Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette - COM (2018) 173 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl.
Drucksache 325/14 (PDF) = AE-Nr. 140667 und AE-Nr. 160067 Europäische Kommission

Brüssel, den 12.4.2018 COM (2018) 173 final 2018/0082 (COD)

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette

{SWD(2018) 91 final} - {SWD(2018) 92 final} - {SWD(2018) 93 final}

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

- Gründe und Ziele des Vorschlags

Landwirte, Verarbeiter, Händler, Großhändler, Einzelhändler und Verbraucher, sie alle sind Akteure in der Lebensmittelversorgungskette. Kleinere Akteure in der Lebensmittelversorgungskette sind wegen ihrer in der Regel schwachen Verhandlungsposition gegenüber großen Akteuren in der Kette häufiger unlauteren Handelspraktiken ausgesetzt. Landwirtschaftliche Erzeuger sind besonders häufig unlauteren Praktiken ausgesetzt, da sie sich häufig nicht in einer Verhandlungsposition befinden, die mit der ihrer in der Lebensmittelkette nach ihnen folgenden Partner, die ihre Erzeugnisse kaufen, vergleichbar ist. Grund dafür ist, dass die Alternativen, um ihre Erzeugnisse bei den Verbrauchern abzusetzen, begrenzt sind.

Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass in der gesamten Lebensmittelversorgungskette unlautere Handelspraktiken auftreten. Seit 2009 hat die Kommission drei Mitteilungen veröffentlicht, die die Lebensmittelversorgungskette, einschließlich unlauterer Handelspraktiken, betrafen.

Im Juni 2016 forderte das Europäische Parlament die Kommission in einer Entschließung1 auf, einen Vorschlag für einen Rechtsrahmen der Union im Zusammenhang mit unlauteren Handelspraktiken vorzulegen. Im Dezember 2016 forderte der Rat die Kommission auf, rechtzeitig eine Folgenabschätzung mit dem Ziel durchzuführen, einen EU-Rechtsrahmen oder nichtlegislative Maßnahmen zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken2 vorzuschlagen. Im September 2016 veröffentlichte der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss einen Bericht, in dem die Kommission und die Mitgliedstaaten aufgefordert wurden, umgehend Maßnahmen zu ergreifen, und zwar mit dem Ziel, durch die Einrichtung eines EU-weit harmonisierten Netzes von Durchsetzungsbehörden unlautere Praktiken zu verhindern und auf diese Weise gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt zu schaffen3.

In ihrem Bericht aus dem Jahr 2016 ermittelte die Kommission eine Reihe von Bereichen, in denen sowohl die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Eindämmung unlauterer Praktiken als auch die freiwilligen Initiativen der Wirtschaft verbessert werden sollten. Die Kommission hat sich verpflichtet, erneut zu prüfen, ob EU-Maßnahmen zur Bekämpfung unlauterer Praktiken unter Berücksichtigung der sich daraus ergebenden Entwicklungen vor Ende ihres Mandats notwendig sind. Die Erwartungen hinsichtlich der Verbesserungen wurden nicht vollständig erfüllt, wie in der Folgenabschätzung genauer ausgeführt wird (Abschnitt 3.3).

Wenn unlautere Handelspraktiken auftreten, geraten die Gewinne und die Gewinnspannen der Marktteilnehmer unter Druck, was zu einer Fehlallokation von Ressourcen führen und sogar ansonsten existenz- und wettbewerbsfähige Akteure zwingen kann, ihre Geschäftstätigkeit aufzugeben. So bedeuten rückwirkende und einseitige Kürzungen der vertraglich vereinbarten Menge verderblicher Waren einen Einkommensverlust für den Marktteilnehmer, der diese Waren nicht ohne Weiteres anderweitig absetzen kann. Durch verspätete Zahlungen für verderbliche Waren, die erst nach deren Lieferung und Veräußerung durch den Käufer vorgenommen werden, entstehen den Lieferanten zusätzliche Kosten. Mögliche Verpflichtungen der Lieferanten, vom Käufer nicht veräußerte Waren zurückzunehmen, können eine unzulässige Abwälzung von Risiken auf die Lieferanten bedeuten, die sich auf deren Planungs- und Investitionssicherheit auswirkt. Werden Lieferanten gezwungen, sich an generischen, geschäftsinternen Verkaufsförderungsmaßnahmen zu beteiligen, ohne dass sie daraus einen angemessenen Nutzen ziehen, kann sich ihre Gewinnmarge auf unzulässige Weise verringern.

In einem nunmehr deutlich marktorientierteren agrarpolitischen Umfeld spielt die verantwortungsvolle Verwaltung der Lebensmittelversorgungskette für die Marktbeteiligten, insbesondere für landwirtschaftliche Erzeuger, eine immer größere Rolle. Der Vorschlag sollte sicherstellen, dass diese Marktteilnehmer in einen fairen Wettbewerb treten und dadurch zur Gesamteffizienz der Kette beitragen können. Unlauteres Geschäftsgebaren durch Marktteilnehmer in einer mächtigen, nicht verbotenen Verhandlungsposition oder ein fehlender wirksamer Rechtsschutz können die wirtschaftliche Lebensfähigkeit von Marktteilnehmern in der Kette beeinträchtigen. Eine solche schwache Verwaltung dürfte auch das Vertrauen in die allgemeine Fairness und die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette untergraben.

Die Lebensmittelversorgungskette ist ein Kontinuum vertikal miteinander verknüpfter Märkte. Sie zeichnet sich durch erhebliche Unterschiede bei der relativen Verhandlungsposition zwischen kleineren und mittleren Unternehmen einerseits und größeren Unternehmen andererseits aus. Der Konzentrationsgrad auf den nachgelagerten Stufen der Primärproduktion ist in allen Mitgliedstaaten hoch. In einigen Fällen schaden unlautere Handelspraktiken schwächeren Erzeugern, wie den landwirtschaftlichen Erzeugern, auch wenn sie ihnen nicht unmittelbar ausgesetzt sind, und zwar wenn die durch unlautere Handelspraktiken bedingten Kosten entlang der Lebensmittelversorgungskette bis zum schwächsten Glied, bei dem es sich häufig um den Landwirt handelt, weitergegeben werden. Der negative Effekt einer unlauteren Handelspraktik, der sich beispielsweise zwischen einem Einzelhändler und einem Verarbeiter entlang der Kette fortsetzt, kann letztlich die Landwirte erreichen.

Die spezifischen Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken in 20 Mitgliedstaaten zeugen von der großen Besorgnis, die auf nationaler Ebene im Zusammenhang mit unlauteren Handelspraktiken herrscht. Allerdings werden unlautere Handelspraktiken in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich behandelt. In einigen Mitgliedstaaten gibt es keinen spezifischen Schutz gegen unlautere Praktiken, oder er ist unwirksam.

