Gesetzesantrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Jugendschutzes
(JuSchVerbG)

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Der Bayerische Ministerpräsident München, den 2. Februar 2007

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Harald Ringstorff

Sehr geehrter Herr Präsident!

Gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung übermittle ich den in der Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügten


mit dem Antrag, dass der Bundesrat diesen gemäß Art. 76 Abs. 1 GG im Bundestag einbringen möge.
Ich bitte, den Gesetzentwurf unter Wahrung der Rechte aus § 23 Abs. 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates gemäß § 36 Abs. 2 GOBR auf die Tagesordnung der 830. Sitzung am 16. Februar 2007 zu setzen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Edmund Stoiber

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Jugendschutzes (JuSchVerbG)

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch...., wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderungen des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten

Nach § 118 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.02.1987 (BGBl. I S. 602), zuletzt geändert durch ..., wird folgender § 118a eingefügt:

§ 118a Menschenverachtende Spiele

Artikel 3
Änderung des Jugendschutzgesetzes

Das Jugendschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 4
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Abweichend hiervon tritt Artikel 3 Nr. 3 mit Wirkung vom 1. April 2008 in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Wenige Jahre nach den Bluttaten in Bad Reichenhall 1999 und in Erfurt 2002 sind die Bürgerinnen und Bürger angesichts der neuen Gewalttat in Emsdetten 2006 aufs Neue zutiefst erschüttert. Der Amokläufer war im Besitz zahlreicher jugendgefährdender Medien. Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass insbesondere sog. Killerspiele, die menschenverachtende Gewalttätigkeiten zum Gegenstand haben, eine gewaltabstumpfende und für bestimmte labile Charaktere auch eine stimulierende Wirkung haben können. Zwar sind einzelne Auswirkungen von Gewaltspielen noch umstritten. Zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse legen aber eine nachteilige Wirkung gerade auf Jugendliche nahe. Nach dem heutigen Forschungsstand bestehen insbesondere keine begründeten Zweifel daran, dass der Kontakt mit derartigen Medien vor allem bei Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden, aber auch bei Erwachsenen, die Gefahr einer Nachahmung und einer Abstumpfung in sich birgt, die sich schädlich auf die Gemeinschaft auswirken kann. Die schrecklichen Vorfälle zeigen, dass Maßnahmen notwendig sind, um insbesondere Kinder und Jugendliche vor Gewaltexzessen in Form menschenverachtender Gewaltspiele zu schützen. In den vergangenen Jahren wurden zwar im Bereich des Jugendmedienschutzes Verbesserungen erzielt, um den wachsenden Gefährdungen auf dem Mediensektor zu begegnen. Dies ist jedoch nicht ausreichend, wie die jüngste schreckliche Gewalttat in Emsdetten zeigt.

Das vorliegende Gesetz sieht ein Verbot von virtuellen Gewaltspielen vor. Es erfasst Spielprogramme, die grausame oder unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen darstellen und dem Spieler die Beteiligung an dargestellten Gewalttätigkeiten solcher Art ermöglichen.

Die bestehenden Verbotsregelungen werden den Erfordernissen eines ausreichenden Schutzes vor menschenverachtenden Gewaltspielen nicht hinreichend gerecht. Das Verfahren der Indizierung und Altersfreigabe ist nicht in gleicher Weise wie ein strafbewehrtes Verbot geeignet die entsprechenden Spiele vom Markt zu drängen. Eine effektive Bekämpfung darf nicht nur an der Einschränkung der Verbreitungswege von virtuellen Gewaltspielen ansetzen, sondern muss bereits ein Herstellungsverbot umfassen. Insbesondere werden durch ein Verbot die Handlungsmöglichkeiten gegenüber Internet-Providern gestärkt.

Zwar enthält § 131 StGB in seiner bisherigen Fassung bereits ein strafbewehrtes Verbot der Schilderung von grausamen und sonst unmenschlichen Gewalttätigkeiten gegen Menschen und menschenähnliche Wesen. Jedoch umschreibt dieser Tatbestand die spezifische Problematik menschenverachtender Spiele nicht spezifisch. Sie liegt in der Ermöglichung von Spielhandlungen, die auf die Begehung von grausamen oder sonst unmenschlichen Gewalttätigkeiten gerichtet sind.

