Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Ausweitung der Auskunftsrechte der Gerichtsvollzieher - Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen -

979. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2019

A

Der federführende Rechtsausschuss und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen beim Deutschen Bundestag einzubringen.

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 755 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b ZPO), Nummer 3 Buchstabe a (§ 802l Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ZPO), Buchstabe d (§ 802l Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 ZPO)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

a) In Nummer 2 Buchstabe b sind in § 755 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b nach dem Wort "jeweiligen" die Wörter "vom Gläubiger bezeichneten" einzufügen.

b) Nummer 3 ist wie folgt zu ändern:

aa) In Buchstabe a sind in 802l Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 nach dem Wort "jeweiligen" die Wörter "vom Gläubiger bezeichneten" einzufügen.

bb) Buchstabe d ist wie folgt zu fassen:

"d) Folgende Nummer wird angefügt:

"5. bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte, die die Vermutung begründen, dass ein eingetragenes Recht des Schuldners an einem Grundstück besteht, durch Einsichtnahme in ein vom Gläubiger bezeichnetes Grundbuch die dort eingetragenen Rechte des Schuldners an Grundstücken erheben. " '

Folgeänderungen:

Die Begründung zu "B. Zu den einzelnen Vorschriften, Zu Artikel 1" ist wie folgt zu ändern:

a) Im Abschnitt "Zu Nummer 2, Zu Buchstabe b (Nummer 3 - neu)" ist Absatz 7 wie folgt zu fassen:

"Die Befugnis der Abfrage steht den Gerichtsvollziehern nicht von Amts wegen zu, sondern nach § 802a Absatz 2 nur auf Grund eines entsprechenden Antrags der Gläubiger. Da die Dispositionsmaxime auch im Vollstreckungsbetrieb gilt, müssen die Gläubiger nach § 802a Absatz 2 Satz 2 auch konkret angeben, welche Maßnahmen der Gerichtsvollzieher ergreifen soll (vergleiche MünchKomm-ZPO/Wagner 5. Auflage 2016, § 802a Rn. 4). Anders als in den bisherigen Fällen des § 755 Absatz 2 Satz 1 ZPO handelt es sich bei den berufsständischen Versorgungseinrichtungen um keine zentrale Auskunftsstelle. Unter Berücksichtigung dessen müssen die Gläubiger in dem Auftrag auch konkret die berufsständische Versorgungseinrichtung angeben, bei der der Gerichtsvollzieher die Auskunft erheben soll. Eine Pflicht des Gerichtsvollziehers zur Ermittlung der jeweiligen potentiellen berufsständischen Versorgungseinrichtung des Schuldners besteht mithin nicht. Dies muss bereits der Wortlaut des Gesetzes hinreichend zum Ausdruck bringen; auch die in der Folge anzupassenden Formulare der Verordnung über das Formular für den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher (Gerichtsvollzieherformular-Verordnung - GVFV) müssen dem Rechnung tragen."

b) Der Abschnitt "zu Nummer 3" ist wie folgt zu ändern:

aa) Im Abschnitt "Zu Buchstabe a (Nummer 2 - neu)" ist nach Absatz 5 folgender Absatz einzufügen:

"Auch im Rahmen der Auskünfte nach § 802l ZPO ist zu berücksichtigen, dass die Befugnis der Abfrage den Gerichtsvollziehern nicht von Amts wegen, sondern nach § 802a Absatz 2 auf Grund eines entsprechenden Antrags des Gläubigers eröffnet ist. Der Antrag des Gläubigers hat dabei die berufsständische Versorgungseinrichtung, bei der Auskunft erhoben werden soll, konkret zu bezeichnen. Es wird diesbezüglich auf die Ausführungen zu Nummer 2 (§ 755 Absatz 2 Satz 1) Buchstabe b verwiesen."

bb) Im Abschnitt "Zu Buchstabe d (Nummer 5 - neu)‟ ist Absatz 2 wie folgt zu fassen:

"Auch im Rahmen der Auskünfte nach § 802l ZPO ist zu berücksichtigen, dass die Befugnis der Abfrage den Gerichtsvollziehern nicht von Amts wegen, sondern nach § 802a Absatz 2 auf Grund eines entsprechenden Antrags des Gläubigers eröffnet ist. Es wird diesbezüglich auf die Ausführungen zu Nummer 2 (§ 755 Absatz 2 Satz 1) Buchstabe b verwiesen. Auch hinsichtlich der Grundbucheinsicht besteht, anders als in den bisherigen Fällen des § 802l Absatz 1 ZPO, keine zentrale Auskunftsstelle. Eine bundesweite Suche nach Vermögenswerten in allen Grundbüchern ist derzeit nicht möglich. Daher müssen die Gläubiger in dem Auftrag auch konkret das Grundbuch, in welches die Gerichtsvollzieher Einsicht nehmen sollen, bezeichnen und auch den Umfang der Grundbucheinsicht darlegen. Dies muss bereits der Wortlaut des Gesetzes hinreichend zum Ausdruck bringen; auch die in der Folge anzupassenden Formulare der Verordnung über das Formular für den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher (Gerichtsvollzieherformular-Verordnung - GVFV) müssen dem Rechnung tragen. Der Umstand der fehlenden zentralen Auskunftsstelle gebietet es ferner, die Auskunft nur dann zu ermöglichen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, dass zu Gunsten des Schuldners ein eingetragenes Recht an einem Grundstück besteht. Andernfalls droht die Gefahr von Abfragen "ins Blaue hinein" sowie ein erheblicher Mehraufwand bei den Gerichtsvollziehern. ‟

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Zu Buchstabe a

Gewährt man den Gerichtsvollziehern die Möglichkeit zur Auskunftserhebung bei den berufsständischen Versorgungseinrichtungen, ist zu berücksichtigen, dass eine zentrale Auskunftsstelle für diese nicht besteht. Dabei kann es nicht Aufgabe des Gerichtsvollziehers sein, aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Informationen diejenigen berufsständischen Versorgungseinrichtungen zu ermitteln, bei denen der Schuldner potentiell Mitglied sein könnte. Denn Grundlage der Ermittlung des Aufenthaltsorts des Schuldners nach § 755 ZPO ist der Vollstreckungsauftrag des Gläubigers. Dieser hat daher im Vollstreckungsauftrag diejenige berufsständischen Versorgungseinrichtung, bzgl. der der Gerichtsvollzieher die Informationen erheben soll, konkret zu bezeichnen.

Zu Buchstabe b Doppelbuchstabe aa

Es wird auf die Begründung zu Buchstabe a verwiesen. Auch im Rahmen der Auskunft nach § 802l ZPO kann es nicht Aufgabe des Gerichtsvollziehers zu sein, diejenigen berufsständischen Versorgungseinrichtungen zu ermitteln, bzgl. der hinreichende Anhaltspunkte für eine Mitgliedschaft des Schuldners bestehen. Der Gläubiger hat daher im Vollstreckungsauftrag die berufsständische Versorgungseinrichtung konkret zu bezeichnen.

Zu Buchstabe b Doppelbuchstabe bb

Gewährt man dem Gerichtsvollzieher die Möglichkeit zur Einsichtnahme in das Grundbuch im Rahmen des § 802l ZPO, sind die Besonderheiten des Grundbuchwesens zu beachten.

Bei den bisherigen im Rahmen des § 802l ZPO zur Auskunft verpflichteten Stellen handelt es sich stets um zentrale Stellen. Auskünfte können demgemäß mit geringem Zeit- und Arbeitsaufwand unmittelbar dort geltend gemacht werden. Diese Situation stellt sich bei der Einsicht in Grundbücher nach aktuellem Stand erheblich anders dar: Ein zentrales Grundbuchamt besteht nicht. Eine zentrale bundesweite Suche nach Vermögenswerten des Schuldners in allen Grundbüchern ist derzeit nicht möglich.

Diesem Umstand ist einerseits dadurch Rechnung zu tragen, dass sich die Auskunft jeweils nur auf ein konkret vom Gläubiger im Auftrag bezeichnetes Grundbuch beziehen kann. Insoweit führt zwar bereits die Begründung aus, dass der Auftrag des Gläubigers konkret das Grundbuch bezeichnen müsse, in welches Einsicht genommen werden soll. Auch der Wortlaut des Gesetzes sollte dies hinreichend zum Ausdruck bringen. Ferner ist diesem Umstand - wie auch bei den privaten Versorgungswerken - dahingehend Rechnung zu tragen, dass nur bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte von verschwiegenen Grundstücksrechten eine entsprechende Auskunft eingeholt werden kann, um verfassungsrechtlich bedenkliche Abfragen "ins Blaue hinein" zu verhindern. Dies legt zwar bereits die Begründung des Gesetzesantrags dar, indem sie bei der Zielsetzung und wesentlichem Inhalt des Gesetzesentwurfs ausführt, dass die Einsichtnahme in das Grundbuch nur erfolgen soll, soweit Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Schuldner Rechte an Grundstücken verschwiegen haben. Auch der Gesetzeswortlaut muss diese Einschränkung aber zum Ausdruck bringen.

2. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 802m Absatz 1 Satz 2 Nummer 4, Satz 3, 4 ZPO), [ Artikel 2 Nummer 1 ( § 98 Absatz 2 InsO), Artikel 4 Nummer 2 Buchstabe b (§ 74a Absatz 2 Satz 3 SGB X), Nummer 3 - neu - (§ 74a Absatz 3 - neu - SGB X) ]

a) In Artikel 1 Nummer 4 ist § 802m Absatz 1 wie folgt zu ändern:

3.[ ] [b) In Artikel 2 Nummer 1 § 98 ist Absatz 2 wie folgt zu fassen:

(2) Kommt der Schuldner seiner Auskunftspflicht nach § 97 nicht nach oder erscheint dies sonst erforderlich, kann das Gericht die in § 802l Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 5 der Zivilprozessordnung aufgeführten Auskünfte erheben. §§ 802l Absatz 2, 802m Absatz 1 Satz 1, Satz 2 Nummer 1 bis 2, Satz 4, Absatz 2 der Zivilprozessordnung finden entsprechende Anwendung."

c) Artikel 4 ist wie folgt zu ändern:

aa) In Nummer 2 ist Buchstabe b zu streichen.

bb) Folgende Nummer ist anzufügen:

"3. Folgender Absatz wird angefügt:

(3) Zur Durchführung eines Insolvenzverfahrens dürfen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Einzelfall auf Ersuchen des Insolvenzgerichts den Namen, die Vornamen oder die Firma sowie Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses der betroffenen Person übermitteln, soweit kein Grund zu der Annahme besteht, dass dadurch schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden, und das Ersuchen nicht länger als sechs Monate zurückliegt. Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung sind über § 4 Absatz 3 hinaus zur Übermittlung auch dann nicht verpflichtet, wenn sich die ersuchende Stelle die Angaben auf andere Weise beschaffen kann. Die Übermittlung ist nur zulässig, wenn

Das Insolvenzgericht hat in seinem Ersuchen zu bestätigen, dass diese Voraussetzungen vorliegen." " ]

Folgeänderungen:

[a) Das Vorblatt ist wie folgt zu ändern:

aa) Abschnitt A. ist wie folgt zu ändern:

aaa) Absatz 8 ist wie folgt zu fassen:

"Außerdem besteht im Insolvenzverfahren das Bedürfnis der Ermittlung von Schuldnervermögen in gleichem Maße wie bei der Einzelvollstreckung. Eine ausdrückliche Ermächtigungsnorm für das Insolvenzgericht Fremdauskünfte einzuholen, fehlt aber bislang. Dieses führt in der Praxis zu erheblichen Problemen."

bbb) Absatz 11 ist wie folgt zu fassen:

"Dem soll durch diesen Gesetzentwurf Rechnung getragen werden. Zudem sollen die in der Praxis bestehenden Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben, dass eine ausdrückliche Ermächtigungsnorm für das Insolvenzgericht fehlt Fremdauskünfte einzuholen, durch diesen Gesetzentwurf beseitigt werden. Auch wird die in § 74a Absatz 1 Satz 1 SGB X bestehende Wertgrenze für die Übermittlung von Sozialdaten zur Durchsetzung von öffentlichrechtlichen Ansprüchen gestrichen, um einen Gleichlauf zwischen öffentlicher und privater Vollstreckung herzustellen."

bb) In Abschnitt B ist Absatz 4 wie folgt zu fassen:

"In der Insolvenzordnung wird geregelt, dass, falls der Schuldner seiner Auskunftspflicht nicht nachkommt oder dies sonst erforderlich erscheint, das Insolvenzgericht Fremdauskünfte bei den in § 802l Absatz 1 Satz 1 ZPO benannten Stellen einholen kann." ]

b) In Artikel 1 Nummer 4 ist § 802m Absatz 1 Satz 2 wie folgt zu ändern:

aa) In Nummer 2 ist das Komma am Ende durch das Wort "oder" zu ersetzen.

bb) In Nummer 3 ist das Wort "oder" am Ende durch einen Punkt zu ersetzen.