Nach allgemeinem (Vertrags-)Recht können bestimmte Praktiken untersagt werden und können sich diejenigen, die unlauteren Praktiken ausgesetzt waren, an ein Gericht für Zivilrechtssachen wenden. Das allgemeine Vertragsrecht jedoch, soweit es für die betreffende Praktik gilt, könnte sich de facto als nur schwer durchsetzbar erweisen: Die schwächere Partei eines Handelsgeschäfts ist häufig nicht gewillt, eine Beschwerde einzureichen, weil sie befürchten muss, die bestehende Geschäftsbeziehung mit der stärkeren Partei zu gefährden ("Angstfaktor").

Die Unterschiede zwischen den Regulierungsansätzen der Mitgliedstaaten in Bezug auf unlautere Handelspraktiken haben außerdem ungleiche Wettbewerbsbedingungen für die Marktteilnehmer zur Folge. Bei dem derzeitigen uneinheitlichen Ansatz hängt der Umfang des Schutzes von Marktteilnehmern gegen unlautere Handelspraktiken von dem jeweiligen Mitgliedstaat ab. Unterschiedliche Regeln können zu unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen führen.

Außerdem haben sich die Durchsetzungsbehörden der Mitgliedstaaten nur in sehr geringem Maße abgestimmt, da es keine formellen Koordinierungsstrukturen auf EU-Ebene gibt. Eine Koordinierung könnte jedoch zu einer Verbesserung der Durchsetzung in den Mitgliedstaaten beitragen.

Die freiwillige Supply Chain Initiative (SCI)4 ist eine Initiative der privaten Wirtschaft zur Regelung unlauterer Handelspraktiken. In den Mitgliedstaaten gibt es abgesehen von den nationalen verbindlichen Maßnahmen vergleichbare einzelstaatliche Initiativen. Seit ihrer Gründung spielte die SCI in den Mitgliedstaaten eine wichtige Rolle, wenn es darum ging, für unlautere Praktiken zu sensibilisieren und ein faires Geschäftsgebaren zu fördern. Sie wurde weiter ausgebaut, und vor Kurzem wurde ein unabhängiger Vorsitzender ernannt. Sie bietet ein Forum für eine frühzeitige und außergerichtliche Streitbeilegung. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass sich die SCI zu einem umfassenden Regelungsrahmen entwickelt, der Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung, einschließlich der Durchsetzung, überflüssig machen würde. Die Beteiligung an der SCI ist freiwillig, und bisher sind nicht alle Marktteilnehmer der Lebensmittelversorgungskette in ihr vertreten. Während z.B. Einzelhändler Mitglieder der SCI sind, beteiligen sich weder Einzelhändler-Einkaufsallianzen noch die Organisationen, die landwirtschaftliche Erzeuger vertreten, an der SCI. Letztere haben sich der SCI nicht angeschlossen, weil die Initiative den beschwerdeführenden Parteien ihrer Ansicht nach keine ausreichende Vertraulichkeit bietet und keine unabhängigen Untersuchungen oder Sanktionen vorsieht.5 Allerdings sind Organisationen, die landwirtschaftliche Erzeuger vertreten, an nationalen Lieferketten-Initiativen beteiligt.

Bestimmte Einschränkungen eines freiwilligen Kodex können auch strukturbedingt sein. Die SCI kann weder Sanktionen verhängen noch werden ihre Entscheidungen veröffentlicht (keine abschreckende Wirkung). Individuelle Streitigkeiten werden nicht in einer Weise behandelt, die die Vertraulichkeit der Beschwerden gewährleistet, auch nicht im Anfangsstadium des Verfahrens. Darüber hinaus gibt es keine Möglichkeit, Untersuchungen auf eigene Initiative durchzuführen. Die Bedenken im Zusammenhang mit einer wirksamen Durchsetzung sind ein Grund für die weiterhin geringe Beteiligung landwirtschaftlicher Erzeuger an der SCI. Darüber hinaus lässt sich die Uneinheitlichkeit der Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken in den Mitgliedstaaten nicht allein mit einer freiwilligen Initiative lösen.

Entsprechend sollen mit dem vorliegenden Vorschlag für eine Richtlinie unlautere Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette eingedämmt werden, und zwar durch Einführung eines EU-weit einheitlichen Mindestschutzstandards, der eine Liste spezifischer verbotener Praktiken umfasst. Der Schutz erstreckt sich auf kleine und mittlere Lieferanten in der Lebensmittelversorgungskette, soweit sie ihre Lebensmittelerzeugnisse nicht an kleine und mittlere Abnehmer veräußern. Auf diese Weise soll dazu beigetragen werden, der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten, was gemäß Artikel 39 AEUV eines der Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik ist.

Bestimmungen für Mindestanforderungen an die Durchsetzung, die für die nationalen zuständigen Behörden gelten, ergänzen den abschreckenden Charakter der vorgeschlagenen Regelung. Nicht zuletzt soll ein von der Kommission unterstützter Mechanismus zur Koordinierung der Durchsetzungsbehörden den Austausch von Daten über die Anzahl und die Art der durchgeführten Untersuchungen bei Verstößen ermöglichen und auch ein Forum für den Austausch bewährter Verfahren schaffen, um die Wirksamkeit der Durchsetzung zu verbessern.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen ergänzen die in den Mitgliedstaaten bestehenden Maßnahmen und den Verhaltenskodex der SCI (Mindestharmonisierungsansatz).

- Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

Bislang gibt es keine horizontalen EU-Regeln über unlautere Handelspraktiken zwischen Unternehmen. Das spezifische Ziel der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung ist Fairness bei Markttätigkeiten zwischen Unternehmen. Die Bestimmungen der genannten Richtlinie betreffen jedoch nicht die Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen, die Gegenstand dieses Vorschlags sind.

- Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Das Wettbewerbsrecht hat einen anderen Anwendungsbereich als die Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken. Unlautere Handelspraktiken sind einseitige Praktiken, die in den meisten Fällen keinen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht implizieren, da ein solcher Verstoß die Existenz einer vorherrschenden Position in einem bestimmten Markt sowie die Feststellung eines Missbrauchs dieser Position, die sich auf den gesamten Markt auswirkt, erfordert. So geht es bei Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken um ungleiche Verhandlungspositionen (meist ohne marktbeherrschende Stellung), und darum Unternehmen zu untersagen, bei ihren Handelspartnern ungerechtfertigte, unverhältnismäßige oder keine Gegenleistungen umfassende Bedingungen zu erzwingen, zu erhalten oder den Versuch hierzu zu unternehmen (ohne dass sich dies zwangsläufig auf den Markt insgesamt auswirkt). Entsprechend sollen die Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken mit den EU-Wettbewerbsregeln vereinbar sein und diese ergänzen.

Regulatorische Diskrepanzen und der unzureichende Schutz gegen mit unlauteren Praktiken vergleichbare Vorgehensweisen haben zu Initiativen der EU im Bereich des Schutzes bei Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen und Verbrauchern geführt. Einige Mitgliedstaaten haben solche Vorschriften auf nationale Geschäftssituationen zwischen Unternehmen ausweitet. Der konzeptuelle Ansatz im Rahmen der EU-Regeln für Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen und Verbrauchern weist relevante Merkmale auf, die auch in den bestehenden einzelstaatlichen Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken bei Geschäften zwischen Unternehmen zu finden sind, insbesondere den Schwerpunkt auf verhältnismäßig schwächere Parteien eines Handelsgeschäfts.