Gerade aber durch das dabei geforderte persönliche Engagement steigt der Spieler als dominant Handelnder intensiver in das fiktive Geschehen ein, als dies etwa bei passiv beobachtenden Zuschauern oder Lesern der Fall ist. Die aktive Übernahme der Rolle eines rücksichtslosen brutalen Kämpfers fördert geradezu die Akzeptanz von Gewalt legitimierenden Verhaltensmustern. Ein möglicherweise bereits vorhandenes aggressives Potential kann verstärkt werden. Die Gefahr einer Nachahmung, die die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung senkt ist hier besonders groß. Tötungshandlungen können durch die Simulation gleichsam trainiert werden. Derartige Gewaltspiele sind daher geeignet, beim Spieler eine Einstellung zu erzeugen oder zu verstärken, die den fundamentalen Wert- und Achtungsanspruch des Menschen in Frage stellt. Ihnen wohnt eine Tendenz zur Bejahung oder zumindest zur Bagatellisierung von Gewalt inne, die mit dem Achtungsgebot der Menschenwürde im Widerspruch steht und daher mit unserer Wertordnung nicht vereinbar ist.

Darüber hinaus sind auch reale Gewaltspiele zu verbieten, die geeignet sind, Mitspieler in ihrer Menschenwürde herabzusetzen. Mit einem solchen Verbot wird den Gefährdungen, die von derartigen Spielgestaltungen ausgehen, effektiv entgegengewirkt.

Die bisherige Rechtslage im Zusammenhang mit derartigen Spielen, wie Gotcha, Laserdrome oder Paintball, ist nicht ausreichend. Reale Gewaltspiele können von den Sicherheits- und Ordnungsbehörden bisher nur untersagt werden, wenn die einzelne Veranstaltung gegen § 118 OWiG verstößt, also insbesondere auch die Allgemeinheit belästigt, was eine gewisse außenwirksame Wahrnehmung der Veranstaltung voraussetzt.

Auch das nach geltendem Recht mögliche Verbot von Laserdrome-Spielen (vgl. BVerwGE 115, 189 ff.) genügt nicht. Ein solches Verbot bezieht sich nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum einen nur auf den Veranstalter von Laserdrome-Spielen und nicht auf Mitspieler, zum anderen ist es aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit erforderlich, für andere Spielformen, die ebenfalls geeignet sind, Mitspieler in ihrer Menschenwürde herabzusetzen eine Verbotsregelung zu schaffen.

Das Gesetz nimmt neben diesen Änderungen im Strafgesetzbuch sowie dem Ordnungswidrigkeitenrecht auch gesetzestechnische Anpassungen im Jugendschutzgesetz vor, um damit eindeutige Entscheidungen zugunsten des Jugendschutzes zu treffen. Umfasst sind dabei folgende Maßnahmen:

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuches)

Zu Nummer 1 (Inhaltsverzeichnis):

Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung im Hinblick auf die Einführung des § 131a.

Zu Nummer 2 (§ 131)

Es besteht kein legitimes Bedürfnis für Erziehungsberechtigte, exzessive Gewaltdarstellungen Jugendlichen oder gar Kindern zugänglich zu machen. Das Erzieherprivileg wird daher ersatzlos aufgehoben.

Zu Nummer 3 (131a)

Der neue § 131a hat das Verbot von Spielprogrammen zum Gegenstand, deren Haupt- oder Nebeninhalt es ist, gegen dargestellte Menschen oder menschenähnliche Wesen Spielhandlungen zu begehen, die Gewalttätigkeiten grausamer oder unmenschlicher Art darstellen.

Solche Spiele können eine Einstellung erzeugen oder verstärken, die den fundamentalen Wert- und Achtungsanspruch leugnet, der jedem Menschen zukommt.

Die Strafwürdigkeit der Herstellung und Verbreitung derartiger Spielprogramme liegt in der durch verschiedene Untersuchungen belegten besonderen Gefahr begründet, dass aufgrund der aktiven Handlungen eines Spielers dessen Gewaltbereitschaft gefördert oder verstärkt werden kann bis hin zu der Möglichkeit, konkrete Taten mittels Computerspielen vorzubereiten, indem bestehende Objekte als Spielort programmiert werden. Ein potentieller Täter kann seine Tat dadurch simulieren und die Hemmschwelle senken. Derartige Spiele beinhalten eine Tendenz, durch mehrfache Wiederholung der Vorgänge Gewalttätigkeiten zu verharmlosen und ggfs. auch zu verherrlichen. Zudem sind sie geeignet, eine gewaltabstumpfende und für bestimmte labile Charaktere auch eine stimulierende Wirkung zu entfalten.

