Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes über die Eidesleistung bei Einbürgerungen

A. Zielsetzung

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes über die Eidesleistung bei Einbürgerungen

Der Bundesrat hat in seiner 808. Sitzung am 18. Februar 2005 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.

Anlage

Entwurf eines Gesetzes über die Eidesleistung bei Einbürgerungen

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes

Das Staatsangehörigkeitsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 102-1, veröffentlichen bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

1. Dem § 10 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt: " § 15 Abs. 1 bleibt unberührt."

2. Nach § 14 wird folgender § 15 eingefügt: " § 15

(1) Der Ausländer, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, hat vor der Aushändigung der Urkunde über die Einbürgerung (§ 16 Abs. 1) folgenden Eid zu leisten:

Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden. Macht der Ausländer geltend, dass er sich aus Glaubensgründen an der Leistung eines Eides gehindert sieht, so hat er folgendes Gelöbnis abzulegen:

Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für Kinder, auf die sich die Einbürgerung nach § 16 Abs. 2 erstreckt.

(2) Hat der Ausländer seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so ist der Eid oder das Gelöbnis mündlich vor der nach § 16 Abs. 1 zuständigen Behörde zu leisten oder abzulegen. Die Landesregierung wird ermächtigt, die zuständige Behörde abweichend von Satz 1 zu bestimmen. Hat der Ausländer seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so ist der Eid oder das Gelöbnis mündlich vor der deutschen Auslandsvertretung zu leisten oder abzulegen, die vom Bundesverwaltungsamt um die Entgegennahme ersucht wird.

(3) Kann dem Ausländer nicht zugemutet werden, die für die Entgegennahme des Eides oder Gelöbnisses zuständige Behörde aufzusuchen, so ist der Eid oder das Gelöbnis schriftlich der Einbürgerungsbehörde zu übermitteln. Wird der Eid oder das Gelöbnis mündlich geleistet oder abgelegt, so ist hierüber eine Niederschrift aufzunehmen."

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ... in Kraft. Abweichend hiervon tritt Artikel 1 Nr. 2 hinsichtlich des § 15 Abs. 2 Satz 2 des Staatsangehörigkeitsgesetzes am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Nach § 16 Abs. 1 StAG wird die Einbürgerung durch Aushändigung der hierüber ausgefertigten Urkunde vollzogen. In welchem Rahmen dies geschieht, ist den Einbürgerungsbehörden überlassen. Die überwiegend praktizierte schlichte Übergabe der Urkunde in den Amtsräumen der Behörde wird der Bedeutung der Einbürgerung als Akt der Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit nicht gerecht und wird als unbefriedigend empfunden. Sie stößt vielfach auch bei den einzubürgernden Personen auf Unverständnis. Manche Einbürgerungsbehörden sind deshalb schon von sich aus dazu übergegangen, die Einbürgerungsurkunde im Rahmen einer Feier auszuhändigen. Die staatsangehörigkeitsrechtliche Integration, die mit der Einbürgerung vollzogen wird, erfordert jedoch darüber hinaus ein deutliches Bekenntnis des Einbürgerungswilligen zur Werteordnung der Bundesrepublik Deutschland, das künftig mit einer Eidesleistung manifestiert werden soll.

Mit der vorgeschlagenen Regelung soll die Einbürgerung von einer bürokratischen Amtshandlung zu einem feierlichen und daher auch emotional anrührenden Akt gewandelt werden, in dem die Bedeutung der Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit bewusst gemacht wird und der Ausländer durch einen Eid oder ein Gelöbnis die Achtung der verfassungsmäßigen Ordnung und der Gesetze der Bundesrepublik Deutschland verspricht. Die feierliche Bekräftigung soll dazu beitragen, die Bindung an die staatliche Gemeinschaft zu festigen. Durch die Eidnahme verpflichtet sich auf der anderen Seite auch der Staat zur Treue gegenüber dem Eidleistenden und zeigt damit, dass der Eingebürgerte in Deutschland willkommen ist.