Die Richtlinie über Zahlungsverzug (2011/7/EU) sieht vor, dass die vertraglich festgelegte Zahlungsfrist bei Geschäften zwischen Unternehmen 30 Kalendertage, verlängerbar auf 60 Tage, nicht überschreiten sollte, sofern im Vertrag nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wurde und kein grober Nachteil für den Gläubiger entsteht. Die Tatsache, dass es keine verbindliche maximale Zahlungsfrist bei Geschäften zwischen Unternehmen gibt, wird daher häufig ausgenutzt, um eine Zahlungsfrist aufzuerlegen, die viel länger als die für den Gläubiger vertretbare Zahlungsfrist ist oder die aufgrund der Handelsgepflogenheiten oder der Art des Vertrags nicht gerechtfertigt ist. Mit dem Vorschlag soll eine maximale Zahlungsfrist von 30 Kalendertagen für Handelsgeschäfte, die den Kauf und Verkauf von Lebensmittelerzeugnissen zwischen Unternehmen betreffen, festgelegt werden. Diese Frist ist verbindlich und darf unter keinen Umständen überschritten werden. Während dieser Vorschlag hinsichtlich der Zahlungsfristen bei Verträgen, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, ein lex specialis darstellt, ist die Zahlungsverzugsrichtlinie im Fall einer verspäteten Zahlung dennoch anzuwenden, wenn immer es um die verbleibenden

Vorschriften geht, insbesondere in Bezug auf Zahlungen und Zinssätze, Entschädigungen, nachteilige Vertragsklauseln und Praktiken, beschleunigte Verfahren zur Erlangung von Zahlungsaufträgen, Fälligkeitstermine und Eigentumsvorbehalte.

2. Rechtsgrundlage, Subsidiarität und VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

- Rechtsgrundlage

Ein zentrales Ziel der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) besteht darin, der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten (Artikel 39 AEUV). Der verfassungsrechtliche Nachdruck der EU auf dem Wohlergehen der Erzeuger ist unter Hinweis auf die umfassende Verantwortung der GAP für die europäische Landwirtschaft einzig und allein im Agrarsektor gegeben. Der Vertrag enthält vier weitere Ziele der GAP, nämlich Steigerung der Produktivität der Landwirtschaft, Stabilisierung der Märkte, Sicherstellung der Versorgung und Gewährleistung angemessener Verbraucherpreise.

Gemäß Artikel 39 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) besteht das Ziel der GAP darin, der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten, die Produktivität der Landwirtschaft zu steigern, die Märkte zu stabilisieren, die Versorgung sicherzustellen und für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen.

Nach Artikel 40 AEUV schließt die gemeinsame Marktorganisation jede Diskriminierung zwischen Erzeugern aus. In Artikel 43 AEUV ist festgeschrieben, dass die gemeinsame Marktorganisation für den Handelsverkehr innerhalb der Union Bedingungen gewährleistet, die denen eines Binnenmarkts entsprechen.

Die völlig unterschiedlichen Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken in den Mitgliedstaaten oder das Fehlen solcher Vorschriften könnte dem Ziel, der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten, abträglich sein. Unlautere Handelspraktiken gefährden die Rentabilität der landwirtschaftlichen Erzeuger und führen zu einem Abwärtsdruck auf ihr Markteinkommen. Somit fällt eine entsprechende Regelung in den grundsätzlichen Aufgabenbereich der GAP.

Die Tatsache, dass es keinen gemeinsamen Rahmen für unlautere Handelspraktiken gibt, steht im Gegensatz zu anderen, für Marktteilnehmer unmittelbar relevanten GAP-Bereichen, z.B. Wettbewerbsvorschriften, Vorschriften über staatliche Beihilfen und Vermarktungsnormen. Für diese Bereiche sind in der gemeinsamen Marktorganisation gemeinsame Vorschriften (Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 ) vorgesehen, die für die Marktbedingungen von Bedeutung sind, mit denen sich Marktteilnehmer in der EU auseinandersetzen müssen, um zu einem wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt sowie zu fairen Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt beizutragen.

Gemäß Artikel 38 Absätze 2 und 3 AEUV gilt die GAP in erster Linie für die in Anhang 1 AEUV aufgeführten landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Der Europäische Gerichtshof hat jedoch ausdrücklich bestätigt, dass Lebensmittelerzeugnisse, die nicht in Anhang I AEUV aufgeführt sind (Anhang-I-Erzeugnisse gelten als "landwirtschaftliche Erzeugnisse" im Sinne des Vertrags), unter nach Artikel 43 AEUV erlassene Rechtsakte fallen können, wenn dies zur Erreichung eines oder mehrerer Ziele der GAP beiträgt und landwirtschaftliche Erzeugnisse grundsätzlich erfasst sind6.

Außerdem muss ein Ansatz zum Schutz landwirtschaftlicher Erzeuger und ihrer Vereinigungen (Genossenschaften und andere Erzeugerorganisationen) auch indirekten negativen Auswirkungen Rechnung tragen, denen sie aufgrund unlauterer Handelspraktiken auf den nachfolgenden Stufen der Lebensmittelversorgungskette ausgesetzt sind, d.h. gegenüber Markteilnehmern, die zwar keine Landwirte sind, die aber durch ihre schwache Verhandlungsposition in der nachgeschaltete Kette häufiger unlauteren Handelspraktiken ausgesetzt sind. Durch den Schutz gegen unlautere Handelspraktiken für in der Lebensmittelkette nachfolgende Lieferanten werden ungewollte Folgen für die Landwirte verhindert, die darauf zurückzuführen sind, dass - z.B. auf der Verarbeitungsstufe - ein Handelsgeschäft auf Wettbewerber verlagert wird, die im Besitz von Investoren sind und die keinen Schutz genießen würden (z.B. geringeres rechtliches Risiko für Käufer, mit Anschuldigungen wegen unlauterer Handelspraktiken konfrontiert zu werden).

Vor diesem Hintergrund kann Artikel 43 AEUV, der den Unionsgesetzgeber mit den rechtlichen Befugnissen zur Schaffung einer gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte in der EU betraut, grundsätzlich als Rechtsgrundlage für Maßnahmen dienen, die unlautere Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette im Zusammenhang mit dem Handel mit landwirtschaftlichen Lebensmittelerzeugnissen betreffen.

- Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Es gibt keine gemeinsamen EU-Vorschriften, die einen europäischen Mindestschutzstandard durch Annäherung oder Harmonisierung der voneinander abweichenden einzelstaatlichen Maßnahmen zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken gewährleisten würden. In Ermangelung von EU-Maßnahmen verfügen die Mitgliedstaaten weder über Koordinierungsmechanismen, um eine solche Annäherung zu bewirken, noch über klare Anreize, eine solche Angleichung selbst vorzunehmen. Trotz der Empfehlungen der Kommission in ihren Mitteilungen gibt es in den Mitgliedstaaten noch keinen Mindeststandard für den Schutz gegen unlautere Handelspraktiken.

