Verordnung der Bundesregierung
Dreiundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften
(Dreiundzwanzigste Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung - 23. BtMÄndV)

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Verordnung der Bundesregierung Dreiundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften (Dreiundzwanzigste Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung - 23. BtMÄndV)

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 23. Januar 2009
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene


mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Federführend ist das Bundesministerium für Gesundheit.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Dreiundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften (Dreiundzwanzigste Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung - 23. BtMÄndV)

Vom ...

Auf Grund des § 13 Absatz 3 des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), der zuletzt durch Artikel 1 Nummer 2 des Gesetzes vom 28. März 2000 (BGBl. I S. 302) geändert worden ist, verordnet die Bundesregierung:

Artikel 1
Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung

Die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung vom 20. Januar 1998 (BGBl. I S. 74, 80), zuletzt geändert durch Artikel 34 des Gesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378), wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Inkrafttreten


Der Bundesrat hat zugestimmt.
Berlin, den 2009
Die Bundeskanzlerin
Dr. Angela Merkel
Die Bundesministerin für Gesundheit
Ulla Schmidt

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Ziel und Gegenstand der Verordnung

Mit dieser Änderungsverordnung werden die Vorschriften der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) über die Substitutionsbehandlung von Betäubungsmittelabhängigen erweitert. Vor allem soll § 5 BtMVV in zwei wichtigen Aspekten ergänzt werden:

Zudem werden die Höchstverschreibungsmenge für Fentanyl und die Liste der Substitutionsmittel an den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse angepasst; die Höchstverschreibungsmengen für die Stoffe Modafinil und Phenmetrazin werden gestrichen, da diese Wirkstoffe nicht mehr Anlage III zum BtMG unterstellt sind. Die BtMVV wird auch an die Anlagen der Dritten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Krankenfürsorge auf Kauffahrteischiffen vom 5. September 2007 angeglichen.

II. Finanzielle Auswirkungen

Die Haushalte der Länder werden hinsichtlich der Betäubungsmittel-Überwachung durch diese Vorschriften voraussichtlich nicht zusätzlich belastet werden.

Hinsichtlich des Vollzugsaufwandes des Bundes wird auf Abschnitt IV. Bürokratiekosten verwiesen.

III. Kosten und Preiswirkungen

Für Bund, Länder und Gemeinden sowie die Wirtschaft sind mit der Verordnung keine nennenswerten Kosten verbunden. Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

IV. Bürokratiekosten

Es wird für die Wirtschaft eine neue Informationspflicht geschaffen, nämlich der Schriftwechsel über die Zusammenarbeit zwischen dem vertretenden und dem vertretenen Arzt ist der Dokumentation nach § 5 Absatz 10 BtMVV beizufügen. Bei etwa 2.700 substituierenden Ärzten, die von der neuen Vertreterregelung Gebrauch machen könnten, wäre mit Bürokratiekosten von insgesamt ca. 140.000 Euro pro Jahr zu rechnen.

Infolge der Neufassung statt Änderung des § 5 Absatz 8 BtMVV durch diese Änderung der BtMVV hat sich eine Informationspflicht, die in der geltenden Fassung der BtMVV in Satz 7 aufgeführt ist, innerhalb dieses Absatzes verschoben. Sie ist nunmehr unverändert in Satz 9 (Anzeigepflicht für Ärztin oder Arzt) aufgeführt.

Es werden keine neuen Informationspflichten für das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und die Überwachungsbehörden der Länder eingeführt.

Erhebliche Mehrkosten sind somit nicht zu erwarten.

V. Gleichstellungspolitische Bedeutung

Die Verordnung hat keine gleichstellungspolitischen Auswirkungen.

