Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI des Rates vom 6. Oktober 2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen
(Umsetzungsgesetz Rahmenbeschluss Einziehung)

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI des Rates vom 6. Oktober 2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen (Umsetzungsgesetz Rahmenbeschluss Einziehung)

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 23. Januar 2009
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.
Fristablauf: 06.01.09
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI des Rates vom 6. Oktober 2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen (Umsetzungsgesetz Rahmenbeschluss Einziehung)

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen

Das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 1994 (BGBl. I S. 1537), das zuletzt durch ... geändert worden ist wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung der Justizverwaltungskostenordnung

Die Justizverwaltungskostenordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 363-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Inkrafttreten

Das Gesetz tritt am ... [einzusetzen: Datum des 14. Kalendertages nach der Verkündung] in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Anlässlich des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI des Rates der Europäischen Union über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen (ABl. L 328 vom 24.11.2006, S. 59, im Folgenden als "Rb Einziehung" bezeichnet) sollen neben den Vorschriften zur Umsetzung dieses Rechtsinstruments auch Regelungen im Vierten Teil des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG), die auch den Vollstreckungshilfeverkehr mit Nicht-EU-Staaten betreffen, geändert werden. Insbesondere soll die Umsetzung des Rahmenbeschlusses zum Anlass genommen werden, eine Aufteilung abgeschöpfter Vermögenswerte mit anderen Staaten zu ermöglichen. Zudem sollen die Voraussetzungen, unter denen Verletzte einer Straftat eine Entschädigung für Vermögensschäden erhalten, erleichtert werden. Zur Vorbereitung der Ratifizierung des Zweiten Zusatzprotokolls zum Europäischen Rechtshilfeübereinkommen soll die bislang lediglich im Rechtshilfeverkehr mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union bestehende Ermächtigung zur Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe auch auf den Rechtshilfeverkehr mit anderen Staaten, mit denen eine entsprechende völkerrechtliche Vereinbarung besteht, erstreckt werden.

I. Entstehungsgeschichte des umzusetzenden Rahmenbeschlusses

Nach einer ersten allgemeinen Ausrichtung im April 2004 hat der Rat am 6. Oktober 2006 den Rb Einziehung förmlich angenommen. Es handelt sich um das vierte Rechtsinstrument, das auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung strafrechtlicher Entscheidungen beruht.

Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung geht auf die Sondertagung des Europäischen Rates vom 15. bis 16. Oktober 1999 im finnischen Tampere zurück. Dort wurde dieses Prinzip als Eckstein der zukünftigen justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen bezeichnet. Der Grundsatz wurde im Maßnahmenprogramm des Rates zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen weiterentwickelt (ABl. C vom 15.1.2001, S. 10).

Das erste auf diesem Grundsatz fußende Rechtsinstrument war der Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 13. Juni 2002 (ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1, im Folgenden:

Rb EuHb), der durch das vom Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 18. Juli 2005 für nichtig erklärte Europäische Haftbefehlsgesetz (EuHbG) vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1748) in das deutsche Recht umgesetzt worden war. Die erneute Umsetzung des genannten Rahmenbeschlusses erfolgte durch das EuHbG vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1721).

Als zweites auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung beruhendes Rechtsinstrument wurde am 22. Juni 2003 der Rahmenbeschluss 2003/577/JI des Rates über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln in der Europäischen Union (ABl. L 196 vom 2.8.2003, S. 45, im Folgenden: Rb Sicherstellung) beschlossen (umgesetzt durch das Gesetz vom 6. Juni 2008, BGBl. I S. 995). Darauf folgte am 24. Februar 2005 der Rahmenbeschluss des Rates 2005/214/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen (vgl. ABl. L 76 vom 22.3.2005, S. 16, im Folgenden: Rb Geldstrafen).

Systematisch und rechtstechnisch orientiert sich der Rb Einziehung an den vorangegangenen Rechtsinstrumenten zur Umsetzung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung.

II. Vermögensabschöpfung im deutschen Recht

Die Vermögensabschöpfung ist nach deutschem Recht durch eine Anordnung des Verfalls oder eine Anordnung der Einziehung möglich.

1. Verfall

Der Verfall ist nach § 73 Absatz 1 Satz 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) gegen den Täter oder Teilnehmer einer rechtswidrigen Tat anzuordnen, wenn der Beteiligte für die Tat oder aus ihr etwas erlangt hat. Abzuschöpfen sind insbesondere die Belohnung und die Tatbeute.

Die Anordnung des Verfalls erfasst auch gezogene Nutzungen (§ 73 Absatz 2 Satz 1 StGB) und kann sich auf Surrogate für das eigentliche Verfallsobjekt erstrecken (§ 73 Absatz 2 Satz 2 StGB).

Der Verfall wird nach § 73 Absatz 1 Satz 2 StGB nicht angeordnet, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. Im Vollstreckungshilfeverkehr ist diese Frage unbeachtlich (§ 49 Absatz 1 Nummer 3 IRG).

Die Anordnung des Verfalls unterbleibt, wenn sie für den Betroffenen eine unbillige Härte bedeuten würde (§ 73 Absatz 1 Satz 1 StGB). Sie kann unterbleiben, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist oder wenn das Erlangte nur einen geringen Wert hat (§ 73c Absatz 1 Satz 2 StGB).

Mit rechtskräftiger Anordnung des Verfalls geht das Eigentum an dem Gegenstand oder das verfallene Recht auf den Staat über;

Rechte Dritter bleiben bestehen ( § 73e Absatz 1 StGB).

Vor Eintritt der Rechtskraft wirkt die Anordnung als Veräußerungsverbot im Sinne von § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ( § 73e Absatz 2 StGB).

Ist der Verfall eines bestimmten Gegenstandes nicht möglich, hat das Gericht nach § 73a StGB den Verfall eines Geldbetrages anzuordnen, der dem Wert des zunächst Erlangten entspricht.

Bei bestimmten Taten, die dem Bereich der organisierten Kriminalität zuzuordnen sind, beschränkt sich die Vermögensabschöpfung nicht nur auf Vorteile, die für die oder aus der Tat erlangt wurden. § 73d StGB sieht bei rechtswidrigen Taten, die nach einem Gesetz begangen wurden, das auf diese Vorschrift verweist, einen erweiterten Verfall vor. In diesen Fällen ordnet das Gericht den Verfall von Gegenständen auch an, wenn die Umstände die Annahme rechtfertigen, dass die Gegenstände für andere rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt sind. Nach § 73d Absatz 1 Satz 3 StGB findet die Vorschrift des § 73 Absatz 2 StGB auf den erweiterten Verfall entsprechende Anwendung. Der erweiterte Verfall erfasst damit auch gezogene Nutzungen und kann sich auf Surrogate erstrecken.

§ 73 Absatz 1 Satz 2 StGB findet nach § 73d Absatz 1 Satz 3 StGB auf die Anordnung des erweiterten Verfalls entsprechende Anwendung, so dass auch der erweiterte Verfall nicht angeordnet werden darf, wenn dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. Nach § 73d Absatz 4 StGB findet auch auf den erweiterten Verfall die Härtevorschrift des § 73c StGB Anwendung.

Kann gegen einen Betroffenen kein Strafverfahren durchgeführt werden, ist unter den Voraussetzungen des § 76a StGB die Anordnung des Verfalls auch in einem selbständigen Verfahren gemäß den §§ 440 bis § 442 der Strafprozessordnung (StPO) möglich.

2. Einziehung

Neben den für die oder aus der Tat erlangten Gegenständen, die dem Verfall unterliegen, können auch Gegenstände, die durch die Tat hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, abgeschöpft werden.

Diese Gegenstände unterliegen der Einziehung nach den §§ 74 bis 74f StGB.

Die Anordnung der Einziehung nach § 74 Absatz 1 StGB ist fakultativ. Bei einer entsprechenden Einziehungsanordnung ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl. § 74b StGB). Wurde die Einziehung durch Veräußerung, Verbrauch oder auf anderem Weg vereitelt, kann das Gericht als Surrogat die Einziehung eines Geldbetrages anordnen (§ 74c StGB).

Die Einziehung ist regelmäßig nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören (§ 74 Absatz 2 Nummer 1 StGB). Gegenstände, die einem Dritten gehören, können jedoch eingezogen werden, wenn sie nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden (§ 74 Absatz 2 StGB) oder wenn der Eigentümer wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen ist, bzw. wenn er die Gegenstände in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise erworben hat (§ 74a StGB). Wie der Verfall kann auch die Einziehung gemäß § 76a StGB selbständig angeordnet werden.

Mit Rechtskraft der Einziehung geht das Eigentum an dem Gegenstand auf den Staat über Rechte Dritter bleiben regelmäßig bestehen ( § 74e StGB). Vor Eintritt der Rechtskraft wirkt die Anordnung der Einziehung als Veräußerungsverbot im Sinne von § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (vgl. § 74e Absatz 3 StGB in Verbindung mit § 73e Absatz 2 StGB). Werden durch die Einziehungsentscheidung Rechte Dritter beeinträchtigt, sieht § 74f Absatz 1 StGB (mit Ausnahmen) eine Entschädigung durch die Staatskasse vor.

Hierüber entscheidet in den Fällen des § 436 Absatz 3 StPO der Strafrichter.

III. Rechtshilfe bei der Vermögensabschöpfung

Erstmals mit Artikel 5 Absatz 4 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen (BGBl. 1993 II S. 1137) übernahm die Bundesrepublik Deutschland die Verpflichtung, eine ausländische Anordnung des Verfalls oder der Einziehung zu vollstrecken oder eine entsprechende Anordnung nach nationalem Recht zu erwirken, sachlich begrenzt auf das Gebiet des Betäubungsmittelstrafrechts. In Umsetzung dieser völkerrechtlichen Verpflichtung wurde der Vierte Teil des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen um die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen über den Verfall und die Einziehung erweitert (Ausführungsgesetz Suchtstoffübereinkommen 1988 vom 2. August 1993, BGBl. I S. 1407). Bis dahin war die Abschöpfung von Vermögen nur möglich, wenn ein objektives Einziehungsverfahren gemäß § 76a StGB in Verbindung mit § 440 StPO durchgeführt wurde, was insbesondere wegen des Erfordernisses einer Beweiserhebung - regelmäßig verbunden mit ausgehenden Rechtshilfeersuchen - einen unverhältnismäßigen Aufwand darstellte (vgl. BT-Drs. 012/3533 S. 19).

Weitere Vereinbarungen über die Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen wurden in Artikel 13 des Übereinkommens des Europarates vom 8. November 1990 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten getroffen (BGBl. 1998 II S. 519, für Deutschland in Kraft seit 1. Januar 1999, BGBl. 1999 II S. 200).

Zur Vorbereitung der Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen anderer EU-1itgliedstaaten besteht nach dem Rb Sicherstellung die Verpflichtung, vollstreckbare Vermögenswerte einstweilen bis zur gerichtlichen Entscheidung des ersuchenden Mitgliedstaates sicherzustellen. Diese Verpflichtung wurde durch Gesetz vom 6. Juni 2008 (BGBl. I S. 995) in § 58 Absatz 3 und in den §§ 89, 94 ff. IRG in nationales Recht umgesetzt.

1. Materielle Voraussetzungen

Seit Inkrafttreten des Ausführungsgesetzes Suchtstoffübereinkommen 1988 sieht § 48 Satz 2 IRG vor, dass eine ausländische Entscheidung durch eine sogenannte Exequaturentscheidung auch im Hinblick auf einen angeordneten Verfall oder eine angeordnete Einziehung für vollstreckbar erklärt werden kann. Die materiellen Voraussetzungen einer Exequaturentscheidung sind nach geltendem Recht folgende:

2. Verfahren

Das Verfahren regeln Gesetz und Verwaltungsvorschriften wie folgt:

IV. Harmonisierung des materiellen Rechts in der Europäischen Union

Im Zusammenhang mit dem Rb Einziehung hat der Rat bereits mit dem Rahmenbeschluss (RB) 2005/212/JI vom 24. Februar 2005 über die Einziehung von Erträgen, Tatwerkzeugen und Vermögensgegenständen aus Straftaten (ABl. L 68 vom 15.3.2005, S. 49) das materielle Recht der EU-Mitgliedstaaten harmonisiert. Ziel jenes Rahmenbeschlusses ist es, sicherzustellen, dass alle Mitgliedstaaten über wirksame Vorschriften für die Einziehung von Erträgen aus Straftaten verfügen, unter anderem über die Beweislast für die Herkunft der Vermögenswerte einer Person, die wegen einer Straftat im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität verurteilt wurde (vgl. Erwägungsgrund Nummer 8 zum Rb Einziehung).

Artikel 2 RB 2005/212/JI verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Tatwerkzeuge und Erträge aus Straftaten oder Vermögensgegenstände, deren Wert diesen Erträgen entspricht ganz oder teilweise eingezogen werden können, soweit es sich um eine Straftat handelt, die mit einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bedroht ist. Das deutsche Recht entspricht in den §§ 73, 73a und 74 StGB diesen Vorgaben.

Artikel 3 RB 2005/212/JI regelt die Anforderungen, nach denen erweiterte Einziehungsmöglichkeiten vorgesehen werden müssen. Bei bestimmten Delikten wie beispielsweise - jeweils bandenmäßig begangen - Geldfälschung, Geldwäsche, Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung von Kindern und Verbreitung von Kinderpornographie, Bildung einer kriminellen Vereinigung, Diebstahl, Erpressung oder Urkundenfälschung muss eine erweiterte Einziehung möglich sein. In diesen Fällen soll ein Gericht Vermögensgegenstände einziehen können wenn es entweder auf Grund konkreter Tatsachen zu der Überzeugung gelangt ist dass die Vermögensgegenstände aus Straftaten bzw. aus ähnlichen Straftaten des Verurteilten stammten oder wenn erwiesen ist, dass der Wert der Vermögensgegenstände in einem Missverhältnis zum rechtmäßigen Einkommen des Verurteilten steht und das Gericht auf Grund konkreter Tatsachen zu der vollen Überzeugung gelangt, dass die Vermögensgegenstände aus Straftaten des Verurteilten stammen.

Diesen Vorgaben wird das deutsche Recht durch die Regelung des erweiterten Verfalls in § 73d StGB gerecht. Die Anordnung des erweiterten Verfalls nach § 73d Absatz 1 Satz 1 StGB ist zulässig, wenn eine Strafnorm auf § 73d StGB verweist. Das ist bei allen in Artikel 3 RB 2005/212/JI genannten Delikten der Fall. Als Voraussetzungen für die Anordnung des erweiterten Verfalls normiert § 73d Absatz 1 Satz 1 StGB, dass Umstände die Annahme rechtfertigen, der betreffende Gegenstand sei für oder aus einer rechtswidrigen Tat erlangt worden. Soweit der Täter wegen einer auf § 73d StGB verweisenden Strafnorm verurteilt wird, unterfallen damit alle Gegenstände dem erweiterten Verfall, die für oder aus einer anderen rechtswidrigen Tat erlangt wurden. Irrelevant ist dabei, ob der Straftatbestand der anderen rechtswidrigen Tat ebenfalls auf § 73d StGB verweist und ob diese Straftat derjenigen ähnlich ist, deretwegen der Täter verurteilt wird.

Ferner schreibt Artikel 4 RB 2005/212/JI vor, dass die Mitgliedstaaten wirksame Rechtsmittel gegen die Anordnung der im Rahmenbeschluss geregelten Vermögensabschöpfungsmaßnahmen für alle Beteiligten vorsehen. Nach deutschem Recht kann der Angeklagte gegen das Urteil, mit dem neben der Strafe auch ein Verfall oder eine Einziehung angeordnet wurde, das Rechtsmittel der Berufung ( § 312 StPO) oder der Revision (§ 333 StPO) einlegen. Soweit nach § 441 Absatz 1 StPO ein selbständiges Einziehungsverfahren durchgeführt wird, ist der Beschluss des Gerichts nach § 441 Absatz 2 StPO mit der sofortigen Beschwerde nach § 311 StPO anfechtbar.

V. Inhalt des umzusetzenden Rahmenbeschlusses

Der Rb Einziehung bezweckt die Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Vollstreckung von strafrechtlichen Entscheidungen, die zum endgültigen Entzug von Tatwerkzeugen oder Erträgen aus Straftaten führen. Der ersuchende Mitgliedstaat (sogenannter Entscheidungsstaat) sendet die Entscheidung gemeinsam mit einer Bescheinigung (vgl. den Vordruck im Anhang zum Rahmenbeschluss) an die zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaates (dem sogenannten Vollstreckungsstaat). Der Vollstreckungsstaat erkennt die Einziehungsentscheidung an und trifft unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen, die Entscheidung nach seinem eigenen Recht zu vollstrecken. Fällt die Tat unter eine der 32 in Artikel 6 aufgeführten Deliktskategorien, prüft er nicht (mehr), ob die Tat auch nach seinem Recht strafbar wäre. Ausnahmsweise kann der Vollstreckungsstaat das Ersuchen ablehnen z.B. wenn die Tat im ersuchten Mitgliedstaat begangen wurde oder wenn Rechte Dritter der Vollstreckung entgegenstehen. Die betroffenen Parteien sollen ihre Rechte im Vollstreckungsstaat geltend machen können;

Sachgründe für den Erlass der Einziehungsentscheidung können aber nicht angefochten werden (Artikel 9). Der Vollstreckungsstaat kann bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf die Vollstreckung der Entscheidung aufschieben. Dies ist beispielsweise auch dann möglich, wenn die Vollstreckung laufende Strafverfahren beeinträchtigen könnte oder die Vermögensgegenstände bereits Gegenstände eines Einziehungsverfahrens im Vollstreckungsstaat sind (Artikel 10). Ist die Vollstreckung erledigt, informiert der Vollstreckungsstaat den Entscheidungsstaat über das Ergebnis (Artikel 17). Beträge bis zu 10 000 Euro fließen dem Vollstreckungsstaat zu liegt der Betrag darüber, wird er zwischen den beteiligten Staaten hälftig geteilt (Artikel 16).

