Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Straftaten gegen ausländische Staaten

A. Problem und Ziel

Die Strafvorschrift des § 103 des Strafgesetzbuches (StGB) (Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten) bezweckt den Schutz der Ehre von ausländischen Staatsoberhäuptern, ausländischen Regierungsmitgliedern sowie beglaubigten Leitern einer ausländischen diplomatischen Vertretung. Der Strafrahmen beträgt Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, im Falle der verleumderischen Beleidigung Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Für den Ehrenschutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten erscheinen die Straftatbestände des 14. Abschnitts (Beleidigung), §§ 185 ff. StGB, ausreichend. Insbesondere bedarf es zum Schutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten nicht des gegenüber den §§ 185 ff. StGB erhöhten Strafrahmens. Auch das Völkerrecht verpflichtet die Staaten nicht dazu, Sonderstrafnormen zugunsten Repräsentanten ausländischer Staaten aufzustellen, wie sie § 103 StGB derzeit vorsieht. Die Vorstellung, die Repräsentanten ausländischer Staaten benötigten einen über die §§ 185 ff. StGB hinausgehenden Schutz der Ehre, erscheint nicht mehr zeitgemäß.

§ 103 StGB ist daher entbehrlich und kann aufgehoben werden.

B. Lösung

§ 103 StGB soll aufgehoben werden.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand sind nicht zu erwarten.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Keine.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Keiner.

F. Weitere Kosten

Auswirkungen auf das Einzelpreisniveau und das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Straftaten gegen ausländische Staaten

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 27. Januar 2017
Die Bundeskanzlerin

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Malu Dreyer

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Straftaten gegen ausländische Staaten mit Begründung und Vorblatt.

Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig, um den nicht mehr zeitgemäßen Ehrenschutz von ausländischen Staatsoberhäuptern, ausländischen Regierungsmitgliedern sowie beglaubigten Leitern einer ausländischen diplomatischen Vertretung zum 1. Januar 2018 abschaffen zu können. Vor diesem Hintergrund sollen die parlamentarischen Beratungen alsbald beginnen, um noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden zu können.

Fristablauf: 10.03.17
besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Straftaten gegen ausländische Staaten

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 10. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2218) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu § 103 wie folgt gefasst:

" § 103 (weggefallen)".

2. § 103 wird aufgehoben.

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2018 in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Der Dritte Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches (StGB) enthält Straftaten gegen ausländische Staaten. Dieser Abschnitt geht im Wesentlichen auf die Neufassung dieses Abschnitts durch das 3. Strafrechtsänderungsgesetzvom 4. August 1953 (BGBl. I S. 735) zurück. Die §§ 102 ff. StGB verfolgen einen doppelten Schutzzweck. Sie schützen zum einen die körperliche Integrität sowie Würde des ausländischen Staates bzw. seiner Vertreter, zum anderen aber auch das Interesse der Bundesrepublik Deutschland an guten und ungestörten Beziehungen zum Ausland.

Die Strafvorschrift des § 103 StGB (Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten) schützt (auch) die Ehre von ausländischen Staatsoberhäuptern, ausländischen Regierungsmitgliedern sowie beglaubigten Leitern einer ausländischen diplomatischen Vertretung. Der Strafrahmen beträgt Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe, im Falle der verleumderischen Beleidigung Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Der Begriff der Beleidigung in § 103 StGB ist derselbe wie im Vierzehnten Abschnitt (Beleidigung), §§ 185 ff. StGB. Demgegenüber ist der Strafrahmen der Beleidigungsdelikte der §§ 185 ff. StGB erheblich geringer. So beträgt der Strafrahmen des § 185 StGB Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe; wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

Dieser erhöhten Strafandrohung bedarf es nicht. Für den Ehrenschutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten erscheinen vielmehr die Straftatbestände der §§ 185 ff. StGB ausreichend. Insbesondere bedarf es zum Schutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten nicht des gegenüber den §§ 185 ff. StGB erhöhten Strafrahmens.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

§ 103 StGB soll aufgehoben werden.

III. Alternativen

Keine.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Für die Änderung des Strafgesetzbuches beruht die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes.

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und mit völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.

