Gesetzesantrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes

A. Problem

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes

Der Bayerische Ministerpräsident München, den 22. Januar 2008

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust

Sehr geehrter Herr Präsident,

gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung übermittle ich den als Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügten


mit dem Antrag, dass der Bundesrat diesen gemäß Art. 76 Abs. 1 GG im Bundestag einbringen möge.
Ich bitte, den Gesetzentwurf unter Wahrung der Rechte aus § 23 Abs. 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates gemäß § 36 Abs. 2 GOBR auf die Tagesordnung der 841. Sitzung am 15. Februar 2008 zu setzen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Günther Beckstein

Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes

Vom ...

Der Bundestag hat folgendes Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Bundeszentralregistergesetzes

Das Bundeszentralregistergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1984 (BGBl. I S. 1229, 1985 I S. 195), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Jugendgerichtsgesetzes

Das Jugendgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Inkrafttreten

Begründung

I. Allgemeines

Straftaten, insbesondere Sexualdelikte, zulasten von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigen das Sicherheitsempfinden der Allgemeinheit und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Schutzfunktion des Staates in besonderem Maße.

Die staatliche Gemeinschaft muss daher alle Anstrengungen unternehmen, um die Bevölkerung vor solchen Delikten zu schützen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Vorschriften des Bundeszentralregisters - BZRG. Insbesondere sind die Regelungen des BZRG zu der Frage, welche Verurteilungen in ein Führungszeugnis aufzunehmen sind, für die Vermeidung weiterer Straftaten im beruflichen Umfeld des Täters bedeutsam. Dies gilt vor allem, wenn bei der (künftigen) Beschäftigung ein enger Kontakt zu Kindern und Jugendlichen besteht.

Verschiedene Regelungen des BZRG betonen jedoch insoweit einseitig das Resozialisierungsinteresse des Betroffenen zulasten der Wahrung der Belange der Strafrechtspflege und der allgemeinen Sicherheit. Um dies zu ändern, wurden bereits mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 160) Regelungen getroffen, die sicherstellen dass Verurteilungen wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches - StGB in ein Führungszeugnis aufgenommen werden (§§ 32 Abs. 1 Satz 2, 34 Abs. 1 Nr. 2, 41 Abs. 3 Satz 2 und 46 Abs. 1 Nr. 3 BZRG). Seither werden Verurteilungen wegen derartiger Delikte zu Geldstrafe oder Freiheits- bzw. Jugendstrafe von bis zu einem Jahr mindestens für drei Jahre, Verurteilungen zu Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe von mehr als einem Jahr mindestens für elf Jahre in ein Führungszeugnis aufgenommen. Zudem wurde die Aufnahme von Verurteilungen wegen einer Straftat nach den in §§ 174 bis 180 oder 182 StGB in eine unbeschränkten Auskunft nach § 41 BZRG sichergestellt und die Tilgungsfrist bei Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe von mehr als einem Jahr auf zwanzig Jahre verlängert.

Nicht erfasst von diesen Sonderregelungen werden Verurteilungen wegen sonstiger Sexualdelikte, u.a. auch wegen der Verbreitung, des Erwerbs oder Besitzes kinderpornographischer Schriften nach § 184b StGB, sowie die für den Schutz von Kindern und Jugendlichen ebenfalls besonders relevanten Straftatbestände der Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht ( § 171 StGB) und der Mißhandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 StGB). Dies führt insbesondere dazu, dass z.B. Verurteilungen wegen einer Straftat nach § 184b StGB zu einer Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafen von nicht mehr als drei Monaten gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 5 BZRG überhaupt nicht in ein Führungszeugnis aufgenommen werden soweit im Register keine weitere Strafe eingetragen ist (solche Fälle können insbesondere bei Verurteilungen nach § 184b Abs. 4 StGB, aber auch bei Verhängung der Mindeststrafe oder Verschiebung des Strafrahmens bei Straftaten nach § 184b Abs. 2 oder 3 StGB auftreten). Verurteilungen zu Jugendstrafe von nicht mehr als zwei Jahren werden nur in das Führungszeugnis aufgenommen, wenn die Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt oder zurückgestellt ist (§ 32 Abs. 2 Nr. 3 BZRG). Allein die obersten Landesbehörden, also z.B. die Kultusministerien, können bei der Entscheidung über eine Einstellung aufgrund einer unbeschränkten Auskunft nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 BZRG auch solche Verurteilungen berücksichtigen.

