Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen:

Der Beitrag der energetischen Verwertung von Abfällen zur Kreislaufwirtschaft COM (2017) 34 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 597/15 (PDF) = AE-Nr. 150856,
Drucksache 598/15 (PDF) = AE-Nr. 150857,
Drucksache 599/15 (PDF) = AE-Nr. 150858 und
Drucksache 600/15 (PDF) = AE-Nr. 150859

Europäische Kommission
Brüssel, den 26.1.2017
COM (2017) 34 final

Mitteilung der Kommission an Das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen
Der Beitrag der energetischen Verwertung von Abfällen zur Kreislaufwirtschaft

1. Einleitung

Am 2. Dezember 2015 hat die Kommission einen Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft1 angenommen, der im Sinne der Verpflichtungen, die die EU im Rahmen der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung eingegangen ist, eine Transformationsagenda mit großem Beschäftigungs- und Wachstumspotenzial beinhaltet und die Förderung nachhaltiger Verbrauchs- und Produktionsmuster zum Ziel hat.

Im EU-Aktionsplan wird deutlich darauf hingewiesen, dass der Übergang zu einer stärker kreislauforientierten Wirtschaft Maßnahmen entlang des gesamten Lebenswegs eines Produktes erfordert - von der Produktion bis hin zur Schaffung von Märkten für "sekundäre"(d.h. aus Abfall gewonnene) Rohstoffe. Die Abfallbewirtschaftung ist einer der Hauptbereiche, in denen weitere Verbesserungen notwendig und realisierbar sind: Mehr Vermeidung, mehr Wiederverwendung und mehr Recycling von Abfällen sind wesentliche Ziele sowohl des EU-Aktionsplans als auch des zugehörigen Legislativpakets über Abfälle2.

Das Erreichen dieser Ziele kann konkrete wirtschaftliche Möglichkeiten eröffnen, die Belieferung der Industrie mit Rohstoffen verbessern, lokale Arbeitsplätze schaffen und die Führungsrolle Europas im Sektor grüne Technologien festigen, in dem nachweislich Wachstumspotenzial besteht, auch auf globaler Ebene. In der EU hat die Produktion von Umweltgütern und -dienstleistungen per BIP-Einheit im vergangenen Jahrzehnt um über 50 % zugenommen, und die damit verbundenen Arbeitsplätze sind auf über 4 Millionen Vollzeitäquivalente angestiegen3. Auf globaler Ebene werden nach Schätzungen der Weltbank in den kommenden zehn Jahren 6000 Mrd. EUR in saubere Technologien in Entwicklungsländern fließen, wovon rund 1600 Mrd. EUR für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bereitstehen werden4.

Um dieses Potenzial zu nutzen, Innovationen zu fördern und potenzielle wirtschaftliche Verluste aufgrund verlorener Vermögenswerte zu vermeiden, müssen Investitionen in neue Abfallaufbereitungskapazitäten zugunsten der Kreislaufwirtschaft langfristig angelegt werden und mit der Abfallhierarchie der EU, die Abfallbewirtschaftungsoptionen nach ihrer Nachhaltigkeit einstuft und bei der Abfallvermeidung und Recycling die oberen Plätze einnehmen, in Einklang stehen. Das Abfallrecht der EU, einschließlich der jüngsten Vorschläge für höhere Recycling-Ziele für Siedlungs- und Verpackungsabfälle und die Einschränkung der Abfalldeponierung, ist an der Abfallhierarchie ausgerichtet und hat zum Ziel, die Abfallbewirtschaftung auf die Rangstufen der Vermeidung, Wiederverwendung und Recycling zu heben.

Der Schwerpunkt dieser Mitteilung liegt auf der energetischen Verwertung von Abfällen und deren Beitrag zur Kreislaufwirtschaft. "Energie aus Abfall" ist ein weit gefasster Begriff, der sehr viel mehr bedeutet als nur Abfallverbrennung. Er umfasst verschiedene Verfahren der Behandlung von Abfällen zur Gewinnung von Energie (z.B. in Form von Strom oder Wärme oder Ersatzbrennstoffe), deren Umweltauswirkungen und Potenzial für die Kreislaufwirtschaft jeweils unterschiedlich sind.