VI. Befristung

Eine Befristung der Verordnung ist nicht vorgesehen und erscheint auch nicht angezeigt.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung)

Zu Nr. 1 (§ 2)

Zu Buchstabe a

Im Rahmen der Entwicklung neuerer Fentanyl-Pflaster sind seit etwa zwei Jahren Generika zugelassen und auf dem Markt, die einen höheren Gehalt bei gleicher Freisetzungsrate an Fentanyl aufweisen. Damit ist trotz unterschiedlichem Gehalt die für Arzt und Patienten relevante therapeutisch wirksame Freisetzungsrate gleich groß. Dieser höhere Gehalt liegt bei der Verordnung der üblichen Packungsgröße oberhalb der bisherigen Verschreibungshöchstmenge, die der verschreibende Arzt innerhalb von 30 Tagen ohne zusätzliche Kennzeichnung verschreiben darf, so dass nunmehr regelmäßig die "A"-Kennzeichnung (gemäß § 2 Absatz 2 BtMVV) dieser Verschreibungen erforderlich ist. Mit der Erhöhung der Verschreibungshöchstmenge auf 500 mg wird der neueren Arzneimittelentwicklung angemessen Rechnung getragen.

Seitens des Gesetzgebers wird eine Grenze gezogen, die einerseits die Entwicklung qualitativ hochwertiger Pflastersysteme begünstigt, andererseits den potentiellen Missbrauch dieser Systeme begrenzen soll. Eine alternativ denkbare Anpassung der Packungsgröße über die

Packungsgrößen-Verordnung ist nicht angezeigt, als hierdurch die therapiegerechten Packungseinheiten verkleinert und damit bei unverändertem Verbrauch dieser Therapiesysteme für die Patientinnen und Patienten eine erhöhte Zuzahlung resultieren würde.

Zu Buchstabe b

Im Rahmen der 21. Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung wurde der Stoff Modafinil aus der Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) entfernt, er gilt somit nicht mehr als Betäubungsmittel (BtM). Die Festlegung einer BtM-Höchstverschreibungsmenge ist somit überflüssig die entsprechende Position wird daher gestrichen. Als Arzneimittel unterliegt Modafinil nunmehr den Vorschriften der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV).

Mit dieser Vorschrift wird auch die Höchstverschreibungsmenge für den Stoff Phenmetrazin gestrichen. Dieser Stoff wurde aus Anlage III in Anlage II umgestuft. Da Phenmetrazin nach der Umstufung als ein nicht verschreibungs-, aber verkehrsfähiges BtM gilt, ist die Festlegung einer BtM-Höchstmenge ebenfalls überflüssig.

Zu Nr. 2 (§ 3)

Es handelt sich ebenfalls um eine Folgeänderung zur 21. Betäubungsmittelrechts Änderungsverordnung hinsichtlich der Stoffe Modafinil und Phenmetrazin.

Zu Nr. 3 (§ 4)

Es handelt sich ebenfalls um eine Folgeänderung zur 21. Betäubungsmittelrechts Änderungsverordnung hinsichtlich der Stoffe Modafinil und Phenmetrazin.

Zu Nr. 4 (§ 5)

Zu Buchstabe a

Zu Doppelbuchstabe aa

Es wird ein fehlerhafter Bezug korrigiert.

Zu Doppelbuchstabe bb

Die Vertretung eines nichtsuchtmedizinisch qualifizierten Arztes durch einen ebenfalls nichtsuchtmedizinisch qualifizierten Arzt (s. neuer Satz 2) erfordert insbesondere eine Abstimmung des Vertreters mit dem Konsiliarius. Zu Beginn der Vertretungszeit sollen sich diese beiden Ärzte hinsichtlich der Behandlung der bis zu 3 Substitutionspatienten abstimmen.

Der neue Satz 3 stellt klar, dass die Vertretung eines substituierenden, suchtmedizinisch qualifizierten Arztes grundsätzlich eine suchtmedizinische Qualifikation auch des Vertreters (§ 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 BtMVV) erfordert.

