Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 12. Februar 2010
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Bürgermeister Jens Böhrnsen
Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Finanzen.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
DrAngela Merkel
Fristablauf: 26.03.10

Entwurf eines Gesetzes über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Kreditwesengesetzes

Das Kreditwesengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel [-] des Gesetzes vom [-] (BGBl. I S. [-]), geändert worden ist, wird wie folgt:

Artikel 2
Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes

Das Versicherungsaufsichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I S. 2), das zuletzt durch Artikel (...) des Gesetzes vom (...) (BGBl. I S. ...) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung

Mit diesem Gesetz werden die vom Rat für Finanzstabilität (Financial Stability Board -FSB) entwickelten Prinzipien für solide Vergütungspraktiken ("Principles for Sound Compensation Practices" vom 2. April 2009) und die darauf aufbauenden konkreten Standards für solide Vergütungspraktiken ("Principles for Sound Compensation Practices - Implementation Standards" vom 25. September 2009) auf eine gesetzliche Grundlage gestellt.

Für den Bankenbereich werden zudem die geplanten entsprechenden gemeinschaftsrechtlichen Regelungen in dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuch und Weiterverbriefungen und im Hinblick auf die aufsichtliche Überprüfung der Vergütungspolitik (gegenwärtig als Dokument Nr. 14732/09 des Rates der Europäischen Union vom 28. Oktober 2009 berücksichtigt) ("Änderungsrichtlinie") aufgegriffen. Diesen Vorschlag hat der Rat "Wirtschaft und Finanzen" (ECOFIN) am 10. November 2009 im Rahmen einer allgemeinen Ausrichtung gebilligt. Für den Bankenbereich hat zudem der Ausschuss der europäischen Aufsichtsbehörden (CEBS) Leitlinien für eine solide Vergütungspolitik ("Highlevel Principles for Remuneration Policies" vom 20. April 2009) entwickelt, die in dem vorliegenden Gesetzentwurf ebenfalls berücksichtigt sind.

II. Sachverhalt und Notwendigkeit

Eine Ursache für die Finanzmarktkrise war die übermäßige Übernahme von Risiken durch die Finanzmarktakteure. Hierzu haben im Finanzsektor gängige Vergütungsstrukturen beigetragen. Eine Vergütungspolitik, die auf kurzfristige Parameter ausgerichtet ist und einseitig Erfolg belohnt, ohne Misserfolg ausreichend zu sanktionieren, kann dazu verleiten, den langfristigen und nachhaltigen Unternehmenserfolg aus dem Blick zu verlieren und so die Risikoneigung der Mitarbeiter über das allgemein von dem jeweiligen Unternehmen tolerierte Maß hinaus erhöhen. Eine derartige Vergütungspolitik läuft einem angemessenen Risikomanagement zuwider. Wie die Finanzmarktkrise gezeigt hat, können die durch eine verfehlte Vergütungspolitik gesetzten Fehlanreize Risiken nicht nur für die Stabilität einzelner Unternehmen, sondern auch für die Finanzstabilität im Allgemeinen begründen.

Um diesen Fehlentwicklungen entgegenzuwirken und ein einheitliches internationales Vorgehen zu gewährleisten, wurden die vorgenannten internationalen Vorgaben entwickelt.

Mit einem wirksamen Risikomanagement in Einklang stehende Vergütungssysteme im Finanzsektor sollen insbesondere durch die stärkere Ausrichtung der Vergütungsstrukturen auf den längerfristigen Erfolg des Unternehmens und die angemessene Berücksichtigung eingegangener Risiken erreicht werden.

Um die rasche Umsetzung der internationalen Vorgaben zu gewährleisten, hat die Bundesregierung einen dreistufigen Ansatz verfolgt, der mit Inkrafttreten der in diesem Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen und der darauf basierenden Rechtsverordnungen seinen Abschluss findet.

1. Selbstverpflichtungserklärung

Im Dezember 2009 haben sich acht große deutsche Kreditinstitute und die drei größten deutschen Versicherungsunternehmen durch Abgabe von Selbstverpflichtungserklärungen dazu verpflichtet, ihre Vergütungssysteme am nachhaltigen Geschäftserfolg auszurichten.

