Gesetzesantrag der Länder Nordrhein-Westfalen,
Niedersachsen

Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung

A. Problem und Ziel

Das geltende Verwaltungsprozessrecht gewährleistet effektiven Rechtsschutz gegen hoheitliches Handeln. An verschiedenen Stellen der Verwaltungsgerichtsordnung sind jedoch punktuelle Ergänzungen geboten, um den Rechtsschutz zu verbessern, zu straffen und um auf aktuelle Anforderungen zu reagieren.

Dies betrifft im Wesentlichen drei Bereiche: Erstens dauern Planungs- und Genehmigungsverfahren häufig zu lange. Das stellt ein Investitionshindernis dar und führt zu Verzerrungen im internationalen Wettbewerb. Das Problem besteht in erster Linie für das behördliche Verfahren. Allerdings können auch die hieran anschließenden gerichtlichen Verfahren viel Zeit beanspruchen. Hier sind Wege zu finden, das Gerichtsverfahren zu beschleunigen, ohne den Rechtsschutz zu schwächen. Zweitens wird von den Rechtsschutzsuchenden - den Bürgerinnen und Bürgern wie den Unternehmen - zunehmend erwartet, dass die Gerichte in wirtschaftsrelevanten Verfahren über besonderes Fachwissen und wirtschaftliches Verständnis verfügen. Das gilt nicht nur für die ordentliche, sondern auch für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Drittens kann der Rechtsschutz punktuell weiter verbessert werden. Bei der Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegen die öffentliche Hand (z.B. Amtshaftungsansprüchen) besteht derzeit das Problem, dass der Rechtsschutzsuchende teilweise Doppelprozesse führen und sowohl den Verwaltungsrechtsweg (Primäranspruch) wie auch den ordentlichen Rechtsweg (Sekundäranspruch) beschreiten muss. Hier kann der Rechtsschutz bürgerfreundlicher gestaltet werden.

B. Lösung

Die Verwaltungsgerichtsordnung wird geändert. Für die Verfolgung von Ersatzansprüchen gegen die öffentliche Hand wird ein Adhäsionsverfahren im Verwaltungsprozess eingeführt. Dieses Verfahren eröffnet die Möglichkeit, öffentlichrechtliche Ersatzansprüche zusammen mit einem Verfahren des Primärrechtsschutzes im Verwaltungsrechtsweg zu verfolgen. Der Rechtsschutz wird damit bürgerfreundlicher und effektiver ausgestaltet. Zur Beschleunigung planungsrechtlicher Verfahren wird die erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte (bzw. Verwaltungsgerichtshöfe) erweitert. Zugleich wird die Möglichkeit eines konzentrierten Verfahrens eingeführt, in dem der zeitliche Verfahrensablauf frühzeitig strukturiert wird. Weiter wird vorgesehen, spezielle Wirtschaftsspruchkörper und Planungsspruchkörper einzurichten. Hierdurch soll die Spezialisierung der Gerichte gesetzlich angeleitet werden. Darüber hinaus sieht der Entwurf weitere Änderungen vor: Die Regelungen zur Mitwirkung ehrenamtlicher Richter werden punktuell ergänzt und an die Rechtsentwicklung angepasst. Zudem wird für eine Übergangszeit eine flexiblere Besetzung der Kammern bei den Verwaltungsgerichten mit Richtern auf Probe und abgeordneten Richtern auf Lebenszeit ermöglicht. Damit wird auf die besondere personelle Situation und Belastung in der Verwaltungsgerichtsbarkeit reagiert.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Zusätzliche Kosten können bei den Verwaltungsgerichten anfallen durch die Möglichkeit der Adhäsionsklage. Dem stehen mindestens gleichwertige Entlastungen gegenüber, da durch das Adhäsionsverfahren ein Folgeprozess bei den ordentlichen Gerichten vermieden wird. Das Adhäsionsverfahren wird sich damit voraussichtlich als jedenfalls kostenneutral erweisen. Die Ausdehnung der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe auf bestimmte weitere Planfeststellungsverfahren führt insoweit zum Wegfall einer Tatsacheninstanz. Hierdurch werden Kosten eingespart, deren Höhe sich derzeit noch nicht genau beziffern lässt.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Der Entwurf löst keinen weiteren Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger aus. Durch die Einführung eines Adhäsionsverfahrens werden Doppelprozesse in zwei Gerichtsbarkeiten vermieden. Mit der erweiterten erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte entfällt eine Tatsacheninstanz. Damit sparen die Bürgerinnen und Bürger als Verfahrensbeteiligte Gerichtskosten und Anwaltsgebühren ein.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Der Entwurf löst keinen weiteren Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft aus. Vielmehr wird durch die erweiterte erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte die Dauer planungsrechtlicher Verfahren reduziert. Durch den Wegfall einer Tatsacheninstanz werden Gerichts- und Anwaltskosten eingespart. Gleiches gilt für das Adhäsionsverfahren, mit dem Folgeverfahren bei den ordentlichen Gerichten vermieden werden können.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Der Entwurf löst keinen zusätzlichen Erfüllungsaufwand für die Verwaltung aus. Vielmehr werden auch bei den verfahrensbeteiligten Behörden durch die erweiterte erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte und durch das Adhäsionsverfahren Kosten für die Prozessführung und Gerichtskosten eingespart.

F. Weitere Kosten

Keine.

Gesetzesantrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung

Der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen Düsseldorf, 5. März 2019

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Landes regierungen von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung zuzuleiten.

Ich bitte, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 15. März 2019 aufzunehmen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Armin Laschet

Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung

Die Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In § 22 Nummer 3 werden die Wörter "Beamte und Angestellte" durch das Wort "Beschäftigte" ersetzt.

2. § 25 wird wie folgt gefasst:

" § 25

(1) Die ehrenamtlichen Richter werden auf fünf Jahre gewählt. Im Fall einer Ergänzungswahl nach § 29 Absatz 2 erfolgt die Wahl der neuen ehrenamtlichen Richter für den Rest der laufenden Amtsperiode.

(2) Bis zur Neuwahl bleiben die bisherigen ehrenamtlichen Richter im Amt."

3. § 29 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

(2) Reicht die Zahl der gewählten ehrenamtlichen Richter nicht mehr aus, um eine ordnungsgemäße Sitzungstätigkeit zu gewährleisten, findet eine Ergänzungswahl anhand der Vorschlagslisten für die letzte Wahl statt."

4. § 41 wird wie folgt gefasst:

" § 41

Ist für eine Klage der Verwaltungsrechtsweg gegeben, entscheidet das zuständige Gericht auf Antrag des Klägers auch über die mit dem rechtshängigen und zulässigen Klagebegehren im Zusammenhang stehenden öffentlichrechtlichen Ersatzansprüche, die durch Gesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Dies gilt nicht für Entschädigungsansprüche nach Artikel 14 Absatz 3 Satz 4 des Grundgesetzes; die §§ 217 und 232 des Baugesetzbuchs bleiben unberührt."

5. § 48 Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt geändert:

6. In § 87a Absatz 1 werden im Satzteil vor Nummer 1 die Wörter "im vorbereitenden Verfahren" durch die Wörter "außerhalb der mündlichen Verhandlung und nicht im Zusammenhang mit der Sachentscheidung" ersetzt.

7. Nach § 87b wird folgender § 87c eingefügt:

" § 87c

(1) Das Gericht kann im Einverständnis der Beteiligten durch Beschluss anordnen, dass das Verfahren nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 geführt wird (konzentriertes Verfahren). Die Beteiligten sind vorab auf die Rechtsfolgen nach den Absätzen 2 bis 4 hinzuweisen.

(2) Im konzentrierten Verfahren soll der Vorsitzende oder der Berichterstatter so früh wie möglich eine Anordnung zum Fortgang des gesamten Verfahrens im Rechtszug treffen.

(3) In der Anordnung nach Absatz 2 kann den Beteiligten insbesondere aufgegeben werden, innerhalb einer bestimmten Frist

(4) Die Fristen nach Absatz 3 Nummer 2 bis 4 können mit ausschließender Wirkung gesetzt werden. Das Gericht soll in diesem Fall Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebracht oder bezeichnet werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 87b Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 und 3, Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden."

8. § 128a wird wie folgt geändert:

9. § 176 wird wie folgt gefasst:

" § 176

Bei den Verwaltungsgerichten dürfen bis zum Ablauf des 31. Dezember 2022 abweichend von § 29 Satz 1 des Deutschen Richtergesetzes bei einer gerichtlichen Entscheidung auch mitwirken:

10. Nach § 185 Absatz 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt:

(1a) Das Land Bremen kann bestimmen, dass § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8 auch auf Gemeindestraßen mit besonderer Verkehrsbedeutung gemäß § 3 Absatz 1 Nummer 1 des Bremischen Landesstraßengesetzes anzuwenden ist."