In bestimmten Regionen der Bundesrepublik Deutschland kann es für den substituierenden Arzt jedoch sehr schwierig sein, in Urlaubszeiten oder in Krankheitsfällen einen geeigneten, suchtmedizinisch qualifizierten Vertreter zu finden. In diesen Fällen, in denen eine Vertretung durch einen Arzt mit suchtmedizinischer Qualifikation nicht möglich ist, soll für einen begrenzten Zeitraum - als Ausnahme vom Regelfall - auch eine Vertretung durch einen Arzt zulässig sein der diese besondere Qualifikation nicht besitzt (Satz 4).

Die Begrenzung auf 4 Wochen pro Vertretung und insgesamt 12 Wochen im Jahr, ist zweckmäßig und angemessen; sie folgt einem entsprechenden Beschluss der Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) vom April 2008.

Grundsätzlich unterliegen Ärzte keinen Beschränkungen hinsichtlich der Länge der gegenseitigen Vertretung. Jedoch sollte im Falle der Vertretung durch einen nichtsuchttherapeutisch qualifizierten Arzt die Vertretung nur für einen Zeitraum zulässig sein, der eine Urlaubs- oder Krankheitsvertretung ermöglicht, ohne jedoch das grundsätzliche Erfordernis einer suchttherapeutischen Qualifikation zur Durchführung einer Substitutionsbehandlung zu untergraben. In der Regel dürfte der beschriebene Vertretungszeitraum ausreichend sein.

Diese Ausnahmeregelung soll die Vertretung erleichtern und insgesamt die Bereitschaft zur Durchführung der Substitutionstherapie Opiatabhängiger in der Ärzteschaft erhöhen.

Der nichtsuchtmedizinisch qualifizierte Vertreter stimmt die Behandlung der absehbar behandlungsbedürftigen Substitutionspatientinnen und -patienten vor Vertretungsbeginn mit dem suchtmedizinisch qualifizierten, substituierenden Arzt ab (Satz 5). Die Substitutionsbehandlung eines opiatabhängigen Patienten ist eine für einen längeren Zeitraum angelegte Behandlung, deren Kontinuität auch während einer Vertretung gewährleistet sein soll. Der nichtsuchtmedizinisch qualifizierte Vertreter sollte von dem beim Substitutionspatienten etablierten Behandlungskonzept nur bei unvorhergesehenen Entwicklungen abweichen. Ist eine solche nicht vorab abgesprochene Änderung des Therapiekonzeptes erforderlich, muss der Vertreter - außer in einem Notfall - mit dem vertretenen, suchtmedizinisch qualifizierten Arzt Kontakt aufnehmen und sich erneut abstimmen (Satz 6). Gelingt dies nicht oder nicht innerhalb einer der Dringlichkeit des Behandlungsfalles angemessenen Frist, ist ein anderer suchtmedizinisch qualifizierter Arzt als Konsiliarius einzubeziehen (Satz 7).

Die ärztliche Berufsausübungsfreiheit bleibt hiervon unberührt.

Zu Doppelbuchstabe cc

Der Schriftwechsel zwischen dem vertretenden und dem vertretenen Arzt sollte ebenso wie der Schriftwechsel zwischen dem behandelnden Arzt und dem Konsiliarius der Dokumentation beigefügt werden. Eine vorübergehende Ummeldung für die Vertretungszeit gemäß § 5a BtMVV an das Substitutionsregister des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte ist nicht erforderlich.

Zu Buchstabe b

Die Zulassung für Levacetylmethadol wurde 2002 wegen schwerwiegender Nebenwirkungen widerrufen. Deshalb ist es aus der Liste der Substitutionsmittel zu streichen.

