Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 1. Februar 2008
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 14.03.08

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909, 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche

Dem Artikel 229 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494, 1997 I S. 1061), zuletzt geändert durch ... wird folgender § [17] angefügt:"

§ 17 Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts

Artikel 3
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Erbrecht (Probleme des geltenden Rechts und Lösungen)

1. Gesellschaftliche Rahmenbedingungen

Das geltende Erbrecht, das in seinen wesentlichen Zügen Ende des 19. Jahrhunderts kodifiziert worden ist, hat sich in seiner Grundkonzeption bewährt. Allerdings haben sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Wertvorstellungen seither geändert:

Dieser gesellschaftliche Wandel in seiner Gesamtheit erfordert keine Gesamtreform des Erbrechts, in einzelnen Bereichen besteht jedoch Änderungsbedarf. Dabei sind Änderungen im Pflichtteilsrecht vordringlich.

2. Rechtliche Ausgangssituation

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 19. April 2005 (BVerfGE 112, 332 ff.) den Rahmen für mögliche Änderungen im Pflichtteilsrecht vorgegeben.

Kern der Entscheidung ist der verfassungsrechtliche Schutz des Pflichtteilsrechts der Abkömmlinge. So wird die grundsätzlich unentziehbare und bedarfsunabhängige Mindestbeteiligung der Kinder des Erblassers an dessen Nachlass durch die Erbrechtsgarantie des Artikels 14 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (allgemeigg_ges.htm ) gewährleistet. Damit scheidet eine zum Teil immer wieder diskutierte völlige Abschaffung des Pflichtteilsrechts aus (vgl. z.B. Petri, ZRP 93, 205 f.; Dauner-Lieb, FF 2000, 110, 114). Der Gesetzgeber hat aber einen weiten Spielraum bei der Ausgestaltung des Pflichtteilsrechts im Einzelnen (BVerfG, a. a. O., S. 355). Im Spannungsfeld zwischen Testierfreiheit des Erblassers einerseits und einer unentziehbaren angemessenen Nachlassteilhabe der Kinder andererseits kann der Gesetzgeber Lösungen für einen den aktuellen gesellschaftlichen Bedingungen gemäßen Interessenausgleich finden.

Dabei muss der Gesetzgeber auch die tragenden Gründe für die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend berücksichtigen. Im Wesentlichen hat das Bundesverfassungsgericht auf folgende zwei Punkte abgestellt:

- Familiensolidarität

Das Bundesverfassungsgericht hat sich bei seiner Entscheidung im Wesentlichen von der innerhalb einer Familie bestehenden familiären Verantwortung füreinander leiten lassen. Diese Familiensolidarität findet insbesondere in § 1618a BGB ihren einfachrechtlichen Niederschlag. Neben der aus dieser Vorschrift folgenden allgemeinen Verpflichtung zu Beistand und Rücksichtnahme ist vermögensrechtlich die gegenseitige Unterhaltspflicht aus § 1601 BGB hervorzuheben.

Diese wechselseitigen Pflichten führen dazu, dass das Vermögen, sei es das der Kinder, sei es das der Eltern, typischerweise auf Beiträgen beider Seiten beruht.

So können Kinder das Vermögen der Eltern durch Unterhaltszahlungen, Pflegeleistungen oder anderweitige Hilfe erhalten oder vermehren. Umgekehrt können die Eltern durch entsprechende Ausbildung der Kinder den Grundstock für das selbst erwirtschaftete Vermögen der Kinder legen.

Weiterhin kann der Erblasser einen Teil des Nachlasses auch selbst ererbt haben.

Regelmäßig wird es sich hier um ein Erbe aufgrund familiärer Beziehungen handeln. Die Weitergabe von Vermögen innerhalb der Familie hat eine lange Tradition. Auch ist der Wunsch, das Vermögen für die Familie zu erhalten und in ihr weiter zu geben, in unserer Gesellschaft trotz der teilweisen Lockerung traditioneller familiärer Bindungen und Strukturen nach wie vor tief verankert. Sind die familiären Beziehungen intakt, werden Kinder üblicherweise nicht enterbt.

Die Familiensolidarität führt somit dazu, dass der Nachlass des Erblassers regelmäßig nicht einseitig nur vom Erblasser allein, sondern auch von seiner Familie miterwirtschaftet worden ist.

- Familienschützende Funktion

In den Familien, in denen die Familiensolidarität z.B. wegen Entfremdung von Eltern und Kindern nicht mehr gelebt wird, hat das Pflichtteilsrecht eine familienschützende Funktion. Der Testierfreiheit des Erblassers werden Grenzen gesetzt.

Haben Eltern, aus welchen Gründen auch immer, keinen Kontakt zu ihrem Kind, so können sie deshalb ihr Kind enterben. Sie können es aber nicht völlig von der Teilhabe am Nachlass ausschließen. Durch das Pflichtteilsrecht bleiben die familiären Bande bei der Verteilung des Nachlasses erhalten und verhindern, dass das Kind wegen dieser Entfremdung völlig vom Nachlass ausgeschlossen wird. Insbesondere nichteheliche Kinder oder Kinder aus vorangegangenen Verbindungen wie einer geschiedenen Ehe werden davor bewahrt, bei der Verteilung des Nachlasses leer auszugehen.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betrifft zwar ausdrücklich nur das Pflichtteilsrecht der Abkömmlinge. Allerdings gelten die für das Pflichtteilsrecht angeführten Gründe auch für das Eltern- und Ehegattenpflichtteilsrecht. Deshalb scheidet eine Abschaffung auch hier aus.

3. Wesentliche Problem- und Diskussionspunkte im Erb- und insbesondere im Pflichtteilsrecht

Seit der Reform des Nichtehelichenrechts im Jahre 1969 hat es Forderungen nach weiteren Reformen im Erbrecht gegeben. Dabei haben sich insbesondere im Pflichtteilsrecht folgende Hauptproblem- und Diskussionspunkte herauskristallisiert:

Der in der Praxis in der Regel vorkommende Fall, dass der Erblasser von seinem nicht berufstätigen Kind gepflegt wird, wird damit nicht erfasst. Selbst wenn eine Ausgleichung in Betracht kommt, hat gerade die Beratungspraxis mangels gesetzlicher Anhaltspunkte Schwierigkeiten, durch einen Vergleich ein angemessenes Entgelt zu ermitteln.

4. Ziele der Änderungsvorschläge im Erb- und Pflichtteilsrecht

Der Entwurf setzt bei den geschilderten Problemen an und schlägt für die geänderten rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angemessene Lösungen vor.

Im Einzelnen:

5. Vereinfachungen und Modernisierungen

Der Entwurf nutzt auch die Chance, das geltende Recht zu modernisieren und zu vereinfachen:

II. Verjährungsvorschriften für familien- und erbrechtliche Ansprüche

(Probleme des geltenden Rechts und Lösung)

Seit 1. Januar 2002 sind die Verjährungsvorschriften im Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) grundlegend neu geordnet worden. Mit dem Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3214) wurde die Anpassung von Verjährungsvorschriften auch außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs an die neue Systematik der Regelverjährung durchgeführt. Es gilt jetzt überwiegend die neue Regelverjährung mit einer Kombination aus einer kenntnisabhängigen Verjährungsfrist von drei Jahren und einer kenntnisunabhängigen Verjährungshöchstfrist von zehn oder 30 Jahren gemäß §§ 195, 199 BGB. Für familien- und erbrechtliche Ansprüche gilt dagegen gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB eine allgemeine Sonderverjährung von 30 Jahren.

Die lange Sonderverjährung für familien- und erbrechtliche Ansprüche hat sich neben der neuen Regelverjährung nicht bewährt. Es zeigen sich Wertungsunterschiede, die im Gegensatz zu der vom Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Schuldrechtsmodernisierung beabsichtigten Vereinheitlichung und Vereinfachung der Verjährungsvorschriften stehen und nicht zu der erstrebten Rechtsklarheit und -sicherheit führen. Davon sind insbesondere die Haftung des Vormunds, Pflegers und Betreuers für Pflichtwidrigkeiten bei Ausübung ihres Amtes betroffen. Entgegen der sonst geltenden Regelverjährung sind sie über 30 Jahre hinweg Schadensersatzansprüchen ausgesetzt.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Sonderverjährungsregelung des § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB aufgehoben. Sowohl die familienrechtlichen als auch die erbrechtlichen Ansprüche werden mit den notwendigen Modifikationen in das System der Regelverjährung integriert.

Lediglich für die Ansprüche des Erben gegen den Erbschaftsbesitzer und des Nacherben gegen den Vorerben auf Herausgabe der Erbschaft sowie für den Anspruch des Erben gegen den Besitzer eines unrichtigen Erbscheins auf Herausgabe des Erbscheins an das Nachlassgericht wird noch eine 30-jährige Sonderverjährung vorgesehen. Entsprechend gilt auch für die der Durchsetzung des Erbschaftsanspruchs dienenden Auskunftsansprüche die Sonderverjährung von 30 Jahren. Unberührt bleiben die auf die Zukunft gerichteten Ansprüche aus einem familienrechtlichen Verhältnis, die gemäß § 194 Abs. 2 BGB unverjährbar sind. Für die betroffenen Rechtsbereiche hat das folgende Konsequenzen:

1. Familienrechtliche Ansprüche

Eine deutliche Abkürzung der Verjährungsfrist bedeutet die Umstellung von der 30- jährigen Sonderverjährung auf die Regelverjährung von drei Jahren ( § 195 BGB) für den Anspruch des Ehegatten/Lebenspartners wegen Verletzung der Pflichten aus dem Ehe- oder Lebenspartnerschaftsverhältnis, §§ 1353, 1359 BGB, §§ 2, 4 des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG), den Anspruch des Kindes aus dem Sorgeverhältnis, § 1664 BGB, und den bisher ebenfalls nach § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB verjährenden Ausgleichsanspruch für ehebedingte Zuwendungen, § 313 BGB.

Die Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB ist auch für diese Ansprüche grundsätzlich sachgerecht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Hemmungstatbestände des § 207 BGB die familiäre oder eine dieser gleichgestellten Binnengemeinschaft (z.B. Vormundschaft) vor einer Störung durch den Zwang zur gerichtlichen Geltendmachung vermeintlicher oder bestehender Ansprüche bewahren. Die Hemmung der Verjährung besteht jeweils für die Dauer des zugrunde liegenden familienrechtlichen Rechtsverhältnisses. Danach steht für die Geltendmachung des Anspruchs die volle Verjährungsfrist von drei Jahren bei Kenntnis und zehn Jahren ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Anspruchs zur Verfügung.

Die familienrechtlichen Verhältnisse, die die aufgeführten Ansprüche begründen, sind durch ein besonderes Näheverhältnis gekennzeichnet, so dass eine zeitnahe Kenntnis oder ein zeitnahes Kennenmüssen ohne grobe Fahrlässigkeit im Regelfall anzunehmen ist. Die spezifischen Aufklärungsprobleme aus Anlass eines Erbfalls, die unter Umständen eine lange Verjährungsfrist erfordern, sind für die familienrechtlichen Ansprüche gerade nicht als charakteristisch anzuführen. Eine kenntnisunabhängige Verjährungshöchstfrist von zehn Jahren ist daher auch für diese Ansprüche zur Rechtswahrung ausreichend. Im Einzelnen gilt Folgendes:

2. Erbrechtliche Ansprüche

Auch für die erbrechtlichen Ansprüche in Buch 5 soll die bisherige Sonderverjährung nach § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB entfallen. Es gilt nunmehr die Regelverjährung gemäß §§ 195, 199 BGB. Bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Gläubigers hinsichtlich der den Anspruch begründenden Umstände und der Person des Schuldners verjähren auch die aus einem Erbfall herrührenden Ansprüche - mit Ausnahme der Ansprüche auf Herausgabe der Erbschaft gegen den Erbschaftsbesitzer und den Vorerben sowie auf Herausgabe eines falschen Erbscheins an das Nachlassgericht - in drei Jahren. Allerdings ist bei den auf einem Erbfall beruhenden Ansprüchen wegen der typischerweise auftretenden Schwierigkeiten bei der Feststellung der maßgeblichen Umstände dem Bedürfnis nach einer ausreichend langen Verjährungsfrist Rechnung zu tragen. Dies geschieht durch Einführung einer weiteren absoluten Höchstfrist von 30 Jahren ab Entstehung des Anspruchs - im Regelfall der Eintritt des Erbfalls - in § 199 Abs. 3a BGB-E. Das so modifizierte System der Regelverjährung entspricht damit für die von einer ungewissen Erbrechtslage betroffenen Ansprüche im Wesentlichen der bisherigen Sonderverjährung des Pflichtteilsanspruchs gemäß § 2332 Abs. 1 BGB.

