Empfehlungen der Ausschüsse - 820. Sitzung des Bundesrates am 10. März 2006
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der Europäischen Genossenschaft und zur Änderung des Genossenschaftsrechts

A.


Der federführende Rechtsausschuss (R),
der Wirtschaftsausschuss (Wi) und
der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo)
empfehlen dem Bundesrat,
zu dem Gesetzentwurf
gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes
wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 ( § 10 SCEAG), Artikel 3 Nr. 6 ( § 6 GenG)

"Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob im SCEAG auch von der Ermächtigung aus Artikel 6 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) Gebrauch gemacht werden, und ob § 6 GenG um eine § 4a Abs. 2 GmbHG entsprechende Regelung ergänzt werden sollte.

Begründung

"Artikel 6 Satz 2 der vorgenannten Verordnung ermächtigt die Mitgliedstaaten, bei der Umsetzung der Verordnung den in ihrem Hoheitsgebiet eingetragenen SCE vorzuschreiben, dass sie ihren (statuarischen) Sitz und ihre Hauptverwaltung am selben Ort haben müssen. Im Entwurf des SCEAG ist bisher von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht worden. Zur Begründung ist ausgeführt, dass nicht von dem GenG abgewichen werden solle, das eine solche Übereinstimmung zwischen statuarischem und tatsächlichem Sitz ebenfalls nicht ausdrücklich vorschreibe.

Für Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung ist in § 5 Abs. 2 AktG bzw. § 4a Abs. 2 GmbHG vorgesehen, dass die Satzung in der Regel den Ort als Sitz zu bestimmen hat, wo sich die Geschäftsleitung befindet oder die Verwaltung geführt wird. Aber auch ohne gesetzliche Regelung wird für die Genossenschaft - ebenso wie bereits für die GmbH vor der ergänzenden Einfügung des § 4a GmbHG - vertreten, dass der statuarische Sitz einen realen Bezug zum Ort der Geschäftstätigkeit aufweisen müsse. Willkürlich gewählte Sitze werden als missbräuchlich angesehen (vgl. BayObLG, BB 1981, 870; Müller, Kommentar zum Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Band 1, § 6 Rnr. 7; Beuthien, Genossenschaftsgesetz mit Umwandlungsrecht, 13. Aufl., § 6 Rnr. 5).

"Ob eine solche ergänzende Auslegung auch bei einer SCE möglich wäre, erscheint zweifelhaft. Wird von der Ermächtigung aus Artikel 6 Abs. 2 der Verordnung ausdrücklich kein Gebrauch gemacht, liegt der Umkehrschluss nahe, dass dann die SCE innerhalb des Mitgliedsstaates, in welchem sie registriert ist sich einen beliebigen Ort als Sitz wird wählen können.

Dieses Ergebnis wäre jedoch nicht wünschenswert. Der Geschäftsverkehr erwartet zu Recht, dass die Genossenschaft ihren Sitz und damit ihre Registereintragung und ihren allgemeinen Gerichtsstand dort hat, wo sie tatsächlich betrieblich tätig ist oder sich ihre Hauptverwaltung befindet. Dies dient auch der Verhinderung missbräuchlicher Fallgestaltungen, wie sie etwa bei den so genannten "Bestattungsfällen" insolventer GmbH in den letzten Jahren verstärkt aufgetreten sind. Um ein Abtauchen insolventer Gesellschaften zu erschweren und den Gläubigern eine Zustellmöglichkeit zu sichern, wird im Zuge der GmbH-Reform gar daran gedacht, zusätzlich zur Angabe des Sitzes auch eine genaue Geschäftsanschrift in das Handelsregister eintragen zu lassen.

"Hier sollte das Genossenschaftsrecht zumindest den bei den übrigen Kapitalgesellschaften bereits vollzogenen Schritt nachvollziehen und eine Übereinstimmung des statuarischen mit dem tatsächlichen Sitz verbindlich vorschreiben.

Dabei bietet es sich an, neben der Umsetzung für die SCE gemäß Artikel 6 Satz 2 der Verordnung auch die anstehende Reform des Genossenschaftsgesetzes zu nutzen, um für Genossenschaften ebenfalls eine explizite Regelung analog § 4a Abs. 2 GmbHG aufzunehmen.

2. Zu Artikel 1 ( § 26 Satz 1 SCEAG)

"In Artikel 1 § 26 Satz 1 ist nach dem Wort "Verwaltungsrats" das Wort "anzuzeigen" einzufügen.