[c) In der Allgemeinen Begründung Abschnitt I ist Absatz 3 wie folgt zu fassen:

"In der Insolvenzordnung wird geregelt, dass auch das Insolvenzgericht Fremdauskünfte bei den in § 802l Absatz 1 Satz 1 ZPO benannten Stellen einholen kann, wenn der Schuldner seiner Auskunftspflicht nicht nachkommt oder dies sonst erforderlich erscheint." ]

d) Die Einzelbegründung ist wie folgt zu ändern:

aa) In der Begründung zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 802m - neu -) ist Absatz 3 wie folgt zu fassen:

"Die Übermittlung der Daten zur Durchführung des Vollstreckungsverfahrens ist nach § 802m Absatz 1 Satz 2, Satz 3 ZPO nur zulässig, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei ist danach zu differenzieren, ob sich das Ersuchen auf die Aufenthaltsermittlung nach § 755 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 ZPO-E bezieht. Dann müssen die Voraussetzungen des Satzes 2 Nummer 3 und des Satzes 3 erfüllt sein. Handelt es sich um ein Ersuchen nach § 802l Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ZPO-E, müssen einer der in Satz 2 Nummer 1 und 2 dargestellten Tatbestände alternativ sowie zusätzlich die Voraussetzungen des Satzes 3 (Anhaltspunkte für eine Mitgliedschaft der Schuldner in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung) erfüllt sein."

[bb) Die Begründung zu Artikel 2 Nummer 1 (§ 98 Absatz 2) ist wie folgt zu fassen:

"Durch den neu eingefügten Absatz 2 soll ein Gleichlauf zwischen den Informationsbeschaffungsmöglichkeiten hinsichtlich der Vermögenslage der Schuldner im Rahmen der Einzelvollstreckung und im Rahmen der Gesamtvollstreckung hergestellt werden.

Das Bedürfnis zur Erhebung von Informationen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Schuldner gehört zu den Gemeinsamkeiten von Gesamt- und Einzelvollstreckung. Sowohl im Eröffnungsverfahren als auch im eröffneten Verfahren muss das Insolvenzgericht nach § 5 von Amts wegen die wirtschaftliche Situation der Schuldner ermitteln, um zum Beispiel entscheiden zu können, ob die Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorliegen, oder um die Höhe der Insolvenzmasse zu bestimmen. In den §§ 20, 97 sind daher entsprechende Auskunfts- und Mitwirkungspflichten der Schuldner gegenüber dem Insolvenzgericht vorgesehen. Kommen die Schuldner dieser Auskunftspflicht aber nicht nach, besteht - wie im Rahmen der Einzelvollstreckung - ein praktisches Bedürfnis für das Insolvenzgericht, sich die Informationen über das Schuldnervermögen durch Drittauskünfte zu beschaffen.

Die Möglichkeit einer eigenständigen Informationseinholung durch das Insolvenzgericht - wie für die Gerichtsvollzieher - Drittauskünfte bei den in § 802l Absatz 1 Satz 1 ZPO genannten Stellen einzuholen - ist im Gesetz nicht vorgesehen. Auch eine Informationseinholung des Insolvenzgerichts über § 5 ist nicht möglich, da das Bundesverfassungsgericht für den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung klargestellt hat, dass im Gesetz angegeben werden muss, welche staatliche Stelle zur Erfüllung welcher Informationserhebungen berechtigt sein soll (so ausdrücklich AG München, Beschluss vom 12. Februar 2016 - 1503 in 3339/15 -, juris, vgl. BVerfG, NJW 2007, 2464 ff.).