Der Kern des Unrechts und die spezifische Gefährlichkeit von Killerspielen liegen nicht in einer Schilderung von Gewalttätigkeiten, sondern in der Ausrichtung des Spiels auf die Begehung (virtueller) Gewalttätigkeiten grausamer oder sonst unmenschlicher Art. Es erscheint daher geboten, dies auch spezifisch zu kennzeichnen. Die Spielhandlungen sind auf die Begehung erheblicher Gewalttätigkeiten gerichtet, ermöglichen sie oder halten gar dazu an. Mit dieser Ausrichtung auf ein solches aktives Tun ist die Gefahr einer besonderen Identifikation mit diesen auf die Begehung von Gewalttätigkeiten gerichteten Spielhandlungen verbunden.

Der Umstand, dass es sich um virtuelle Vorgänge handelt und nicht um ein reales Geschehen, ändert nichts an der Strafwürdigkeit. Das Bundesverfassungsgericht hat anerkannt, dass neben der realen Gewaltausübung auch die Darstellung fiktiver Gewaltakte zu Spiel- und Unterhaltungszwecken das Gebot der Achtung der Würde des Menschen verletzen kann (vgl. BVerfGE 87, 209/228; BVerwGE 115, 189/200). Es hat darin auch eine ausreichende Rechtfertigung der Strafbarkeit für derartige Spielgestaltungen gesehen. Wenn in Spielen eine Situation geschaffen wird, in der die Vorstellung einer Verfügbarkeit des Menschen als Objekt, mit dem nach Belieben verfahren werden kann, vorherrscht, kommt es für den Menschenwürdeschutz nicht darauf an, ob es sich um ein rein fiktives Geschehen handelt (BVerwG a.a.O., unter Berufung auf BVerfG a.a.O., S. 228 ff.).

Das Spiel muss nicht gerade darauf ausgerichtet sein, den Spieler zu grausamer oder unmenschlicher Gewaltausübung zu veranlassen. Es genügt, wenn es Derartiges ermöglicht.

Dass ein Spiel auch taktische und strategische Überlegungen des Spielers erfordert, stellt die Tatbestandserfüllung nicht in Frage.

Das Merkmal "grausamer oder sonst unmenschlicher Gewalttätigkeiten" übernimmt der Entwurf aus § 131 Abs. 1 StGB. Rechtsprechung und Schrifttum zu diesem Merkmal können daher im Grundsatz herangezogen werden. Allerdings ist die spezifische Ausrichtung von "Killerspielen" zu beachten. Demgemäß werden an den Grad der Gewalttätigkeiten hier geringere Anforderungen zu stellen sein als dort. Erfasst werden sollen Spielhandlungen, in denen - fänden sie in der "realen" Welt statt - dem Objekt der Handlung Schmerzen oder Qualen erheblichen Ausmaßes zugefügt würden. Gleich steht der Fall, dass der Spieler - unter der genannten Prämisse - aus gefühlloser und unbarmherziger Gesinnung heraus tätig wird gleichfalls, dass eine menschenverachtende und rücksichtslose Tendenz zum Ausdruck kommt.

Der Begriff "Spielprogramm" entspricht dem in § 14 Abs.1 des JuSchG verwendeten Begriff, der Video- und Computerspiele umfasst.

Nicht erforderlich ist es, dass das Spielprogramm auch unabhängig vom Eingreifen des Spielers grausame oder unmenschliche Gewalt zeigt. Die Verwendung des Merkmals "Darstel len" schafft kein zusätzlich zu erfüllendes Tatbestandselement, sondern trägt nur dem Umstand Rechnung, dass Spielprogramme naturgemäß nur virtuelle Gewalt an virtuellen Menschen oder menschenähnlichen Wesen schildern.

Verzichtet hat der Entwurf auf die weiteren Voraussetzungen des § 131 StGB (Schilderung, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt). Diese, die Rechtsanwendung ganz erheblich einschränkenden Merkmale wären geeignet, den Tatbestand neben § 131 StGB leer laufen zu lassen.