Einige Mitgliedstaaten haben keine spezifischen Vorschriften, die den Schutz vor unlauteren Handelspraktiken gewährleisten würden. Andere Mitgliedstaaten befassen sich nicht mit wichtigen Aspekten einer wirksamen Durchsetzung der Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Praktiken. Dies hat zur Folge, dass besonders schutzbedürftige Marktteilnehmer, insbesondere landwirtschaftliche Erzeuger, nicht hinreichend geschützt sind. Außerdem können die freiwilligen Kodizes, auch die SCI - soweit sie in den Mitgliedstaaten Anwendung findet -, trotz ihrer positiven Auswirkungen auf den privatwirtschaftlichen Umgang mit unlauteren Handelspraktiken Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung nicht wirksam ersetzen.

Daher muss das Problem eines unzureichenden Schutzes gegen unlautere Praktiken mit Maßnahmen der EU angegangen werden, und zwar durch Einführung eines gemeinsamen EU-weiten Mindeststandards. Nach jahrelangen Diskussionen, Analysen und Empfehlungen, die die Situation vor Ort nur bis zu einem gewissen Grad verbessert haben, stellen Rechtsvorschriften der Union ein Mittel dar, um einen solchen Mindestschutz in der gesamten EU, auch bezüglich der Koordinierung und Durchsetzung, zu gewährleisten.

Die Wirksamkeit von EU-Vorschriften besteht in einem Mindeststandard, der allen Mitgliedstaaten gemein ist und der einen Schutz gegen unlautere Handelspraktiken in den Mitgliedstaaten bietet, in denen es entsprechende Vorschriften derzeit nicht gibt. Der gewählte Ansatz ist angesichts des aufgetretenen Problems und der in den Mitgliedstaaten vorhandenen Maßnahmen ausgewogen. Er legt keinen umfassenden EU-Rahmen für unlautere Handelspraktiken in den Mitgliedstaaten fest. Im Einklang mit einem Mindestharmonisierungsansatz geht es hier vielmehr um eine Auflistung offenkundig unlauterer Handelspraktiken, die den Mitgliedstaaten aber Spielraum lässt, weiter reichende Maßnahmen beizubehalten oder vorzusehen. Weiter reichende einzelstaatliche Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken und freiwillige Kodizes wie die SCI würden nicht ersetzt, sondern vielmehr ergänzt. Ein EU-weiter Mindeststandard dürfte daher eher zu Synergien führen, als die Vorteile dieser Regelungen aufheben. Zweitens enthält die vorgeschlagene Richtlinie wirksame Durchsetzungsbefugnisse, die sich bei der Bekämpfung des Angstfaktors, der Erhöhung der abschreckenden Wirkung und der Verbesserung des Rechtsschutzes in den Mitgliedstaaten als wirksam erwiesen haben. Auch hier wird der Ansatz einer Mindestharmonisierung verfolgt, der sich auf die Durchsetzungsbehörden der Mitgliedstaaten und nicht auf eine zentrale Vollzugsbehörde stützt. Drittens sieht die vorgeschlagene Richtlinie die Einrichtung eines von der Kommission geförderten Koordinierungsnetzes von Durchsetzungsbehörden vor, das den Austausch bewährter Durchsetzungsverfahren ermöglicht sowie eine Plattform bietet, um die Anwendung der Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken zu erörtern und zu verbessern. Die Erfahrungen bei der Durchsetzung der Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken durch den britischen "Grocery Code Adjudicator" zeigen, dass eine wirksame Schutzregelung das Auftreten unlauterer Praktiken verringern und für einen diesbezüglichen wirksamen Rechtsschutz sorgen kann.

Maßnahmen auf EU-Ebene, die die Regelungen der Mitgliedstaaten und der SCI ergänzen, bestehen aus gemeinsamen Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken, mit denen die Verwaltung der Lebensmittelversorgungskette verbessert und das Ziel, der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten (Artikel 39 AEUV), weiter verfolgt werden sollen. Bei dem gewählten Ansatz handelt es sich um eine partielle (Mindest-)Harmonisierung; dabei wird den positiven Auswirkungen marktorientierter Vertragsvereinbarungen zwischen den Parteien Rechnung getragen. Da unlautere Handelspraktiken entlang der gesamten Lebensmittelversorgungskette auftreten und Auswirkungen haben, die vielfach an die landwirtschaftlichen Erzeuger weitergegeben werden, ist es sinnvoll, sie umfassend und entlang der gesamten Kette gezielt anzugehen.

- Verhältnismäßigkeit

Die in der Folgenabschätzung erörterten Optionen unterscheiden sich je nach Ziel. Grundsätzlich sind alle Optionen geeignet, das Problem wirksam zu lösen und einen Beitrag zur Verwirklichung der genannten Ziele, d.h. unlautere Handelspraktiken einzudämmen und das Problem eines unzureichenden Schutzes anzugehen, zu leisten. Allerdings sind Empfehlungen der EU im Hinblick auf die angestrebten Ziele nur begrenzt wirksam. Die Empfehlungen der Kommission aus den Jahren 2014 und 2016 an die Mitgliedstaaten und die SCI wurden nicht in vollem Umfang umgesetzt, zum Teil auch deshalb, weil bestimmte Ergebnisse von einem gemeinsamen verbindlichen Ansatz abhängen dürften. Dementsprechend ist der in der vorliegenden Richtlinie gewählte Ansatz wirksamer, um das Ziel eines gemeinsamen Mindestschutzes in den Mitgliedstaaten zu erreichen, und kann - wie das Beispiel einiger Mitgliedstaaten gezeigt hat - einige der festgestellten Probleme im Zusammenhang mit unlauteren Handelspraktiken, einschließlich der Mängel bei der Durchsetzung, beheben. Deshalb dürfte sich das Ziel mit weniger einschneidenden Mitteln nicht gleichermaßen wirksam erreichen lassen.

Der gewählte Ansatz ist in verschiedener Hinsicht als vorsichtig und in Bezug auf das angestrebte Ziel als verhältnismäßig zu bezeichnen. Es wird eine teilweise und nicht eine vollständige Harmonisierung vorgeschlagen. Die Mitgliedstaaten werden auch weiterhin Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken anwenden können, die über den Mindestschutzstandard, der mit dieser Richtlinie eingeführt werden soll, hinausgehen (vorbehaltlich des geltenden EU-Rechts). Darüber hinaus wird in der Richtlinie ein Ansatz vorgeschlagen, der auf einer dezentralen Durchsetzung durch die Mitgliedstaaten beruht. Die Richtlinie ergänzt bestehende Vorschriften, u.a. auch solche, die durch freiwillige Initiativen wie die SCI eingeführt wurden. Entsprechend geht es in der Richtlinie nicht darum, alle

Praktiken festzuschreiben, die unlautere Handelspraktiken darstellen könnten, sondern eine Liste mit verbotenen unlauteren Handelspraktiken aufzustellen. Der Schutz ist auf KMU-Lieferanten in der Lebensmittelversorgungskette beschränkt und wirkt sich somit nicht störend auf die Geschäftsbeziehungen großer Marktteilnehmer aus, die weniger von unlauteren Handelspraktiken betroffen sein dürften oder von denen erwartet werden kann, dass sie unzulässigen Druck durch unlautere Praktiken abwehren können, und die dem in der Folgenabschätzung erörterten Angstfaktor nicht in gleicher Weise unterliegen wie KMU.