Dies führt dazu, dass sich ein entsprechend Verurteilter zwar nicht für eine hauptamtliche Tätigkeit an einer öffentlichen Schule, bei der eine oberste Landesbehörde Einstellungsbehörde ist, wohl aber um eine Stelle bei einer anderen öffentlichen Schule, einer Privatschule, einem Kindergarten, einem Jugendheim o.ä. bewerben kann ohne dass die Verurteilung offengelegt wird. Gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 2 Nr. 3, 5 BZRG darf sich der Verurteilte insoweit als unbestraft bezeichnen und braucht den der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht zu offenbaren.

Dies muss im Interesse des Schutzes insbesondere von Kindern und Jugendlichen geändert werden. Der (zukünftige) Arbeitgeber hat auch in diesen Fällen ein erhebliches Interesse daran, von der Verurteilung Kenntnis zu erhalten, um die Eignung des Bewerbers überprüfen und etwaige Gefährdungen von Personen im beruflichen Umfeld des Betroffenen vermeiden zu können. Insoweit besteht kein durchgreifender Unterschied zu Verurteilungen wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 StGB. Das Resozialisierungsinteresse des Betroffenen muss demgegenüber zurückstehen.

Dies unterstreicht § 72a Satz 1 Sozialgesetzbuch VIII - SGB VIII für den Bereich der öffentlichen und privaten Jugendhilfe. Die Vorschrift bestimmt, dass die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sicherstellen sollen, dass sie keine Personen beschäftigen oder vermitteln, die rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 181a, 182 bis 184e oder 225 StGB verurteilt worden sind. Zu diesem Zweck sollen sie sich bei der Einstellung und in regelmäßigen Abständen von den zu beschäftigenden Personen ein Führungszeugnis nach § 30 Abs. 5 BZRG vorlegen lassen (§ 72a Satz 2 SGB VIII). Durch Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe auch sicherstellen, dass diese keine Personen nach § 72a Satz 1 SGB VIII beschäftigen. Dies kann in der Praxis dadurch erreicht werden, dass sich die freien Träger der Jugendhilfe von ihren Beschäftigten vor der Einstellung und danach in regelmäßigen Abständen ein Privatführungszeugnis vorlegen lassen.

Der Gesetzgeber ist bei Einführung des § 72a SGB VIII möglicherweise irrig davon ausgegangen dass in das Führungszeugnis dabei auch tatsächlich alle für die Beurteilung der Eignung maßgeblichen Verurteilungen aufgenommen werden. Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 015/3676 S. 39) ergibt sich nicht, dass die Problematik erkannt wurde. Dies macht eine Anpassung der das Führungszeugnis berührenden Bestimmungen des BZRG erforderlich.

Der Entwurf harmonisiert daher zur Verbesserung des Opferschutzes die Bestimmungen des BZRG zur Aufnahme in das Führungszeugnis, Dauer der Aufnahme, Aufnahme der Verurteilung in eine unbeschränkte Auskunft und zur Tilgung aus dem Register mit dem Katalog des § 72a SGB VIII. Dabei werden auch die betroffenen Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes - JGG angepasst. Damit wird es dem Arbeitgeber erheblich erleichtert, die Beschäftigung ungeeigneter Personen vor allem im kinder- und jugendrelevanten Bereich zu vermeiden.

Durch die Änderungen wird zudem die Aussagekraft von Führungszeugnissen verbessert, die Behörden nach § 31 BZRG zur Erledigung ihrer hoheitlichen Aufgaben von Amts wegen erholen. Dies ist insbesondere auch für die Jugendämter von Bedeutung, die im Einzelfall bei Verdacht der Gefährdung des Kindeswohls zur Abschätzung des Gefährdungsrisikos ein Behördenführungszeugnis über Personen erholen können, die mit dem Kind in enger Beziehung stehen.

II. Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu Artikel 1 (Änderung des Bundeszentralregistergesetzes)

Zu Artikel 1 Nr. 1 (§ 32 Abs. 1 Satz 2 BZRG)

Durch die Einfügung wird geregelt, dass künftig grundsätzlich jede Verurteilung wegen einer in § 72a SGB VIII genannten Straftat in ein Führungszeugnis aufgenommen wird. Außer Betracht bleiben lediglich Verwarnungen mit Strafvorbehalt gemäß § 59 StGB, da diese ein Reaktionsmittel eigener Art bei Straftaten von geringem Gewicht sind, sowie Schuldsprüche nach § 27 JGG, da es sich hierbei nur um bedingte Verurteilungen handelt, die mit der Aussetzung der Vollstreckung einer bereits erkannten Jugendstrafe (§ 32 Abs. 2 Nr. 3 BZRG) nicht vergleichbar sind.

Zu Artikel 1 Nr. 2 (§ 34 Abs. 1 Nr. 2 BZRG)

Die Einfügung bewirkt, dass die bisherige Frist von fünf Jahren (§ 34 Abs. 1 Nr. 3 BZRG) auch für die Aufnahme in das Führungszeugnis für Verurteilungen wegen einer bislang nicht aufgeführten Katalogtat des § 72a SGB VIII zu mehr als einem Jahr Jugend- oder Freiheitsstrafe auf zehn Jahre verlängert wird. In Verbindung mit § 34 Abs. 2 Satz 1 BZRG führt dies dazu, dass die Dauer der Aufnahme in das Führungszeugnis in diesen Fällen nunmehr mindestens 11 Jahre ab dem Tag des Urteils (§ 36 BZRG) beträgt. Wegen der Möglichkeit von Gesamt- und Einheitsjugendstrafen (vgl. § 35 Abs. 1 BZRG) wurden auch solche Katalogtaten aufgenommen, deren Strafrahmen nach allgemeinem Strafrecht ein Jahr nicht übersteigt.

Zu Artikel 1 Nr. 3 (§ 41 Abs. 3 Satz 2 BZRG)

Durch die Änderung wird sichergestellt, dass Verurteilungen wegen einer Katalogtat nach § 72a SGB VIII immer in eine Auskunft nach § 41 Abs. 1 BZRG aufgenommen werden. Ohne die Erweiterung ergäbe sich ein Widerspruch zu § 32 Abs. 1 Satz 2 BZRG (neu).

Zu Artikel 1 Nr. 4 (§ 46 Abs. 1 Nr. 3 BZRG)

Durch die Änderung werden auch die übrigen Katalogtaten des § 72a SGB VIII Verurteilungen wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 StGB gleichgestellt. Weil hinsichtlich der Höhe der Strafe auf etwaige Gesamt- und Einheitsjugendstrafen abzustellen ist, wurden auch hier solche Katalogtaten aufgenommen, deren Strafrahmen nach allgemeinem Strafrecht ein Jahr nicht übersteigt.

Aufgrund der Regelung in § 38 Abs. 1 BZRG ist die Änderung auch für die Aufnahme der Verurteilung in das Führungszeugnis bedeutsam.

Zu Artikel 1 Nr. 5 (§ 69 BZRG)

Durch die Vorschrift wird sichergestellt, dass bereits im Register vorhandene Eintragungen entsprechend den neuen Bestimmungen in Führungszeugnisse aufgenommen bzw. getilgt werden. Entgegen BT-Drs. 014/6814 (Begründung zu Nummer 28, § 69 BZRG-E, S. 18) wird damit kein Fall der - unzulässigen - echten Rückwirkung geschaffen. Die Gesetzesänderungen greifen nicht nachträglich ändernd in abgewickelte der Vergangenheit angehörende Tatbestände ein, sondern regeln die künftige Aufnahme von Verurteilungen in Führungszeugnisse und unbeschränkte Auskünfte. Auch hinsichtlich der Offenbarungspflicht (§ 53 BZRG) wirken sich die Änderungen nur zukünftig aus. Sofern dabei auch vor der Verkündung eingetragene Verurteilungen erfasst werden, handelt es sich lediglich um einen Fall der unechten Rückwirkung, die regelmäßig - abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmen - zulässig ist.