Mit dieser Mitteilung soll in erster Linie sichergestellt werden, dass die energetische Verwertung von Abfall in der EU die Ziele des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft fördert und sich streng an den Grundsätzen der EU-Abfallhierarchie orientiert. Außerdem wird geprüft, inwieweit Verfahren der energetischen Verwertung von Abfällen so optimiert werden können, dass sie zu den Zielen der Strategie für die Energieunion5 und des Übereinkommens von Paris6 beitragen. Gleichzeitig soll mit dem hier präsentierten Konzept für Energie aus Abfall, indem auf eine nachweislich energieeffiziente Technologie aufmerksam gemacht wird, ein Anreiz für Innovationen geboten und die Schaffung hochqualifizierter Arbeitsplätze gefördert werden.

Um das Erreichen dieser Ziele zu erleichtern,

2. Rangposition von Verfahren der energetischen Verwertung von Abfällen in der Abfallhierarchie und Frage der Förderung aus öffentlichen Mitteln

Die Abfallhierarchie7 ist der Eckpfeiler der Abfallpolitik und des Abfallrechts der EU und ein wesentlicher Aspekt des Übergangs zur Kreislaufwirtschaft. Ihr Hauptzweck ist die Festsetzung einer Prioritätenfolge mit dem Ziel, Umweltbeeinträchtigungen zu minimieren und die Ressourceneffizienz bei der Abfallvermeidung und -bewirtschaftung zu optimieren.

Gegenstand dieser Mitteilung sind im Wesentlichen die folgenden Verfahren der energetischen Verwertung8:

Diese Verfahren haben unterschiedliche Umweltauswirkungen und eine unterschiedliche Rangposition in der Abfallhierarchie. Konkret umfassen Verfahren für die energetische Verwertung von Abfällen sehr unterschiedliche Formen der Abfallaufbereitung, die von der "Beseitigung" über die "Rückgewinnung" bis hin zum "Recycling" reichen. So werden Verfahren wie die anaerobe Gärung, bei der Biogas und Gärrückstände anfallen, im EUAbfallrecht9 als Recycling angesehen, während Abfallverbrennung mit nur begrenzter energetischer Verwertung als Beseitigung gilt. Abbildung 1 illustriert die Rangfolge verschiedener Verfahren der energetischen Verwertung von Abfällen in der EU-Abfallhierarchie.

Abbildung 1 Die Abfallhierarchie und Verfahren der energetischen Verwertung von Abfällen

Es sei darauf hingewiesen, dass die Abfallhierarchie auch unter Klimagesichtspunkten weitgehend die bevorzugte Umweltoption ist: Eine Beseitigung auf Abfalldeponien oder durch Verbrennung mit nur geringer oder ohne Energierückgewinnung ist in der Regel die ungünstigste Option zur Senkung der Emissionen von Treibhausgasen (THG); Das größte Potenzial zur Verringerung der THG-Emissionen hingegen weisen Abfallvermeidung, -wiederverwendung und -recycling auf.

Ferner sei daran erinnert, dass die Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Hierarchie über eine gewisse Flexibilität verfügen, denn das Ziel besteht letztlich darin, diejenigen Abfallbewirtschaftungsoptionen zu fördern, die das beste Umweltergebnis zeitigen10. Bei bestimmten Abfallströmen wird die beste Umweltleistung möglicherweise nur erreicht, wenn z.B. aus Gründen der technologischen Machbarkeit, der Wirtschaftlichkeit und des Umweltschutzes von der Prioritätenfolge der Abfallhierarchie abgewichen wird. Diese Gründe müssen gemäß den Bestimmungen von Artikel 4 Absatz 2 der Wasserrahmenrichtlinie11 gerechtfertigt sein. .

In einigen gerechtfertigten Sonderfällen (z.B. bei Materialien mit einem Gehalt an besonders besorgniserregenden Stoffen) beispielsweise ist Beseitigung oder energetische Verwertung dem Recycling möglicherweise vorzuziehen12.

Um den Übergang zu einer stärker kreislauforientierten Wirtschaft zu erleichtern, sollte die öffentliche Finanzierung der Abfallbewirtschaftung, ob auf nationaler oder auf EU-Ebene, dem Ziel einer höheren Rangposition in der Abfallhierarchie nicht zuwiderlaufen.