11. Nach § 188 werden die folgenden §§ 188a und 188b eingefügt:

" § 188a

Für Angelegenheiten des Wirtschaftsrechts können besondere Kammern oder Senate gebildet werden (Wirtschaftskammern, Wirtschaftssenate). Die Sachgebiete der Wirtschaftsverfassung, Wirtschaftslenkung, Marktordnung und Außenwirtschaft, des Gewerberechts sowie des Post-, Fernmelde- und Telekommunikationsrechts sollen in den Wirtschaftskammern oder Wirtschaftssenaten zusammengefasst werden. Darüber hinaus können den Wirtschaftskammern oder Wirtschaftssenaten weitere Streitigkeiten mit einem Bezug zum Wirtschaftsrecht zugewiesen werden.

§ 188b

Für Angelegenheiten des Planungsrechts können besondere Kammern oder Senate gebildet werden (Planungskammern, Planungssenate). Die Sachgebiete der Raumordnung und Landesplanung sowie des Bauplanungs-, Bauordnungs- und Städtebauförderungsrechts sollen in den Planungskammern oder Planungssenaten zusammengefasst werden. In anderen Sachgebieten können die Planungskammern oder Planungssenate insbesondere über Streitigkeiten entscheiden, die Planfeststellungsverfahren oder anstelle einer Planfeststellung erteilte Genehmigungen betreffen."

Artikel 2
Evaluierung

Die Bundesregierung berichtet dem Deutschen Bundestag spätestens sechs Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes über die Erfahrungen mit § 41 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Das geltende Verwaltungsprozessrecht gewährleistet effektiven Rechtsschutz gegen hoheitliches Handeln. An verschiedenen Stellen der Verwaltungsgerichtsordnung sind jedoch punktuelle Ergänzungen geboten, um den Rechtsschutz zu verbessern, zu straffen und um auf aktuelle Anforderungen zu reagieren.

Dies betrifft im Wesentlichen drei Bereiche: Erstens dauern Planungs- und Genehmigungsverfahren häufig zu lange. Das stellt ein Investitionshindernis dar und führt zu Verzerrungen im internationalen Wettbewerb. Das Problem besteht in erster Linie für das behördliche Verfahren. Allerdings können auch die hieran anschließenden gerichtlichen Verfahren viel Zeit beanspruchen. Hier sind Wege zu finden, das Gerichtsverfahren zu beschleunigen, ohne den Rechtsschutz zu schwächen. Zweitens wird von den Rechtsschutzsuchenden - den Bürgerinnen und Bürgern wie den Unternehmen - zunehmend erwartet, dass die Gerichte in wirtschaftsrelevanten Verfahren über besonderes Fachwissen und wirtschaftliches Verständnis verfügen. Das gilt nicht nur für die ordentliche, sondern auch für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Drittens kann der Rechtsschutz punktuell weiter verbessert werden. Bei der Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegen die öffentliche Hand (z.B. Amtshaftungsansprüche) besteht derzeit das Problem, dass der Rechtsschutzsuchende teilweise Doppelprozesse führen und sowohl den Verwaltungsrechtsweg (Primäranspruch) wie auch den ordentlichen Rechtsweg (Sekundäranspruch) beschreiten muss. Hier kann der Rechtsschutz bürgerfreundlicher gestaltet werden.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Die Verwaltungsgerichtsordnung wird geändert. Für die Verfolgung von Ersatzansprüchen gegen die öffentliche Hand wird ein Adhäsionsverfahren im Verwaltungsprozess eingeführt. Dieses Verfahren eröffnet die Möglichkeit, öffentlichrechtliche Ersatzansprüche zusammen mit einem Verfahren des Primärrechtsschutzes im Verwaltungsrechtsweg zu verfolgen. Der Rechtsschutz wird damit bürgerfreundlicher und effektiver ausgestaltet. Zur Beschleunigung planungsrechtlicher Verfahren wird die erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte (bzw. Verwaltungsgerichtshöfe) erweitert. Zugleich wird die Möglichkeit eines konzentrierten Verfahrens eingeführt, in dem der zeitliche Verfahrensablauf frühzeitig strukturiert wird. Weiter wird vorgesehen, spezielle Wirtschaftsspruchkörper und Planungsspruchkörper einzurichten. Hierdurch soll die Spezialisierung der Gerichte gesetzlich angeleitet werden. Darüber hinaus sieht der Entwurf weitere Änderungen vor: Die Regelungen zur Mitwirkung ehrenamtlicher Richter werden punktuell ergänzt und an die Rechtsentwicklung angepasst. Zudem wird für eine Übergangszeit eine flexiblere Besetzung der Kammern bei den Verwaltungsgerichten mit Richtern auf Probe und abgeordneten Richtern auf Lebenszeit ermöglicht. Damit wird auf die besondere personelle Situation und Belastung in der Verwaltungsgerichtsbarkeit reagiert.

III. Alternativen

Keine.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes (gerichtliches Verfahren, Gerichtsverfassung).

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und mit völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland geschlossen hat, vereinbar.

VI. Gesetzesfolgen

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Durch den Entwurf werden das gerichtliche Verfahren und die Bestimmung der ehrenamtlichen Richter beschleunigt und vereinfacht. Der Rechtsschutz wird insgesamt bürgerfreundlicher gestaltet. Dies gilt insbesondere für das vorgesehene Adhäsionsverfahren.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Der Gesetzentwurf steht im Einklang mit dem Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung im Sinne der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Insbesondere wird der von Sustainable Development Goal 16 (SDG 16) verlangte allgemeine Zugang zu einer leistungsfähigen Justiz dadurch weiter verbessert, dass die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit künftig über neu einzurichtende Wirtschaftskammern und -senate und damit in verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit wirtschaftsrechtlichem Bezug über besonderes Fachwissen und wirtschaftliches Verständnis verfügen sollen. SDG 16 wird auch durch die bürgerfreundlichere Ausgestaltung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes durch ein Adhäsionsverfahren für Ersatzansprüche gegen die öffentliche Hand entsprochen.

3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Zusätzliche Kosten können bei den Verwaltungsgerichten anfallen durch die Möglichkeit der Adhäsionsklage. Dem stehen mindestens gleichwertige Entlastungen gegenüber, da durch das Adhäsionsverfahren ein Folgeprozess bei den ordentlichen Gerichten vermieden wird. Das Adhäsionsverfahren wird sich damit voraussichtlich als jedenfalls kostenneutral erweisen. Die Ausdehnung der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe auf bestimmte weitere Planfeststellungsverfahren führt insoweit zum Wegfall einer Tatsacheninstanz. Hierdurch werden Kosten eingespart, deren Höhe sich derzeit noch nicht genau beziffern lässt.

4. Erfüllungsaufwand

a) Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Der Entwurf löst keinen weiteren Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger aus. Durch die Einführung eines Adhäsionsverfahrens werden Doppelprozesse in zwei Gerichtsbarkeiten vermieden. Mit der erweiterten erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte entfällt eine Tatsacheninstanz. Damit sparen die Bürgerinnen und Bürger als Verfahrensbeteiligte Gerichtskosten und Anwaltsgebühren ein.

b) Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Der Entwurf löst keinen weiteren Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft aus. Vielmehr wird durch die erweiterte erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte die Dauer planungsrechtlicher Verfahren reduziert. Durch den Wegfall einer Tatsacheninstanz werden Gerichts- und Anwaltskosten eingespart. Gleiches gilt für das Adhäsionsverfahren, mit dem Folgeverfahren bei den ordentlichen Gerichten vermieden werden können.

c) Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Der Entwurf löst keinen zusätzlichen Erfüllungsaufwand für die Verwaltung aus. Vielmehr werden auch bei den verfahrensbeteiligten Behörden durch die erweiterte erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte und durch das Adhäsionsverfahren Kosten für die Prozessführung und Gerichtskosten eingespart.

5. Weitere Kosten

Keine.

VII. Befristung, Evaluierung

Der Entwurf sieht eine Regelung zur erleichterten Besetzung der Kammern bei den Verwaltungsgerichten vor (Artikel 1 Nummer 9), die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2022 befristet ist.

Der Entwurf sieht eine Evaluierung der Regelung zum Adhäsionsverfahren (Artikel 1 Nummer 4) spätestens sechs Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes vor.

B. Besonderer Teil

I. Zu Artikel 1 (Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung)

Zu Nummer 1 (§ 22)

Der Hinderungsgrund in Nummer 3 wird an die neue Rechtslage angepasst. Die bisherige Benennung der Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst wird durch den Begriff der Beschäftigten im öffentlichen Dienst ersetzt. Die Anpassung ist geboten, weil die der bisherigen Regelung zugrunde liegende Unterscheidung von Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst sowohl tarifvertraglich als auch rentenversicherungsrechtlich entfallen ist. Die von dem Hinderungsgrund erfassten Personengruppen werden nunmehr unter dem Oberbegriff des Beschäftigten zusammengefasst. Der Begriff des Beschäftigten ist grundsätzlich im personalvertretungsrechtlichen Sinne zu verstehen (vgl. § 4 Absatz 1 des Bundespersonalvertretungsgesetzes). Beschäftigte sind danach Beamte und Arbeitnehmer einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Beschäftigte erfasst sind auch Personen, die in einem öffentlichrechtlichen Ausbildungsverhältnis stehen (z.B. Referendare). Die in § 4 Absatz 1 des Bundespersonalvertretungsgesetzes ebenfalls genannten Richter, die in die Verwaltung abgeordnet sind, unterfallen regelmäßig schon dem Hinderungsgrund in Nummer 2. Dieser hindert generell eine Tätigkeit von Berufsrichtern als ehrenamtliche Richter.

Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst unterfallen insgesamt dem Hinderungsgrund. Die bislang in der Rechtsprechung an Stelle der überholten Trennung von Angestellten und Arbeitern verwendete Unterscheidung danach, ob der Beschäftigte ein besonderes Näheverhältnis zu einem öffentlichen Dienstherrn aufweist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.03.2009, 16 F 5/09), erübrigt sich damit. Der umfassende Ausschluss entspricht dem weiten Normzweck der Vorschrift. Diese soll nicht nur Interessenkollisionen verhindern, sondern auch den Anschein der Voreingenommenheit vermeiden. Die Regelung ist zudem praxisgerecht und sorgt für die nötige Rechtsklarheit: Für die Aufstellung der teils umfangreichen Vorschlagslisten müssen die Hinderungsgründe möglichst klar bestimmbar sein. Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, die zudem weitere einzelfallbezogene Feststellungen erfordern, ist möglichst zu vermeiden.

Der Begriff des öffentlichen Dienstes wird durch die Änderung nicht berührt. Insoweit kann weiter auf die in der Rechtsprechung praktizierte Auslegung zurückgegriffen werden. Von dem Hinderungsgrund erfasst sein können danach auch Beschäftigte eines privatrechtlich organisierten Unternehmens, das einen öffentlichrechtlichen Auftrag erfüllt, sowie leitende Beschäftigte von privatrechtlichen Unternehmen, die mehrheitlich von juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehalten werden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.09.2012, 16 F 019/12 (PDF) ).

Zu Nummer 2 (§ 25)

Die Regelung zur Dauer der Wahlperiode und Amtszeit wird ergänzt. Absatz 1 Satz 2 bestimmt, dass im Fall der nun in § 29 Absatz 2 vorgesehenen Ergänzungswahl die Amtsperioden der nachträglich gewählten, neuen ehrenamtlichen Richter und der regulär gewählten ehrenamtlichen Richter einheitlich enden. Die Frage, wann die Amtszeit bei der Ergänzungswahl ausläuft, wurde bislang in der Kommentarliteratur unterschiedlich beantwortet. Die Regelung sorgt insoweit für Rechtsklarheit. Sie dient zugleich der Verwaltungsvereinfachung. Durch die Klarstellung wird sichergestellt, dass bei einer Ergänzungswahl nicht verschiedene Amtsperioden laufen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten eine Neuwahl erfolgen muss.

Absatz 2 entspricht dem bisherigen § 29 Absatz 2. Aus systematischen Gründen erfolgt die Regelung jetzt bei der Regelung zur Dauer der Amtszeit.

Zu Nummer 3 (§ 29)

Absatz 2 regelt die Ergänzungswahl von ehrenamtlichen Richtern. Die Regelung dient der Klarstellung. In der bisherigen Kommentarliteratur war umstritten, ob und in welchen Fällen ehrenamtliche Richter nachträglich gewählt werden können. Absatz 2 stellt klar, dass eine Ergänzungswahl erfolgt, wenn die Zahl der gewählten ehrenamtlichen Richter nicht mehr ausreicht, um eine ordnungsgemäße Sitzungstätigkeit zu gewährleisten. Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Als Maßstab kann der Richtwert in § 27 VwGO herangezogen werden. Eine Ergänzungswahl kann danach angezeigt sein, wenn durch Entbindungen während der Amtsperiode oder die große Zahl an Sitzungen der Richtwert von zwölf ordentlichen Sitzungstagen über einen nicht nur geringen Zeitraum deutlich überschritten wird. Für die Ergänzungswahl werden die bereits zu der letzten regulären Wahl erstellten Vorschlagslisten verwendet. Dies dient der Verwaltungsvereinfachung.

Zu Nummer 4 (§ 41)

Durch die Vorschrift wird ein optionales Adhäsionsverfahren für öffentlichrechtliche Ersatzansprüche im Verwaltungsprozess eingeführt. Der Rechtsschutzsuchende erhält die Möglichkeit, mit einer im Verwaltungsrechtsweg anhängigen Klage (Primäranspruch) zugleich hiermit zusammenhängende öffentlichrechtliche Ersatzansprüche (Sekundäranspruch) zu verfolgen. Das Adhäsionsverfahren verbessert den Rechtsschutz: Zum einen werden Doppelprozesse in verschiedenen Gerichtsbarkeiten vermieden und Verfahrenskosten reduziert. Zum anderen kann das mit dem Fall bereits befasste und in diesem Sinne sachnähere Gericht direkt über den Ersatzanspruch entscheiden. Dieses kann das vorhandene Fallwissen auch für das Sekundärrechtsschutzverfahren nutzen.

Das Adhäsionsverfahren ist für den Rechtsschutzsuchenden optional: Dieser kann öffentlichrechtliche Ersatzansprüche im Verwaltungsrechtsweg verfolgen oder wie bislang den ordentlichen Rechtsweg beschreiten. Das entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben.

Nach Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes darf für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden. Die Verfassungsnorm verbietet insoweit, dass der ordentliche Rechtsweg von vornherein und generell ausgeschlossen wird. Demgegenüber wird die Regelung in der Rechtsprechung nicht im Sinne einer ausschließlichen Zuständigkeit verstanden, die jegliche Befassung der Verwaltungsgerichte sperrt. In der Rechtsprechung ist etwa geklärt, dass die bindende Verweisung einer Amtshaftungsklage in den Verwaltungsrechtsweg nicht im Widerspruch zu Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes steht (BVerwG, Urteil vom 12.01.1973, VII C 59.70). Den verfassungsrechtlichen Vorgaben wird im Fall der Adhäsion dadurch Rechnung getragen, dass der Verwaltungsrechtsweg nur auf Antrag des Klägers eröffnet, der ordentliche Rechtsweg damit nicht generell ausgeschlossen wird. Entschädigungsansprüche nach Artikel 14 Absatz 3 Satz 4 des Grundgesetzes, wonach im Streitfalle der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten offen steht, sind dagegen dem Adhäsionsverfahren entzogen. Zum einen sind die verfassungsrechtlichen Vorgaben jedenfalls nach dem Wortlaut der Verfassungsnorm tendenziell enger zu verstehen.

Artikel 14 Absatz 3 Satz 4 des Grundgesetzes wird insoweit teilweise als ausschließliche Zuständigkeitsregelung verstanden. Unabhängig davon sieht der Gesetzgeber für Entschädigungsansprüche ein gesondertes Verfahren vor den besonders besetzten Kammern und Senaten für Baulandsachen vor (§§ 217 ff. des Baugesetzbuchs). Eine Zuweisung in den Verwaltungsrechtsweg ist insoweit nicht sachgerecht.

Das Adhäsionsverfahren lässt die Rechtswegzuständigkeiten der ordentlichen Gerichte im Grundsatz unberührt. Über das Adhäsionsverfahren können nur solche Ersatzansprüche einbezogen werden, die als öffentlichrechtliche Ansprüche grundsätzlich im Verwaltungsrechtsweg zu verfolgen wären, aber durch eine abdrängende Sonderzuweisung anderen Gerichten zugewiesen sind. Das Adhäsionsverfahren regelt insoweit - für den begrenzten Bereich öffentlichrechtlicher Ersatzansprüche - lediglich eine Rückausnahme von abdrängenden Sonderzuweisungen. Die Regelung greift zudem nur ein, wenn bereits ein verwaltungsgerichtliches Verfahren geführt wird und der öffentlichrechtliche Ersatzanspruch im Zusammenhang mit diesem Verfahren steht. Geht dagegen der Ersatzklage kein Verfahren des primären Rechtsschutzes bei den Verwaltungsgerichten voraus, sind die Ersatzansprüche wie bislang im ordentlichen Rechtsweg zu verfolgen.

Systematisch enthält § 41 zum einen eine besondere Rechtswegzuweisung, die eine Rückausnahme von den abdrängenden Sonderzuweisungen bestimmt. Zum anderen enthält die Vorschrift den Sonderfall einer objektiven Klagehäufung (§ 44). Durch das Adhäsionsverfahren werden zwei Streitgegenstände (Primär- und Sekundäranspruch) miteinander verbunden. Das Adhäsionsverfahren ist damit von § 17 Absatz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu unterscheiden, der sich jeweils auf verschiedene rechtliche Gesichtspunkte desselben Streitgegenstands bezieht. Abweichend von § 44 setzt § 41 nicht die Zuständigkeit desselben Gerichts voraus, sondern begründet diese. Im Übrigen gelten die allgemeinen Voraussetzungen der objektiven Klagehäufung.

