Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) Nr. 2018/957 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen

988. Sitzung des Bundesrates am 27. März 2020

A

Der federführende Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen.

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 ( § 2b Absatz 2 AEntG)

In Artikel 1 Nummer 2 ist in § 2b Absatz 2 das Wort "unwiderleglich" zu streichen.

Begründung:

Gemäß § 2b Absatz 1 Satz 2 AEntG-E ist eine Anrechnung einer Entsendezulage auf die Entlohnung nicht möglich, sofern mit der Zulage Kosten gezahlt werden, die infolge der Entsendung tatsächlich entstanden sind. Legen die Arbeitsbedingungen nicht fest, welche Bestandteile einer Entsendezulage zum Zwecke der Erstattung von Entsendekosten gezahlt werden, "wird unwiderleglich vermutet, dass die gesamte Entsendezulage als Erstattung von Entsendekosten gezahlt wird" (§ 2b Absatz 2 AEntG-E).

Es handelt sich in § 2b Absatz 2 AEntG-E um eine unwiderlegbare Vermutung, die den Beweis des Gegenteils ausschließt.

Die Regelung ist dahingehend zu formulieren, dass dem Arbeitgeber die Möglichkeit des Gegenbeweises erhalten bleibt.

Die Formulierung in der Entsenderichtlinie lautet lediglich "... ist davon auszugehen, dass ... " (Artikel 3 Absatz 7). Es ist nicht ersichtlich, dass die Umsetzung der Entsenderichtlinie eine unwiderlegbare Vermutung erfordert.

Bei einer widerlegbaren Vermutung sind an den Beweis des Gegenteils strenge Anforderungen zu stellen. Es genügt nicht, dass die Vermutung lediglich erschüttert wird, vielmehr muss diese widerlegt sein. Auf Grund dieser hohen Hürde ist ein ausreichender Schutz von Entsendezulagen vor einer missbräuchlichen Anrechnung gewährleistet.

Es erscheint fraglich, ob von Erfahrungssätzen ausgegangen werden kann, die den Rückschluss erlauben, dass bei fehlenden Regelungen Entsendezulagen der Erstattung von Entsendekosten dienen. Die strikte Folge bei einer unwiderlegbaren Vermutung, dass es keine Rolle spielt, ob im Einzelfall die Entsendezulage trotz fehlender Regelung nicht der Erstattung von Entsendekosten dient, erscheint insofern überzogen.

Darüber hinaus bestehen rechtliche Bedenken im Hinblick auf den aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Justizgewährungsanspruch sowie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Zulässigkeit von unwiderlegbaren Vermutungen muss nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Lichte der Bedeutung des geschützten Grundrechts und der Folgen des Ausschlusses von Gegenbeweisen beurteilt werden. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte sind Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der unwiderlegbaren Vermutung in § 2b Absatz 2 AEntG-E begründet.

2. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa - neu - ( § 3 Satz 1 AEntG) Buchstabe c ( § 3 Satz 3 AEntG)*

Artikel 1 Nummer 3 ist wie folgt zu fassen:

"3. § 3 wird wie folgt geändert:

Folgeänderungen:

In den §§ 7 und 7a AEntG ist vor dem Wort "Tarifvertrag" jeweils das Wort "bundesweiten" einzufügen.

Begründung:

Durch Streichung des Wortes "bundesweiten" in § 3 Satz 1 AEntG können regional für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge auch auf entsandte Beschäftigte Anwendung finden. Die Vorgaben der geänderten Entsenderichtlinie lassen Gestaltungsspielraum für die Erstreckung von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen, die innerhalb der Mitgliedstaaten nicht flächendeckend gelten. Dies ergibt sich aus der Bezugnahme des Artikels 3 Absatz 8 Unterabsatz 2 auf allgemein wirksame Tarifverträge im "... jeweiligen geographischen Bereich ..." in Abgrenzung zu den in Artikel 3 Absatz 8 Unterabsatz 2 benannten Tarifverträgen, die "... innerhalb des gesamten nationalen Hoheitsgebiets zur Anwendung kommen, ...". Die Erstreckung regional geltender allgemeinverbindlicher Tarifverträge auf entsandte Beschäftigte befördert die Geltung gleicher Entgeltsätze am jeweiligen Beschäftigungsort.

3. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a (§ 3 Satz 1 Nummer 1, 2, 3 - neu - AEntG)

In Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a ist § 3 Satz 1 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Durch Einfügen von Nummer 3 wird § 3 Satz 1 AEntG-E auf Tarifverträge ausgedehnt, die bei öffentlichen Aufträgen und Konzessionen nach Landesrecht oder aufgrund Landesrechts für die betreffende Leistung allgemein Anwendung finden. Die Regelung ermöglicht es, landesrechtliche Tariftreueanforderungen auf entsandte Beschäftigte zu erstrecken.

Artikel 3 Absatz 8 Unterabsatz 2 der Entsenderichtlinie in seiner jetzigen Fassung lässt die parallele Anwendung von allgemeinverbindlichen und allgemein wirksamen Tarifverträgen zu. Die darin liegende Gestaltungsmöglichkeit sollte genutzt werden, um die Anwendung geltender Tarifverträge auf Landesebene zu unterstützen. Der Regelungsvorschlag integriert in das Arbeitnehmerentsendegesetz einen rechtlichen Rahmen für die Anwendung landesrechtlicher Tariftreueregelungen auf Arbeitgeber aus der EU sowie aus Drittstaaten.

4. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe b (§ 3 Absatz 2 - neu - AEntG) Nummer 9 Buchstabe a (§ 8 Absatz 1 Satz 1 AEntG)*

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a

Der Gesetzentwurf bezieht sich im Rahmen des § 3 AEntG-E nur auf bundesweite Tarifverträge. Demgegenüber lässt die Richtlinie (EU) Nr. 2018/957 gemäß Artikel 3 Absatz 1 und 8 ausdrücklich auch die Anwendung regionaler Tarifverträge zu, da sie den Begriff "geographischer Bereich" verwendet, um Gestaltungsspielräume für eine zusätzlich erweiterte Anwendung von allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen zu ermöglichen. Dieser Spielraum ist im derzeitigen Gesetzentwurf für die Länder nicht gegeben.

Gemäß Artikel 3 Absatz 8 der Richtlinie (EU) Nr. 2018/957 gehören zu den für allgemein verbindlich erklärten Tarifverträgen solche, die von allen in den jeweiligen geographischen Bereich fallenden und die betreffende Tätigkeit oder das betreffende Gewerbe ausübenden Unternehmen einzuhalten ist. Auf diese Formulierung nimmt der nach der Empfehlung neu einzufügende § 3 Absatz 2 AEntG Bezug. Gleichzeitig wird berücksichtigt, dass regionale Tarifverträge, die allgemeinverbindlich erklärt sind, auf Arbeitsverhältnisse von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland und seinen im räumlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrags beschäftigten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen anzuwenden sind, wenn auf diesem Wege eine Gleichbehandlung mit inländischen Arbeitgebern vorliegt. Dies ist der Fall, wenn inländische Arbeitgeber in einer vergleichbaren Lage gemäß § 3 Absatz 2 Satz 3 AEntG-E sind.

Die Formulierung des § 3 Absatz 2 AEntG nimmt Rücksicht darauf, dass Geltungsbereiche in regionalen (allgemeinverbindlichen) Tarifverträgen unterschiedlich sein können und daher zum Beispiel auf die Lage des Betriebs (Sitz) oder den Ort der Arbeitsleistung abstellen können.

Zu Buchstabe b

Folgeänderung, die sich aus dem Umstand ergibt, dass in § 3 AEntG mit obigem Vorschlag ein Absatz 2 eingefügt wird.

5. Zu Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a (§ 5 Satz 1 Nummer 1 AEntG)*

Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a ist wie folgt zu fassen:

"a) In Nummer 1 wird das Wort "Mindestentgeltsätze" durch das Wort "Entlohnung" ersetzt."

Begründung:

Der Bundesrat begrüßt das Vorhaben der Bundesregierung, mit der Umsetzung der im Juni 2018 in Kraft getretenen europäischen Regelungen zur Änderung der Entsenderichtlinie den Schutz der im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit grenzüberschreitend entsendeten Beschäftigten auf nationaler Ebene zu verwirklichen.

Mit der beabsichtigten Beibehaltung von Mindestentgeltsätzen als Regelungsgegenstand erstreckungsfähiger Tarifverträge in Abschnitt 3 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes bleibt die Bundesregierung hinter den verbindlichen Vorgaben der Richtlinie 2018/957 zurück.

