlagen:

(f) Forschung und technologische Entwicklung

Im Siebten Rahmenprogramm der Gemeinschaft wurde das Budget für Umwelt-, Energie- und Verkehrsforschung für den Zeitraum 2007-2013 auf 8,4 Mrd. EUR erhöht. Diese Mittel sollten frühzeitig genutzt werden, um saubere Energie- und Verkehrstechnologien für einen möglichst baldigen Einsatz zu entwickeln und außerdem das Wissen über die Klimaänderung und ihre Auswirkungen zu fördern.

Nach 2013 sollte das Forschungsbudget erneut erhöht werden, und auch auf nationaler Ebene sollten entsprechende Anstrengungen erfolgen. Der Strategische Aktionsplan für Energietechnologie und der Aktionsplan für Umwelttechnologie sollten vollständig umgesetzt und öffentlichprivate Partnerschaften weiter gefördert werden.

(g) Kohäsionspolitik

Im Rahmen der im Oktober 2006 angenommenen strategischen Kohäsionsleitlinien der Gemeinschaft werden durch Zuschüsse aus den Strukturfonds und dem Kohäsionsfonds die Nachhaltigkeit im Verkehrs- und Energiebereich sowie Umwelttechnologien und Öko-Innovation gefördert. Diese Maßnahmen sollten in operative Programme eingeschlossen sein.

(h) Sonstige Maßnahmen

Die EU sollte alle erdenklichen Möglichkeiten zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen und zur Gewährleistung der umweltpolitischen und wirtschaftlichen Kohärenz der künftigen Maßnahmen prüfen. Die Hochrangige Gruppe für Wettbewerbsfähigkeit, Energie und Umwelt stellt in ihrem zweiten Bericht fest, dass die Durchführbarkeit aller möglichen politischen Maßnahmen geprüft werden sollte, mit denen die erforderlichen Anreize geschaffen werden könnten, damit die Handelspartner der EU wirksame Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgas-Emissionen ergreifen1.

Außerdem sollte die EU das öffentliche Bewusstsein stärken, indem sie die breite Öffentlichkeit für die Auswirkungen ihres Handelns auf den Klimawandel sensibilisiert und sie zu Anstrengungen bewegt, diese Auswirkungen zu mindern.

6. Internationales Handeln bei der weltweiten Bekämpfung des Klimawandels

Der Klimawandel kann nur durch weltweites Handeln erfolgreich bekämpft werden.

Damit das 2ºC-Ziel erreicht werden kann, müssen jedoch die internationalen Diskussionen über Lippenbekenntnisse hinausgehen und in Verhandlungen über konkrete Verpflichtungen münden. Die EU sollte eine solche Übereinkunft zu ihrer wichtigsten internationalen Priorität erklären und sich in den Jahren, in denen entsprechende Anstrengungen erforderlich sind, so organisieren, dass sie eine einheitliche Position und Politik sowie ein überzeugendes und in sich schlüssiges Konzept entwickelt und damit ihr ganzes Gewicht in die Waagschale wirft. Koordinierung und internationales Handeln setzen andere Arbeitsmethoden voraus.

Die Grundlage für eine solche Übereinkunft ist vorhanden. In Ländern wie den USA und Australien, die das Protokoll von Kyoto nicht ratifiziert haben, steigt das Bewusstsein für die Gefahren des Klimawandels, und es werden regionale Initiativen zur Eindämmung der Treibhausgas-Emissionen ergriffen. Mehr noch als einige Regierungen denkt die Wirtschaft langfristig und entwickelt sich durch ihre Forderung nach einem kohärenten, stabilen und effizienten politischen Rahmen für Investitionsentscheidungen zu einer treibenden Kraft bei der Bekämpfung des Klimawandels. Die meisten Technologien zur Senkung von Treibhausgas-Emissionen sind bereits vorhanden, oder ihre Entwicklung ist soweit ausgereift, dass sie Emissionsverringerungen erzielen können (Schaubild 1). Eine langfristige Vereinbarung zu ihrer Verbreitung und Weiterentwicklung muss jedoch von den größten Emittenten mitgetragen werden.


Quelle: GFS-IPTS, POLES

6.1. Maßnahmen der Industrieländer

Die Industrieländer sind für 75 % der heute in der Atmosphäre befindlichen Treibhausgase verantwortlich (für 51 % wenn die Entwaldung - vor allem in den Entwicklungsländern - mitgerechnet wird). Außerdem haben sie die technologischen und finanziellen Möglichkeiten, um ihre Emissionen zu reduzieren. Deshalb sollten Industrieländer in den nächsten zehn Jahren die größten Anstrengungen unternehmen.