Für das Adhäsionsklagebegehren gelten die allgemeinen Verfahrensgrundsätze und -regelungen des Verwaltungsprozessrechts. Insbesondere ist der Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen ( § 86 VwGO). Dies erscheint sach- und systemgerecht: Öffentlichrechtliche Ansprüche gegen Hoheitsträger sind unabhängig von der angestrebten Rechtsfolge (z.B. Unterlassung, Aufhebung, Verpflichtung oder Ersatz) grundsätzlich nach den gleichen Verfahrensgrundsätzen geltend zu machen. Hiervon wird lediglich im Fall der abdrängenden Sonderzuweisung in eine andere Gerichtsbarkeit, z.B. in den ordentlichen Rechtsweg, punktuell eine Ausnahme gemacht.

Zu Satz 1

Satz 1 regelt die Voraussetzungen des Adhäsionsverfahrens. Die Adhäsion knüpft im Wesentlichen an vier Voraussetzungen an:

Voraussetzung ist danach zunächst ein Ausgangsklagebegehren. Für die Ausgangsklage muss der Verwaltungsrechtsrechtsweg nach § 40 Absatz 1 VwGO oder einer anderen Vorschrift (aufdrängende Sonderzuweisung) gegeben sein. Durch die Beschränkung auf Klagen wird zudem klargestellt, dass die Regelung in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht gilt. Dies folgt bereits daraus, dass Ersatzansprüche regelmäßig nicht im Eilverfahren geltend zu machen sind. Zudem soll die Entscheidung im Eilverfahren nicht durch die Adhäsion eines Ersatzanspruchs verzögert werden.

Das Ausgangsklagebegehren muss - bei Erhebung der Adhäsionsklage - rechtshängig im Sinne von § 90 VwGO sein. Entfällt die Rechtshängigkeit der Ausgangsklage, nachdem das Adhäsionsklagebegehren erhoben worden ist, berührt das die Zulässigkeit des Rechtswegs für den Ersatzanspruch nicht mehr ( § 17 Absatz 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes). Ist dagegen die Rechtshängigkeit der Ausgangsklage bei Erhebung der Adhäsionsklage durch den rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, durch Rücknahme, gerichtlichen Vergleich oder beiderseitige Erledigungserklärung entfallen, scheidet eine Adhäsion aus.

Darüber hinaus muss die Ausgangsklage - bei Erhebung der Adhäsionsklage - zulässig sein. Wird die Ausgangsklage nach Erhebung der Adhäsionsklage unzulässig, berührt dies die durch § 41 begründete Rechtswegzuständigkeit nicht mehr ( § 17 Absatz 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes). Die Beschränkung auf zulässige Ausgangsklagen ist geboten, um zu weitgehende und bisweilen missbräuchliche Adhäsionsverfahren auszuschließen. Die Zulässigkeit der Ausgangsklage muss dabei isoliert betrachtet - also ohne Berücksichtigung des Adhäsionsklagebegehrens - gegeben sein. Danach ist eine Adhäsion insbesondere ausgeschlossen, wenn die Ausgangsklage wegen Ablaufs der Klagefrist unzulässig ist. Eine Adhäsion scheidet auch aus, wenn bei Erhebung der Adhäsionsklage kein Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht. Ist die Ausgangsklage bei Erhebung der Adhäsionsklage nur noch als Feststellungs- oder Fortsetzungsfeststellungklage statthaft, muss das erforderliche Feststellungsinteresse unabhängig von dem Adhäsionsklagebegehren bestehen. Das ist insbesondere zu beachten, wenn das (Fortsetzungs-)feststellungsinteresse gerade mit der Geltendmachung von Ersatzansprüchen begründet wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist danach zu unterscheiden, ob sich das ursprüngliche Klagebegehren der Ausgangsklage vor oder nach Klageerhebung erledigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.01.1989, 8 C 30/87, Urteil vom 08.12.1995, 8 C 37/93): Hat sich das Begehren der Ausgangsklage bereits vor Klageerhebung erledigt, ist das erforderliche Feststellungsinteresse nicht gegeben. In diesem Fall fehlt es zugleich an einer zulässigen und damit adhäsionsfähigen Ausgangsklage. Erledigt sich das Begehren der Ausgangsklage erst nach deren Erhebung, ist das Feststellungsinteresse zu bejahen. Der Ersatzanspruch kann dann im Adhäsionsverfahren mit der jedenfalls als (Fortsetzungs-) Feststellungklage weiter statthaften Ausgangsklage verbunden werden. Macht der Kläger von dieser Möglichkeit Gebrauch, wird dies häufig zur Erledigung der (Fortsetzungs-) Feststellungsklage (Ausgangsklage) führen. Die Adhäsionsklage ist in diesem Fall ausnahmsweise isoliert fortzuführen.

Voraussetzung ist zweitens ein Adhäsionsklagebegehren. Der Kläger muss einen öffentlichrechtlichen Ersatzanspruch geltend machen, der durch Gesetz ausdrücklich einem anderen Gericht zugewiesen ist. Der Begriff des Ersatzanspruchs ist - abweichend etwa von § 13 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - als Oberbegriff weit zu verstehen. Erfasst sind grundsätzlich alle vermögensrechtlichen Ansprüche, also

Ansprüche, die aus einem Vermögensrecht abgeleitet oder auf eine vermögenswerte Leistung gerichtet sind. Der Ersatzanspruch kann - vorbehaltlich der Ausnahme in Satz 2 - insbesondere auf Schadenersatz, Entschädigung, Erstattung oder Aufwendungsersatz gerichtet sein. Die Vorschrift erfasst dabei nur öffentlichrechtliche Ersatzansprüche. Privatrechtliche Ansprüche können über das Adhäsionsverfahren nicht einbezogen werden und bleiben rechtswegfremd. Über diese kann nur nach Maßgabe der allgemeinen Regelungen entschieden werden ( § 17 Absatz 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes).

Erfasst sind nur solche öffentlichrechtlichen Ersatzansprüche, die aufgrund einer abdrängenden Zuweisung anderen Gerichten zugewiesen sind. Das Verfahren gilt damit zum einen für die nach § 40 Absatz 1 VwGO durch Bundes- oder Landes recht einem anderen Gericht zugewiesenen Ersatzansprüche. Hierzu zählen etwa Entschädigungsansprüche nach § 49 Absatz 6 Satz 3 der Verwaltungsverfahrensgesetze, für die der ordentliche Rechtsweg gegeben ist. Gleiches gilt für öffentlichrechtliche Ersatzansprüche, die nach dem Polizeirecht des Bundes und der Länder den ordentlichen Gerichten zugewiesen sind. Zum anderen gilt das Verfahren für die nach Absatz 2 Satz 1 den ordentlichen Gerichten zugewiesenen Aufopferungs- und Entschädigungsansprüche. Damit können insbesondere Amtshaftungsansprüche mit einer verwaltungsgerichtlichen Klage verbunden werden. Soweit für einen öffentlichrechtlichen Ersatzanspruch keine abdrängende Sonderzuweisung besteht, ist der Rechtsweg bereits nach § 40 Absatz 1 bzw. Absatz 2 VwGO eröffnet.

Das Adhäsionsverfahren setzt weiter voraus, dass der Kläger die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die von ihm geltend gemachten öffentlichrechtlichen Ersatzansprüche beantragt. Der Verwaltungsrechtsweg wird demnach nur begründet, wenn der Kläger von seinem Wahlrecht Gebrauch macht. Verfolgt der Kläger den Ersatzanspruch getrennt, bleibt es bei den abdrängenden Zuweisungen an andere Gerichte. Die Ersatzansprüche müssen nicht notwendig zusammen mit Erhebung der Ausgangsklage geltend gemacht werden. Grundsätzlich kann der öffentlichrechtliche Ersatzanspruch auch nachträglich mit der Ausgangsklage verbunden werden, soweit eine rechtshängige und zulässige Ausgangsklage weiter vorliegt. In diesem Fall sind allerdings die weiteren Voraussetzungen für eine Klageänderung (Klageerweiterung) nach § 91 VwGO zu beachten: Danach ist zum einen eine Adhäsion im Revisionsverfahren generell unzulässig (§ 142 Absatz 1 Satz 1 VwGO). Zum anderen müssen die allgemeinen Voraussetzungen für eine Klageänderung - Einwilligung des Beteiligten oder Sachdienlichkeit - vorliegen. Im Hinblick auf den Zweck des Adhäsionsverfahrens wird das Gericht die Sachdienlichkeit insbesondere dann verneinen können, wenn der neue Streitgegenstand (Ersatzanspruch) erst sehr spät in das Verfahren eingeführt wird und die Ausgangsklage zu diesem Zeitpunkt bereits entscheidungsreif ist.

Ausgangs- und Adhäsionsklagebegehren müssen im Zusammenhang miteinander stehen. Das entspricht der allgemeinen Voraussetzung für die objektive Klagehäufung (§ 44 VwGO). Die geltend gemachten Klagebegehren müssen nach der allgemeinen Lebensanschauung rein tatsächlich, nach dem Entstehungsgrund oder dem erstrebten Erfolg, einem einheitlichen Lebensvorgang zuzurechnen sein. Dabei ist das Regelungsziel des Adhäsionsverfahrens zu berücksichtigen, doppelte Prozesse zu vermeiden und Primär- und Sekundäransprüche zusammenzufassen. Ein Zusammenhang wird danach regelmäßig vorliegen, wenn auf der Grundlage eines einheitlichen Lebensvorgangs sowohl Vornahme- oder Abwehransprüche wie auch Ersatzansprüche geltend gemacht werden.

