Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Reduzierung der Anzahl der vorzuschlagenden Personen bei Schöffenwahlen

A. Problem und Ziel

Der Gesetzentwurf dient der Erleichterung der Kandidatenfindung bei Schöffenwahlen. Nach der bisherigen Rechtslage ist die Zahl der Personen, die in die Vorschlagsliste aufzunehmen ist, in § 36 Absatz 4 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) dergestalt geregelt, dass mindestens doppelt so viele Personen aufgenommen werden müssen wie als Schöffinnen und Schöffen erforderlich sind.

§ 35 Absatz 2 Satz 1 des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) enthält eine entsprechende Regelung. Das beruht auf der Überlegung, dass von einer echten Wahl nur dann gesprochen werden kann, wenn erheblich mehr Personen vorgeschlagen werden als zu wählen sind. Besonderes Augenmerk ist bei der Vorschlagsliste der Gemeinde darauf zu legen, dass die aufgestellten Personen sich aus freien Stücken um die Übernahme des Schöffenamtes bemühen, weil nur eine freiwillige Übernahme des Amtes in Kenntnis der damit verbundenen Verpflichtungen die Gewähr dafür bietet, dass die Ausübung des Schöffenamtes während der fünfjährigen Amtszeit trotz der damit einhergehenden möglichen Belastungen (etwa durch Großverfahren) angemessen wahrgenommen wird. In größeren Gemeinden, insbesondere in Hamburg und Berlin, gestaltet sich die Erstellung der Vorschlagslisten mitunter als schwierig, weil keine ausreichende Zahl von Freiwilligen gefunden wird. So wurden beispielsweise in Berlin im zurückliegenden Verfahren insgesamt rund 4 300 Haupt- und Hilfsschöffinnen und -schöffen sowie weitere 1 450 Jugendschöffinnen und Jugendschöffen und Jugendhilfsschöffinnen und schöffen benötigt. In der Summe waren somit von den Bezirken rund 11 500 Personen für die Gerichte vorzuschlagen. Trotz intensiver Bemühungen der zuständigen Stellen war es den Bezirken überwiegend nicht möglich, die notwendige Zahl von freiwilligen Meldungen aus der Bevölkerung zur Aufnahme in die Vorschlagslisten zu bewirken, so dass umfangreiche

Zufallsauswahlen aus dem Melderegister erforderlich wurden. Zum Finden einer ausreichenden Zahl von geeigneten Personen, die die unterschiedlichen Voraussetzungen für ein Schöffenamt mitbrachten, war es nach Auskunft der Bezirksämter erforderlich, rund 17 000 Personen durch Zufallsauswahl zu ermitteln und anzuschreiben. Neben den unterschiedlichen formalen Voraussetzungen für die Wahl in ein Schöffenamt spielt auch eine bedeutsame Rolle für einen sachgerechten Wahlvorschlag die Perspektive, dass einmal gewählte Kandidatinnen und Kandidaten nicht durch einen Wegzug aus dem Landgerichtsbezirk als Schöffinnen und Schöffen ausscheiden. Rund 560 000 Meldeangelegenheiten pro Jahr im Land Berlin etwa machen deutlich, dass die Stadt von außerordentlich starkem Zu-, Um- und Wegzug geprägt ist. Ferner entsteht bei den Bürgerinnen und Bürgern, die sich freiwillig gemeldet haben und dann bei der doppelten Anzahl von Wahlvorschlägen keine Berücksichtigung finden konnten, ein erhebliches Frustrationspotential, das in der Regel dazu führt, dass sich diese in einer neuen Kampagne nicht wieder zur Wahl stellen werden.

B. Lösung

Der Gesetzentwurf sieht eine Reduzierung der Anzahl der im Rahmen der Wahlvorschläge mindestens zu benennenden Personen vor. Eine Änderung des § 36 Absatz 4 Satz 1 GVG und des § 35 Absatz 2 Satz 1 JGG, die es ausreichen lässt, dass mindestens das Eineinhalbfache der zu wählenden Personen in die Vorschlagslisten aufgenommen wird, erfüllt immer noch die an eine echte Wahl zu stellenden Anforderungen und wird zu einer Reduzierung der genannten Schwierigkeiten und einer Reduzierung des Verwaltungsaufwandes bei den Wahlen führen. Bei der Berufung anderer ehrenamtlicher Richterinnen und Richter - mit Ausnahme der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit, siehe § 28 Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und § 25 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) - wird auf die Vorgabe einer Mindestzahl von Kandidaten ganz verzichtet, oder diese wird auf das Eineinhalbfache der Zahl der zu Berufenden beschränkt. Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit sind Vorschlagslisten zu entnehmen, die keine Mindestzahl von Kandidaten enthalten müssen - § 20 des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG), § 14 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Die Ernennung der Handelsrichterinnen und Handelsrichter erfolgt auf einzelnen gutachtlichen Vorschlag der Industrie- und Handelskammer nach § 108 GVG.

Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in Landwirtschaftssachen werden aufgrund einer Vorschlagsliste berufen, die das Eineinhalbfache der erforderlichen Anzahl enthalten soll - § 4 Absatz 4 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen (LwVfG). Auch die Vorschlagsliste für die Bestellung der notariellen Beisitzer im Senat für Notarsachen muss (nur) die Hälfte mehr als die erforderliche Zahl von Notarinnen und Notaren enthalten - § 103 Absatz 1 Satz 5 der Bundesnotarordnung (BnotO). Nach dem Gesetzentwurf bleibt es im Übrigen allen Gemeinden unbenommen, weiterhin mehr als das Eineinhalbfache an Wahlvorschlägen zu beschließen.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Bund

Für den Bund entstehen weder Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand noch Vollzugsaufwand.

2. Länder und Kommunen

Für die Länder und Kommunen entstehen durch den Gesetzentwurf keine Haushaltsausgaben und kein Vollzugsaufwand.

E. Sonstige Kosten

Der Wirtschaft und den sozialen Sicherungssystemen entstehen keine Kosten. Auswirkungen des Gesetzes auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

F. Bürokratiekosten

Für Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger sowie die Verwaltung werden keine Informationspflichten eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.

Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Reduzierung der Anzahl der vorzuschlagenden Personen bei Schöffenwahlen

Der Bundesrat hat in seiner 945. Sitzung am 13. Mai 2016 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.

Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Reduzierung der Anzahl der vorzuschlagenden Personen bei Schöffenwahlen

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

§ 36 Absatz 4 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

"In die Vorschlagslisten des Bezirks des Amtsgerichts muss mindestens das Eineinhalbfache an Personen aufgenommen werden, wie als erforderliche Zahl von Haupt- und Hilfsschöffen nach § 43 bestimmt sind."

Artikel 2
Änderung des Jugendgerichtsgesetzes

§ 35 Absatz 2 Satz 1 des Jugendgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

"Der Jugendhilfeausschuss soll ebenso viele Männer wie Frauen und muss mindestens die eineinhalbfache Anzahl von Personen vorschlagen, die als Jugendschöffen und Jugendhilfsschöffen benötigt werden."

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfes

Der Gesetzentwurf dient der Erleichterung der Kandidatenfindung bei Schöffenwahlen. Nach der bisherigen Rechtslage ist die Zahl der Personen, die in die Vorschlagsliste aufzunehmen ist, in § 36 Absatz 4 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) dergestalt geregelt, dass mindestens doppelt so viele Personen aufgenommen werden müssen wie als Schöffinnen und Schöffen erforderlich sind.

§ 35 Absatz 2 Satz 1 des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) enthält eine entsprechende Regelung.

Das beruht auf der Überlegung, dass von einer echten Wahl nur dann gesprochen werden kann, wenn erheblich mehr Personen vorgeschlagen werden als zu wählen sind.

Besonderes Augenmerk ist bei der Vorschlagsliste der Gemeinde darauf zu legen, dass die aufgestellten Personen sich aus freien Stücken um die Übernahme des Schöffenamtes bemühen, weil nur eine freiwillige Übernahme des Amtes in Kenntnis der damit verbundenen Verpflichtungen die Gewähr dafür bietet, dass die Ausübung des Schöffenamtes während der fünfjährigen Amtszeit trotz der damit einhergehenden möglichen Belastungen (etwa durch Großverfahren) angemessen wahrgenommen wird.

In größeren Gemeinden, insbesondere in Hamburg und Berlin, gestaltet sich die Erstellung der Vorschlagslisten mitunter als schwierig, weil keine ausreichende Zahl von Freiwilligen gefunden wird.

So wurden beispielsweise in Berlin im zurückliegenden Verfahren insgesamt rund 4 300 Haupt- und Hilfsschöffinnen und -schöffen sowie weitere 1 450 Jugendschöffinnen und Jugendschöffen und Jugendhilfsschöffinnen und schöffen benötigt. In der Summe waren somit von den Bezirken rund 11 500 Personen für die Gerichte vorzuschlagen. Trotz intensiver Bemühungen der zuständigen Stellen war es den Bezirken überwiegend nicht möglich, die notwendige Zahl von freiwilligen Meldungen aus der Bevölkerung zur Aufnahme in die Vorschlagslisten zu bewirken, so dass umfangreiche

Zufallsauswahlen aus dem Melderegister erforderlich wurden. Zum Finden einer ausreichenden Zahl von geeigneten Personen, die die unterschiedlichen Voraussetzungen für ein Schöffenamt mitbrachten, war es nach Auskunft der Bezirksämter erforderlich, rund 17 000 Personen durch Zufallsauswahl zu ermitteln und anzuschreiben. Neben den unterschiedlichen formalen Voraussetzungen für die Wahl in ein Schöffenamt spielt auch eine bedeutsame Rolle für einen sachgerechten Wahlvorschlag die Perspektive, dass einmal gewählte Kandidatinnen und Kandidaten nicht durch einen Wegzug aus dem Landgerichtsbezirk als Schöffinnen und Schöffen ausscheiden. Rund 560 000 Meldeangelegenheiten pro Jahr im Land Berlin etwa machen deutlich, dass die Stadt von außerordentlich starkem Zu-, Um- und Wegzug geprägt ist.