Der Eid ist die feierliche Beteuerung entweder der Wahrheit von Aussagen und Auskünften (assertorischer Eid) oder zur Bekräftigung eines Versprechens (promissorischer Eid). Die deutsche Rechtsordnung kennt den assertorischen Eid vor allem als Zeugen-Eid und als Sachverständigen-Eid. Er bezieht sich auf Vorgänge in der Vergangenheit und dient der Erzeugung von Wahrheit; seine Verletzung ist daher in der schärfsten Form als Meineid strafbar. Dagegen wird der promissorische Eid "im öffentlichen Leben eines Staates eingesetzt in der Erwartung, dadurch eine zusätzliche existentielle Sicherung der Erfüllung von Pflichten zu erlangen, die für die politische Gemeinschaft wichtig sind" (Friesenhahn in: Herder-Staatslexikon, 7. Aufl. 1986, Stichwort "Eid"). Der provisorische Eid erstreckt sich als Gelöbnis auf die Zukunft, sein Bruch bleibt daher ohne Sanktion. Dabei wird unter Eid im weiteren Sinne jede Form eines feierlichen Versprechens verstanden, sei es der religiöse Eid, der nichtreligiöse (weltliche) Eid, das feierliche Gelöbnis oder eine andere Form der Bekräftigung. Der von einzubürgernden Ausländern geleistete Loyalitätseid, wie er etwa in den USA und Österreich gefordert wird, soll den durch die Verfassung oder Gesetz fixierten Status des Eidleistenden feierlich bekräftigen; er ist ein promissorischer Eid.

Aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 4 WRV ("Niemand darf ... zu einer religiösen Eidesform gezwungen werden.") folgt, dass neben dem Eid mit religiöser Beteuerung ("So wahr mir Gott helfe.") immer auch ein Eid ohne religiöse Beteuerung angeboten werden muss (vgl. etwa Art. 56 GG für den Amtseid des Bundespräsidenten). Gemeinsam ist beiden Formen der Schwur ("Ich schwöre ..."). Auch wenn nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 33, 23) der ohne Anrufung Gottes geleistete Eid nach der Vorstellung des Verfassungsgebers keinen religiösen oder in anderer Weise transzendenten Bezug hat, schützt Art. 4 Abs. 1 GG auch eine Glaubensüberzeugung, die auch den ohne Anrufung Gottes geleisteten Eid aus religiösen Gründen ablehnt. Aus diesem Grunde sehen z.B. die §§ 64, 65 StPO neben dem Zeugen-Eid in religiöser und weltlicher Form auch die eidesgleiche "Bekräftigung" einer Zeugenaussage vor, wenn der Zeuge angibt, aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten zu wollen. Auf Grund dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben sieht der Entwurf vor, dass der Einbürgerungseid in religiöser Form oder als weltlicher Eid ohne religiöse Beteuerung geleistet werden kann. Für diejenigen, die aus Glaubensgründen jeden Eidesschwur ablehnen, wird als neutrale Form der Bekräftigung das Gelöbnis vorgehalten.

In Anlehnung an § 21 des österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetzes, das von einzubürgernden Ausländern einheitlich die Ablegung eines Gelöbnisses fordert, beschränkt sich die Eidesformel darauf, die Achtung der Rechtsordnung und das Unterlassen staatsschädigender Handlungen zu schwören oder zu geloben. Sie enthält nicht, wie der US-amerikanische oath of loyalty, den Verzicht auf jede Treupflicht und Loyalität gegenüber jedem anderen Staat. Ein solcher Verzicht kann nach deutschem Staatsangehörigkeitsrecht, das in vielen Fällen die Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit gestattet, nicht verlangt werden, es sei denn, man würde den Eid oder das Gelöbnis auf die Personen beschränken, die ihre bisherige Staatsangehörigkeit aufgegeben haben oder mit der Einbürgerung verlieren. Eine solche Beschränkung würde den Wert des Eides oder Gelöbnisses stark relativieren und ist daher nicht ins Auge gefasst worden.