Das besondere Näheverhältnis, das die beschriebenen familienrechtlichen Verhältnisse regelmäßig kennzeichnet, muss zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr gegeben sein.

Hier kann es vielmehr schwierig und zeitaufwendig sein, etwa die gesetzlichen oder berufenen Erben festzustellen und aufzufinden. Ein Testament kann erst spät aufgefunden oder seine Gültigkeit erst nach längerer Zeit geklärt werden. Diese besonderen Verhältnisse, die sich mitunter erst lange Zeit nach dem Erbfall klären lassen - von denen mithin erst spät Kenntnis erlangt werden kann -, standen dem Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vor Augen, als er für die familien- und erbrechtlichen Ansprüche die Sonderverjährung nach § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorsah (Begründung zu § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB im Gesetzentwurf zur Schuldrechtsmodernisierung unter Hinweis auf das späte Auffinden eines Testaments, BT-Drs. 014/6040, S. 106). Durch den Zwang zur Geltendmachung auch der aus einem Erbfall herrührenden Ansprüche binnen drei Jahren, wenn die erforderliche Kenntnis vorliegt, wird dem Rechtsfrieden besser gedient als durch eine in der Sache nicht gerechtfertigte und zum sonstigen System

III. Gesetzgebungszuständigkeit

Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes folgt aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (Bürgerliches Recht).

IV. Kosten, Preiswirkungen/Bürokratiekosten

Für die öffentlichen Haushalte sind keine Mehrkosten zu erwarten.

Für die Wirtschaft, insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen, entstehen keine Mehrkosten. Zwar liegen hier keine statischen Daten vor, aber es ist davon auszugehen, dass die Änderung der Stundungsregelung in § 2331a BGB-E positive nicht bezifferbare Auswirkungen gerade für kleinere und mittlere Unternehmen haben kann. Künftig kann jeder Erbe eines Unternehmens die Stundung des Pflichtteilsanspruchs verlangen, wenn durch die Auszahlung des Pflichtteilsanspruchs die Gefahr der Nichtfortführung dieses Unternehmens besteht. Auswirkungen des Gesetzes auf Einzelpreise, auf das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Zusätzliche Bürokratiekosten sind nicht zu erwarten.

V. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung

Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung sind nicht zu erwarten.

B. Besonderer Teil

Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs)

Zu Nummer 1 ( § 197 BGB)

Zu Buchstabe a ( § 197 Abs. 1 BGB)

Mit der Neufassung des § 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB-E und der Aufhebung von § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB wird die 30-jährige Sonderverjährung für familien- und erbrechtliche Ansprüche größtenteils aufgehoben. Nur noch für die auf dem Erbrecht beruhenden Herausgabeansprüche nach den §§ 2018, 2130 und 2362 BGB soll weiterhin die 30-jährige Sonderverjährung gelten. Der Anspruch gegen den Erbschaftsbesitzer auf Herausgabe des aus dem Nachlass Erlangten soll dem wahren Erben den Zugriff auf die Erbschaft sichern und erleichtern und andererseits auch dem Erbschaftsbesitzer eine Privilegierung zugute kommen lassen.

Die §§ 2018 bis 2030 BGB, insbesondere §§ 2026, 2029 BGB, stellen hierzu ein entsprechendes Instrumentarium zur Verfügung. Zur Sicherstellung eines effektiven Rechtsschutzes des Erben und zur Aufrechterhaltung des in den Vorschriften zum Erbschaftsanspruch zum Ausdruck kommenden Interessenausgleichs zwischen dem wahren Erben und dem Erbschaftsbesitzer ist hier die Beibehaltung einer ausreichend langen Verjährung geboten.

Die ausschließlich objektive Anknüpfung des Verjährungsbeginns in § 200 BGB ist für den Verjährungsgleichlauf hinsichtlich aller im Erbschaftsanspruch verbundenen Ansprüche erforderlich. Er wäre aber nicht gewährleistet, wenn es hier jeweils auf den Zeitpunkt der Kenntnis hinsichtlich der einzelnen Erbschaftsgegenstände ankäme. Vor allem wird so auch ein Gleichlauf mit der Sonderverjährung für die Herausgabeansprüche aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten, § 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB, gewährleistet, die dem Erbschaftsanspruch als Einzelansprüche zugrunde liegen. Auch in praktischer Hinsicht ist ein Gleichlauf der Verjährungsfrist des Anspruchs aus § 985 BGB mit dem Anspruch aus § 2018 BGB sinnvoll.

Ebenso bedarf der Anspruch des Nacherben gegen den Vorerben auf Herausgabe der Erbschaft der 30-jährigen Sonderverjährung, da er vergleichbar dem Erbschaftsanspruch nach § 2018 BGB dem Nacherben den Zugriff auf die Erbschaft in ihrer Gesamtheit ermöglichen soll. Da der Anspruch des Erben auf Herausgabe eines unrichtigen Erbscheins an das Nachlassgericht nach § 2362 Abs. 1 BGB verhindern soll, dass die Erlangung der Erbschaft durch den Erben gefährdet wird, ist auch für diesen Anspruch die 30-jährige Sonderverjährung anstelle der Regelverjährung notwendig.

Gleichzeitig wird ausdrücklich angeordnet, dass die Sonderverjährungsregelung auch für die Hilfsansprüche gilt, die der Durchsetzung der Herausgabeansprüche nach § 197 Abs.1 Nr. 1 BGB-E dienen. Das sind insbesondere die Auskunftsansprüche nach §§ 260, 2027 und 2130 Abs. 2 BGB, aber auch der Auskunftsanspruch nach § 2362 Abs. 2 BGB, der ebenfalls der Durchsetzung des Herausgabeanspruchs nach § 2018 BGB dient. Hilfsansprüche unterliegen einer eigenständigen Verjährungsfrist (BGHZ 33, 373, 379). Dies gilt auch für Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche, ohne die sich viele Hauptansprüche nur schwer durchsetzen lassen. Ohne die Erstreckung des § 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB-E auf die Auskunftsansprüche in den §§ 2027, 2028 und 2130 Abs. 2 BGB, für die bisher die gleiche Sonderverjährungsfrist von 30 Jahren wie für die Herausgabeansprüche galt, würden diese Hilfsansprüche nach der Regelverjährung erheblich früher verjähren als die Herausgabeansprüche, deren Durchsetzung sie dienen sollen. Dies gilt auch in Bezug auf Hilfsansprüche zur Durchsetzung der Herausgabeansprüche aus dem Eigentum und anderen dinglichen Rechten.

Deshalb sollen jetzt auch alle Hilfsansprüche, die der Durchsetzung der Herausgabeansprüche aus dem Eigentum und anderen dinglichen Rechten sowie der genannten Herausgabeansprüche des Erben dienen, ausdrücklich der gleichen Sonderverjährungsregelung unterstellt werden wie die Hauptansprüche.

Mit Ausnahme der Herausgabeansprüche des Erben nach Absatz 1 Nr. 1 soll im Übrigen auch für die Ansprüche in Buch 4 und 5 nunmehr die Regelverjährung gemäß §§ 195, 199 BGB gelten. Auf die Ausführungen in der Begründung zu A II. wird Bezug genommen. Für erbrechtliche Ansprüche, deren Geltendmachung eine Kenntnis voraussetzt, die möglicherweise erst in großem zeitlichen Abstand zum Erbfall erlangt wird, sieht der Entwurf eine neue absolute Verjährungshöchstfrist von 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an in § 199 Abs. 3a BGB-E (vgl. Nr. 2) vor.

Zu Buchstabe b (§ 197 Abs. 2 Satz 1 BGB)

Mit der Einführung der unmittelbaren Geltung der Regelverjährung für familien- und erbrechtliche Ansprüche wird die Rückverweisung auf die Regelverjährung in Absatz 2 Satz 1 für die darauf beruhenden Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen oder Unterhaltsleistungen obsolet sie kann deshalb gestrichen werden.

Zu Nummer 2 ( § 199 BGB)

Zu Buchstabe a (Überschrift § 199 BGB)

Mit der Änderung soll klargestellt werden, dass auch die Höchstfristen nach den Absätzen 2 bis 4 Verjährungsfristen sind, was im Zusammenhang mit der Anwendung der Übergangsbestimmungen in Artikel 229 § 6 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche verneint worden ist.

Zu Buchstabe b ( § 199 Abs. 1 BGB)

Durch die Einfügung soll klargestellt werden, dass für die Regelverjährung ein von Absatz 1 abweichender Fristbeginn vorgesehen werden kann.

Zu Buchstabe c (§ 199 Abs. 3a BGB-E)

Mit § 199 Abs. 3a Satz 1 BGB-E soll eine 30-jährige Verjährungshöchstfrist für Ansprüche neu eingefügt werden, die auf einem Erbfall beruhen und deren Durchsetzung daher Kenntnis einer Rechtsnachfolge von Todes wegen, insbesondere also vom Erbfall, oder auch Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen und der sich hieraus jeweils ergebenden Anspruchsberechtigung voraussetzt. Die 30-jährige Verjährungshöchstfrist berücksichtigt den Umstand, dass sich die erbrechtlich relevanten Sachverhalte mitunter erst lange Zeit nach dem Erbfall klären lassen. Zum Beispiel erlangt ein zum Erbe Berufener mitunter erst spät Kenntnis vom Tod des Erblassers, vom Grund seiner Berufung oder vom Verbleib einzelner Erbschaftsgegenstände. Entsprechendes gilt für Vermächtnisnehmer und Pflichtteilsberechtigte.

Erst mit der Klärung dieser Verhältnisse liegt die für die Geltendmachung des Anspruchs erforderliche Kenntnis vor, die dann zum Jahresschluss den Lauf der Regelverjährung von drei Jahren auslöst, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB. Von der Höchstfrist nach Absatz 3a sind auch auf einem Erbfall beruhende Ansprüche betroffen, die regelmäßig wiederkehrende Leistungen - etwa aufgrund eines Vermächtnisses - zum Inhalt haben. Da diese Ansprüche aus dem Nachlass zu bedienen sind und der Erbe seine Haftung auf den Nachlass begrenzen kann besteht kein Anlass, diese Ansprüche von der 30-jährigen Höchstfrist auszunehmen und sie der zehnjährigen Verjährungshöchstfrist nach Absatz 4 zu unterwerfen.

Die Höchstfrist des § 199 Abs. 3a BGB-E gilt indessen nicht für die zum Nachlass gehörenden Verbindlichkeiten und Forderungen des Erblassers, da sie nicht auf dem Erbfall beruhen.

Für diese richtet sich die Verjährung nach dem ihnen zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zwischen Erblasser und Drittem. Um den Verjährungsablauf während der Zeit bis zur Annahme der Erbschaft, bis zur Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens oder bis zu dem Zeitpunkt, ab dem die Ansprüche von einem oder gegen einen Vertreter geltend gemacht werden können, zu verhindern, hemmt § 211 Satz 1 BGB den Ablauf der Verjährungsfrist. Im Übrigen kann zur gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs die Bestellung eines Nachlasspflegers beantragt werden, wenn die Erbschaft noch nicht angenommen ist.

Zu Buchstabe d ( § 199 Abs. 4 BGB)

Bei der vorgeschlagenen Neufassung von Absatz 4 handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung im Hinblick auf die in Absatz 3a eingefügte Verjährungshöchstfrist.

Zu Nummer 3 ( § 207 BGB)

In Anbetracht des mit dem Ende der Minderjährigkeit im Regelfall noch nicht abgeschlossenen Ablösungsprozesses der Kinder von den Eltern würde eine kenntnisabhängige Regelverjährung von drei Jahren ab Eintritt der Volljährigkeit für die Geltendmachung etwaiger Ansprüche nicht selten unangemessen kurz sein. Dies betrifft vor allem familienrechtliche Ansprüche zwischen Eltern und Kindern wie etwa den Anspruch auf Herausgabe des Kindesvermögens und Rechenschaft bei Beendigung der elterlichen Vermögenssorge, § 1698 BGB. Dem jungen Volljährigen soll nicht zugemutet werden, dass er durch eine kurze Verjährungsfrist zur Klageerhebung gegen seine Eltern gezwungen ist, obwohl der Ablösungsprozess gerade erst einsetzt, er überwiegend noch dem Hausstand seiner Eltern angehört und sich in einer Ausbildung befindet. Auch den Eltern soll nicht zugemutet werden, etwaige Ansprüche gegen das Kind bereits bis zum Erreichen seines 21. Lebensjahres geltend machen zu müssen. Diese Privilegierung ist auch hinsichtlich sonstiger - etwa schuldrechtlicher - Ansprüche zwischen Eltern und Kindern angemessen, da der zur Begründung der Privilegierung herangezogene Lebenssachverhalt hier kein anderer ist. Ansprüche zwischen Eltern und Kindern müssen bei entsprechender Kenntnis gemäß § 195 BGB danach erst bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres gerichtlich geltend gemacht werden.