Die Abschnitte 3.2 und 3.3 der Folgenabschätzung betreffen die Verhältnismäßigkeit. Die Merkmale der bevorzugten Option, aufgrund deren der Vorschlag in vorstehendem Sinn angemessen ist, werden in den Abschnitten 5 und 6 sowie schließlich in Abschnitt 8, in dem die bevorzugte Option vorgestellt wird, erörtert.

- Wahl des Instruments

Als Instrument wurde eine Richtlinie gewählt, da sich ein "Soft-Law-Ansatz" für die Gewährleistung der angestrebten gleichen Mindestwettbewerbsbedingungen als unwirksam erweisen könnte. Die Befürwortung einer Richtlinie als sachdienliches Instrument für Maßnahmen zur Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken wahrt auch den Grundsatz der Subsidiarität: Eine Richtlinie ermöglicht es den Mitgliedstaaten, den Mindestschutz in ihre nationalen Rechtsordnungen so zu integrieren, dass er mit ihrer Wahl der Rechts- und Verwaltungsvorschriften vereinbar ist.

3. Ergebnisse der EX-POST-BEWERTUNG, der Konsultation der Interessenträger und der Folgenabschätzung

- Expost-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften

Da es keinen EU-Rechtsrahmen für die Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken gibt, ist eine faktengestützte Bewertung der Umsetzung von EU-Maßnahmen derzeit nicht möglich. Gleichwohl haben einige Mitgliedstaaten hinsichtlich der Wirksamkeit und der Effizienz ihrer Politik zur Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken Exante- oder Expost-Bewertungen vorgenommen.

- Konsultation der Interessenträger

Das Konsultationsverfahren umfasste Konsultationen über die Folgenabschätzung in der Anfangsphase, eine offene Konsultation, gezielte Konsultationen von Interessenvertretern der Lebensmittelversorgungskette (Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette und Verbraucherorganisationen), eine Konsultation der Mitgliedstaaten, einen wissenschaftlichen Workshop zu unlauteren Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette (organisiert von der Gemeinsamen Forschungsstelle), Adhoc-Sitzungen mit Interessenträgern der Lebensmittelversorgungskette und Veranstaltungen mit Gruppen für den Dialog mit der Zivilgesellschaft im Bereich der GAP. Das Konsultationsverfahren diente in erster Linie dazu, Faktenmaterial für den Folgenabschätzungsbericht zusammenzutragen.

Die Interessenträger waren aufgerufen, sich zu der Problemstellung, den politischen Zielen, der Notwendigkeit von EU-Maßnahmen, den politischen Optionen, den zu erwartenden Auswirkungen der politischen Optionen und zu Umsetzungsfragen, einschließlich Überwachung und Durchsetzung, zu äußern.

Die Interessenträger gaben großenteils an, dass schädliche unlautere Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette häufig auftreten, und sprachen sich (mit Ausnahme des Einzelhandels) für rechtliche Maßnahmen auf EU-Ebene, einschließlich Mindeststandards für die Durchsetzung, aus. (Große) Einzelhändler bestreiten, dass unlautere Handelspraktiken weitverbreitet sind, und lehnen Maßnahmen auf EU-Ebene ab. Verbraucherorganisationen nahmen an dem Konsultationsverfahren nur begrenzt teil, bekundeten jedoch ihr Interesse, in der Legislativphase mit einbezogen zu werden.

Die Beiträge der Interessenträger flossen in die Folgenabschätzungsanalyse ein und wurden im Richtlinienvorschlag berücksichtigt. Während die meisten Interessenträger eine umfassende Regelung für mehrere Arten von unlauteren Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette forderten, beschränkte sich die Kommission in ihrem Vorschlag auf einen Ansatz mit nur einigen Arten besonders schädlicher unlauterer Handelspraktiken. Die Kommission stimmt mit den meisten Interessenträgern weitgehend darin überein, wie wichtig eine solide Durchsetzungskapazität der Behörden der Mitgliedstaaten und die Koordinierung der Durchsetzung auf EU-Ebene sind.

- Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Abgesehen von den beschriebenen Konsultationen der Interessenträger stützte sich die Analyse für die Folgenabschätzung auf ein breites Spektrum wissenschaftlichen, rechtlichen und angewandten Wissens. Zur Ermittlung des Basisszenarios wurden von den Mitgliedstaaten Informationen eingeholt, die dann von externen Rechtssachverständigen verarbeitet und analysiert wurden; zusätzliche Informationen zu den möglichen Auswirkungen der Optionen wurden ebenfalls von den Mitgliedstaaten sowie anhand öffentlich zugänglicher Informationen erhoben. Ganz allgemein umfasst die Faktengrundlage der Folgenabschätzung Daten und Informationen, die im Rahmen der genannten Konsultationen, durch einen wissenschaftlichen Workshop und einen technischen Bericht, durch unabhängige Rezensionen der Fachliteratur und durch den Austausch mit Mitgliedstaaten und Drittländern, die über Erfahrungen bei der Regulierung unlauterer Handelspraktiken verfügen, zusammengetragen wurden. So stellte beispielsweise die britische Wettbewerbskommission in ihrem Bericht "The supply of groceries in the UK market investigation" aus dem Jahr 2008 fest, dass bestimmte unlautere Handelspraktiken negative Auswirkungen auf den Wettbewerb und das Wohl der Verbraucher haben können. In einer Studie für die GD GROW im Jahr 2016 erörterte Areté die Grenzen der SCI bei der Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken. In einem Bericht über unlautere Handelspraktiken aus dem Jahr 2013 wurde bestätigt, welche Rolle Angst vor Vergeltungsmaßnahmen bei unlauteren Handelspraktiken spielt.

Darüber hinaus wurde in der Folgenabschätzung sowohl das interne Fachwissen der Forscher der JRC, insbesondere des Referats für die Agrarwirtschaft, als auch der Wirtschafts- und Rechtssachverständigen der GD AGRI herangezogen.

Wissenschaftlicher Workshop zu unlauteren Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette

Im Juli 2017 veranstaltete die Gemeinsame Forschungsstelle (JRC) zusammen mit der GD AGRI einen Workshop zum Thema "Unlautere Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette". Mehr als ein Dutzend Teilnehmer an diesem Workshop kamen aus Universitäten in der EU sowie aus den USA.

Auf Basis der Ergebnisse des Workshops und mit Unterstützung der wissenschaftlichen Berichterstatter des Workshops erstellte die JRC einen technischen Bericht, in dem die Existenz unlauterer Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette bestätigt und auf die umfangreichen regulatorischen und analytischen Arbeiten zu diesem Thema hingewiesen wurde.