Zu den Regelungen des Rahmenbeschlusses im Einzelnen:

Artikel 1 legt in seinem Absatz 1 den Zweck des Rahmenbeschlusses fest, wonach die von einem Strafgericht in einem anderen Mitgliedstaat erlassene Einziehungsentscheidung anerkannt und vollstreckt werden soll. Nach Absatz 2 sind dabei die Grundrechte und die allgemeinen Rechtsgrundsätze zu achten, wie sie in Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegt sind. Absatz 2 findet im deutschen Recht seine Entsprechung in § 73 Satz 2 IRG. Ein Ersuchen, dessen Erledigung gegen allgemeine Rechtsgrundsätze und Grundrechte des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde, ist bereits unzulässig und darf nicht bewilligt werden.

Artikel 2 definiert einige wiederkehrende Begriffe. Der ersuchende Mitgliedstaat wird im Rahmenbeschluss als "Entscheidungsstaat" bezeichnet (Buchstabe a), der ersuchte Mitgliedstaat als "Vollstreckungsstaat" (Buchstabe b). Soweit im Rahmenbeschluss von einer Einziehungsentscheidung die Rede ist, deckt sich dies mit der Anordnung einer Einziehung (Buchstabe d Ziffer ii), des Verfalls bzw. des Verfalls von Wertersatz (Buchstabe d Ziffer i) und des erweiterten Verfalls bzw. der erweiterten Einziehung (Buchstabe d Ziffer iii) nach deutschem Recht. Der Begriff der Vermögensgegenstände wird dabei wie im deutschen Recht sehr weit verstanden (Buchstabe d), ebenso der des Ertrages (Buchstabe e) und des Tatwerkzeugs (Buchstabe f).

Von der Verpflichtung, auch solche Anordnungen der erweiterten Einziehungsentscheidungen zu vollstrecken, die über den Rahmenbeschluss 2005/212/JI (mit dem das materielle Recht angeglichen wurde) hinausgehen, kann sich jeder Mitgliedstaat entbinden (vgl. unten zu Artikel 7 Absatz 5). Unmittelbarer Umsetzungsbedarf entsteht daher durch Artikel 2 nicht.

Artikel 3 enthält eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretariat des Rates die zuständigen Behörden zu benennen. Nach Verkündung des Gesetzes wird die Bundesregierung die von den Ländern genannten Bewilligungsbehörden benennen. Für eingehende Ersuchen sollen für alle Länder mit Ausnahme für Berlin die Staatsanwaltschaften bei den Landgerichten benannt werden. Für das Land Berlin soll die Senatsverwaltung für Justiz benannt werden.

Artikel 4 sieht in Absatz 1 vor, dass um die Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung mit einer ausgefüllten Bescheinigung (vgl. Anlage zum Rahmenbeschluss) in folgenden Fällen ersucht werden kann:

Gibt es keine vernünftigen Anhaltspunkte für die Ermittlung des Mitgliedstaates, an den das Ersuchen gerichtet werden kann, kann das Ersuchen an den Mitgliedstaat gerichtet werden in dem sich der Verurteilte regelmäßig aufhält (Absatz 1 Satz 3).

In § 90 Absatz 1 IRG-E wird bestimmt, dass deutsche Behörden nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses Ersuchen an andere Mitgliedstaaten richten können. Eine weitergehende gesetzgeberische Umsetzung des Artikels 4 Absatz 1 ist nicht erforderlich.

Artikel 4 Absatz 2 sieht zunächst vor, dass die zuständigen Behörden des ersuchenden Mitgliedstaates unmittelbar miteinander kommunizieren. Mit dieser Regelung orientiert sich der Rahmenbeschluss an anderen Rechtsakten der Europäischen Union, z.B. an Artikel 6 Absatz 1 des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 29. Mai 2000 (EU-RhÜbk, BGBl. 2005 II S. 651), Artikel 9 Rb EuHB, Artikel 4 Absatz 1 Rb Sicherstellung und Artikel 4 Absatz 3 Rb Geldstrafen. Einer gesetzgeberischen Umsetzung bedarf es nicht. Die Bundesregierung hat die Ausübung ihrer Befugnis, über Ersuchen von EU-Mitgliedstaaten um Vollstreckung von Anordnungen des Verfalls oder der Einziehung zu entscheiden und andere EU-1itgliedstaaten um entsprechende Vollstreckungshilfe zu ersuchen, gemäß § 74 Absatz 2 IRG auf die Landesregierungen übertragen, die sie ihrerseits weiterdelegiert haben (vgl. unter III 2 e). Hieraus folgt die Befugnis der zuständigen Behörden, unmittelbar mit den zuständigen Behörden des anderen Mitgliedstaates in Kontakt zu treten.

Des Weiteren sieht der Rb Einziehung in Artikel 4 Absatz 2 und 3 vor, dass die gerichtliche Entscheidung, mit der der Verfall bzw. die Einziehung angeordnet wurde, zusammen mit einer unterzeichneten Bescheinigung (wie im Anhang als Vordruck wiedergegeben) übermittelt werden soll. Artikel 4 Absatz 2 ist in den §§ 88b, 88c Nummer 1 IRG-E umgesetzt.

In Artikel 4 Absatz 4 sieht der Rahmenbeschluss vor, dass die Behörde des ersuchenden Staates versuchen soll, die Frage, welche Behörde im ersuchten Mitgliedstaat zuständig ist vorab zu klären. Absatz 5 verpflichtet eine angeschriebene unzuständige Behörde zur Weiterleitung des Ersuchens an die zuständige Behörde. Diese Regelungen lösen keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf aus. Die Behörden sind zur Weiterleitung des Ersuchens an die zuständige Stelle durch Verwaltungsvorschrift in Nummer 17 Absatz 2 der RiVASt verpflichtet.

Artikel 5 stellt in seinem Absatz 1 den Grundsatz auf, dass ein Ersuchen um Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung nur an einen einzigen Mitgliedstaat gerichtet werden darf. Von dieser Beschränkung machen die Absätze 2 und 3 Ausnahmen für folgende Konstellationen:

Artikel 5 wird in § 90 Absatz 1 Satz 2 IRG-E umgesetzt, der ausgehende Ersuchen regelt.

Bei eingehenden Ersuchen sieht § 88c Nummer 4 und Nummer 5 Ablehnungsgründe konkurrierender Ersuchen vor. § 57 Absatz 5 IRG-E ordnet die Einstellung der Vollstreckung in Deutschland an, wenn die Vollstreckung bereits in einem anderen Staat erfolgt ist.

Artikel 6 Absatz 1 des Rahmenbeschlusses sieht, wie schon bei den anderen Instrumenten, nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung einen Verzicht der sonst üblichen Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit in bestimmten Deliktskategorien vor. Die Regelung wird durch § 88a Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a IRG-E umgesetzt.

Absatz 2 sieht vor, dass der Rat die Liste einstimmig um weitere Arten von Straftaten erweitern kann. Einer gesetzgeberischen Umsetzung bedarf es erst, wenn der Rat einen entsprechenden Beschluss fasst.

Absatz 3 erlaubt dem ersuchten Mitgliedstaat bei Straftaten, die nicht in der Liste enthalten sind die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung davon abhängig zu machen, dass es sich um eine Straftat handelt, die die Einziehung ermöglicht. Der Entwurf sieht vor dass davon Gebrauch gemacht werden soll, da nach § 88a Absatz 1 Nummer 2 IRG-E die beiderseitige Strafbarkeit bei den Delikten, die nicht in der Liste des Artikels 6 Absatz 3 Rb Einziehung enthalten sind, zu prüfen bleibt.

Artikel 7 verpflichtet in Absatz 1 die Mitgliedstaaten, die Einziehungsentscheidungen vorbehaltlich der in den Artikeln 8 und 10 geregelten Ablehnungs- und Aufschiebungsgründe anzuerkennen und unverzüglich alle Maßnahmen zu deren Vollstreckung zu treffen. Diese Verpflichtung wird in § 88c IRG-E umgesetzt, wonach die Ablehnung eines zulässigen Ersuchens nur aus den dort genannten Gründen erlaubt wird.

Absatz 2 sieht vor, dass die beteiligten Mitgliedstaaten im Einklang mit ihrer Rechtsordnung vereinbaren können, dass statt eines in der Einziehungsentscheidung bestimmten Vermögensgegenstandes ersatzweise ein Geldbetrag eingetrieben werden kann. Den deutschen Justizbehörden sollen diese Möglichkeiten durch § 54 Absatz 2a Satz 2, § 90 Absatz 3 IRG-E eröffnet werden.

Absatz 3 verpflichtet die Mitgliedstaaten, eine Geldforderung durch Verwertung jedes zur Verfügung stehenden Vermögensgegenstandes zu vollstrecken. Nach § 88e Absatz 2 in Verbindung mit § 57 Absatz 4 IRG-E sind die Anordnungen nach den allgemeinen zwangsvollstreckungsrechtlichen Vorschriften zu vollstrecken (vgl. die Begründung zu § 88e Absatz 2 IRG-E).

Absatz 4 regelt die Umrechnung des einzuziehenden Geldbetrages in die Währung des ersuchten Mitgliedstaates. § 54 Absatz 2 IRG, der über den Verweis in § 54 Absatz 2a IRG-E anwendbar ist, entspricht diesen Anforderungen.

Absatz 5 stellt es den Mitgliedstaaten frei, sich durch Erklärung gegenüber dem Generalsekretariat des Rates von einer Verpflichtung zur Anerkennung und Vollstreckung solcher erweiterten Einziehungsentscheidungen zu entbinden, die über Artikel 3 Absätze 1 und 2 des Rahmenbeschlusses 2005/212/JI hinausgehen. Darin wurde das Recht der Mitgliedstaaten dahingehend harmonisiert, dass das Gericht nicht nur dann einen Verfall oder eine Einziehung anordnen können soll, wenn der Vermögensgegenstand einen Ertrag aus der der Verurteilung zugrunde liegenden Straftat oder ein Tatwerkzeug darstellt, sondern auch dann, wenn die Vermögenswerte aus nicht näher aufklärbaren Straftaten des Verurteilten stammen (Näheres oben unter IV.). Dies entspricht dem erweiterten Verfall gemäß § 73d StGB. Soweit sich die Anordnung des erweiterten Verfalls auf den Deliktskatalog des Artikels 3 des Rahmenbeschlusses 2005/212/JI bezieht, ist eine Anerkennung dieser Entscheidung durch die anderen Mitgliedstaaten vorgeschrieben. Nur soweit der Rb Einziehung in seinem Artikel 7 in Verbindung mit Artikel 2 Buchstabe d Ziffer iv auch die Anerkennung solcher Anordnungen des erweiterten Verfalls regelt, die nicht aus Anlass einer im Deliktskatalog des Artikels 3 RB 2005/212/JI aufgeführten Straftat ausgesprochen wurden können sich die Mitgliedstaaten entpflichten. Die Bundesrepublik Deutschland wird eine entsprechende Erklärung abgeben, da eine Exequaturentscheidung weiterhin voraussetzen soll, dass ein erweiterter Verfall auch nach deutschem Recht hätte angeordnet werden können (vgl. die Begründung zu § 88a Absatz 1 Nummer 2 IRG-E).

Artikel 8 benennt die Gründe, aus denen die Anerkennung und Vollstreckung der Einziehungsentscheidungen versagt werden dürfen.

Nach Absatz 1 kann die Anerkennung versagt werden, wenn nicht die erforderliche Bescheinigung bestimmter Tatsachen auf dem im Anhang zum Rahmenbeschluss abgedruckten Formular übermittelt wurde, unvollständig ist oder der Einziehungsentscheidung offensichtlich nicht entspricht. § 88b Absatz 1 IRG-E sieht als Zulässigkeitskriterium vor, dass das Formular mindestens bestimmte Angaben enthalten muss. Ist das Formular unvollständig ausgefüllt ist der ersuchende Mitgliedstaat zu konsultieren (Artikel 8 Absatz 4 in Verbindung mit Artikel 8 Absatz 1 Rb Einziehung). Fehlen andere als in § 88b IRG-E aufgeführte Angaben, die auch nach einer Fristsetzung nicht nachgereicht werden, kann das Ersuchen gemäß § 88c Nummer 1 IRG-E abgelehnt werden. Der Behörde steht es frei ein Ersuchen trotz fehlenden oder unvollständig ausgefüllten Formulars nach Maßgabe des Vierten Teils zu behandeln (§ 88 Satz 2 IRG-E).

Absatz 2 sieht folgende weitere fakultative Ablehnungsgründe vor:

Artikel 8 Absatz 3 sieht vor, dass der ersuchte Mitgliedstaat die Entscheidung über eine erweiterte Einziehung, die nicht wegen einer Straftat gemäß Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2005/212/JI angeordnet wurde, jedenfalls insoweit vollstrecken soll, als der Verfall oder die Einziehung nach dem Recht des ersuchten Staates hätte angeordnet werden können. Damit soll eine Ablehnung des Ersuchens vermieden werden, weil die Anordnung im ersuchten Staat nur teilweise hätte ergehen können. Diese Regelung ist in § 88a Absatz 1 Nummer 2 IRG-E umgesetzt, da die ausländische Anordnung des Verfalls oder der Einziehung insoweit für vollstreckbar erklärt wird, als eine solche Anordnung nach deutschem Recht hätte erfolgen können (vgl. die Begründung zu § 88a Absatz 1 Nummer 2).

Absätze 4 und 5 enthalten Konsultations- und Benachrichtigungspflichten, wenn die Anerkennung der Einziehungsentscheidung aus bestimmten Gründen abgelehnt werden soll oder wenn deren Vollstreckung unmöglich ist. Erwägt die Behörde die Ablehnung wegen einer fehlenden oder fehlerhaften Bescheinigung, ergibt sich die Konsultationspflicht aus § 88b Absatz 2 Satz 1 IRG-E (gegebenenfalls in Verbindung mit § 88c Nummer 1 IRG-E).

Im Übrigen können die Konsultations- und Benachrichtigungspflichten in den RiVASt durch Verwaltungsvorschriften geregelt werden.

Artikel 9 normiert die Rechtsweggarantie der betroffenen Parteien gegen die Entscheidung über die Anerkennung und Vollstreckung der Einziehungsentscheidung. Durch die Erforderlichkeit einer rechtsmittelfähigen gerichtlichen Exequaturentscheidung (§ 88d Absatz 3 IRG-E in Verbindung mit § 55 IRG) entspricht das deutsche Recht diesen Anforderungen.

Dabei können die Sachgründe für den Erlass der Einziehungsentscheidung nicht mehr vor dem Gericht des ersuchten Mitgliedstaates geltend gemacht werden (Artikel 9 Absatz 2 Rb Einziehung). Im Exequaturverfahren nach § 88d Absatz 3 IRG-E wird durch das Gericht nicht mehr geprüft, ob im ersuchenden Mitgliedstaat die Sachgründe für den Erlass einer entsprechenden Anordnung vorgelegen haben. Prüfungsmaßstab sind die §§ 88 ff. IRG-E. Das Rechtsmittel gegen die gerichtliche Exequaturentscheidung (vgl. § 55 Absatz 2 IRG) ist entsprechend eingeschränkt. Die in Artikel 9 Absatz 3 vorgesehene Verpflichtung, die zuständige Behörde des ersuchenden Staates über die Einlegung eines Rechtsbehelfes zu informieren, kann in den RiVASt durch eine Verwaltungsvorschrift umgesetzt werden.

Artikel 10 erlaubt den Mitgliedstaaten, die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung in folgenden Fällen aufzuschieben:

Nach Artikel 10 Absatz 2 soll der Vollstreckungsstaat für die Dauer des Aufschubs diejenigen sichernden Maßnahmen ergreifen, die bei einem innerstaatlichen Fall angewendet würden. § 88d Absatz 1 IRG-E verpflichtet die Staatsanwaltschaft zur Einleitung von Maßnahmen zur einstweiligen Sicherstellung der zu vollstreckenden Vermögenswerte vor der Anhörung des Verurteilten. Solange das Verfahren nach § 88d Absatz 2 IRG-E aufgeschoben wird liegt das Ergreifen einer nach § 58 Absatz 3 Satz 1 IRG in Verbindung mit § 67 Absatz 1 IRG möglichen Sicherstellungsmaßnahme im Beurteilungsspielraum der Behörde. Da der Rahmenbeschluss nicht zur unbedingten Sicherstellung, sondern lediglich zur gleichen Sachbehandlung des ausländischen Ersuchens entsprechend der innerstaatlichen Praxis verpflichtet, ist eine weitergehende gesetzliche Regelung für den Fall des Aufschubs nicht erforderlich. Der Praxis können gegebenenfalls Leitlinien durch Verwaltungsvorschriften in den RiVASt vorgegeben werden.

Die Absätze 3 und 4 sehen Benachrichtigungspflichten vor, die in den RiVASt durch Verwaltungsvorschriften geregelt werden können.

Artikel 11 regelt den Fall kollidierender Vollstreckungshilfeersuchen dahingehend, dass in diesen Fällen der ersuchte Staat nach den Umständen des Einzelfalls über die Bewilligung entscheidet. Diese Regelung ist als Ablehnungsgrund in § 88c Nummer 4 und 5 IRG-E umgesetzt.

Artikel 12 bestimmt in seinem Absatz 1, dass für die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung grundsätzlich das Recht des Vollstreckungsstaates maßgeblich ist. Diese Regelung wird dadurch umgesetzt, dass die ausländische Einziehungsentscheidung durch das Gericht für vollstreckbar erklärt wird und nach der Bewilligung des Ersuchens gemäß § 88e Absatz 2 in Verbindung mit § 57 Absatz 4 IRG-E nach deutschem Recht zu vollstrecken ist.

