Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Grundstoffmärkte und Rohstoffe - Herausforderungen und Lösungsansätze KOM (2011) 25 endg.

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 824/09 (PDF) = AE-Nr. 090918,
Drucksache 113/10 (PDF) = AE-Nr. 100 144,
Drucksache 035/11 (PDF) = AE-Nr. 110047 und AE-Nr. . 080874, 080977, 100265

Brüssel, den 2.2.2011 KOM (2011) 25 endgültig

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Grundstoffmärkte und Rohstoffe - Herausforderungen und Lösungsansätze

1. Einführung

Auf den Grundstoffmärkten kam es in den vergangenen Jahren zu einer verstärkten Volatilität und beispiellosen Preisschwankungen. So zogen im Jahr 2007 die Preise auf sämtlichen großen Grundstoffmärkten (u.a. Energie, Metalle und Mineralien, landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel) stark an und erreichten 2008 ihr höchstes Niveau; in der zweiten Jahreshälfte 2008 ließen sie dann beträchtlich nach und zeigen seit dem Sommer 2009 wieder eine steigende Tendenz. Diese Preisschwankungen beeinflussten die Verbraucherpreise in unterschiedlichem Maße und führten zeitweise zu sozialen Unruhen und zu Entbehrungen.

Die derzeitigen Entwicklungen gehen im Kern auf eine Reihe von Veränderungen in den globalen Angebots- und Nachfragemustern sowie auf kurzfristige Schocks auf den Märkten für die wichtigsten Grundstoffe und Rohstoffe zurück. Zwischen 2002 und 2008 wurden aufgrund des lebhaften weltweiten Wirtschaftswachstums, insbesondere in Schwellenländern wie China, Rohstoffe sehr viel stärker nachgefragt. Verschärft wird dieser Nachfrageanstieg durch die weitere rasche Industrialisierung und Verstädterung in Ländern wie China, Indien und Brasilien. China verbraucht bereits jetzt weltweit am meisten Metalle; beispielsweise ist sein anteiliger Kupferverbrauch im Verlauf der letzten 10 Jahre von 12 % auf ca. 40 % gestiegen.1 Die Preisschwankungen wurden durch eine Reihe strukturbedingter Probleme in der Liefer- und Vertriebskette verschiedener Grundstoffe noch verschärft, wozu die Verfügbarkeit von Transportinfrastruktur und -dienstleistungen gehören. Diese Entwicklungen tragen sich in einer Zeit zu, in der die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie einen effizienten und sicheren Zugang zu Rohstoffen erforderlich macht.

Darüber hinaus stehen die Märkte unter dem zunehmenden Einfluss des Finanzsektors, denn in den vergangenen Jahren haben die Finanzinvestitionen in die Märkte für Grundstoffderivate beträchtlich zugenommen. Zwischen 2003 und 2008 beispielsweise steigerten die institutionellen Kapitalanleger ihre Investitionen in die Rohstoffmärkte von 13 Mrd. EUR im Jahr 2003 auf 170 - 205 Mrd. EUR im Jahr 2008. Die steigende Tendenz wurde zwar durch die Finanzkrise unterbrochen, doch näherten sich 2010 viele Märkte wieder den Spitzenwerten von 2008 an oder übertrafen sie sogar, und die Investitionen insbesondere der Indexhändler haben stark zugenommen. Die Diskussion über die relative Bedeutung der vielfältigen Faktoren, die die Grundstoffpreise beeinflussen, ist noch nicht abgeschlossen, allerdings ist es offensichtlich, dass Preisschwankungen quer durch verschiedene Grundstoffmärkte inzwischen in einem engeren Zusammenhang stehen und dass die2 Grundstoffmärkte nun stärker mit den Finanzmärkten verknüpft sind.

Diese Entwicklungen lassen den Ruf nach politischen Maßnahmen lauter werden, die die negativen Folgen solcher Schwankungen sowohl für Hersteller als auch für Verbraucher, und vor allem für die besonders schutzbedürftigen, abfangen sollen. Diese Rufe fanden Widerhall auf höchster politischer Ebene, unter anderem auf den letzten G20-Gipfeln.

Die Herausforderungen im Zusammenhang mit Grundstoffpreisen und Rohstoffen sind eng miteinander verbunden und berühren die Politikfelder Finanzmärkte, Entwicklung, Handel, Industrie und auswärtige Beziehungen. Daher hat die Europäische Kommission eine Reihe von Initiativen eingeleitet. Bereits im Jahr 2008 lenkte die Kommission mit ihrer Rohstoffinitiative die Aufmerksamkeit auf die strategische Bedeutung der Festlegung geeigneter politischer Maßnahmen. 3 In diesem Rahmen ist sie seitdem hinsichtlich des nachhaltigen Zugangs zu Rohstoffen sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU sowie hinsichtlich Ressourceneffizienz und Recycling tätig geworden. Außerdem leitete sie eine ausführliche Untersuchung der Grundstoffmärkte im Allgemeinen sowie der Lebensmittelpreise und der Sicherheit der Lebensmittelversorgung im Besonderen ein. 4 Als Reaktion auf die Finanzkrise ergriff sie eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Regulierung, der Integrität und der Transparenz der Finanzmärkte, und erst kürzlich legte sie einen Vorschlag für die Regulierung der Energiemärkte vor.

Mit der vorliegenden Mitteilung wird ein Überblick über die in jedem dieser Bereiche erzielten Ergebnisse sowie über die Schritte gegeben, die zu einer weiteren Verbesserung geplant sind. Diese Arbeit ist Bestandteil der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum und steht in enger Beziehung zu der Leitinitiative für ein ressourcenschonendes Europa.5 Sie wird in die Arbeiten der G20 einfließen, die auf dem Gipfel in Pittsburgh übereinkamen, "die Regulierung, Funktionsweise und Transparenz der Finanz- und Grundstoffmärkte zu verbessern und gegen eine übermäßige Volatilität der Grundstoffpreise vorzugehen". 6 Auf dem G20-Gipfel in Seoul im November 2010 wurde dies noch einmal bekräftigt, und man plädierte dafür, etwas gegen die Volatilität auf dem Lebensmittelmarkt und die exzessive Erdölpreisvolatilität zu unternehmen. 7

2. Entwicklungen auf den weltweiten Grundstoffmärkten

Grundlegende Faktoren, etwa die unerwartete Änderung der weltweiten Wirtschaftslage im Verbund mit der stark gestiegenen Nachfrage aus neu entstehenden Marktwirtschaften, haben die Entwicklungen auf den Grundstoffmärkten entscheidend vorangetrieben. 8 Außerdem spielten Versorgungsengpässe und die Geldpolitik sowie in den letzten Jahren verschiedene Adhoc-Maßnahmen der Politik eine Rolle. Exportbeschränkungen, Maßnahmen an den Grenzen und eine Veränderung der Lagerhaltungsstrategien beeinflussten im Vorfeld der Lebensmittelkrise des Jahres 2008 die Lebensmittelpreise. Die zunehmende Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für die Erzeugung erneuerbarer Energien hat die Verbindung zwischen den Preisentwicklungen in den Bereichen Landwirtschaft und Energie enger werden lassen. Die Preisschwankungen wurden durch eine Reihe strukturbedingter Probleme in der Liefer- und Vertriebskette verschiedener Grundstoffe noch verschärft. 9

Die Funktionsweise der einzelnen Grundstoffmärkte ist - abhängig von der Natur des Grundstoffes, dem Bedarf der Händler und historischen Entwicklungen - unterschiedlich. Es gibt kein einheitliches Modell für die Organisation von Grundstoffmärkten und damit für die Preisentwicklung. In manchen Bereichen ist der Handel mit Grundstoffen sehr einheitlich, auf anderen Märkten hingegen kann sich die Art und Weise des Handels je nach dem besonderen Bedarf der einzelnen Marktteilnehmer anders gestalten. Derivatemärkte10 auf Basis von Grundstoffen gibt es seit langem, und sie spielen eine Rolle bei der Absicherung von Risiken sowohl der Hersteller als auch der Verwender von Grundstoffen. Genauso, wie die zugrunde liegenden Grundstoffe unterschiedlich gehandelt werden können, lassen sich Derivate auf bilateraler Basis, was im Allgemeinen außerbörslich auf dem overthecounter market (OTC) geschieht, oder auf dem Weg über organisierte Börsen handeln. Zudem sind die Rolle der Finanzinstitute sowie die Bedeutung von Derivaten von Markt zu Markt sehr verschieden. In den nachstehenden Abschnitt en werden die besonderen Entwicklungen auf den Märkten für Energie und landwirtschaftliche Grundstoffe sowie die zunehmende Verflechtung der Grundstoffmärkte und der mit ihnen zusammenhängenden Finanzmärkte behandelt.