Begründung

"In das Genossenschaftsregister werden Mitglieder des Verwaltungsrats nur eingetragen, soweit sie geschäftsführende Direktoren sind (vgl. § 17 Abs. 3 SCEAG-E). Nicht geschäftsführende Mitglieder des Verwaltungsrats werden dagegen nicht in das Register eingetragen. Dem widerspricht die Entwurfsfassung des § 26 Satz 1 SCEAG-E, nach der "... jede Änderung des Verwaltungsrats ... zur Eintragung in das Genossenschaftsregister anzumelden" ist.

Hier sollte daher unterschieden werden zwischen der "Anmeldung zur Eintragung", welche nur bei geschäftsführenden Direktoren zu erfolgen hat, und der bloßen Anzeige einer Änderung in der Zusammensetzung des Verwaltungsrats im Übrigen.

3. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 4 ( § 4 GenG), Nr. 83 (§ 80 Abs. 1 GenG)

"In Artikel 3 Abs. 1 ist in Nummer 4 § 4 und in Nummer 83 § 80 Abs. 1 jeweils die Angabe "drei" durch die Angabe "fünf" zu ersetzen.

Begründung

"Die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Herabsetzung der Mindestmitgliederzahl der Genossenschaft von - derzeit - sieben auf - künftig - drei ist zu weit gehend. Angemessener ist eine Herabsetzung der Mindestmitgliederzahl auf lediglich fünf.

Damit wäre vor allem eine Übereinstimmung der Regelung betreffend die Genossenschaft nach deutschem Recht mit der Regelung betreffend die Europäische Genossenschaft, die ebenfalls über mindestens fünf Mitglieder verfügen muss (vgl. Artikel 2 Abs. 1, 1. Tiret der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut des Europäischen Genossenschaft (SCE)), hergestellt. Ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung der Europäischen Genossenschaft und der Genossenschaft nach deutschem Recht ist nicht erkennbar. Der Gleichlauf von europäischem und deutschem Recht wäre zudem ein Beitrag zur leichteren Durchschaubarkeit der betreffenden Rechtsregeln für den Bürger.

"Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass zwar niemand verpflichtet ist, eine Kleinstgenossenschaft zu gründen, dass jedoch die Attraktivität der Genossenschaft als Rechtsform u.a. davon abhängt, ob die genossenschaftsrechtlichen Pflichten von der konkreten Genossenschaft mit angemessenem Aufwand erfüllt werden können. Da der Gesetzentwurf davon abgesehen hat, ein Genossenschaftsrecht "light" für Kleinstgenossenschaften zu schaffen, ist zu fragen, ob die genossenschaftlichen Pflichten von derart kleinen Genossenschaften zumindest im Regelfall wirtschaftlich sinnvoll erfüllt werden können. Dies erscheint u.a. im Hinblick auf die Gründungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Nr. 3, Alt. 2 GenG (Vorlage einer gutachtlichen Äußerung über die Verhältnisse der Genossenschaft) zweifelhaft, worauf die gerichtliche Praxis hinweist.

4. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 8 Buchstabe c ( § 7a Abs. 3 GenG)

"Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, in welcher Weise bei Sacheinlagen von Mitgliedern, die erst nach der Gründung beitreten, eine Prüfung der Werthaltigkeit sichergestellt werden kann.

Begründung

"Die Einführung einer Sacheinlage im Genossenschaftsrecht erfordert zugleich Schutzmechanismen, die aus Gründen des Gläubigerschutzes eine Prüfung der Werthaltigkeit eingelegter Sachen sicherstellen. Während im Anmeldungsverfahren eine Begutachtung durch den Prüfungsverband vorgesehen ist (§ 11a Abs. 2 Satz 2 GenG-E), fehlt eine nachträgliche Prüfung, wenn nach der Gründung beitretende Mitglieder ihre Einzahlungen durch Sacheinlagen erbringen.

Zumindest ist eine solche im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen. Besonders in Zusammenschau mit der geplanten Möglichkeit der satzungsmäßigen Bestimmung eines Mindestkapitals kann diese Prüfungslücke praxisrelevant werden, wenn beispielsweise das anfänglich bar erbrachte Mindestkapital bei nachfolgenden Mitgliederwechseln durch Sacheinlagen ausgetauscht wird.