Ein besonderer Ehrenschutz für ausländische Repräsentanten ist völkerrechtlich nicht erforderlich. Völkerrechtlich soll zwar jeder Staat die auf seinem Gebiet begangenen Angriffe von Privatpersonen auf bestimmte Repräsentanten eines ausländischen Staates bestrafen oder den Täter ausliefern. Diese völkergewohnheitsrechtliche Strafpflicht ist völkervertraglich im Übereinkommen über die Verhütung, Verfolgung und Bestrafung von Straftaten gegen völkerrechtlich geschützte Personen einschließlich Diplomaten vom 14. Dezember 1973 (BGBl. 1976 II, S. 1745) verankert. Danach gehören zu den völkerrechtlich geschützten Personen neben Diplomaten auch Staatsoberhäupter, Regierungschefs und Außenminister, wenn sie sich in einem fremden Staat aufhalten.

Für Beleidigungen ausländischer Repräsentanten schreibt die Diplomatenschutzkonvention jedoch keine Strafpflicht vor.

Nach Artikel 2 Absatz 3 dieser Konvention bleiben zwar bestehende völkerrechtliche Verpflichtungen der Vertragsstaaten unberührt, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um sonstige Angriffe auf die Person, Freiheit oder Würde einer völkerrechtlich geschützten Person zu verhindern. Eine solche Pflicht ergibt sich aus Artikel 29 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 (BGBl. 1964 II, S. 957). Danach "ist die Person des Diplomaten unverletzlich. Der Empfangsstaat behandelt ihn mit gebührender Achtung und trifft alle geeigneten Maßnahmen, um jeden Angriff auf seine Person, seine Freiheit oder seine Würde zu verhindern." Eine Pflicht zur Aufstellung von Sonderstrafnormen für Ehrdelikte ergibt sich daraus nicht. Es ist daher ausreichend, dass ausländische Diplomaten strafrechtlich vor Beleidigungen und Verleumdungen geschützt sind. Dieser Pflicht hat der deutsche Gesetzgeber bereits durch die allgemeinen Vorschriften in den §§ 185 bis 187 StGB Genüge getan.

VI. Gesetzesfolgen

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Die vorgesehene Aufhebung des § 103 StGB trägt zur Verwaltungsvereinfachung bei.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Der Entwurf berührt keine Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie.

3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand sind nicht zu erwarten.

4. Erfüllungsaufwand

Für die Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die Verwaltung entsteht kein Erfüllungsaufwand.

5. Weitere Kosten

Weitere Kosten sowie Auswirkungen auf die Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

6. Weitere Gesetzesfolgen

Der Entwurf hat keine Relevanz für Verbraucherinnen und Verbraucher. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer oder demografischer Bedeutung sind nicht ersichtlich.

VII. Befristung; Evaluierung

Eine Befristung der Regelungen ist nicht sachgerecht. Eine Evaluierung ist entbehrlich.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuches)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung aufgrund der Aufhebung des § 103 StGB.

Zu Nummer 2 (§ 103 StGB)

§ 103 StGB, der die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten regelt, wird aufgehoben. Für den Ehrenschutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten erscheinen die Straftatbestände des 14. Abschnitts (Beleidigung), §§ 185 ff. StGB, ausreichend. Insbesondere bedarf es zum Schutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten nicht des gegenüber den §§ 185 ff. StGB erhöhten Strafrahmens.

Auch das Völkergewohnheitsrecht verpflichtet die Staaten nicht dazu, Sonderstrafnormen zugunsten Repräsentanten ausländischer Staaten aufzustellen, wie sie § 103 StGB derzeit vorsieht (vgl. Kreß in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl. 2012, Vorbemerkungen zu §§ 102 ff, Rn. 2). Dem entspricht es, dass auch andere Staaten wie z.B. Frankreich, Schweden und Finnland in der Vergangenheit entsprechende Strafvorschriften abgeschafft haben (vgl. Kreß in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl. 2012, Vorbemerkungen zu §§ 102 ff, Rn. 20). Auch eine Verschlechterung der Beziehung zu ausländischen Staaten ist nicht zu befürchten, da die §§ 185 ff. StGB ausländische Staatsoberhäupter und die weiteren bislang nach § 103 StGB geschützten Organe und Vertreter ausländischer Staaten schützen.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Bestimmung regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.