Ferner entsteht bei den Bürgerinnen und Bürgern, die sich freiwillig gemeldet haben und dann bei der doppelten Anzahl von Wahlvorschlägen keine Berücksichtigung finden konnten, ein erhebliches Frustrationspotential, das in der Regel dazu führt, dass sich diese in einer neuen Kampagne nicht wieder zur Wahl stellen werden.

Eine Änderung des § 36 Absatz 4 Satz 1 GVG und des § 35 Absatz 2 Satz 1 JGG, die es ausreichen lässt, dass mindestens das Eineinhalbfache der zu wählenden Personen in die Vorschlagslisten aufgenommen wird, erfüllt immer noch die an eine echte Wahl zu stellenden Anforderungen und wird zu einer Reduzierung der genannten Schwierigkeiten und einer Reduzierung des Verwaltungsaufwandes bei den Wahlen führen. Bei der Berufung anderer ehrenamtlicher Richterinnen und Richter - mit Ausnahme der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit, siehe § 28 Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und § 25 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) - wird auf die Vorgabe einer Mindestzahl von Kandidaten ganz verzichtet, oder diese wird auf das Eineinhalbfache der Zahl der zu Berufenden beschränkt.

Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der Arbeits- und Sozialgerichtbarkeit sind Vorschlagslisten zu entnehmen, die keine Mindestzahl von Kandidaten enthalten müssen - § 20 des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG), § 14 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Ernennung der Handelsrichterinnen und Handelsrichter erfolgt auf einzelnen gutachtlichen Vorschlag der Industrie- und Handelskammer nach § 108 GVG.

Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in Landwirtschaftssachen werden aufgrund einer Vorschlagsliste berufen, die das Eineinhalbfache der erforderlichen Anzahl enthalten soll - § 4 Absatz 4 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen (LwVfG).

Auch die Vorschlagsliste für die Bestellung der notariellen Beisitzer im Senat für Notarsachen muss (nur) die Hälfte mehr als die erforderliche Zahl von Notarinnen und Notaren enthalten - § 103 Absatz 1 Satz 5 der Bundesnotarordnung (BnotO).

Nach dem Gesetzentwurf bleibt es im Übrigen allen Gemeinden unbenommen, weiterhin mehr als das Eineinhalbfache an Wahlvorschlägen zu beschließen.

II. Gesetzgebungskompetenz des Bundes; Vereinbarkeit mit EU-Recht

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich für die Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes.

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.

III. Auswirkungen

Auswirkungen auf die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen sind nicht zu erwarten. Der Gesetzentwurf ermöglicht es den Gemeinden lediglich, weniger umfangreiche Wahlvorschläge abgeben zu müssen.

Der Wirtschaft und den sozialen Sicherungssystemen entstehen keine Kosten. Auswirkungen des Gesetzes auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten. Für Unternehmen, Bürger sowie die Verwaltung werden keine Informationspflichten eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes)

§ 36 Absatz 4 Satz 1 GVG-E lässt es künftig ausreichen, dass das Eineinhalbfache der zu wählenden Personen in die Vorschlagslisten aufgenommen werden muss. Diese Anzahl erfüllt immer noch die an eine echte Wahl zu stellenden Anforderungen und wird zu einer Reduzierung der Schwierigkeiten bei der Gewinnung einer ausreichenden Zahl an freiwilligen Personen für die Wahl zum Schöffenamt und einer Reduzierung des Verwaltungsaufwandes bei den Wahlen führen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Jugendgerichtsgesetzes)

§ 35 Absatz 2 Satz 1 JGG-E lässt es künftig ausreichen, dass der Jugendhilfeausschuss das Eineinhalbfache der erforderlichen Zahl von Personen vorschlägt, die als Jugendschöffen und -hilfsschöffen benötigt werden. Diese Anzahl erfüllt immer noch die an eine echte Wahl zu stellenden Anforderungen und wird zu einer Reduzierung der Schwierigkeiten bei der Gewinnung einer ausreichenden Zahl an freiwilligen Personen für die Wahl zum Schöffenamt und einer Reduzierung des Verwaltungsaufwandes bei den Wahlen führen.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.