Im Übrigen wird der Wortlaut sprachlich vereinfacht. Er berücksichtigt darüber hinaus die geltende Rechtslage, indem er nunmehr auch den Lebenspartner eines Elternteils ausdrücklich einbezieht.

Zu Nummer 4 ( § 1302 BGB)

Statt der geltenden zweijährigen Sonderverjährung nach Auflösung des Verlöbnisses soll die Regelverjährung nach § 195 BGB angewendet werden. Für den Beginn der Verjährungsfrist wird aber abweichend von § 199 Abs. 1 BGB der Zeitpunkt der Auflösung des Verlöbnisses bestimmt was der bisher geltenden Rechtslage entspricht. Der Verjährungsbeginn wird nicht bis zum Jahresschluss hinausgeschoben. Auch auf die subjektive Kenntnis kommt es nicht an. Dadurch ist zugleich auch die Höchstfrist nach § 199 Abs. 4 BGB gegenstandslos, da die Ansprüche ohne Rücksicht auf die Kenntnis bereits nach drei Jahren verjähren. Dies bedeutet gegenüber der bisherigen Regelung eine Verlängerung der Verjährung um ein Jahr. Die Eröffnung des kenntnisabhängigen Verjährungsbeginns nach § 199 Abs. 1 und 4 BGB würde dagegen den Anspruchsschuldner einer unnötigen Unsicherheit über eine Anspruchsstellung auch nach Ablauf von drei Jahren aussetzen. Der Änderungsvorschlag ist trotz der geringen praktischen Bedeutung der zivilrechtlichen Regelungen des Verlöbnisses zur Rechtsvereinheitlichung und Vereinfachung geboten. Die Regelung entspricht damit der Verjährung für den Rückgabeanspruch aus einem Leihverhältnis (§ 604 Abs. 5 BGB) sowie für das Rückforderungsrecht und den Rücknahmeanspruch aus einem Verwahrungsverhältnis (§ 695 Satz 2, § 696 Satz 3 BGB).

Zu Nummer 5 ( § 1378 Abs. 4 BGB)

Mit Anpassung der Verjährung der familienrechtlichen Ansprüche an die Regelverjährung kann die bisherige Sonderverjährung der Zugewinnausgleichsforderung, §§ 1363 ff. BGB, die mit der Beendigung des Güterstands entsteht, § 1378 Abs. 3 Satz 1 BGB, ersatzlos gestrichen werden. Nach geltendem Recht verjährt die Forderung in drei Jahren ab Kenntnis des Ehegatten von der Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft. Auch die Regelverjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB führt im Wesentlichen zu einer dementsprechenden Verjährung. Allerdings löst im Gegensatz zur geltenden Rechtslage künftig auch grob fahrlässige Unkenntnis den Lauf der Verjährungsfrist aus. Die Höchstfrist beträgt bisher gemäß § 1378 Abs. 4 Satz 2 BGB 30 Jahre nach Beendigung des Güterstands. Künftig soll § 199 Abs. 4 BGB gelten, so dass sich die Höchstfrist auf 10 Jahre verringert. Damit führt die Anpassung an die Regelverjährung zwar zu einer Schlechterstellung des Ausgleichsgläubigers.

Dies entspricht aber der gewünschten Harmonisierung, denn die für die Systematik der Regelverjährung getroffenen Grundentscheidungen bei der Interessenabwägung im Verhältnis von Gläubiger und Schuldner kommen auch hinsichtlich der Ansprüche bei Beendigung des Güterstands zum Tragen. In dem Verjährungsbeginn erst mit Jahresschluss, § 199 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB, anstelle des Zeitpunkts, zu dem der Ehegatte Kenntnis von der Beendigung des Güterstands erlangt, liegt eine überschaubare Verlängerung des Verjährungslaufs von drei Jahren, die der Gesetzgeber der Schuldrechtsmodernisierung aber gleichfalls bewusst eingeführt hat. Hierdurch werden Schwierigkeiten bei der Bestimmung des genauen Zeitpunkts der Kenntnis von der Beendigung des Güterstands für den Beginn und die Berechnung des Laufs der Verjährungsfrist vermieden.

Für den Fall der Beendigung des Güterstands durch den Tod des anderen Ehegatten, § 1371 Abs. 1 Satz 1 BGB, richtet sich die Verjährung bisher gemäß § 1378 Abs. 4 Satz 3 BGB nach der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs, § 2332 Abs. 1 BGB. Auch die Sonderverjährung des Pflichtteilsanspruchs entfällt nach dem Entwurf (vgl. Nr. 27) und wird durch die Regelverjährung ersetzt. Bei Kenntnis vom Erbfall und der sonstigen den Anspruch begründenden Umstände soll die Regelverjährung von drei Jahren ab Jahresschluss nach § 199 Abs. 1, § 195 BGB gelten. Ohne Rücksicht auf die Kenntnis beträgt die Verjährungshöchstfrist gemäß § 199 Abs. 3a BGB-E dagegen 30 Jahre, da der Ausgleichsanspruch in diesem Fall auf einem Erbfall beruht. Wird ein den Ehegatten enterbendes Testament aufgefunden, so dass er den Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 2 BGB beanspruchen kann, beträgt die Höchstfrist gemäß § 199 Abs. 3a BGB-E ebenfalls 30 Jahre, da die Geltendmachung des Anspruchs von der Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen abhängt. Das Auseinanderfallen der Verjährungshöchstfristen, je nachdem, ob der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten oder die anderen Beendigungsgründe endet, ist im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse bei einem Erbfall gerechtfertigt, auch wenn es auf die Höchstfrist beim Tod eines Ehegatten nur in Ausnahmefällen ankommen wird.

Zu Nummer 6 (§ 1390 Abs. 3 Satz 1 BGB)

Auch für den Anspruch des Ausgleichsberechtigten gegen den beschenkten Dritten soll in Zukunft die Regelverjährungsfrist nach § 195 BGB gelten. Der Verjährungsbeginn wird nicht auf den Jahresschluss hinausgeschoben. Auf die subjektive Anknüpfung des Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 BGB wird verzichtet mit der Folge, dass die Höchstfrist nach § 199 Abs. 4 BGB nicht anwendbar ist, da der Anspruch ohne Rücksicht auf die Kenntnis in drei Jahren verjährt. Inhaltlich entspricht diese Verjährung bewusst der bisherigen Sonderverjährung, da sich die Interessenlage von Schuldner und Gläubiger im Hinblick auf die Verjährungsdauer nicht geändert hat. Dagegen führte die Eröffnung der kenntnisabhängigen Verjährung zu einer über die Dauer von drei Jahren hinaus währenden Unsicherheit bei dem Beschenkten, ob der ausgleichsberechtigte Ehegatte seinen Anspruch geltend macht. Das soll auch künftig vermieden werden. Die Neuregelung dient somit lediglich der Vereinfachung und systematischen Vereinheitlichung durch Anknüpfung an die Regelverjährung gemäß § 195 BGB. Eine vergleichbare Regelung findet sich in § 604 Abs. 5, § 695 Satz 2 und § 696 Satz 3 BGB.

Zu Nummer 7 ( § 1513 BGB)

Es handelt sich um eine notwendige Folgeänderung aufgrund der Streichung des Absatzes 4 in § 2336 BGB.

Zu Nummer 8 (§ 1600b Abs. 5 Satz 3 BGB)

Durch die Ergänzung der Verweisung des § 1600b Abs. 5 Satz 3 BGB um § 204 Abs. 1 Nr. 4, 8, 13, 14 und Abs. 2 BGB wird klargestellt, dass die Frist zur Anfechtung der Vaterschaft auch in den dort genannten Fällen gehemmt wird.

So ist denkbar, dass der Anspruch auf Einwilligung in eine Abstammungsuntersuchung (Klärungsanspruch) außergerichtlich in einem Güteverfahren geltend gemacht wird. Zwar dürfte dieser Fall in der Praxis äußerst selten vorkommen; um außergerichtliche Einigungsversuche aber nicht durch den drohenden Fristablauf einzuschränken, wird die Anfechtungsfrist entsprechend § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB nunmehr gehemmt. Die Geltendmachung des Anfechtungsrechts im Güteverfahren scheidet aus, sodass der Verweis insoweit (unschädlich) ins Leere läuft.

Für den Fall, dass die Parteien außergerichtlich die Einholung eines Abstammungsgutachtens vereinbaren wird die Anfechtungsfrist nunmehr entsprechend § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB ebenfalls gehemmt. Der in § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB enthaltene Verweis auf die Beauftragung des Gutachters in dem Verfahren nach § 641a BGB geht (unschädlich) ins Leere.

Ferner ist denkbar, dass das zuständige Gericht nach § 36 ZPO bestimmt werden muss, so dass ein Verweis auf § 204 Abs. 1 Nr. 13 BGB erforderlich ist.

Dass die Bekanntgabe eines erstmaligen Prozesskostenhilfeantrages veranlasst wurde, soll eine Hemmung der Anfechtungsfrist entsprechend § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB sowohl beim Klärungsverfahren als auch beim Anfechtungsverfahren bewirken. Das OLG Dresden (Beschluss vom 27. Juli 2005 - 20 WF 337/05 - FamRZ 2006, 55) hat bereits auf der Grundlage des geltenden Rechts eine Hemmung der Anfechtungsfrist durch einen Prozesskostenhilfeantrag bejaht, indem es § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB analog angewendet hat. Diese Analogie wird durch die ausdrückliche Verweisung entbehrlich.

Durch den Verweis auf § 204 Abs. 2 BGB wird sichergestellt, dass die Fristhemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4, 8, 13, 14 BGB nicht (unendlich) fortläuft, sondern sechs Monate nach einer rechtskräftigen Entscheidung (z.B. im Prozesskostenhilfeverfahren) oder einer anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens endet (§ 204 Abs. 2 Satz 1 BGB). Entsprechendes gilt wenn das Verfahren dadurch zum Stillstand kommt, dass die Parteien es nicht betreiben (§ 204 Abs. 2 Satz 2 BGB).

Ein Verweis auf die übrigen Nummern von § 204 Abs. 1 BGB ist nicht erforderlich. Dies trifft insbesondere für § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu, da durch die Erhebung der Anfechtungsklage bereits die Anfechtungsfrist eingehalten wird und insofern kein Hemmungstatbestand mehr vorzusehen ist. Für das Klärungsverfahren ist in § 1600b Abs. 5 Satz 1, 1. Halbsatz BGB gesondert geregelt, dass die Anfechtungsfrist dadurch gehemmt wird, dass das Verfahren eingeleitet wird.

Zu Nummer 9 ( § 1836e BGB)

Zu Buchstabe a (§ 1836e Abs. 1 Satz 1 BGB)

Die Erlöschensfrist für die durch gesetzlichen Forderungsübergang gemäß § 1836e Abs. 1 Satz 1, § 412 BGB auf die Staatskasse übergegangenen Ansprüche des Vormunds gegen den Mündel sowie gemäß der Verweisung in § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB des Betreuers gegen den Betreuten auf Aufwendungsersatz und Vergütung soll ebenfalls an die schuldrechtliche Regelverjährung angepasst werden.

Gegen den Vorschlag kann nicht eingewendet werden, die neue Frist sei nicht mit dem sozialhilferechtlichen Kostenersatzanspruch vergleichbar. Letzterer beruht, soweit er sich gegen den Erben richtet, auf einer eigenständigen gesetzlichen Kostenersatzpflicht des Erben nach § 102 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII), der ausdrücklich die Kosten der Sozialhilfe innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren vor dem Erbfall einbezieht. Einen Anspruch auf Kostenersatz gegen den Leistungsempfänger selbst - im Zusammenhang mit § 1836e BGB also gegen den zu Vermögen gekommene Mündel oder Betreuten - kennt das Sozialhilferecht im Übrigen nur bei schuldhaftem Verhalten, § 103 SGB XII. Es dient daher der Harmonisierung, wenn die Ausschlussfrist des § 1836e BGB an die Regelverjährung von drei Jahren angepasst wird.

Zu Buchstabe b ( § 1836e Abs. 2 BGB)

Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung an § 1836c Nr. 1 BGB.

Zu Nummer 10 ( § 1936 BGB)

Die Vorschrift ist in ihrer geltenden Fassung staatsrechtlich und sprachlich überholt: Die Staatsangehörigkeit eines "Bundesstaates" hat heute keine rechtliche Relevanz mehr. Die Bundesrepublik besteht aus Ländern, nicht aus Bundesstaaten. Der Begriff "Reichsfiskus" ist heute als Fiskus des Bundes auszulegen.

Die Vorschrift soll daher sprachlich modernisiert werden:

Das Erbrecht des Staates knüpft nach dem Vorschlag zunächst an den letzten Wohnsitz des Erblassers, oder, wenn ein solcher nicht feststellbar ist, an seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland an. Es erbt das Land, in dem der letzte Wohnsitz oder Aufenthaltsort liegt.