Soweit die Voraussetzungen nach Satz 1 vorliegen, entscheidet innerhalb des Verwaltungsrechtswegs das für die Primärklage zuständige Gericht über beide Klagebegehren. Dies ist das nach den §§ 45 ff. VwGO für die Primärklage sachlich, instanziell und örtlich zuständige Gericht. Abweichend von der allgemeinen Regelung zur objektiven Klagehäufung setzt § 41 nicht die Zuständigkeit desselben Gerichts voraus, sondern begründet diese. Das betrifft zum einen die Rechtswegzuständigkeit. Aus der Vorschrift folgt zugleich, dass sowohl die sachliche Zuständigkeit (§§ 45 ff. VwGO) wie auch die örtliche Zuständigkeit (§ 52 VwGO) für die Adhäsionsklage jeweils der gerichtlichen Zuständigkeit für die Ausgangsklage folgen. Das Adhäsionsverfahren soll gewährleisten, dass beide Streitgegenstände bei einem Gericht und in einem Spruchkörper gebündelt werden.

Im Übrigen gelten für das Ausgangs- wie das Adhäsionsklagebegehren die allgemeinen Prozess- und Sachurteilsvoraussetzungen. Für das Adhäsionsklagebegehren muss insbesondere ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben sein. Eine Adhäsionsklage ist zudem regelmäßig unzulässig, wenn etwaige Ersatzansprüche zunächst in einem zwingend vorgeschalteten behördlichen Vor- oder Abhilfeverfahren geltend zu machen sind. In diesem Fall kann durch ein gerichtliches Adhäsionsverfahren das behördliche Vor- oder Abhilfeverfahren nicht übersprungen werden.

Zu Satz 2

Satz 2 bestimmt, dass Entschädigungsansprüche im Sinne von Artikel 14 Absatz 3 Satz 4 des Grundgesetzes nicht adhäsionsfähig sind. Darüber hinaus ist eine Adhäsion allgemein ausgeschlossen in Verfahren, die nach § 217 oder aufgrund von § 232 des Baugesetzbuchs durch Landes recht den Kammern und Senaten für Baulandsachen zugewiesen sind. Die Ausnahme ist geboten, weil der Gesetzgeber für die Entschädigung ein besonderes Verfahren mit besonders besetzten Baulandkammern ( § 220 des Baugesetzbuchs) geschaffen hat.

Zu Nummer 5 (§ 48)

Die Aufzählung der erstinstanzlichen Zuständigkeiten der Oberverwaltungsgerichte in § 48 Absatz 1 VwGO wird um wichtige infrastrukturelle Großvorhaben erweitert, die an Bedeutung und Komplexität mit den dort bereits genannten Projekten vergleichbar sind. Die Konzentration des gerichtlichen Verfahrens auf eine Tatsacheninstanz trägt zur Beschleunigung der Planungsverfahren insgesamt und zu schnellerer Rechtssicherheit für alle Beteiligten bei.

Zu Buchstabe a

Die erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte wird auf Streitigkeiten über Planfeststellungsverfahren für Landes straßen ausgedehnt. Straßenrechtliche Planfeststellungsverfahren sind typischerweise äußerst umfangreich, komplex und weisen schwierige Rechtsfragen sowie fachspezifische Fragestellungen auf. Es handelt sich häufig um bedeutende Infrastrukturvorhaben, deren beschleunigte Umsetzung im besonderen öffentlichen Interesse liegt. Dies gilt nicht nur dann, wenn es um Bundesfernstraßen geht. Auch beim Bau oder der Änderung von Landes straßen sind diese Voraussetzungen im Regelfall erfüllt. Die Oberverwaltungsgerichte besitzen aufgrund ihrer erstinstanzlichen Zuständigkeit für Bundesfernstraßen Senate, die auf straßenrechtliche Planfeststellungsverfahren spezialisiert sind. Die Fachkunde und die Routine der Oberverwaltungsgerichte in diesem Bereich sowie der durch die Konzentration auf eine Tatsacheninstanz eintretende Beschleunigungseffekt sollen auch für Landes straßen genutzt werden. Von einer Einbeziehung der kommunalen Straßen wird im Hinblick auf deren geringere Verkehrsbedeutung abgesehen.

Zu Buchstaben b und c

Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen.

Zu Buchstabe d
Zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 11

Die Vorschrift sieht eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts für Planfeststellungen bei größeren Wasserkraftwerken vor.

Streitigkeiten um größere Wasserkraftwerke sind komplex und aufwendig. Zugleich besteht angesichts der Bedeutung solcher Kraftwerke für die Energieversorgung ein erhebliches Interesse an einer schnellen Entscheidung durch einen fachlich spezialisierten Spruchkörper. Erfasst sind Anlagen mit einer elektrischen Nettoleistung von mehr als einhundert Megawatt. Eine entsprechende Regelung enthielt bereits der Gesetzentwurf des Bundesrates zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit sowie zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung (BT-Drs. 010/171, Seite 4). Der Bundestag ist dem seinerzeit nicht gefolgt mit dem Hinweis, dass Rechtsstreitigkeiten in diesem Bereich relativ selten seien. Maßgebliches Kriterium für die erstinstanzliche Zuständigkeit ist jedoch nicht die Zahl der Verfahren, sondern die Komplexität und infrastrukturelle Bedeutung des Vorhabens. Die Bedeutung erneuerbarer Energien wie der Wind- und Wasserkraft ist erheblich gestiegen und wird absehbar weiter steigen. Mit dem Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2258) wurde § 48 Absatz 1 VwGO bereits dahingehend ergänzt, dass die erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte sich außer auf Feuerungskraftwerke (§ 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 VwGO) auch auf See-Windenergieanlagen (§ 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4a VwGO) erstreckt. Nun sollen auch größere Wasserkraftwerke einbezogen werden.

Zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 12

Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts wird auf Streitigkeiten über Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesberggesetz erweitert. Diese Verfahren sind typischerweise besonders umfangreich, komplex sowie wirtschafts-, energie- oder umweltpolitisch bedeutsam. Da diese Verfahren zudem in der Praxis selten sind, besteht ein besonderer Spezialisierungsbedarf, der auf Ebene der Verwaltungsgerichte angesichts der in der Regel kleineren Gerichtsbezirke nur schwer zu erreichen ist.

Zu Nummer 6 (§ 87a)

Durch die Änderung wird klargestellt, dass sich die Regelung nicht auf das vorbereitende Verfahren beschränkt. Die Vorschrift regelt vielmehr die Entscheidungszuständigkeit des Vorsitzenden bzw. des Berichterstatters für den gesamten ersten Rechtszug sowie für das Berufungsverfahren (§ 125 Absatz 1 VwGO). Im Revisionsverfahren ist die Vorschrift weiterhin nicht anzuwenden (§ 141 Satz 2 VwGO). Eine über das vorbereitende Verfahren hinausgehende Regelung dürfte bereits bei Einführung der Regelung beabsichtigt gewesen sein (vgl. BT-Drs. 011/7030, Seite 27), ist aber im Wortlaut nicht hinreichend klar zum Ausdruck gekommen.

Nach dem geänderten Absatz 1 muss der Spruchkörper anstelle des Vorsitzenden oder Berichterstatters in zwei Konstellationen entscheiden: Der Spruchkörper muss erstens entscheiden, wenn die Entscheidung in der mündlichen Verhandlung ergeht. Die Mitglieder der Kammer oder des Senats sind hier präsent. Eine Entscheidung nur durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter würde zu einer unsachgerechten Beschränkung der Entscheidungszuständigkeit des präsenten Spruchkörpers führen.

Auf einen unmittelbaren Zusammenhang zur Sachentscheidung kommt es insoweit nicht an. Zweitens ist der Spruchköper immer dann zuständig, wenn die Entscheidung - sei es im Anschluss an die mündliche Verhandlung oder aber im schriftlichen Verfahren - außerhalb der mündlichen Verhandlung, aber im Zusammenhang mit der Sachentscheidung ergeht. Der Begriff des Zusammenhangs ist eng zu verstehen. Voraussetzung ist nicht, dass Neben- und Sachentscheidung in ein und demselben Urteil oder Beschluss zusammengefasst sind. Erforderlich ist jedoch ein unmittelbarer inhaltlicher und zeitlicher Zusammenhang zu der Sachentscheidung. In den übrigen Fällen ergeht die Entscheidung vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2 durch den Vorsitzenden.

