Beschluss des Bundesrates
Verordnung zur Einführung einer Finanzanlagenvermittlungsverordnung

Der Bundesrat hat in seiner 895. Sitzung am 30. März 2012 beschlossen, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:

1. Zu Artikel 1 (§ 2 Absatz 2 Satz 4 FinVermV)

In Artikel 1 ist in § 2 Absatz 2 der Satz 4 zu streichen.

Begründung:

Ein Ausschluss des Prüfers, soweit er die zu prüfende Person selbst ausgebildet hat, erscheint nicht notwendig. Insbesondere kleinere Industrie- und Handelskammern dürften andernfalls Probleme haben, genügend geeignete Prüfer zu berufen, da diese Personen im Regelfall auch ausbilden. Da alle IHK-Prüfungen von mindestens drei Prüfern abgenommen werden, ist die Ordnungsgemäßheit der Prüfung sichergestellt und eine Übervorteilung eines Prüflings ausgeschlossen. Zudem hat jeder Prüfling die Möglichkeit, einen Prüfer als befangen abzulehnen. Auch in zahlreichen anderen Prüfungsbereichen (Schule, Berufsausbildung, Hochschulabschluss) sind Personen, die mit der Ausbildung des Prüflings befasst waren, auch Mitglied im Prüfungsausschuss.

2. Zu Artikel 1 (§ 3 Absatz 8 Satz 4 FinVermV)

In Artikel 1 ist in § 3 Absatz 8 der Satz 4 zu streichen.

Begründung:

Die Möglichkeit zum Ablegen der Sachkundeprüfung für Finanzanlagenvermittler sollte nicht auf zwei Wiederholungen beschränkt werden. Dies stellt einen Eingriff in das Grundrecht der freien Berufsausübung dar, der sachlich nicht gerechtfertigt scheint. Eine Stärkung des Verbraucherschutzes ist dadurch kaum zu erwarten. Nach erfolgreichem Ablegen der Prüfung kann von der erforderlichen Sachkenntnis ausgegangen werden, auch wenn die Prüfung vorher mehrmals nicht bestanden wurde. In praktischer Hinsicht stellt sich zudem das Problem des Vollzuges dieser Regelung. Erforderlich wäre eine deutschlandweite Registrierung der Prüfungsversuche mit entsprechender Datenerhebung und -speicherung. Zudem stellt sich die Frage, wie im Fall von Spartenprüfungen zu verfahren ist. Bei den Versicherungsvermittlern wurde auf eine derartige Regelung verzichtet.

3. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe c - neu - FinVermV)

Dem Artikel 1 ist in § 4 Absatz 1 Nummer 2 folgender Buchstabe c anzufügen:

"c) als Finanzfachwirt (FH) mit einem abgeschlossenen weiterbildenden

Zertifikatsstudium an einer Hochschule,"

Begründung:

Der öffentlichrechtliche Studienabschluss Finanzfachwirt (FH) ist eine der höchsten Ausbildungsstufen, die es in Deutschland für freie Finanzdienstleister seit dem Jahr 2003 gibt. Es handelt sich dabei um ein zweisemestriges weiterbildendes Studium an der Fachhochschule Schmalkalden. Die Themengebiete werden jeweils über von der Fachhochschule durchgeführte und inhaltlich verantwortete Prüfungen abgeschlossen. Die Themen umfassen als Lerninhalte u.a. Finanzmathematik, Gesellschaftsrecht und steuerliche Aspekte von Kapitalanlagen, Immobilienmanagement und -finanzierung, geschlossene und offene Fonds, Private-Equity-Fonds sowie Compliance und Kundenberatung.

Das Qualifikationsniveau dieses Abschlusses fügt sich inhaltlich bruchlos in die Aufzählung der bisherigen Fassung der Verordnung ein.

Durch die Einfügung soll klargestellt werden, dass dieser Abschluss, unter Berücksichtigung der vorgesehenen einjährigen Berufserfahrung, eine ausreichende Qualifikation für die Tätigkeit als Finanzanlagenvermittler darstellt.

Bereits für den Bereich der Versicherungsvermittler, bei dem bestimmte EU-rechtliche Vorgaben an die Ausbildung zu beachten sind, wurde dieser Abschluss als ausreichend betrachtet, um nach einjähriger einschlägiger Berufserfahrung als Vermittler tätig sein zu können.