Der Bund erbt, wenn weder ein letzter Wohnsitz noch ein gewöhnlicher Aufenthalt des Erblassers in Deutschland ermittelt werden kann.

Darüber hinaus wird eine Regelungslücke geschlossen. Sind keine anderen gesetzlichen Erben vorhanden, erbt der Bund nach § 1936 Abs. 2 BGB, wenn der Erblasser Deutscher war und in Deutschland weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

War der Erblasser dagegen nicht Deutscher, fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung. Daher ist umstritten, ob in diesem Falle der deutschen Staat erbt oder der Staat, dem der Erblasser angehörte. Für beide Varianten können gute Gründe angeführt werden (siehe dazu Leipold in MüKomm, 4. Auflage, 2004, § 1936 Rn. 15).

In § 1936 BGB-E wird künftig auf die Voraussetzung verzichtet, dass der Erblasser Deutscher war. Damit ist klargestellt, dass künftig auch bei Erblassern mit fremder Staatsangehörigkeit der Bund erbt, wenn die Norm anwendbar ist.

§ 1936 BGB-E ist nur anwendbar, wenn überhaupt deutsches Erbrecht gilt. Nach deutschem Internationalen Privatrecht wird grundsätzlich an die Staatsangehörigkeit des Erblassers angeknüpft ( Artikel 25 Abs. 1 EGBGB). Hauptfall für die Anwendung deutschen Erbrechts dürfte der Fall sein, dass der Erblasser deutscher Staatsangehöriger war. War der Erblasser dagegen ausländischer Staatsangehöriger, wird nach Artikel 25 Abs. 1 EGBGB grundsätzlich das Recht des Staates zur Anwendung kommen, dem der Erblasser angehörte. Allerdings kann dieses Recht - insbesondere für in Deutschland belegene unbewegliche Nachlassgegenstände

Zu den Nummern 11 und 12 (§ 2050 Abs. 1 und 3 und § 2053 Abs. 1 BGB)

Die §§ 2050 und 2053 BGB enthalten gesetzliche Vermutungen, ob und welche Zuwendungen des Erblassers an einen Abkömmling im Erbfall im Verhältnis zu den anderen Abkömmlingen auszugleichen sind. Will der Erblasser von den gesetzlichen Vermutungen abweichen, muss er dies spätestens bei der Zuwendung erklären. Nachträglich kann der Erblaser keine Anordnung über die Ausgleichung oder deren Ausschluss treffen.

Bei formfreien Zuwendungen wird sich der Erblasser häufig mit der Frage der Ausgleichung nicht auseinander setzen, weil er die entsprechenden Regelungen der §§ 2050, 2053 BGB nicht kennt. Vielfach wird der Erblasser daher keine Bestimmung über den Ausschluss der Ausgleichung nach § 2050 Abs. 1 BGB oder die Anordnung der Ausgleichung nach § 2050 Abs. 3 BGB treffen.

Die Reform des Erb- und Verjährungsrechts will die Testierfreiheit des Erblassers stärken.

Deshalb erhält der Erblasser künftig die Möglichkeit, nachträglich die Ausgleichung anzuordnen oder auszuschließen. Das bedeutet, dass er künftig

Der Erblasser kann also seine Entscheidungen immer wieder ändern. Er kann damit auch nach Anordnung und Rücknahme eine erneute Entscheidung über die Anordnung treffen und auch diese wieder zurücknehmen usw.

Damit kann der Erblasser künftig besser auf veränderte Umstände nach der Zuwendung reagieren. Will sich der Empfänger einer Zuwendung vor nachträglichen Änderungen der Ausgleichungsbestimmung schützen, hat er nach der Neuregelung des § 2278 Abs. 2 BGBE die Möglichkeit, nachträgliche Anordnungen oder Änderungen zusammen mit dem Erblasser bindend in einem Erbvertrag auszuschließen. Lässt sich der Erblasser darauf nicht ein, muss dem Empfänger der Zuwendung bewusst sein, dass er mit solchen nachträglichen Änderungen rechnen muss.

Der Erblasser kann solche nachträglichen Anordnungen jedoch nur in Form einer Verfügung von Todes wegen treffen. Damit wird ein Gleichlauf zu § 2315 BGB-E hergestellt. Auch dort können künftig nachträgliche Bestimmungen über die Anrechnung von Zuwendungen auf den Pflichtteil durch Verfügung von Todes wegen getroffen werden.

Zu Nummer 13 (§ 2057a Abs. 1 Satz 2 BGB)

Da die Ausgleichungspflicht für Pflegeleistungen in § 2057b BGB-E eigenständig geregelt werden soll, hat als notwendige Folgeänderung die bisherige Regelung zu entfallen.

Zu Nummer 14 (§ 2057b BGB-E)

Zu Absatz 1

Zwei Drittel der auf Pflege angewiesenen Personen werden nicht in einem Pflegeheim, sondern im eigenen Zuhause versorgt. Viele Angehörige erbringen hier wichtige Leistungen. Da die Pflege aufgrund der familiären Verbundenheit erfolgt, treffen die Beteiligten in der Praxis vielfach keine verbindlichen und nachweisbaren Regelungen über einen finanziellen Ausgleich, z.B. die Vereinbarung eines angemessenen Entgelts für die Pflegeleistung. Der Gepflegte sorgt aus den unterschiedlichsten Gründen auch nicht immer dafür, die ihm erbrachten Leistungen aus der Pflegeversicherung an die pflegenden Angehörigen weiterzuleiten.

Hat der Erblasser auch keine Verfügung von Todes wegen errichtet, mit der er die Pflege durch Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis hätte honorieren können, geht der pflegende Angehörige für seine erbrachten Leistungen oftmals leer aus. Ist er nur Miterbe, so spiegelt sein Erbteil die überobligatorisch erbrachten Pflegeleistungen im Vergleich zu den anderen Erben häufig nicht wider. § 2057a Abs. 1 Satz 2 BGB ordnet zwar die Anrechung von Pflegeleistungen an hilft aber oft nicht weiter: Die Regelung ist zu eng. Sie gilt nur für Abkömmlinge und nur, wenn die Pflege unter Verzicht auf berufliches Einkommen geleistet wurde. Gerade die letztgenannte Voraussetzung schließt den häufigsten praktischen Pflegefall aus. Hausfrauen, die meist noch neben der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder zusätzlich einen Elternteil pflegen, verzichten nicht auf berufliches Einkommen. Sie erhalten deshalb bei einer Erbauseinandersetzung für die Pflege keinen Ausgleich.

Mit dem vorgeschlagenen neuen § 2057b BGB-E soll die Pflegeleistung stärker und in zahlreicheren Fällen honoriert werden. Dazu setzt der Entwurf in Absatz 1 an folgenden Punkten an:

Der Entwurf verzichtet auf Ausgleichung auch bei gewillkürter Erbfolge. Wie die §§ 2050 ff. und § 2057a BGB geht auch § 2057b BGB-E von der Vermutung aus, der Erblasser habe in den dort geregelten Fällen die Ausgleichung gewollt. Für eine solche Vermutung ist aber kein Raum, wenn der Erblasser sich durch eine Verfügung von Todes wegen eindeutig geäußert und das Erbe nicht der gesetzlichen Erbfolge entsprechend aufgeteilt hat. Im Rahmen einer letztwilligen Verfügung hat es der Erblasser in der Hand, Pflegeleistungen z.B. durch Zuwendung eines erhöhten Erbteils oder eines Vermächtnisses an den Pflegenden zu honorieren.

Die vorgeschlagene Regelung erfasst allerdings einen in der Praxis häufig vorkommenden Fall nicht: Die Pflege des Erblassers durch Schwiegerkinder oder Lebensgefährten. Werden die pflegenden Schwiegerkinder oder Lebensgefährten nicht ausdrücklich in einem Testament oder Erbvertrag oder zu Lebzeiten des Erblassers durch Zuwendungen bedacht, gehen sie für die erbrachten Leistungen leer aus.

Diese Fälle könnten durch die Regelung eines gesetzlichen Vermächtnisses für Pflegeleistungen gelöst werden. Dies würde aber bedeuten, dass auch in den Fällen, in denen sich der Erblasser aus welchen Gründen auch immer bewusst gegen die Honorierung des Pflegenden entscheidet ein Teil des Nachlasses an den Pflegenden fließen würde. Damit läge aber eine verfassungsrechtlich bedenkliche Einschränkung der Testierfreiheit vor, die der Entwurf gerade stärken will.

Die vorgeschlagene Regelung zur Ausgleichung von Pflegeleistungen wird dennoch positive Auswirkungen auch für die oben beschriebenen nicht geregelten Fälle haben. Die Regelung der grundsätzlichen Ausgleichungspflicht bei gesetzlicher Erbfolge soll dokumentieren, dass die Pflegeleistungen ein wichtiger und für die Gesellschaft hoch anerkennenswerter Beitrag sind. Durch die Gesetzesänderung soll der Erblasser motiviert werden, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen und gegebenenfalls im Rahmen einer Verfügung von Todes wegen solche überobligatorischen Leistungen zu honorieren. In den Fällen, in denen eine Verfügung von Todes wegen bereits besteht, die nicht mehr abgeändert werden kann, soll der Entwurf dazu anregen, zu Lebzeiten einen finanziellen Ausgleich zu treffen. Die Honorierung dieser Leistungen soll thematisiert und damit enttabuisiert werden.

Zu Absatz 2

Praktische Probleme verursacht das geltende Recht auch für die Berechnung der Ausgleichung.

Das vom Gesetz vorgegebene Zusammenspiel von Dauer und Umfang der Leistungen mit dem Wert des Nachlasses unter Berücksichtigung der Billigkeit gibt weder für die Beratungspraxis noch für die Gerichte leicht ermittelbare und für die Beteiligten transparente Anhaltspunkte. Der Entwurf schlägt deshalb für die Höhe der Ausgleichung als regelmäßige Berechnungsgrundlage die Sätze des § 36 Abs. 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) vor. Danach sind je Kalendermonat Pflegesätze bis zu einem Gesamtwert von 384 Euro für Pflegestufe I, 921 Euro für Pflegestufe II und 1432 Euro für Pflegestufe III vorgesehen.

Die Pflege durch den Erben wird mit der Anknüpfung an die höheren Beträge für die Fremdleistung grundsätzlich angemessen honoriert. Allerdings werden damit Pflegeleistungen derselben Person im Erbrecht und im SGB XI unterschiedlich bewertet. Bei der Berechnung der Ausgleichung im Erbrecht wird auf die höheren Sätze für Fremdleistungen abgestellt. Das Pflegegeld, das bei einer Pflege durch Angehörige beantragt werden kann, sieht dagegen niedrigere Sätze vor, § 37 Abs. 1 SGB XI. Dies ist kein Widerspruch. Bei Leistungen aus der Pflegeversicherung geht es um staatliche Leistungen, während das Erbrecht eine privatrechtliche Auseinandersetzung betrifft.

Die Sätze des § 36 Abs. 3 SGB XI beziffern den jeweils aktuell geltenden Pflegesatz. Der Pflegesatz für die jeweilige Pflegestufe kann über die Jahre hinweg variieren. Derzeit ist im Gesetzentwurf zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz, BT-Drs. 016/7439) eine gestaffelte Erhöhung der Gesamtwerte für die häusliche Pflegehilfe vorgesehen. Um den Wert für die Ausgleichung der Pflegeleistung zu ermitteln, wird in der Regel auf die zur Zeit des Erbfalls in § 36 Abs. 3 SGB XI festgesetzten Pflegesätze abzustellen sein.

Die Anknüpfung an die Gesamtbeträge für Fremdleistungen aus der Pflegeversicherung soll - wie dargelegt - nur ein regelmäßiger Anhaltspunkt für die Bewertung der Höhe der Pflegeleistung sein. Im Einzelfall kann es durchaus gerechtfertigt sein, an andere Beträge als die der Pflegeversicherung anzuknüpfen. So kann z.B. ein nur geringer Pflegeumfang zwar eine Ausgleichung rechtfertigen, aber möglicherweise nicht in dem in § 36 Abs. 3 SGB XI beschriebenen Umfang. Der Entwurf schließt nicht aus, bei der Berechnung der Pflegeleistung nach den einzelnen Pflegestufen zu unterscheiden. Das kann sinnvoll sein, wenn der Erblas39

Zu den Nummern 15 und 16 (§§ 2182 und 2183 BGB)

Es handelt sich um redaktionelle Änderungen, mit denen die §§ 2182 und 2183 BGB an die Terminologie des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes angepasst werden.