"Daher sollte entweder eine Prüfung durch den Verband oder eine Bescheinigung des Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers etc. gefordert werden.

5. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 10 ( § 8a Abs. 2 GenG)

"Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens in geeigneter Weise sicherzustellen, dass Interessierte über die mit dem Erwerb einer Mitgliedschaft verbundenen Risiken hinreichend informiert werden.

Begründung

§ 8a Abs. 2 GenG-E sieht zwingend vor, dass der Anspruch des ausscheidenden Mitglieds auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens ausgesetzt wird solange durch die Auszahlung das Mindestkapital unterschritten wird.

"Das damit erst später ausscheidende Mitglied haftet ähnlich wie ein GmbH-Gesellschafter für die Kapitalerhaltung der Genossenschaft. Da der Beitritt zur Genossenschaft lediglich der Schriftform bedarf, sollte im Fall der Genossenschaft mit Mindestkapital - beispielsweise durch entsprechende Hinweispflichten - sichergestellt werden, dass der Interessierte über die mit dem Erwerb der Mitgliedschaft verbundenen Risiken angemessen informiert wird.

6. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 36 Buchstabe b (§ 31 Abs. 1 Satz 2 GenG)

Artikel 3 Abs. 1 Nr. 36 Buchstabe b ist wie folgt zu fassen:

Begründung

"Die im Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit, dass jedem Mitglied auf Verlangen eine vollständige Abschrift aus der Mitgliederliste erteilt werden muss, ist unverhältnismäßig und unpraktikabel. Es gibt keinen überzeugenden Grund, die geltende Regelung, nach der sich die Abschrift auf die den einzelnen Genossen betreffenden Eintragungen zu beschränken hat, aufzugeben. Speziell bei großen Genossenschaften mit entsprechend umfangreicher Mitgliederliste führt die beabsichtigte Erweiterung zu beträchtlichem Verwaltungsaufwand, ohne dass erkennbar würde, welches spezielle Interesse ein Mitglied an den Eintragungen betreffend die übrigen Mitglieder haben könnte. Schon im Interesse der Kostenminimierung ist es daher geboten, die derzeit geltende Regelung beizubehalten.

Danach beschränkt sich der Auszug der Mitgliederliste auf die Eintragungen, die den Auskunftsuchenden betreffen. Dem dient die vorgeschlagene Änderung.

7. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 45 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (§ 43a Abs. 1 Satz 2 GenG)

"Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, wie die in § 43a Abs. 1 Satz 2 GenG-E vorgesehene Bestimmung, wonach auf Grund Satzung bestimmte Beschlüsse der Generalversammlung vorbehalten bleiben können, praktikabel gestaltet werden kann; ist dies nicht möglich, so sollte die Vorschrift gestrichen werden.

Begründung

"Über den Referentenentwurf hinaus findet sich nun in § 43a Abs. 1 Satz 2 GenG-E eine Regelung, wonach die Satzung bestimmen kann, dass bestimmte Beschlüsse der Generalversammlung vorbehalten bleiben. Diese Bestimmung stellt die Genossenschaften vor gravierende organisatorische Herausforderungen.

Angesichts des Mitgliederwachstums der Genossenschaften in den letzten Jahrzehnten fehlen zunehmend ausreichend große Versammlungsräume.

"Deshalb wurde die Vertreterversammlung eingeführt. Hinzu kommt, dass Versammlungen mehrerer tausend Mitglieder eine sachgerechte Willensbildung nicht mehr gewährleisten können. Hieran hat sich auch durch die Einführung moderner Kommunikationsmedien nichts geändert.

Die Problematik hat sich in den letzten Jahren durch zunehmende Mitgliederzahlen bei den Kreditgenossenschaften nochmals erheblich verschärft. Kreditgenossenschaften haben oftmals mehrere 10 000 Mitglieder. Bei derartigen Genossenschaften wären Generalversammlungen operativ nicht mehr handhabbar.

"Dies sollte berücksichtigt werden.

8. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 45 Buchstabe b (§ 43a Abs. 2 Satz 2 GenG)

"In Artikel 3 Abs. 1 Nr. 45 Buchstabe b § 43a Abs. 2 Satz 2 sind nach dem Wort "gesetzlicher" die Wörter "oder rechtsgeschäftlicher" einzufügen.