Absatz 2 bestimmt die Anrechnung von Beträgen aus Zahlungen des Verurteilten in einem anderen Mitgliedstaat. Die Anrechnung einer vor der Exequaturentscheidung geleisteten Zahlung erfolgt nach § 88d Absatz 3 Satz 3 IRG-E in Verbindung mit § 54 Absatz 4 IRG. Bei Zahlung im Vollstreckungsverfahren sieht § 57 Absatz 5 IRG-E eine (teilweise) Einstellung vor. Ergänzend kann gemäß den §§ 459g Absatz 2, 459 StPO in Verbindung mit § 6 Absatz 1 Justizbeitreibungsordnung und § 775 der Zivilprozessordnung (ZPO) die Einstellung der Vollstreckung erfolgen.

Absatz 3 verlangt, dass eine Einziehungsentscheidung gegen eine juristische Person selbst dann zu vollstrecken ist, wenn die Rechtsordnung des ersuchten Staates eine strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen nicht kennt. § 73 Absatz 3 StGB sieht für die Anordnung des Verfalls eine entsprechende Zurechnungsmöglichkeit zu juristischen Personen vor. § 75 StGB ermöglicht die Einziehung von Vermögenswerten juristischer Personen, wenn ein Vertreter eine Handlung begangen hat, die ihm gegenüber die Einziehung rechtfertigen würde.

Absatz 4 verbietet dem Vollstreckungsstaat, ohne Zustimmung des ersuchenden Mitgliedstaates freiheitsentziehende Maßnahmen zu ergreifen. Nach deutschem Recht kann im Vollstreckungsverfahren die Haft zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über das Vermögen oder den Verbleib eines bestimmten Vermögensgegenstandes angeordnet werden (vgl. §§ 807, 836 Absatz 3 Satz 2, § 883 Absatz 2 ZPO sowie § 901 ZPO). Die Regelung in Artikel 12 Absatz 4 bedarf daher einer Umsetzung in § 88e Absatz 2 IRG-E.

Artikel 13 erlaubt in seinem Absatz 1 sowohl dem ersuchenden als auch dem ersuchten Mitgliedstaat, Amnestie oder Gnadenentscheidungen zu gewähren. Ein Umsetzungsbedarf ergibt sich nicht, da Inhalt und Umfang des Begnadigungsrechts in der deutschen Rechtsordnung generell nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt sind. Als Grundlage des Gnadenerweises einer deutschen Stelle kommt eine Entscheidung in Betracht, mit der nach § 88d Absatz 3 IRG-E in Verbindung mit den §§ 50, 55 IRG eine ausländische Anordnung des Verfalls oder der Einziehung für vollstreckbar erklärt wird. Soweit der ersuchende Staat die dem Ersuchen zugrunde liegende Anordnung nachträglich im Wege der Amnestie oder der Gnade aufgehoben hat, wird gemäß § 57 Absatz 6 IRG von der Vollstreckung abzusehen sein.

Absatz 2 stellt klar, dass nur der ersuchende Staat über Anträge auf Überprüfung der Sachentscheidung entscheiden kann. Einer gesetzlichen Klarstellung bedarf es nicht, da der Betroffene durch einen Rechtsbehelf nach § 55 Absatz 2 IRG nur überprüfen lassen kann ob die ausländische Entscheidung nach §§ 88ff. IRG-E für vollstreckbar erklärt werden durfte. Eine inzidente Prüfung der ausländischen Entscheidung ist damit nicht verbunden.

Artikel 14 sieht in Absatz 1 vor, dass der ersuchende Staat nicht gehindert ist, selbst die Einziehungsentscheidung zu vollstrecken. Von dieser Erlaubnis soll für ausgehende Ersuchen kein Gebrauch gemacht werden. Vielmehr soll es bei der Regelung in § 71 Absatz 5 IRG verbleiben, wonach deutsche Behörden von der Vollstreckung absehen sollen, wenn sie ein Vollstreckungshilfeersuchen an einen anderen Staat gestellt haben (vgl. § 90 Absatz 4 IRG-E). Artikel 14 Absatz 2 Rb Einziehung bestimmt, dass der insgesamt zu vollstreckende Betrag nicht durch die Vollstreckung in mehreren Mitgliedstaaten überschritten werden darf. § 57 Absatz 5 IRG-E sieht in diesem Fall die Einstellung der Vollstreckung vor. Zudem kann das Verfahren aufgeschoben werden, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass die Anordnung gleichzeitig in einem anderen Mitgliedstaat vollständig vollstreckt wird (§ 88d Absatz 2 Nummer 1, § 88e Absatz 3 IRG-E). Artikel 14 Absatz 3 Rb Einziehung sieht Benachrichtigungspflichten des ersuchenden Staates über relevante Entwicklungen vor an die die deutschen Behörden durch Verwaltungsvorschriften gebunden werden können.

Artikel 15 verpflichtet den ersuchenden Staat in Satz 1, den ersuchten Staat darüber zu unterrichten wenn der Titel erlischt. Diese Verpflichtung wird in § 90 Absatz 2 IRG-E umgesetzt.

Nach Artikel 15 Satz 2 ist die Vollstreckung durch den ersuchten Staat zu beenden, sobald im ersuchenden Staat die Grundlage der Vollstreckung entfallen ist. In diesem Fall ist nach § 57 Absatz 6 IRG von der Vollstreckung abzusehen.

Artikel 16 regelt die Aufteilung der Erträge. Nach Absatz 1 sollen Beträge bis zu 10 000 Euro beim ersuchten Staat verbleiben. Beträge, die darüber hinausgehen, sollen hälftig geteilt werden. Diese Regelung ist in § 88f IRG-E umgesetzt. Hiervon können die Mitgliedstaaten im Einzelfall abweichende Vereinbarungen treffen (Absatz 4). Diese Möglich keit wird den zuständigen Behörden bei eingehenden Ersuchen durch § 88f IRG-E in Verbindung mit § 56b IRG-E und bei ausgehenden Ersuchen durch § 90 Absatz 4 in Verbindung mit §§ 71a, 56b IRG-E eröffnet.

Absatz 2 stellt die Verwertung von Vermögensgegenständen in das Ermessen des Vollstreckungsstaates.

Da sich die Vollstreckung gemäß § 88e Absatz 2 IRG-E nach den allgemeinen Vorschriften richtet, ist eine weitergehende Umsetzung nicht erforderlich. Nach Absatz 3 ist der ersuchende Mitgliedstaat nicht verpflichtet, Kulturgüter im Sinne der Richtlinie 93/7/EWG zu verkaufen oder zurückzugeben (vgl. Artikel 2 Buchstabe g Rb Einziehung). Gemäß § 88f Satz 2 IRG-E in Verbindung mit § 56b Absatz 2 IRG-E dürfen Kulturgüter nicht herausgegeben werden, wenn der Beauftragte der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und Medien die erforderliche Einwilligung verweigert hat.

Artikel 17 stellt Benachrichtigungspflichten über das Ergebnis der Vollstreckung für den ersuchten Staat auf. Diese können in den RiVASt durch Verwaltungsvorschriften normiert werden.

Artikel 18 enthält eine Regelung für den Regress von Schadensersatzzahlungen zwischen den Mitgliedstaaten, die keiner gesetzlichen Umsetzung bedarf. Die Schadensersatzansprüche des durch die Vollstreckung in seinen Rechten Verletzten richten sich nach nationalem Recht, in der Bundesrepublik Deutschland nach § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Verbindung mit Artikel 34 des Grundgesetzes.

Artikel 19 bestimmt die Pflicht, die Bescheinigung (nicht jedoch die Einziehungsentscheidung) zu übersetzen. Artikel 19 Absatz 2 Rb Einziehung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten durch Erklärung angeben können, welche weiteren Sprachen akzeptiert werden. Hiervon soll kein Gebrauch gemacht werden, da die Übersetzung in die deutsche Sprache zur Vorbereitung der gerichtlichen Exequaturentscheidung wegen § 184 Satz 1 GVG erforderlich ist und - anders als beim Europäischen Haftbefehl - im Regelfall keine Dringlichkeit besteht das Ersuchen in der Sprache des ausländischen Staates entgegenzunehmen.

Wird die Bescheinigung vom ersuchenden Staat nicht in deutscher Sprache vorgelegt, kann das Ersuchen abgelehnt werden.

Artikel 20 sieht in Absatz 1 vor, dass die Mitgliedstaaten gegenseitig auf die Erstattung von Kosten verzichten. Sind außergewöhnliche Kosten entstanden, kann der ersuchte Mitgliedstaat dem ersuchenden Mitgliedstaat vorschlagen, die Kosten zu teilen. Gesetzlich soll der grundsätzliche Verzicht, Kosten des Bewilligungsverfahrens gegen den ersuchenden Mitgliedstaat geltend zu machen, durch eine Änderung des § 5 der Justizverwaltungskostenordnung verankert werden (siehe Artikel 2 des Entwurfs).

Artikel 21 bestimmt, dass der Rahmenbeschluss nicht die Anwendung bilateraler oder multilateraler Übereinkünfte berührt, soweit sie zu einer weiteren Vereinfachung oder Erleichterung der Vollstreckungshilfe beitragen. Dieser Vorrang entspricht § 1 Absatz 3 IRG.

Die Bundesrepublik Deutschland hat keine entsprechenden bilateralen Abkommen mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union abgeschlossen.

Artikel 22 und 23 enthalten Regelungen zur Umsetzung und zum Inkrafttreten des Rahmenbeschlusses.

VI. Änderungen im IRG

Die Umsetzung des Rb Einziehung soll durch eine Einbettung des neuen Europäischen Rechtshilfeinstruments in das bewährte System der Vollstreckungshilfe erfolgen. Damit bleibt es also bei dem Erfordernis eines gerichtlichen Exequaturverfahrens. Der Konzeption für die Umsetzung anderer Rahmenbeschlüsse folgend, werden die Sondervorschriften für den Vollstreckungshilfeverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union in den Neunten Teil des IRG aufgenommen.

Die Umsetzung des Rahmenbeschlusses führt zu einer Verpflichtung zur gegenseitigen Rechtshilfe im Verhältnis zu anderen EU-Mitgliedstaaten bei der Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Anordnungen des Verfalls oder der Einziehung. Wurde die der Anordnung zugrunde liegende Tat im Hoheitsbereich des ersuchenden Mitgliedstaates begangen darf der ersuchte Staat das Ersuchen nicht unter Hinweis auf fehlende Strafbarkeit nach seinem Recht ablehnen, wenn die Tat einer im Rahmenbeschluss genannten Liste von 32 Delikten zugeordnet wurde. Nur ausnahmsweise kann der Vollstreckungsstaat das Ersuchen ablehnen, z.B. wenn die Tat im ersuchten Mitgliedstaat begangen wurde. Im Verhältnis zu EU-Mitgliedstaaten ist grundsätzlich eine hälftige Teilung der Vollstreckungserträge von mehr als 10 000 Euro vorgesehen. Liegt der Betrag darunter, kommt er dem ersuchten Mitgliedstaat zugute.

Zudem sollen aus Anlass der Umsetzung weitere Anpassungen vorgenommen, die auch auf den Rechtshilfeverkehr mit Staaten außerhalb der Europäischen Union Anwendung finden. Hervorzuheben sind folgende Änderungen:

VII. Gesetzgebungszuständigkeit

Die internationale Zusammenarbeit in strafrechtlichen Angelegenheiten ist Teil der Pflege der auswärtigen Beziehungen nach Artikel 32 des Grundgesetzes. Die Änderungen fallen deshalb in den Bereich der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Artikel 73 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes.

VIII. Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Das Vorhaben selbst wird Bund, Länder und Gemeinden nicht mit Mehrkosten belasten.

Auswirkungen auf die Einzelpreise, das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, oder die Umwelt sind ebenfalls nicht zu erwarten. Den verurteilten Personen können die Kosten der Vollstreckung auferlegt werden (vgl. § 57a IRG-E).

IX. Bürokratiekosten

Mit dem Gesetzentwurf werden keine Informationspflichten für die Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger eingeführt.

In dem umzusetzenden Rahmenbeschluss sind verschiedene Informationspflichten für die beteiligten Behörden im Verhältnis zueinander vereinbart. Dabei handelt es sich um die Verpflichtung, aus bestimmten Gründen den Sachstand mitzuteilen (vgl. Artikel 9 Absatz 3, Artikel 10 Absatz 3 und 4, Artikel 12 Absatz 2, Artikel 14 Absatz 3 Rb Einziehung), ferner um Konsultationspflichten vor dem Erlass einer (teilweise) ablehnenden Bewilligungsentscheidung (vgl. Artikel 6 Absatz 4 Rb Einziehung) und um Informationspflichten über den Ausgang des Verfahrens (vgl. Artikel 6 Absatz 5, Artikel 15, Artikel 17 Rb Einziehung). Eine Umsetzung dieser Pflichten soll durch die Anpassung von Verwaltungsvorschriften erfolgen.

In § 56b Absatz 2 IRG-E wird ein Einwilligungserfordernis für den Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und Medien eingeführt. Darüber hinaus wird die in § 55 Absatz 3 Satz 5 IRG bestehende Informationspflicht anders ausgestaltet (vgl. § 57 Absatz 7 IRG-E).

B. Besonderer Teil

I. Zu Artikel 1 - Änderungen des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen

1. Zu § 49 - Voraussetzungen der Zulässigkeit

§ 49 Absatz 1 IRG regelt die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Vollstreckung einer ausländischen Sanktion. Im Vollstreckungshilfeverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union enthält § 88a IRG-E eine Spezialregelung für die Vollstreckung einer Anordnung des Verfalls oder der Einziehung.

Die Änderung in § 49 Absatz 1 Nummer 3 sowie die Änderung der Nummerierung sind redaktioneller Art. Materiellrechtlich werden die Voraussetzungen für die Vollstreckung einer ausländischen Anordnung des Verfalls oder der Einziehung in den Punkten gelockert, die nicht nur im Verhältnis zu EU-Mitgliedstaaten, sondern auch im Verhältnis zu allen anderen Staaten eine sinnvolle Erweiterung der Vollstreckungshilfe darstellen.

Zu Absatz 1 Nummer 4

Nach § 49 Absatz 1 Nummer 5 IRG in der geltenden Fassung ist die Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung nur dann zulässig, wenn keine Entscheidung der in § 9 Nummer 1 IRG genannten Art ergangen ist. Es darf also nicht durch ein deutsches Gericht oder eine deutsche Behörde gegen den Verfolgten wegen der Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, ein Urteil oder eine Entscheidung mit entsprechender Rechtswirkung erlassen worden sein bzw. keine Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens ( § 204 StPO), keine Verwerfung eines Antrags auf Erhebung der öffentlichen Klage (§ 174 StPO) und keine Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO oder §§ 45, 47 JGG erfolgt sein.

Da es sich bei der Anordnung des Verfalls oder der Einziehung um eine Nebenfolge der Straftat handelt, hindern selbst bei einem innerstaatlichen Sachverhalt nicht alle Entscheidungen der in § 9 Nummer 1 IRG genannten Art eine entsprechende Maßnahme. Nach § 76a Absatz 1 StGB ist eine selbständige Anordnung des Verfalls oder der Einziehung möglich wenn wegen der Straftat aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden kann, aber im Übrigen alle erforderlichen Voraussetzungen vorliegen. § 76a Absatz 2 StGB erlaubt die selbständige Anordnung einer Sicherungseinziehung, wenn die Straftat verjährt oder sonst aus rechtlichen Gründen eine bestimmte Person nicht verfolgt werden kann. Daher kann in einem anhängigen Verfahren gegen den Angeklagten selbst dann unter besonderen Voraussetzungen eine Maßnahme der Vermögensabschöpfung erfolgen, wenn ansonsten eine strafrechtliche Verurteilung beispielsweise wegen fehlender Schuld oder eingetretener Verjährung nicht möglich ist. Endete ein Gerichtsverfahren in Deutschland aus solchen Gründen mit Freispruch und könnte unter den Voraussetzungen des § 76a StGB eine selbständige Anordnung des Verfalls oder der Einziehung getroffen werden, soll die freisprechende Aburteilung der Vollstreckungshilfe nicht entgegenstehen. War im Inland bereits wegen der Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, eine Anordnung des Verfalls oder der Einziehung ergangen, wird in der Regel § 73c StGB anzuwenden sein, um eine durch doppelte Vollstreckung entstehende unbillige Härte auszuschließen. Die in § 76a Absatz 2 Satz 2 StGB genannten Strafverfolgungsvoraussetzungen (Antrag, Ermächtigung, Strafverlangen) sind gemäß § 49 Absatz 1 Nummer 2 IRG nicht zu beachten.

Auch wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zulässt, kann der Verfall oder die Einziehung selbständig angeordnet werden ( § 76a Absatz 3 StGB). Daher sollte auch dann, wenn eine deutsche Behörde von Strafe absieht (beispielsweise gemäß § 31 des Betäubungsmittelgesetzes) bzw. das Verfahren gemäß § 153a StPO oder den §§ 45, 47 JGG einstellt, wegen der gleichen Tat Vollstreckungshilfe geleistet werden können.

Zu Absatz 1 Nummer 5

§ 49 Absatz 1 Nummer 4 IRG in der geltenden Fassung erklärt die Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung für unzulässig, wenn die Vollstreckung nach deutschem Recht verjährt wäre.

2. Zu § 54 - Umwandlung der ausländischen Sanktion

Hat ein deutsches Gericht den Verfall oder die Einziehung angeordnet und erweist sich, dass diese Anordnung nicht ausführbar ist oder aus bestimmten Gründen unzureichend wäre kann das Gericht gemäß § 76 StGB nachträglich den Verfall oder die Einziehung des Wertersatzes anordnen. Soll eine ausländische Anordnung, die sich auf einen bestimmten Gegenstand bezieht, umgewandelt werden, bezieht sich die Exequaturentscheidung gemäß § 54 Absatz 2a Satz 1 IRG-E stets auf diesen Gegenstand. In der Neufassung des Satzes 1 soll auch klargestellt werden, dass - wie in § 54 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 und Absatz 3 vorgesehen - gegebenenfalls eine Umwandlung der ausländischen Entscheidung in die ihr im deutschen Recht entsprechende Maßnahme des Verfalls oder der Einziehung erfolgt.