2.1. Entwicklungen auf den physischen Märkten

2.1.1. Energie (Öl, Strom, Gas)

Die Märkte für Erdöl und Erdölerzeugnisse sind integriert, liquide und global; sie gelten weithin als von wirtschaftlichen Eckdaten, geopolitischen Erwägungen, der Rolle der Organisation der Erdöl exportierenden Länder (OPEC) und vom nichtphysischen Handel besonders abhängig. Bei den Instrumenten für Finanz- und Derivate-Investitionen und bei den für den Handel genutzten Technologien hat es beträchtliche Entwicklungen gegeben. Die G20 haben auf ihrem Gipfel in Seoul die Bedeutung gut funktionierender und transparenter Energiemärkte für das Wirtschaftswachstum herausgestrichen. Behandelt wurden die Transparenz der physischen Märkte, die Preisvolatilität bei fossilen Energieträgern und das Auslaufen unwirtschaftlicher Subventionen für fossile Energieträger.

Der Gasmarkt, der immer stärker von der Entwicklung neuer Energiequellen beeinflusst wird, basiert traditionell auf langfristigen OTC-Verträgen. Infolge der breiteren Nutzung von Flüssiggas (LPG) wird Gas auch immer stärker auf einem globalen, liquiden Markt gehandelt, der zunehmend wie ein herkömmlicher Grundstoffmarkt funktioniert. Der Elektrizitätsmarkt ist der am wenigsten global ausgerichtete Energiemarkt, da eine Verbringung über große Entfernungen aus physikalischen Gründen (keine Speicherfähigkeit, Energieverlust) beschränkt ist. Dieser Markt ist daher geografisch nicht so groß wie der für andere Energiegrundstoffe.

Infolge des Binnenmarktes weisen die Elektrizitäts- (und Gas-)märkte der EU einen immer größeren Integrationsgrad auf. Es haben sich Energiebörsen oder andere organisierte Märkte und von Maklern abgewickelte OTC-Märkte herausgebildet, die sowohl für die physische Lieferung als auch zur Absicherung genutzt werden können. Nach wie vor reagieren die Marktpreise äußerst sensibel auf die Verfügbarkeit von tatsächlicher und erwarteter Erzeugung, da Strom nicht im großtechnischen Maßstab gelagert werden kann.

2.1.2. Landwirtschaft und Sicherheit der Lebensmittelversorgung

Die meisten landwirtschaftlichen Grundstoffe, insbesondere pflanzliche Agrarerzeugnisse, unterliegen stark saisonal geprägten Produktionsmustern, und ihre Bereitstellung kann nicht immer rasch genug an Preis- oder Nachfrageänderungen angepasst werden. Dies bedeutet, dass die Agrarmärkte gewissen Schwankungen unterliegen. Strukturelle Faktoren wie das Bevölkerungswachstum, der Druck auf landwirtschaftlich nutzbares Land und die Folgen des Klimawandels können ebenfalls zu verstärkten Spannungen auf den Agrarmärkten führen. Allerdings hat die Preisvolatilität bei landwirtschaftlichen Grundstoffen in jüngster Zeit ein nie dagewesenes Ausmaß erreicht. Dies gilt sowohl für die EU als auch für internationale Märkte sowie für Kassa- und Terminmärkte. Innerhalb der EU haben die verschiedenen Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu einer beträchtlichen Reduzierung der Stützpreise und der damit verbundenen Maßnahmen geführt. Somit sind Grundstoffproduzenten und -händler den Preisentwicklungen auf den Märkten stärker ausgeliefert und neigen daher - allerdings nicht in allen Bereichen der Landwirtschaft - eher dazu, Terminmärkte zur Absicherung von Risiken zu nutzen. Auch der Handel mit Optionen und OTC-Derivaten nimmt zu. Diese Faktoren erklären in gewissem Maße die verstärkte Aktivität an den in Europa ansässigen Börsen und werfen insbesondere zwei Fragen auf: die der Sicherheit der Lebensmittelversorgung und die einer stärkeren Transparenz auf den Märkten für landwirtschaftliche Derivate.

Die Sicherheit der Lebensmittelversorgung gilt als einer der wichtigsten Gründe für die künftige GAP-Reform.11 Ein starker Agrarsektor ist für die wettbewerbsintensive Lebensmittelindustrie von entscheidender Bedeutung, wenn sie ihre Position als wichtiger Bestandteil von Wirtschaft und Handel der EU und als Hauptakteur auf den Weltmärkten beibehalten will. Aus diesem Grund hat die EU in der Doha-Verhandlungsrunde einem bedeutenden Agrarpaket unter der Voraussetzung zugestimmt, dass eine ehrgeizige, ausgewogene und umfassende Gesamtvereinbarung erreicht wird.

Eine extreme Preisvolatilität bei Lebensmitteln betrifft Produzenten und Verbraucher gleichermaßen und hat schwerwiegende Folgen für die Sicherheit der Lebensmittelversorgung in Entwicklungsländern, die Lebensmittel einführen.

Zu Zeiten von Lebensmittelrekordpreisen - wie in den Jahren 2007-2008 - haben viele Arme in den Entwicklungsländern ihre Nahrungsaufnahme reduziert. 12 Die Lebensmittelpreissteigerungen des Jahres 2010 können bei schwächeren Verbrauchern zu einer weiteren Zunahme der Unterernährung, des Bedarfs an humanitärer Hilfe, sozialer Spannungen und Unruhen in der Welt beitragen. Höhere Weltmarktpreise können zwar die Agrarproduktion anregen, aber die Mechanismen zur Weitergabe der Preise sind oft unzulänglich. In zahlreichen Entwicklungsländern sind die Grundstoffmärkte häufig von den Weltmärkten abgeschnitten oder bestenfalls werden Weltmarktpreissignale mit erheblicher Verzögerung an die Inlandsmärkte übertragen, so dass das inländische Angebot oft mit Verspätung reagiert.

Schwerpunkt mehrerer Analysen der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation, der OECD, der Kommission und anderer Stellen waren die Entwicklungen von Angebot und Nachfrage, die durch - die extreme Preisvolatilität zum Teil erklärende - kurzfristige wirtschaftliche und politische Faktoren (u.a. Exportbeschränkungen) verschärft werden, darunter finanzmarktspezifische Faktoren, die die Preisausschläge gegebenenfalls noch vergrößerten. Trotz verbleibender Unsicherheiten lassen sich auf der Grundlage der von mehreren Organisationen für landwirtschaftliche Grundstoffe erstellten Prognosen, unter anderem der mittelfristigen Vorausschätzungen der Kommission, drei Schlussfolgerungen ziehen:

Die Kombination der hier genannten Faktoren impliziert, dass höhere Preise für landwirtschaftliche Grundstoffe nicht unbedingt zu einem höheren Einkommen für die Landwirte führen, insbesondere wenn ihre Margen durch höhere Kosten gedrückt werden. Zudem ist offensichtlich, dass Netto-Lebensmittelimporteure und allgemeiner die besonders schutzbedürftigen Verbrauchergruppen Probleme bekommen können, wenn es zu einer Inflation der Lebensmittelpreise kommt. Zwar unterliegen die Agrarmärkte von Natur aus gewissen Schwankungen, eine übermäßige Volatilität kommt jedoch weder den Produzenten noch den Verwendern zugute.

