Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 27. Januar 2006
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes *

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:


* Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2001/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 über das Folgerecht des Urhebers des Originals eines Kunstwerkes (ABl. EG (Nr. ) L 272 S. 32)

Artikel 1
Änderung des Urheberrechtsgesetzes

§ 26 des Urheberrechtsgesetzes vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1273), das zuletzt durch geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

" § 26 Folgerecht

(1) Wird das Original eines Werkes der bildenden Künste oder eines Lichtbildwerkes weiterveräußert und ist hieran ein Kunsthändler oder Versteigerer als Erwerber, Veräußerer oder Vermittler beteiligt, so hat der Veräußerer dem Urheber einen Anteil des Veräußerungserlöses zu entrichten. Als Veräußerungserlös im Sinne des Satzes 1 gilt der Verkaufspreis ohne Steuern. Ist der Veräußerer eine Privatperson, so haftet der als Erwerber oder Vermittler beteiligte Kunsthändler oder Versteigerer neben ihm als Gesamtschuldner; im Verhältnis zueinander ist der Veräußerer allein verpflichtet. Die Verpflichtung nach Satz 1 entfällt, wenn der Veräußerungserlös weniger als 1 000 Euro beträgt.

(2) Die Höhe des Anteils des Veräußerungserlöses beträgt:

Der Gesamtbetrag der Folgerechtsvergütung aus einer Weiterveräußerung beträgt höchstens 12 500 Euro.

(3) Das Folgerecht ist unveräußerlich. Der Urheber kann auf seinen Anteil im Voraus nicht verzichten.

(4) Der Urheber kann von einem Kunsthändler oder Versteigerer Auskunft darüber verlangen, welche Originale von Werken des Urhebers innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Auskunftsersuchen unter Beteiligung des Kunsthändlers oder Versteigerers weiterveräußert wurden.

(5) Der Urheber kann, soweit dies zur Durchsetzung seines Anspruchs gegen den Veräußerer erforderlich ist, von dem Kunsthändler oder Versteigerer Auskunft über den Namen und die Anschrift des Veräußerers sowie über die Höhe des Veräußerungserlöses verlangen. Der Kunsthändler oder Versteigerer darf die Auskunft über Namen und Anschrift des Veräußerers verweigern, wenn er dem Urheber den Anteil entrichtet.

(6) Die Ansprüche nach den Absätzen 4 und 5 können nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden.

(7) Bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit einer Auskunft nach Absatz 4 oder 5, so kann die Verwertungsgesellschaft verlangen, dass nach Wahl des Auskunftspflichtigen ihr oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer Einsicht in die Geschäftsbücher oder sonstige Urkunden soweit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Auskunft erforderlich ist. Erweist sich die Auskunft als unrichtig oder unvollständig, so hat der Auskunftspflichtige die Kosten der Prüfung zu erstatten.

(8) Die vorstehenden Bestimmungen sind auf Werke der Baukunst und der angewandten Kunst nicht anzuwenden."

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Ziel und Gegenstand des Gesetzes

Der vorliegende Gesetzentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie 2001/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 über das Folgerecht des Urhebers des Originals eines Kunstwerkes. Das Folgerecht ist ein Anspruch des Urhebers eines Werks der bildenden Künste auf wirtschaftliche Beteiligung am Erlös aus den Weiterveräußerungen seines Werkes. Es verschafft dem Urheber eine Teilhabe an den Wertsteigerungen seines Werkes.

In der Europäischen Union war das Folgerecht bislang unterschiedlich geregelt. In einigen Mitgliedstaaten existierte bisher gar keine entsprechende Regelung. In anderen Mitgliedstaaten unterschieden sich die Regelungen zum Folgerecht im Hinblick auf die erfassten Werke, Anspruchshöhe und die Anspruchsberechtigten. In Deutschland liegt der Anspruch seit 1973 bei fünf Prozent des Veräußerungserlöses. Aufgrund dieser uneinheitlichen Rechtslage kam es innerhalb der Gemeinschaft zu Wettbewerbsverzerrungen und Handelsverlagerungen in Mitgliedstaaten, die bisher kein Folgerecht vorsahen. Diese Wettbewerbsnachteile sollen durch die Richtlinie 2001/84/EG zur Harmonisierung des Folgerechts ausgeglichen werden.

Die Richtlinie war bis zum 1. Januar 2006 umzusetzen.