Ob die Regelung des § 802l ZPO im Insolvenzverfahren Anwendung findet, ist umstritten. Einige Amtsgerichte und Stimmen in der Literatur haben sich über § 4 für eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 802l ZPO dergestalt ausgesprochen, dass statt eines Gläubigers das Insolvenzgericht die Gerichtsvollzieher beauftragen kann, die dort näher bezeichneten Einkünfte einzuholen (vgl. AG Köln, Beschl. v. 7.6.2018 - 75 in 197/17 (PDF) ; AG München, Beschl. v. 12.02.2016 - 1503 in 339/15 (PDF) , NZI 2016, 541; AG Rosenheim, Beschl. v. 08.09.2016 - 605 in 468/15 (PDF) , ZInsO 2016, 1954; Beth, NZI 2016, 109 ff.; Siebert, NZI 2016, 541; Markovic, ZInsO 2016, 1974). Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Interessenslage vergleichbar sei. Kommen die Schuldner ihren Auskunftspflichten nach §§ 20, 97 nicht nach, so entspräche dieses der Nichtabgabe der Vermögensauskunft in § 802l Absatz 1 Satz 1 ZPO. Wenn der Gesetzgeber ausdrücklich die Verhaftung des Schuldners unter Verweis auf die Vorschrift von § 802g ZPO zugelassen habe, müssten über § 4 InsO erst recht die Vorschriften mit einer wesentlich geringeren Eingriffsintensität anwendbar sein. Hingegen weisen andere darauf hin, dass § 802l ZPO nicht anwendbar sei, weil auf sie in § 98 InsO nicht Bezug genommen werde (vergleiche Musielak/Voit, ZPO 15. Auflage 2018, zu § 802l Rn. 2). Die allgemeine Verweisungsnorm in § 4 reiche dazu nicht aus, weil § 98 InsO die Auskunftspflicht eigenständig ausgestalte.

§ 98 InsO nehme zum Beispiel auf die Regelungen zur Haft ausdrücklich Bezug, während § 802l der ZPO nicht erwähnt werde. Da die Drittauskunft in andere Rechtsgüter des Schuldners eingreife als die Haft, könne die Auskunft auch nicht als Minus zur Haft angesehen werden.

Da bislang keine einhellige obergerichtliche Entscheidung zu dieser Frage existiert, weigern sich die Gerichtvollzieher daher auch regelmäßig, dem Auskunftsersuchen des Insolvenzgerichts nachzukommen. Dieses führt zu zeitintensiven Erinnerungsverfahren mit ungewissem Ausgang.

Indem § 98 Absatz 2 Satz 1 InsO-E ausdrücklich bestimmt, dass das Gericht die in § 802l ZPO genannten Drittauskünfte einholen kann, wird dieser in der Praxis missliche Zustand beseitigt und einem Anliegen aus der gerichtlichen Praxis Rechnung getragen. Da die Folgen der Verletzung der Schuldnerpflichten nach § 97 in § 98 ZPO geregelt sind,

wurde die Regelung in § 98 ZPO neu aufgenommen.

Die Schaffung einer entsprechenden Ermächtigungsnorm unmittelbar des Insolvenzgerichts erscheint gegenüber einer Ermächtigung zur Beauftragung des Gerichtsvollziehers vorzugswürdig (so auch Siebert, Anm. zu AG München NZI 2016, 541; 542; Beth, NZI 2016, 109, 112). Hierfür sprechen systematische Gründe und Effizienzgesichtspunkte. Dem Gerichtsvollzieher kommen im Insolvenzverfahren (anders als dem Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter) keine Aufgaben zu. Insbesondere obliegt es ihm nicht, die Vermögenswerte des Schuldners zu ermitteln. Durch die direkte Ermächtigung entfällt außerdem der Umweg über den Gerichtsvollzieher. Auch der Umstand, dass die Insolvenzgerichte aktuell - anders als die Gerichtsvollzieher - softwaremäßig noch keine Möglichkeit haben, die Informationen im Sinne des § 802l ZPO innerhalb kürzester Zeit einzuholen, steht dem nicht entgegen, da eine entsprechende Softwareausstattung der Justiz gewährleistet werden kann.

Durch den Verweis des § 20 Absatz 1 Satz 2 auf § 98 InsO ist auch klargestellt, dass die Befugnis des Insolvenzgerichts, Fremdauskünfte bei den in § 802l ZPO genannten Stelle einzuholen, auch im Eröffnungsverfahren gilt.