Die Unternehmen haben sich - im Vorgriff auf diesen Gesetzentwurf und die darauf beruhenden Rechtsverordnungen - zur schnellstmöglichen Umsetzung der FSB-Standards verpflichtet.

2. Rundschreiben

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat die internationalen Vorgaben im Vorgriff auf die erforderlichen gesetzliche Regelungen in zwei Rundschreiben zusammengefasst (Rundschreiben 022/2009 (BA) vom 21. Dezember 2009 - Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten sowie Rundschreiben 023/2009 (VA) vom 21. Dezember 2009 - Anforderungen an Vergütungssysteme im Versicherungsbereich). Die Rundschreiben sind mit Veröffentlichung in Kraft getreten. Zugleich sind die vergütungsrelevanten Regelungen in dem Rundschreiben 15/2009 (BA) - Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) vom 14. August 2009 (v.a. AT 7.1 Tz. 4 ff.) entfallen. Im Versicherungsbereich wurden das Rundschreiben 001/78 sowie die vergütungsrelevanten Regelungen in dem Rundschreiben 3/2009 (VA) - Aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk VA) vom 22. Januar 2009 (Unternummer 1 von Punkt 7.2.2.2.) aufgehoben.

3. Gesetzliche Umsetzung

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und den im Anschluss zu erlassenden Rechtsverordnungen werden die Anforderungen an Vergütungssysteme von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten sowie Versicherungsunternehmen nunmehr auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Dies ist insbesondere mit Blick auf die für eine effektive Durchsetzbarkeit dieser Anforderungen notwendigen Eingriffsrechte der Aufsicht erforderlich.

Der Gesetzgeber hat mit dem am 5. August 2009 in Kraft getretenen Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) auf nationaler Ebene bereits erste Konsequenzen aus der Finanzmarktkrise hinsichtlich der Vergütungspraktiken von Unternehmen gezogen und das System der Vorstandsvergütung im Aktienrecht neu geregelt. Die Regelungen des Aktiengesetzes gelten branchenübergreifend. Sie stehen neben den Anforderungen an Vergütungssysteme im Banken- und Versicherungssektor, die durch diesen Gesetzentwurf und später durch entsprechende Rechtsverordnungen geschaffen werden.

III. Gesetzgebungskompetenz des Bundes

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 des Grundgesetzes (Recht der Wirtschaft: Bank- und Börsenwesen sowie privatrechtliches Versicherungswesen). Eine bundeseinheitliche Regelung ist zur Wahrung der Rechtsund Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich (Art. 72 Abs. 2 GG), weil sonst die konkrete Gefahr besteht, dass diese Zielvorgaben ohne eine bundeseinheitliche Regelung beeinträchtigt würden.

Eine bundeseinheitliche Regelung zur Änderung des Kreditwesen- und des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist erforderlich, weil sonst eine Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen zu besorgen wäre, die sowohl im Interesse des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann.

Zur Wahrung der Wirtschaftseinheit sind die vorgelegten Regelungen erforderlich, weil abweichende Länderregelungen erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft mit sich brächten sie würden Schranken oder Hindernisse für den Wirtschaftsverkehr im Bundesgebiet errichten denn jede Standortentscheidung eines Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituts oder eines Versicherungsunternehmens würde in Abhängigkeit von den regionalen Vorschriften getroffen.

Das Regelungsziel (international einheitliche Anforderungen an eine Vergütungspolitik in der Finanzwirtschaft, die mit einem wirksamen Risikomanagement in Einklang steht) kann nur durch eine bundeseinheitliche Regelung für alle Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie Versicherungsunternehmen gleichermaßen erreicht werden. Die vorgesehenen Vorschriften können ihre Wirkung nur entfalten, wenn sie für das gesamte Kredit-, Finanzdienstleistungs- und Versicherungsgewerbe im Bundesgebiet einheitlich gelten.

Im gesamtstaatlichen Interesse ist daher eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich.