Durch § 54 Absatz 2a Satz 2 IRG-E soll es ermöglicht werden, die Vollstreckbarkeit einer ausländischen Anordnung im Einvernehmen mit dem ersuchenden Staat auf den Wert des Gegenstandes zu beziehen, wenn zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Voraussetzungen des § 76 StGB in entsprechender Anwendung vorliegen. In der Exequaturentscheidung gemäß den §§ 50, 55 IRG oder nachträglich in einem abändernden Beschluss kann das Gericht entscheiden, dass statt eines bestimmten Gegenstandes der entsprechende Wert vollstreckbar ist. Erforderlich ist allerdings ein entsprechendes Ersuchen des ausländischen Staates. Artikel 7 Absatz 2 Rb Einziehung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten eine solche Vorgehensweise erwägen können. Da eine solche Regelung nicht nur im Verhältnis zu EU-Mitgliedstaaten sinnvoll ist, soll sie in den Vierten Teil des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen aufgenommen werden, der den Vollstreckungshilfeverkehr mit allen Staaten regelt.

§ 54 Absatz 2a Satz 3 IRG-E entspricht mit einer redaktionellen Änderung § 54 Absatz 2a Satz 2 IRG und schreibt die Umrechnung des in ausländischer Währung angegebenen Geldbetrages vor.

3. Zu § 55 - Entscheidung über die Vollstreckbarkeit

§ 55 Absatz 3 Satz 5 IRG-E verpflichtet das Gericht, das rechtskräftig eine ausländische Anordnung des Verfalls für vollstreckbar erklärt, eine Mehrfertigung der Entscheidung dem nach § 32 ZPO zuständigen Gericht zur Unterrichtung des Verletzten zu übersenden, wenn die Umstände des Falles Anlass zur Annahme geben, der durch die der Anordnung zugrunde liegende Tat Verletzte habe über den ihm dadurch entstandenen Schaden einen im Bundesgebiet vollstreckbaren Titel erwirkt. Mit der Reform des § 56a IRG wird die Belehrung des Verletzten in § 57 Absatz 7 IRG-E neu gefasst. § 55 Absatz 3 Satz 5 IRG ist daher aufzuheben.

4. Zu § 56 - Bewilligung der Rechtshilfe

5. Zu § 56a - Entschädigung der verletzten Person

§ 56a IRG-E sieht einen Anspruch des Verletzten einer Straftat auf Entschädigung aus dem abgeschöpften inkriminierten Vermögen vor. Dieses durch das Ausführungsgesetz Suchtstoffübereinkommen 1988 vom 2. August 1993 eingeführte Instrument soll insbesondere durch Aufgabe der Voraussetzung, dass bereits bei Eingang des Rechtshilfeersuchens eine vollstreckbare Entscheidung eines deutschen Gerichts über den Schadensersatzanspruch ergangen sein muss, praxisgerechter ausgestaltet werden. Zukünftig ist es nicht mehr erforderlich, dass ein deutsches Gericht den Schadensersatzanspruch festgestellt hat. Es genügt auch die Vorlage eines ausländischen Titels, wenn er in Deutschland vollstreckbar ist.

Der Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass der Verletzte entschädigt werden soll, wenn ihm durch die Vollstreckung der Anordnung des Verfalls Masse entzogen wird, in die er hätte vollstrecken können. Der Verletzte hat deshalb nur insoweit Anspruch auf Entschädigung, als die Vermögenswerte dem deutschen Fiskus verblieben sind. Der Anspruch ist gegenüber der Vollstreckungsbehörde (§ 57 Absatz 1, § 88e Absatz 1 IRG-E) geltend zu machen. Gegen deren Entscheidung ist der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet.

Zu Absatz 1

Absatz 1 verlangt in Satz 1 den Antrag des Verletzten. Die deklaratorische Nennung des Rechtsnachfolgers als Antragsberechtigten in der bisherigen Fassung des § 56 IRG wird im Entwurf nicht übernommen, da sich sein Antragsrecht bereits daraus ergibt, dass der Anspruch nicht höchstpersönlich ist. Eine Einschränkung der Rechte des Rechtsnachfolgers ist daher mit der Änderung des Wortlautes nicht verbunden.

Materiell setzt der Anspruch zunächst voraus, dass im Wege der Vollstreckungshilfe auf Grundlage einer ausländischen Entscheidung, die der Anordnung des Verfalls gemäß §§ 73 ff. StGB entspricht, im Inland in Vermögenswerte der verurteilten Person vollstreckt wurde. Zudem muss dem Verletzten durch die Straftat, wegen der der Verfall angeordnet wurde ein Schaden entstanden sein. Der ausländischen Anordnung des Verfalls muss diese konkrete Tat zugrunde liegen. Nur insoweit kommt ein Entschädigungsanspruch in Betracht. Ergibt sich aus den Gründen der Verfallsentscheidung, dass nur ein Teil des Vermögenswertes, der aus der gegen den Verletzten verübten Tat erlangt wurde, für verfallen erklärt wurde, kann demnach nur für diesen Teil des Schadens eine Entschädigung verlangt werden. Diese Beschränkung ist insbesondere dann relevant, wenn der Anordnung Straftaten mit mehreren Verletzten zugrunde liegen (vgl. Näheres in der Begründung

Zu § 56a Absatz 3 Satz 2 IRG-E).

Des Weiteren setzt der Entschädigungsanspruch voraus:

Nach § 56a Absatz 1 Satz 2 ist die Entschädigung gegen Abtretung der Schadensersatzansprüche zu leisten. Als Inhaber des Entschädigungsanspruchs muss der Verletzte seine titulierten Schadensersatzansprüche abtreten, bevor die Entschädigung geleistet wird.

Die Pflicht zur Abtretung ist im Umfang auf die Höhe der Entschädigungsleistung beschränkt.

Sie umfasst auch die Pflicht zur Herausgabe des Titels ( § 402 BGB) und gegebenenfalls zur Mitwirkung bei der Umschreibung des Titels nach § 727 ZPO. Durch die Entschädigungsleistung nach § 56a IRG-E wird das Interesse des Verletzten befriedigt.

Statt des Verletzten sollte die Vollstreckungsbehörde in die Lage versetzt werden zu prü fen ob - und sei es in ferner Zukunft - eine Vollstreckung aus dem abgetretenen Titel Aussicht auf Erfolg hätte.

Zu Absatz 2

Absatz 2 sieht vor, dass der Entschädigungsanspruch nicht besteht, wenn die Rechte der verletzten Person an dem verfallenen Gegenstand nach § 73e Absatz 1 Satz 2 StGB fortbestehen.

In dieser Konstellation bedarf die verletzte Person keiner Entschädigung. Diese Regelung bringt die bereits bestehende Rechtslage, die einen Entschädigungsanspruch für Dritte ausschloss, klarer zum Ausdruck.

Zu Absatz 3

Absatz 3 entspricht der bisherigen Rechtslage und sieht eine Beschränkung des Anspruchs vor: Die Entschädigung soll maximal dem der Staatskasse verbleibenden Erlös entsprechen. "Erlös" bedeutet der aus der Vollstreckung bzw. der Verwertung gezogene Geldbetrag abzüglich der Kosten (mit allen angefallenen Gebühren und Auslagen), die während des gesamten Verfahrens - einschließlich Exequatur-, Bewilligungs- und Vollstreckungsverfahren - entstanden sind. Mit Ersatzansprüchen gegen den Antragsteller aus dem Entschädigungsverfahren (beispielsweise Erstattung von Übersetzungskosten oder Kostenerstattungsansprüchen gemäß § 92 ZPO) kann die Staatskasse aufrechnen.

Der Erlös "verbleibt" bei der Staatskasse, soweit er nicht anderen ausgekehrt wurde: In Betracht kommen insbesondere Zahlungen an andere Staaten im Rahmen einer Vereinbarung über die Herausgabe oder die Aufteilung der abgeschöpften Vermögenswerte (vgl. § 56b IRG-E) oder eine Aufteilung nach § 88f IRG-E mit anderen Mitgliedstaaten. Auch Entschädigungen nach § 56a IRG-E an andere Verletzte mindern den Anspruch des nachfolgenden Antragstellers.

Der Verletzte kann grundsätzlich nicht geltend machen, dass eine mögliche Sicherstellung oder Vollstreckung der Vermögenswerte unterblieben sei, eine auf andere Art und Weise erfolgte Vollstreckung oder Verwertung erfolgreicher gewesen wäre, die Zahlung an einen Dritten ungerechtfertigt oder von der Behörde getätigte Aufwendungen unwirtschaftlich gewesen seien. Der Entschädigungsanspruch beruht letztlich auf dem Gedanken der Billigkeit.

Das Entschädigungsverfahren soll daher nicht mit Fragen nach der wirtschaftlichen Angemessenheit von Vollstreckung und Verwertung oder der Rechtmäßigkeit von Vermögensabschöpfungsvereinbarungen bzw. der Überprüfung von Zahlungen an andere Verletzte belastet werden.

Liegen mehrere Anträge nach § 56a IRG-E vor, bestimmt sich die Entschädigung - dem Prioritätsprinzip des Einzelzwangsvollstreckungsrechts folgend - nach der Reihenfolge des Eingangs der Anträge bei der Vollstreckungsbehörde (§ 56a Absatz 3 Satz 2 IRG-E).

Jeder Verletzte kann aber nur den Anteil seines Schadens geltend machen, der der Anordnung des Verfalls zugrunde gelegt wurde. Ergibt sich daher aus den Gründen der ausländischen Verfallsentscheidung, dass nur ein Teil des erlangten Vermögenswertes für verfallen erklärt wurde, kann nur für diesen eine Entschädigung gewährt werden. Hat das ausländische Gericht beispielsweise einen Verfall in Höhe von 15 000 Euro angeordnet und festgestellt, dass der Verurteilte 5 000 Euro aus einer Tat gegen den Antragsteller erlangt hat, wird dieser selbst dann maximal in dieser Höhe entschädigt, wenn er einen Vollstreckungstitel über 8 000 Euro erwirkt hat. Beträgt in diesem Beispiel der Erlös aus der Verfallsanordnung lediglich 9 000 Euro, erhält der Antragsteller, wenn er als erster den Antrag gestellt hat, nach § 56a Absatz 3 S. 2 IRG-E eine Entschädigung in Höhe von 5 000 Euro. Trifft das ausländische Gericht in der Anordnung hingegen keine Feststellungen dazu welche Beträge der Verurteilte zum Nachteil mehrerer Verletzter erlangt hat, kann die Vollstreckungsbehörde davon ausgehen, dass der gesamte titulierte Schadensersatzanspruch der Anordnung zugrunde liegt. In dem gewählten Beispiel könnte der erste Antragsteller in Höhe von 8 000 Euro entschädigt werden, auch wenn ein zweiter Antragsteller einen Titel über 10 000 Euro erwirkt hat und damit offenkundig ist, dass die Verfallsanordnung nicht den gesamten Schaden aller Verletzten umfasst.

§ 56a Absatz 3 Satz 3 enthält eine Regelung für den Fall, dass der verteilbare Erlös nicht zur Entschädigung aller gleichrangig Berechtigten ausreicht. Als gleichrangig berechtigt gelten Verletzte, deren Anträge am gleichen Tag bei der Vollstreckungsbehörde eingehen.

Reicht der auf sie verteilbare Erlös nicht zur vollständigen Entschädigung aus, sollen sie anteilig nach der Höhe ihrer Schadensersatzansprüche entschädigt werden.

Zu Absatz 4

Die Vorschrift sieht eine geänderte Befristung des Anspruchs vor. Nach bisheriger Rechtslage kann der Anspruch zwei Jahre nach Eingang des Rechtshilfeersuchens gestellt werden. Absatz 4 verschiebt den Beginn der Frist auf den Zeitpunkt der Beendigung der Vollstreckung. Sie beginnt ohne Rücksicht darauf, ob der Verletzte von der Vollstreckung sowie Art und Umfang seines Entschädigungsanspruchs Kenntnis hat. § 57 Absatz 7 IRG-E verpflichtet die Vollstreckungsbehörde jedoch, ihn über seine möglichen Rechte nach § 56a IRG-E zu belehren. Die Frage, wann die Vollstreckung beendet ist, richtet sich nach den für die Vollstreckungsmaßnahme einschlägigen Bestimmungen, regelmäßig also nach der Zivilprozessordnung bzw. dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (vgl. § 6 Absatz 1 Nummer 1 der Justizbeitreibungsordnung in Verbindung mit §§ 866, 869 ZPO). Im Gegenzug soll die Frist jedoch statt zwei Jahren nur noch sechs Monate betragen. Nach Ablauf der Frist steht es dann im Ermessen der Behörde, die Entschädigung zu leisten. Bei der Ausübung des Ermessens könnte sie sich beispielsweise daran orientieren, ob die Versagung der Entschädigung eine unbillige Härte darstellen würde oder ob der Anspruch auch nach allgemeinen Regeln verjährt wäre.

Der Fristenlauf dient dem öffentlichen Interesse, die Vollstreckungshilfe abzuschließen.

Die Neuregelung beruht auf dem Gedanken, dass die zuständige Behörde möglicherweise das abgeschöpfte Vermögen mit einem anderen Staat gemäß § 56b IRG-E teilen muss. Sieht eine Vereinbarung nach § 56b IRG-E eine Teilung der vollstreckten Vermögenswerte nach Abzug von Entschädigungsleistungen vor, kann zum Vollzug der Vereinbarung abgewartet werden, ob Entschädigungsansprüche geltend gemacht werden. Im Verhältnis zum Verletzten der Tat besteht jedoch keine Verpflichtung, den Zeitraum von sechs Monaten bis zum Eingang von Entschädigungsanträgen abzuwarten. Sein Anspruch auf Entschädigung ist durch den der deutschen Staatskasse verbleibenden Erlös beschränkt (§ 56a Absatz 3 IRG-E).

Nach § 56a Absatz 4 Satz 3 IRG-E kann die Vollstreckungsbehörde dem Verletzten angemessene Fristen setzen, innerhalb derer erforderliche Unterlagen einzureichen sind.

Dadurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Verletzte innerhalb der Antragsfrist möglicherweise nicht in der Lage ist, alle Unterlagen beizubringen. Insbesondere kann es erforderlich werden, eine Klage zu erheben, um einen zivilrechtlichen Vollstreckungstitel gegen den Verurteilten zu erwirken bzw. einen Vollstreckungsauftrag zu erteilen. Die Vollstreckungsbehörde soll hierzu angemessene Fristen setzen können. Da sie in diesem Fall weiß, dass ein Anspruch gestellt wird, kann sie diese Kenntnis bei der Abrechnung mit dem ersuchenden Staat berücksichtigen.

Zu Absatz 5

Absatz 5 sieht vor, dass für Streitigkeiten die Zivilgerichtsbarkeit zuständig ist. Die gesetzliche Klarstellung entspricht der bisherigen Rechtslage (vgl. BT-Drs. 012/3533 S. 22).

6. Zu § 56b - Vereinbarung über die Verwertung, Herausgabe und Aufteilung des abgeschöpften Vermögens

Die Neuregelung greift Artikel 16 des Rahmenbeschlusses auf und führt erstmals die Möglichkeit ein, Vereinbarungen mit ausländischen Staaten über die Verwertung, Herausgabe und Aufteilung zu treffen.

Bislang herrschte im internationalen Rechtshilferecht der Grundsatz, dass der Erlös aus der Vollstreckung einer Verfalls- oder Einziehungsentscheidung beim ersuchten Staat verbleibt. Artikel 15 des Übereinkommens des Europarates über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten vom 8. November 1990 (BGBl. 1998 II S. 519) sah erstmals vor, dass die beteiligten Staaten von dieser Grundregel durch Einzelvereinbarung abweichen können, um eine Teilung der vollstreckten Erlöse vorzunehmen. Der historische Gesetzgeber sah von einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage ab, da er der Ansicht war, die Schaffung finanzieller Anreize für gewisse Bereiche der Kriminalitätsbekämpfung berge zum einen die Gefahr in sich, zu einer unerwünschten unterschiedlichen Bearbeitung von Rechtshilfeersuchen zu führen, zum anderen widerspreche die Teilung der Erlöse der internationalen Übung, auf Kostenerstattung zu verzichten. Im Übrigen liege der Gewinnabschöpfung die Philosophie zugrunde dass nicht zurückerstattet werden solle, was auf dem Hoheitsgebiet eines Staates aus kriminellen Handlungen "erwirtschaftet" wurde. Vielmehr werde angestrebt, den durch die Tat entstandenen rechtswidrigen Zustand zu beheben und den Tätern zugleich durch die Wegnahme des illegal Erlangten ihre finanziellen Ressourcen zu entziehen (BT-Drs. 013/7954 S. 32).

In multilateralen Übereinkommen wurde der Gedanke der Rückgabe oder der Aufteilung abgeschöpften Vermögens in den letzten Jahren wiederholt aufgegriffen. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass es Ziel der Vollstreckungshilfe nicht nur ist, den Tätern durch die Abschöpfung des inkriminierten Vermögens die finanziellen Grundlagen zu nehmen, sondern dass sich die internationale Zusammenarbeit zugleich darauf erstrecken kann, dieses Vermögen jedenfalls in Teilen an den Staat, in dem die Tat begangen wurde, zurückzuführen.

So verpflichten sich die Vertragsparteien des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen (BGBl. 1993 II S. 1137) zwar nicht dazu, Übereinkünfte über die Aufteilung und Rückgabe abgeschöpften Vermögens zu schließen. Eine solche Verfahrensweise soll aber zumindest in Erwägung gezogen werden (Artikel 5 Absatz 5 Buchstabe b Ziffer ii). Auch das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 15. November 2000 gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (BGBl. 2005 II S. 954) ruft hierzu in Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe b auf.

Hervorzuheben ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAC, Resolution 58/4 vom 31. Oktober 2003), das in Artikel 57 vorsieht, dass auf ein ausländisches Ersuchen eingezogenes, aus Korruptionsstraftaten stammendes Vermögen unter bestimmten Voraussetzungen an den ausländischen Staat zurückgegeben werden soll. Das gilt gemäß seinem Artikel 57 Absatz 3 Buchstabe a insbesondere für unterschlagene, gewaschene veruntreute oder auf Grund von Korruption erlangte öffentliche Geldbeträge.