In den Industrieländern, die das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert haben, ist - mehr noch als in der EU - ein erhebliches Potenzial zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen vorhanden. Um das 2°C-Ziel zu erreichen, sollte die EU vorschlagen, dass sich die Industrieländer im Rahmen einer internationalen Vereinbarung für die Zeit nach 2012 verpflichten, ihre Emissionen bis 2020 gegenüber dem Niveau von 1990 um 30 % zu senken. Emissionshandelssysteme tragen wesentlich dazu bei, dass die Industrieländer ihre Ziele auf wirtschaftliche Weise erreichen. Auch in anderen Teilen der Welt werden Systeme wie das EU-Emissionshandelssystem entwickelt.

Nationale Emissionshandelssysteme mit vergleichbar ehrgeizigen Zielen sollten miteinander verknüpft werden, um die mit der Verwirklichung der Ziele verbundenen Kosten zu senken.

Das System für die Zeit nach 2012 muss bindende und wirksame Regeln für die Überwachung und Durchsetzung der Verpflichtungen enthalten, um die Gewähr zu bieten dass diese von allen Ländern eingehalten werden und es nicht wie kürzlich beobachtet zu Rückschritten kommt.

6.2. Maßnahmen der Entwicklungsländer

Für die unmittelbare Zukunft gilt, dass die Industrieländer konkret handeln sollten, um ihre Emissionen zu verringern. Die Entwicklungsländer dagegen werden aufgrund ihres Wirtschaftswachstums und der (absolut und relativ gesehenen) Zunahme der Emissionen bis zum Jahr 2020 über 50 % der weltweiten Emissionen ausstoßen (Schaubild 2). Daher werden weitere Maßnahmen, die allein von den Industrieländern getroffen werden, nicht nur an Wirksamkeit einbüßen, sondern schlicht und einfach nicht ausreichen - und zwar selbst dann nicht, wenn die Industrieländer ihre Emissionen drastisch reduzieren. Deswegen müssen die Entwicklungsländer, insbesondere die wichtigsten Schwellenländer, damit anfangen, die Zunahme ihrer Emissionen so schnell wie möglich zu drosseln und nach 2020 die Emissionen absolut gesehen zu senken. Außerdem sollten große Anstrengungen unternommen werden, um Emission, die durch Entwaldung entstehen, zu stoppen.

Dies ist durchaus möglich, ohne Wirtschaftswachstum und Armutsbekämpfung aufs Spiel zu setzen. Wirtschaftswachstum und die Bekämpfung von Treibhausgas-Emissionen sind ohne weiteres miteinander vereinbar. Laut der Folgenabschätzung dürfte das BIP von Entwicklungsländern "mit Klimapolitik" im Jahre 2020 nur unwesentlich (1 %) unter dem BIP von Ländern "ohne Politik gegen den Klimawandel" liegen. In Wirklichkeit ist der Unterschied sogar noch kleiner und liegt womöglich sogar im negativen Bereich, weil die Vermeidung von Umweltschäden aufgrund des Klimawandels unberücksichtigt bleibt. In China und Indien wird sich das BIP im selben Zeitraum voraussichtlich verdoppeln, in Brasilien wird es um etwa 50 % zunehmen. Wir werden mit dem Bemühen Entwicklungsländer zum Handeln zu bewegen viel überzeugender sein, wenn alle Industrieländer mit hohen Emissionen diese ganz erheblich reduzieren.


Quelle: GFS-IPTS, POLES

Viele Entwicklungsländer unternehmen jetzt schon Anstrengungen durch Wirtschafts-, Sicherheits- und lokale Umweltpolitiken, die dazu führen, dass ihre Emissionen weniger stark ansteigen. Die Entwicklungsländer haben zahlreiche Optionen, bei denen die Vorteile die Kosten überwiegen.

Solche Maßnahmen können durch die Weitergabe bewährter Praktiken bei der Konzeption und Planung von Maßnahmen und durch technologische Zusammenarbeit gestärkt werden, was den Entwicklungsländern ermöglicht, bei den weltweiten Bemühungen um eine Senkung der Emissionen eine größere Rolle zu spielen. Die EU wird ihre Bemühungen um eine diesbezügliche Zusammenarbeit weiter verstärken.

Es gibt verschiedene Optionen, um Entwicklungsländer in das weitere weiteren Handeln einzubeziehen.

(a) Neues Konzept für den Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung

Der Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung des Kyoto-Protokolls sollte gestrafft und erweitert werden. Mit diesem Mechanismus werden zurzeit Gutschriften für Investitionen in Projekte zur Senkung der Emissionen in Entwicklungsländern ausgestellt die es den Industrieländern gestatten, die ihnen gesteckten Ziele zu erreichen. Dabei kommt es zu einem umfangreichen Kapital- und Technologietransfer.