IV. Wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs

Der Gesetzentwurf ergänzt die gesetzlich geregelten (Mindest-) Anforderungen an ein angemessenes und wirksames Risikomanagement von Instituten und Versicherungsunternehmen um angemessene und transparente Vergütungssysteme, die auf eine nachhaltige Entwicklung des jeweiligen Unternehmens ausgerichtet sind. Die näheren Einzelheiten hinsichtlich der Anforderungen an die Vergütungssysteme, insbesondere an deren Ausgestaltung, Überwachung und Weiterentwicklung, einschließlich der Entscheidungsprozesse, der Zusammensetzung der Vergütung und der Ausgestaltung der Vergütungsparameter, der Leistungszeiträume, sowie hinsichtlich der Offenlegung der Ausgestaltung der Vergütungssysteme und der Zusammensetzung der Vergütung sollen flexibel in zwei begleitenden Rechtsverordnungen des Bundesministeriums der Finanzen geregelt werden.

Die Bundesanstalt wird befugt, im Falle der Unterschreitung oder drohenden Unterschreitung bestimmter aufsichtsrechtlicher Anforderungen die Auszahlung variabler Vergütungsbestandteile zu untersagen oder auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses zu beschränken.

Variable Vergütungsbestandteile sind Bestandteil einer zivilvertraglich geschlossenen Vergütungsvereinbarung zwischen Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut beziehungsweise Versicherungsunternehmen und ihren Geschäftsleitern, Mitarbeitern oder Aufsichtsratsmitgliedern. Diese Vereinbarungen werden im Rahmen der Vertragsfreiheit geschlossen die als Bestandteil der allgemeinen Handlungsfreiheit, Artikel 2 Absatz 1 GG, grundrechtlichen Schutz genießt. Artikel 2 Absatz 1 GG gewährleistet dem Einzelnen das Recht, Verträge grundsätzlich so abzuschließen, wie er es wünscht. Darüber hinaus schützt Artikel 2 Absatz 1 GG den Einzelnen auch davor, dass die öffentliche Gewalt bereits abgeschlossene Verträge nachträglich einer Änderung unterzieht.

Soweit die Bundesanstalt für künftig abzuschließende Verträge untersagen kann, dass variable Vergütungsbestandteile ausgezahlt werden, oder soweit die Bundesanstalt diese auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses beschränkt, liegt somit ein Eingriff in die Vertragsfreiheit vor, der aber unter den gegebenen Voraussetzungen gerechtfertigt ist.

Ein Vergütungssystem, das mit variablen Vergütungsbestandteilen arbeitet, kann Ursache dafür sein, dass Krisen der in § 45 Absatz 1 Satz 1 KWG, § 81b VAG beschriebenen Art bei dem Institut oder dem Versicherungsunternehmen eintreten. Somit ist die Untersagung oder Beschränkung variabler Vergütungsbestandteile geeignet, solchen Krisen vorzubeugen oder jedenfalls entgegenzuwirken. Wo die Krise eines Instituts oder Versicherungsunternehmens auf einem Vergütungssystem mit variablen Vergütungsbestandteilen beruht ist die Untersagung oder jedenfalls die Beschränkung auch das erforderliche Mittel einer angemessenen Krisenbekämpfung; mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Die Ermächtigung der Bundesanstalt für eine angemessene Untersagung oder Beschränkung ist begründet, denn mit dem vergleichsweise geringen Eingriff - nur eine bestimmte Art von Entgelt wird untersagt oder beschränkt -, wird das höchste volkswirtschaftliche Schutzgut - Erhalt eines funktionierenden Kredit- und Versicherungswesens - gesichert und/oder vor der Funktionsunfähigkeit bewahrt. Damit wird die Grundlage geschaffen, eine allgemeine Gefahr von außerordentlicher Bedeutung von der Allgemeinheit abzuwenden.