Zwar steht diese Regelung gemäß Artikel 46 Absatz 21 Buchstabe d der Konvention unter dem Vorbehalt des innerstaatlichen Rechtshilferechts. Von den Staaten, die die Konvention ratifizieren, wird aber unzweifelhaft erwartet, dass sie die erforderlichen Regelungen haben oder einführen, die eine solche Rückgabe ermöglichen (vgl. Artikel 57 Absatz 2 der Konvention). Die Rückgabe ist nach deutschem Recht bislang lediglich eingeschränkt möglich:

Artikel 16 Rb Einziehung enthält erstmals auf multilateraler Ebene eine Verpflichtung, auf der Grundlage einer ausländischen Entscheidung eingezogene Vermögenswerte mit dem ersuchenden Staat zu teilen. Daraus resultiert ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf, jedenfalls mit EU-Mitgliedstaaten eine Teilung des abgeschöpften Vermögens vorzunehmen.

Auf Grund des neuen, in der UN-Konvention gegen Korruption zum Ausdruck gebrachten gemeinsamen Verständnisses von internationaler Zusammenarbeit in diesem Bereich soll die Umsetzung des Rahmenbeschlusses zum Anlass genommen werden, eine Aufteilung der Vermögensabschöpfung auch im Verhältnis zu anderen Staaten zu ermöglichen. Hierzu soll in § 56b IRG-E eine generelle Ermächtigungsvorschrift zum Abschluss derartiger Vereinbarungen eingeführt werden.

Innerstaatlich fließen die in Deutschland verbleibenden Erlöse derjenigen Körperschaft zu, die auch im Falle einer von einem deutschen Gericht erlassenen Anordnung des Verfalls oder der Einziehung den Betrag erhalten würde.

Zu Absatz 1

§ 56b Absatz 1 IRG-E regelt die einzelnen Voraussetzungen für den Abschluss einer Vereinbarung über die Vermögensabschöpfung. Systematisch im Vierten Teil des IRG angesiedelt, bezieht sie sich nur auf eingehende Ersuchen; für ausgehende Ersuchen erklärt § 71a IRG-E die Regelung für entsprechend anwendbar.

Möglich ist eine Vereinbarung über Fragen der Verwertung (z.B. zu welchem Preis ein vollstreckter Vermögensgegenstand veräußert wird), über Fragen der Herausgabe und der Aufteilung.

Zuständig für den Abschluss der Vereinbarung ist die Bewilligungsbehörde nach § 74 IRG, im Grundsatz das Bundesministerium der Justiz (welches seine entsprechenden Befugnisse auf das Bundesamt für Justiz übertragen hat) im Einvernehmen mit anderen betroffenen Ressorts. Die Bundesregierung hat die Ausübung der Befugnisse zur Bewilligung von Rechtshilfeersuchen u. a. für den Rechtshilfeverkehr mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf die Landesregierungen übertragen, die sie ihrerseits gemäß § 74 Absatz 2 Satz 2 IRG an die Landesjustizverwaltungen oder an nachgeordnete Behörden weiterdelegiert haben (vgl. zur beabsichtigten Notifikation der zuständigen Behörden für eingehende Ersuchen nach dem Rb Einziehung die Ausführungen unter V. zu Artikel 3).

In diesem Fall ist die Behörde, die die Befugnis zur Bewilligung von Rechtshilfeersuchen ausübt zuständig für den Abschluss einer Vereinbarung nach § 56b Absatz 1 IRG-E. Da es sich dabei nicht um den Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages im Anwendungsbereich des Artikels 32 des Grundgesetzes handelt, ist es möglich und auch sinnvoll, den Landesbehörden, soweit sie die Befugnis zur Bewilligung des Vollstreckungshilfeersuchens ausüben die Kompetenz zum Abschluss einer Vereinbarung über die Verwertung, Herausgabe und Aufteilung des abgeschöpften Vermögens zuzuweisen. Hierbei handelt es sich um Fragen, die in einem engen Zusammenhang mit der Bewilligung des Ersuchens stehen. Nach Nummer 8 der Vereinbarung der Bundesregierung mit den Landesregierungen über die Zuständigkeit im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (neugefasst am 28. April 2004, Bundesanzeiger Nummer 100 vom 29. Mai 2004, S. 11494) setzen sich die Landesregierungen in Fällen, denen besondere Bedeutung in politischer, tatsächlicher oder rechtlicher Beziehung zukommt, mit der Bundesregierung rechtzeitig ins Benehmen und werden Bedenken der Bundesregierung Rechnung tragen. Im Verhältnis zu Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist eine Vereinbarung nur ausnahmsweise zulässig, da das Prinzip der hälftigen Teilung nach § 88f IRG-E vorgeht (vgl. Begründung zu § 88f IRG-E). Daher ist eine Vereinbarung nach § 56b IRG-E stets ein Fall von besonderer Bedeutung im Sinne der Zuständigkeitsvereinbarung.

Eine solche Vereinbarung darf nur nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit geschlossen werden d. h. nur wenn auf Grund der vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherung erwartet werden kann, dass dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde. Zur Beurteilung dieser Frage kann auf die zu § 5 IRG durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Das Erfordernis der Gegenseitigkeit bezieht sich nicht nur darauf, ob eine Vereinbarung abgeschlossen werden darf, sondern begrenzt auch den Umfang ihres Inhalts: Sichert der ersuchende Staat etwa zu, die Erlöse im umgekehrten Fall nach Abzug entstandener Kosten hälftig zu teilen, darf maximal der entsprechende Anteil an den ersuchenden Staat abgeführt werden. Zudem sind was sich auch aus § 1 Absatz 3 IRG ergibt, völkerrechtliche Vereinbarungen zu berücksichtigen.

Abgesehen davon steht es im freien Ermessen der Bewilligungsbehörde, ob und mit welchem Inhalt eine Vereinbarung über die Aufteilung der Vermögensabschöpfung abgeschlossen werden soll. Zu Gunsten einer größeren flexiblen Anwendung macht § 56b IRG-E keine weiteren Vorgaben.

Zu Absatz 2

§ 56b Absatz 2 IRG-E stellt Vereinbarungen über geschützte Kulturgüter unter einen Einwilligungsvorbehalt des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und Medien.

Nach Artikel 16 Absatz 3 Rb Einziehung ist der ersuchte Staat nicht verpflichtet, auf der Grundlage des Ersuchens vollstreckte Kulturgüter zu verkaufen oder herauszugeben, wenn sie nach der Richtlinie 93/7/EWG des Rates vom 15. März 1993 über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats verbrachten Kulturgütern (ABl. L 74 vom 27.3.1993, S. 74, ABl. L 187 vom 10.7.2001, S. 43) geschützt sind. Diese Kulturgüter werden nach nationalem Recht auf der Grundlage des Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung (BGBl. 1999 I S. 1754, BGBl. 2007 I S. 757, im Folgenden: Kulturgutschutzgesetz) geschützt. § 1 Kulturgutschutzgesetz umfasst Kunstwerke und anderes Kulturgut - einschließlich Bibliotheksgut -, deren Abwanderung ins Ausland einen wesentlichen Verlust für den deutschen Kulturbesitz bedeuten würde.

§ 10 Kulturgutschutzgesetz umfasst Archive, archivalische Sammlungen, Nachlässe und Briefsammlungen mit wesentlicher Bedeutung für die deutsche politische sowie die Kultur- und Wirtschaftsgeschichte. Die geschützten Gegenstände werden in den Bundesländern in ein "Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes" bzw. ein "Verzeichnis national wertvoller Archive" eingetragen. Die Ausfuhr oder das sonstige Verbringen ins Ausland bedarf der Genehmigung (§ 1 Absatz 4 und § 10 Absatz 1 Kulturgutschutzgesetz). Hierüber entscheidet der Beauftragte der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und Medien nach Anhörung eines Sachverständigen-Ausschusses (§ 5 und § 12 Kulturgutschutzgesetz).

Die Genehmigung kann an Bedingungen geknüpft werden. Sie ist zu versagen, wenn bei Abwägung der Umstände des Einzelfalles wesentliche Belange des deutschen Kulturbesitzes überwiegen (§ 1 Absatz 4 und § 10 Absatz 3 Kulturgutschutzgesetz).

Da auch die Herausgabe von geschützten Kulturgütern auf der Grundlage einer Vereinbarung nach § 56b Absatz 1 IRG-E eine Ausfuhr, jedenfalls ein sonstiges Verbringen, im Sinne von § 1 Absatz 4 und von § 10 Absatz 1 Kulturgutschutzgesetz darstellt, stehen entsprechende Vereinbarungen schon nach geltender Rechtslage unter dem Genehmigungsvorbehalt nach dem im Kulturgutschutzgesetz vorgesehenen Verfahren. § 56b Absatz 2 Satz 1 IRG-E stellt klar, dass die erforderliche Einwilligung vor dem Abschluss der Vereinbarung mit dem ersuchenden Staat einzuholen ist.

§ 56b Absatz 2 Satz 2 IRG-E trifft für den Fall der verweigerten Zustimmung eine spezielle Regelung darüber, wem die vollstreckten Kunstgegenstände zugute kommen. Durch den (dynamischen) Verweis auf § 16 Absatz 3 Satz 2 Kulturgutschutzgesetz sind die Gegenstände an das Land herauszugeben, in dem das Kulturgut oder Archivgut durch die Eintragung in das Verzeichnis geschützt ist oder seine Eintragung eingeleitet war. Wird die Zustimmung zu dem Abschluss der Vereinbarung mit dem ersuchenden Staat erteilt, bleibt es bei dem dargestellten Grundsatz, dass der Erlös derjenigen Körperschaft zufließt, die auch im Falle einer von einem deutschen Gericht erlassenen Anordnung des Verfalls oder der Einziehung den Betrag erhalten würde.

7. Zu § 57 - Vollstreckung

Zu den Absätzen 1 und 4 sowie zur Überschrift Nach § 57 Absatz 5 IRG in der geltenden Fassung richtet sich der Vollzug der umgewandelten Sanktion nach den Vorschriften, die auf eine im Geltungsbereich des Gesetzes verhängte Sanktion anwendbar wären. Der Begriff des "Vollzuges" soll durch den auch sonst in § 57 IRG verwendeten Oberbegriff der "Vollstreckung" ersetzt werden. In der Terminologie der Strafprozessordnung wird der Begriff der Vollstreckung einheitlich für die Durchsetzung sämtlicher Sanktionen verwendet (vgl. §§ 449 ff. StPO).

Die Neufassung soll § 57 Absatz 4 IRG ersetzen. Diese Vorschrift bestimmt bislang, dass für die Vollstreckung einer Sanktion, die in eine nach dem Jugendgerichtsgesetz zulässige Sanktion umgewandelt worden ist, die Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes entsprechend gelten. Damit soll die besondere Zuständigkeit des Jugendrichters nach § 82 Absatz 1 Satz 1 JGG begründet werden (vgl. BT-Drs. 9/1338 S. 116). Der Jugendrichter ist auch Vollstreckungsleiter, wenn gegen einen Heranwachsenden unter Anwendung von Jugendstrafrecht eine nach dem Jugendgerichtsgesetz zulässige Maßnahme oder eine Jugendstrafe verhängt wurde ( § 110 Absatz 1 JGG). Da die Zuständigkeitsbestimmung eine Spezialregelung gegenüber § 57 Absatz 1 IRG darstellt, soll die Klarstellung künftig in Absatz 1 erfolgen. Die allgemeine, auch die Sanktionen nach dem Jugendstrafrecht umfassende Vorschrift über die Anwendbarkeit der vollstreckungsrechtlichen Vorschriften kann daher in § 57 Absatz 4 IRG-E gefasst werden.

Zu Absatz 5

Nach Absatz 5 ist die Vollstreckung eines Geldbetrages einzustellen oder zu beschränken, wenn der Verurteilte eine Urkunde vorlegt, aus der sich ergibt, dass die Anordnung in einem anderen Staat vollstreckt wurde. Das Gleiche gilt, wenn die Vollstreckungsbehörde auf andere Weise von der Vollstreckung im Ausland Kenntnis erlangt. Diese Kenntnis muss zuverlässig sein, etwa durch eine entsprechende Mitteilung des ersuchenden Staates.

Neben den Einstellungsgründen, die sich durch die Verweisung in der Justizbeitreibungsordnung auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung ergeben (z.B. § 775 ZPO), dient diese Vorschrift der Klarstellung, dass auch Vollstreckungen im Ausland anzurechnen sind. § 54 Absatz 4 IRG bestimmt die Anrechnung der Teilvollstreckung im gerichtlichen Exequaturverfahren. § 57 Absatz 5 IRG-E ergänzt diese Regelung für Vollstreckungen, die im Anschluss an das gerichtliche Exequaturverfahren im Ausland erfolgen.

Zu Absatz 7

Bislang verpflichtet § 55 Absatz 3 Satz 5 IRG das Gericht, welches eine ausländische Anordnung des Verfalls für vollstreckbar erklärt hat, bei Anhaltspunkten für das Bestehen eines Entschädigungsanspruches nach § 56a IRG die Entscheidung an das Gericht weiterzuleiten, das für die aus der Tat folgenden zivilrechtlichen Ansprüche zuständig ist, damit dieses den Verletzten über die Exequaturentscheidung unterrichtet.

Im Zuge der Reform des § 56a IRG soll diese Informationspflicht anders ausgestaltet werden.

Zukünftig ist die nach § 57 Absatz 1 IRG zuständige Vollstreckungsbehörde zu einer Belehrung über die Rechte aus § 56a IRG-E verpflichtet. Diese Belehrungspflicht entsteht, wenn sich aus der vollstreckten ausländischen Anordnung des Verfalls Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine bestimmte Person Schadensersatzansprüche gegen den Verurteilten haben könnte. Die Vollstreckungsbehörde ist nicht verpflichtet, eigene Ermittlungen darüber anzustellen, ob es Personen gibt, die Schadensersatzansprüche geltend machen können. Maßgebend ist allein, ob sich Anhaltspunkte auf einen namentlich bekannten Anspruchsinhaber aus der vollstreckten ausländischen Verfallsanordnung ergeben. Auch werden Nachforschungen zur Identität des Verletzten oder zu seinem Aufenthaltsort nicht verlangt. Solche Nachforschungen wären insbesondere im Ausland mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden. Es reicht daher aus, wenn die Vollstreckungsbehörde die vollstreckte Entscheidung und ihre Begründung daraufhin prüft, ob Verletzte der Tat namentlich bezeichnet sind und wenn sie diese Personen (bzw. ihre Vertreter) durch einfachen Brief an die letzte bekannte Anschrift über die Rechte nach § 56a IRG-E belehrt.

Rechtsfragen sind nicht eingehend zu prüfen. Im Zweifel, ob Schadensersatzansprüche - gar bei Anwendung fremden Rechts - bestehen, ist die Belehrung zu erteilen.

Die Belehrungspflicht entsteht unverzüglich nach Beendigung der Vollstreckung. Die Belehrung hat auch später unverzüglich zu erfolgen, sobald sie aus tatsächlichen Gründen durchgeführt werden kann (etwa weil die Vollstreckungsbehörde im Nachhinein von der Identität oder vom Aufenthaltsort des Verletzten Kenntnis erlangt). Da nach Ablauf der in § 56a Absatz 4 genannten Frist die Entschädigung im Ermessen der Vollstreckungsbehörde steht soll es ab diesem Zeitpunkt ebenfalls in ihr Ermessen gestellt werden, ob noch eine Belehrung über die Rechte erfolgen soll. Dabei kann sie ihre Entscheidung davon abhängig machen, ob trotz Ablaufs der Frist noch eine Entschädigungsleistung in Betracht kommt.

Es ist vorgesehen, eine entsprechende Musterbelehrung bereitzuhalten, die z.B. in den RiVASt abgebildet werden kann.

8. Zu § 57a - Kosten der Vollstreckung

§ 57a IRG-E enthält eine Regelung, die der Kostengrundentscheidung bei einem vergleichbaren inländischen Verfahren entspricht.

Nach § 464 StPO enthalten Urteile bzw. das Urteil ersetzende Beschlüsse eine Entscheidung darüber wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Zu den Kosten des Verfahrens gehören nach § 464a Absatz 1 Satz 2 StPO auch die Kosten der Vollstreckung. Ausländische Entscheidungen enthalten nicht notwendigerweise auch eine Kostengrundentscheidung über die Vollstreckung. Daher ist eine gesetzliche Regelung erforderlich, die die Vollstreckung ausländischer Urteile kostenrechtlich der Vollstreckung inländischer Urteile gleichstellt.

Durch die Neuregelung wird sichergestellt, dass von dem Verurteilten auch im Rahmen der Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung diejenigen Kosten erhoben werden können für die das nationale Recht bei der Vollstreckung inländischer Erkenntnisse Kostentatbestände vorsieht:

Vollstreckt eine deutsche Verwaltungsbehörde gemäß § 92 OWiG einen rechtskräftigen Bußgeldbescheid, werden die Kosten der Vollstreckung hingegen durch die Verweisung in § 90 Absatz 1 OWiG in Verbindung mit § 19 Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz nach § 337 Absatz 1 und nach den §§ 338 bis 346 der Abgabenordnung erhoben.

Durch den Entwurf soll der Verurteilte nur verpflichtet werden, die Kosten der Vollstreckung zu tragen. Das Exequaturverfahren nach dem IRG bleibt gerichtskostenfrei (Umkehrschluss aus § 1 Satz 1 GKG).