Auf EU-Ebene wird der Übergang zu nachhaltigeren Abfallbewirtschaftungssystemen finanziell unterstützt, hauptsächlich aus Kohäsionsfondsmitteln13. Um diese zu erhalten, müssen bestimmte Vorbedingungen erfüllt sein, damit sichergestellt ist, dass neue Investitionen in die Abfallwirtschaft den Abfallbewirtschaftungsplänen entsprechen, mit denen die Mitgliedstaaten ihrer Verpflichtung zur Vorbereitung zur Wiederverwendung und zum Recycling nachkommen. Wie im Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft angeführt, bedeutet dies, dass Investitionen in Anlagen zur Restabfallbehandlung, z.B. in zusätzliche Verbrennungskapazitäten, nur in bestimmten und gut begründeten Fällen genehmigt würden, in denen kein Risiko von Überkapazitäten besteht und die Ziele der Abfallhierarchie insgesamt beachtet werden.

Investitionen über andere EU-Finanzierungsmechanismen wie den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) spielen bei der Mobilisierung privater Finanzmittel (in Form von Darlehen, Bürgschaften, Eigenkapital und anderer Risikomechanismen) für optimale und besonders kreislauforientierte Abfallbewirtschaftungslösungen ebenfalls eine wichtige Rolle. Auch verfügbare Fördermittel der EU für Forschung und Innovation im Bereich der Energieaus-Abfall-Technologien (wie Horizont 2014, aber auch Kohäsionsfondsmittel) helfen, die Führungsrolle der EU für die Zukunft zu festigen und energieeffiziente Spitzentechnologien auf den Markt zu bringen.

Auf nationaler Ebene haben öffentliche Fördermittel bei der Entwicklung nachhaltigerer Lösungen für die Abfallbewirtschaftung und der Förderung von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz häufig ebenfalls eine wesentliche Rolle gespielt. Bei der Prüfung der Möglichkeit einer öffentlichen Förderung von Verfahren der energetischen Verwertung von Abfällen kommt es besonders darauf an, die Abfallhierarchie nicht dadurch zu untergraben, dass stärker kreislauforientierte Abfallbewirtschaftungsoptionen verhindert werden. Dieser Grundsatz ist in den geltenden Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen deutlich festgeschrieben, wonach die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen in Form von Abfall oder die Förderung von Abfall verbrennenden KWK- und Fernwärmeanlagen einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz leisten kann, sofern die Abfallhierarchie nicht umgangen wird. Öffentliche Fördermittel sollten auch nicht zur Schaffung von Überkapazitäten für die Behandlung nicht recyclefähiger Abfälle (z.B. Verbrennungsanlagen) führen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Mischabfälle15 als Ausgangsstoffe für Verfahren zur energetischen Abfallverwertung aufgrund der Verpflichtung zur getrennten Abfallsammlung und ambitionierterer Recycling-Ziele der EU voraussichtlich zurückgehen werden. Aus diesen Gründen sollten die Mitgliedstaaten die Förderung der energetischen Verwertung gemischter Abfälle aus öffentlichen Mitteln schrittweise abschaffen.

3. Verfahren der energetischen Verwertung von Restabfällen: das richtige Gleichgewicht finden

Der Übergang zur Kreislaufwirtschaft setzt voraus, dass in Bezug auf die Kapazitäten für die energetische Verwertung nicht recyclefähiger Restabfälle das richtige Gleichgewicht gefunden wird. Dies ist unerlässlich, wenn potenzielle wirtschaftliche Verluste oder Hemmnisse infrastruktureller Art, die das Erreichen höherer Recyclingraten verhindern, vermieden werden sollen. Die früheren Erfahrungen einiger Mitgliedstaaten zeigen, dass das Risiko von Vermögenswertverlusten reell ist.

Eine von der Europäischen Umweltagentur jüngst in Auftrag gegebene Studie16 kartiert vorhandene spezielle Verbrennungskapazitäten für Siedlungsabfälle in der EU-28 sowie die Ströme von Siedlungsabfällen und Ersatzbrennstoffen (EBS)17 zwischen den Mitgliedstaaten. Die Studie zeigt, dass die Verbrennungskapazität in der EU-28 (plus Schweiz und Norwegen) zwischen 2010 und 2014 um 6 % auf 81 Mt angestiegen ist und die Abfallströme zwischen einigen Mitgliedstaaten zwecks Verbrennung von Siedlungsabfällen und Ersatzbrennstoffen in einigen Fällen groß geblieben sind. Im Jahr 2013 wurden nahezu 2,5 Mt Abfälle (zumeist EBS) zur energetischen Verwertung versandt.