Regelungstechnisch bietet sich an, die Bestimmung über die Eidesleistung als § 15 StAG (neu) in das Staatsangehörigkeitsgesetz einzustellen, nachdem § 15 StAG (alt) durch Art. 5 Nr. 11 des Zuwanderungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Januar 2005 aufgehoben worden ist. Der Standort ist systematisch geeignet, weil § 16 StAG das Wirksamwerden der Einbürgerung durch Aushändigung der Einbürgerungsurkunde regelt. Die Leistung des Eides oder die Ablegung des Gelöbnisses vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde soll als Verpflichtung ausgestaltet werden, sodass bei Weigerung die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit unterbleibt. Eides- oder gelöbnispflichtig sollen alle einzubürgernden Ausländer sein, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Die Eidesleistung ist Teil des Einbürgerungsverfahrens, sodass für die Entgegennahme die grundsätzliche Zuständigkeit der Einbürgerungsbehörde vorzusehen ist. Ein Regelungsvorbehalt ermächtigt die Landesregierung, hierfür eine andere Behörde zu bestimmen. Dabei ist vor allem an die Wohnsitzgemeinden der Einzubürgernden gedacht, denen damit die Möglichkeit gegeben würde, die Einbürgerung einschließlich der Eidesabnahme in einem feierlichen Rahmen zu vollziehen. Für die Auslandseinbürgerung sieht der Entwurf die Zuständigkeit der deutschen Auslandsvertretung vor, die von dem Bundesverwaltungsamt als der zuständigen Einbürgerungsbehörde um die Entgegennahme ersucht wird. Die Bedeutung des Eides oder Gelöbnisses erfordert grundsätzlich eine mündliche Äußerung, über die eine Niederschrift zu fertigen ist.

Der Eid oder das Gelöbnis kann als in die Zukunft gerichtetes Versprechen nicht mit Sanktionen für den Fall versehen werden, dass der Eingebürgerte später z.B. verfassungsfeindlicher Bestrebungen überführt wird. Sanktionen für den Bruch des Eides oder einer sonstigen Bekräftigung kennt die deutsche Rechtsordnung nur bei assertorischen, nicht aber bei promissorischen Eiden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gelten jedoch für Einbürgerungen die allgemeinen Bestimmungen des § 48 VwVfG über die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte. Da sich der Einbürgerungsbewerber vor der Einbürgerung zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen und erklären muss, dass er keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfolgt (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 StAG), kann die Einbürgerung zurückgenommen werden, wenn sich erweist, dass der Eingebürgerte die Einbürgerung durch falsche Angaben erwirkt hat.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1
Nr. 1 (§ 10 StAG)

Die Leistung des Einbürgerungseides vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde gemäß § 15 StAG-E ist als Verpflichtung ausgestaltet. Sie ist damit zwingende Einbürgerungsvoraussetzung. In § 10 Abs. 1 StAG, der die Anspruchseinbürgerung regelt, sind die von dem Einbürgerungsbewerber zu erfüllenden Voraussetzungen abschließend aufgezählt. Durch den neuen Satz 4 (" § 15 Abs. 1 bleibt unberührt.") wird klargestellt, dass neben den Erfordernissen des Satzes 1 Nr. . 1 bis 5 auch die Eidesleistung zu den Anspruchsvoraussetzungen zählt.

Zu Artikel 1 Nr. 2 (§ 15 StAG-E)

Absatz 1 begründet die Verpflichtung zur Leistung eines Eides oder Gelöbnisses vor Aushändigung der Einbürgerungsurkunde mit der Folge, dass bei Weigerung die Einbürgerung unterbleibt und letztlich durch förmlichen Bescheid abzulehnen ist.