Die Richtlinie wird durch eine Anpassung des geltenden § 26 Urheberrechtsgesetz (UrhG) umgesetzt. Da § 26 UrhG bereits weitgehend den Vorgaben der Richtlinie entspricht, wird die Vorschrift im Wesentlichen erhalten. Neu ist die Einführung einer degressiven Staffelung zur Ermittlung der Höhe des Folgerechtsanspruchs. Der bisher einheitliche Beteiligungssatz in Höhe von fünf Prozent wird durch fünf Sätze, deren Höhe mit zunehmendem Verkaufspreis sinkt ersetzt. Neu ist auch die von der Richtlinie vorgegebene Höchstgrenze für die Gesamtsumme des Anspruchs von 12 500 Euro. Außerdem bleiben Veräußerungen unterhalb eines Verkaufspreises von 1 000 Euro folgerechtsfrei.

Das neue Vergütungssystem wird in Deutschland zu einem im Vergleich mit der gegenwärtigen Situation niedrigeren Aufkommen für die Urheber von Werken bildender Künste führen.

Es ist jedoch zu erwarten, dass diese Einbuße zum Teil dadurch ausgeglichen werden wird, dass Deutschland durch Wegfall der Wettbewerbsverzerrung für den Kunsthandel attraktiver wird und deutsche Urheber nach der Harmonisierung in den Ländern Einkünfte aus dem Folgerecht erzielen, die bislang kein Folgerecht kannten. Der deutsche Kunsthandel wird durch die in der Richtlinie vorgegebenen niedrigeren Beteiligungssätze und die eingeführte Höchstgrenze für den Folgerechtsanspruch entlastet. Geschlechtsspezifische Auswirkungen auf Frauen oder Männer entstehen nicht.

II. Gesetzgebungskompetenz

Für Änderungen des Urheberrechtsgesetzes besteht gemäß Art. 73 Nr. 9 des Grundgesetzes eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Zu § 26 Abs. 1

Wie bisher gilt das Folgerecht für Weiterveräußerungen des Originals eines Werkes der bildenden Kunst unter Beteiligung eines Kunsthändlers oder Versteigerers. Rein private Veräußerungen ohne jegliche Mitwirkung eines Kunsthändlers oder Versteigerers werden nicht erfasst.

Darüber hinaus werden nunmehr in § 26 Abs. 1 Satz 1 Lichtbildwerke ausdrücklich in den Anwendungsbereich aufgenommen und damit die Vorgaben des Artikels 2 Abs. 1 der Richtlinie umgesetzt. Die in Artikel 2 Abs. 1 der Richtlinie ausdrücklich genannten Bilder, Collagen, Gemälde, Zeichnungen, Stiche, Bilddrucke, Lithographien und Plastiken als Beispiele der vom Folgerecht erfassten Werke waren auch nach bisherigem Verständnis vom Folgerecht erfasst. Tapisserien, Keramiken und Glasobjekte, die ebenfalls von Artikel 2 Abs. 1 der Richtlinie aufgeführt werden, unterfallen dem Folgerecht, soweit es sich bei ihnen um Werke der bildenden Kunst handelt. Als Originale von Kunstwerken gelten nach Artikel 2 Abs. 2 der Richtlinie auch Exemplare von Kunstwerken, die vom Künstler selbst oder unter seiner Leitung in begrenzter Auflage hergestellt wurden, wobei derartige Exemplare in der Regel nummeriert, signiert oder vom Künstler auf andere Weise ordnungsgemäß autorisiert sein müssen. Diese Definition ist künftig auch dem Verständnis des Begriffs des Originals eines Werkes in § 26 zugrunde zu legen. Satz 2 setzt Artikel 5 der Richtlinie um. Für die Berechnung des Folgerechtsanspruchs wird der Verkaufspreis ohne Steuern zugrunde gelegt.

Mit Satz 3 wird in Umsetzung des Artikels 1 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie die Haftung für die Zahlung der Folgerechtsvergütung erweitert. Handelt es sich bei dem Veräußerer um eine Privatperson und ist bei dem Verkauf ein Vertreter des Kunstmarktes - etwa als Käufer oder Vermittler - beteiligt, so haften diese dem Berechtigten für die Zahlung der Vergütung gesamtschuldnerisch.

Der Folgerechtsberechtigte gewinnt damit einen zusätzlichen Schuldner, was besondere Bedeutung erlangt, wenn der Veräußerer zahlungsunfähig oder nicht erreichbar ist. Die Erstreckung der Haftung auf den Kunsthändler oder Versteigerer ist sachgerecht, da erst seine Beteiligung den Folgerechtsanspruch überhaupt auslöst.