Studie über nationale Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken in den Mitgliedstaaten

Die Kommission befragte die Mitgliedstaaten anhand eines Fragebogens zu ihren Erfahrungen mit den Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken und zu den Daten und Informationen, die sie in diesem Zusammenhang ggf. weitergeben konnten. Die Mitgliedstaaten wurden insbesondere gebeten,

Die Antworten der Mitgliedstaaten wurden als Beiträge zu einer Übersicht über die "Specific regulations on unfair trading practices in Member States in the businesstobusiness retail supply chain" (Cafaggi, F. und P. Iamiceli, Anhang F der Folgenabschätzung) verwendet. Darüber hinaus hat die GD AGRI bei der Ausarbeitung der Folgenabschätzung und der verschiedenen Optionen die Schätzungen der Mitgliedstaaten zu ihren Verwaltungskosten im Zusammenhang mit der Einführung und der Durchsetzung ihrer nationalen Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken herangezogen.

Analyse der Auswirkungen einer Regulierung unlauterer Handelspraktiken

Der Chefökonom der GD COMP lieferte eine Analyse der möglichen Auswirkungen der Regulierung von Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette, einschließlich der Ermittlung möglicher Vor- und Nachteile (für Marktteilnehmer und Verbraucher) bei der Regulierung verschiedener Arten von Praktiken.

- Folgenabschätzung

Die GD AGRI legte dem Ausschuss für Regulierungskontrolle am 21. Februar 2018 die Folgenabschätzung vor. Der Ausschuss für Regulierungskontrolle gab am 23. Februar 2018 eine ablehnende Stellungnahme ab. Der Ausschuss forderte weitere Arbeiten und die erneute Vorlage des Berichts über die Folgenabschätzung. Der Ausschuss stellte mehrere Mängel fest, die in einer überarbeiteten Fassung behoben werden mussten. Am 5. März 2018 wurde dem Ausschuss für Regulierungskontrolle eine überarbeitete Fassung des Folgenabschätzungsberichts vorgelegt, und der Ausschuss gab am 12. März 2018 eine befürwortende Stellungnahme mit Vorbehalten ab. Anhang 1 der Folgenabschätzung gibt einen Überblick über die Empfehlungen des Ausschusses und die vorgenommenen Änderungen.

Die verschiedenen politischen Optionen werden in Abschnitt 5 der Folgenabschätzung vorgestellt und erörtert. Diese Optionen werden anschließend bewertet und zu mehreren plausiblen differenzierten Optionspaketen (Abschnitt 6.4) kombiniert. Abschnitt 8 enthält ein bevorzugtes Optionspaket. Die verwendete Methodik und die Bewertung der Wirksamkeit und der Effizienz der Pakete sowie der ihnen zugrunde liegenden Elemente sind in Anhang E beschrieben.

Im Zusammenhang mit den Optionen sind folgende Erwägungen wichtig. Eine ins Einzelne gehende Harmonisierung der Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette der EU erscheint auf Basis der verfügbaren Fakten nicht gerechtfertigt. Der Ansatz einer teilweisen Harmonisierung mithilfe materieller Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken kann strengeren Vorschriften der Mitgliedstaaten Rechnung tragen und zugleich einen gemeinsamen Mindestschutzstandard in der EU einführen, der dem Ziel der Eindämmung unlauterer Handelspraktiken förderlich ist.

Eine allgemeine Klausel, die unlautere Handelspraktiken verbietet, würde einen gemeinsamen Standard für den Schutz gegen unlautere Handelspraktiken in den Mitgliedstaaten bieten. Während sie von den Behörden der Mitgliedstaaten von Fall zu Fall ausgelegt würde, hätte sie Erwartungen hinsichtlich einer einheitlichen Anwendung zur Folge. Eine allgemeine Klausel könnte somit de facto zu einem Harmonisierungsgrad führen, der zu Spannungen im Zusammenhang mit den bestehenden Regelungen in den Mitgliedstaaten führen könnte, die häufig auf deren eigenen allgemeinen nationalen Verboten beruhen. Verbote spezifischer unlauterer Handelspraktiken - der Ansatz, der in diesem Richtlinienvorschlag verfolgt wird - haben nicht diesen breit angelegten Defacto-Harmonisierungseffekt. Konkrete Verbote, die sich gezielt gegen unlautere Handelspraktiken richten, sollen auch die Rechtsunsicherheit für Handelsgeschäfte verringern, die sich aus einem allgemeineren Verbot ergeben könnten. Aufgrund ihrer Besonderheit sollen die Vorschriften für die Marktteilnehmer vorhersehbar und für die Behörden, die mit ihrer Durchsetzung betraut sind, praktikabel sein.

Es gilt, zwischen Praktiken zu unterscheiden, die in der Liefervereinbarung zwischen den Parteien vor Beginn des Geschäfts klar und eindeutig festgelegt wurden, und Praktiken, die nach Beginn des Geschäfts, ohne vorherige klare und eindeutige Vereinbarung zu verzeichnen sind. Die erste Kategorie Praktiken dürfte im Gegensatz zur zweiten Kategorie zu Effizienzgewinnen führen. Bei der Definition bestimmter unlauterer Handelspraktiken in diesem Vorschlag werden daher vertragliche Vereinbarungen zwischen den Parteien berücksichtigt, es sei denn, sie können vernünftigerweise nicht als Effizienzgewinne betrachtet werden, beispielsweise wenn sie der stärkeren Partei vage, nicht spezifizierte Befugnisse verleihen, solche Praktiken nach Beginn des Geschäfts einseitig zu beschließen (Unvorhersehbarkeit), oder weil einige Praktiken von ihrer Art her unlauter sind.

Die vorgeschlagenen Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Praktiken konzentrieren sich auf die in Anhang I AEUV aufgeführten, für die Verwendung als Lebensmittel bestimmten

Erzeugnisse sowie auf verarbeitete Agrarerzeugnisse entlang der Lebensmittelversorgungskette und betreffen somit alle gehandelten Lebensmittelerzeugnisse. Beim Erwerb solcher Erzeugnisse durch Nicht-KMU-Abnehmer in der Kette müssen die EU-Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Praktiken eingehalten werden. Dieser umfassende Anwendungsbereich steht im Einklang mit dem Ansatz der SCI und mit den Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken. Wären nur die in Anhang I aufgeführten landwirtschaftlichen Erzeugnisse betroffen, bestünde die Gefahr von Verzerrungen in der Lieferkette, die sich letztlich negativ auf den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und auf landwirtschaftliche Erzeuger auswirken könnten.

Ein gezielter Schutz kleiner und mittlerer Lieferanten in der Lebensmittelversorgungskette ist gerechtfertigt, da sie häufig diejenigen sind, die sich wegen ihrer schwächeren Verhandlungsposition nicht gegen unlautere Praktiken verteidigen können. Außerdem besteht das Risiko negativer unbeabsichtigter Folgen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die die vertraglichen Beziehungen zwischen größeren Marktteilnehmern betreffen. In dieser Phase ist daher ein gezielter Schutz angemessener, auch wenn sich die unlauteren Handelspraktiken in der Folgenabschätzung im Sinne absoluter Fairness definieren. Die Vorschriften sollen auch für Nicht-KMU-Abnehmer in der Lebensmittelversorgungskette gelten, da gerade diese in der Lage sein könnten, ihre Verhandlungsposition gegenüber kleineren Marktteilnehmern in einer Weise auszunutzen, die unlautere Praktiken ermöglicht.