Auch die Merkmale des "Menschen" sowie des menschenähnlichen Wesens sind bereits in § 131 StGB enthalten. Der Schwerpunkt wird naturgemäß bei menschenähnlichen Wesen liegen. Jedoch kann die künftige Entwicklung nicht vorausgesehen werden. Demgemäß erscheint es geboten, keine Lücke zu lassen.

Die in den Nummern 1 bis 4 beschriebenen Tathandlungen entsprechen den in § 131 Abs. 1 StGB genannten. Nicht strafbar ist danach insbesondere der bloße Besitz solcher Spiele.

Eine Privilegierung der Sorgeberechtigten entsprechend § 131 Abs. 4 StGB ist nicht gerechtfertigt.

Zu Nummer 4 (§ 184)

Wie in § 131 soll auch in § 184 das sog. Erzieherprivileg gestrichen werden.

Zu Artikel 2 (Änderungen des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) (§ 118a)

Der neu einzufügende § 118a erfasst nur solche Spiele, bei denen - wie insbesondere in Laserdromes sowie bei Gotcha- und Paintballspielen - die Tötung oder Verletzung von Mitspielern unter Einsatz von Schusswaffen oder diesen nachgebildeten Gegenständen simuliert wird. Dem gegenüber werden Spielprogramme, die grausame oder unmenschliche Gewalttätigkeiten zum Gegenstand haben, von der neu zu schaffenden Strafrechtsnorm in § 131a StGB erfasst.

Vom Ordnungswidrigkeitentatbestand nicht erfasst werden die gesellschaftlich anerkannten traditionellen Sportarten, wie etwa das Fechten. Bei diesen Sportarten steht der Zweck der körperlichen Ertüchtigung im Vordergrund. Die Gefahr, dass Gewalt verharmlost und hierdurch die allgemeinen Hemmschwellen zur Gewaltanwendung abgebaut werden, besteht nicht. Das Tatbestandsmerkmal der Geeignetheit, die Menschenwürde zu verletzen, stellt auch im Übrigen sicher, dass nicht sanktionswürdige Verhaltensweisen wie die herkömmlichen "Cowboy- und Indianerspiele" unter Kindern und Jugendlichen vom Anwendungsbereich des Ordnungswidrigkeitentatbestandes ausgenommen bleiben.

Die Teilnahme an derartigen Spielen ist ebenfalls mit Bußgeld bedroht, allerdings wird dem geringeren Unrechtsgehalt dieser Form der Beteiligung durch den niedrigeren Bußgeldrahmen des § 17 Abs. 1 OWiG Rechnung getragen. Ein vollständiger Verzicht auf die Sanktionierung einer solchen Teilnahme hätte zur Folge, dass Spielformen ohne Veranstalter, die nicht auf hierfür eingerichteten Anlagen durchgeführt werden, wie dies z.B. für Gotcha häufig der Fall ist, sanktionslos blieben und ein wirksames sicherheitsrechtliches Vorgehen auf Grund der Sicherheits- und Ordnungsgesetze der Länder mangels Erfüllung des Tatbestandes einer Ordnungswidrigkeit nicht gewährleistet wäre.

Zu Artikel 3 (Änderung des Jugendschutzgesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 13)

§ 13 des Jugendschutzgesetzes sieht für den Bereich der Bildschirmgeräte im Vergleich zu der vor dem 1.4.2003 geltenden Rechtslage eine Lockerung vor, indem nunmehr auch Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren in der Öffentlichkeit das Spielen an Bildschirmgeräten ohne Gewinnmöglichkeit gestattet wird. Häufig handelt es sich bei diesen Spielen um niveaulose "Baller-Spiele". Die von Bildschirmgeräten ausgehende Sogwirkung gilt es zu vermeiden und nicht dadurch zu erhöhen, dass ein öffentliches Spielen Kindern ab 6 Jahren erlaubt wird.

Zu Nummer 2 (§ 14)

Folgeänderung zu Nummer 4.

Zu Nummer 3 (§ 14a)

Bei den Freiwilligen Selbstkontrollen sind Verbesserungen notwendig. Insbesondere die Ar beit der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) bei der Bewertung der Computerspiele ist in die Kritik geraten. Derzeit lassen die Jugendministerien in Zusammenarbeit mit den Staatskanzleien gerade das gesamte Jugendschutzrecht durch ein unabhängiges Forschungsinstitut evaluieren. Dabei wird die Problematik der gewalthaltigen Computerspiele einen Schwerpunkt einnehmen; im Herbst 2007 sind die Ergebnisse dieser Untersuchungen zu erwarten.