Zu Artikel 2 (Änderung des Jugendgerichtsgesetzes)

Zu Artikel 2 Nummer 1 (§ 97 Abs. 1 Satz 3 JGG)

Das Institut der Strafmakelbeseitigung hat verschiedene Auswirkungen auf die registerrechtliche Behandlung von Verurteilungen. Gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 4 BZRG werden Jugendstrafen nicht in ein Führungszeugnis aufgenommen, wenn der Strafmakel gerichtlich oder im Gnadenwege als beseitigt erklärt worden ist und die Beseitigung nicht widerrufen worden ist. Ihre Aufnahme in eine unbeschränkte Auskunft ist nach § 41 Abs. 3 BZRG nur dann zulässig, wenn die Auskunft für ein Strafverfahren gegen den Betroffenen den Strafgerichten und Staatsanwaltschaften mitgeteilt wird. Gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 2 Nr. 4 BZRG darf sich der Verurteilte als unbestraft bezeichnen und braucht den der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht zu offenbaren, wenn der Strafmakel gerichtlich beseitigt worden ist. Nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe f BZRG beträgt die Tilgungsfrist bei Verurteilungen zu Jugendstrafe bei Beseitigung des Strafmakels lediglich fünf Jahre.

Die Strafmakelbeseitigung durch Richterspruch ist gemäß § 97 JGG bei Jugendstrafen von mehr als zwei Jahren regelmäßig zwei Jahre nach Strafverbüßung oder Straferlass möglich. Diese Privilegierung steht im Widerspruch zu den (geänderten) Bestimmungen des § 34 BZRG, wonach Jugendstrafen, die wegen einer Katalogtat nach § 72a SGB VIII verhängt wurden, von bis zu einem Jahr drei Jahre und von mehr als einem Jahr zehn Jahre in ein Führungszeugnis aufzunehmen sind. Die Vorschrift ist dadurch anzupassen, dass die dort enthaltene Ausnahmeregelung auf alle Katalogtaten des § 72a SGB VIII erweitert wird.

Zu Artikel 2 Nummer 2 ( § 102 JGG)

Wird eine Strafe oder ein Strafrest bei einer Verurteilung zu nicht mehr als zwei Jahren Jugendstrafe nach Aussetzung zur Bewährung erlassen, so erklärt der Richter gemäß § 100 JGG die Strafmakelbeseitigung, ohne eine weitere Prüfung vorzunehmen. Da zukünftig auch Jugendstrafen bis zu einem Jahr, die wegen einer Katalogtat nach § 72a SGB VIII verhängt worden sind, drei Jahre lang in ein Führungszeugnis aufgenommen werden sollen und Verurteilungen zwischen einem Jahr und zwei Jahren wegen dieser Delikte zehn Jahre lang, kann das Institut der Strafmakelbeseitigung, wie jetzt schon bei Delikten nach den §§ 174 bis 180 oder 182 StGB, auch bei den übrigen Katalogtaten keine Anwendung finden.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Die Anwendung der Änderungen des Bundeszentralregistergesetzes (Artikel 1) setzt bei der Registerbehörde Planungs- und Programmierungsarbeiten voraus.

Die Gesetzesänderungen können nicht vor Abschluss dieser Arbeiten in Kraft treten; der hierfür erforderliche Zeitaufwand wird auf sechs Monate geschätzt. Da es sich bei den Änderungen des JGG (Artikel 2) um Folgeänderungen handelt, ist auch hier ein späteres Inkrafttreten sachgerecht.