Zu Nummer 7 (§ 87c)

Mit der Regelung wird das konzentrierte Verfahren als weiteres prozessuales Instrument eingeführt. Im konzentrierten Verfahren kann das Gericht im Einverständnis der Beteiligten den gesamten Ablauf des Verfahrens zu einem möglichst frühen Zeitpunkt strukturieren und einen "Prozessfahrplan" festlegen. Das Gericht kann insbesondere Stellungnahme- und Beibringungsfristen bestimmen. Um die Einhaltung zu gewährleisten, können bestimmte Fristen mit ausschließender Wirkung gesetzt werden. In den Zeitplan kann zudem bereits der Termin für eine mündliche Verhandlung oder die Entscheidung des Gerichts im schriftlichen Verfahren aufgenommen werden. Das konzentrierte Verfahren kann damit dazu beitragen, dass der Prozess noch straffer, für die Beteiligten transparenter und damit letztlich effizienter geführt wird.

Die Regelung des § 87c ist von der Präklusionsregelung in § 87b VwGO zu unterscheiden: Das konzentrierte Verfahren beschränkt sich nicht auf die Präklusion. In erster Linie soll das Verfahren gestrafft und beschleunigt werden. Die Regelung des § 87c geht zudem von dem Regelfall aus, dass die Beteiligten zwar prozesstaktisch vorgehen können, das Verfahren aber im Wesentlichen kooperativ begleiten. Demgegenüber liegt der Präklusionsregelung des § 87b VwGO der Gedanke zugrunde, dass ein Beteiligter nicht kooperiert oder das Verfahren bewusst verzögert. Im Fall des konzentrierten Verfahrens ist der Grund für die Präklusion zudem nicht die Vermeidung einer im Einzelfall kausalen Verzögerung des Verfahrens, sondern die Zustimmung der Beteiligten, das Verfahren konzentriert nach einem Fristplan zu führen. Entsprechend setzt die Präklusion nach § 87c keine Verzögerung des Verfahrens voraus.

Das konzentrierte Verfahren kann sich bei komplexen, insbesondere umfangreicheren planungsrechtlichen Verfahren anbieten. Es ist aber nicht auf diese beschränkt und kann auch bei einfacher gelagerten Verfahren zum Zuge kommen. Das konzentrierte Verfahren ist kein beschleunigtes Verfahren in dem Sinne, dass eine verkürzte oder priorisierte Prüfung erfolgen soll. Abgesehen von den Fällen der Präklusion ist die Sach- und Rechtslage umfassend zu prüfen. Gleichwohl kann das konzentrierte Verfahren im Ergebnis zur effektiveren Verfahrensführung und Beschleunigung beitragen.

Zu Absatz 1 Satz 1 bestimmt den Übergang in das konzentrierte Verfahren durch Beschluss des Gerichts. Ob das konzentrierte Verfahren gewählt wird, unterfällt der Prozessleitung des Gerichts. Die Beteiligten können ein konzentriertes Verfahren anregen, dieses aber nicht erzwingen. Soweit das Verfahren konzentriert im Sinne des § 87c geführt werden soll, ist das Einverständnis der Beteiligten erforderlich. Dieses ist damit vorab - im Rahmen der Erstverfügung oder zu einem späteren Zeitpunkt - abzufragen und einzuholen. Wegen der weitreichenden Folgen ergeht der Beschluss nach Satz 1 durch das Gericht und nicht durch den Vorsitzenden bzw. Berichterstatter. Der Beschluss unterfällt wegen seiner Bedeutung für die Verfahrensbeteiligten nicht dem Anwendungsbereich des § 146 Absatz 2 VwGO, ist also grundsätzlich mit der Beschwerde anfechtbar.

Nach Satz 2 sind die Beteiligten vor einer Zustimmung über die Rechtsfolgen des konzentrierten Verfahrens nach Absatz 2 bis 4 kurz und in allgemeiner Form zu belehren. Die Beteiligten sind insbesondere über die Möglichkeit aufzuklären, dass bestimmte Fristen nach Absatz 4 mit ausschließender Wirkung gesetzt werden können.

Zu Absatz 2 Satz 1 bestimmt, dass der Vorsitzende bzw. Berichterstatter mit einer prozessleitenden Anordnung zu einem möglichst frühen Zeitpunkt den Gang des Verfahrens bestimmen soll ("Prozessfahrplan"). Soweit möglich und sinnvoll, soll der Ablauf des gesamten Verfahrens bis zur Entscheidung im ersten Rechtszug bestimmt werden. Der Umfang der zeitlichen Vorgaben liegt im Ermessen des Vorsitzenden bzw. Berichterstatters. Dieser ist nicht gehalten, alle Fristen des Verfahrens in einer ersten Anordnung zusammenzufassen. Um dem Zweck des konzentrierten Verfahrens zu entsprechen, soll der Vorsitzende bzw. Berichterstatter das Verfahren allerdings so umfassend wie möglich vorstrukturieren und konzentrieren. In der prozessleitenden Anordnung bestimmt das Gericht insbesondere Beibringungs- und Abschlussfristen und gegebenenfalls bereits den Termin zur mündlichen Verhandlung. In vielen Fällen wird es sachgerecht sein, den Fristenplan mit den Beteiligten abzustimmen. Um das Verfahren praxisgerecht zu gestalten und die Prozessleitung des Gerichts nicht zu stark zu beschränken, sieht Satz 1 jedoch nicht vor, dass zu jeder Frist die Zustimmung der Beteiligten zwingend einzuholen ist.

Zur Beschleunigung des Verfahrens kann die prozessleitende Anordnung zeitgleich mit dem Beschluss nach Absatz 1 ergehen. In diesem Fall werden mit dem Übergang in das konzentrierte Verfahren zugleich die weiteren Fristen bestimmt.

Zu Absatz 3

Absatz 3 benennt die Fristen, die mit der prozessleitenden Anordnung gesetzt werden können. Hierbei handelt es sich nicht um eine abschließende Aufzählung.

Nach Nummer 1 kann angeordnet werden, zu bestimmten rechtlichen Fragen vorzutragen. Das Gericht kann damit darauf hinwirken, dass bestimmte rechtliche Fragen gezielt erörtert werden und der Vortrag der Beteiligten strukturiert wird. Nummer 2 und 3 sieht entsprechend § 87b Absatz 2 VwGO vor, dass bestimmte Tatsachen anzugeben, Beweismittel zu bezeichnen und Unterlagen vorzulegen sind (Beibringungsfrist). Nummer 4 enthält die Möglichkeit, allen Beteiligten eine abschließende Frist zum Vortrag zu setzen (Abschlussfrist). Nach Ablauf der Abschlussfrist kann das Gericht die Sache vorberaten und verhandeln. Durch die Abschlussfrist soll ein "Kampf um das letzte Wort " vermieden werden. Zugleich soll dem Gericht eine ausreichende Beratungs- und Vorbereitungsfrist eingeräumt werden. Mit der Anordnung können weitere Fristen verbunden werden. Insbesondere kann das Gericht mit der Anordnung zugleich einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen und die Beteiligten laden.

Zu Absatz 4

Nach Satz 1 können die Beibringungs- und Abschlussfristen nach Absatz 3 Nummer 2 bis 4 mit ausschließender Wirkung gesetzt werden. Dies liegt im Ermessen des Gerichts.

Satz 2 und 3 regeln die Präklusion. Satz 3 verweist insoweit auf § 87b Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 und 3, Satz 2 und 3 VwGO. Danach setzt die Präklusion insbesondere voraus, dass der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und zuvor über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist. Für die Belehrung im Sinne von § 87b Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 genügt nicht die anfängliche allgemeine Belehrung über das konzentrierte Verfahren nach Absatz 1 Satz 2. Die Präklusion setzt vielmehr voraus, dass der Beteiligte nach dem Übergang in das konzentrierte Verfahren mit der konkreten Fristsetzung nochmals über die Folgen der Fristversäumung belehrt wird. Anders als im Fall des § 87b Absatz 3 kommt es für die Präklusion aber nicht auf eine kausale Verfahrensverzögerung an.

§ 87b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 ist nicht anzuwenden. Grund für die erleichterte Präklusion ist die gegenüber der Fristsetzung nach § 87b grundlegend andere Ausgangslage: Das konzentrierte Verfahren beruht zum einen auf der Zustimmung der Beteiligten. Die Beteiligten stimmen - nach vorheriger Belehrung über die Möglichkeit der Präklusion - einer Fortführung im konzentrierten Verfahren zu. Zum anderen soll durch die Präklusion nicht nur eine konkrete Verzögerung vermieden, sondern die Einhaltung des zeitlich strukturierten Prozessablaufs insgesamt gewährleistet werden. Die Präklusion hat insoweit im konzentrierten Verfahren insgesamt eine verfahrenssichernde Funktion.

Wird die Frist mit ausschließender Wirkung gesetzt, soll das Gericht nach Satz 2 verspätete Erklärungen und Beweismittel zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. Hiervon kann in besonderen Ausnahmefällen abgesehen werden. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn einer der Beteiligten innerhalb der Abschlussfrist nach Absatz 3 Nummer 4 neue Tatsachen vorträgt, Beweismittel benennt oder Dokumente, Urkunden oder sonstige Sachen vorlegt. In diesem Fall ist den übrigen Beteiligten im Hinblick auf Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes die Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer neu zu bestimmenden Frist zu geben. Ein Ausnahmefall liegt dagegen nicht schon dann vor, wenn die Verspätung nicht zu einer kausalen Verzögerung des Verfahrens führt. Wie ausgeführt, setzt die Präklusion im konzentrierten Verfahren den Nachweis der Verzögerung gerade nicht voraus, da die Beteiligten dem Verfahren zugestimmt haben und die Präklusion der Einhaltung des Fristenplans als Ganzem dient.