Die Mitgliedstaaten haben gemäß Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2018/957 dafür zu sorgen, dass die Unternehmen, welche Arbeitnehmer in deren Hoheitsgebiet entsenden, die im Weiteren aufgezählten Arbeitsbedingungen garantieren, sofern sie durch (nationale) Rechts- oder Verwaltungsvorschriften und/oder durch allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge festgelegt sind. Im Katalog der zu garantierenden Arbeitsbedingungen wird in Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2018/957 der Begriff des Mindestlohnes durch den Begriff der Entlohnung ersetzt.

Die Erstreckung allgemeinverbindlicher tariflicher Entlohnung auf entsendete Beschäftigte fördert die Geltung des Equal-Pay-Grundsatzes, nämlich gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Arbeitsort.

6. Zu Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a (§ 5 Satz 1 Nummer 1 AEntG)*

Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a ist zu streichen.

Begründung:

§ 5 AEntG betrifft die Arbeitsbedingungen, die Gegenstand eines Tarifvertrages nach § 3 AEntG sein können. Damit bezieht sich § 5 AEntG auch auf solche Tarifverträge, die gemäß § 3 Nummer 1 AEntG für allgemeinverbindlich erklärt werden. Die Richtlinie (EU) Nr. 2018/957 verlangt gemäß Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe c, dass die Entlohnung garantiert wird, die durch einen allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag festgelegt ist. Entlohnung bestimmt sich gemäß Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 3 der Richtlinie (EU) Nr. 2018/957 nach den nationalen Rechtsvorschriften und umfasst alle die Entlohnung ausmachenden Bestandteile, die durch allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge zwingend verbindlich sind. Eine Einschränkung auf nur Teile dieser (hier drei Stufen) lässt die Richtlinie nicht zu.

7. Zu Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a (§ 5 Satz 1 Nummer 1 AEntG)

In Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe a sind in § 5 Satz 1 Nummer 1 die Wörter "insgesamt bis zu drei Stufen" durch die Wörter "die unterste Stufe" zu ersetzen.

Begründung:

Der Begriff der Mindestentgelte in § 5 Satz 1 Nummer 1 AEntG-E wird dahingehend präzisiert, dass eine Differenzierung nach Qualifikation und Art der Tätigkeit bis zu drei Entgeltstufen umfassen kann.

Eine Differenzierung des Mindestentgelts nach Qualifikation und Art der Tätigkeit auf der untersten Entgeltstufe ist jedoch ausreichend.

Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass durch eine Konkretisierung der Differenzierungsmöglichkeiten mehr Rechtssicherheit gewährleistet werden soll. Ein Erfordernis für eine Differenzierungsmöglichkeit bis zu drei Stufen wird jedoch nicht gesehen. Diese würde grenzüberschreitende Dienstleistungen erheblich erschweren. Dienstleistungserbringer aus anderen Mitgliedstaaten müssten ihre Arbeitnehmer für die Zeit der Arbeitsleistung in Deutschland in die Entgeltstruktur des zwingenden Tarifvertrags einordnen, was mit einem erheblichen Aufwand und Rechtsunsicherheit verbunden wäre. Dies erscheint wenig praktikabel. Zwingende europarechtliche Vorgaben, die eine Präzisierung der Mindestentgelte im Sinne einer Festlegung auf mehrere Lohnstufen verlangen, bestehen nicht.

8. Zu Artikel 1 Nummer 11 (§ 13b Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 AEntG)

In Artikel 1 Nummer 11 sind in § 13b Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 die Wörter "die Gründe" durch die Wörter "eine Begründung" zu ersetzen.

Begründung:

Mit den im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Änderungen sollen die Vorgaben des dritten Unterabsatzes des neuen Artikels 3 Absatz 1a der Entsenderichtlinie umgesetzt werden. Dort heißt es allerdings, dass eine mit einer Begründung versehene Mitteilung vorgelegt werden muss. Um die Richtlinie 1 zu 1 umzusetzen, sollte daher auch die gleiche Begrifflichkeit verwendet werden. Rein formell ist "eine Begründung" eben nicht identisch mit "die Gründe".

9. Zu Artikel 1 Nummer 11 (§ 13c AEntG)

Der Bundesrat bittet um Prüfung,

Begründung:

§ 13c AEntG-E enthält Angaben zur Berechnung der für § 13b AEntG-E maßgeblichen Dauer der Beschäftigung des Arbeitnehmers in Deutschland. Die Vorschrift unterscheidet nach den möglichen Fallkonstellationen (Inlandsbeschäftigung zur Erbringung von Dienst- und Werkleistungen im Rahmen einer Tätigkeit innerhalb einer Unternehmensgruppe und im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung).