Auch Justizverwaltungskosten, die im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten - etwa im Bewilligungsverfahren - anfallen, hat der Verurteilte nach wie vor nicht zu tragen (§ 6 Absatz 3 der Justizverwaltungskostenordnung). Dies schließt die im Zusammenhang mit der Überstellung aus dem Ausland anfallenden Kosten der Vollstreckungsbehörde (z.B. Reise- und Personalkosten) ein. Derartige Kosten können zurzeit auch nicht im Rahmen des § 50 StVollzG oder nach dem GKG - quasi als Vollstreckungskosten im weiteren Sinne - geltend gemacht werden. Die Auslagentatbestände des GKG sind auf Verfahren nach dem IRG nicht anwendbar (vgl. § 1 GKG). Die vorgeschlagene abstrakte Kostentragungspflicht führt in der Frage der Überstellungskosten daher zunächst zu keiner Änderung der Rechtslage. Im Zuge der Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union (ABl. L 327 vom 5.12.2008, S. 27) wird zu erwägen sein ob und unter welchen Voraussetzungen eine gesetzliche Regelung zur Auferlegung von Überstellungskosten geschaffen werden soll.

9. Zu § 58 - Sicherung der Vollstreckung

Da § 58 IRG in den Absätzen 1 und 2 nicht nur die Haft zur Sicherung der Vollstreckung, sondern in Absatz 3 auch andere Maßnahmen regelt, ist der alleinige Hinweis in der Überschrift auf die Haft zu entfernen.

10. Zu § 61b - Gemeinsame Ermittlungsgruppen

§ 93 IRG sieht nur für den Rechtshilfeverkehr mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine Ermächtigung zur Bildung gemeinsamer Ermittlungsgruppen vor. Zusätzlich soll im allgemein anwendbaren Teil des IRG eine Regelung eingefügt werden, die den Anwendungsbereich auch auf den Rechtshilfeverkehr mit Staaten außerhalb der Europäischen Union ausdehnt.

Die Änderungen sollen die Ratifikation des Zweiten Zusatzprotokolls zum Europäischen Rechtshilfeübereinkommen vorbereiten. Dieses Zusatzprotokoll wurde von der Bundesrepublik Deutschland am 8. November 2001 unterzeichnet und enthält zum einen Vereinfachungen des allgemeinen Rechtshilfeverfahrens und zum anderen ergänzende Regelungen, etwa zur Vernehmung per Videokonferenz, zu verdeckten Ermittlungen und zur Bildung gemeinsamer Ermittlungsgruppen.

Ein Umsetzungsbedarf besteht lediglich darin, die bestehende Ermächtigungsgrundlage zur Bildung von gemeinsamen Ermittlungsgruppen auf den Rechtshilfeverkehr mit anderen Vertragsstaaten des Übereinkommens zu erweitern. Im Rechtshilfeverkehr mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union wurde in Artikel 13 EU-RhÜbk eine völkerrechtliche Vereinbarung zur Bildung von gemeinsamen Ermittlungsgruppen getroffen. Ergänzend bezieht der Rahmenbeschluss 2002/465/JI des Rates der Europäischen Union vom 13. Juni 2002 über gemeinsame Ermittlungsgruppen (ABl. L 162 vom 20.6.2002, S. 1) diejenigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein, die das EU-1echtshilfeübereinkommen noch nicht ratifiziert haben. Eine Umsetzung dieser Rechtsakte erfolgte durch das Gesetz vom 22. Juli 2005 (BGBl. I S. 2189) in § 83k IRG, der dem Wortlaut des § 93 IRG entspricht. Wortlaut und Gesetzessystematik beschränken die Regelung im Zehnten Teil des IRG auf den Rechtshilfeverkehr mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Um den Anwendungsbereich auf den Rechtshilfeverkehr mit anderen Vertragsstaaten des Zweiten Zusatzprotokolls zum Europäischen Rechtshilfeübereinkommen zu erweitern, ist es erforderlich, zusätzlich eine im Wortlaut angepasste Regelung im Fünften Teil des IRG aufzunehmen.

Voraussetzung für die Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe ist nach § 61b Absatz 1 IRG-E das Vorliegen einer völkerrechtlichen Vereinbarung. Im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bleibt die gesetzliche Grundlage zur Bildung der gemeinsamen Ermittlungsgruppe in § 93 IRG erhalten (vgl. hierzu auch die Begründung

Zu § 93 IRG-E).

Neben der Erweiterung des Anwendungsbereichs auf weitere Staaten entsprechen Art und Umfang der gesetzlichen Ermächtigung zur Bildung von gemeinsamen Ermittlungsgruppen der gesetzlichen Regelung für den Rechtshilfeverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Zur Begründung der Regelungen in den Absätzen 1 bis 4 wird daher auf die Ausführungen in der Gesetzesbegründung zu § 83k IRG a.F. (BT-Drs. 015/4232 S. 9) verwiesen. Zusätzlich soll die Vorschrift geschlechtsneutral formuliert werden (vgl. hierzu auch die Begründung zu § 93 IRG-E).

11. Zu § 61c - Audiovisuelle Vernehmung

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung an die Einfügung der Regelung über die gemeinsamen Ermittlungsgruppen in § 61b IRG-E.

12. Zu § 67a - Rechtshilfe für internationale Strafgerichtshöfe, zwischen- und überstaatliche

Einrichtungen Durch Artikel 5 des Gesetzes zur Ausführung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes (BGBl. 2002 I S. 2144) wurde die bisherige Regelung über die Zulässigkeit der Rechtshilfe für zwischen- und überstaatliche Einrichtungen durch eine Regelung über die Zusammenarbeit mit internationalen Strafgerichtshöfen ersetzt. Hierdurch war die Rechtshilfe für Einrichtungen der Vereinten Nationen auf Ersuchen internationaler Strafgerichtshöfe vom Wortlaut nicht mehr erfasst. Die Bundesrepublik Deutschland kann jedoch auf Grund eines Beschlusses des Sicherheitsrates nach dem VII. Kapitel der UN-Charta verpflichtet werden, entsprechenden Organisationen der Vereinten Nationen Unterstützung durch Rechtshilfe zu leisten. Daher soll die geltende Norm durch eine offene Regelung ersetzt werden, die auch die Rechtshilfe mit zwischen- und überstaatlichen Einrichtungen ausdrücklich mit einbezieht.

13. Zu § 71a - Vereinbarung über die Verwertung, Herausgabe und Aufteilung des abgeschöpften Vermögens

Die Vorschrift gibt den Bewilligungsbehörden die Befugnis, auch bei ausgehenden Ersuchen mit dem ersuchten Staat eine Vereinbarung über die Aufteilung der Vermögensabschöpfung zu treffen. Die Regelung in § 56b IRG-E gilt entsprechend.

14. Zu § 74a - Internationale Strafgerichtshöfe, zwischen- und überstaatliche Einrichtungen

Die Ergänzung in § 74a IRG-E um zwischen- und überstaatliche Einrichtungen beruht auf den gleichen Erwägungen wie die Ergänzung in § 67a IRG-E.

15. Zu § 81 - Auslieferung zur Verfolgung oder zur Vollstreckung

§ 81 IRG betrifft eine Regelung über den Europäischen Haftbefehl. In § 81 Nummer 4 IRG wird schon in der jetzigen Fassung bestimmt, dass die beiderseitige Strafbarkeit bei den sogenannten Listendelikten (Artikel 2 Absatz 2 des Rb EuHB) nicht geprüft wird. Durch die Bezugnahme auf die Regelung im Rb EuHB folgt, dass die Vorschrift bereits in der geltenden Fassung dahingehend auszulegen ist, die beiderseitige Strafbarkeit nur dann nicht zu prüfen, wenn nach dem Recht des ersuchenden Staates für das Delikt im Höchstmaß eine freiheitsentziehende Sanktion von mindestens drei Jahren angedroht wird (was auch regelmäßig der Fall sein wird). Artikel 6 Absatz 1 Rb Einziehung und Artikel 3 Absatz 2 Rb Sicherstellung sehen ebenfalls Bagatellgrenzen vor, nicht hingegen Artikel 5 Absatz 1 Rb Geldstrafen. Daher erscheint es sinnvoll, die Umsetzung des Rb Einziehung zum Anlass für eine gesetzliche Klarstellung zu nehmen. Die weiteren Änderungen sind sprachlicher und rechtsförmlicher Art.

16. Zu § 88 - Grundsatz

Satz 1 sieht einen Vorrang der §§ 88a bis 88f für eingehende Ersuchen um Vollstreckung einer Anordnung des Verfalls oder der Einziehung nach Maßgabe des Rb Einziehung vor.

Wie auch in §§ 48 ff. IRG werden bei der Verwendung der Begriffe Verfall und Einziehung die Maßnahmen verstanden, die unter der Überschrift "Verfall und Einziehung" im Siebenten Titel des Dritten Abschnitts im Strafgesetzbuch (§§ 73 bis 76a StGB) aufgeführt sind.

Daher sind auch solche Ersuchen nach den §§ 88 ff. IRG-E zu behandeln, die sich auf den Verfall des Wertersatzes ( § 73a StGB), den erweiterten Verfall (§ 73d StGB), die erweiterte Einziehung (§ 74a StGB), die Einziehung des Wertersatzes (§ 74c StGB) und die Einziehung von Schriften und Unbrauchbarmachung (§ 74d StGB) beziehen oder selbständig angeordnet wurden (§ 76a StGB).

Aus Satz 2 ergibt sich, dass neben den §§ 88a ff. IRG-E ergänzend der Erste, Vierte und Siebente Teil des IRG gelten. Damit wird der Rb Einziehung innerhalb des bereits bestehenden Systems der Vollstreckungshilfe in den §§ 48 ff. IRG umgesetzt. Die erleichterten Voraussetzungen der §§ 88a ff. IRG-E gelten nur, wenn das Ersuchen nach Maßgabe des Rb Einziehung unter Verwendung des vorgesehenen Formulars gestellt wurde. Ersuchen, die nicht dieser Maßgabe entsprechen, können weiterhin nach den Vorschriften des Vierten Teils als zulässig behandelt werden, z.B. wenn der Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses nach Artikel 2 Buchstabe a nicht eröffnet ist, weil ein nicht für strafrechtliche Angelegenheiten zuständiges Gericht die Maßnahme angeordnet hat und der Anordnung eine mit Strafe bedrohte Tat zugrunde liegt (vgl. § 48 Satz 2 IRG).

17. Zu § 88a - Voraussetzungen der Zulässigkeit

Zu Absatz 1

Absatz 1 benennt die Voraussetzungen der Bewilligung, die modifizierend an die Stelle der Voraussetzungen des § 49 Absatz 1 IRG treten. Ein Ersuchen nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses liegt nur vor, wenn ein ausländisches Gericht im Rahmen eines Strafverfahrens eine Anordnung erlassen hat, die der inländischen Maßnahme eines Verfalls oder einer Einziehung entspricht (vgl. Artikel 2 Rb Einziehung) und die in Artikel 4 Rb Einziehung vorgesehene Bescheinigung beigefügt wurde.

Im Einzelnen:

Durch die Regelung wird sichergestellt, dass gerichtlich überprüft wird, ob sich das Ersuchen auf eine Einziehungsentscheidung im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Rb Einziehung in Verbindung mit Artikel 2 Rb Einziehung bezieht. Das deutsche Recht entspricht in §§ 73, 74 StGB der Definition der Einziehungsentscheidung gemäß Artikel 2 Buchstaben c bis f.

Es erlaubt auch alle Maßnahmen, die nach dem mit dem Rb Einziehung zusammenhängenden Rahmenbeschluss 2005/212/JI über die Einziehung von Erträgen, Tatwerkzeugen und Vermögensgegenständen aus Straftaten vorgesehen sein müssen (vgl. die Ausführungen unter IV.). Daher kann und sollte die Prüfung, ob ein Ersuchen nach Artikel 7 Rb Einziehung der Anerkennungspflicht unterliegt, nach Maßgabe des deutschen Rechts erfolgen. Diese Systematik gewährleistet insbesondere auch, dass erweiterte Einziehungsentscheidungen im Einklang mit §§ 73d, 74a StGB vollstreckt werden können.

Soweit die Anordnung eines Verfalls eine unbillige Härte ( § 73c StGB) oder die Anordnung der Einziehung unverhältnismäßig (§ 74b StGB) wäre, kann ein entsprechendes Ersuchen rahmenbeschlusskonform abgelehnt werden, da durch die Vollstreckung die Grundrechte und die allgemeinen Rechtsgrundsätze nach Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union (EU-1) verletzt würden (Artikel 1 Absatz 2 Rb Einziehung).

Zudem sieht das deutsche Recht im Grundsatz vor, dass der Gegenstand, auf den sich der Verfall oder die Einziehung bezieht, dem Verurteilten gehören muss. Entspricht ein ausländisches Ersuchen nicht diesen Vorgaben, kann es im Einklang mit Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe d Rb Einziehung abgelehnt werden. Darüber hinaus erlaubt das deutsche Recht etwa unter den Voraussetzungen des § 73 Absatz 4 StGB den Verfall und unter den Voraussetzungen des § 74 Absatz 2 Nummer 2 StGB auch die Einziehung fremder Gegenstände. Insoweit geht die Umsetzung über die Anforderungen des Rahmenbeschlusses hinaus und gewährleistet, dass Vollstreckungshilfe im Verhältnis zu anderen EU-Mitgliedstaaten im gleichen Umfang geleistet wird wie im Verhältnis zu Nicht-EU-Staaten (vgl. § 49 Absatz 1 Nummer 3 IRG). Dies hat insbesondere zur Folge, dass auch bei fehlender Strafbarkeit der im Ausland begangenen Tat nach deutschem Recht die Eigentumsverhältnisse in den Grenzen des § 73 Absatz 4 StGB nicht geprüft werden (vgl. auch § 88a Absatz 2 Nummer 1 IRG-E). Damit wird eine Abschöpfung ermöglicht, wenn die Übereignung des Vermögensgegenstandes auf den Täter nichtig ist, was sonst gegebenenfalls nach ausländischem Recht zu bewerten wäre.

Unbeachtlich ist - wie in § 49 Absatz 1 Nummer 3 IRG -, ob Verfahrenshindernisse nach deutschem Recht wie etwa ein fehlender Strafantrag vorliegen. Zur Frage der Verjährung trifft § 88a Absatz 2 Nummer 4 IRG-E jedoch eine Sonderregelung. Die sinngemäße Umstellung des Sachverhalts richtet sich nach den Grundsätzen, die zu § 3 Absatz 2 IRG entwickelt wurden.

Wie im Rahmen des § 49 Absatz 1 Nummer 3 IRG wird ferner § 73 Absatz 1 Satz 2 StGB nicht geprüft. Es bleibt also unbeachtlich, ob dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. Die maßgeblichen Gründe des historischen Gesetzgebers für die Ausnahme von § 73 Absatz 1 Satz 2 StGB gelten auch für den Bereich des Vollstreckungshilfeverkehrs mit EU-Mitgliedstaaten: Wie das Verhältnis zwischen geltend gemachten Schadensersatzansprüchen Dritter einerseits und der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung andererseits auszugestalten ist, sollte in diesen Fällen dem jeweiligen ausländischen Recht überlassen bleiben (vgl. BT-Drs. 012/3533 S. 20).

Zu Absatz 2

Absatz 2 benennt weitere Gründe, aus denen eine Vollstreckung der ausländischen Anordnung in jedem Fall unzulässig ist.

18. Zu § 88b - Unterlagen

Nach dem Vorbild des § 95 IRG regelt die Vorschrift die Angaben, die das Ersuchen enthalten muss um gemäß § 88a Absatz 1 Nummer 1 IRG-E zulässig zu sein.

Artikel 8 Absatz 1 Rb Einziehung sieht vor, dass der ersuchte Staat die Anerkennung und Vollstreckung der Einziehungsentscheidung versagen kann, wenn die Bescheinigung nach Artikel 4 Rb Einziehung nicht vorgelegt wird.

Die Mitgliedstaaten haben sich zur äußerlichen Gestaltung der Bescheinigung nach Artikel 4 Rb Einziehung auf ein Formular geeinigt, das im Anhang des Rahmenbeschlusses abgebildet ist. Das Formular stellt sowohl für die Behörden des ersuchenden als auch für die Behörden des ersuchten Staates eine praktische Hilfe und Erleichterung dar. Die Zulässigkeit eines eingehenden Ersuchens soll zwar davon abhängig gemacht werden, dass die Bescheinigung dem Vordruck des Anhangs zum Rahmenbeschluss entspricht. Allerdings ist es nicht notwendig, dass sämtliche in dem Formular vorgesehene Angaben enthalten sind. Sonst müsste ein grundsätzlich bewilligungsfähiges Rechtshilfeersuchen wegen geringfügiger Unvollständigkeiten oder Abweichungen von dem Formular abgelehnt werden. Entscheidend ist vielmehr, dass das Formular die materiell für die Entscheidung über das eingehende Ersuchen wesentlichen Angaben aufweist.

Ausreichend, aber für die Beurteilung der Bewilligungsfähigkeit des Ersuchens auch erforderlich, ist neben der Vorlage der zu vollstreckenden Entscheidung auch die Vorlage des Formulars nach Artikel 4 Rb Einziehung mit den folgenden Angaben:

Die Beschreibung der Umstände in dem Umfang, wie dies auch § 95 Absatz 2 SDÜ vorsieht, kann (und sollte) sich auf die Schilderung des historischen Geschehens beschränken; eine Subsumtion unter die jeweiligen Straftatbestände ist nicht erforderlich. Die Bestimmung des zu vollstreckenden Vermögensgegenstandes muss so hinreichend sein, dass er von anderen Vermögensgegenständen unterschieden werden kann, damit die Beschreibung als Grundlage einer Vollstreckung dienen kann. § 88b Absatz 1 IRG-E setzt den fakultativen Verweigerungsgrund aus Artikel 8 Absatz 1 Rb Einziehung unter Auflistung der wesentlichen in dem Formular geforderten Angaben als zwingende Zulässigkeitsvoraussetzung um. Ein Ersuchen um Maßnahmen nach dem Rb Einziehung, das die wesentlichen der im Formular nach Artikel 4 Rb Einziehung bezeichneten Informationen nicht enthält, ist mangels hinreichender Bestimmtheit für eine Bewilligungsentscheidung untauglich. Durch das so erreichte hohe Maß an Bestimmtheit der zu treffenden Bewilligungsentscheidung wird deren Transparenz erhöht. Die gerichtliche Überprüfbarkeit der Entscheidung wird erleichtert.