Die Änderungen erfassen aber auch die schon vor dem Inkrafttreten geschlossenen Verträge, soweit darin ein Anspruch auf bestimmte Vergütungen für die Zukunft begründet wurde. In diesem Sinne regeln § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG und § 81b Abs. 1a VAG die Untersagung der Auszahlung bestimmter Vergütungsbestandteile, greifen jedoch nicht nachträglich in bereits gezahlte Vergütungen ein. Die insoweit gegebene unechte Rückwirkung ist zulässig, da das verfolgte Gemeinwohlinteresse das Vertrauen der betroffenen Geschäftsleiter und Mitarbeiter von Instituten und Versicherungsunternehmen darauf, die ihn begünstigende Rechtslage werde sich in Zukunft nicht ändern, überwiegt. Seit dem Beginn der öffentlichen Diskussionen Anfang des Jahres 2009 zu den Fehlanreizen von bestimmten Vergütungen im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise wurden wiederholt Vorschläge unterbreitet, mit denen diese Fehlanreize eingedämmt werden sollten. Die Diskussionen führten im April 2009 zur Veröffentlichung der Prinzipien für solide Vergütungspraktiken durch das FSB, die im September 2009 noch weiter konkretisiert und durch die G 20-Erklärung von Pittsburgh zu allgemein umzusetzenden Empfehlungen aufgewertet wurden. Damit war für jedermann ersichtlich, dass die von bestimmten Vergütungsstrukturen ausgehenden Fehlanreize mit sofortiger Wirkung eingeschränkt werden sollten. Mithin wurde bereits im Jahr 2009 für jedermann deutlich, dass bereits bestehende vertragliche Ansprüche mit Wirkung für die Zukunft eingeschränkt werden würden.

Somit bestand seit September des Jahres 2009, spätestens aber seit der Veröffentlichung der BaFin-Rundschreiben 022/2009 und 023/2009 im Dezember 2009 kein Vertrauen mehr darauf die alte Rechtslage werde unverändert Bestand haben.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Kreditwesengesetzes - KWG -)

Zu Nummer 1 (§ 25a KWG)

Zu Buchstabe a

Mit der neu eingefügten Nummer 4 umfasst das für eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation erforderliche Risikomanagement nunmehr auch angemessene und transparente Vergütungssysteme für Geschäftsleiter und Mitarbeiter, die auf eine nachhaltige Entwicklung des Instituts ausgerichtet sind. Ein Vergütungssystem umfasst dabei sowohl die inhaltliche als auch die organisatorische und prozessuale Ausgestaltung der Gesamtheit aller vom Unternehmen zu erbringenden monetären oder monetär bewertbaren Leistungen für die Arbeitsleistungen von Geschäftsleitern und Mitarbeitern. Mitarbeiter im Sinne dieser Vorschrift sind alle natürlichen Personen, die bei wirtschaftlicher oder risikoseitiger Betrachtung als dem Institut angehörig zu betrachten sind. Handelsvertreter nach § 84 Abs. 1 HGB sollen keine Mitarbeiter im Sinne der neuen Nummer 4 sein.

Mit dieser Vorschrift werden die vom Rat für Finanzmarktstabilität (Financial Stability Board - FSB) auf Geheiß der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G 20) erarbeiteten Prinzipien für solide Vergütungspraktiken ("Principles for Sound Compensation Practices" vom 2. April 2009) und die darauf aufbauenden konkreten Standards für solide Vergütungspraktiken ("Principles for Sound Compensation Practices Implementation Standards" vom 25. September 2009) gesetzlich verankert. Im künftigen Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union finden sich voraussichtlich entsprechende Vorgaben in Artikel 22 Absatz 1 und 3 der Richtlinie 2006/48/EG vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Bankenrichtlinie); eingefügt durch den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen für das Handelsbuch und Weiterverbriefungen und im Hinblick auf die aufsichtliche Überprüfung der Vergütungspolitik (gegenwärtig als Dokument Nr. 14732/09 des Rates der Europäischen Union vom 28. Oktober 2009 berücksichtigt - nachfolgend Änderungsrichtlinie genannt). Darüber hinaus werden die Leitlinien für eine solide Vergütungspolitik ("Highlevel Principles for Remuneration Policies") des Ausschusses der europäischen Bankaufsichtsbehörden (Committee of European Banking Supervisors - CEBS) vom 20. April 2009 berücksichtigt.

Zur Ausrichtung der Vergütungssysteme auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung gehört insbesondere auch eine mögliche Reduzierung der variablen Vergütungsbestandteile bei negativen Erfolgsbeiträgen eines Geschäftsleiters oder Mitarbeiters.