Zu Buchstabe c

In § 5 Absatz 8, in dem die Verschreibungsmöglichkeiten für Substitutionspatientinnen und -patienten aufgeführt sind, wird ergänzend zu den bisherigen Regelungen die Möglichkeit geschaffen Substitutionspatienten in Situationen, in denen die notwendige Fortführung der Überlassung des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch oder dessen Verabreichung anderweitig nicht gewährleistet werden kann, für bis zu zwei Tagen ein Substitutionsmittel zu verschreiben. Hierdurch soll z.B. an Wochenenden und an Feiertagen, an denen substituierende Praxen nicht geöffnet haben und andere Vergabeeinrichtungen nicht oder nur in unzumutbarer Entfernung zur Verfügung stehen, oder bei unaufschiebbaren Terminen an Werktagen eine kontinuierliche Fortführung der Therapie gewährleistet werden. Die Formulierung "sobald der Verlauf der Behandlung dies zulässt, Risiken der Selbst- oder Fremdgefährdung soweit wie möglich ausgeschlossen sind sowie die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt werden" betont die besondere ärztliche Verantwortung und notwendige Sorgfalt bei Anwendung dieser neu geschaffenen Möglichkeit. So kann diese Regelung z.B. keine Anwendung finden, wenn bei dem Substitutionspatienten ein Beikonsum oder ein Missbrauch von Substitutionsmitteln vorliegt, der das Risiko in sich trägt, dass die Aushändigung eines solchen 2-Tages-Rezeptes und die Einnahme des Substitutes zu einer relevanten Selbst- und Fremdgefährdung führen könnte.

Diese Verschreibung ist zusätzlich zu dem Buchstaben "S" in gut lesbarer Schrift mit dem Buchstaben "Z" zu kennzeichnen, um die besondere Form der Verschreibung gegenüber anderen Substitutionsverschreibungen kenntlich zu machen.

Zu Buchstabe d

Folgeänderung auf Grund des neu gefassten Absatzes 8.

Zu Nr. 5 (§ 7)

Mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Krankenfürsorge auf Kauffahrteischiffen vom 5. September 2007 (BGBl. I S. 2221) wurde Hydromorphon aus dem Verzeichnis der Arzneimittel der Krankenfürsorge auf Schiffen gestrichen. Deshalb ist § 7 Absatz 2 Satz 1 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung an die aktuelle Fassung der Anlagen der Verordnung über die Krankenfürsorge auf Kauffahrteischiffen anzupassen.

Zu Nr. 6 (§ 9)

Folgeänderung auf Grund des neu gefassten § 5 Absatz 8.

Zu Nr. 7 (§ 17)

Folgeänderung hinsichtlich der neu geschaffenen Möglichkeit in § 5 Absatz 3, im Ausnahmefall einen suchtmedizinisch qualifizierten Arzt durch einen Arzt ohne suchtmedizinische Qualifikation zu vertreten.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Dieser Artikel regelt den Zeitpunkt für das Inkrafttreten der Verordnung.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 672:
Entwurf der Dreiundzwanzigsten Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften (23. BtMÄndV)

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf der o.g. Verordnung auf Bürokratiekosten geprüft die durch Informationspflichten begründet werden.

Die Verordnung enthält eine neue Informationspflicht für Ärzte. Künftig ist der Schriftwechsel zwischen vertretendem und vertretenem Arzt der Dokumentation über die Substitutionsverschreibung nach § 5 Abs. 10 BetäubungsmittelverschreibungsVO beizufügen. Der substituierende Arzt muss seinen Vertreter in die konkrete Situation jedes einzelnen Patienten und - bei einer Vertretung durch einen Arzt ohne suchttherapeutische Qualifikation - auch in die Besonderheiten einer suchtherapeutischen Behandlung einweisen.

Um eine umfassende Einweisung sicherzustellen, hält das Bundesministerium die Dokumentation des Schriftwechsels für erforderlich. Das Bundesministerium geht bei etwa 2.700 substituierenden Ärzten von Bürokratiekosten in Höhe von 140.000 € jährlich aus.

Informationspflichten für Bürger und Verwaltung werden mit der Verordnung nicht eingeführt, geändert oder abgeschafft.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Catenhusen
Vorsitzender Berichterstatter