2.1.3. Rohstoff

Zu den Rohstoffen gehören metallische Mineralstoffe, Industrieminerale, Baustoffe, Holz und Naturkautschuk. Anders als die Elektrizität werden Rohstoffe global gehandelt. In Bezug auf Preise und Märkte liegt der Hauptunterschied im börslichen oder außerbörslichen Handel. Unedle Metalle beispielweise, wie Aluminium, Kupfer, Blei, Nickel, Zinn und Zink, werden an Börsen gehandelt; weltweit führend ist hier die London Metals Exchange (LME). Zahlreiche für die EU kritische Rohstoffe werden jedoch nicht an der LME gehandelt; dies gilt etwa für Kobalt, Gallium, Indium und seltene Erden. Der Markt für diese Rohstoffe ist weniger transparent und die gehandelten Mengen sind im Vergleich zu anderen Rohstoffen sehr klein.

Die globalen Metall- und Mineralmärkte folgen im Allgemeinen einem zyklischen Muster, das auf Angebot und Nachfrage beruht. Zwischen 2002 und 2008 stieg die Nachfrage für Rohstoffe aufgrund des lebhaften weltweiten Wirtschaftswachstums sprunghaft an, insbesondere in Schwellenländern. Dies schlug sich in einem beispiellos hohen Preisniveau nieder. Jüngste Trends lassen erkennen, dass die Nachfrage nach Rohstoffen wiederum durch die künftige Entwicklung in den Schwellenländern sowie durch die rasche Verbreitung der Basistechnologien angetrieben wird.

Auf diesen Märkten betrachtet man mit zunehmender Sorge die Maßnahmen bestimmter Länder, die der Inlandsindustrie, u.a. durch Exportbeschränkungen, einen privilegierten Zugang zu Rohstoffen sichern. Diese Maßnahmen führen zu Verzerrungen auf den Weltmärkten sowie zu Unsicherheiten beim regelmäßigen Fluss der Grundstoffe. Sie können Industrie- und Entwicklungsländer gleichermaßen treffen, da praktisch keine Volkswirtschaft vollständig rohstoffautonom ist. Vor allem die am wenigsten entwickelten Länder können besonders abhängig von Grundstoffeinfuhren sein und würden daher benachteiligt, wenn es in manchen Bereichen keine multilateralen Regeln, wie etwa Ausfuhrzölle, gäbe oder diese unzulänglich wären. Zudem reagieren Unternehmen unterschiedlich auf Preisfluktuationen,

etwa durch Vorratshaltung, den Abschluss langfristiger Verträge oder die Absicherung von Preisen in Form von Termingeschäften. Einige dieser Reaktionen können die Versorgungsengpässe noch verschärfen.

2.2. Zunehmende Verflechtung von Grundstoffmärkten und entsprechenden Finanzmärkten

Grundstoffderivate ermöglichen es den Produzenten und Verwendern, die mit der physischen Produktion und der Preisunsicherheit verbundenen Risiken abzusichern. Sie werden zunehmend als reine Finanzinvestitionen betrachtet. In diesem Zusammenhang sind die Finanzierungsströme in die Märkte für Grundstoffderivate in den letzten Jahren beträchtlich gestiegen (siehe Abb. 1).

Grundstoffmärkte und Finanzmärkte sind somit immer stärker miteinander verknüpft und teilen sich eine steigende Zahl von Marktteilnehmern, die auf der Suche nach Risikomanagementinstrumenten und Investitionsmöglichkeiten sind. Liquidität, Effizienz und Zugänglichkeit von Kassamärkten werden durch gut funktionierende Derivatemärkte gestärkt und umgekehrt. Sachdienliche und zuverlässige Informationen über Markteckdaten wie Produktions- und Verbrauchsvolumen, Netz- und Rohrleitungskapazitäten usw. sowie die Handelsintensität des Grundstoffes sind für eine transparente und geordnete Preisbildung sowohl auf den Kassa- als auch auf den Derivatemärkten erforderlich. Derivatemärkte werden jedoch nicht nur von Handelsunternehmen zu Risikomanagementzwecken genutzt, sondern auch von Finanzinstituten als Bestandteil ihrer Risikoverteilungsstrategie. Die Preise von Grundstoff-Termingeschäften (d.h. Derivaten, die auf organisierten Märkten notiert sind) dienen häufig als Maßstab und beeinflussen die Einzelhandelspreise von Energie und Lebensmitteln für die EU-Verbraucher.

Abb. 1: Transaktionen auf Märkten für Grundstoffderivate (Total Open Interest - Termingeschäfte und Optionen)

Transaktionen auf Märkten für Grundstoffderivate

Wesentliches Merkmal von Derivategeschäften ist es, dass ihr Wert von den Marktpreisen abhängt, von denen sie abgeleitet sind. Dies ist besonders dann der Fall, wenn es sich dabei um einen physischen Markt handelt. Die Preise von Grundstoffderivaten und den zugrunde liegenden physischen Grundstoffen sind also miteinander verknüpft. Märkte für Grundstoffderivate können daher nicht losgelöst von den Grundstoffmärkten betrachtet werden und umgekehrt.

Herauszufinden, was beim Zusammenspiel von Finanz- und physischen Märkten wovon beeinflusst wird, ist allerdings eine komplexe Angelegenheit. Die Feststellung dieser Korrelationen wird durch die Tatsache kompliziert, dass nicht alle physischen Märkte dieselben Merkmale aufweisen. Es spielt eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle, von denen einige für einzelne Märkte typisch sind, weshalb in den verschiedenen Wirtschaftszweigen eine unterschiedliche Marktdynamik herrscht. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird die Beurteilung der genauen Natur und des Ausmaßes der Zusammenhänge zwischen dem Preisbildungsprozess auf Grundstoffmärkten und der zunehmenden Bedeutung von Derivatemärkten noch dadurch erschwert, dass auf diesen Märkten keine Transparenz herrscht.

Zwar korrelieren die Positionen auf Derivatemärkten und die Preise von Kassageschäften ganz offensichtlich stark, aber es ist nach wie vor schwierig, das Zusammenspiel und die Auswirkungen von Bewegungen auf den Derivatemärkten auf die Volatilität in den zugrunde liegenden physischen Märkten umfassend zu beurteilen. Die Feststellung dieser Korrelationen wird ja zudem durch die Tatsache kompliziert, dass nicht alle physischen Märkte dieselben Merkmale aufweisen und dass in den verschiedenen Wirtschaftszweigen eine unterschiedliche Marktdynamik herrscht.

Zu einem besseren Verständnis dieser Entwicklungen sind daher weitere Untersuchungen erforderlich. 13

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist jedoch bereits klar, dass sowohl auf den zugrunde liegenden physischen Märkten als auch auf den Derivatemärkten die Transparenz verstärkt und die Berichtspflichten verschärft werden müssen. Eine größere Transparenz und leicht zugängliche Informationen über die physischen Märkte werden es Investoren ermöglichen, begründete Entscheidungen zu treffen, zu einem angemessenen Preisfindungsprozess beitragen und die Feststellung und Vermeidung von Missbrauch erleichtern. Zudem hat die jüngste Preisvolatilität gezeigt, dass für die Akteure auf den physischen Märkten die Möglichkeiten aufrechterhalten werden müssen, ihre Preisrisiken abzusichern, dass aber gleichzeitig eine enge und wirksame Überwachung der Marktentwicklungen sichergestellt werden muss. Dies ist besonders wichtig für Entwicklungsländer, die Lebensmittel einführen. Erwägenswert in diesem Kontext wären auch zusätzliche zielgerichtete Regulierungsmaßnahmen, wie etwa die Einführung von Obergrenzen für Positionen in Fällen, in denen dies für erforderlich gehalten wird.