Bestimmte verfahrensrechtliche Befugnisse für Behörden, die für die Überwachung der Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken zuständig sind, - und überhaupt erst die Existenz einer solchen Behörde -, spielen für die Wahrnehmung der Marktteilnehmer eine wichtige Rolle, dass eine wirksame Durchsetzung gegeben ist und sie die Ursachen, weshalb die von unlauteren Handelspraktiken Betroffenen keine Rechtsbehelfe einlegen (Angstfaktor), angehen kann. Die Mitgliedstaaten sind daher verpflichtet, eine für die Durchsetzung der Vorschriften zuständige Behörde mit bestimmten Mindestbefugnissen, die sich an den bewährten Verfahren der bestehenden einzelstaatlichen Regelungen orientieren, zu benennen.

Ein Mechanismus zur Koordinierung der zuständigen Behörden sollte die EU-Vorschriften flankieren, deren koordinierte Anwendung sicherstellen und den Austausch bewährter Verfahren erleichtern. Außerdem ist es wichtig, dass über die Berichterstattung der Mitgliedstaaten Daten zusammengetragen werden, die eine künftige Überprüfung der Maßnahmen ermöglichen. Die Kommission würde das Koordinierungsnetz durch die Ausrichtung jährlicher Sitzungen auf der Grundlage jährlicher Durchführungsberichte, die die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten vorlegen, unterstützen.

Was die Auswirkungen der Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken angeht, so lässt sich der entstehende Nutzen für die Marktteilnehmer quantitativ nicht genau abschätzen. Gleichwohl hat jede der gezielt angegangenen unlauteren Handelspraktiken letztlich eindeutig negative Auswirkungen, und zwar durch die unzulässige Abwälzung von Risiken und die Erzeugung von Unsicherheiten, d.h., dass Kosten entstehen, die auf wettbewerbsorientierten Märkten nicht Teil ihrer unternehmerischen Tätigkeit wären. Nahezu alle der bei den verschiedenen Erhebungen Befragten, die in dieser Folgenabschätzung zitiert wurden, äußerten sich besorgt über die Existenz unlauterer Handelspraktiken und deren Schäden; in ihren Erwartungen hinsichtlich positiver Auswirkungen der Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken (der EU) und deren wirksamer Durchsetzung stimmten sie überwiegend überein. So berichtet beispielsweise der "Grocery Code Adjudicator" im Vereinigten Königreich, dass sie sich bei der Eindämmung unlauterer Handelspraktiken als wirksam erwiesen haben.

Schätzungen des Schadens, der durch unlautere Handelspraktiken verursacht wird, sind den Abschnitten 2.5 und 6.2.1 der Folgenabschätzung zu entnehmen. Laut einer Erhebung aus dem Jahr 2013 bei landwirtschaftlichen Erzeugern und landwirtschaftlichen Genossenschaften auf Basis einer breiten Definition unlauterer Handelspraktiken wurden die Schäden durch unlautere Handelspraktiken mit über 10 Mrd. EUR pro Jahr veranschlagt. Die Hersteller von Lebensmittelerzeugnissen, die 2011 an einer Erhebung auf Basis einer breiten Definition unlauterer Praktiken teilnahmen, gaben an, dass ihre durch unlautere Praktiken bedingten Kosten 0,5 % ihres Umsatzes ausmachten, was bei Hochrechnung auf den Gesamtumsatz der Lebensmittelindustrie in dem genannten Jahr 4,4 Mrd. EUR entspräche.

Der erwartete Nutzen der Eindämmung unlauterer Handelspraktiken ist gleichbedeutend mit Kosten für stärkere Marktbeteiligte, die diese Praktiken angewandt haben und dies aufgrund der Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Praktiken nunmehr unterlassen. Aufgrund gesellschaftlicher Fairness-Erwägungen wird jedoch ein solcher Nutzen, der daraus entsteht, dass Lieferanten unlauteren Handelspraktiken ausgesetzt sind, als nicht gerechtfertigt angesehen. Daraus folgt, dass der Nutzen, der sich aus dem Verbot unlauterer Handelspraktiken ergibt, diese spezifische Form von "Schaden" aufwiegt.

Die höchsten Kosten für Marktteilnehmer, die den Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken unterliegen, werden Befolgungskosten sein. In diesem Zusammenhang sind Befolgungskosten im Allgemeinen Kosten, die ausschließlich Schulungen und die Befolgung der Vorschriften betreffen. Die vorgeschlagenen Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken verpflichten die Marktteilnehmer nicht, bestimmte Tätigkeiten auszuüben, sondern untersagen lediglich bestimmte, als unlauter geltenden Verhaltensweisen. Außerdem sind zumindest den Unterzeichnern der SCI bereits Kosten für die Einhaltung des freiwilligen SCI-Kodex entstanden. So hat ein großer Einzelhändler beispielsweise 200 000 EUR für einmalige Schulungsmaßnahmen des Personals im Zusammenhang mit dem SCI-Verhaltenskodex aufgewendet.

Es wird davon ausgegangen, dass eine teilweise Harmonisierung der Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Praktiken auf EU-Ebene nur begrenzte Auswirkungen auf die Verbraucher haben wird. In der offenen Konsultation machen die Marktteilnehmer im Allgemeinen nicht geltend, dass unlautere Handelspraktiken (z.B. im Rahmen der SCI) Vorteile für die Verbraucher mit sich bringen, z.B. durch niedrigere Verbraucherpreise, die dadurch möglich werden, dass die Margen der am Anfang der Lieferkette stehenden Lieferanten durch unlautere Handelspraktiken minimiert werden. Mitunter wird geltend gemacht, dass Verbraucherpreise durch nicht Kosten deckende Verkäufe negativ beeinflusst werden, die jedoch nicht Gegenstand der Folgenabschätzung waren. Die Verbraucherorganisationen, die an der Konsultation teilgenommen haben, befürworten Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Praktiken, da sie langfristig mit negativen Auswirkungen der unlauteren Praktiken auf die Verbraucherpreise rechnen.