Zu Buchstabe b

Nähere Bestimmungen über die Ausgestaltung, Überwachung und Weiterentwicklung der Vergütungssysteme nach Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 in den Instituten sowie über die Offenlegungspflichten in diesem Zusammenhang sollen im Wege einer Rechtsverordnung ergehen zu deren Erlass § 25a Abs. 5 das Bundesministerium der Finanzen im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank ermächtigt wird. Dies ist mit Blick auf die zugrunde liegenden Prinzipien und Standards des FSB sowie die durch das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt- und der Versicherungsaufsicht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2305) erweiterten aufsichtlichen Eingriffsbefugnisse erforderlich. Soweit Regelungen zur Offenlegung in Betracht kommen, bleiben die handelsrechtlichen Regelungen, deren Schwerpunkt die Vergütungshöhe und nicht die Vergütungssystematik betrifft, insbesondere § 285 Nummer 9 Buchstabe a in Verbindung mit § 340a Absatz 1 und § 340l in Verbindung mit § 325 HGB unberührt. Das Bundesfinanzministerium kann nach Absatz 5 Satz 2 die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt übertragen.

Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretungen werden nicht berührt. Insbesondere werden Geldleistungen, die in einem Sozialplan zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbart werden wie z.B. Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes, vom Begriff der Abfindungszahlungen in diesem Gesetz nicht erfasst. Denn die in einem Sozialplan vereinbarten Leistungen und Abfindungen haben den Zweck, wirtschaftliche Nachteile auszugleichen oder zu mildern, nicht den Zweck, den Erfolg des Arbeitnehmers im Laufe der Zeit widerzuspiegeln oder vergangene Arbeitsleistung zu honorieren.

Zu Nummer 2 (§ 45 Absatz 1 KWG)

Mit der neuen Nummer 4 werden die Befugnisse der Bundesanstalt bei Unterschreitung oder drohender Unterschreitung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Eigenmittel oder Liquidität ergänzt. Die Bundesanstalt ist unter den bisherigen Voraussetzungen nunmehr auch befugt, die Auszahlung variabler Vergütungsbestandteile zu untersagen oder auf einen bestimmten Anteil des Jahresergebnisses zu beschränken. Diese auf die Standards für solide Vergütungspraktiken des FSB zurückgehende Befugnis ist auch in Artikel 136 Absatz 1 Buchstabe f der Bankenrichtlinie in der zukünftig geltenden Fassung vorgesehen.

Das Eingriffsrecht steht in unmittelbarem Zusammenhang mit Erwägungsgrund 5c der Änderungsrichtlinie und Artikel 22 i. V. m. Anhang V, Abschnitt 11, Ziffer 23, Buchstabe eb der Bankenrichtlinie in der zukünftig geltenden Fassung, wonach die Gesamthöhe der variablen Vergütung der Stärkung der Eigenkapitalbasis eines Instituts nicht entgegenstehen darf. Durch den neuen Abs. 1a wird einer entsprechenden Anordnung gegenüber privatrechtlichen Vereinbarungen über die Gewährung variabler Vergütung Geltung verschafft.

Ausgehend von der gerechtfertigten unechten Rückwirkung des Gesetzes ist die Regelung, dass Institute der Befugnis der Bundesanstalt in entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen mit ihren Geschäftsleitern und Mitarbeitern Rechnung tragen müssen, verfassungsrechtlich zulässig. Denn die Verpflichtung ist in die Zukunft gerichtet; d.h. sie trifft die Institute und Versicherungsunternehmen erst ab dem Inkrafttreten des Gesetzes. Unter Berücksichtigung dieses Ausgangspunkts entfaltet auch die Regelung, dass aus vertraglichen Vereinbarungen über die Gewährung variabler Vergütungen keine Rechte hergeleitet werden können, eine zulässige privatrechtsgestaltende Wirkung.

Zu Nummer 3 (§ 45b KWG)

Es handelt sich um eine Folgeänderung, die sich daraus ergibt, dass gemäß § 25a Abs. 5 die näheren Bestimmungen über die Anforderungen an das Risikomanagement bei Vergütungssystemen im Wege einer Rechtsverordnung erlassen werden.

Zu Nummer 4 (§ 56 KWG)

Es handelt sich um eine Folgeänderung, die sich daraus ergibt, dass gemäß § 25a Abs. 5 die näheren Bestimmungen über die Anforderungen an das Risikomanagement bei Vergütungssystemen im Wege einer Rechtsverordnung erlassen werden.