Die Studie bestätigt ferner, dass spezielle Verbrennungskapazitäten für Siedlungsabfälle in der EU ungleich verteilt sind. Auf Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Schweden, Italien und das Vereinigte Königreich entfallen drei Viertel der Verbrennungskapazität der EU. Schweden und Dänemark verzeichnen mit 591 kg/Anlage bzw. 587 kg/Anlage die höchste Pro-Kopf-Verbrennungskapazität, gefolgt von den Niederlanden, Österreich, Finnland und Belgien. Die südlichen und östlichen Teile der EU hingegen verfügen praktisch über keine speziellen Verbrennungskapazitäten und sind stark auf Deponien angewiesen. Diese Daten entsprechen den Eurostat-Statistiken über die Verbrennungsraten für Siedlungsabfälle, die ebenfalls große Schwankungen zwischen den Mitgliedstaaten aufzeigen.

Entsprechend ihrer jeweiligen Lage stehen den Mitgliedstaaten verschiedene Optionen offen, um sicherzustellen, dass ihre Kapazitäten zur Energiegewinnung aus Abfällen, insbesondere Verbrennungsanlagen, ausgewogen verteilt sind:

Stark auf Deponien angewiesene Mitgliedstaaten mit geringer oder ohne spezielle Verbrennungskapazität

Diese Mitgliedstaaten sollten sich in erster Linie auf die Weiterentwicklung von Systemen zur getrennten Abfallsammlung und von Recycling-Infrastrukturen konzentrieren, wie im EU-Recht vorgesehen. Die schrittweise Aufgabe der Abfalldeponierung sollte mit der Schaffung größerer Recycling-Kapazitäten Hand und Hand gehen. Die Einschränkung der Deponierung biologisch abbaubarer Abfälle ist besonders unter Klimagesichtspunkten dringlich, damit Methanemissionen verringert werden können. Hier könnte sich die Entwicklung gekoppelter Kapazitäten für energetische und stoffliche Verwertung in Form anaerober Gärung als attraktive Bewirtschaftungsoption erweisen.

Bei der Überprüfung der nationalen Abfallbewirtschaftungspläne und der Bewertung der Notwendigkeit zusätzlicher Kapazitäten für die energetische Verwertung von Abfällen durch Behandlung nicht recyclefähiger Abfälle (z.B. Verbrennung) sollten die Mitgliedstaaten eine langfristige Perspektive verfolgen und die folgenden Faktoren sorgfältig prüfen:

In begründeten Fällen könnte die grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen zur optimalen Nutzung der in einigen Mitgliedstaaten bereits verfügbaren Kapazitäten zur Energierückgewinnung beitragen. Die Ausfuhr nicht recyclefähiger Abfälle zur energetischen Verwertung in einem anderen Mitgliedstaat sollte nicht zwangsläufig als Verstoß gegen das so genannte Prinzip der räumlichen Nähe (d.h. Nutzung der nächstgelegenen geeigneten Anlage) angesehen werden, das dem Abfallrecht der EU zugrunde liegt.18 Bevor jedoch ein solcher Ansatz gewählt wird, sollten die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten eine Lebenszyklusanalyse durchführen, um zu verhindern, dass die gesamten Umweltauswirkungen, einschließlich derjenigen im Zusammenhang mit der Beförderung der Abfälle, die angestrebten Vorteile zunichte machen.

Wenn die Schaffung neuer Kapazitäten für die Behandlung von Restabfall aufgrund der Bewertung aller oben genannten Faktoren gerechtfertigt erscheint, sollten die Mitgliedstaaten besonders auf die Nutzung energieeffizienter Spitzentechnologien sowie auf die Größe und den Standort der Anlage achten (z.B. um künftige Überkapazitäten zu vermeiden und wenn möglich die kombinierte Versorgung von Anwohnern und Industrie mit Strom und Wärme bzw. Kälte sicherzustellen). Außerdem ist die umfassende Einhaltung der Vorschriften für Verbrennungs- und Mitverbrennungsanlagen zu gewährleisten, die in den EU-Rechtsvorschriften, insbesondere in der Richtlinie 2010/75/EU /EG über Industrieemissionen19, festgelegt sind.