Das hier in Rede stehende weiterbildende Studium hat seinen eigentlichen Schwerpunkt auf dem Bereich der Finanzanlagen. Daher muss dieser Abschluss umso mehr genügen, um nach einjähriger einschlägiger Berufspraxis als Finanzanlagenvermittler tätig zu werden.

Gemäß § 34f Absatz 2 Nummer 4 GewO hat die vor der IHK abzulegende Prüfung lediglich den Nachweis über die notwendige Sachkunde über die fachlichen und rechtlichen Grundlagen sowie über die Kundenberatung zu erbringen. Vorgaben über die formale Qualität des Abschlusses (Diplom, Master, Bachelor o. ä.) sind der Ermächtigungsgrundlage nicht zu entnehmen.

Es sind keine Gründe ersichtlich, die Ermächtigungsgrundlage des § 34f Absatz 2 Nummer 4 GewO dahin zu interpretieren, dass zu der fachlichen Qualifikation noch formale Qualifikationen hinzutreten müssen. Mithin genügen auch berufsbegleitende wissenschaftliche Weiterbildungen, um die erforderliche Sachkunde zu vermitteln.

Der Gleichklang zur Versicherungsvermittlerverordnung entspricht auch der Intention des Gesetzes und seiner Geschichte. So führt die BR-Drucksache 209/11 (PDF) zu Artikel 5 Nummer 8 ( § 34f GewO) aus, dass durch die Einführung eines Sachkundenachweises für Finanzanlagenvermittler zudem das für den Berufszugang erforderliche Qualifikationsniveau an das für Versicherungsvermittlern und -beratern angepasst, die ihre Sachkunde seit 2007 als Voraussetzung für die Erlaubniserteilung nachweisen müssen. Das derzeit bestehende Regulierungsgefälle zwischen Versicherungsvermittlern und -beratern sowie Finanzanlagevermittlern wird damit angepasst.

Es ist kein Grund ersichtlich, hier ein neues Gefälle entstehen zu lassen.

4. Zu Artikel 1 (§ 14 Absatz 4 FinVermV)

In Artikel 1 sind in § 14 Absatz 4 nach dem Wort "Bundesanstalt" die Wörter "für Finanzdienstleistungsaufsicht" einzufügen, nach dem Wort "dass" das Wort "die" zu streichen und nach dem Wort "Finanzanlagen" die Wörter "im Sinne des § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 der Gewerbeordnung" einzufügen.

Begründung:

Die in der Verordnung enthaltene Fassung des § 14 Absatz 4 bezieht sich auf sämtliche Finanzanlagen im Sinne des § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 GewO in der Fassung des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts vom 6. Dezember 2011 (BGBl. 12481). Dies erscheint zu weitgehend. Inhaltlich passt die vorgesehene Regelung nicht für sämtliche Finanzanlagen, die ein Gewerbetreibender nach Maßgabe der Finanzanlagenvermittlungsverordnung vertreiben kann. Bei Anteilen an geschlossenen Fonds oder anderen Produkten, die dem Vermögensanlagengesetz (Artikel 1 des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts) unterfallen, hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zwar tatsächlich den Verkaufsprospekt auf Vollständigkeit, Kohärenz und Verständlichkeit seines Inhalts zu prüfen. Die Aufsichtsbehörde lässt aber das Produkt nicht zu. Daher erscheint es sachgerecht, derartige Finanzanlagen - es handelt sich um solche im Sinne des § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 GewO - in § 14 Absatz 4 zu erfassen. Dagegen müssen Publikumsfonds nach dem Investmentgesetz bei ihrer Auflage von der Bundesanstalt genehmigt werden. Es wäre insoweit widersprüchlich, wenn der Name der Bundesanstalt in Zusammenhang mit der Genehmigung, die tatsächlich erfolgt, nicht erwähnt werden dürfte. Daher sollten Finanzanlagen im Sinne des § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 GewO nicht in den Regelungsbereich des § 14 Absatz 4 fallen. Dem trägt der Änderungsvorschlag Rechnung.