Begründung

"Es besteht ein praktisches Bedürfnis, die Vorschrift auch auf rechtsgeschäftliche Vertreter des Mitglieds, z.B. Prokuristen, zu erstrecken. Eine entsprechende Regelung ist in § 9 Abs. 2 Satz 2 GenG-E für die Wählbarkeit in den Vorstand und Aufsichtsrat aufgenommen worden. Es erscheint nicht sachgerecht, an die Wählbarkeit von Vertretern höhere Anforderungen zu stellen als an die Wählbarkeit von Vorstands- und Aufsichtsratmitgliedern.

9. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 45 Buchstabe f (§ 43a Abs. 7 Satz 1 GenG)

"In Artikel 3 Abs. 1 Nr. 45 Buchstabe f § 43a Abs. 7 Satz 1 sind die Wörter "oder mindestens 500 Mitgliedern" zu streichen.


bei Annahme entfällt Ziffer 10

Begründung

"Die im Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit, dass bereits 500 Genossenschaftsmitgliedern die Möglichkeit zustehen soll, eine Generalversammlung mit dem Ziel der Abschaffung der Vertretersammlung einzuberufen, ist unverhältnismäßig und führt zu unvertretbaren Ergebnissen. Die Vorschrift käme speziell bei Genossenschaften mit hoher Mitgliederzahl zur Anwendung. Zahlreiche Kreditgenossenschaften haben so hohe Mitgliederzahlen, dass diese 500 Mitglieder eine Minderheit darstellen, deren Quote weit unter einem Zehntel liegt. Es gibt keinen vernünftigen Grund, einer derart kleinen Minderheit die Möglichkeit zur Einberufung einer solchen Generalversammlung mit der Folge hoher Kosten für die Genossenschaft einzuräumen. Einer missbräuchlichen Nutzung der Einberufungsmöglichkeit würde damit Vorschub geleistet. Eine solche Regelung widerspricht auch dem für Genossenschaften geltenden demokratischen Prinzip. Daher ist es geboten, die Einberufungsmöglichkeit erst ab einer Quote von einem Zehntel vorzusehen. Dies wird mit der vorgeschlagenen Streichung erreicht. Abweichende diesbezügliche Satzungsregelungen bleiben unberührt.

10. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 45 Buchstabe f ( § 43a Abs. 7 GenG)

"Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens in geeigneter Weise sicherzustellen, dass die Einberufung der Generalversammlung zur Beschlussfassung über die Abschaffung der Vertreterversammlung einem sachgerechten Minderheitenschutz entsprechend gestaltet wird.

Begründung

"Nach § 43a Abs. 7 GenG-E ist die Generalversammlung zur Beschlussfassung über die Abschaffung der Vertreterversammlung unverzüglich einzuberufen, wenn dies von mindestens einem Zehntel der Mitglieder oder dem in der Satzung hierfür bestimmten geringeren Teil oder mindestens 500 Mitgliedern in Textform beantragt wird. Daraus ergibt sich, dass bei einer Genossenschaft mit etwa 30 000 Mitgliedern bereits 500 Mitglieder einen entsprechenden Antrag stellen können. In diesem Fall wären 1,66 Prozent der Mitglieder für eine entsprechende Antragstellung ausreichend. Dies geht über einen sinnvollen Minderheitenschutz weit hinaus und verleitet geradezu zum Missbrauch des Antragsrechts.

11. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 45 Buchstabe f (§ 43a Abs. 7 Satz 3 - neu - GenG)

"In Artikel 3 Abs. 1 Nr. 45 Buchstabe f ist § 43a Abs. 7 folgender Satz anzufügen:


entfällt bei Annahme von Ziffer 9

Begründung

"Die Regelung des Regierungsentwurfs hat die Zielsetzung, durch Einberufung einer Generalversammlung die Abschaffung der Vertreterversammlung zu Gunsten einer Generalversammlung zu ermöglichen.

Die Einführung der Vertreterversammlung ist von erheblicher Bedeutung für Genossenschaften mit großen Mitgliederzahlen. Bei Genossenschaften mit mehreren Tausenden oder gar Zehntausenden von Mitgliedern ist eine ordnungsgemäße und effiziente Abwicklung der Generalversammlung sowie eine übersichtliche Diskussion und Beschlussfassung selten möglich. Es ist daher sicherzustellen dass nicht zufällige Mehrheiten in der einberufenen Generalversammlung einen Beschluss zur Abschaffung der Vertreterversammlung durchsetzen. Die Gefahr solcher den Willen der Mehrheit der Genossen nicht repräsentierender Zufallsmehrheiten besteht (vgl. Beutin, Kommentar zum Genossenschaftsgesetz, 14. Auflage, § 43a Anm. 1: "Die mittelbare Demokratie der Vertreterversammlung" gibt "den Gesamtwillen der Mitglieder oft zuverlässiger wieder als die unmittelbare Demokratie einer Mitgliederversammlung, deren Zusammensetzung und Meinungsbildung vielfach von Zufällen und Stimmungen abhängt".).