Die Regelung des Innenausgleichs in Satz 3, 2. Halbsatz stellt klar, dass sich an dem grundsätzlichen Haftungsgefüge, nach dem der Veräußerer folgerechtspflichtig ist, nichts ändern soll. Absatz 1 Satz 1 stellt damit eine andere Bestimmung im Sinne des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.

Mit Satz 4 wird die Regelung zu den folgerechtsfreien Veräußerungen neu gefasst. Der Betrag für den folgerechtsfreien Erwerb von gegenwärtig weniger als 50 Euro wird auf weniger als 1 000 Euro heraufgesetzt. Damit wird dem Verwaltungsaufwand Rechnung getragen, der für die Durchsetzung von Folgerechtsansprüchen unterhalb eines Veräußerungserlöses von 1 000 Euro unangemessen hoch sein kann. Die Festlegung eines Mindestbetrages über diesem Wert wäre unangemessen. Ein höherer Mindestbetrag würde den Anwendungsbereich des Folgerechts zu sehr beschränken, da Werkkategorien, die - wie etwa Lichtbildwerke - regelmäßig im unteren Preissegment gehandelt werden, dann überwiegend nicht mehr vom Folgerecht erfasst wären. Außerdem bliebe eine nicht unerhebliche Gruppe von Künstlern, deren Werke eher niedrigere Preise erzielen, unberücksichtigt.

Zu § 26 Abs. 2

Die Änderung in Absatz 2 ersetzt den bisher einheitlichen Folgerechtsanspruch in Höhe von fünf Prozent zugunsten eines gestaffelten Systems, das für bestimmte Teile des Veräußerungserlöses unterschiedliche Anspruchshöhen vorsieht. Die Höhe des Anspruchs ergibt sich aus der Addition der jeweiligen Anteile. Die Summe der einzelnen Beträge darf 12 500 Euro nicht überschreiten.

Sowohl die mit der Höhe des Verkaufspreises abnehmenden Beteiligungssätze als auch die Begrenzung des Anspruchs auf 12 500 Euro sind zwingende Vorgaben der Richtlinie. Ausweislich des Erwägungsgrundes 24 soll damit der Gefahr einer Abwanderung gerade des Handels mit hochpreisigen Kunstwerken in folgerechtsfreie Staaten begegnet werden. Mit der Festlegung des Beteiligungssatzes der ersten Stufe auf vier Prozent wird der in Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe a) der Richtlinie vorgesehene Regelsatz übernommen.

Zu § 26 Abs. 3

Absatz 3 wurde den Vorgaben der Richtlinie ausgepasst, nach der das Folgerecht als ein unveräußerliches Recht konzipiert ist, auf das der Urheber auch im Voraus nicht verzichten kann. Der bisherige Absatz 2 Satz 2 ist überflüssig und wurde gestrichen. Dass die Anwartschaft ebenso wie das Folgerecht nicht der Zwangsvollstreckung unterliegt und nicht übertragen werden kann, ergibt sich aus dem akzessorischen Charakter der Anwartschaft.

Zu § 26 Abs. 4

Mit der Änderung des Absatzes 4 wird die Frist für die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs an die Vorgaben des Artikels 9 der Richtlinie angepasst und von bislang einem Jahr auf drei Jahre verlängert. Die Regelungsstruktur wurde beibehalten. Die zeitliche Begrenzung des Auskunftsanspruchs wird weiterhin ausgehend vom Zeitpunkt des Auskunftsersuchens berechnet. Anders als bisher wird jedoch nicht mehr auf die Kalenderjahre abgestellt, die vor dem Auskunftsersuchen abgelaufen sind. Würde diese Berechnungsweise beibehalten, könnte sich nämlich ein längerer Zeitraum als die in Artikel 9 der Richtlinie vorgesehenen drei Jahre (3 x 365 Tage) ergeben. Da die Richtlinie insoweit keinen Spielraum lässt, wurden die Vorgaben zu den zeitlichen Grenzen wörtlich übernommen.

Zu § 26 Abs. 5 bis 8

Die Absätze 5 und 8 entsprechen wortgleich den bisherigen Regelungen der Absätze 4 und 8. Die Absätze 6 und 7 wurden lediglich redaktionell geändert: Die Angabe "Absätze 3 und 4" wurde durch die Angabe "Absätze 4 und 5" ersetzt.

Zu Artikel 2

Artikel 2 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.