Nach Absatz 2 kann auf die Nachforderung von Unterlagen verzichtet werden, wenn zwar im Formular zur Übersendung des Überstellungsersuchens Angaben fehlen, sich diese aber aus der zu vollstreckenden Anordnung oder anderen beigefügten Unterlagen entnehmen lassen.

Es ist zweckmäßig, dem ersuchenden Mitgliedstaat die Gelegenheit zur Vorlage vervollständigter oder berichtigter Unterlagen zu geben. Wie § 95 Absatz 2 IRG sieht § 88b Absatz 2 IRG-E vor, dass dem ersuchenden Staat hierzu eine Frist gesetzt werden kann.

Das Fehlen der in § 88b Absatz 1 IRG-E aufgeführten Unterlagen führt zwingend zur Ablehnung des Ersuchens als unzulässig. Fehlen in der Bescheinigung andere in dem Vordruck im Anhang zum Rahmenbeschluss vorgesehene Angaben, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit oder die Bewilligung als erforderlich erachtet werden, kann das Ersuchen nach erfolgloser Fristsetzung nach § 88c Nummer 1 IRG-E abgelehnt werden. Ein Ersuchen eines EU-Mitgliedstaates, das nicht den Formvorschriften des Rahmenbeschlusses entspricht weil das vorgesehene Formular nicht verwendet wurde, kann als Ersuchen nach dem Vierten Teil des IRG behandelt und unter den Voraussetzungen der §§ 48 ff. bewilligt werden (vgl. § 88a Satz 2 IRG-E).

19. Zu § 88c - Ablehnungsgründe

Artikel 7 Absatz 1 Rb Einziehung verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Anordnungen des Verfalls und der Einziehung. Die Anerkennung kann abgelehnt werden, wenn dies im Rahmenbeschluss vorgesehen ist. Artikel 8 Absatz 4 Rb Einziehung sieht in vielen Fällen vor, dass der ersuchende Staat vor einer endgültigen Ablehnung zu konsultieren ist. § 88c IRG-E setzt die europarechtliche Verpflichtung aus Artikel 7 Absatz 1 Rb Einziehung um, indem abschließend aufgezählt wird, wann ein zulässiges Ersuchen abgelehnt werden kann. Da sich die Pflicht zur Bewilligung nur auf zulässige Ersuchen bezieht hat die Ablehnung zwingend zu erfolgen, wenn das Ersuchen nach anderen Vorschriften, insbesondere § 88a IRG-E und § 73 Satz 2 IRG, bereits unzulässig ist. Der Katalog des § 88c IRG-E sieht weitere Gründe vor, aus denen die zuständige Behörde die Bewilligung des Ersuchens nach ihrem Ermessen ablehnen kann, aber nicht zwingend ablehnen muss.

20. Zu § 88d -Verfahren

Die Vorschrift regelt den Ablauf des Verfahrens, welches dem Prinzip des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen folgend, in Exequatur- und Bewilligungsverfahren unterteilt ist.

Erachtet sie das Ersuchen für zulässig und beabsichtigt sie, keine Ablehnungsgründe nach § 88c IRG-E geltend zu machen, leitet sie zunächst etwaige erforderliche Maßnahmen ein, um die zu vollstreckenden Vermögenswerte zu sichern. Nach dem Vierten Teil des IRG stehen derartige Sicherungsmaßnahmen im Beurteilungsspielraum der Behörde (vgl. § 58 Absatz 3 Satz 3 IRG in Verbindung mit § 67 Absatz 1 IRG). Für den Vollstreckungshilfeverkehr mit Mitgliedstaaten der EU soll hierfür eine gesetzliche Verpflichtung eingeführt werden, da Artikel 10 Absatz 2 Rb Einziehung den ersuchten Staat zur Ergreifung von Sicherungsmaßnahmen für die Dauer eines Aufschubs verpflichtet und die Anhörung des Verurteilten die europarechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik, den Vollstreckungserfolg herbeizuführen beeinträchtigen kann. Die Sicherungsmaßnahmen richten sich nach §§ 111b bis 111d StPO. Die Zuständigkeiten nach §§ 111e, 111f StPO bleiben unberührt.

Nach erfolgter Sicherstellung gewährt die Staatsanwaltschaft dem Verurteilten und Dritten, die den Umständen des Falles nach Rechte an dem zu vollstreckenden Gegenstand geltend machen könnten, rechtliches Gehör. Das Recht, sich zu äußern erstreckt sich auch darauf, Umstände vorzutragen, die geeignet sind, einen Ablehnungsgrund des § 88c IRG-E zu begründen. Da hierüber die Staatsanwaltschaft zu entscheiden hat (§ 88d Absatz 1 Satz 2 IRG-E), führt diese die Anhörung durch, und zwar unabhängig davon, ob der Betroffene seinen Wohnsitz im Inland oder im Ausland hat. Nummer 66 Absatz 2 der Ri-VASt, wonach die Anhörung im Sinne von § 52 Absatz 3 IRG durch die Staatsanwaltschaft lediglich bei Aufenthalt der verurteilten Person im Inland durchzuführen ist, kann nicht auf § 88d Absatz 1 Satz 1 übertragen werden. Anders als § 52 Absatz 3 IRG lässt § 88d Absatz 1 Satz 1 IRG-E nicht offen, durch welche Behörde erstmals rechtliches Gehör gewährleistet wird, sondern wendet sich an die Staatsanwaltschaften.

§ 88d Absatz 1 Satz 2 IRG-E sieht vor, dass die Staatsanwaltschaft vor der Exequaturentscheidung des Gerichts eine Entscheidung darüber fällt, ob sie Ablehnungsgründe nach § 88c Nummer 1 bis 3 IRG-E geltend macht. Die Regelung orientiert sich an § 79 Absatz 2 Satz 2 und Satz 3 IRG. Im Unterschied zu jener Vorschrift bestimmt § 88d Absatz 1 Satz 2 IRG-E, dass die Entscheidung nicht durch die Bewilligungsbehörde getroffen wird sondern durch die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht. Nicht in allen Ländern wird die Staatsanwaltschaft zugleich Bewilligungsbehörde sein. Es ist sachgerecht, dass die nach außen wirkende und gegebenenfalls in Rechte Dritter eingreifende Entscheidung unabhängig von der Befugnis zur Bewilligung des Ersuchens durch diejenige Behörde getroffen wird, die nach § 50 Satz 2 IRG die gerichtliche Entscheidung vorbereitet.

Zudem berühren die Ablehnungsgründe des § 88c Nummer 1 bis 3 die Zuständigkeiten der Staatsanwaltschaft, so dass ihre Einbeziehung zweckmäßig ist.

Im Unterschied zu § 79 Absatz 2 IRG trifft die Staatsanwaltschaft eine Entscheidung, Ablehnungsgründe des § 88c Nummer 1 bis 3 IRG nicht geltend zu machen und erklärt nicht lediglich eine entsprechende Absicht. Da die Staatsanwaltschaft nicht in allen Ländern auch über die Bewilligung entscheiden wird, kann das Gesetz nicht vorsehen, dass sie die beabsichtigte Entscheidung einer anderen Behörde ankündigt.

§ 88d Absatz 1 Satz 2 IRG-E gewährleistet die gerichtliche Überprüfbarkeit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft und dient der Gewährleistung wirksamen Rechtsschutzes gegen Akte der öffentlichen Gewalt ( Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes). Die Rechtsweggarantie greift zwar nur ein, wenn dem Betroffenen eine Rechtsposition zusteht. Diese Rechtsposition kann aber auch durch ein Gesetz begründet sein, wobei der Gesetzgeber bestimmt unter welchen Voraussetzungen dem Bürger ein Recht zusteht und welchen Inhalt es hat. Diese Grundsätze gelten auch, wenn ein Gesetz eine Maßnahme in das Ermessen der zuständigen Behörde stellt. Gibt das Entscheidungsprogramm des Gesetzes der Behörde jedoch auf, bei der Ermessensausübung auch rechtlich geschützte Interessen des Betroffenen zu berücksichtigen, so greift die Rechtsschutzgarantie des Artikels 19 Absatz 4 des Grundgesetzes. Schützt die Norm demgegenüber keine rechtlichen Interessen des Betroffenen, muss die Ermessensentscheidung für ihn nicht justitiabel sein im Grenzbereich verdient die grundrechtsfreundliche Interpretation den Vorzug (BVerfG, Beschluss vom 18.06.1997, Az. 2 BvR 483/95, Rn. 86).

§ 88c IRG-E sieht eine grundsätzliche Verpflichtung der Behörden vor, Ersuchen anderer EU-Mitgliedstaaten auf der Grundlage des Rb Einziehung zu bewilligen. Eine Ablehnung ist nur möglich, wenn das Ersuchen unzulässig ist (§ 88a IRG-E, § 73 Absatz 1 Satz 2 IRG) oder von dem in § 88c IRG-E eröffneten Ermessen Gebrauch gemacht werden soll.

Damit wird der ursprünglich weite Ermessensspielraum der Exekutive, über die Bewilligung eines zulässigen Ersuchens unter Berücksichtigung außen- und allgemeinpolitischer Aspekte des jeweiligen Falles zu entscheiden, eingeschränkt und gesetzlich geregelt.

Die fakultativen Ablehnungsgründe des § 88c Nummer 1 bis Nummer 3 IRG-E dienen dabei auch den rechtlich geschützten Interessen des Betroffenen:

§ 88d Absatz 1 Satz 2 IRG-E sieht vor, dass die Staatsanwaltschaft vor dem Antrag auf gerichtliche Exequaturentscheidung eine Entscheidung darüber fällt, ob sie die Ablehnungsgründe des § 88c Nummer 1 bis 3 IRG-E geltend macht. Entschließt sich die Staatsanwaltschaft, das Ersuchen nach § 88c IRG-E abzulehnen, ist ein Antrag an das Gericht, die Anordnung für vollstreckbar zu erklären, nicht mehr erforderlich. Die Bewilligungsbehörde kann das Ersuchen ohne gerichtliche Entscheidung ablehnen.

Ist die Staatsanwaltschaft der Auffassung, dass keine Ablehnungsgründe nach § 88c IRGE geltend gemacht werden sollen, begründet sie ihre Entscheidung und leitet diese mit dem Antrag auf Entscheidung über die Vollstreckbarkeit an das Landgericht weiter. Das Gericht überprüft, ob die Behörde von ihrem Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat (vgl. § 88d Absatz 3 Satz 1 IRG-E). Dabei berücksichtigt das Gericht, dass ein sehr weites behördliches Ermessen besteht.

Kommt die zuständige Behörde - etwa wegen neu eingetretener Umstände - zu dem Ergebnis, dass entgegen der ursprünglichen Entscheidung das Ersuchen doch abgelehnt werden soll, steht die gerichtliche Exequaturentscheidung dieser Vorgehensweise nicht entgegen. Die gerichtliche Exequaturentscheidung bildet nur eine notwendige Grundlage, nicht die Verpflichtung zur Vollstreckung im Inland. Die Vollstreckung als solche dient insbesondere nur dem öffentlichen Interesse, so dass die Interessen von Verletzten der Tat, die Entschädigungsansprüche nach § 56a IRG-E erwerben könnten, zu diesem Zeitpunkt noch nicht geschützt sind, da sie ihren Anspruch erst mit Abschluss des Vollstreckungsverfahrens erwerben.

Der Entwurf sieht davon ab, dass die Staatsanwaltschaft auch im Hinblick auf die Ablehnungsgründe des § 88c Nummer 4 und 5 bereits bei Antragstellung an das Gericht eine Entscheidung zu treffen hat. Beide Ablehnungsgründe betreffen die Frage konkurrierender Anordnungen aus dem In- oder Ausland, die sich auf die gleichen Vermögenswerte beziehen. Richten sich mehrere Anordnungen auf dieselben Vermögensgegenstände bzw. reicht die Vermögensmasse nicht aus, um alle Anordnungen vollstrecken zu können, muss die Bewilligungsbehörde entscheiden, welcher Anordnung der Vorrang gebühren soll. Die Regelungen in § 88c Nummer 4 und Nummer 5 haben zwei Funktionen: Zum einen soll der Bewilligungsbehörde in diesen Konstellationen ein Ermessensspielraum eröffnet werden. Zum anderen muss von der gesetzlichen Pflicht zur Bewilligung der Ersuchen eine Ausnahme gemacht werden, da nicht alle Anordnungen vollstreckt werden können. Bei der Entscheidung orientiert sich die zuständige Behörde alleine am öffentlichen Interesse, d. h. sie trifft ihre Entscheidung unter außen- und allgemeinpolitischen Aspekten und nicht nach den Interessen der von der Vollstreckung betroffenen Personen.

Durch die Entscheidung, welcher Anordnung der Vorzug gegeben wird, wird nicht weiter in die geschützte Position des Betroffenen eingegriffen, als dies bereits durch die Verurteilung und gegebenenfalls durch das anschließende Exequaturverfahren erfolgt ist.

Nicht erforderlich ist die Regelung eines Verfahrens nach dem Vorbild von § 79 Absatz 3 IRG, das dem Betroffenen Rechtsschutz gewährt, wenn auch noch nach der gerichtlichen Zulässigkeitsentscheidung Umstände eintreten, die der Bewilligungsbehörde ein Ermessen einräumen die Bewilligung abzulehnen. Ob die fakultativen Ablehnungsgründe des § 88c Nummer 1 bis 3 gegeben sind, lässt sich bereits im gerichtlichen Exequaturverfahren feststellen so dass dem Verurteilten ausreichend rechtliches Gehör gewährt wird.

Zu Absatz 2

Nach Absatz 2 ist die zuständige Behörde, d. h. die Bewilligungsbehörde oder die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht, unter bestimmten Umständen berechtigt, das Verfahren aufzuschieben. Diese Regelung ist in jedem Stadium des Exequatur- und Bewilligungsverfahrens anwendbar. Für das Vollstreckungsverfahren verweist § 88e Absatz 3 IRG-E auf diese Norm.

Artikel 7 Rb Einziehung sieht im Grundsatz die Verpflichtung vor, unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen zur Vollstreckung der ausländischen Einziehungsentscheidung zu treffen. Artikel 10 Rb Einziehung erlaubt dem ersuchten Mitgliedstaat - als Ausnahme von diesem Grundsatz -, das Ersuchen in bestimmten, abschließend genannten Fällen aufzuschieben.

§ 88d Absatz 2 IRG-E setzt diesen Katalog in nationales Recht um und erlaubt der zuständigen Behörde den Aufschub des Verfahrens aus zwei Gründen:

Zu Absatz 3

Nach Artikel 7 Rb Einziehung sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die übermittelten Einziehungsentscheidungen als solche anzuerkennen und zu vollstrecken. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass die ausländische Entscheidung nicht abgeändert wird. Deshalb bestimmt § 88d Absatz 3 Satz 1 IRG-E in Abweichung von § 54 Absatz 1 Satz 1 IRG, dass die ausländische Anordnung nicht umzuwandeln, sondern (als solche) für vollstreckbar zu erklären ist. Voraussetzung ist die Zulässigkeit nach den §§ 88a IRG-E, § 73 Satz 2 IRG sowie die fehlerfreie Ausübung des Ermessens, von den Ablehnungsgründen des § 88c Nummer 1 bis 3 keinen Gebrauch zu machen.

Für das gerichtliche Verfahren verweist Satz 1 auf die §§ 50 und 55 IRG. In der Beschlussformel ist - neben der Bezeichnung des Verurteilten und der zu vollstreckenden Entscheidung - auch der zu vollstreckende Geldbetrag oder Vermögensgegenstand anzugeben (§ 88d Absatz 3 Satz 2 IRG-E). Auch wenn die ausländische Anordnung durch eine Umwandlung nicht abgeändert werden soll, sollte durch das Gericht klargestellt werden, welcher Geldbetrag oder welche Vermögensgegenstände zu vollstrecken sind. Hierdurch wird gewährleistet, dass dem Betroffenen gemäß § 77 Absatz 1 IRG in Verbindung mit § 35 Absatz 2 StPO eine Entscheidung zugestellt wird, aus der sich der Umfang der Vollstreckung ergibt. Da im Regelfall keine Umwandlung der Entscheidung erfolgt, ist im Hinblick auf die Bezeichnung der zu vollstreckenden Gegenstände § 54 Absatz 2a IRG-E für entsprechend anwendbar zu erklären (§ 88d Absatz 3 Satz 3 IRG-E). Die Anrechnung einer teilweisen Vollstreckung im Ausland erfolgt entsprechend § 54 Absatz 4 IRG.

Eine Umwandlungsentscheidung der ausländischen Sanktion in die ihr im deutschen Recht am meisten entsprechende Sanktion ist nur für den Fall vorgesehen, in dem die ausländische Entscheidungsformel aus rechtlichen Gründen nicht nach § 459g StPO vollstreckbar ist (§ 88d Absatz 3 Satz 4 IRG-E). Eine Umwandlung der Sanktion kann erforderlich werden wenn der Tenor der ausländischen Entscheidung eine Formulierung verwendet, die dem deutschen Recht im Zusammenhang mit der Vollstreckung in Vermögensgegenstände fremd ist, beispielsweise wenn die ausländische Entscheidung darauf gerichtet ist, bestimmte Gegenstände zu "enteignen".

Ferner kommt eine Umwandlung in Betracht, wenn die Entscheidungsformel der ausländischen Anordnung die eingezogenen oder für verfallen erklärten Gegenstände nicht bestimmt genug bezeichnet. Nach der Rechtsprechung müssen die Gegenstände entweder in der Urteilsformel, einer Anlage hierzu oder in den Urteilsgründen so konkret bezeichnet werden dass für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang des Verfalls oder der Einziehung geschaffen und eine rechtliche Nachprüfung durch das Revisionsgericht ermöglicht wird (vgl. BGH, Beschluss vom 27.06.2003, Az. 2 StR 197/03). Die Konkretisierung der Entscheidungsformel ist jedoch nur in dem Umfang zulässig wie die ausländische Anordnung selbst auslegungsfähig ist. Können die zu vollstreckenden Gegenstände auch unter Heranziehung der Gründe nicht hinreichend bestimmt werden, ist das Ersuchen unzulässig, da es sich nicht auf die Vollstreckung ei ner Anordnung des Verfalls oder der Einziehung "bestimmter Vermögensgegenstände" bezieht (vgl. § 88a Absatz 1 IRG-E) bzw. der Vermögensgegenstand in der Bescheinigung nicht bestimmt ist und die Bestimmung sich auch nicht aus den beigefügten Unterlagen ergibt (vgl. § 88b Absatz 1 Nummer 4, § 88b Absatz 2 IRG-E).