3. Politische Reaktion der EU auf die Entwicklungen auf den Grundstoffmärkten

Auf EU-Ebene wurde eine Initiative unternommen, um die Integrität und die Transparenz der Vorgänge auf den Energiemärkten zu erhöhen und einen besseren Überblick über sie zu erlangen. 14 Darüber hinaus wurde eine Reihe von Initiativen zur Verbesserung der Funktionsweise der Lebensmittelkette und der Transparenz auf den Märkten für landwirtschaftliche Grundstoffe eingeleitet. Ferner hat die Kommission als Bestandteil der laufenden Umgestaltung des ordnungspolitischen Rahmens für Finanzmärkte Maßnahmen bestimmt, mit denen die Integrität und Transparenz der Märkte für Grundstoffderivate erhöht werden kann.

3.1. Physische Märkte

3.1.1. Energie (Öl, Strom, Gas)

Die Kommission hat mit ihrem Vorschlag, Marktmissbrauch auf den Großhandelsmärkten für Strom und Gas durch klar festgelegte Regeln zu verhindern, ihre aktive Bereitschaft zur Sicherstellung des ordnungsgemäßen Funktionierens der Energiemärkte unter Beweis gestellt. Zur Durchsetzung dienen Rahmen für die EU-weite Marktaufsicht sowie neue Vollzugsbefugnisse für die Regulierungsbehörden im Energiesektor.15 Durch diesen Ansatz wird gewährleistet, dass die Unternehmen und Bürger in Europa von den Vorteilen des Binnenmarktes profitieren können. Darüber hinaus stellt der Ansatz ein gutes Beispiel für die Bewältigung der durch die zunehmende Verflechtung von Grundstoffmärkten und entsprechenden Finanzmärkten entstandenen Herausforderungen dar. Mit der vorgeschlagenen Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiemarkts 16 werden europäischen und nationalen Behörden Instrumente zur Verfügung gestellt, die das Erkennen von Marktmissbrauch auf den Strom- und Gasmärkten für Wiederverkäufer ermöglichen:

Die Kommission hat sich verpflichtet sicherzustellen, dass die Transparenzanforderungen für grundlegende Daten der Gas- und Strommärkte wirksam und marktgerecht sind.

3.1.2. Landwirtschaft und Sicherheit der Lebensmittelversorgung

Angesichts der vielfältigen Ursachen der Preisschwankungen gibt es für die oben beschriebenen Probleme kein Patentrezept. Dies gilt insbesondere deswegen, weil die Besonderheiten der landwirtschaftlichen Produktion (Verbindung zu Lebensmittelsicherheit und Umwelt - darunter auch die Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Produktion von Lebenszyklen, Wetter und Jahreszeiten sowie von sanitären Bedingungen und vom Schädlingsvorkommen) die potenziellen Auswirkungen der politischen Konzepte weiter beeinflussen.

Ein Arbeitsschwerpunkt betrifft die Verbesserung von Marktinformationen. Der Agrarsektor kann auf einen reichen Bestand von öffentlich verfügbaren Daten zu landwirtschaftlicher Produktion, Verbrauch und Beständen aus öffentlichen Quellen (WB, FAO/OECD, USDA, EU, ABARE) oder von Grundstoffgremien (insbesondere vom Internationalen Getreiderat) zurückgreifen. Ganz anders sieht es bei den Grundstoffen wie Metalle, Mineralien und Energie aus: hier sind die Marktdaten unternehmensintern und werden in der Regel von der Industrie bereitgestellt. Im Hinblick auf die Qualität und Aktualität der Informationen über nationale und regionale Lebensmittelbestände sowie bei Prognosen für Lebensmittelproduktion und -verbrauch besteht jedoch weiterhin Verbesserungsbedarf. Die G20 hat die Weltbank aufgefordert, mit anderen maßgeblichen internationalen Einrichtungen an der Entwicklung von Maßnahmen zu arbeiten, mit denen die Informationen über nationale und regionale Nahrungsmittelbestände sowie Prognosen der Lebensmittelproduktion verbessert werden können. Die Kommission unterstützt diese Maßnahmen uneingeschränkt.

Angesichts der zunehmenden Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik auf den Markt sind Informationen über die Entwicklungen auf dem Grundstoffmarkt und seine Transparenz zu Kernelementen der Bemühungen um ein ordnungsgemäßes Funktionieren der Lebensmittelkette geworden:

Die Kommission hat ein Hochrangiges Forum für die Verbesserung der Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette eingerichtet .20 Das Forum beschäftigt sich zwar nicht mit der Preisvolatilität als solcher, jedoch mit folgenden Fragen: der Weitergabe der Preisentwicklungen in der gesamten Lebensmittelkette, Geschäften zwischen Unternehmen, der Wettbewerbsfähigkeit der Lebensmittelindustrie, der Agrar- und Nahrungsmittellogistik und dem Instrument für die Überwachung der Lebensmittelpreise.

Mit den Nahrungsmittelrekordpreisen ist die Vernachlässigung der Investitionen in die Landwirtschaft in vielen Entwicklungsländern in den vergangenen Jahrzehnten zutage getreten .21 Im Rahmen der EU-Entwicklungspolitik wurde die Notwendigkeit erkannt, diesen Trend umzukehren. Wie bereits im Grünbuch über die EU-Entwicklungspolitik22 erläutert, kann die EU eine wichtige Rolle dabei spielen, die Auswirkungen der Preisvolatilität auf die am stärksten benachteiligten Länder zu mildern. In dem von der Kommission bereits geschaffenen Politikrahmen für die Ernährungssicherheit23 werden die EU und die Mitgliedstaaten aufgefordert, zu einem besseren Funktionieren der Nahrungsmittelmärkte auf globaler, regionaler und nationaler Ebene beizutragen, unter anderem auch durch eine verbesserte Markttransparenz. Gemeint ist eine Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Stärkung der Position landwirtschaftlicher Verbände, der Verbesserung der Preistransparenz, der Steigerung der Landwirtschaftsproduktivität auf der Grundlage der Nachhaltigkeit sowie bei der Entwicklung und Anwendung des ordnungspolitischen Rahmens. Durch den Ausbau der landwirtschaftlichen Produktion werden das Widerstandspotenzial und die Anpassungsfähigkeit in Fällen von Nahrungsmittelknappheit gestärkt.

Schließlich besteht angesichts der Tatsache, dass unilaterale Maßnahmen bestimmter Regierungen sich auf die physischen Märkte auswirken und zu Preisvolatilität führen können, Verbesserungsbedarf im Bereich verantwortungsvolle Staatsführung und internationaler Dialog in diesem Bereich.

3.2. Regulierung der Finanzmärkte

Es herrscht weitgehendes Einvernehmen darüber, dass eine höhere Integrität und Transparenz der Märkte für Grundstoffderivate wünschenswert ist. Im Einklang mit den Grundsätzen und Beschlüssen des G20-Gipfels hat die Kommission eine Reihe diesbezüglicher Initiativen eingeleitet:

3.3. Das Zusammenspiel zwischen den Kassa- und Terminmärkten für Grundstoffe

Die weiter oben beschriebenen Maßnahmen werden zu einer höheren Transparenz der zunehmenden Investitionsströme und ihrer genaueren Erfassung beitragen sowie das Risiko verringern, dass dadurch das Funktionieren der Grundstoffmärkte beeinträchtigt wird. Die Kommission räumt jedoch ein, dass für das Verständnis des Zusammenspiels zwischen den Kassa- und den Terminmärkten für Grundstoffe weitere Hintergrundinformationen erforderlich sind. Vor diesem Hintergrund wird die Kommission folgende Maßnahmen einleiten:

4. die Europäische Rohstoffinitiative

Abgesehen von Entwicklungen im Zusammenhang mit der Preisvolatilität und dem Zusammenspiel zwischen Kassa- und Terminmärkten für Grundstoffe stellt sich die Frage der Versorgung mit Rohstoffen weiterhin als besonders wichtig dar. Im Jahre 2008 startete die Kommission die "Rohstoffinitiative"30 und formulierte damit eine integrierte Strategie als Antwort auf die unterschiedlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Versorgung mit nichtlandwirtschaftlichen und nichtenergetischen Rohstoffen.