Mitgliedstaaten mit hoher Verbrennungskapazität

Der Studie der Europäischen Umweltagentur zufolge bestehen in der EU als Ganzes derzeit keine Verbrennungsüberkapazitäten. Die Statistiken20 zeigen jedoch, dass einige Mitgliedstaaten in zu hohem Maße auf die Verbrennung von Siedlungsabfällen zurückgreifen. Diese Situation erklärt sich zum Teil durch die starke Nachfrage nach Wärme durch Fernwärmenetze, die höhere Effizienz ihrer Verfahren zur energetischen Verwertung von Abfällen und ein hohes Maß an gesellschaftlicher Akzeptanz. Solche hohen Verbrennungsquoten sind jedoch mit ehrgeizigeren Recyclingzielen nicht vereinbar. Um diesem Problem zu begegnen, können auf nationaler Ebene eine Reihe von Maßnahmen getroffen werden, was in einigen Mitgliedstaaten bereits geschehen ist, insbesondere:

4. Optimierung des Beitrags von Verfahren zur energetischen Verwertung von Abfällen zu den Klima- und Energiezielen der EU im Rahmen der Kreislaufwirtschaft

Laut der Studie der Kommission wurden im Jahr 2014 etwa 1,5 % des gesamten Endenergieverbrauchs der EU durch energetische Verwertung von Abfällen mittels Verbrennung, Mitverbrennung in Zementöfen und anaerobe Gärung gedeckt (d.h. etwa 676 PJ/Jahr). Da dieser Anteil sich künftig nicht signifikant erhöhen dürfte, weil mehr Abfall dem Recycling zugeführt wird, können die Verbesserung der Energieeffizienz von Verfahren zur energetischen Verwertung von Abfällen und die Förderung von Verfahren, die stoffliche und energetische Verwertung kombinieren, zur Dekarbonisierung von Schlüsselsektoren wie Heizung/Kühlung oder Verkehr und zur Verringerung der Treibhausgasemissionen in der Abfallwirtschaft beitragen. Wird beispielsweise eine Tonne biologisch abbaubaren Abfalls der anaeroben Gärung zugeführt (zwecks Gewinnung von Biogas und Düngemitteln) statt auf einer Deponie abgelagert, so können dadurch Emissionen von bis zu 2 Tonnen CO₂ Äquivalent vermieden werden.21

Erwartete Änderungen bei den Ausgangsstoffen für die energetische Verwertung von Abfällen

Gemischte Abfälle machen immer noch einen erheblichen Anteil (52 %) der Abfälle aus, die in Verfahren zur Energierückgewinnung (vor allem Verbrennung) verwertet werden. Die geltenden rechtlichen Anforderungen und die Vorschläge zur Kreislaufwirtschaft in Bezug auf Abfall werden hieran mit Sicherheit etwas ändern. Vorschriften für die getrennte Sammlung und ehrgeizigere Recyclingquoten für Holz, Papier, Kunststoff und biologisch abbaubare Abfälle dürften dazu führen, dass potenziell weniger Abfall für Verfahren zur Energierückgewinnung wie Verbrennung oder Mitverbrennung zur Verfügung steht. Ljubljana ist ein Beispiel für eine Stadt, die bereits rasch und erfolgreich zur getrennten Sammlung von Abfällen übergangen ist und dabei hohe Quoten erzielt hat: Ljubljana hat seit 2011 in die Modernisierung der Abfallbewirtschaftungsinfrastruktur investiert, was zu einer Quote getrennt gesammelter Abfälle von 60 % des gesamten Aufkommens an Siedlungsabfällen geführt hat.22