Die Entsenderichtlinie knüpft die Beschäftigungsdauer an die "Entsendedauer", ohne weitere Unterscheidungskriterien anzuführen. Es erscheint sachgerecht, grundsätzlich bei den verschiedenen Entsendekonstellationen zu differenzieren, wie dies in § 13c AEntG-E geschehen ist. Dadurch werden die unterschiedlichen Gegebenheiten und Umstände bei den verschiedenen Entsendungen berücksichtigt, um missbräuchlichen Umgehungen entgegenzuwirken.

Allerdings sollte geprüft werden, ob die einzelnen Regelungen dazu geeignet sind, Entsendungen praxisgerecht gestalten zu können (zum Beispiel bei langfristigen Liefer- und Wartungsverträgen mit jeweils kurzen Arbeitseinsätzen). Aus der Begründung des Gesetzentwurfs wird nicht ersichtlich, welche Interessenlagen und Gesichtspunkte bei der Festlegung der unterschiedlichen Berechnung der Entsendedauer berücksichtigt worden sind.

10. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AEntG)

In Artikel 1 Nummer 17 sind in § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Wörter "innerhalb eines Jahres" zu streichen.

Begründung:

Die vorgeschlagene Ausnahmeregelung für Erstmontagearbeiten fällt hinter die Vorgaben der Entsenderichtlinie (EU) Nr. 2018/957 zurück. Dort gilt die Ausnahme "bis acht Tage" ohne jede Einschränkung für die "Dauer der Entsendung für eine Erstinstallation" und untersagt keine weiteren Erstinstallationseinsätze im Ausland. Die Norm orientiert sich am geltenden § 6 AEntG, der ebenfalls keine solche Beschränkung enthält. Die Beschränkung auf einen einmaligen Erstinstallationseinsatz binnen eines Jahres findet in der Richtlinie keine Begründung. Um der im Koalitionsvertrag eingegangenen Selbstverpflichtung der Bundesregierung auf eine 1:1-Umsetzung europäischen Rechts nachzukommen, muss die Beschränkung der Erleichterung auf ein Jahr daher zwingend gestrichen werden.

Im Übrigen fallen laut Praxisleitfaden der Kommission für die Umsetzung der Richtlinie Auslandseinsätze ohne Dienstleistungserbringung für Dritte nicht in den Anwendungsbereich der Entsenderichtlinie. Auch deshalb ist eine zeitliche Begrenzung dieser wichtigen Ausnahmeregelung abzulehnen.

11. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 24 Absatz 2 Satz 1 und 2 AEntG)

In Artikel 1 Nummer 17 ist § 24 Absatz 2 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Nach dem bisher vorgesehenen § 24 Absatz 2 AEntG-E greifen die Ausnahmetatbestände nur bei vorübergehender Beschäftigung im Inland. Die Bindung der Ausnahmetatbestände an diese starren Zeitvorgaben ist nicht sachgerecht und daher zu streichen. Als Folgeänderung ist auch die entsprechende Definition zu streichen.

§ 24 Absatz 2 AEntG-E erfasst Fälle, in denen aus dem Ausland entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht im Rahmen einer Werk- oder Dienstleistung gegenüber Dritten, sondern nur für und im Interesse ihres Arbeitgebers tätig werden.

Mit der Entsenderichtlinie werden hingegen Vorgaben zu den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen getroffen, die Arbeitgeber mit Sitz im Ausland bei der Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zur Erbringung von Dienstleistungen einhalten müssen (vergleiche Artikel 1 Absatz 1 der Entsenderichtlinie). Auch laut offiziellem Praxisleitfaden der Kommission fallen Einsätze ohne Dienstleistungserbringung für Dritte überhaupt nicht in den Anwendungsbereich der Entsenderichtlinie.

12. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 25 AEntG)

In Artikel 1 Nummer 17 ist § 25 wie folgt zu fassen:

" § 25 Übergangsbestimmungen für Langzeitentsendung

Für die Berechnung der Beschäftigungsdauer nach § 13b Absatz 1 werden Zeiten der Beschäftigung im Inland vor dem [einsetzen: Datum des Inkrafttretens nach Artikel 3] nicht mitgezählt."