Voraussetzung für eine entsprechende Anordnung ist, dass die Schuldner ihren Auskunftspflichten im Insolvenzverfahren nicht oder nicht hinreichend nachgekommen sind. Dies entspricht in der Sache der Konstellation des § 802l Absatz 1 Satz 1 Alternative 1 ZPO. Dagegen erscheint die Aufnahme einer weiteren Voraussetzung entsprechend § 802l Absatz 1 Satz 1 Alternative 2 ZPO, dass mit einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers ausweislich der Auskunft nicht gerechnet werden kann, nicht sachgerecht. Bei einem Fremdantrag wird in aller Regel nicht von einer vollständigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger auszugehen sein, da die Auskunftspflicht des Schuldners nach § 20 Absatz 1 Satz 1 InsO nur bei einem zulässigen Insolvenzantrag greift. Ein zulässiger Fremdantrag setzt jedoch voraus, dass ein Insolvenzgrund (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) glaubhaft gemacht ist. Es würde sich daher um ein beliebiges Kriterium handeln, dass in der Sache in der weit überwiegenden Zahl der Fälle erfüllt wäre. Eine Beschränkung wäre damit nicht verbunden.

Daher ist für die Ermöglichung einer Auskunft in Fällen, in denen der Schuldner seiner Auskunftspflicht nachgekommen ist, im Besonderen auf die Erforderlichkeit der Auskunft abzustellen. Zwar bedarf es im Rahmen des § 802l ZPO keiner Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Auskunft des Schuldners (BGH, NJW 2015, 2509, a.A. MünchKomm-ZPO/Wagner 16. Aufl., 2016, § 802l, Rn. 11). Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wird dagegen im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit regelmäßig zu prüfen sein, ob Anhaltspunkte für Unrichtigkeiten in der vom Schuldner abgegebenen Selbstauskunft bestehen, da andernfalls die Gefahr von Abfragen "ins Blaue hinein" oder Rasterabfragen besteht. Der Vorbehalt der Erforderlichkeit soll dem entgegentreten, um einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht der Schuldner auf informationelle Selbstbestimmung zu vermeiden.

In den Fällen des § 802l Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Nummer 5 ZPO obliegt die Feststellung der tatsächlichen Anhaltspunkte dem Insolvenzgericht.

Dadurch, dass § 802l Absatz 2 ZPO für entsprechend anwendbar erklärt wird, wird klargestellt, dass unnötige Datenerhebungen vermieden werden und das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Schuldner hinreichend gewahrt bleiben soll. Zugleich wird durch die partielle Verweisung auf § 802m ZPO-E eine Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung der berufsständischen Versorgungswerke an die Insolvenzgerichte geschaffen. Eine Verweisung auf § 802m Absatz 1 Satz 3 und 4 ZPO-E erfolgt dabei nicht, denn das Insolvenzgericht hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen bereits im Rahmen der Entscheidung über die Einholung von Drittauskünften zu prüfen.

Die Anordnung zur Einholung der Drittauskünfte ergeht von Amts wegen und ist durch Beschluss, in dem die einzelnen einzuholenden Auskünfte anzugeben sind, zu begründen. In dem Beschluss muss auch angegeben werden, bei welchen der in § 802l ZPO genannten Stellen die Auskünfte einzuholen sind. Funktionell zuständig für die Anordnung im Eröffnungsverfahren ist nach § 18 Absatz 1 Nummer 1 RPflG in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. April 2013 (BGBl. I S. 778, 2014 I S. 46), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 17. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2573) geändert worden ist, der Richter und nach Eröffnung in der Regel der Rechtspfleger. Die Entscheidung des Richters ist nach § 6 nicht anfechtbar, die des Rechtspflegers ist nach § 11 Absatz 2 Satz 1 RPflG mit der befristeten Erinnerung angreifbar.

Im Rahmen der Erholung der Auskünfte anfallende Kosten sind Bestandteil der Kosten des Insolvenzverfahrens und durch das Gericht beim Kostenschuldner einzuziehen."

cc) Die Begründung zu Artikel 4 ist wie folgt zu ändern:

aaa) In der Begründung "Zu Nummer 2 (§ 74a Absatz 2)" sind die Überschrift "Zu Buchstabe a) (Satz 1)" und die Begründung "Zu Buchstabe b (Satz 3)" zu streichen.

bbb) Folgende Begründung ist anzufügen:

"Zu Nummer 3 (§ 74a Absatz 3)

Mit der neu in Artikel 4 eingefügten Nummer 3 wird der Tatsache Rechnung getragen, dass nach § 98 Absatz 2 InsO-E nunmehr auch die Insolvenzgerichte bei den gesetzlichen Rentenversicherungen die Adresse des aktuellen Arbeitgebers des Schuldners erfragen können. Da die Übermittlung der Daten nach den bisherigen Vorschriften nur im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens zulässig ist, bedarf es hierfür einer Regelung, die die Übermittlung der Daten an das Insolvenzgericht in diesen Fällen erlaubt." ]

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Zu Buchstabe a:

Eine Anpassung des § 802m ZPO-E ist geboten, da die Zuständigkeit für die Erholung von Drittauskünften dem Insolvenzgericht selbst zuzuordnen ist (siehe auch zu Buchstabe b).