Unabhängig davon aber sollten schon jetzt Mindestanforderungen gesetzlich festgelegt werden, die eine Freiwillige Selbstkontrolle im Bereich der Trägermedien zwingend zu erfüllen hat u.a.:

Diese Voraussetzungen sollten auch im Wege einer Zertifizierung alle drei Jahre durch die für Trägermedien zuständigen Obersten Landesjugendbehörden überprüft werden. Diese neue Vorschrift lehnt sich an eine entsprechende Regelung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages sowie den Grundsätzen der Freiwilligen Selbstkontrolle Filmwirtschaft an, geht über diese aber erheblich hinaus.

Hinsichtlich des Verfahrens wird im Wesentlichen auf die entsprechende Regelung im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (§ 19 JMStV) verwiesen.

Zu Nummer 4 (§ 15)

Zu Buchstabe a

Seit Jahren ist es geltendes Recht, dass indizierte Schriften nicht in gewerblichen Leihbüchereien angeboten werden dürfen. Dieses generelle Verbot gilt jedoch nicht für den Verleih indizierter Filme in Videotheken. Der Grad der Jugendgefährdung ist indessen bei filmischen Darstellungen nicht geringer, sondern wesentlich größer als bei entsprechenden Druckwerken.

Es ist durchaus gängige Praxis, dass sich erwachsene bzw. heranwachsende Personen mit billigen Mietkassetten bzw. DVDs versorgen und diese an ihre noch nicht volljährigen Freunde weitergeben oder ihnen vorführen. Gerade dieser Vertriebsweg hat dazu geführt, dass heute schon viele Kinder und Jugendliche mit Porno-, Horror- und Gewaltdarstellungen konfrontiert werden. Es kann als gesichert gelten, dass vor allem Gewaltfilme, die zudem nicht selten extremistisches oder radikales Gedankengut enthalten, insbesondere bei ungefestigten und labilen jungen Menschen schädliche Auswirkungen haben können. Gerade bei Kindern und Jugendlichen, die schreckliche Gewalttaten verübt oder konkret geplant haben, werden oft Gewaltvideos sichergestellt. Aufgrund dieser Tatsache ist es dringend erforderlich, ein Verleih- und Vermietverbot für indizierte Videofilme bzw. DVDs zu schaffen.

Da auch Video- und Computerspiele vermietet bzw. verliehen werden, sind indizierte Spiele ebenso wie indizierte Videos oder DVDs von der Vermietung und Verleihung auszunehmen.

Darüber hinaus kommt bei Video- und Computerspielen verstärkend hinzu, dass der Spieler, insbesondere bei den sog. "Ego-Shootern", aktiv in einer virtuellen Welt per Mausklick Gewalt ausüben kann. Durch die virtuelle Ausübung von Gewalt kann diese verharmlost werden und es können Hemmschwellen zur allgemeinen Gewaltanwendung abgebaut werden. Letztlich sind die Spiele dazu geeignet, ein Abstumpfen gegenüber Tötungshandlungen zu fördern.

Probleme hinsichtlich grundrechtlicher Einschränkungen bestehen nicht, da lediglich eine Gleichbehandlung aller Trägermedien im Verleihbereich erreicht würde. Auch die Befürchtung, ein generelles Vermietverbot könnte durch eine weitere Steigerung des ohnehin hohen Kaufmarktes kompensiert werden, greift nicht durch. Denn nicht nur die Kauf-, sondern auch die Vermietpreise sind deutlich gesunken. Für junge heranwachsende Menschen mit geringem Budget ist der Kostenfaktor bedeutsam. Ein höherer Kaufpreis ist zumindest eine gewisse Hürde für den Erwerb jugendgefährdender und indizierter Medien.

Zu Buchstaben b

Ein ausreichender Schutz von Kindern und Jugendlichen ist durch ein Verbot von virtuellen und realen "Killerspielen" allein nicht gewährleistet. Derzeit bestehen erhebliche Wertungswidersprüche im Hinblick auf die Zulässigkeit von Inhalten in unterschiedlichen Medien.

