Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Dezember 2008 zu den Entwicklungsperspektiven für die Friedensschaffung und Nationenbildung im Anschluss an die Konfliktbeilegung (2008/2097(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 0336 - vom 14. Januar 2009.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 18. Dezember 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass in der Hälfte aller Länder, in denen Konflikte stattgefunden haben, innerhalb von fünf Jahren wieder Konflikte entstehen, und dass Schätzungen zufolge 340 Millionen der ärmsten Menschen der Welt in Staaten in einer Situation der Fragilität leben, wobei das Einstellen von feindseligen Handlungen nicht automatisch zu einer tief verwurzelten und anhaltenden Stabilität und einer nachhaltigen Entwicklung führt,

B. in der Erwägung, dass die Millenniums-Entwicklungsziele kohärente und zeitlich gebundene Zielgrößen für die langfristige Beseitigung der Armut vorgeben, in der Erwägung, dass die Hälfte der Ärmsten auf der Welt bis zum Jahr 2010 in Staaten leben könnte, in denen gewalttätige Konflikte herrschen oder drohen2,

C. in der Erwägung, dass der Aufbau stabiler und dauerhafter Staaten die Schaffung eines auf Verdiensten basierenden und rechenschaftspflichtigen öffentlichen Dienstes erfordert, der frei von politischer Einmischung und Korruption ist,

D. in der Erwägung, dass ein transparenter, berechenbarer und professioneller Sicherheitssektor von grundlegender Bedeutung für die Schaffung der Voraussetzungen zur Stärkung von Frieden und Entwicklung ist,

E. in der Erwägung, dass sich die Reform des Sicherheitssektors (SSR) auf die Bereitstellung eines effektiven und legitimen öffentlichen Dienstes konzentrieren sollte, der transparent und rechenschaftspflichtig gegenüber der Zivilhoheit ist und auf die Erfordernisse der Öffentlichkeit eingeht,

F. in der Erwägung, dass die rasche Verbreitung von Klein- und Leichtwaffen Konflikte und Verbrechen schürt; in der Erwägung, dass im Jahre 2006 3/4 der gemeldeten Opfer von Landminen Zivilisten waren3,

G. in der Erwägung, dass gewalttätige Konflikte nicht nur tragische Auswirkungen für die Entwicklung und die Menschenrechte haben, sondern auch ausländische Investoren abschrecken und somit zu einer erheblichen Verringerung des Wachstums führen und Investoren von Investitionen in Wirtschafts- und Grundgüter abschrecken (einem jüngeren Bericht zufolge1 hat sich gezeigt, dass durch bewaffnete Konflikte die Volkswirtschaft eines afrikanischen Staates um 15% schrumpft), während ein gesunder Privatsektor schließlich die Grundlage für nachhaltige Einnahmen für eine legitime Regierung bieten kann,

H. in der Erwägung, dass langfristige Stabilität nur durch eine integrative Beteiligung aller interessierten Parteien, einschließlich Frauen und Minderheiten, an Friedensschaffung, nationaler Aussöhnung und am Aufbau von Nationen erreicht werden kann,

I. in der Erwägung, dass Wahrheits- und Versöhnungskommissionen Gesellschaften dabei unterstützen können, mit den Folgen von massivem Missbrauch umzugehen, den Dialog zwischen Gemeinschaften und früher feindlichen Konfliktparteien erleichtern und zu Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Reformen beitragen können, die die Wahrscheinlichkeit künftiger Konflikte verringern,

J. in der Erwägung, dass der institutionelle Rahmen, innerhalb dessen sich die Zivilgesellschaft entwickeln kann, durch Vereinigungs- und Meinungsfreiheit sowie die Entwicklung rechtlich geschützter freier Medien entsteht,

K. in der Erwägung, dass ein auf Dauer gut funktionierender Staat zum Schutz der Bevölkerung vor Machtmissbrauch auch eine starke Zivilgesellschaft braucht und dass eine freie Presse gegen Maßnahmen einer übermächtigen Exekutive mobil machen kann,

L. in der Erwägung, dass Staaten in Situationen der Fragilität ermutigt werden müssen, Nichtregierungsorganisationen (NRO) frei von unangemessenen bürokratischen Registrierungsvorschriften und -verfahren, die die Entwicklung einer wirklich effizienten Zivilgesellschaft verhindern, operieren zu lassen,

M. in der Erwägung, dass ein durchschnittliches Entwicklungsland pro Jahr 260 Besuche aus Geberländern verzeichnet und 2006 die Geberländer für sämtliche Entwicklungsländer 70.000 Hilfetransaktionen ausführten und das durchschnittliche Projektvolumen lediglich bei 1,7 Millionen Dollar lag,

N. in der Erwägung, dass die Evaluierung (Peer review) der EK-Politik der Entwicklungszusammenarbeit durch den OECD/DAC im Jahre 2007 besagt, dass die Europäische Union eine "systematischere Konfliktanalyse als Teil von länderspezifischen Programmen und Projekten" betreiben sollte, um deren "Wirkung zu verbessern und sicherzustellen, dass sie keinen Schaden anrichten",

O. in der Erwägung, dass die Kommission als Folgemaßnahme zu der Mitteilung über die EU-Vorgehensweise in Situationen der Fragilität und den anschließenden Schlussfolgerungen des Rates und der Entschließung des Parlaments im Jahr 2009 unter Berücksichtigung der in den "Pilotfällen" gewonnenen Erfahrungen und Informationen einen Umsetzungsplan als Mittel zur Bewertung der Wirksamkeit der verschiedenen EU-Instrumente in Bezug auf deren optimierte Nutzung im Bereich der Sicherheit und Entwicklung ausarbeiten muss,

P. in der Erwägung, dass die zwischen der Kommission, dem Rat, dem Europäischen Parlament und der Zivilgesellschaft im Rahmen der Folgemaßnahmen zu der vorgenannten Mitteilung der Kommission zu der Vorgehensweise der Europäischen Union in Situationen der Fragilität in Entwicklungsländern geführten Diskussionen außer der Bestimmung von sechs Pilotländern (Burundi, Guinea-Bissau, Haiti, Sierra Leone, Ost-Timor und Jemen) noch zu keinen konkreten Maßnahmen vor Ort geführt haben,

Q. in der Erwägung, dass europäische Unternehmen in Konfliktgebieten präsent sind und dort Interessen haben,