Begründung:

Die in § 25 AEntG-E bislang vorgesehene rückwirkende Anwendung der neuen Vorschriften zur Langzeitentsendung (§§ 13b ff. AEntG-E) auf Inlandsbeschäftigungen, die bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes begonnen haben, greift in unverhältnismäßiger Weise in den Grundsatz des Vertrauensschutzes des entsendenden Arbeitgebers ein. Dies ist nicht sachgerecht. Mit dem Änderungsvorschlag soll geregelt werden, dass bereits bestehende Inlandsbeschäftigungen erst ab Inkrafttreten des Gesetzes für die Berechnung der Beschäftigungsdauer berücksichtigt werden, bereits zuvor zurückgelegte Beschäftigungszeiten also unerheblich sind. Die zusätzlichen Arbeitsbedingungen nach § 13b AEntG-E finden daher frühestens zwölf Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes Anwendung.

13. Zum Gesetzentwurf allgemein

Begründung:

Mit Inkrafttreten der Richtlinie (EU) Nr. 2018/957 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. L 173 vom 9. Juli 2018, Seite 16, im Folgenden: Änderungsrichtlinie) am 29. Juli 2018 ist ein langwieriger Prozess abgeschlossen und sind seit vielen Jahren bestehende Forderungen, die geltenden Regelungen der Entsenderichtlinie im Interesse eines besseren Beschäftigtenschutzes zu ändern, auf europäischer Ebene aufgegriffen worden.

Durch die Änderungsrichtlinie ist Artikel 3 Absatz 8 Unterabsatz 2 der Entsenderichtlinie dahingehend novelliert worden, dass die Mitgliedstaaten beschließen können, Arbeitsbedingungen auch aus "allgemein wirksamen" Tarifverträgen oder aus solchen Tarifverträgen für anwendbar zu erklären, "die von den auf nationaler Ebene repräsentativsten Organisationen der Tarifvertragsparteien abgeschlossen werden und innerhalb des gesamten nationalen Hoheitsgebiets zur Anwendung kommen". Dies sind Optionen zusätzlich zu den für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen.

Diese Möglichkeit lässt die novellierte Entsenderichtlinie sowohl in Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 zweiter Spiegelstrich und in Artikel 3 Absatz 1 Unterabsatz 3 (Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a der Änderungsrichtlinie) für die Liste der anzuwendenden Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, insbesondere die Bestimmung des Begriffs "Entlohnung", als auch in Artikel 3 Absatz 1a Unterabsatz 1 zweiter Spiegelstrich (Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b der Änderungsrichtlinie) für die bei Langzeitentsendungen zusätzlich anwendbaren Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen zu.

Leider beschränkt der vorliegende Entwurf die Änderungen im Arbeitnehmer-Entsendegesetz (im folgenden AEntG-E) hinsichtlich der bei Entsendungen anwendbaren tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen sowohl in § 3 Satz 1 Nummer 1 AEntG-E als auch in § 13b Absatz 1 Satz 1 AEntG-E lediglich auf solche, die sich aus allgemeinverbindlichen Tarifverträgen ergeben. Angesichts der im Vergleich zum Gesamtbestand an Tarifverträgen in Deutschland nur sehr geringen Anzahl allgemeinverbindlicher Tarifverträge wird damit der Großteil der hierzulande geltenden tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen von der Anwendung in Entsendefällen ausgeschlossen.

Abzulehnen ist die in § 7 Absatz 1 Satz 2 AEntG-E und § 7a Absatz 1 Satz 2 AEntG-E beabsichtigte Ausnahme von tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen nach § 5 Satz 1 Nummer 1a AEntG-E (über Mindestentgeltsätze hinausgehende Entlohnungsbestandteile) aus dem Regelungsbereich von Rechtsverordnungen nach den §§ 7 und 7a AEntG mit der Folge, dass die Verordnungsermächtigung weiterhin auf Mindestentgeltsätze begrenzt bleibt. Durch diese Beschränkung liefe die wichtige Errungenschaft der Änderungsrichtlinie, auch Entgeltbestandteile oberhalb der Mindestentgeltsätze als einzuhaltende Arbeitsbedingung zu bestimmen, leer, denn der weitaus größte Teil der nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz einzuhaltenden Arbeitsbedingungen bestimmt sich nach Rechtsverordnungen nach den §§ 7 und 7a AEntG. Dies würde auch der in Artikel 3 Absatz 1 der Entsenderichtlinie in der Fassung der Änderungsrichtlinie verankerten Verpflichtung der Mitgliedstaaten nicht gerecht, dafür zu sorgen, dass die "Entlohnung" als Arbeits- und Beschäftigungsbedingung "garantiert" wird.

14. Zum Gesetzentwurf allgemein

B