Zu Nummer 17 ( § 2204 BGB)

Der Erblasser kann in seiner Verfügung von Todes wegen einen Testamentsvollstrecker einsetzen und bestimmen, dass dieser die Auseinandersetzung unter den Erben durchführt. In einem solchen Fall hat der Testamentsvollstrecker den Nachlass entsprechend den Verfügungen des Erblassers unter den Erben aufzuteilen und muss dabei auch berücksichtigen, welche Vorempfänge der Erben nach den §§ 2050 ff. BGB untereinander auszugleichen sind.

Nach der derzeit geltenden Regelung darf der Testamentsvollstrecker allerdings nicht auch die Ausgleichungspflicht bei besonderen Leistungen eines Abkömmlings nach § 2057a BGB berücksichtigten da eine entsprechende Verweisung auf diese Regelung fehlt. Damit kann der Testamentsvollstrecker aber letztlich keine vollständige Auseinandersetzung des Nachlasses vornehmen.

Diese Problem würde sich noch verstärken, wenn künftig verstärkt Pflegeleistungen nach § 2057b BGB-E auszugleichen sind, die ebenfalls nicht durch den Testamentsvollstrecker berücksichtigt werden können.

Um dem Testamentsvollstrecker künftig die Möglichkeit einzuräumen, die vollständige Auseinandersetzung durchführen zu können, wird die Verweisung in § 2204 BGB auf die Vorschriften der § 2057a BGB und § 2057b BGB-E erweitert.

Die Erweiterung der Verweisung umfasst auch § 2057 BGB, der eine Auskunftspflicht der Miterben zu den erhaltenen Vorempfängen regelt. Dem Testamentsvollstrecker wird bereits jetzt ein entsprechendes Auskunftsrecht zugebilligt, da er der Erfüllung seiner Pflicht nur dann sinnvoll nachkommen kann, wenn er die Vorempfänge kennt. § 2057 BGB gilt hier insoweit analog (Werner in Staudinger, 2002, § 2057 Rn. 3).

Zu Nummer 18 ( § 2278 Abs. 2 BGB)

Nach § 2278 Abs. 2 BGB sind vertragsmäßige Verfügungen auf Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen beschränkt.

Künftig wird dem Erblasser aber die Möglichkeit eingeräumt, auch nachträgliche Anordnungen über die Ausgleichung oder Anrechnung von Zuwendungen vorzunehmen (Änderung der §§ 2050, 2053 und 2315 BGB). So kann der Erblasser künftig nachträglich die Ausgleichung oder Anrechnung einer Zuwendung anordnen, diese Anordnung wieder rückgängig machen oder erneut die Ausgleichung oder Anrechnung anordnen usw. Diese nachträglichen Anordnungen sind formbedürftig und können nur in einer Verfügung von Todes wegen erfolgen.

In der Praxis besteht aber aufgrund der vorgeschlagenen Neuregelung das Bedürfnis, zum Schutz des Zuwendungsempfängers bindend in einem Erbvertrag zu vereinbaren, dass eine nachträgliche Anordnung über die Ausgleichung oder Anrechnung einer Zuwendung nicht getroffen wird. Deshalb sollen durch § 2278 Abs. 2 Nr. 4 BGB-E auch für derartige Anordnungen vertragsmäßige Verfügungen zugelassen werden.

Darüber hinaus werden die vertragsmäßig zulässigen Verfügungen in § 2278 Abs. 2 BGB-E durchnummeriert. Dies dient der besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit der Vorschrift.

Zu Nummer 19 ( § 2287 Abs. 2 BGB)

Die Neuformulierung passt die bisherige Sonderverjährung an das System der Regelverjährung an. Dabei wird in Abweichung von § 199 BGB der Beginn der Verjährungsfrist nicht bis zum Schluss des Jahres hinausgeschoben und auf die subjektive Anknüpfung des Verjährungsbeginns verzichtet. Die dadurch gewährleistete kürzere Verjährung, die der bisherigen Rechtslage entspricht, wird der Interessenlage von Schuldner und Gläubiger besser gerecht.

Auf die Ausführungen zu Nr. 6 wird Bezug genommen.

Zu Nummer 20 ( § 2297 BGB)

Es handelt sich um eine notwendige Folgeänderung aufgrund der Streichung des Absatzes 4 in § 2336 BGB.

Zu Nummer 21 ( § 2305 BGB)

Nach § 2305 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte den Zusatzpflichtteil verlangen, wenn sein Erbteil kleiner ist als der Pflichtteil. Beschränkungen oder Beschwerungen (z.B. die Anordnung eines Vermächtnisses) sind in diesem Fall für den Erben unwirksam. Dies folgt aus dem geltenden § 2306 Abs. 1 Satz 1 BGB, nach dem Beschränkungen oder Beschwerungen als nicht angeordnet gelten, wenn der hinterlassene Erbteil kleiner als oder gleich groß wie der Pflichtteil ist. Der Erbteil ist damit nicht um Beschränkungen und Beschwerungen gemindert und wird um den Zusatzpflichtteil ergänzt.

Beispiel:

Ein verwitweter Erblasser hinterlässt seinem einzigen Kind einen Erbteil von 1/4. In dem Testament wird zulasten des Kindes ein Vermächtnis in Höhe von 1 000 € angeordnet. Der Nachlass beträgt 10 000 €. Nach jetziger Rechtslage gilt das Vermächtnis für den Erben als nicht angeordnet. Der Erbteil beträgt damit 2 500 €, der Zusatzpflichtteil ebenfalls 2 500 €.

Der Erbe erhält damit insgesamt 5 000 €.

Künftig wird die komplizierte Regelung des § 2306 Abs. 1 BGB vereinfacht. Der Erbe soll ein generelles Wahlrecht erhalten. Ist er mit Beschränkungen und Beschwerungen belastet, kann er

Nimmt er den Erbteil an, dann gelten für ihn die Beschränkungen und Beschwerungen künftig auch dann, wenn der Erbteil kleiner als oder gleich groß wie der Pflichtteil ist.

Beispiel:

Im o. g. Fall würde der hinterlassene Erbteil nunmehr nur 1 500 € betragen.

Diese Vereinfachung in § 2306 Abs. 1 BGB-E wirkt sich auch auf § 2305 BGB aus. Ohne eine Regelung ist unklar,

In § 2305 BGB-E wird daher künftig ausdrücklich geregelt, dass Beschränkungen und Beschwerungen bei der Berechnung des Wertes des Zusatzpflichtteils außer Betracht bleiben.

Der Anspruchsberechtigte erhält somit künftig netto weniger als bisher, da der angenommene Erbteil weiter mit den Beschränkungen und Beschwerungen belastet bleibt und dies nicht durch einen erhöhten Zusatzpflichtteil ausgeglichen wird.

Beispiel:

Im o. g. Fall würde der Erbteil 1 500 € betragen und der Zusatzpflichtteil 2 500 €. Der Erbe erhielte damit insgesamt 4 000 €.

Diese Folge entspricht aber sowohl der Vereinfachung in § 2306 BGB-E (Möglichkeit der Annahme des Erbteils inklusive Beschränkungen und Beschwerungen) als auch der Regelung über Vermächtnisse in § 2307 BGB. Auch dort werden bei der Berechnung des Wertes des Vermächtnisses die Beschränkungen und Beschwerungen nicht wertmindernd angesetzt.

Der Erbe wird damit nicht schlechter gestellt: Ist sein hinterlassener Erbteil kleiner als der Pflichtteil und zusätzlich mit Beschränkungen und Beschwerungen belastet, so bleibt dem Erben nach der Neuregelung des § 2306 BGB-E immer die Wahl, diesen Erbteil auszuschlagen und den vollständigen Pflichtteil zu verlangen (dieser würde im Beispielsfall 5 000 € betragen).

Zu Nummer 22 ( § 2306 Abs. 1 BGB)

§ 2306 Abs. 1 BGB sieht eine für den pflichtteilsberechtigten Erben sehr komplizierte und in der Praxis oft schwer handhabbare Regelung vor. Ist der pflichtteilsberechtigte Erbe durch Beschränkungen und Beschwerungen belastet, muss er innerhalb der Ausschlagungsfrist von sechs Wochen ermitteln, ob der hinterlassene Erbteil kleiner (bzw. gleich groß) oder größer ist als der Pflichtteil. Im ersten Fall gelten die vom Erblasser angeordneten Beschränkungen und Beschwerungen für den pflichtteilsberechtigten Erben kraft Gesetzes nicht. Im zweiten Fall muss der pflichtteilsberechtigte Erbe prüfen, ob er den Erbteil mit Beschränkungen und Beschwerungen annimmt, oder ob er das Erbe ausschlägt und den Pflichtteil ohne Beschränkungen und Beschwerungen verlangt.

Probleme bereitet § 2306 Abs. 1 BGB insbesondere dann, wenn der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung das Erbe nicht nach Quoten verteilt hat, sondern den einzelnen Erben bestimmte Gegenstände zugewiesen hat. Hier muss der belastete Erbe erst ermitteln, welchen Wert die Gegenstände haben und welche Erbquote sich daraus für ihn ergibt.

Eine Ausschlagung kann für den pflichtteilsberechtigten Erben dann schwere Folgen haben, wenn er die Situation falsch einschätzt. Schlägt der pflichtteilsberechtigte Erbe einen dem Pflichtteil gleichen oder kleineren Erbteil aus, so steht ihm kein Pflichtteil mehr zu. § 2306 BGB räumt dem Pflichtteilsberechtigten kein allgemeines Recht ein, zu wählen, ob er den Erbteil annimmt oder unter Ausschlagung des Erbteils den unbeschränkten und unbeschwerten Pflichtteil fordert.

Ob der Erbe eine auf einer falschen Einschätzung beruhenden Erklärung anfechten konnte, war streitig. Mit Beschluss vom 5. Juli 2006 (FamRZ 2006, S. 1519) hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Rechte des belasteten Erben gestärkt und die Probleme des § 2306 BGB entschärft.

Er hat einem Erben, der mit Vermächtnissen erheblich beschwert war und der die Erbschaft nicht ausgeschlagen hatte, weil er glaubte, dadurch seinen Pflichtteilsanspruch zu verlieren ein Anfechtungsrecht zugebilligt. Gerade diese Entscheidung zeigt aber exemplarisch, wie viele Probleme die Umsetzung dieser Vorschrift für die Betroffenen heute schon mit sich bringt.

Deshalb wurde die Regelung des § 2306 Abs. 1 BGB auch seit jeher kritisiert. Eine Änderung hat der 49. Deutsche Juristentag in Düsseldorf bereits 1972 vorgeschlagen (Verhandlungen des Neunundvierzigsten Deutschen Juristentages, Band I, A 53, 54).

Zwar mindert der Beschluss des BGH das Risiko von Fehlentscheidungen. Dennoch bleibt der einzuschlagende Weg mühsam und führt nicht zu der gerade im Erbrecht gebotenen schnellen Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für die Beteiligten.

Rechtsklarheit und damit auch Rechtssicherheit sind für alle Beteiligten aber von entscheidender Bedeutung. Deshalb soll der belastete Erbe durch eine Vereinfachung des § 2306 Abs. 1 BGB künftig in der Lage sein, seine Entscheidung unter einfachen Voraussetzungen treffen zu können. Ihm soll ein generelles Wahlrecht eingeräumt werden. Ist er mit Beschränkungen und Beschwerungen belastet, kann er

Die generelle Einräumung eines Wahlrechts hat für den Erben, dessen Erbteil kleiner als bzw. gleich groß wie der Pflichtteil ist, auch Nachteile. Nach geltender Rechtslage kann er den Erbteil ohne Beschränkungen oder Beschwerungen behalten. Künftig muss er sich entscheiden.

Behält er den Erbteil, so erbt er mit Beschränkungen oder Beschwerungen.

Schlägt er aus, verliert er die Vorteile der Erbenstellung. Dies ist aber im Hinblick auf die Erleichterungen, die ein solches Wahlrecht für die Entscheidungsfindung der Erben insgesamt mit sich bringt, hinzunehmen.

Zu Nummer 23 ( § 2315 Abs. 1 BGB)

Die Voraussetzungen, unter denen ein Erblasser anordnen kann, dass eine Zuwendung auf den Pflichtteil anzurechnen ist, sind derzeit sehr eng ausgestaltet. Die Anrechnung muss bereits vor oder bei der Zuwendung angeordnet werden. In den meisten Fällen (außer bei Grundstücksgeschäften und anderen beurkundungsbedürftigen Geschäften, bei denen der beurkundende Notar den Zuwendenden über die Rechtslage belehrt) wird der Erblasser diese Rechtslage nicht kennen und sich folglich auch keine Gedanken darüber machen, ob er eine Anrechnung will.