"Erforderlich ist daher die Festsetzung eines Quorums für die Beschlussfähigkeit einer Generalversammlung, die die Vertreterversammlung abschafft. Sachgerecht erscheint ein Quorum von mindestens drei Zehnteln der Mitglieder oder jedenfalls mindestens 1 500 Mitgliedern.

12. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 47 Buchstabe a (§ 45 Abs. 1 Satz 1 GenG)

"In Artikel 3 Abs. 1 Nr. 47 Buchstabe a § 45 Abs. 1 Satz 1 sind die Wörter "oder mindestens 150 Mitglieder" zu streichen.

Begründung

"Die im Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit, dass bereits 150 Genossenschaftsmitgliedern die Möglichkeit zustehen soll, eine Generalversammlung einberufen zu lassen, ist unverhältnismäßig und führt zu unvertretbaren Ergebnissen. Die Vorschrift hätte schon bei Genossenschaften mit mehr als 1 500 Mitgliedern praktische Bedeutung. Zahlreiche Kreditgenossenschaften haben so hohe Mitgliederzahlen, dass diese 150 Mitglieder eine Minderheit darstellen deren Quote weit unter einem Zehntel liegt. Es gibt keinen vernünftigen Grund, einer derart kleinen Minderheit die Möglichkeit zur Einberufung einer Generalversammlung mit der Folge hoher Kosten für die Genossenschaft einzuräumen. Einer missbräuchlichen Nutzung der Einberufungsmöglichkeit würde damit Vorschub geleistet. Eine solche Regelung widerspricht auch dem für Genossenschaften geltenden demokratischen Prinzip. Daher ist es geboten, die Einberufungsmöglichkeit erst ab einer Quote von einem Zehntel vorzusehen.

Dies wird mit der vorgeschlagenen Streichung erreicht. Abweichende diesbezügliche Satzungsregelungen bleiben unberührt.


bei Annahme entfällt Ziffer 13

13. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 47 ( § 45 Abs. 1 GenG)

"Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens in geeigneter Weise sicherzustellen, dass die Einberufung der Generalversammlung daran geknüpft wird, dass ein angemessener Teil der Mitglieder dies beantragt hat.

Begründung

"Nach geltendem Recht müssen mindestens 10 Prozent der Mitglieder die Einberufung der Generalversammlung verlangen. Die Satzungen der Genossenschaften haben aus Gründen des Minderheitenschutzes in der Regel eine den Größenverhältnissen entsprechende niedrigere Mitgliederzahl festgelegt.

Nach dem Vorschlag im Gesetzentwurf müsste die Generalversammlung unverzüglich einberufen werden, wenn mindestens ein Zehntel der Mitglieder oder der in der Satzung hierfür bezeichnete geringere Teil oder mindestens 150 Mitglieder in Textform unter Anführung des Zwecks und der Gründe die Einberufung verlangen. Die starre Obergrenze von 150 Mitgliedern wird den Genossenschaften mit hoher Mitgliederzahl nicht gerecht. So würden z.B. bei der DATEV mit zur Zeit ca. 38 000 Mitgliedern bereits 0,37 Prozent der Mitglieder genügen um die Einberufung der Vertreterversammlung verlangen zu können.

"Bei der Münchner Bank mit derzeit ca. 54 000 Mitgliedern wären es ca. 0,28 Prozent der Mitglieder. Mit einer solchen Regelung würde der Minderheitenschutz übergewichtet. Von einem rechtsmissbräuchlichen Einberufungsverlangen abgesehen würden selbst kleinste Gruppen von Mitgliedern mit gegebenenfalls gegenläufigen Interessen in der Lage sein, jederzeit die Einberufung der mit erheblichem Aufwand und hohen Kosten verbundenen Versammlung zu verlangen. Die Obergrenze von 150 Mitgliedern erscheint im Hinblick auf die unterschiedlichen Genossenschaftsgrößen völlig ungeeignet. Sie sollte gestrichen werden. Die bisherige 10-Prozent-Grenze hat sich bewährt. Dabei sollte es verbleiben. Hält man dies nicht für ausreichend, so sollte zumindest ein Erfordernis von 1 000 Mitgliedern festgesetzt werden, um die Einberufung einer Generalversammlung möglich zu machen.

14. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 54 ( § 53 Abs. 3 GenG)

"In Artikel 3 Abs. 1 Nr. 54 § 53 Abs. 3 ist die Angabe "zwei Millionen Euro" durch die Angabe "500 000 Euro" zu ersetzen.


entfällt bei Annahme von Ziffer 12

Begründung

"Nach derzeitiger Rechtslage ( § 53 GenG) ist der Prüfungsumfang bei Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung, die alle ein bzw. zwei Jahre stattzufinden hat, für sämtliche Genossenschaften gleich. Der Gesetzentwurf sieht demgegenüber in Artikel 3 Abs. 1 Nr. 54 (§ 53 Abs. 3 GenG-E) vor, dass für "Kleinunternehmen" (so die Begründung des Gesetzentwurfs, Seite 243 f.) künftig ein verminderter Prüfungsumfang gilt: Jahresabschlüsse und Buchführung dieser Genossenschaften müssen nicht mehr geprüft werden.

Während im Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz die Grenze, unterhalb derer die nur noch verminderten Prüfungspflichten gelten sollen, bei einer Million Euro gezogen wurde, liegt sie im Gesetzentwurf der Bundesregierung - ohne nähere Erläuterung - bei zwei Millionen Euro.

"Selbst eine Grenze von einer Million Euro ist jedoch zu hoch gegriffen Zwar ist es ein nachvollziehbares Anliegen, Kleingenossenschaften eine verhältnismäßig aufwändige Prüfung zu ersparen, um damit die Attraktivität der Genossenschaft als Rechtsform für kleinere Unternehmungen zu erhöhen. Jedoch ist auch zu berücksichtigen, dass mit jeder Verminderung von Prüfungserfordernissen ein Verlust des entsprechenden Verkehrs- und Mitgliederschutzes einhergeht.

Bei einem potenziell gefährdeten Geschäftsvolumen von einer Million Euro - erst recht von zwei Millionen Euro - dürfte die Grenze, ab der das Interesse am Verkehrs- und Mitgliederschutz das Interesse am reduzierten Verwaltungsaufwand der Genossenschaft überwiegt, überschritten sein. Auch kann bei Unternehmen mit einer Bilanzsumme von einer Million Euro - erst recht von zwei Millionen Euro - nicht mehr gut von "Kleinunternehmen" gesprochen werden.

"Daher sollte die einem Kleinunternehmen entsprechende Bilanzsumme von 500 000 Euro maßgeblich sein. Zumindest sollte die im Referentenentwurf vorgesehene Grenze von einer Million Euro gelten.

15. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 54 ( § 53 Abs. 3 GenG)

"Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen ob die Ausnahme von der Prüfung des Jahresabschlusses für Genossenschaften, deren Bilanzsumme zwei Millionen Euro nicht übersteigt, auch auf Genossenschaften mit relativ geringen Umsatzerlösen oder einer relativ kleinen Mitgliederzahl erweitert werden kann.

Begründung

"Die Ausnahme von der Prüfung des Jahresabschlusses bei bestimmten kleinen Genossenschaften kann den Zugang für Kleinunternehmen zur Rechtsform der Genossenschaft erleichtern, ohne dabei jedoch den Schutz von Gläubigern und Mitgliedern unangemessen zu beeinträchtigen.

Das Abgrenzungskriterium der Bilanzsumme könnte sich jedoch gerade bei neu gegründeten Wohnungsgenossenschaften als zu eng darstellen, da die maßgebliche Bilanzsumme unter Umständen schnell überschritten ist, obwohl die Geschäftstätigkeit der Genossenschaften noch gering ist.

16. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 62 ( § 63 GenG)

"Artikel 3 Abs. 1 Nr. 62 ist wie folgt zu fassen:

" § 63

"Das Prüfungsrecht wird dem Verband durch die Wirtschaftsprüferkammer verliehen. Es gilt für ganz Deutschland."