Während z.B. Verstöße gegen das Strafgesetzbuch und die Menschenwürde, Kriegsverherrlichung, Posenfotos von Kindern und Jugendlichen und harte Pornographie im Internet und im Rundfunk absolut unzulässig sind, besteht kein entsprechendes Verbot für Filme bzw. Computerspiele. Diesen Wertungswiderspruch gilt es zu beseitigen. Darüber hinaus sollte ein solches Verbot weitere offensichtlich schwer jugendgefährdende Medien erfassen.

Schließlich ist es gängige Praxis, dass diese in höchstem Maße problematischen Inhalte an Kinder und Jugendliche weitergegeben werden, obwohl es sich dabei um eine Straftat handelt.

Dabei gilt es auch den Jugendschutz für Kinder und Jugendliche zu verbessern, die auf Trägermedien in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Körperhaltung dargestellt sind. Diese Art der Darstellungen soll gerade auch von Erwachsenen nicht erworben werden können. Kinder und Jugendliche sind keine Sexualobjekte. Die Sensibilisierung in der Öffentlichkeit hierfür darf nicht in den Hintergrund rücken. Kinder und Jugendliche müssen davor geschützt werden, dass Erwachsene mit pädophilen Neigungen ihre Darstellungen zur Animation benutzen.

Pädophile Erwachsene sollen nicht mit diesen Darstellungen ihren Opfern die Normalität ihres Tuns vermitteln können und sie damit gefügig machen. Menschen mit pädophilen Neigungen werden durch derartige Bilder auch in ihrer Veranlagung bestärkt und benutzen sie häufig zur Animation. Die Bilder betonen zwar im Regelfall den Genitalbereich bzw. die sekundären Geschlechtsmerkmale, sind jedoch in der Regel nicht als pornografisch einzustufen.

Um die Kinder und Jugendlichen, die in solchen Posen gefilmt, fotografiert oder in sonstiger Weise für Trägermedien abgelichtet werden, zu schützen, bedarf es eines generellen Verbotes, diese Trägermedien anzubieten, zu überlassen oder zu verbreiten. Es ist gerade nach Sinn und Zweck des Schutzes nicht ausreichend, wenn diese Angebote nur Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden dürfen. Auch Erwachsene sollen sie nicht erwerben dürfen. Nach kriminalpolizeilichen Erkenntnissen werden mittels der Bilder bzw. Darstellungen Kinder und Jugendliche gefügig gemacht, indem ihnen u.a. eine vermeintliche Normalität vorgespiegelt wird. Zum Schutz der Opfer ist deshalb ein weitreichendes Verbot erforderlich.

Durch den Begriff des sonstigen Zugänglichmachens werden sämtliche Verbreitungsformen mit erfasst, insbesondere der Versandhandel und das Vermieten oder Verleihen.

Zu Nummer 5 (§ 18)

Zu Buchstabe a

Im Hinblick auf Computerspiele nimmt die bisherige Spruchpraxis der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien eine verrohende Wirkung und damit eine Indizierung nur dann an wenn folgende Merkmale erfüllt sind:

Die Regeln zur Indizierung müssen sich aber stärker als bisher und explizit an den ethischen Grundregeln unserer Gesellschaft orientieren. Daher soll zukünftig eine Verrohung bei Spielprogrammen auch dann vorliegen, wenn die Begehung von Verbrechen keine nachteiligen Wirkungen auf den Erfolg des Spiels hat. Die Unterscheidung zu anderen Medien rechtfertigt sich dabei dadurch, dass bei Spielprogramm im Gegensatz zu anderen Medien interaktiv agiert wird. Durch die Bezugnahme auf den strafrechtlich definierten Begriff des Verbrechens könnte eine Orientierung geboten werden, die vor den Gutachtergremien einfacher zu handhaben ist als die heute geltenden Bestimmungen. Gleichzeitig würde eine solche Regelung Ausstrahlungswirkung auf die Entscheidung zur Indizierung anderer Medien sowie auf die von den freiwilligen Selbstkontrollen vorzunehmenden Alterseinstufungen entfalten.

Zu Buchstabe b

Folgeänderung zu Nummer 11 und Artikel 1.

Zu Buchstabe c

Folgeänderung zu Nummer Art. 1.