Um die Testierfreiheit des Erblassers zu stärken, räumt der Entwurf dem Erblasser die Möglichkeit ein nachträgliche Anordnungen über die Anrechnung zu treffen. Dazu gehört auch, dass der Erblasser eine einmal getroffene Anordnung über die Anrechnung wieder ändern kann. Der Erblasser kann damit veränderte Umstände nach der Zuwendung (z.B. Undank des Bedachten, aber auch eine Verbesserung der Beziehung zum Bedachten) besser berücksichtigen.

Künftig muss der Pflichtteilsberechtigte immer damit rechnen, dass der Erblasser eine anrechnungsfreie Zuwendung nachträglich noch zu einer anrechnungspflichtigen macht. Eine unzumutbare Beeinträchtigung des Pflichtteilsberechtigten ist damit nicht verbunden. Dem Pflichtteilsberechtigten wird seine Teilhabe am Gesamtvermögen nicht entzogen. Er bekommt seinen Anteil aus dem Vermögen des Erblassers nur zu einem früheren Zeitpunkt und geht damit nicht leer aus. Ist die die Zuwendung geringer als der Pflichtteil, kann er im Erbfall den Fehlbetrag als Pflichtteilsanspruch geltend machen.

Will sich der Empfänger einer Zuwendung vor nachträglichen Willensänderungen des Erblassers schützen hat er nach der Neuregelung des § 2278 Abs. 2 BGB-E die Möglichkeit, nachträgliche Anordnungen oder Änderungen von Anordnungen zusammen mit dem Erblasser bindend in einem Erbvertrag auszuschließen. Lässt sich der Erblasser darauf nicht ein, muss dem Empfänger der Zuwendung bewusst sein, dass er mit solchen nachträglichen Anordnungen oder deren Änderung rechnen muss.

Die Anrechnungsanordnung vor oder bei der Zuwendung ist formfrei. Sie muss nicht schriftlich erfolgen sondern kann auch mündlich als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung abgegeben werden. Jede nachträgliche Anordnung über die Anrechnung dagegen soll nach dem Gesetzentwurf formbedürftig sein. Dies dient dem Schutz des Pflichtteilsberechtigten vor ansonsten möglicherweise übereilten Anrechnungsanordnungen, die der Erblasser z.B. aus spontaner Verärgerung über den Pflichtteilsberechtigten getroffen haben kann.

Zu Nummer 24 ( § 2316 Abs. 1 BGB)

Es handelt sich um eine notwendige Folgeänderung aufgrund der derzeit in § 2057a Abs. 1 Satz 2 BGB geregelten Ausgleichungspflicht für Pflegeleistungen, die künftig in § 2057b BGB-E für alle gesetzlichen Erben geregelt ist.

Zu Nummer 25 ( § 2325 Abs. 3 BGB)

Schenkungen des Erblassers an einen Dritten können zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch führen. Schenkungen werden dabei in voller Höhe berücksichtigt, wenn seit der Schenkung noch keine zehn Jahre verstrichen sind, § 2325 Abs. 3 BGB. Nach Ablauf der Frist bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Verstirbt der Erblasser auch nur einen Tag vor Ablauf der Frist, wird der Pflichtteilsberechtigte für die Berechnung seines Anspruchs so gestellt, als gehöre die Schenkung noch zum Nachlass. Verstirbt der Erblasser dagegen nach Ablauf der Frist, geht der Pflichtteilsberechtigte im Hinblick auf die Schenkung leer aus. Für den Erben, der vorrangig zur Pflichtteilsergänzung verpflichtet ist, geht es daher bei dieser Frist um alles oder nichts. Der Beschenkte haftet subsidiär und kann sich seines Erwerbes vor Ablauf der Frist nicht sicher sein. Gemeinnützige Stiftungen oder Vereine beklagen in diesem Zusammenhang fehlende Planungssicherheit.

Die Pflichtteilsergänzung dient dem Schutz des Berechtigten vor benachteiligenden Schenkungen des Erblassers. Um Streit über die Benachteiligungsabsicht zu vermeiden, hat der historische Gesetzgeber generalisiert: Nach zehn Jahren ist keine Benachteiligungsabsicht mehr gegeben. Dieser treffende Grundgedanke bleibt erhalten: Je länger die Schenkung zurückliegt desto weniger ist von einer (möglicherweise unlauteren) Benachteiligungsabsicht des Erblassers auszugehen. Der Zeitablauf seit der Schenkung soll daher künftig zur Abmilderung der "Alles-odernichts"-Lösung in Ansatz gebracht werden. Die Frist zur Berücksichtigung der Schenkung wird flexibler gestaltet und eine sog. Pro-Rata-Lösung eingeführt: Die Schenkung wird nur noch innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall vollständig, im zweiten Jahr vor dem Erbfall nur noch zu 009/10 (PDF) , im dritten Jahr zu 008/10 (PDF) usw. berücksichtigt. Die Lösung ist trotz einer gewissen Verkomplizierung immer noch praktikabel und dient dem Gerechtigkeitsgewinn.

Damit wird auch den berechtigten Interessen des Beschenkten Rechnung getragen.

Zu Nummer 26 ( § 2331a BGB)

Die Praxis sieht ein großes Bedürfnis nach Stundung des Pflichtteils: Besteht das Vermögen des Erblassers im Wesentlichen aus einem Eigenheim oder einem Unternehmen, so kann der Erbe gezwungen sein, das Eigenheim zu verkaufen oder das Unternehmen zu zerschlagen, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Zwar sieht das geltende Recht schon jetzt die Möglichkeit der Stundung vor, deren Voraussetzungen sind aber sehr eng ausgestaltet. Zum einen sind nur die selbst pflichtteilsberechtigten Erben stundungsberechtigt, zum anderen muss der Pflichtteilsanspruch den Erben ungewöhnlich hart treffen und die Stundung dem Pflichtteilsberechtigten zugemutet werden können.

Um den Erben künftig noch besser vor der Gefahr der Zerschlagung von Unternehmen oder dem Verlust des Eigenheims schützen und die Stundungsmöglichkeit auch verstärkt anwenden zu können, will der Entwurf die Voraussetzungen der Stundung maßvoll erweitern:

Zunächst soll künftig jeder Erbe, nicht nur der selbst pflichtteilsberechtigte, Stundung verlangen dürfen. Es ist nicht einzusehen, dass der vom Firmeninhaber eingesetzte Neffe das Unternehmen zur Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen zerschlagen muss, während dem Sohn bei gleicher Ausgangslage ein Instrument zur Rettung des Unternehmens zur Verfügung steht.

Der Erbe soll nach wie vor nur in Härtefällen Stundung verlangen können. Allerdings wird die Schwelle herabgesetzt. Während bislang die Erfüllung des Pflichtteils den Erben "ungewöhnlich hart" treffen musste, soll künftig eine "unbillige Härte" ausreichend sein. Die herabgesetzte Eingriffsschwelle soll den Anwendungsbereich und damit auch die Anwendung in der Praxis erweitern.

Da aber eine Stundung einen erheblichen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Position des Pflichtteilsberechtigten darstellt, dürfen bei der Entscheidung über die Stundung nicht einseitig nur die Interessen des Erben eine Rolle spielen. Die vorgeschlagene Neuregelung sieht daher vor, dass die Interessen des Pflichtteilsberechtigten angemessen berücksichtigt werden müssen. Die bislang geltende hohe Hürde, nach der die Stundung dem Pflichtteilsberechtigten auch zumutbar sein muss, wird maßvoll herabgesetzt. Dies ist vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass der Pflichtteil durch die Stundung nicht erlischt und Sicherungen dieses Anspruchs möglich sind.

Die Sicherheitsleistung zum Schutz des Pflichtteilsberechtigten eigenständig zu regeln ist nicht notwendig. Bereits nach derzeit geltender Rechtslage kann der Pflichtteilsberechtigte nach § 2331a Abs. 2 Satz 2 BGB i. V. m. § 1382 Abs. 3 BGB Sicherheitsleistung verlangen.

Diese wird nur in besonderen Fällen versagt werden können. Eine Stundung ist dem Pflichtteilsberechtigen regelmäßig dann nicht zumutbar, wenn der Erbe zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist (Thiele in Staudinger, 1994, § 1382 Rn. 27). Auch bei Herabsetzung der Schwelle der Zumutbarkeit werden die Interessen des Pflichtteilsberechtigten bei Gewährung der Stundung in der Regel nur dann angemessen berücksichtigt sein, wenn eine Sicherung seines verfassungsrechtlich geschützten Anspruchs erfolgt.

Zu Nummer 27 ( § 2332 BGB)

Die Sonderverjährung gemäß Absatz 1 in der bisher geltenden Fassung ist nicht mehr erforderlich, da die Pflichtteilsansprüche nunmehr der Regelverjährung unterliegen. Der Pflichtteilsanspruch entsteht mit dem Erbfall, § 2317 Abs. 1 BGB. Wegen der neuen Höchstfrist in § 199 Abs. 3a BGB-E ergibt sich keine wesentliche Änderung zur bisherigen Verjährung des Pflichtteilsanspruchs. Allerdings beginnt die kurze Verjährung erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Pflichtteilsanspruch entstanden ist und der Pflichtteilsberechtigte von seinem Pflichtteilsanspruch Kenntnis erlangt hat, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB.

Absatz 1 entspricht Absatz 2 der bisher geltenden Fassung und überträgt die Sonderverjährung des Anspruchs des Pflichtteilsberechtigten gegen den Beschenkten gemäß Absatz 2 geltender Fassung in das System der Regelverjährung mit Ausnahme der subjektiven Anknüpfung des Verjährungsbeginns und behält damit den bisherigen Verjährungslauf bei. Auf die Ausführungen zu Nr. 6 wird Bezug genommen.

Absatz 2 entspricht inhaltlich Absatz 3 der geltenden Fassung.

Zu Nummer 28 ( § 2333 BGB)

1. Allgemeines

Die Entziehung des Pflichtteils ist der schwerste Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Position des Pflichtteilsberechtigten und gleichzeitig die weitestgehende Ausübung der Testierfreiheit des Erblassers.

Die Kasuistik der Entziehungsgründe war schon im Gesetzgebungsverfahren zum Bürgerlichen Gesetzbuch nicht unumstritten (Mot V 429 ff.; Mertens in FS Gmür, 1983, S. 191, 196 ff.). Dennoch hat der Gesetzgeber die Entziehungsgründe bis heute nicht verändert. Er hat lediglich die Möglichkeit, den Ehegattenpflichtteil zu entziehen ( § 2335 BGB), an die Reform des Scheidungsrechts angepasst.

Die Entziehungsgründe sind teilweise nicht mehr zeitgemäß. Dies gilt insbesondere für den Entziehungsgrund "ehrloser und unsittlicher Lebenswandel wider den Willen des Erblassers", § 2333 Nr. 5 BGB. Dieser Entziehungsgrund soll dem Schutz der heute kaum mehr bestimmbaren Familienehre dienen. Als Beispiele werden u. a. angeführt: gewerbsmäßige Unzucht, Zuhälterei, gewerbsmäßiger Wucher oder gewerbsmäßiges Glücksspiel (Olshausen in Staudinger, 1998, § 2333 Rn. 22). Das Paradebeispiel der "Landstreicherei" ist praktisch nicht mehr relevant und verschwindet zunehmend aus der Kommentarliteratur (Lange in MüKomm, 4. Auflage, 2004, § 2333 Rn. 16). Andere Lebenssachverhalte, die in diesem Zusammenhang früher diskutiert wurden, zeigen, dass § 2333 Nr. 5 BGB nicht mehr die heutige Lebenswirklichkeit abbildet: Eheähnliches Zusammenleben oder homosexuelle Beziehungen sind weder rechtlich noch gesellschaftlich geächtet. Lediglich Straftaten mit ehrlosem Charakter eröffnen heute einen Anwendungsbereich für § 2333 Nr. 5 BGB. Darunter sollen etwa Menschenhandel, Sittlichkeitsdelikte, illegale Arbeitnehmerüberlassung (Olshausen in Staudinger, 1998, § 2333 Rn. 22) oder auch die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung oder Volksverhetzung fallen (Lange in MüKomm, 4. Auflage, 2004, § 2333 Rn. 16). Rechtsprechung zur Entziehung des Pflichtteils wegen Straftaten ist allerdings kaum vorhanden. § 2333 Nr. 5 BGB fehlt es somit insgesamt an praktischer Relevanz.

Legt man aber einer Pflichtteilsentziehung heutige Wertvorstellungen zugrunde, so zeigt sich eine Schieflage: Der Mord an einem Kind ist kein ehrloser und unsittlicher Lebenswandel und kann keine Pflichtteilsentziehung begründen. Gewerbsmäßiges Glücksspiel oder illegale Arbeitnehmerüberlassung sind dagegen ein Pflichtteilsentziehungsgrund.