Zu Nummer 8 (§ 128a)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu § 87c. Die Regelung des § 128a VwGO soll verhindern, dass die Beteiligten die in der ersten Instanz eingetretene Präklusion umgehen, indem sie neue Tatsachen und Beweismittel nunmehr im Berufungsverfahren vortragen. Dies hat für die Präklusion nach § 87b und § 87c gleichermaßen zu gelten. Im Fall der ausschließenden Wirkung nach § 87c ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese eine kausale Verzögerung des Rechtsstreits nicht voraussetzt und hierdurch von der Regelung des § 87b abweicht. Entsprechendes hat auch für die Fortwirkung der ausschließenden Wirkung im Berufungsverfahren nach § 128a zu gelten. Auch insoweit setzt die Präklusion grundsätzlich keine kausale Verzögerung voraus. Dem trägt die Regelung in dem neu eingefügten Absatz 2 Rechnung. Im Übrigen gelten die gleichen Voraussetzungen wie im Fall der Präklusion nach Absatz 1.

Zu Nummer 9 (§ 176)

Die Vorschrift sieht für einen Übergangszeitraum bei der Besetzung der Kammern der Verwaltungsgerichte eine Ausnahme von § 29 Satz 1 des Deutschen Richtergesetzes vor. Danach sind, abweichend von § 29 Satz 1 des Deutschen Richtergesetzes, Entscheidungen der Kammer auch unter Mitwirkung von zwei abgeordneten Richtern auf Lebenszeit oder aber unter Mitwirkung von einem abgeordneten Richter auf Lebenszeit und entweder einem Richter auf Probe oder einem Richter kraft Auftrags zulässig. Andere Besetzungen, insbesondere die Besetzung mit zwei Richtern auf Probe oder kraft Auftrags, sind weiter unzulässig.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung bestehen im Ergebnis nicht. Zwar fallen aus einer anderen Gerichtsbarkeit abgeordnete Lebenszeitrichter bei dem Verwaltungsgericht, bei dem sie vorübergehend tätig werden, mangels "endgültig planmäßiger Anstellung" nicht unter Artikel 97 Absatz 2 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. März 2018, 2 BvR 780/16, Rn. 63). Daher ist eine Beteiligung mehr als eines abgeordneten Richters bzw. die Beteiligung eines abgeordneten Richters und eines Richters auf Probe oder kraft Auftrags an einer Entscheidung nur in besonderen Ausnahmefällen verfassungsrechtlich zulässig (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 22. März 2018, 2 BvR 780/16, Rn. 67 f.). Allerdings sind die Anforderungen an diesen besonderen Ausnahmefall geringer, wenn es um abgeordnete Lebenszeitrichter geht, als wenn es um Richter auf Probe bzw. Richter kraft Auftrags geht. Davon geht auch das Bundesverfassungsgericht aus, wenn es in einem Beschluss vom 23. Januar 1996, 2 BvR 1551/96, eine Spruchkörperbesetzung mit zwei abgeordneten Lebenszeitrichtern und einem Richter auf Probe als verfassungsrechtlich leichter zu rechtfertigen ansieht als eine Spruchkörperbesetzung mit drei Richtern auf Probe. Zum Schutz der Unabhängigkeit abgeordneter Lebenszeitrichter bestehen Garantien, die bei Richtern auf Probe und Richtern kraft Auftrags fehlen. Die Unabhängigkeit abgeordneter Lebenszeitrichter ist dadurch geschützt, dass die Abordnung nach § 37 Absatz 2 DRiG für eine im Vorhinein bestimmte Dauer ausgesprochen werden muss, eine vorzeitige Beendigung der Abordnung gegen ihren Willen ausgeschlossen ist und sie nach Abordnungsende ohne weiteres wieder auf ihre frühere Richterplanstelle zurückkehren (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. März 2018, 5 A 2439/17. A). Damit ist ihre persönliche Unabhängigkeit im Ergebnis im selben Maße geschützt wie die persönliche Unabhängigkeit der Richter auf Zeit, die zur Deckung eines "nur vorübergehenden Personalbedarfs" im Sinne des § 18 VwGO ohne Rücksicht auf die Beschränkungen des § 29 Absatz 1 DRiG eingesetzt werden können (vgl. zur Stellung der Richter auf Zeit im Hinblick auf § 29 DRiG BVerfG, Beschluss vom 22. März 2018, 2 BvR 780/16, Rn. 90). Denn als maßgebliche Sicherungen der persönlichen Unabhängigkeit der Richter auf Zeit hat das Bundesverfassungsgericht die auch bei abgeordneten Lebenszeitrichtern vorliegenden Umstände angesehen, dass sie während der im Vorhinein bestimmten Zeit ihrer Verwendung am Verwaltungsgericht unversetzbar und unabsetzbar sind und dass aufgrund der gesicherten Rückkehr in ein Lebenszeitdienstverhältnis auch keine berufliche Unsicherheit für die Zeit nach der Verwendung am Verwaltungsgericht besteht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. März 2018, 2 BvR 780/16, Rn. 82). Ferner spricht für die Verfassungsmäßigkeit der Regelung, dass eine vergleichbare Spruchkörperbesetzung im gesamten Bundesgebiet von 1993 bis 1998 bei allen Gerichten und in den neuen Ländern bei den Oberlandesgerichten und Landes sozialgerichten sogar bis zum 31. Dezember 2004 gesetzlich vorgesehen war (vgl. § 29 DRiG in der Fassung des Gesetzes vom 11. Januar 1993, BGBl. I S. 50 sowie § 3 Absatz 1 RpflAnpG in der Fassung des Gesetzes vom 22 Dezember 1999, BGBl. I S. 2598) und das Bundesverfassungsgericht dies im Hinblick darauf gebilligt hat, dass eine außergewöhnliche Personalsituation vorlag (vgl. Beschluss vom 13. November 1997, 2 BvR 2269/93).

Eine außergewöhnliche Personalsituation liegt bei den Verwaltungsgerichten auch jetzt wieder vor. Infolge des vor allem in den Jahren 2015 und 2016 stark gestiegenen Zustroms von Schutzsuchenden sind bei den Verwaltungsgerichten die Eingänge sprunghaft angestiegen. Bundesweit hat sich die Zahl der jährlich bei den Verwaltungsgerichten neu eingehenden Hauptsacheverfahren binnen 3 Jahren von 144.576 im Jahr 2015 auf 352.213 im Jahr 2017 mehr als verdoppelt. Die Zahl der jährlich neu eingehenden Eilanträge hat sich binnen vier Jahren (2013 bis 2017) ebenfalls in etwa verdoppelt (vom 55.951 in 2013 auf 103.919 in 2017). Dieser sprunghafte Anstieg der Verfahrenszahlen hat bei den Verwaltungsgerichten zu einem sehr dringlichen und erheblichen Personalmehrbedarf geführt. Dieser Personalmehrbedarf wurde teilweise durch Neueinstellungen (Richter auf Probe) und auf Dauer angelegte Übernahmen von Beamten ins Richterverhältnis (Richter kraft Auftrags) abgedeckt. Die Zahl der Richterplanstellen bei den Verwaltungsgerichten wurde von 1558 Stellen im Jahr 2014 auf 2077 Stellen zum Ende des ersten Halbjahres 2018 erhöht (+ 33 %). Die Entwicklung einerseits der Anzahl der Schutzsuchenden und andererseits der Anzahl der Neueingänge, die beide inzwischen wieder rückläufig sind, zeigt aber auch, dass der erhöhte Personalbedarf bei den Verwaltungsgerichten nur vorübergehend ist. Dies hat auch das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich anerkannt (BVerfG, Beschluss vom 22. März 2018, 2 BvR 780/16, Rn. 155). Daher war es unter personalwirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht möglich, den gesamten Personalmehrbedarf durch zusätzliche Planstellen abzudecken. Es war vielmehr auch erforderlich, befristet auf Lebenszeitrichter anderer Gerichtsbarkeiten (abgeordnete Richter) oder auf Lebenszeitbeamte (Richter auf Zeit) zurückzugreifen. Die erheblichen Personalverstärkungen durch abgeordnete Richter, Richter kraft Auftrags und Richter auf Probe haben jedoch dazu geführt, dass bei den Verwaltungsgerichten viele Richter, die nicht unter Artikel 97 Absatz 2 GG fallen, auf die Kammern verteilt werden müssen. Die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshöfe haben darauf hingewiesen, dass es dadurch in vielen Fällen sehr schwierig wird, die Kammern noch entsprechend der Vorgabe des § 29 Satz 1 des Deutschen Richtergesetzes zu besetzen. Daher sollen diese Vorgaben vorübergehend gelockert werden.