Begründung

"Die etwa 35 in Deutschland agierenden genossenschaftlichen Prüfungsverbände werden derzeit noch durch 16 Landeswirtschaftsministerien beaufsichtigt (Verleihung des Prüfungsrechts, laufende Aufsicht mit Ausnahme der bei der Wirtschaftsprüferkammer vorgenommenen Qualitätskontrolle und ggf. Widerruf der Verleihung). Das ist ein höchst ineffizientes Verfahren. Die Aufsicht über alle 35 Verbände kann leicht von einer Person mit einem Teil der Stellen erledigt werden. Hierdurch entstehen hohe Synergieeffekte.

Weiterhin ist auf die EU-Richtlinie zur Abschlussprüfung hinzuweisen, die hohe Anforderungen an die Aufsicht stellt. Unter anderem muss die öffentliche Aufsicht ihre jährlichen Arbeitsprogramme und Tätigkeitsberichte veröffentlichen.

"Bei den wenigen Prüfungsverbänden, die jedes Land beaufsichtigt, ist das eine Arbeit, die den Ländern nicht zumutbar ist. Ferner benötigt die EU einen einzelnen Ansprechpartner, so dass auch noch Koordinationsbedarf entsteht.

Des Weiteren ist zu beachten, dass fast alle genossenschaftlichen Prüfungsverbände in mehr als einem Land tätig sind, oftmals sogar in ganz Deutschland, so dass einem überregional agierenden Verband eine nur landesweit agierende Behörde gegenübersteht.

"Es ist deshalb geboten, diese Aufsicht in einer Hand zu konzentrieren, wobei sich eine Übertragung auf die Wirtschaftsprüferkammer anbietet.

Der Deutsche Bundestag hat in den letzten Jahren im Bereich der Wirtschaftsprüfung bereits wesentliche Aufgaben von den Ländern auf die Wirtschaftsprüferkammer übertragen:

"Darüber hinaus hat der Deutsche Bundestag die wichtige und umfassende Qualitätskontrolle bei Prüfungsgesellschaften und bei genossenschaftlichen Prüfungsverbänden der Wirtschaftsprüferkammer zugewiesen.

Abgesehen davon, dass die Wirtschaftsprüferkammer (Körperschaft des Öffentlichen Rechts unter Aufsicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie) sich als einzige Institution zu einer Übernahme der Aufsicht bereit erklärt hat, ist sie auch fachlich die einzige in Frage kommende Institution.

"Das gesamte Prüfungswesen in Deutschland wird von ihr maßgeblich mitgestaltet.

Über 99 Prozent der im Prüfungsbereich tätigen juristischen und natürlichen Personen unterstehen bereits jetzt ihrer Aufsicht. Sie übt die Aufsicht über die im Prüfungsbereich notwendigerweise für die Prüfungsverbände handelnden Wirtschaftsprüfer (Pflichtmitglieder der Kammer) aus und ist für die Qualitätskontrolle der Arbeit der Prüfungsverbände verantwortlich, führt also jetzt bereits den wesentlichen Teil der Aufsicht durch. Nur bei einer Übertragung der Aufsicht auf die Wirtschaftsprüferkammer wäre die Doppelgleisigkeit der Aufsicht über die genossenschaftlichen Prüfungsverbände beseitigt.

"Die Synergieeffekte, die schon eine Konzentration der Aufsicht mit sich bringt, würden dadurch verstärkt werden. Abstimmungen zwischen Wirtschaftsprüferkammer und Aufsichtsbehörde, wie sie zum Beispiel in den §§ 63g und 64a GenG-E vorgesehen sind, wären dann nicht mehr nötig.

Auch wenn genossenschaftliche Prüfungsverbände sich in ihrer Rechtsform (e.V.) und ihrem Gründungsverfahren von Prüfungsgesellschaften (u. a. OHG, KG, Partnerschaft, GmbH, AG) unterscheiden, so unterscheiden sie sich doch in ihrer Prüfungstätigkeit in den wesentlichen Punkten nicht von diesen.

"Hierauf aber kommt es an, weshalb der Deutsche Bundestag die Verbände bereits der Qualitätskontrolle bei der Wirtschaftsprüferkammer unterstellt hat.

Die meisten genossenschaftlichen Prüfungsverbände sind im Übrigen freiwillig Mitglied der Wirtschaftsprüferkammer.

"Das für die Aufsicht über die Wirtschaftsprüferkammer zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hält die Kammer ebenfalls für geeignet, die Aufsichtspflicht der Länder zu übernehmen.