Eine weitere Schieflage des geltenden Rechts folgt aus der allgemein akzeptierten gewaltfreien Erziehung. Dem Abkömmling darf wegen einer einfachen körperlichen Misshandlung der Pflichtteil entzogen werden, § 2333 Nr. 2 BGB. Für die Entziehung des Elternpflichtteils gilt diese Regelung aber nicht. Das elterliche Züchtigungsrecht, das diese Einschränkung rechtfertigen konnte, ist abgeschafft.

Die Überarbeitung der Pflichtteilsentziehungsgründe ist deshalb notwendig. Sie sollen an die nunmehr bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse angepasst werden. Eine Pflichtteilsentziehung soll künftig möglich sein

2. Im Einzelnen:

a) Fehlverhalten, das sich gegen den Erblasser und ihm nahestehende Personen richtet § 2333 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BGB-E

Als Grund für die Entziehung einer verfassungsrechtlich geschützten Position kann nur schweres Fehlverhalten des Pflichtteilsberechtigten in Betracht kommen.

Von diesem Grundsatz geht die vorgeschlagene Neuregelung aus und sieht Änderungen in folgenden Bereichen vor:

Derzeit unterscheidet das Gesetz in § 2333 BGB (entsprechend auch in § 2334 und § 2335 BGB) danach, gegen welche anderen Personen neben dem Erblasser sich das Fehlverhalten des Pflichtteilsberechtigten richtet.

Der Schutzbereich der Pflichtteilsentziehung umfasst z. T. Ehegatten/Lebenspartner und Abkömmlinge, z. T. nur Ehegatten/Lebenspartner.

Misshandelt z.B. der Sohn des Erblassers seine Schwester schwer körperlich, so kann der Vater ihm den Pflichtteil nicht entziehen (kein Fall des § 2333 Nr. 3 BGB). Diese Differenzierungen sind insgesamt nicht mehr sachgerecht und sollen daher aufgegeben werden. Richtet sich das Fehlverhalten des pflichtteilsberechtigten Abkömmlings gegen den Ehegatten/ Lebenspartner oder einen anderen Abkömmling, so ist künftig eine Pflichtteilsentziehung nach den in § 2333 Abs 1 Nr. 1 und 2 BGB-E überarbeiteten Voraussetzungen möglich. Gleiches gilt für die Entziehung des Pflichtteils der Eltern und Ehegatten/Lebenspartner, § 2333 Abs. 2 BGB-E.

Neben der traditionellen Kleinfamilie aus einem Ehepaar mit gemeinsamen Kindern gibt es heute noch viele andere Familienmodelle.

Familien, in denen neben gemeinsamen Kindern der Eheleute auch Kinder aus anderen Beziehungen aufwachsen, und Familien, in den die Eltern nicht miteinander verheiratet sind, sind weit verbreitet. Im Jahr 2005 wuchsen im früheren Bundesgebiet 81 % der minderjährigen Kinder bei einem Ehepaar, 14 % bei einem allein erziehenden Elternteil und 5 % in einer nichtehelichen oder gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft auf. In den neuen Ländern lebten nur 62 % der minderjährigen Kinder bei Ehepaaren (Mikrozensus 2005). Die Gesellschaft akzeptiert diese alternativen Familienformen.

Der Entwurf passt die Pflichtteilsentziehungsgründe an die gewandelten familiären Strukturen an. Er will die Personen in den Schutzbereich des Pflichtteilsentziehungsrechts einbeziehen, deren Verletzung den Erblasser in gleicher Weise wie ein Angriff gegen die bereits jetzt einbezogenen Ehegatten, Lebenspartner oder Abkömmlinge trifft. Es handelt sich hier etwa um Personen, die mit dem Erblasser in einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft zusammen leben oder auf andere Weise mit ihm eng verbunden sind, z.B. Stief- oder Pflegekinder.

Da das Pflichtteilsrecht auf Familiensolidarität und Familienschutz beruht, soll der Erblasser dem Berechtigten den Pflichtteil entziehen dürfen, wenn er die gebotene Familiensolidarität erheblich verletzt hat.

Die in § 2333 Nr. 1 bis 4 BGB genannten Entziehungsgründe sind daher nach wie vor berechtigt. § 2333 Nr. 2 BGB hat allerdings aus rein praktischen Gründen keinen eigenständigen Anwendungsbereich und soll daher künftig entfallen:

Bereits nach geltendem Recht reicht nicht jede vorsätzliche Körperverletzung für die Entziehung aus, sondern in der Körperverletzung muss sich eine schwere Pietätsverletzung gegenüber dem Erblasser dokumentieren (BGHZ 109, 306, 311). Zu dem in § 2333 Nr. 3 BGB eigenständig geregelten schweren vorsätzlichen Vergehen besteht deshalb im Ergebnis kein Unterschied. Gleiches gilt für das Verhältnis von § 2335 Nr. 2 BGB zu § 2335 Nr. 3 BGB. Die Vorschriften können gestrichen und die Rechtsordnung dadurch vereinfacht werden, ohne dass der Entwurf nunmehr familiäre Gewalt in geringerem Maße als bisher sanktionierte.

b) Sonstiges schweres Fehlverhalten, § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB-E

- Allgemeines

Für den Erblasser kann ein schweres sozialwidriges Fehlverhalten des Pflichtteilsberechtigten einen so schweren Verstoß gegen seine eigenen Wertvorstellungen darstellen, dass es für ihn schlechthin unzumutbar ist, einen Teil seines Vermögens als Pflichtteil dem Pflichtteilsberechtigten hinterlassen zu müssen, obwohl sich das Fehlverhalten nicht gegen den Erblasser, seine Familie oder eine ihm ähnlich nahe stehende Personen richtet.

In Betracht für ein derartiges Fehlverhalten kommt insbesondere Mord oder schwerer sexueller Missbrauch von Kindern. Auch in derartigen Fällen will der Entwurf dem Erblasser künftig die Möglichkeit einräumen, dem Täter den Pflichtteil zu entziehen. Der Entwurf will den in § 2333 Nr. 5 BGB sanktionierten Verstoß gegen die "Familienehre" durch eine zeitgemäße und die Voraussetzungen für die Entziehung des Pflichtteils klar definierende Fassung ersetzen. Die Alternative, die Pflichtteilsentziehung durch eine allgemeine Billigkeitsklausel wie etwa in § 1579 Nr. 7 BGB zu regeln, wäre nicht nur verfassungsrechtlich bedenklich, sondern führte auch zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten.

Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sind aber bei der Ausnutzung des gesetzlichen Gestaltungsspielraums für das Bundesverfassungsgericht tragende Gesichtspunkte (BVerfG, a. a. O., S. 356). Daher knüpft der Entwurf an zwei einfach nachprüfbare Merkmale an: ein objektives aus der Verantwortungssphäre des Pflichtteilsberechtigten (Straftat) und ein subjektives auf Seiten des Erblassers (Unzumutbarkeit).

- Anknüpfung an Straftaten des Pflichtteilsberechtigten

Der Entwurf knüpft die Entziehung des Pflichtteils zunächst an ein einfach feststellbares objektives Kriterium: Der Pflichtteilsberechtigte muss wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt worden sein oder werden.

Die Anknüpfung an eine Straftat hat folgende Gründe: Sie erhöht die Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Eine Pflichtteilsentziehung aufgrund einer Straftat ist kein Novum, sondern bereits jetzt bei bestimmten Delikten möglich. Derzeit besteht aber - wie oben dargestellt - nach heutigem Wertverständnis eine Schieflage. Diese wird mit dem Entwurf beseitigt.

Ordnet der Gesetzgeber die Strafbarkeit eines Verhaltens an, so fällt er ein ethischmoralisches Unwerturteil über das kriminalisierte Verhalten. Nicht jede Straftat rechtfertigt allerdings auch eine Entziehung des Pflichtteils. Es muss sich um Straftaten handeln, die von erheblichem Gewicht sind und deshalb ein besonders schweres sozialwidriges Fehlverhalten darstellen.

Davon ist auszugehen, wenn der Betroffene zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird. Der Entwurf verzichtet darauf, an ein Verbrechen anzuknüpfen, damit vor allem schwere Vergehen aus dem Sexualstrafrecht erfasst werden.

- Die Rechtskraft der Verurteilung

Der neue Pflichtteilsentziehungsgrund knüpft bei seinen objektiven Voraussetzungen auch an die Rechtskraft des Urteils an. Gerade bei schwierigen und lang dauernden Strafverfahren, die sich durch mehrere Instanzen ziehen, kann die Rechtskraft erst lange Zeit nach der Tatbegehung eintreten (damit sogar nach dem Erbfall). Aber auch in diesem Fall ist die Pflichtteilsentziehung wirksam wenn die anderen Voraussetzungen vorliegen und sie wirksam angeordnet ist (Näheres dazu in der Begründung zu Nummer 30, § 2336 BGB).

Die Rechtskraft des Urteils ist ein einfach nachprüfbares Merkmal, das die Pflichtteilsentziehung erleichtern, nicht aber aus rein formalen Gründen unmöglich machen soll. Beispiel: Ein aussichtsloses Rechtsmittel wird am Tag nach dem Tod des Erblassers zurückgenommen.

Dass die Rechtskraft auch nach dem Erbfall eintreten kann, wird durch das Wort "wird" in § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB-E klargestellt.

- Unzumutbarkeit für den Erblasser

Schon aus verfassungsrechtlichen Gründen ist es notwendig, neben dem objektiven Merkmal "Straftat" auch eine subjektive Voraussetzung einzuführen.

Die Entziehung des Pflichtteils darf nicht völlig von dem Schutz der Familie abgekoppelt werden, denn der Schutz der Familie ist der tragende Grund für den verfassungsrechtlichen Schutz des Pflichtteilsrechts. Deshalb stellt der Entwurf darauf ab, ob es angesichts der Straftat des Pflichtteilsberechtigten für den Erblasser unzumutbar ist, den Berechtigten am Nachlass teilhaben zu lassen. Das ist der Fall, wenn die Straftat den persönlichen in der Familie gelebten Wertvorstellungen des Erblassers in hohem Maße widerspricht. Bei besonders schweren Straftaten, die mit erheblichen Freiheitsstrafen geahndet werden, liegt dies in der Regel nahe.

Ein Widerspruch zu den persönlichen Wertvorstellungen des Erblassers und eine daraus folgende Unzumutbarkeit an der Nachlassteilhabe des Pflichtteilsberechtigten fehlen dagegen, wenn sich der Erblasser selbst strafrechtlich relevant verhalten hat.

Ein solcher Fall läge vor, wenn der Erblasser an der Straftat des Pflichtteilsberechtigten beteiligt war z.B. als Mittäter des Drogenhandels seines Sohnes. Anders verhielte es sich dagegen, wenn der Erblasser Jahrzehnte vor der Tat des Pflichtteilsberechtigten ähnliche Straftaten begangen, sich aber später davon eindeutig distanziert hat. Dies könnte der Fall sein, wenn der Erblasser in seiner Jugend wegen eines Drogendelikts verurteilt worden ist sich dann von Drogen distanziert hat und sich nun gegen Drogenkonsum engagiert. Wird sein Sohn wegen eines Drogendelikts zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, scheitert die Pflichtteilsentziehung nicht an der eigenen Tat des Erblassers.

Die Gründe für die Unzumutbarkeit müssen sich aus der letztwilligen Verfügung ergeben § 2336 BGB. Welche Anforderungen an die Darlegung der Gründe der Unzumutbarkeit zu stellen sind, richtet sich nach dem Einzelfall.

Dabei wird regelmäßig die Schwere der Tat eine Rolle spielen. Je schwerwiegender die Tat, desto eher wird sich die Unzumutbarkeit bereits aus ihrer Begehung ergeben und desto geringer werden die Anforderungen an die Darlegung der Gründe der Unzumutbarkeit sein. Beispiel: Wird der Pflichtteilsberechtigte wegen Mordes an einem Kind zu lebenslanger Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt so liegt die Vermutung der Unzumutbarkeit der Nachlassteilhabe für den Erblasser nahe. Hier wird es regelmäßig ausreichen, wenn der Erblasser in der letztwilligen Verfügung den Pflichtteil entzieht und dies mit der Begehung der Straftat begründet.

- Anknüpfung an Taten im Zustand der Schuldunfähigkeit

Da auf die Sicht des Erblassers abzustellen ist und an seine Wertvorstellungen angeknüpft wird, wird es regelmäßig für ihn allenfalls einen geringen Unterschied machen, ob der Pflichtteilsberechtigte die Tat im Zustand der Schuldfähigkeit oder Schuldunfähigkeit verübt hat. Ist der pflichtteilsberechtigte Erbe wegen schweren sexuellen Missbrauches von Kindern in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht, weil er aufgrund seiner Schuldunfähigkeit nicht zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt werden konnte so kann die Überlassung des Pflichtteils an diesen Erben für den Erblasser aufgrund seiner eigenen Wertvorstellungen unerträglich sein.