Die Rohstoffinitiative fußt auf drei Säulen: gesicherter Zugang zu Rohstoffvorkommen in Drittländern zu gleichen Bedingungen für alle, Förderung einer nachhaltigen Versorgung mit Rohstoffen aus europäischen Quellen sowie Steigerung der Ressourceneffizienz und Förderung der Kreislaufwirtschaft. Ein Element dieser Strategie sollte die "Rohstoffdiplomatie" sein, eingebettet in breiter angelegte politische Konzepte im Zusammenhang mit Drittländern, z.B. Förderung der Menschenrechte, der verantwortungsvollen Staatsführung, der Konfliktbewältigung, der Nichtverbreitungsvereinbarungen und der regionalen Stabilität. In diesem Abschnitt werden die wichtigsten aktuellen Ergebnisse im Zusammenhang mit der Ermittlung der kritischen Rohstoffe sowie in den Bereichen Handel, Entwicklung, Forschung sowie Ressourceneffizienz und Recycling untersucht. Im Abschnitt 5 wird dann das weitere Vorgehen thematisiert.

4.1. Ermittlung kritischer Rohstoffe

Die Kommission hat in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und den beteiligten Interessenträgern eine Liste von 14 kritischen Rohstoffen in der EU (siehe Anhang) erstellt und einen transparenten, innovativen und pragmatischen methodischen Ansatz für die Definition der Eigenschaft "kritisch" entwickelt. 31

Als kritisch werden Rohstoffe bezeichnet, bei denen das Risiko eines Versorgungsengpasses in den nächsten zehn Jahren besonders groß ist und die als besonders wichtig für die Wertschöpfungskette betrachtet werden. Das Risiko von Versorgungsengpässen steht im Zusammenhang mit der Konzentration der Produktion auf einige wenige Länder und die geringe politische und wirtschaftliche Stabilität mancher Lieferanten.

Zu diesem Risiko kommt in einigen Fällen erschwerend hinzu, dass der Rohstoff nur schwer ersetzt werden kann und seine Rückgewinnungsquote gering ist. In vielen Fällen ist eine stabile Versorgungssituation ein wichtiges Element der Zielsetzungen der Klimapolitik und der technologischen Innovation. Beispielsweise sind seltene Erden ein notwendiger Rohstoff für Hochleistungs-Dauermagnete in Windturbinen oder Elektrofahrzeugen, Fahrzeugkatalysatoren, gedruckten Schaltungen, optischen Fasern und Hochtemperatur-Supraleitern. Da 97 % der Weltproduktion im Jahr 2009 auf China entfielen, ist die EU ist in diesem Fall vollständig von Einfuhren abhängig. Gleichzeitig ist gegenwärtig kein Recycling- oder Ersatzverfahren für seltene Erden wirtschaftlich durchführbar.

Im Laufe der Arbeiten zur Ermittlung kritischer Rohstoffe zeigte sich der Bedarf für bessere

Daten und eine Vertiefung der Kenntnisse sowie die Notwendigkeit einer regelmäßigen Aktualisierung der Rohstoffliste zur Berücksichtigung der Markt- und Technologieentwicklungen (z.B. Lithium, Hafnium und Nickel) bzw. neuer Informationen über die ökologischen Auswirkungen eines Rohstoffs. Des Weiteren wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass politische Maßnahmen nicht ausschließlich auf die kritischen Rohstoffe auszurichten sind.

4.2. Umsetzung der EU-Strategie für den Handel mit Rohstoffen

Im Bereich der Handelspolitik sind seit dem Jahr 2008 eine Reihe von Erfolgen zu vermelden. Es wurde eine EU-Strategie für den Handel mit Rohstoffen festgelegt, und der erste Jahresbericht wurde veröffentlicht.32 Nachfolgend werden die bis heute erzielten Ergebnisse in den drei wichtigsten Bereichen aufgeführt:

4.3. Entwicklungsinstrumente

Im Rahmen des 10. EEF wurden Maßnahmen nach dem Ansatz der verantwortungsvollen Staatsführung eingeleitet ("Stärkung der Staatsführung"). Projekte wurden auch im Rahmen des Infrastruktur-Treuhandfonds für Afrika der EU, durch EIB-Kredite für Bergbauprojekte oder aus den Mitteln des 7. Rahmenprogramms für Forschung und Entwicklung für geologische Gutachten finanziert. Die Kommission unterstützt ferner ein günstiges Investitionsklima. Dies geschieht durch Initiativen wie länderspezifische technische Unterstützung für eine höhere Transparenz der Einnahmen im Rahmen der Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft sowie durch Maßnahmen zur Förderung33 verantwortungsvolle Staatsführung im Steuerbereich.

4.4. Neue Chancen durch Forschung, Innovation und Qualifikationen

Die EU hat im Rahmen des 7. Forschungsrahmenprogramms Maßnahmen eingeleitet, mit denen die Wissensbasis über gegenwärtige und künftige Vorkommen vieler wichtiger

Rohstoffe ausgebaut und für die mineralgewinnende Industrie Anreize geschaffen werden, neue Produkte für das Verarbeitende Gewerbe zu liefern. Im Rahmen des 2009 mit einem Budget von 17 Mio. EUR gestarteten Projekts ProMine wird die erste paneuropäische satellitengestützte Datenbank für mineralische Rohstoffe und ein 4D-Computer-Modellierungssystem zur Unterstützung bei der Bewertung der Qualität der europäischen mineralischen Rohstoffe entwickelt. Es wurden auch Mittel für Projekte bereitgestellt, die intelligenten Bergbau durch moderne Untertagebautechniken, die Substitution kritischer Rohstoffe wie seltene Erden oder Metalle der Platingruppe und die Koordinierung von Tätigkeiten in den Mitgliedstaaten im Bereich industrielle Handhabung von Rohstoffen durch ERA-NET zum Gegenstand hatten. Unterstützt wurden ferner die Entwicklung des "Bioraffinerie"-Konzepts, mit dem neue hochwertige Produkte bereitgestellt werden. Darüber hinaus sind die Europäischen Technologieplattformen für nachhaltige Gewinnung mineralischer Rohstoffe und für forstindustrielle Technologie wichtige Antriebskräfte für neue Forschungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Rohstoffen.

Schließlich stehen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung Mittel zur Verfügung, mit denen Forschung und Innovation zur Exploration und Gewinnung von Rohstoffen und entsprechend tätige Unternehmen gefördert werden können, und das Erasmus Mundus-Mineralien- und Umweltprogramm (2009-2013) unterstützt den Erwerb neuer Qualifikationen im Bereich Rohstoffe.

4.5. Leitlinien für die Umsetzung der Natura-2000-Richtlinien

Im Zusammenhang mit Bedenken wegen der gelegentlich widerstreitenden Ziele des Schutzes von Natura-2000-Gebieten, z.B. der Gewährleistung eines hohen Umweltschutzniveaus, und der Entwicklung eines wettbewerbsfähigen Rohstoffabbaus hat die Kommission Leitlinien für die Anwendung des Natura-2000-Entscheidungsfindungssystems entwickelt. So wird in den Leitlinien beispielsweise betont, dass die Förderung von nichtenergetischen Rohstoffen in Natura-2000-Gebieten oder in deren Nähe keineswegs ausgeschlossen ist. 34 Die Kommission hat ferner als Anleitung Beispiele bewährter Praktiken für die Nutzung von Wäldern im Rahmen einer nachhaltigen Forstwirtschaft35 bereitgestellt.