Der Mechanismus könnte auf komplette nationale Sektoren ausgedehnt werden wobei dann Emissionsgutschriften ausgestellt würden, wenn der gesamte nationale Sektor sein vorher festgelegtes Emissionsreduktionsziel übererfüllt. Ein erweiterter Mechanismus kann allerdings nur funktionieren, wenn die Nachfrage nach Gutschriften steigt, was nur dann der Fall sein wird, wenn sich alle Industrieländer zu einer erheblichen Senkung der Emissionen verpflichten.

(b) Verbesserter Zugang zu Finanzmitteln

Zur Stützung des Wirtschaftswachstums in den Entwicklungsländern müssen jährlich schätzungsweise über 130 Mrd. EUR in neue Formen der Stromgewinnung investiert werden. Der größte Teil dieser Ressourcen wird von den wichtigsten Entwicklungsländern selbst erzeugt werden. Die neuen Anlagen werden mehrere Jahrzehnte lang arbeiten und sich noch nach 2050 auf die Treibhausgas-Emissionen auswirken. Da sie dem neuesten Stand der Technik entsprechen sollten, bieten sie eine einzigartige Gelegenheit, die Emissionen in Entwicklungsländern zu senken.

Um die CO₂-Emissionen aus der Stromerzeugung erheblich zu senken, sind jährlich weitere Investitionen in der Größenordnung von etwa 25 Mrd. EUR erforderlich.

Diese Lücke kann weder durch den Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung geschlossen werden (auch nicht, wenn dieser erweitert wird), noch durch Entwicklungshilfe. Vielmehr ist eine Kombination aus dem Mechanismus, Entwicklungshilfe, neuartigen Finanzierungsmechanismen (wie dem EU-Fonds für globale Energieeffizienz und erneuerbare Energie), zweckgebundenen Darlehen internationaler Finanzinstitute und den Bemühungen derjenigen Entwicklungsländer erforderlich die über die entsprechenden Möglichkeiten verfügen. Je früher diese Lücke geschlossen werden kann, desto geringer werden die Emissionen der Entwicklungsländer zunehmen.

(c) Sektorbezogene Konzepte

Eine andere Option ist die Einführung eines sektorweiten Emissionshandels auf Unternehmensebene in Sektoren, in denen die Kapazität vorhanden ist, Emissionen zu überwachen und insbesondere in energieintensiven Sektoren (Stromerzeugung, Aluminium, Eisen, Stahl, Zement, Raffinerien sowie Zellstoff und Papier), die in den meisten Fällen dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind, die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten. Solche Systeme könnten weltweit oder auf nationaler Ebene eingeführt werden. Bei einem nationalen Vorgehen sollten die Systeme in Entwicklungsländern mit Systemen in Industrieländern verknüpft und in den Entwicklungsländern die Ziele für jeden betroffenen Sektor schrittweise angehoben werden bis sie mit den Zielen für die Industrieländer vergleichbar sind. Dadurch würde auch verhindert, dass Anlagen mit hohen Emissionen von Ländern, in denen eine Emissionsreduktionspflicht gilt, in Länder verlagert werden, in denen dies nicht der Fall ist.

(d) Quantifizierte Emissionsgrenzen

Länder, die einen mit den Industrieländern vergleichbaren Entwicklungsstand erreichen sollten sich im Einklang mit diesem Entwicklungsstand, ihren Pro-Kopf-Emissionen, ihrem Emissionssenkungspotenzial sowie ihrer technischen und finanziellen Möglichkeiten zur weiteren Emissionsbegrenzung und -reduktion verpflichten.

(e) Keine Verpflichtungen für die am wenigsten entwickelten Länder

Die am wenigsten entwickelten Länder werden unverhältnismäßig stark unter den Auswirkungen des Klimawandels zu leiden haben. Da ihre Treibhausgas-Emissionen niedrig sind, sollten sie nicht zu Emissionssenkungen verpflichtet werden. Die EU wird ihre Zusammenarbeit mit den am wenigsten entwickelten Ländern verbessern, um ihnen zu helfen mit dem Klimawandel fertig zu werden, unter anderem durch Maßnahmen, die die Lebensmittelversorgung, die Kapazität den Klimawandel zu überwachen das Katastrophenrisikomanagement, die Einstellung und die Reaktion auf Katastrophen, zu stärken. Während für die durch den Klimawandel hervorgerufenen Probleme Entwicklungshilfe erforderlich sein wird, benötigen die am stärksten betroffenen Länder eine zusätzliche Unterstützung, um sich an den Klimawandel anzupassen. Des Weiteren sollten die EU und Drittländer diesen Ländern dabei behilflich sein, verstärkt den Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung in Anspruch zu nehmen.

6.3. Weitere Faktoren

In einem künftigen internationalen Übereinkommen sollten auch folgende Punkte behandelt werden:


1 Die Mitteilung der Kommission "Eine Energiepolitik für Europa" die gleichzeitig mit dieser Kommunikation verabschiedet wird, bezieht sich auch auf handelspolitische Maßnahmen die dazu beitragen.