Deshalb soll dem Erblasser zusätzlich die Möglichkeit gegeben werden, den Pflichtteil zu entziehen, wenn eine Verurteilung des Pflichtteilsberechtigten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung nur deshalb nicht möglich war, weil er schuldunfähig war und daher seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt angeordnet wurde.

Dieses Ergebnis ist auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. April 2005 (a. a. O.) sachgerecht. Das Bundesverfassungsgericht wollte die Entziehung des Pflichtteils nicht schon allein deshalb ausgeschlossen wissen, weil dem Fehlverhalten des pflichtteilsberechtigten Erben kein Verschulden im strafrechtlichen Sinne zugrunde lag (BVerfG, a. a. O., S. 359). Das Bundesverfassungsgericht hat bei seinen Anforderungen an die Pflichtteilsentziehungsgründe vielmehr darauf abgestellt, ob das Fehlverhalten so schwerwiegend ist, dass es für den Erblasser letztlich unzumutbar ist, "eine seinem Willen widersprechende Nachlassteilhabe des Kindes hinzunehmen" (BVerfG, a. a. O., S. 357).

- Geltung für alle Pflichtteilsberechtigten

Bislang gilt der Entziehungsgrund des § 2333 Nr. 5 BGB nur für Abkömmlinge, nicht für die Entziehung des Eltern- oder Ehegattenpflichtteils. Bei der angestrebten Neufassung ist eine solche Differenzierung nicht mehr sinnvoll, da es keine Rolle spielt, ob es sich um ein schweres allgemeines und sozialwidriges Fehlverhalten des Abkömmlings, der Eltern oder des Ehegatten handelt. In allen diesen Fällen ist die Nachlassbeteiligung für den Erblasser gleichermaßen unzumutbar, in allen diesen Fällen soll künftig der Pflichtteil entzogen werden können (§ 2333 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 BGB-E).

- Verzeihung

Straftaten, die zu einer für § 2333 Nr. 4 BGB-E relevanten Verurteilung geführt haben, dürfen nicht zur Folge haben, dass der verurteilte Pflichtteilsberechtigte dauerhaft befürchten muss, ihm könne der Pflichtteil unter Umständen auch Jahrzehnte nach der Tat entzogen werden. Durch die vorgeschlagene Neuregelung des § 2333 Nr. 4 BGB-E werden die Grundsätze der Verzeihung nicht berührt. § 2337 BGB gilt weiterhin wie bisher in allen Fällen der Pflichtteilsentziehung. Hat der Erblasser die Tat verziehen, erlischt das Recht zur Pflichtteilsentziehung. Eine bereits angeordnete Entziehung wird unwirksam. Hat ein Vater seinem Sohn, der wegen Raubes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt wurde, zu verstehen gegeben, dass die Straftat keinen Einfluss auf ihr Verhältnis haben soll, so kann der Vater als Erblasser dem Sohn wegen dieser Tat nicht mehr den Pflichtteil entziehen. Ärgert sich der Vater später über den Lebenswandel seines Sohnes und nimmt er die Straftat nur zum Anlass, den Pflichtteil zu entziehen, so ist diese Entziehung wegen der zwischenzeitlichen Verzeihung unwirksam.

Zu Nummer 29 (§§ 2334, 2335)

Es handelt sich um notwendige Folgeänderungen aufgrund der Neuregelung des § 2333 BGB.

Zu Nummer 30 ( § 2336 BGB)

Zu Buchstabe a ( § 2336 Abs. 2 BGB)

Nach § 2336 Abs. 2 BGB muss der Grund der Pflichtteilsentziehung zur Zeit der Errichtung der letztwilligen Verfügung bestehen und in dieser angegeben werden. Der neu geschaffene Entziehungsgrund § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB-E knüpft bei seinen objektiven Voraussetzungen neben der Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung auch an die Rechtskraft des Urteils an. Gerade bei schwierigen und lang dauernden Strafverfahren, die sich durch mehrere Instanzen ziehen, kann die Rechtskraft erst lange Zeit nach der Tatbegehung und somit unter Umständen auch erst nach der Errichtung der Verfügung oder sogar nach dem Erbfall eintreten.

Für eine wirksame Pflichtteilsentziehung im Rahmen einer letztwilligen Verfügung darf es aber keine Rolle spielen, ob die Rechtskraft zur Zeit der Errichtung vorliegt oder erst später eintritt:

Zu Buchstabe b ( § 2336 Abs. 4 BGB)

Es handelt sich um eine notwendige Folgeänderung aufgrund der Streichung des geltenden Entziehungsgrundes des § 2333 Nr. 5 BGB.

Zu Nummer 31 ( § 2352 BGB)

Nach § 2352 BGB kann ein Verzicht auch für Zuwendungen, die auf einer Verfügung von Todes wegen beruhen, vereinbart werden. Ein solcher Zuwendungsverzicht erstreckt sich - im Gegensatz zu einem Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht nach § 2346 BGB - nicht auf Abkömmlinge des Verzichtenden.

In der Praxis kann aber der Erblasser bei Erbeinsetzungen oder Vermächtnissen, die in einem gemeinschaftlichen Testament oder Erbvertrag bindend angeordnet wurden, das Bedürfnis haben sich davon wieder zu lösen, weil er z.B. den Erben oder Vermächtnisnehmer bereits zu Lebzeiten durch eine Zuwendung abfinden will. Der Erblasser kann hier einen Zuwendungsverzicht mit dem Begünstigten vereinbaren. Dabei ist regelmäßig gewollt, dass sich dieser Zuwendungsverzicht auf die Abkömmlinge des Verzichtenden erstreckt. Andernfalls kann dies zu ungerechten Ergebnissen führen, insbesondere wenn der Erbe für seinen Verzicht vollständig abgefunden wird und danach seine Abkömmlinge an seiner Stelle erben (Doppelbegünstigung des Stammes des Verzichtenden).

Daher hat die Rechtsprechung durch einen Rückgriff auf die allgemeinen Vermutungsregeln die Möglichkeit geschaffen, eine solche Doppelbegünstigung des Stammes zu vermeiden, indem der Zuwendungsverzicht unter bestimmten Voraussetzungen doch wieder auf Abkömmlinge erstreckt wird:

Ist der Verzichtende für seinen Verzicht vollständig abgefunden worden und hat der Erblasser keinen Ersatzerben ausdrücklich eingesetzt, kämen also die Abkömmlinge des Verzichtenden aufgrund der Auslegungsregel des § 2069 BGB zum Zuge, so besteht nach Ansicht der Rechtsprechung eine Vermutung dahingehend, dass die Abkömmlinge von der Erbfolge ausgeschlossen sein sollen (ausführlich dazu Schotten in Staudinger, 1997, § 2352 Rn. 31 ff.).

Dem bestehenden praktischen Bedürfnis, den Zuwendungsverzicht auch auf die Abkömmlinge zu erstrecken, soll künftig durch eine ausdrückliche Regelung entsprochen werden. Die Verweisung in § 2352 BGB-E wird auf § 2349 BGB erweitert. Damit wird vermutet, dass sich Zuwendungsverzicht künftig auf die Abkömmlinge erstreckt, unabhängig davon, ob der Verzichtende für seinen Verzicht abgefunden wird oder nicht. Will der Erblasser diese Folge ausschließen muss er künftig ausdrücklich bestimmen, dass diese vermutete Erstreckung nicht gilt.

Die vorgeschlagene Reglung stärkt die Testierfreiheit des Erblassers.

Zu Nummer 32 ( § 2376 BGB)

Zu Absatz 1

Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung, mit der § 2376 Abs. 1 BGB an die Terminologie des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes angepasst wird.

Zu Absatz 2

Es wird klargestellt, dass eine Haftung des Verkäufers bei arglistigem Verschweigen eines Mangels oder bei Garantieübernahme besteht. Terminologisch wird die Vorschrift an die Regelungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (§ 442 Abs. 1 Satz 2, § 443 Abs. 1, § 444 BGB) angeglichen.

Zu Nummer 33 (Inhaltsübersicht BGB)

Es handelt sich um eine Änderung aufgrund praktischer Erfordernisse. Die Angabe der einzelnen Vorschriften in der Inhaltsübersicht ist nicht zwingend notwendig und hat in der Vergangenheit bei Gesetzgebungsvorhaben zu einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand geführt.

Artikel 2 (Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche)

Die Vorschrift soll an die erste freie Stelle in Artikel 229 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche eingestellt werden.

Zu Absatz 1

Die Übergangsregelung zum Verjährungsrecht entspricht in weiten Teilen den bisherigen Übergangsbestimmungen. Nach Absatz 1 Satz 1 soll das neue Verjährungsrecht grundsätzlich auf alle zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche anwendbar sein. Dadurch soll eine schnelle Umstellung auf das neue Verjährungsrecht erreicht werden. Allerdings soll diesem Grundsatz nicht ausnahmslos gefolgt werden. Absatz 1 Satz 2 sieht zum Schutz der Schuldner vor, dass der Beginn der Verjährung und die Verjährungsfristen weiterhin nach alten Recht zu bestimmen sind, wenn der Anspruch bei Anwendung dieser Regelungen früher verjährt als nach den Bestimmungen des neuen Rechts. Ergibt diese Prüfung, dass die maßgebliche Verjährungsfrist bei Anwendung des neuen Rechts kürzer ist als nach altem Recht, bestimmt sich die Verjährung grundsätzlich nach dem neuen Recht.

Zu Absatz 2

Um zu verhindern, dass ein Anspruch bei Anwendung des neuen Rechts bereits mit Inkrafttreten der neuen Verjährungsregelungen verjährt, schiebt Absatz 2 Satz 1 den Beginn der Verjährung nach dem neuen Recht hinaus. Bestimmen sich Beginn und Verjährungsfrist nach neuem Recht, beginnt die Verjährungsfrist nicht vor dem Inkrafttreten der neuen Verjährungsregelungen.

Das heißt, mit dem Inkrafttreten beginnen immer die Verjährungshöchstfristen zu laufen. Die dreijährige Regelverjährungsfrist beginnt nur, wenn auch die subjektiven Voraussetzungen nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen. Durch das Hinausschieben des Verjährungsbeginns nach Absatz 2 Satz 1 kann die ermittelte kürzere Verjährungsfrist nach dem neuen Verjährungsrecht länger laufen als die Verjährungsfrist nach altem Recht. Zum Schutz des Schuldners ordnet Absatz 2 Satz 2 deshalb an, dass die Verjährung sich dann wieder nach den Verjährungsfristen des alten Rechts richtet, wenn deren Anwendung dazu führt, dass die Verjährung früher vollendet ist als bei Anwendung der kürzeren Verjährungsfrist nach neuem Recht.

Zu Absatz 3

Für die Hemmung der Verjährung gelten nach Absatz 3 bis zum Inkrafttreten des neuen Verjährungsrechts die alten Hemmungsregelungen; danach sind die Hemmungsregelungen nach neuem Rechts anzuwenden. Geändert wird durch das Gesetz nur die Hemmungsregelung in § 207 BGB. Einer Übergangsregelung für die Ablaufhemmung und den Neubeginn der Verjährung bedurfte es nicht, da insoweit das neue Recht dem alten Recht entspricht, da das Verjährungsrecht in diesem Bereich nicht geändert wurde.

Zu Absatz 4

Hinsichtlich der Änderung der Frist nach § 1836e Abs. 1 BGB sollen die Absätze 1 und 2 entsprechend angewendet werden, um zu verhindern, dass die Ansprüche durch die Verkürzung der Frist schon mit Inkrafttreten des Gesetzes erlöschen, es sei denn, sie wären auch bei Fortgeltung der alten längeren Frist erloschen.

Zu Absatz 5

Im Übrigen wird klargestellt, dass für Erbfälle, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingetreten sind die bisherige Rechtslage fortgilt, soweit es sich nicht um verjährungsrechtliche Vorschriften handelt. Für alle Erbfälle ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gelten die neuen Regelungen.

Dies gilt auch dann, wenn an Ereignisse aus der Zeit vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes angeknüpft wird:

Artikel 3 (Inkrafttreten)

Diese Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

Für die Vorschriften zur Änderung der Verjährungsfristen der familien- und erbrechtlichen Ansprüche bedarf es aus Gründen der leichteren Handhabbarkeit und der Rechtssicherheit eines Inkrafttretensbeginns zum 1. Januar [einsetzen: Jahresdatum]. Alle anderen Regelungen sollen bereits am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Es ist kein besonderes Bedürfnis erkennbar hier den Inkrafttretensbeginn nach hinten zu verschieben.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Gesetzentwurf auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem Gesetz werden keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgehoben. Es entstehen keine Bürokratiekosten für Wirtschaft, Bürger und Verwaltung.

Daher hat der Nationale Normenkontrollrat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Bachmaier
Vorsitzender Berichterstatter