5. Zu Artikel 1 (§ 16 Absatz 5 - neu - FinVermV)

In Artikel 1 ist dem § 16 folgender Absatz 5 anzufügen:

(5) Die Pflichten nach Absatz 2 gelten nicht, soweit der Gewerbetreibende

Begründung:

§ 16 der FinVermV ist § 31 Absatz 4 bis 6 WpHG nachgebildet. Analog zu § 31 Absatz 5 WpHG sieht er vor, dass der Vermittler im Falle der Anlagevermittlung zu prüfen hat, ob eine bestimmte Finanzanlage für den Anleger angemessen ist (Angemessenheitstest). Hierzu muss er von diesem Informationen über dessen Kenntnisse und Erfahrungen einholen und ihn gegebenenfalls auf die Unangemessenheit hinweisen.

Jedoch fehlt eine analoge Übertragung des § 31 Absatz 7 WpHG, der in bestimmten Fällen einen Verzicht auf den Angemessenheitstest ermöglicht, wenn der Dienstleister auf Veranlassung des Kunden tätig wird und den Kunden darauf hinweist, dass eine Angemessenheitsprüfung nicht stattfindet. Dies betrifft Kauf- oder Verkaufsaufträge nichtkomplexer Finanzinstrumente, die Kunden aus eigener Initiative an den Dienstleister herantragen - das so genannte reine Ausführungsgeschäft.

Diese sind jedoch auch im Bereich der Finanzanlagevermittlung häufig zu verzeichnen, so dass auch dort ein praktischer Bedarf für eine Ausnahme beim reinen Ausführungsgeschäft besteht. Betroffen ist insbesondere der Direktvertrieb richtlinienkonformer OGAW-Fonds durch ausländische Fondsgesellschaften. Hierzu gründen sie deutsche Tochtergesellschaften als Vertriebsgesellschaften, die Gewerbetreibende im Sinne des § 34c GewO sind.

In der Praxis führen diese Vertriebsgesellschaften selbst keine Anlageberatung durch, sondern verweisen Privatkunden, die auf sie zukommen, zunächst an geeignete Finanzanlagenvermittler, die die Beratung übernehmen. Viele dieser Kunden lehnen jedoch diese Beratung dezidiert ab, weil sie einen Auftrag direkt platzieren möchten (so genanntes Direktgeschäft). Begrifflich handelt es sich um ein reines Ausführungsgeschäft, das unter § 31 Absatz 7 WpHG fiele, wäre die Vertriebsgesellschaft ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen.

Diese Änderung bringt keine Absenkung des Anlegerschutzniveaus mit sich, da lediglich die in § 31 Absatz 7 WpHG genannten hoch regulierten richtlinienkonformen OGAW-Fonds, nicht dagegen die riskanteren und komplexeren Vermögensanlagen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes betroffen sind.

6. Zu Artikel 1 (§ 17 Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 FinVermV)

In Artikel 1 ist § 17 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die mit der Aufklärungspflicht über Zuwendungen beabsichtigte anlegerschützende Wirkung wird durch die Ausnahmeregelung in Absatz 2 Satz 2 geschwächt. Sie erlaubt Finanzanlagenvermittlern, auf eine Offenlegung von Zuwendungen zu verzichten, wenn diese im Kundenauftrag gezahlt werden. Es besteht die Gefahr, dass unter Ausnutzung dieser Ausnahmeregelung einem Anleger unwissentlich oder unter Verweis auf vermeintliche Erfordernisse eine Auftragserteilung zur Annahme von Provisionen oder sonstigen Zuwendungen Dritter durch einen unseriösen Gewerbetreibenden quasi untergeschoben wird. Auch ist die in Absatz 3 eröffnete Möglichkeit einer Offenlegung von Zuwendungen in zusammengefasster Form, in der lediglich die wesentlichen Bestandteile der Vereinbarungen über Zuwendungen offen gelegt werden, zu streichen. Denn diese Ausnahmemöglichkeit birgt die Gefahr, dass der Kunde statt der klaren Information, in welcher Höhe welche Provision fließt, lediglich Informationen über die Details vertraglicher Abreden erhält. Finanzanlagenvermittlern sollte daher eine Nutzung dieser Ausnahmemöglichkeiten von vorneherein nicht eingeräumt werden.