Zu Artikel 2 (Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes - VAG-)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 4.

Zu Nummer 2 (§ 1b VAG)

Die Änderung des § 1b Absatz 2 VAG führt dazu, dass der neue § 64b einschließlich der Rechtsverordnungsermächtigung auch für Versicherungs-Holdinggesellschaften im Sinne des § 1b VAG gilt.

Zu Nummer 3 (Unterabschnitt 1b)

Durch Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe d des Neunten Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 23. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3248) ist in der Inhaltsübersicht nach der Angabe zu § 64 eine Zwischenüberschrift für einen neuen Unterabschnitt eingefügt worden. Es ist dann jedoch vergessen worden, diese neue Zwischenüberschrift auch in den Regelungstext einzufügen. Inhaltsübersicht und die Gliederung des Regelungstexts stimmen daher derzeit nicht überein. Die Änderung dient der notwendigen Anpassung.

Zu Nummer 4 (§ 64b VAG)

Mit dem neuen § 64b werden die Anforderungen der G 20 und des FSB an die Ausgestaltung von Vergütungssystemen auch für die Versicherungsbranche gesetzlich verankert.

Dies gilt insbesondere für die vom FSB erarbeiteten Prinzipien für solide Vergütungspraktiken vom 2. April 2009 und die darauf aufbauenden konkreten Standards für solide Vergütungspraktiken vom 25. September 2009. Darüber hinaus nimmt die Änderung auch Vorschläge des Ausschusses der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (Committee of European Insurance and Occupational Pension Supervisors - CEIOPS) auf.

Ein Vergütungssystem umfasst sowohl die inhaltliche als auch die organisatorische und prozessuale Ausgestaltung der Gesamtheit aller vom Unternehmen zu erbringenden materiellen Leistungen für die Arbeitsleistungen der Personen, die bei wirtschaftlicher oder risikoseitiger Betrachtung als dem Unternehmen angehörig zu betrachten sind. Handelsvertreter nach § 84 Abs. 1 HGB sind keine Mitarbeiter im Sinne des neuen

§ 64b Absatz 1.

§ 64b Absatz 1 betrifft nicht nur Geschäftsleiter und Mitarbeiter, sondern auch Aufsichtsratsmitglieder von Versicherungsunternehmen. Es gibt im Versicherungsbereich seit Jahrzehnten bewährte Aufsichtsgrundsätze zur Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern (Rundschreiben 001/78 des BAV, Rundschreiben 023/2009 (Bundesanstalt). Diese wurde jetzt in das Gesetz übernommen. Aufgrund der Finanzkrise und der Diskussion in europäischen und internationalen Gremien ist eine gesetzliche Regelung geboten.

Die Ausrichtung der Vergütungsregeln auf eine nachhaltige Entwicklung des Versicherungsunternehmens umfasst im Einklang mit den FSB-Prinzipien und Standards auch die sogenannten "Malus-Regelungen". Danach müssen etwaig zukünftig auftretende, individuelle negative Erfolgsbeiträge bei der Festlegung der variablen Vergütung Berücksichtigung finden.

Absatz 2 betrifft Vergütungen für andere Tätigkeiten, die Geschäftsleiter oder Aufsichtsratsmitglieder für das jeweilige Unternehmen erbringen. Geschäftsleitern und Aufsichtsratsmitgliedern dürfen insbesondere keine Vergütungen im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen gewährt werden. Hierbei handelt sich um einen bewährten aufsichtsrechtlichen Grundsatz, der schon im Rundschreiben 1/78 niedergelegt war. Grundsätzlich ist es unzulässig, dass ein Geschäftsleiter mit dem von ihm geleiteten Unternehmen einen Agenturvertrag schießt.

Absatz 3 erweitert die Anforderungen des Absatzes 1 auf Versicherungsgruppen und Finanzkonglomerate.

Dies ist angesichts der mit unangemessenen Vergütungssystemen verbundenen Risiken erforderlich. Die Regelung orientiert sich an § 64a Absatz 2 und § 104s VAG.