Nachteilige Auswirkungen auf die Rechtspflege sind nicht zu erwarten. Von der Ausnahmevorschrift werden nur diejenigen abgeordneten Richter erfasst, die bereits an einem anderen Gericht Lebenszeitrichter sind. Sie haben daher mehrjährige Rechtsprechungserfahrung. Ebenso ist eine Anfechtung der Entscheidungen, die ein Spruchkörper in der nach § 176 VwGO-E befristet zulässigen Besetzung getroffen hat, mittels Verfassungsbeschwerde wegen einer angeblichen Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Artikel 101 Abs. 1 Satz 2 GG) nicht in einem Umfang zu erwarten, der die Rechtspflege beeinträchtigen könnte. Denn die bis zum 31. Dezember 2004 in den neuen Bundesländern geltende ähnliche Regelung (§ 3 Absatz 1 RpflAnpG in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S. 2598) hat ebenfalls nicht zu solchen Problemen geführt.

Die Ausnahmeregelung ist bis zum Ende des Jahres 2022 befristet, da sich das Besetzungsproblem durch die zu erwartenden Lebenszeiternennungen und den Ablauf von Abordnungen voraussichtlich erledigen wird.

Zu Nummer 10 (§ 185)

Das Land Bremen ist das einzige Land der Bundesrepublik, in dem es keine Landesstraßen gibt; die Straßenbaulast liegt dort ausschließlich bei den Gemeinden Bremen und Bremerhaven. Die erweiterte erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte nach Artikel 1 Nummer 5a) liefe im Land Bremen daher leer. Um eine einheitliche Verwirklichung der Ziele dieser Regelung im gesamten Bundesgebiet sicherzustellen, wird in die bestehende Anpassungsklausel für Länder mit Besonderheiten im Verwaltungsaufbau (§ 185 VwGO) ein Absatz 1a eingefügt, der im Land Bremen die Erstreckung der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts auf Gemeindestraßen mit besonderer Verkehrsbedeutung ermöglicht (insbesondere Straßen der "Kategorie A"; vgl. § 3 Absatz 1 Nummer 1 BremLStrG).

Zu Nummer 11 (§§ 188a und 188b)

Nach den Vorschriften können in Angelegenheiten des Wirtschaftsrechts bzw. des Planungsrechts besondere Wirtschafts- oder Planungsspruchkörper gebildet werden.

Die Regelungen fördern die Spezialisierung der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bereich wirtschafts- und infrastrukturrelevanter Verfahren. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass die zuständigen Spruchkörper in diesen Verfahren nicht nur mit besonderer rechtlicher Expertise, sondern auch mit besonderer Kenntnis und besonderem Verständnis der wirtschaftlichen und planungsrechtlichen Zusammenhänge ausgestattet sind. Mit der Einrichtung der Wirtschafts- und Planungsspruchkörper wird die Akzeptanz bei den Beteiligten erhöht. Zugleich können die Verfahren insbesondere im Planungsrecht deutlich beschleunigt werden, da mit der Spezialisierung die Effizienz steigt und die Planungs- und Wirtschaftsspruchkörper von anderen Materien verstärkt freigehalten werden können.

Zu § 188a

Satz 1 sieht die Einrichtung der Wirtschaftsspruchkörper vor. Die Einrichtung eines Wirtschaftsspruchkörpers steht im Ermessen des Präsidiums des Gerichts. Die Regelung ist, abweichend von vergleichbaren Regelungen in § 188 VwGO oder in § 83 Absatz 1 des Asylgesetzes, nicht als Soll-, sondern nur als Kann-Regelung gefasst. Dies bewahrt den Gerichten die nötige Flexibilität bei der Geschäftsverteilung. Die Verwaltungsgerichte unterscheiden sich stark in der Größe und im Fallaufkommen. Insbesondere bei kleineren Verwaltungsgerichten kann die Einrichtung spezieller Wirtschaftsspruchkörper praktisch nicht sinnvoll zu leisten sein. In diesen Fällen kann auf die Einrichtung eines speziellen Wirtschaftsspruchkörpers ganz verzichtet werden. Bei größeren Verwaltungsgerichten kann es demgegenüber sinnvoll sein, die erfassten Sachgebiete auf mehrere spezialisierte Wirtschaftsspruchkörper zu verteilen. Hier können mit der Einrichtung spezieller Wirtschaftsspruchkörper die oben genannten Vorteile zum Tragen kommen. Obwohl die gesetzliche Regelung nur als Kann-Vorschrift gefasst ist, wird damit zum Ausdruck gebracht, dass die Einrichtung spezieller Wirtschaftsspruchkörper grundsätzlich sachgerecht und förderungswürdig ist.

Satz 2 bestimmt die Sachgebiete, die bei der Einrichtung des speziellen Wirtspruchkörpers diesem regelmäßig zuzuweisen sind. Insoweit handelt es sich um eine Soll-Regelung, von der im Ausnahmefall abgewichen werden kann. Die Aufzählung orientiert sich im Wesentlichen an den im Sachgebietskatalog verwendeten Bezeichnungen, die üblicherweise für die Geschäftsverteilung verwendet werden. Erfasst sind insbesondere die Bereiche der Wirtschaftsverfassung, Wirtschaftslenkung, Marktordnung und Außenwirtschaft (vgl. Sachgebiet 0410 des Sachgebietskatalogs - u.a. Subventionsrecht, Vergaberecht, Finanzdienstleistungsaufsicht) sowie das allgemeine und besondere Gewerberecht (Gewerbeordnung, Handwerksordnung, Gaststättengesetz). Weiter erfasst sind die Bereiche des Post-, Fernmelde- und Telekommunikationsrechts.

Nach Satz 3 können den Wirtschaftsspruchkörpern auch Angelegenheiten aus anderen Sachgebieten mit einem Bezug zum Wirtschaftsrecht zugewiesen werden. Insbesondere können die sonstigen Materien des Wirtschaftsrechts, wie etwa das Krankenhausrecht, ebenfalls den Wirtschaftsspruchkörpern zugewiesen werden. Die Einzelheiten werden durch die Geschäftsverteilung bei den Gerichten bestimmt.

Den Wirtschaftsspruchkörpern können darüber hinaus auch andere Materien ohne direkten wirtschaftsrechtlichen Bezug zugewiesen werden. Die Regelung sperrt damit nicht generell die Zuweisung anderer Materien. Der Schwerpunkt der spruchrichterlichen Tätigkeit soll jedoch bei der Entscheidung wirtschaftsrechtlicher Verfahren liegen.

Zu § 188b

Satz 1 bestimmt parallel hierzu die Einrichtung spezieller Planungsspruchkörper. Die Regelung ist ebenfalls nur als Kann- und nicht als Soll-Bestimmung formuliert. Den Gerichten soll auch insoweit die nötige Flexibilität belassen werden. Die gesetzliche Regelung bringt jedoch auch hier zum Ausdruck, dass die Einrichtung spezieller Planungsspruchkörper zur Beschleunigung von infrastrukturrelevanten Verfahren grundsätzlich sachgerecht und förderungswürdig ist.

Satz 2 bestimmt die Sachgebiete, die dem Planungsspruchkörper regelmäßig zuzuweisen sind. Die Aufzählung orientiert sich auch insoweit an dem Sachgebietskatalog. Hierzu gehören die Raumordnung und Landesplanung (vgl. Sachgebiet 0910) sowie das Bauplanungs-, Bauordnungs- und Städtebauförderungsrecht (Sachgebiet 0920). Ob die genannten Sachgebiete, insbesondere das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht dem Planungsspruchkörper zugewiesen werden, liegt im Ermessen der für die Geschäftsverteilung zuständigen Präsidien. Möglich ist insoweit auch, dass nur bestimmte, besonders umfangreiche baurechtliche Verfahren dem Planungsspruchkörper zugewiesen werden.

Satz 3 bestimmt darüber hinaus, dass die Planungsspruchkörper in anderen Sachgebieten allgemein über Streitigkeiten entscheiden können, die Planfeststellungsverfahren oder anstelle einer Planfeststellung erteilten Genehmigungen betreffen. Da Streitigkeiten betreffend Planfeststellungsverfahren sehr umfangreich sein können und eine Konzentration auf wenige Spruchkörper die Kapazität der jeweiligen Kammern oder Senate übersteigen kann, ist die Zuweisung auch insoweit in das Ermessen des Präsidiums gestellt.

Wie bei den Wirtschaftsspruchkörpern können auch den Planungsspruchkörpern weitere Materien zugewiesen werden. Die Regelung sperrt damit nicht generell die Zuweisung anderer Materien. Der Schwerpunkt der spruchrichterlichen Tätigkeit soll jedoch bei der Entscheidung planungsrechtlicher Verfahren liegen. Zudem ist insbesondere bei Planungsverfahren das Ziel der Verfahrensbeschleunigung zu beachten.

II. Zu Artikel 2 (Evaluierung)

Die Vorschrift sieht eine Berichtspflicht zu dem neu eingeführten Adhäsionsverfahren (§ 41) vor. Der Bericht soll sich insbesondere dazu verhalten, in welchem Umfang in der gerichtlichen Praxis von der neu geschaffenen Adhäsionsklage Gebrauch gemacht worden ist.

III. Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.