4.6. Gesteigerte Ressourceneffizienz und verbesserte Bedingungen für die Rückgewinnung

Das Konzept der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen wird immer mehr zum selbstverständlichen Bestandteil politischer Initiativen der EU zur Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. 36 Mitgliedstaaten haben verschiedene politische Konzepte umgesetzt und verbessern die Ressourceneffizienz mit praktischen Instrumenten. Ein wichtiges politisches Anliegen ist es, rechtlich klar festzulegen, wann wiederaufgearbeiteter Abfall von neuem als Ware eingestuft werden kann. Gemäß der Abfallrahmenrichtlinie erarbeitet die Kommission derzeit Kriterien für das Ende der Abfalleigenschaft bestimmter Abfallströme, und die Arbeiten an Regeln für Eisenmetalle und Aluminium, Kupfer, wiedergewonnenes Papier und Glas schreiten voran.

Seit 2008 arbeitet die Kommission an der Verhütung der rechtswidrigen Ausfuhr oder Ablagerung von Müll, indem sie die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der Abfallverbringungsverordnung unterstützt. Sie erwählt Leitlinien für die Verbringung gebrauchter und unbrauchbarer Fahrzeuge. Für den Abfallstrom der Elektro- und Elektronik-Altgeräte hat die Kommission ein neues, ehrgeiziges Sammlungsziel vorgeschlagen, demzufolge 85 % dieses Abfallstroms der Wiedergewinnung wertvoller Rohstoffe zugeführt würden, statt durch unsachgemäße Behandlung verloren zu gehen. Überdies hat sie strengere Regeln für die Einstufung von "gebrauchten" elektronischen und elektrischen Artikeln für die Versendung vorgeschlagen, denen zufolge die Ausführer solcher Geräte die Funktionstüchtigkeit jedes einzelnen Geräts, das zur Weiterverwendung ausgeführt wird, werden nachweisen müssen.

5. Künftige Ausrichtungen der Rohstoffinitiative

Zwar wurden bei der Umsetzung der Rohstoffinitiative erhebliche Fortschritte erzielt, doch sind weitere Verbesserungen erforderlich. Ein integrierter Ansatz, der sich auf drei Säulen stützt, ist wesentlich, weil jede Säule zur Erreichung des Ziels beiträgt, eine faire und dauerhafte Versorgung der EU mit Rohstoffen zu sichern.

5.1. Überwachung kritischer Rohstoffe

Die Sicherstellung der Versorgung mit Rohstoffen ist im Wesentlichen die Aufgabe von Unternehmen; die Aufgabe öffentlicher Stellen ist es, für die richtigen Rahmenbedingungen zu sorgen, damit die Unternehmen diese Aufgabe erfüllen können. Die Kommission beabsichtigt, zusammen mit den Wirtschaftszweigen, die Rohstoffe gewinnen, wiedergewinnen oder verwenden, die Möglichkeiten für gezielte Maßnahmen, insbesondere im Bereich der Wiedergewinnung, zu erkunden. Sie ist ferner bereit, zusammen mit den Mitgliedstaaten und der Wirtschaft den zusätzlichen Nutzen und die Durchführbarkeit eines möglichen Programms für die Bevorratung von Rohstoffen zu prüfen. Auf EU-Ebene soll das Programm für die Bevorratung von Öl die öffentliche Sicherheit der Mitgliedstaaten und der EU schützen. 37 Die Kommission wird:

5.2. Faire und dauerhafte Versorgung mit Rohstoffen von den Weltmärkten (1. Säule)

Die EU wird eine aktive "Rohstoffdiplomatie" betreiben, um durch strategische Partnerschaften und politische Gespräche den Zugang zu Rohstoffen - insbesondere zu kritischen - zu sichern.

5.2.1. Entwicklungspolitik und dauerhafte Versorgung mit Rohstoffen

Nachhaltige Rohstoffgewinnung kann und sollte zur nachhaltigen Entwicklung beitragen. Allerdings haben es viele Entwicklungsländer - vor allem in Afrika - nicht vermocht, ihren Ressourcenreichtum in nachhaltiges Wachstum zum Nutzen aller umzumünzen, in vielen Fällen aufgrund der Problematik der Umsetzung ordnungspolitischer Konzepte oder des Steuerwesens. Die Verbesserung der Staatsführung und der Transparenz sowie des Handels- und Investitionsklimas im Rohstoffsektor sind wesentlich, um in ressourcenreichen Ländern zu einem Wachstum zum Nutzen aller und zu einer nachhaltigen Entwicklung zu gelangen. Die EU kann mit ihren entwicklungspolitischen Konzepten und in Partnerschaft mit Entwicklungsländern eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum geht, Umstände zu schaffen, die für alle Beteiligten von Vorteil sind, unter denen sowohl die entwickelten als auch die Entwicklungsländer von der nachhaltigen Versorgung mit Rohstoffen profitieren und unter denen heimische Finanzressourcen aus der Rohstoffgewinnung für eine nachhaltige Entwicklung eingesetzt werden, um die Ziele der Strategien sowohl für ein Wachstum zum Nutzen aller als auch zur Verringerung der Armut zu unterstützen.

Die Kommission wird diese Thematik im Zusammenhang mit dem Anhörungsverfahren für das Grünbuch zur Zukunft der Entwicklungspolitik und der Haushaltsunterstützung der EU sowie in der öffentlichen Anhörung über die länderbezogene Berichterstattung 38 näher in Betracht ziehen. Die EU wird Partnerregierungen darin bestärken, umfassende Reformprogramme zu erarbeiten, in denen Ziele wie die Verbesserung der Besteuerungssysteme für den Bergbau und die Erhöhung der Transparenz von Geldquellen und Verträgen oder der Fähigkeit, Einnahmen zur Unterstützung von Entwicklungszielen zu verwenden, eindeutig benannt werden. Eine größere Transparenz wird die Gesellschaft als Ganzes und die staatlichen Aufsichtsbehörden besser in die Lage versetzen, von Regierungen und Unternehmen Rechenschaft über Zahlungen und Einnahmen zu erhalten und damit Betrug und Korruption wirksam zu bekämpfen sowie besser berechenbare Bedingungen für den Handel und die Investitionen zu schaffen.

Im Juni 2010 einigte sich die Kommission in Addis Abeba mit der Kommission der Afrikanischen Union darauf, eine bilaterale Zusammenarbeit im Hinblick auf Rohstoffe und Entwicklungsfragen auf der Grundlage der Rohstoffinitiative und der Politik der Kommission der Afrikanischen Union, das heißt der "African Mining Vision" von 2009, einzurichten. Diese Zusammenarbeit wird sich auf drei Bereiche konzentrieren: Regieren, Investitionen und geologische Kenntnisse/Fähigkeiten. In der gemeinsamen Afrika-EU-Strategie 2011-2013, die auf dem Afrika-EU-Gipfel im November 2010 vereinbart wurde, sind Maßnahmen zu Rohstoffen im Rahmen der Partnerschaft für Handel, regionale Wirtschaftsintegration und Infrastruktur vorgesehen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten werden bei diesen Themen zusammenarbeiten. Die Kommission schlägt vor,

Rohstoffreiche Entwicklungsländer verfügen oft über keine ausreichende Verkehrs-, Energie- und Umweltinfrastruktur und können deshalb ihre Bodenschätze nur beschränkt zum Vorteil ihrer Bevölkerung nutzen.