In Bezug auf biologisch abbaubare Abfälle dürfte die Anwendung der Anforderungen der Deponierichtlinie23 zusammen mit den vorgeschlagenen neuen Vorschriften für die getrennte Sammlung biologischer Abfälle dazu führen, dass mehr Biogas aus Abfällen zur Verwendung für die Kraft-Wärme-Kopplung, zur Einspeisung in das Gasnetz und zur Verwendung in Verkehrskraftstoffen sowie mehr Düngemittel durch anaerobe Gärung gewonnen werden. Die vorgeschlagenen Änderungen der Verordnung über Düngemittel24, die derzeit im Parlament und im Rat erörtert werden, dürften durch Schaffung eines Binnenmarkts für aus Abfällen gewonnene Düngemittel diesen Trend fördern. Das Potenzial von biologisch abbaubaren Abfällen in Kombination mit der Verwertung durch anaerobe Gärung in einer Biogasanlage wird in Mailand demonstriert.25 So werden in der Stadt seit 2014 fast 100 % aller Lebensmittelabfälle und organischen Abfälle gesammelt, was im Schnitt 120 000 Tonnen biologisch abbaubare Abfälle pro Jahr ergibt. Bei voller Kapazität (12,8 MW) dürfte die Biogasanlage der Stadt jährlich etwa 35 880 MWh Strom erzeugen, was für die Versorgung von 24 000 Einwohnern ausreicht, und 14 400 Tonnen Düngemittel produzieren.

In Bezug auf gebrauchte Speiseöle und -fette kann die Effizienz der Sammel- und Behandlungssysteme im Hinblick auf die Erzeugung von z.B. Biodiesel und hydrogenierten Pflanzenölen (HVO) noch verbessert werden. Die aus Abfällen gewonnenen Biokraftstoffe können direkt im Verkehrssektor eingesetzt werden, einschließlich der Verwendung von HVO im Luftverkehr.

In Bezug auf Kunststoffabfälle zeigen Daten aus der Industrie26, dass Beseitigung und energetische Verwertung nach wie vor die verbreitetsten Behandlungsoptionen sind; die Ablagerung auf Deponien ist in den letzten zehn Jahren zurückgegangen, während die Verbrennung zugenommen hat, wobei zwischen den Mitgliedstaaten je nach dem Stand der Umsetzung bestehender EU-Rechtsvorschriften große Unterschiede bestehen. Dies bestätigt, dass dringend konkrete Schritte unternommen werden müssen, um die Recyclefähigkeit und Wiederverwendbarkeit von Kunststoffen zu verbessern und diesbezügliche Innovationen zu fördern. Die künftige EU-Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft27 wird genau darauf abzielen, die Wirtschaftlichkeit, Qualität und Nutzung des Recyclings und der Wiederverwendung von Kunststoffen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu verbessern. Dabei werden bestimmte neue Entwicklungen in der Behandlung von Kunststoffabfällen berücksichtigt, z.B. Verbesserungen und Innovationen beim Design, so dass künftig ein höherer Anteil von Kunststoffabfällen vermieden bzw. statt der energetischen Verwertung dem Recycling zugeführt werden kann, wodurch sich die entstehenden THGEmissionen insgesamt verringern.28

In der Studie der Kommission wurde festgestellt, dass Holzabfälle gemeinhin als Ausgangsstoff für die Verbrennung verwendet werden. Wie im Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft betont wurde, sollte, soweit angebracht, im Falle von erneuerbaren Ressourcen wie Holz im Einklang mit der Abfallhierarchie eine Kaskadennutzung mit mehreren Wiederverwendungs- und Recyclingzyklen gefördert werden. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die Kommission im Legislativpaket für Abfälle unter anderem eine höhere verbindliche EU-weite Zielvorgabe für das Recyceln von Verpackungsmaterial aus Holz vorgeschlagen hat. Wenn eine Wiederverwendung oder das Recycling nicht möglich sind, empfiehlt sich die energetische Verwertung von Holzabfällen, um fossile Brennstoffe zu ersetzen und die Ablagerung von Holzabfällen auf Deponien zu vermeiden.

Einsatz der energieeffizientesten Techniken für die energetische Verwertung von Abfällen

Sollen Verfahren zur energetischen Verwertung von Abfällen angewendet werden, ist dafür Sorge zu tragen, dass die effizientesten Techniken eingesetzt werden; denn damit wird ihr Beitrag zu den Klima- und Energiezielen der EU maximiert. Schätzungen in der Studie der Kommission zufolge könnte die Energiemenge, die aus ein und derselben Menge Abfallausgangsstoff wiedergewonnen werden kann, beim richtigen Einsatz bewährter Techniken und flankierender Maßnahmen um 29 % auf 872 PJ/Jahr steigen. Dies zeigt, welches Potenzial für Verbesserungen der Energieeffizienz besteht. Die Studie der Kommission ergab, dass die folgenden bewährten Techniken am besten geeignet sind, die Energieeffizienz der vier nachstehend genannten Verfahren zur energetischen Verwertung von Abfällen zu steigern:

Über die oben genannten speziellen Techniken hinaus wird in der Studie der Kommission auch darauf hingewiesen, dass mit Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) gegenüber Anlagen, die ausschließlich Wärme bzw. Strom erzeugen, eine höhere Energieeffizienz erzielt werden kann.