Zu Buchstabe b:

Die Regelung der Einholung von Drittauskünften auch im Insolvenzverfahren ist notwendig, um einen Gleichlauf zwischen Vollstreckungs- und Insolvenzverfahren herzustellen. Dabei ist die Befugnis zur Einholung der Auskünfte bei den in § 802l ZPO benannten Stellen allerdings, - anders als im Vollstreckungsverfahren - nicht dem Gerichtsvollzieher, sondern dem Insolvenzgericht zuzuweisen. Hierfür sprechen systematische Gründe und Effizienzgesichtspunkte. Dem Gerichtsvollzieher kommen im Insolvenzverfahren (anders als dem Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter) keine Aufgaben zu. Insbesondere obliegt es ihm nicht, die Vermögenswerte des Schuldners zu ermitteln. Durch die direkte Ermächtigung entfällt außerdem der Umweg über den Gerichtsvollzieher. Aus dem Umstand, dass die Insolvenzgerichte aktuell - anders als die Gerichtsvollzieher - softwaremäßig noch keine Möglichkeit haben, die Informationen im Sinne des § 802l ZPO innerhalb kürzester Zeit einzuholen, ergibt sich nichts anderes. Die Softwareausstattung der Justiz muss sich der Rechtslage anpassen - nicht umgekehrt.

Voraussetzung für eine entsprechende Anordnung ist, dass der Schuldner seinen Auskunftspflichten im Insolvenzverfahren nicht oder nicht hinreichend nachgekommen ist. Dies entspricht in der Sache der Konstellation des § 802l Absatz 1 Satz 1 Alternative 1 ZPO. Dagegen erscheint die Aufnahme einer weiteren Voraussetzung entsprechend § 802l Absatz 1 Satz 1 Alternative 2 ZPO, dass mit einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers ausweislich der Auskunft nicht gerechnet werden kann, nicht sachgerecht. Es würde sich um ein beliebiges Kriterium handeln, das in der Sache in der weit überwiegenden Zahl der Fälle erfüllt wäre. Eine Beschränkung wäre damit nicht verbunden.

Daher ist für die Ermöglichung einer Auskunft in Fällen, in denen der Schuldner seiner Auskunftspflicht nachgekommen ist, im Besonderen auf die Erforderlichkeit der Auskunft abzustellen. Zwar bedarf es im Rahmen des § 802l ZPO keiner Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Auskunft des Schuldners (BGH, NJW 2015, 2509, a.A. MünchKomm-ZPO/Wagner 16. Aufl., 2016, § 802l, Rn. 11). Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wird dagegen im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit regelmäßig zu prüfen sein, ob Anhaltspunkte für Unrichtigkeiten in der vom Schuldner abgegebenen Selbstauskunft bestehen, da andernfalls die Gefahr von Abfragen "ins Blaue hinein" oder Rasterabfragen besteht. Der Vorbehalt der Erforderlichkeit soll dem entgegen treten.

Zu Buchstabe c:

Es handelt sich um eine Folgeänderung, die sich daraus ergibt, dass den Insolvenzgerichten durch § 98 Absatz 2 InsO-E die Befugnis zu Einholung von Auskünften gegenüber den Rentenversicherungsträgern eingeräumt wird. Systematisch ist dies in einem neuen § 74a Absatz 3 SGB X zu regeln, da § 74a Absatz 2 SGB X an die Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens anknüpft, an dem es bei einem Insolvenzverfahren fehlt.

B

4. Der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.

C

5. Der Rechtsausschuss schlägt dem Bundesrat ferner vor, Minister Peter Biesenbach (Nordrhein-Westfalen) gemäß § 33 der Geschäftsordnung des Bundesrates zum Beauftragten des Bundesrates für die Beratung des Gesetzentwurfes im Deutschen Bundestag und seinen Ausschüssen zu bestellen.