Die Europäische Kommission, die Europäische Investitionsbank (EIB) und andere europäische Einrichtungen im Bereich der Entwicklungsfinanzierung werden in Zusammenarbeit mit nationalen und regionalen afrikanischen Stellen Möglichkeiten zum Ausbau der am besten geeigneten Infrastruktur weiterhin ebenso bewerten wie die damit zusammenhängenden ordnungspolitischen Fragen; damit kann ein Beitrag zur nachhaltigen Nutzung der Ressourcen dieser Länder und zur Erleichterung der Rohstoffversorgung geleistet werden. Die Lenkung des Prozesses soll jeweils durch sektorbezogene Gespräche erfolgen. Vor allem wird die Europäische Kommission

Die Entwicklungspolitik sollte sich auch auf die Vernetzung der Abbaubetriebe mit der örtlichen Wirtschaft konzentrieren, und zwar durch Verbesserung der Wertschöpfungskette und eine größtmögliche Diversifizierung. Deshalb sollte der Aufbau unternehmenswirtschaftlicher Kapazitäten gefördert werden, und Handelsabkommen sollten zur Erreichung dieses Ziels ausreichend flexibel gestaltet werden. Die EU kann Entwicklungsländern auch bei der Vermehrung ihres geologischen Wissens 41 beistehen, um sie in die Lage zu versetzen, ihre heimischen Rohstoffvorräte besser zu schätzen, die Finanzen auf Grundlage der erwarteten Einnahmen aus diesen Vorräten besser zu planen und um ihnen eine bessere Verhandlungsposition gegenüber den Bergbauunternehmen zu verschaffen.

5.2.2. Ausbau der Strategie für den Rohstoffhandel

Die Kommission beabsichtigt, die Strategie für den Handel mit Rohstoffen42, wie in Abschnitt 4.2 dargelegt, im Einklang mit den Zielen Entwicklung und verantwortungsvolle Staatsführung zu stärken. Die Kommission ist der Ansicht, dass die EU:

5.3. Förderung einer nachhaltigen Versorgung in der EU (2. Säule)

In der Strategie Europa 2020 wird die Notwendigkeit herausgestellt, Technologien zu fördern, die zu stärkeren Investitionen in die natürlichen Ressourcen der EU führen. Die Rohstoffwirtschaft fällt auch unter diese Kategorie - ihre Entwicklung wird allerdings durch einen engen ordnungspolitischen Rahmen sowie durch den Wettbewerb mit anderen Landnutzungsformen behindert. Viele rechtliche Fragen in diesem Bereich liegen in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Die Kommission übernimmt daher hauptsächlich die Organisationsrolle für den Austausch vorbildlicher Verfahren.

Gleichzeitig gilt es, für die Rohstoffgewinnung in der EU sichere Bedingungen zu gewährleisten. Dies ist einerseits für die Außenwirkung der Branche und andererseits als Vorbedingung für die öffentliche Akzeptanz wichtig. In der Auffassung der Kommission sind die folgenden praktischen Elemente als besonders wichtig für die Förderung von Investitionen in die Rohstoffwirtschaft43 einzustufen:

Die Kommission schlägt vor, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips die Durchführbarkeit eines Mechanismus zu prüfen, mit dem Maßnahmen der Mitgliedstaaten im besagten Bereich, einschließlich der Entwicklung von Indikatoren, überwacht werden können.

Darüber hinaus ist es wichtig, die für eine wirksame Rohstoffstrategie erforderliche Wissensbasis weiter auszubauen. Die Kommission schlägt vor, zunächst gemeinsam mit den Mitgliedstaaten den Spielraum für verstärkte Synergien zwischen den nationalen geologischen Gutachten zu prüfen, die Größenvorteile, eine Kostenreduzierung und ein größeres Potenzial für gemeinsame Projekte ermöglichen würden (z.B. eine harmonisierte Datenbank mineralischer Rohstoffe, European Raw Materials Yearbook). Mittelfristig sollten mögliche Synergien in einer koordinierten Weise zu einer verbesserten Europäischen Wissensdatenbank für Rohstoffe beitragen, insbesondere unter Berücksichtigung künftiger Möglichkeiten im Rahmen des GMES-Programms. Die wachsende Nachfrage nach einigen Rohstoffen, etwa nach Holz, führt zu einem sich weiter verschärfenden Nachfragewettbewerb um diese Güter. Der Anstieg der Nachfrage wird nicht in allen Fällen durch eine entsprechende Zunahme des Angebots gedeckt, so dass die Preise steigen.

Die Kommission beabsichtigt,

5.4. Steigerung der Ressourceneffizienz und Förderung des Recycling (3. Säule)

Da die weltweite Nachfrage nach Rohstoffen ansteigt, müssen die Recycling-Anstrengungen intensiviert werden. Durch höhere Rückgewinnungsquoten wird sich die Nachfrage nach Primärrohstoffen verringern, es wird ein Beitrag zur Wiederverwertung von Wertstoffen geleistet, die ansonsten verschwendet werden würden, und der Energieverbrauch sowie die Treibhausgasemissionen durch die Rohstoffförderung und -verarbeitung werden sinken. Die Kommission wird 2011 im Rahmen der Strategie Europa 2020 mit ihrer Leitinitiative zur Ressourceneffizienz einen Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa vorlegen. Darin wird die Vision eines strukturellen und technologischen Wandels aufgezeigt, der für den Übergang zu einer CO₂-armen, ressourceneffizienten und klimaresistenten Wirtschaft bis 2050 notwendig ist; ferner wird aufgezeigt, wie dieser Wandel unter Einsatz politischer Konzepte zu vollziehen ist, die in der EU für das Wachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Energieversorgungssicherheit der EU den größten Beitrag leisten.

Das Verfahren der Rückgewinnung nützlicher Stoffe aus Siedlungsabfall (Urban Mining), stellt für die europäische Industrie eine der wichtigsten Quellen von metallischen und mineralischen Rohstoffen dar. Durch die Verwendung von Sekundärrohstoffen wird ein Beitrag zur Ressourceneffizienz, zur Verringerung der Treibhausgasemissionen und zum Umweltschutz geleistet. Das Potenzial von vielen dieser Ressourcen wird jedoch nicht in vollem Umfang genutzt. So sind zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten beträchtliche Unterschiede festzustellen, obwohl sich die Werte für das Recycling von Siedlungsabfällen in der EU in den letzten zehn Jahren verdoppelt haben. Angesichts der Notwendigkeit, die CO₂- Emissionen einzudämmen, die menschliche Gesundheit zu schützen und die Einfuhrabhängigkeit zu reduzieren, gilt es, verstärkt der Frage nachzugehen, was das Abfallrecycling behindert. Nach Auffassung der Kommission lässt sich dies in drei weitgefasste Kategorien einordnen: "Leckströme" von Abfällen, die innerhalb oder außerhalb der EU der normgerechten Behandlung entzogen werden; Hindernisse für die Entwicklung der Recyclingindustrie und unzureichende Innovationen in Recycling.

Eine bessere Anwendung und Durchsetzung geltender Abfallvorschriften der EU ist von entscheidender Bedeutung für die Steigerung der Ressourceneffizienz Europas. Die Kommission schlägt daher Folgendes vor:

Das Problem des Umweltdumpings von Abfallstoffen tritt auch in Form illegaler Verbringung von Abfällen in Drittländer auf. Im Hinblick auf eine weitere strengere Durchsetzung der Abfallverbringungsverordnung schlägt die Kommission folgende Maßnahmen vor:

5.5 Innovation: ein Querschnittsthema

Rohstoffe sind als Einsatzstoffe für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und für die Entwicklung vieler umweltfreundlicher und sauberer technologischer Anwendungen wesentlich. In diesem Bereich liegt für die EU das wesentliche Potenzial in der Innovation, und diese kann bei der Erfüllung der Aufgaben der drei Säulen der Rohstoffinitiative eine Rolle spielen. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette, einschließlich Förderung, nachhaltige Verarbeitung, umweltgerechte Gestaltung, neue Werkstoffe, Substitution, Ressourceneffizienz und Flächennutzungsplanung, besteht Bedarf an Innovation. Die Kommission wird bewerten, ob sie im Rahmen der Europa-2020-Leitinitiative Innovationsunion 45 eine Innovationspartnerschaft für Rohstoffe auf den Weg bringen soll.