21. Zu § 88e - Vollstreckung

Zu Absatz 1

Gemäß § 88e Absatz 1 IRG-E sind die in § 57 Absatz 1 IRG-E genannten Behörden für die Vollstreckung der ausländischen Anordnung zuständig. Dies ist nach § 57 Absatz 1 Satz 1 IRG im Regelfall die Staatsanwaltschaft, es sei denn, die ausländische Entscheidung wurde in eine nach dem Jugendgerichtsgesetz zulässige Sanktion umgewandelt.

Für diesen Fall wird in der Entwurfsfassung des § 57 Absatz 1 Satz 2 IRG-E die Zuständigkeit des Jugendrichters (§ 82 Absatz 1 Satz 1 JGG und § 110 Absatz 1 JGG) als Vollstreckungsleiter klargestellt (vgl. die Begründung zu § 57 Absatz 1 IRG-E). Anders als nach den allgemeinen Regeln der Vollstreckungshilfe (vgl. § 54 Absatz 1 Satz 2 IRG), soll im Vollstreckungshilfeverkehr mit der Europäischen Union eine ausländische Anordnung des Verfalls oder der Einziehung nur ausnahmsweise umgewandelt werden (vgl. die Begründung Zu § 88d Absatz 3 IRG-E). § 88e Absatz 1 IRG-E stellt sicher, dass der Jugendrichter auch in den Fällen einer unmittelbaren Vollstreckung der ausländischen Anordnung nach den Bestimmungen des Jugendgerichtsgesetzes die Vollstreckung leitet. Voraussetzung ist dass in der gerichtlichen Entscheidung über die Vollstreckbarkeit bei der Prüfung der Voraussetzungen nach § 88a Absatz 1 Nummer 2 IRG-E das Jugendgerichtsgesetz angewendet wurde. Bei einer Umwandlung der Sanktion gemäß § 88d Absatz 3 Satz 4 IRG-E ergibt sich die Zuständigkeit des Jugendrichters als Vollstreckungsbehörde aus § 57 Absatz 1 Satz 2 IRG-E.

Zu Absatz 2

Nach § 88e Absatz 2 Satz 1 IRG-E in Verbindung mit § 57 Absatz 4 IRG-E richtet sich die Vollstreckung der Anordnung des Verfalls oder der Einziehung nach den Vorschriften, die auf eine entsprechende Anordnung eines deutschen Gerichts anwendbar wären.

Die Vorschriften über die Vollstreckung einer deutschen Anordnung des Verfalls bzw. der Einziehung sehen vor, dass die Vollstreckung in einen bestimmten Vermögensgegenstand gemäß § 459g Absatz 1 StPO durch Wegnahme der Sache erfolgt. Richtet sich die Anordnung auf eine Geldzahlung, etwa beim Verfall von Wertersatz, sind nach § 459g Absatz 2 StPO einzelne Vorschriften über die Vollstreckung von Geldstrafen entsprechend anwendbar (z.B. über Zahlungserleichterungen). Die Art und Weise der Vollstreckung erfolgt nach der Justizbeitreibungsordnung (BGBl. III, Gliederungsnummer 365-1), die in § 6 auf Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung verweist.

Gemeinsame Verwaltungsvorschriften des Bundes und der Länder enthalten weitere Regelungen über die Vollstreckung. Die Vollstreckung von Geldbeträgen richtet sich nach der Einforderungs- und Beitreibungsanordnung (EBAO) vom 1. April 2001 (Bundesanzeiger S. 9164). Die §§ 60 ff. der Strafvollstreckungsordnung vom 1. April 2001 (Bundesanzeiger S. 9164) enthalten weitere Verwaltungsvorschriften, insbesondere über die Verwertung und Veräußerung eingezogener oder verfallener Gegenstände.

Eine Einstellung der Vollstreckung hat zu erfolgen, wenn die Anordnung bereits in einem anderen Staat vollstreckt wurde (vgl. § 88 Satz 2 IRG-E in Verbindung mit § 57 Absatz 5 IRG-E).

In § 88e Absatz 2 IRG-E wird Artikel 12 Absatz 4 Rb Einziehung umgesetzt. Danach dürfen freiheitsbeschränkende Maßnahmen nur mit Zustimmung des ersuchenden Mitgliedstaates verhängt werden. Bei der Vollstreckung einer Anordnung des Verfalls oder der Einziehung in der Bundesrepublik Deutschland kommt grundsätzlich auch die Anordnung der Haft zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über das Vermögen oder über den Verbleib von Gegenständen in Betracht (§ 459g Absatz 1 Satz 2 StPO bzw. §§ 459g Absatz 2, § 459 StPO, jeweils in Verbindung mit § 6 der Justizbeitreibungsordnung und §§ 807, 883 Absatz 2, § 901 ZPO). Eine solche Anordnung darf nur mit Zustimmung des ersuchenden Mitgliedstaates erfolgen. Der Vollstreckungsschuldner kann einen Verstoß gegen § 88e Absatz 2 IRG-E im Vollstreckungsverfahren geltend machen.

Zu Absatz 3

§ 88e Absatz 3 IRG-E erlaubt auch der Vollstreckungsbehörde (§ 57 Absatz 1 IRG-E), das Verfahren unter den Voraussetzungen des § 88d Absatz 2 IRG-E einstweilen einzustellen.

22. Zu § 88f - Aufteilung der Erträge

Zu Satz 1

Die Vorschrift setzt die in Artikel 16 Absatz 1 Rb Einziehung enthaltene Verpflichtung des ersuchten Staates um, vollstreckte Beträge in Höhe von mehr als 10 000 Euro mit dem ersuchenden Mitgliedstaat (vollständig) hälftig zu teilen. Der ersuchte Mitgliedstaat erhält keinen "Sockelbetrag" von 10 000 Euro, d. h. bei einem Vollstreckungserlös von 15 000

Euro sind 7 500 Euro abzuführen. Die Pflicht, die Beträge zu teilen, ist gesetzlich zu verankern.

Im Übrigen ergibt sich aus §§ 88, 56 Absatz 4 IRG-E in Verbindung mit §§ 73e,

Der zu teilende Ertrag im Sinne des § 88f Satz 1 IRG-E ist - entsprechend der Definition in Artikel 16 Absatz 1 Rb Einziehung - derjenige Betrag, der sich aus der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung ergibt. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich bei den Verhandlungen zu Artikel 16 Rb Einziehung darauf geeinigt, dass von dem vollstreckten Betrag nicht die im ersuchten Staat angefallenen konkreten Kosten vorab abgezogen werden sollen. Der in § 88f IRG-E verwendete Begriff der Kosten ist entsprechend Nummer 9005 des Kostenverzeichnisses zum GKG dahingehend zu verstehen, dass Gebühren und Auslagen, einschließlich von Vergütungs- und Entschädigungsleistungen nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG), umfasst sind.

Der Rahmenbeschluss sieht vor, dass die Aufteilung der Erträge entsprechend Artikel 16 Absatz 1 Rb Einziehung den Regelfall darstellt, wenn keine abweichende Vereinbarung zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten getroffen wurde. Eine solche Vereinbarung nach § 56b Absatz 1 IRG-E hätte Vorrang. Da der Abschluss einer Vereinbarung nach § 56b Absatz 1 IRG-E selbst nur bei Gegenseitigkeit erfolgen darf, ist eine Abweichung von § 88f IRG-E nur ausnahmsweise möglich und kann nur bei besonderen sachlichen Gründen erfolgen. Als sachliche Gründe kommen beispielsweise die Berücksichtigung von außergewöhnlich hohen Kosten der Vollstreckung oder die Berücksichtigung von Entschädigungszahlungen an den Verletzten der Straftat in Betracht. Zu denken ist auch an eine Vereinbarung über die Rückführung von Kulturgütern, die nicht dem Kulturgutschutzgesetz unterliegen.

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gingen in den Verhandlungen zum Rb Einziehung davon aus, dass die in Artikel 16 Rb Einziehung gefundene Regelung Vorrang vor Artikel 57 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 7. Oktober 2003 gegen die Korruption hat.

Zu Satz 2

Wurden Gegenstände, die nach dem Kulturgutschutzgesetz geschützt werden, vollstreckt, ist die Herausgabe dieser Gegenstände entsprechend § 56b Absatz 2 IRG-E an das Ausland nur mit Einwilligung des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und Medien möglich. Wird diese verweigert, entfällt die gesetzliche Pflicht zur Teilung der Erträge mit dem ersuchenden Mitgliedstaat.

23. Zu § 90 - Ausgehende Ersuchen

Zu Absatz 1

Absatz 1 stellt zunächst klar, dass die zuständigen Justizbehörden Ersuchen auf Grundlage des Rb Einziehung an einen anderen Mitgliedstaat stellen können.

Artikel 5 Absatz 1 Rb Einziehung sieht vor, dass ein Ersuchen um Vollstreckung einer Einziehungs- oder Verfallsanordnung grundsätzlich an nur einen anderen Mitgliedstaat gerichtet werden kann. In § 90 Absatz 1 Satz 1 IRG-E ist diese Beschränkung gesetzlich verankert. Nach dem Rahmenbeschluss darf ein Ersuchen nur dann an mehrere Mitgliedstaaten gerichtet werden, wenn die in Artikel 5 Absatz 2 Rb Einziehung genannten Voraussetzungen vorliegen. § 90 Absatz 1 Satz 2 IRG-E bildet diesen Katalog ab:

Zu Absatz 2

Nach Absatz 2 sind noch nicht erledigte Ersuchen zurückzunehmen, sobald die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht mehr vorliegen. Neben den Fällen, in denen die in Absatz 1 Satz 2 erteilte Berechtigung zur Stellung eines gleichgerichteten Ersuchens an einen weiteren Mitgliedstaat nachträglich entfällt, sind die Fälle der Aufhebung der Anordnung, der freiwilligen Leistung oder der anderweitigen Vollstreckung zu nennen. Artikel 15 Satz 1 Rb Einziehung verpflichtet in diesen Fällen zur Unterrichtung des ersuchten Mitgliedstaates.

Zu Absatz 3

Absatz 3 erleichtert die Vollstreckung des Wertersatzes in den Fällen, in denen die Anordnung des Verfalls oder der Einziehung nicht ausgeführt werden kann oder aus bestimmten Gründen unzureichend ist, etwa weil der in der Anordnung bezeichnete Vermögensgegenstand nicht vollstreckt werden kann. Artikel 7 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses bestimmt dass sich die Mitgliedstaaten in einem solchen Fall auf eine Vollstreckung des Wertersatzes einigen können.

Bei einer Vollstreckung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland ist in diesen Fällen unter den Voraussetzungen des § 76 StGB nachträglich eine Anordnung über die Vollstreckung des Wertersatzes möglich. Erforderlich ist hierzu eine gerichtliche Entscheidung gemäß § 440 StPO. Wurde diese herbeigeführt, kann die Vollstreckungsbehörde der Vollstreckung des Wertersatzes zustimmen.

Zu Absatz 4

Die für ausgehende Ersuchen um Vollstreckung einer Anordnung des Verfalls oder der Einziehung relevanten Vorschriften des Sechsten Teils des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen sind in Absatz 4 für entsprechend anwendbar zu erklären:

24. Zu § 93 - Gemeinsame Ermittlungsgruppen

Neben der durch diesen Entwurf eingeführten Vorschrift des § 61b IRG-E bedarf es mit § 93 IRG weiterhin einer ergänzenden, im Rechtshilfeverkehr mit den EU-Mitgliedstaaten anwendbaren Sondervorschrift, weil wegen des Rahmenbeschlusses 2002/465/JI des Rates über gemeinsame Ermittlungsgruppen auch mit solchen Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine Bildung gemeinsamer Ermittlungsgruppen ermöglicht werden muss, die das EU-Rechtshilfeübereinkommen nicht ratifiziert haben.

Die Änderungen in § 93 IRG sind redaktionell erforderlich, um die Vorschrift geschlechtsneutral zu formulieren. Inhaltlich sind damit keine Änderungen verbunden, insbesondere ist es trotz der Verwendung des Wortes "Mitglied" in Absatz 1 nach wie vor erforderlich, dass dieses den Status als Richter, Richterin, Staatsanwalt, Staatsanwältin oder Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft (§ 152 GVG) hat. Dies ergibt sich im nationalen Recht aus §§ 160, 162 StPO, wonach für Ermittlungen im Ermittlungsverfahren die eben genannten Personen zuständig sind.

25. Zu § 94 - Ersuchen um Sicherstellung, Beschlagnahme und Durchsuchung

Da entsprechend der Regelung nach deutschem Recht die Hilfe bei der Vollstreckung einer Anordnung des Verfalls oder der Einziehung auch unter den Voraussetzungen des § 76a StGB ermöglicht werden soll (vgl. § 88a Absatz 2 Nummer 3 IRG-E), ist eine Anpassung des § 94 Absatz 2 IRG erforderlich. Hierdurch wird eine Lücke vermieden die entstehen würde, wenn zwar eine Anordnung vollstreckt werden könnte, nicht aber die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden könnten.

26. Zu § 95 - Sicherungsunterlagen

Nach § 95 Absatz 2 IRG kann die zuständige Justizbehörde auf die Vorlage weiterer Sicherungsunterlagen unter bestimmten Voraussetzungen verzichten. Der Entwurf sieht vor, statt von "Justizbehörden" von den "zuständigen Behörden" zu sprechen, um den Wortlaut an die Terminologie des IRG anzupassen (vgl. etwa § 60 IRG und auch § 88b Absatz 2 IRG-E, § 88d Absatz 2 IRG-E).

II. Zu Artikel 2 - Änderung der Justizverwaltungskostenordnung

1. Zu § 5 Absatz 4

Artikel 20 Absatz 1 Rb Einziehung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten gegenseitig auf die Erstattung von Kosten verzichten. Sind außergewöhnliche Kosten entstanden, kann der ersuchte Mitgliedstaat dem ersuchenden Mitgliedstaat vorschlagen, die Kosten zu teilen.

Ein weitgehender Verzicht auf Kostenerstattung ist im Rechtshilfeverkehr üblich, beispielsweise in Artikel 20 des Rechtshilfeübereinkommens des Europarates von 1959 oder in Artikel 18 des Vertrages vom 13. Mai 2002 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada über die Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl. 2004 II S. 962). Auch in Artikel 30 des Rb EuHB und in Artikel 17 des Rb Geldstrafen ist ein Verzicht auf Kostenerstattung vorgesehen. Dabei geht man davon aus, dass sich die auf beiden Seiten anfallenden Kosten für die Erledigung der Rechtshilfeersuchen langfristig ausgleichen und der mit dem Kostenausgleich verbundene Verwaltungsaufwand unverhältnismäßig wäre.

§ 5 Absatz 2 der Justizverwaltungskostenordnung (JVKostO) sieht vor, dass auch im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten bestimmte Auslagen erhoben werden. Hiervon macht § 5 Absatz 4 JVKostO-E eine Ausnahme: Wurde nach § 75 IRG oder nach § 71 IStGH-Gesetz auf Kostenerstattung verzichtet, werden Auslagen nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen in Verfahren nach den Abschnitten 2 und 3 des 8. Teils des IRG, also die Auslieferung oder Durchlieferung auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls.

Da bereits jetzt mehrere Rahmenbeschlüsse einen Verzicht auf Kostenerstattung vorsehen, ist es geboten, eine allgemeine Formulierung zu finden, mit der der Verzicht auf Kostenerstattung auch für Umsetzungsgesetze von künftigen Rahmenbeschlüssen, die einen gegenseitigen Kostenverzicht vorsehen, gesetzlich verankert wird. Dies soll zum Anlass genommen werden, zur Vervollständigung auch die völkerrechtlichen Vereinbarungen mit einzubeziehen.

§ 5 Absatz 4 Satz 2 dient der Klarstellung. Gegenstand der Regelungen in der JVKostO ist grundsätzlich das Justizverwaltungsverfahren. Bei dem Verfahren der Vollstreckung der Anordnung eines Verfalls oder einer Einziehung handelt es sich dagegen um ein Verfahren, auf das die Vorschriften für eine entsprechende in Deutschland verhängte Maßnahme anzuwenden wären (§ 57 Absatz 4 IRG-E). Die damit verbundenen Kosten hat der Verurteilte zu tragen (§ 57a IRG-E).

2. Zu § 6 Absatz 3

Die unter Buchstabe a vorgeschlagene Änderung ist eine redaktionelle Folge der Einfügung eines Satzes 2 in § 6 Absatz 1 JVKostO durch das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister vom 10. November 2006 (BGBl. I S. 2553). Im Übrigen wird auf die Begründung zu § 5 Absatz 4 Satz 2 JVKostO verwiesen.

III. Zu Artikel 3 - Inkrafttreten Nach Artikel 82 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes soll jedes Gesetz den Tag des Inkrafttretens bestimmen. Die Vorschrift sieht vor, dass das Gesetz am vierzehnten Tag nach seiner Verkündung in Kraft tritt.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 760:
Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2006/783/JL des Rates

vom 6. Oktober 2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des Gesetzes auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem Gesetzentwurf werden 9 Informationspflichten für die Verwaltung eingeführt. Informationspflichten der Wirtschaft und für Bürgerinnen und Bürger werden durch den Entwurf nicht berührt.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

gez. gez.
Dr. Ludewig Bachmaier
Vorsitzender Berichterstatter