Es gilt nun, den vom Deutschen Bundestag eingeschlagenen Weg konsequent auch bzgl. der Aufsicht über die ca. 35 genossenschaftlichen Prüfungsverbände fortzusetzen und diese von den Ländern auf die Wirtschaftsprüferkammer zu übertragen.

"Als Folge der vorgeschlagenen Neufassung von § 63 GenG wäre Artikel 3 Abs. 1 wie folgt zu ändern:

17. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 72 (§§ 65 ff. GenG)

"Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens ein Kündigungsrecht seitens der Genossenschaft für den Fall vorzusehen, dass ein Mitglied die genossenschaftlichen Leistungen nicht mehr in Anspruch nimmt.

Begründung

"Auf Grund EU-rechtlicher Vorgaben müssen etwa Erzeugerorganisationen vor allem im Bereich Obst und Gemüse ihren Gesellschafterkreis auf aktive Mitglieder beschränken. Auch für den Bereich der Kreditgenossenschaften besteht ein Bedürfnis für ein Kündigungsrecht seitens der Genossenschaft für den Fall, dass Mitglieder nicht mehr aktiv sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn Mitgliedschaften aus strategischen Überlegungen erfolgen, die nicht an den genossenschaftlichen Prinzipien der Subsidiarität, Solidarität und Selbsthilfe anknüpfen.

18. Zu Artikel 3 Abs. 1 Nr. 83 (§ 80 Abs. 1 Satz 2 - neu - GenG)

"In Artikel 3 Abs. 1 Nr. 83 ist § 80 Abs. 1 folgender Satz anzufügen:

Begründung

§ 80 Abs. 1 GenG-E regelt die Auflösung der Genossenschaft durch das Gericht bei Unterschreiten der Mindestmitgliederanzahl von drei Mitgliedern.

"Hier sollte klargestellt werden, dass bei der Berechnung der Mindestmitgliederanzahl die investierenden Mitglieder nicht mitgezählt werden. Zählten investierende Mitglieder nach ihrer Zulassung ebenfalls als Mitglieder im Sinne des § 80 GenG-E, so könnte dies dazu führen, dass Genossenschaften mit zwei investierenden und nur noch einem nutzenden Mitglied entstehen. Auf Grund der Stimmrechtsregelung für die nur investierenden Mitglieder würde damit eine faktische "Ein-Mann-Genossenschaft" entstehen können. Ebenso könnte durch Austritt aller nutzenden Mitglieder eine Genossenschaft entstehen, der nur noch investierende Mitglieder angehören. Dies entspräche nicht dem Bild und der Zwecksetzung der Genossenschaft.

19. Zu Artikel 12 (§ 340l i.V.m. § 325 HGB)

"Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen ob die Bilanzsumme, ab der der Jahresabschluss sowie der Lagebericht im Bundesanzeiger offen zu legen sind, deutlich angehoben werden kann.

Begründung

"Kreditinstitute und damit auch Kreditgenossenschaften haben den Jahresabschluss sowie den Lagebericht im Bundesanzeiger offen zu legen. Der Informationswert dieser Offenlegung ist für Dritte begrenzt und steht in keinem Verhältnis zu den Offenlegungskosten von 6 000 Euro.

Ausgenommen von dieser Regelung sind Kreditinstitute mit einer Bilanzsumme von bis zu 200 Millionen Euro. Für diese Kreditgenossenschaften existiert entsprechend § 340l Abs. 4 HGB die Möglichkeit, die offen zu legenden Unterlagen zum Genossenschaftsregister einzureichen, damit sie dort eingesehen werden können (Registerpublizität).

"Die durchschnittliche Kreditgenossenschaft im Genossenschaftsverband Bayern hat eine Bilanzsumme von 280 Millionen Euro. Insofern kann die Mehrheit dieser Banken die Regelung der Registerpublizität nicht in Anspruch nehmen.

Unter den Gesichtspunkten der Entbürokratisierung, Kostenreduktion und Stärkung der mittelständischen Kreditwirtschaft ist es geboten, die bestehende Regelung der Veröffentlichungspflicht für Banken mit einer Bilanzsumme von mehr als 200 Millionen Euro im Bundesanzeiger zu überprüfen. Ergebnis dieser Prüfung wird sein, dass die Grenze der Bundesanzeigerpublizität deutlich angehoben oder ersatzweise auf kapitalmarktorientierte Unternehmen begrenzt werden kann.

B.