Absatz 4 erstreckt die Regelungen über Vergütungssysteme auf Versicherungs-Holdinggesellschaften als Mutterunternehmen im Sinne des § 104a Abs. 2 Nr. 4 und auf gemischte Finanzkonglomeratsunternehmen, die gemäß § 104k Nr. 3 als Mutterunternehmen innerhalb eines Finanzkonglomerats eine besondere Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Finanzkonglomerats haben und daher zusätzlichen aufsichtlichen Pflichten unterworfen sind.

Absatz 5 ermächtigt das Bundesministerium der Finanzen, durch Rechtsverordnung nähere Einzelheiten zur Ausgestaltung, Überwachung, Weiterentwicklung und Transparenz der Vergütungssysteme im Sinne des Absatzes 1 und 3 sowie zur Zulässigkeit sonstiger Vergütungen im Sinne des Absatzes 2 festzulegen. Dabei sind die oben genannten europäischen und internationalen Vorgaben sowie die für Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bestehenden Besonderheiten zu berücksichtigen. Absatz 4 Satz 2 trägt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung. Damit soll sichergestellt werden, dass an kleinere und mittlere Unternehmen keine unangemessenen Anforderungen gestellt werden. Absatz 4 Satz 3 stellt sicher, dass bei gruppen- und konglomeratsangehörigen Unternehmen gruppen- und konglomeratsspezifische Umstände Berücksichtigung finden können. Soweit Regelungen zur Offenlegung in Betracht kommen, bleiben die handelsrechtlichen Regelungen, deren Schwerpunkt die Vergütungshöhe und nicht die Vergütungssystematik betrifft insbesondere § 285 Nummer 9 Buchstabe a in Verbindung mit § 341a Absatz 1 und § 341l in Verbindung mit § 325 HGB unberührt. Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretungen werden nicht berührt.

Verstößt ein Unternehmen gegen die Vorgaben des § 64b oder der Rechtsverordnung, kann die Aufsichtsbehörde aufgrund bereits bestehender Eingriffsnormen Maßnahmen ergreifen (etwa § 81 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 2 oder § 87 Abs. 6 VAG).

Zu Nummer 5 (§ 81b VAG)

Der neue § 81b Abs. 1a VAG enthält die erforderliche Spezialermächtigung dafür, die Auszahlung variabler Vergütungsbestandteile zu untersagen oder zu beschränken. Voraussetzung ist dass die Eigenmittel geringer sind oder drohen, geringer zu werden als die Solvabilitätsspanne. Im Übrigen wird auf die Begründung zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b verwiesen.

Zu Nummer 6 ( § 89a VAG)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 5.

Zu Nummer 7 (§ 104s VAG)

Die Änderung des § 104s Satz 1 VAG führt zu der erforderlichen Angleichung an § 25a Absatz 1a KWG und damit zu einheitlichen Anforderungen an die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation des Konglomerats, unabhängig davon, ob das KWG oder das VAG maßgebend ist.

Die weitere Änderung des § 104s VAG führt dazu, dass der neue § 64b VAG einschließlich der Rechtsverordnungsermächtigung auch für übergeordnete Finanzkonglomeratsunternehmen gilt.

Zu Nummer 8 (§ 121a VAG)

Die Änderung des § 121a Absatz 1 Satz 1 VAG führt dazu, dass der neue § 64b VAG einschließlich der Rechtsverordnungsermächtigung auch für Rückversicherungsunternehmen gilt.

Zu Nummer 9 (§ 121g VAG)

Die Änderung des § 121g Absatz 2 Satz 1 VAG führt dazu, dass der neue § 64b VAG einschließlich der Rechtsverordnungsermächtigung auch für Versicherungs-Zweckgesellschaften gilt.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Artikel 3 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
Nr. 1170: Gesetz über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen (BMF)

Der Nationale Normenkontrollrat hat den o.a. Entwurf auf Bürokratiekosten geprüft, die durch Informationspflichten begründet werden.

Mit dem Entwurf wird keine Informationspflicht für die Wirtschaft, für Bürgerinnen und Bürger oder die Verwaltung eingeführt, verändert oder aufgehoben. Allerdings enthält das Gesetz Ermächtigungen für den Erlass von Rechtsverordnungen, welche auch die Einführung neuer Informationspflichten umfassen. Der Rat bittet daher vor Erlass der genannten Verordnungen um erneute Beteiligung.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Prof. Dr. Färber
Vorsitzender Berichterstatterin