In Übereinstimmung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 StAG, der die Loyalitätserklärung nach Satz 1 Nr. 1 erst von Einbürgerungsbewerbern ab Vollendung des 16. Lebensjahres fordert, soll die Eidespflicht auch erst ab diesem Alter einsetzten. Dass Geschäftsunfähige über 16 Jahre und volljährige Betreute bei einem auf die Einbürgerung bezogenen Einwilligungsvorbehalt nicht verpflichtet sind, folgt aus § 37 Abs. 1 StAG in Verbindung mit § 80 Abs. 1 AufenthG. Satz 4 bezieht auch die Kinder zwischen 16 und 18 Jahren, auf die sich die Einbürgerung der oder des Sorgeberechtigten gemäß § 16 Abs. 2 StAG erstreckt, in die Eidespflicht ein. Diese Kinder erhalten keine eigene Einbürgerungsurkunde, sondern werden nur in der Urkunde der einzubürgernden Eltern oder des allein sorgeberechtigten Elternteils aufgeführt.

Die Eidesformel besteht in dem Versprechen, als deutscher Staatsangehöriger oder deutsche Staatsangehörige die verfassungsmäßige Ordnung (das Grundgesetz) und die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland zu achten und staatsschädigende Handlungen zu unterlassen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen (vgl. Begründung Allgemeiner Teil) kann der Eid wahlweise mit oder ohne Gottesbezug geleistet werden. Wer aus Glaubensgründen jeden Eidesschwur ablehnt, gibt das Versprechen in der Form eines Gelöbnisses. Hierfür genügt, dass der Einbürgerungswillige entsprechende Gründe geltend macht. Bei den einzubürgernden Ausländern handelt es sich um einen sehr heterogenen Personenkreis aus unterschiedlichen Kulturen mit vielfach andersartiger religiöser Prägung, sodass es weder angebracht noch praktikabel ist, die Gründe für die Ablehnung des Eidesschwurs zu hinterfragen.

Absatz 1 regelt die Zuständigkeit für die Entgegennahme des Eides oder Gelöbnisses. Die Eidesleistung ist Teil des Einbürgerungsverfahrens, sodass bei Inlandseinbürgerungen die grundsätzliche Zuständigkeit der Einbürgerungsbehörde zu bestimmen ist (Satz 1). Dies kann insbesondere in Ländern, in denen die staatliche Mittelinstanz für Einbürgerungen zuständig ist, angesichts der großen Zahl der Einzubürgernden zu Unzuträglichkeiten führen. Satz 2 sieht daher die Ermächtigung der Landesregierung vor, für die Entgegennahme des Eides oder Gelöbnisses eine andere zuständige Behörde zu bestimmen, sodass der Einbürgerungsakt (Eidesleistung und anschließende Aushändigung der Einbürgerungsurkunde) ortsnah und bürgerfreundlich ausgestaltet werden kann. Für Auslandseinbürgerungen schlägt Satz 3 vor, dass das hierfür zuständige Bundesverwaltungsamt die geeignete deutsche Auslandsvertretung um die Eidabnahme ersucht. Absatz 3 enthält in Satz 1 eine Härteklausel. Kann dem Einbürgerungswilligen z.B. wegen Krankheit oder in Auslandsfällen wegen großer Entfernung des Wohnortes nicht zugemutet werden, die für die Entgegennahme des Eides oder Gelöbnisses zuständige Behörde aufzusuchen, genügt es, wenn das Versprechen in schriftlicher Form gegeben wird. Satz 2 bestimmt, dass bei mündlicher Eidesleistung hierüber eine Niederschrift aufgenommen wird. Sie dient dem Nachweis, dass die Einbürgerungsvoraussetzung des § 15 Abs. 1 StAG-E erfüllt wurde.

Zu Artikel 2

Artikel 2 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Zwischen Verkündung und In-Kraft-Treten muss ein angemessener Zeitraum liegen, damit in den Ländern die notwendigen Vorbereitungen getroffen werden können. Dies gilt insbesondere für die eventuelle Bestimmung einer anderen zuständigen Behörde nach § 15 Abs. 2 Satz 2 StAG-E. Deshalb sieht Satz 2 vor, dass diese Vorschrift bereits am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft tritt.