Zusätzlich zu diesen Techniken sind in der Studie Maßnahmen genannt, mit denen die Energie- und/oder Materialeffizienz dieser Verfahren verbessert werden kann. Hierzu zählen die Entwicklung von Industrieparks und Industriesymbiosen, in deren Rahmen eine Anlage zur Energierückgewinnung Abfälle aus nahegelegenen Industriebetrieben verwertet und diese im Gegenzug mit Wärme und Strom versorgt, oder die Rückgewinnung von Werkstoffen aus der Bodenasche von Verbrennungsanlagen.

Bei der anaeroben Gärung ist auch darauf zu achten, dass wegen schlechter Gestaltung oder Wartung der Anlage kein Methan austritt, da dies die Umwelteffizient der Anlage teilweise zunichte machen würde.

5. Schlussfolgerungen

Die energetische Verwertung von Abfällen kann zum Übergang zur Kreislaufwirtschaft beitragen, sofern die Abfallhierarchie als Leitprinzip zugrunde gelegt wird und die getroffenen Entscheidungen ein höheres Maß an Vermeidung, Wiederverwertung und Recycling nicht verhindern. Dies ist entscheidend, damit sich das Potenzial einer Kreislaufwirtschaft in ökologischer wie auch in wirtschaftlicher Hinsicht voll entfalten kann und die Führungsrolle Europas auf dem Gebiet umweltfreundlicher Technologien gestärkt wird. Darüber hinaus kann die energetische Verwertung von Abfällen den Beitrag der Kreislaufwirtschaft zur Dekarbonisierung im Einklang mit der Strategie für die Energieunion und dem Übereinkommen von Paris nur maximieren, wenn die Abfallhierarchie eingehalten wird. Wie bereits erwähnt, tragen Abfallvermeidung und Recycling am stärksten zu Energieeinsparungen und Minderungen von THG-Emissionen bei.

Künftig sollten Verfahren wie die anaerobe Vergärung von biologisch abbaubaren Abfällen, die stoffliche und energetische Verwertung kombinieren, stärker berücksichtigt werden. Die Rolle der Abfallverbrennung - das derzeit vorherrschende Verfahren zur energetischen Verwertung von Abfällen - muss hingegen neu definiert werden, um zu gewährleisten, dass Steigerungen des Anteils von Recycling und Wiederverwendung nicht behindert und Überkapazitäten für die Behandlung von Restabfällen vermieden werden.

Die Kommission fordert alle Mitgliedstaaten auf, bei der Bewertung und Überarbeitung ihrer Abfallbewirtschaftungspläne gemäß dem EU-Recht30 die Leitlinien in dieser Mitteilung zu berücksichtigen. Bei der Planung künftiger Investitionen in Kapazitäten für die energetische Verwertung von Abfällen müssen die Mitgliedstaaten das Risiko von verlorenen Vermögenswerten berücksichtigen. Bei der Bewertung der nationalen Abfallbewirtschaftungspläne und der Überwachung der Fortschritte im Hinblick auf die Recyclingziele der EU wird die Kommission weiterhin Leitlinien vorgeben, um sicherzustellen, dass die Planung von Kapazitäten für die energetische Verwertung von Abfällen mit der Abfallhierarchie im Einklang steht, diese unterstützt und dem Potenzial von neuen Technologien und Zukunftstechnologien für die Behandlung und das Recycling von Abfällen Rechnung trägt.

Die Kommission wird weiterhin dafür sorgen, dass die EU-Fördermittel und sonstige öffentliche Fördermittel für Abfallbehandlungsoptionen eingesetzt werden, die mit der Abfallhierarchie im Einklang stehen, und dass der Vermeidung, der Wiederverwendung, der getrennten Sammlung und dem Recycling von Abfällen Priorität eingeräumt wird.