Zu Buchstabe d

Der bisherige § 18 Abs. 8 Satz 1 JuSchG trägt den - grundsätzlich berechtigten - Belangen der Anbieter nach Rechtssicherheit Rechnung. Aus diesen Gründen war bisher eine Indizierung nicht möglich, sofern durch die freiwilligen Selbstkontrollen ein Kennzeichen vergeben wurde. Bei der Vergabe des Kennzeichens "Keine Jugendfreigabe" ist allerdings das Vertrauen der Anbieter erheblich eingeschränkt; schließlich können sie schon in diesen Fällen ihre Angebote Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich machen. Ebenso gilt es zu berücksichtigen, dass in der Vergangenheit vielfach Angebote mit "Keine Jugendfreigabe" gekennzeichnet wurden die nach der Spruchpraxis der BPjM indiziert worden wären. An dieser Grenze der Jugendgefährdung hat daher der Vertrauensschutz der Anbieter gegenüber einem wirksamen Kinder- und Jugendschutz zurückzutreten. Eine solche Regelung könnte darüber hinaus auch ein wichtiges gesellschaftspolitisches Zeichen setzen, dass solche Produkte prinzipiell nicht erwünscht sind und nur unter Beschränkungen vertrieben werden sollten.

Die zweite Ausnahme des vorgeschlagenen § 18 Abs. 1 Satz 1 hingegen beseitigt einen Wertungswiderspruch zu den Regelungen des § 18 Abs. 6 sowie des § 20 Abs. 3 Satz 1 JMStV und lehnt sich an diese an. Schließlich hat auch in diesen Fällen das Vertrauen der Anbieter gegenüber einem wirksamen Jugendschutz zurückzustehen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum hier eine andere Regelung gelten sollte.

Zu Buchstabe e

Auch hier gilt das in Bezug zu § 18 Abs. 6 und § 20 Abs. 3 Satz 1 JMStV Gesagte entsprechend.

Zu Nummer 6 (§ 19)

In kritischen, zweifelhaften Fällen wird durch die Notwendigkeit einer 2/3-Mehrheit für eine Aufnahme in die Liste im Zweifelsfall gegen den Jugendschutz entschieden. Es ist daher sinnvoller die Entscheidungen mit einfacher Mehrheit zu treffen, da so in Grenzfällen eine Listenaufnahme erfolgt und Kinder und Jugendliche in jedem Fall vor gefährdenden Inhalten geschützt werden. Die pauschale Behauptung, die Spruchpraxis der BPJM habe sich bewährt, wird dabei so nicht geteilt. So wurden vielfach Anträge abgelehnt, die nach Einschätzung der Obersten Landesjugendbehörden bzw. der ihr nachgeordneten Behörden indizierungsrelevant waren. Ebenso gilt es zu berücksichtigen, dass die Einrichtungen der freien Selbstkontrollen ebenso mit einfacher Mehrheit entscheiden.

Die Änderung in Absatz 6 Satz 2 entspricht der Systematik der für Absatz 6 Satz 1 vorgeschlagenen Lösung.

Zu Nummer 7 (§ 24)

Der Zusatz "nutzerautonome" bezieht sich nur auf den Endnutzer. Der Nutzer kann diese Information für seinen persönlichen Filter aufnehmen. Service-Provider oder Suchmaschinen sind keine Endnutzer. Sie könnten die Information nicht aufnehmen. Auch Schulen oder ähnliche Einrichtungen fallen nicht unter den Begriff "Endnutzer" und dürften diese Informationen deshalb nicht verwenden. Dies sollte aber möglich sein.

Zu Nummer 8 (§ 27)

Folgeänderungen zu Nummer 11.

Zu Nummer 9 (§ 28)

Zu Buchstaben a und b

Folgeänderung zu Nummer 1

Zu Buchstabe c

Die Höchstbetragsgrenze für Bußgelder darf nicht zu niedrig bemessen sein. Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz dürfen sich insbesondere für Gewerbetreibende wirtschaftlich nicht lohnen. Angesichts der Wirtschaftskraft ist der Rahmen von 50.000 Euro zu niedrig bemessen und daher zu erhöhen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag die Höchstbetragsgrenze für Bußgelder bei 500 000 Euro liegt, im Jugendschutzgesetz lediglich bei einem Zehntel.

Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten. Bei der Verschärfung der Voraussetzungen für eine Freiwillige Selbstkontrolle bei Medien und dem Erfordernis einer Zertifizierung durch die Obersten Landesjugendbehörden könnte mit der geplanten Übergangsfrist sichergestellt werden dass die Veränderungen im System möglichst zügig umgesetzt werden, ohne dass Rechtsunsicherheit bzw. "Lücken" im gesetzlichen Vollzug bestehen.