6. die nächsten Schritte

Der Zugang zu Grund- und Rohstoffen ist für die Aufrechterhaltung der Produktionsfähigkeit der Wirtschaft und der Sicherung des Wohlergehens von Bürgerinnen und Bürgern von entscheidender Bedeutung. Diese Grund- und Rohstoffe werden weltweit und auch in Europa beschafft. Es kommt nun darauf an, den Grund- und Rohstoffbedarf so zu decken, dass weiter gesteckte Entwicklungsziele in den Förderländern ebenso unterstützt werden wie der Umweltschutz, der Freihandel und stabile Märkte, von denen keine Risiken für die Volkswirtschaft ausgehen.

Bei Grund- und Rohstoffen aller Art ist eine Zunahme finanzieller Aktivitäten festzustellen. Es ist daher eine zentrale politische Aufgabe auf europäischer und internationaler Ebene, sicherzustellen, dass diese Entwicklung weder den Zugang zu Grund- und Rohstoffen erschwert noch die Wirtschaft Europas oder der Entwicklungsländer destabilisiert. Diese Märkte müssen auch künftig der Realwirtschaft dienen, indem sie an der Preisbildung mitwirken und die Eindämmung von Marktrisiken ermöglichen.

Die Preise der Grundstoffderivate und der unterlegten physischen Grundstoffe sind miteinander verknüpft. Ihre Dynamik stellt überkommene Marktmechanismen in Frage, so dass es immer schwieriger wird, die Preisbildung bei Rohstoffen zu verstehen. Die Funktionsfähigkeit und Transparenz der Märkte für Grundstoffderivate muss verbessert werden, und deshalb sieht die Kommission die Notwendigkeit, für ein besseres Verständnis dieser Entwicklungen zu werben. Aus diesem Grund hat die Kommission, wie in Abschnitt 3.2 erwähnt, verschiedene Initiativen im Bereich der Finanzdienstleistungen auf den Weg gebracht und sie wird prüfen, inwieweit Verbesserungen im Hinblick auf die Transparenz und Verfügbarkeit der Informationen über die Kassamärkte für Grundstoffe erforderlich sind. Diese bessere Transparenz sowohl der finanziellen als auch der physischen Handelstätigkeiten dürfte Aufsichtsbehörden und Marktteilnehmern zu einem besseren Verständnis der Wechselwirkung zwischen den Termin- und Kassamärkten für Grundstoffe verhelfen und zur Vermeidung missbräuchlicher Praktiken beitragen.

Die Kommission wird ferner über weitere politische Optionen zur Erhöhung der Lebensmittelversorgungssicherheit nachdenken. Die Ergebnisse ihrer Arbeiten zu jeder dieser Fragen will sie in die diesjährigen G20-Tätigkeiten einbringen, insbesondere angesichts des Vorrangs, den die französische Präsidentschaft der Befassung mit den Grundstoffpreisen und der Lebensmittelversorgungssicherheit beimisst.

Da es eine wichtige und ständige Aufgabe ist, Nachfrage und Angebot von Rohstoffen nachhaltig zu gestalten, beabsichtigt die Kommission ferner, die Umsetzung ihrer Rohstoffinitiative mit einer integrierten Strategie zu intensivieren, die sich auf drei Säulen stützt. Darüber hinaus wird die Kommission dieses Thema auf einer regelmäßigen jährlichen Veranstaltung zur öffentlichen Diskussion stellen; dabei soll das Bewusstsein für die künftigen Herausforderungen geschärft und der erreichte Fortschritt gewürdigt werden.

Anhang
Konzentration der Erzeugung von kritischen Rohstoffen, Rückgewinnung und Substitutionsquoten

Die im Folgenden aufgeführten 14 Rohstoffe sind deshalb kritisch, weil bei ihnen das Risiko eines Versorgungsengpasses und dessen Folgen für die Wirtschaft größer sind als bei den meisten anderen Rohstoffen. Ihr hohes Versorgungsrisiko ist zum einen dadurch begründet, dass ihre Erzeugung weltweit hauptsächlich in nur wenigen Ländern stattfindet: China (Antimon, Flussspat, Gallium, Germanium, Graphit, Indium, Magnesium, seltene Erden, Wolfram), Russland (Metalle der Platingruppe), Demokratische Republik Kongo (Kobalt, Tantal) und Brasilien (Niob und Tantal).

Zu dieser Konzentration der Erzeugung kommt in einigen Fällen erschwerend hinzu, dass der Rohstoff nur schwer ersetzt werden kann und seine Rückgewinnungsquote gering ist.

RohstoffHaupterzeuger (2008,2009)Hauptquellen der Einfuhren in die EU (2007 oder 2006)Einfuhr abhängigkeitsquote Ersetzbarkeit Rückgewinnungsquote
AntimonChina 91 %Bolivien 77 %100 %0,6411 %
Bolivien 2 %China 15 %
Russland 2 %Peru 6 %
Südafrika 2 %
BerylliumUSA 85 %USA, Kanada, China, Brasilien (*)100 %
China 14 %
Mosambik 1 %
KobaltDemokratische Republik Kongo 41 %Demokratische Republik Kongo 71 %100 %0,916 %
Kanada 11 %Russland 19 %
Sambia 9 %Tansania 5 %
FlussspatChina 59 %China 27 %69 %0,90 %
Mexiko 18 %Südafrika 25 %
Mongolei 6 %Mexiko 24 %
Galliumnicht verfügbarUSA, Russland (*)(*)0,740 %
GermaniumChina 72 %China 72 %100 %0,80 %
Russland 4 %USA 19 %
USA 3 %Hongkong 7 %
GraphitChina 72 %China 75 %95 %0,50 %
Indien 13 %Brasilien 8 %nicht verfügbar
Brasilien 7 %Madagaskar 3 %
Kanada 3 %
IndiumChina 58 %China 81 %100 %0,90,30 %
Japan 11 %Hongkong 4 %
Korea 9 %USA 4 %
Kanada 9 %Singapur 4 %
MagnesiumChina 56 %China 82 %100 %0,8214 %
Türkei 12 %Israel 9 %
Russland 7 %Norwegen 3 %
Russland 3 %
NiobBrasilien 92 %Brasilien 84 %100 %0,711 %
Kanada 7 %Kanada 16 %
Metalle der PlatingruppeSüdafrika 79 %Südafrika 60 %100 %0,7535 %
Russland 11 %Russland 32 %
Simbabwe 3 %Norwegen 4 %
Seltene ErdenChina 97 %China 90 %100 %0,871 %
Indien 2 %Russland 9 %
Brasilien 1 %Kasachstan 1 %
TantalAustralien 48 %China 46 %100 %0,44 %
Brasilien 16 %Japan 40 %
Ruanda 9 %Kasachstan 14 %
Demokratische Republik Kongo 9 %
WolframChina 78 % (6,1)Russland 76 %73 %0,7737 %
Russland 5 % (6,5)Bolivien 7 %
Kanada 4 %Ruanda 13 %

(*) unterliegt starken Schwankungen

Anmerkung: Die Einfuhrabhängigkeit wird berechnet als "Nettoeinfuhren/(Nettoeinfuhren Erzeugung in der EU)".

Quelle: Zusammengestellt auf Grundlage des Berichts "Critical raw materials for the EU" der Adhoc-Arbeitsgruppe für die Bestimmung kritischer Rohstoffe der Gruppe Rohstoffversorgung. Juni 2010.