Die Mitgliedstaaten müssen die Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Praktiken in nationales Recht umsetzen. Die Entscheidung für eine Richtlinie lässt den Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum bei der Umsetzung dieser Richtlinie. Die Mitgliedstaaten werden nicht daran gehindert, in ihrem Hoheitsgebiet strengere nationale Rechtsvorschriften zum Schutz kleiner und mittlerer Käufer sowie der Lieferanten, die ausdrücklich in dieser Richtlinie erwähnt werden, zu erlassen und anzuwenden. Unlautere Handelspraktiken waren im Laufe der Jahre in den Mitgliedstaaten Gegenstand zahlreicher verschiedenartiger Legislativmaßnahmen. Entsprechend verfügen die meisten Mitgliedstaaten bereits über einen Regelungsrahmen für unlautere Handelspraktiken. Die Auswirkungen der EU-Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Praktiken auf die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten werden vom (Geltungsbereich der) bestehenden nationalen Vorschriften abhängen. In Fällen, in denen überhaupt kein Rahmen existiert, müsste der Mitgliedstaat die neuen Maßnahmen umsetzen, einschließlich der Benennung einer Durchsetzungsbehörde. Nach Aussage einiger Mitgliedstaaten ließe sich das Mandat einer bestehenden Behörde (z.B. einer nationalen Wettbewerbsbehörde) erweitern. Daher können solche Durchführungskosten bis zu einem bestimmten Grad von bestehenden Strukturen in den Mitgliedstaaten aufgefangen werden, sodass diese Kosten begrenzt wären. Zur Veranschaulichung: Die laufenden Kosten des britischen "Grocery Code Adjudicator" beliefen sich im Haushaltsjahr 2015/2016 auf 1 786 000 GBP und im Haushaltsjahr 2016/2017 auf 622 000 GBP. Die Differenz ist größtenteils auf eine groß angelegte Untersuchung bezüglich eines Einzelhändlers im Zeitraum 2015/2016 zurückzuführen.

Die Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken dürften schließlich keine wesentlichen direkten Auswirkungen auf die Umwelt haben, auch wenn Marktteilnehmer, die keinen unlauteren Handelspraktiken ausgesetzt sind, einen größeren wirtschaftlichen Spielraum haben dürften, um in eine ökologisch nachhaltigere und klimafreundlichere Erzeugung zu investieren und Lebensmittelverschwendung zu verhindern, oder sie könnten sich weniger veranlasst fühlen, die verlorene Marge durch Abstriche beim Umwelt- und Lebensmittelsicherheitsrecht zu kompensieren.

- Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung

Es wird davon ausgegangen, dass der Vorschlag den KMU

Vorteile bieten wird. Auch wenn KMU mit Befolgungskosten konfrontiert sein könnten, so wurde dieses Thema in den Antworten auf die Konsultation nicht angeschnitten. Darüber hinaus gelten bereits freiwillige Vorschriften wie die der SCI, unabhängig von der Größe.

- Grundrechte

Die EU hat sich zu hohen Standards bei den Grundrechten verpflichtet. Ein faires und wirksames System zum Schutz gegen unlautere Handelspraktiken wird dazu beitragen, dass Interessenträger ihre unternehmerische Freiheit wahrnehmen können (siehe Artikel 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union). Die Rechtsvorschriften der Union müssen die in der Charta verankerten Rechte achten (Artikel 51 und 52). Die Durchsetzungsbefugnisse müssen daher in einer mit den Verteidigungsrechten (Artikel 48 der Charta) zu vereinbarenden Weise gestaltet werden, beispielsweise indem ein wirksamer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung einer Durchsetzungsbehörde, die Sanktionen verhängt, vorgesehen wird. Insbesondere was die vertrauliche Behandlung von Beschwerden angeht, muss in Bezug auf die Verteidigungsrechte ein Gleichgewicht gefunden werden.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag wirkt sich nur begrenzt auf den EU-Haushalt aus. Die Kommission müsste eine jährliche Koordinierungssitzung der Durchsetzungsbehörden der Mitgliedstaaten in Brüssel ausrichten und eine Website für den Informationsaustausch einrichten und verwalten.

5. Weitere Angaben

- Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

Auf EU-Ebene gibt es keine einschlägigen Statistiken in der Eurostat-Datenbank, die als primäre Datenquellen für das Monitoring und die Bewertung dieser Richtlinie dienen könnten. Statistiken über Erzeuger-, Verarbeitungs- und Verbraucherpreise, die entweder über Eurostat oder direkt im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation erhoben werden, werden von der Kommission als Grundlage für die ökonometrische Arbeit zur Unterstützung des Monitoring und der Bewertung der Richtlinie herangezogen.

Das Monitoring und die Bewertung beruhen daher auf den im Rahmen der vorliegenden Richtlinie erhobenen Daten, hauptsächlich in Form von Jahresberichten der zuständigen nationalen Behörden. In diesen Berichten werden die Tätigkeiten der Behörden im Zusammenhang mit der Anwendung und der Durchsetzung der Vorschriften dieser Richtlinie ausführlich beschrieben, z.B. in Bezug auf die Zahl der eingegangenen Beschwerden (vertrauliche oder nicht vertrauliche), die Anzahl eingeleiteter Untersuchungen (auf eigene Initiative oder auf Antrag) oder den Anteil der Fälle, bei denen ein Verstoß festgestellt wurde. Die Jahresberichte beinhalten auch konkrete Vorgehensweisen und Erfahrungen, um die Übernahme bewährter Verfahren zu erleichtern. Hinzu kommen Umfragen bei Unternehmen in der EU (von landwirtschaftlichen Erzeugern bis hin zu Einzelhändlern), die der Feststellung ihrer Sichtweise dienen; solche Umfragen wurden bereits von einigen Mitgliedstaaten und im Rahmen freiwilliger Initiativen durchgeführt. Sowohl Erfahrungen als auch Sichtweisen sind wichtige Faktoren, die das Verhalten der Unternehmen im Binnenmarkt beeinflussen. Schließlich wird die Kommission Wirtschaftsstudien direkt durchführen oder in Auftrag geben, die die Auswirkungen der verschiedenen von nationalen Vorschriften und freiwilligen Initiativen betroffenen Praktiken auf mikro- und makroökonomischer Ebene bemessen sollen.

Gemäß den in der Folgenabschätzung ermittelten Indikatoren wird die Kommission die Wirksamkeit, die Effizienz, die Relevanz, die Kohärenz und den Mehrwert dieser Politik für die EU sowie möglicherweise weitere relevante Bewertungskriterien wie den Nutzen, die Fairness, die Akzeptanz oder die Koordinierung (mit den Vorschriften der Mitgliedstaaten und freiwilligen Selbstregulierungsmaßnahmen) bewerten. Diese Indikatoren können als Grundlage für die Bewertung dienen, die frühestens drei Jahre nach Anwendung der Richtlinie vorzulegen ist, damit ein ausreichender Datensatz zur Verfügung steht.

Für diese Richtlinie, die nur einen begrenzten Anwendungsbereich hat, keine vollständige Harmonisierung vorschlägt und keine besonderen Herausforderungen in Bezug auf technische Aspekte, Befolgung oder zeitliche Planung mit sich bringt, ist kein Durchführungsplan erforderlich. Darüber hinaus sind in der Richtlinie selbst mehrere Unterstützungsmaßnahmen vorgesehen, die einen Mechanismus zur Koordinierung der Durchsetzungsbehörden und die Einrichtung einer diesbezüglichen Website vorsehen.

- Erläuternde Dokumente (bei Richtlinien)

Aus den im Abschnitt über die Durchführungspläne dargelegten Gründen wird die Kommission keine erläuternden Dokumente in Bezug auf die Umsetzung in den Mitgliedstaaten verlangen.

- Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Dievorgeschlagene Richtlinie umfasst 14 Artikel.

Artikel 1 legt den Gegenstand der Richtlinie fest, die einen partiellen (Mindest-) Harmonisierungsansatz verfolgt, um einen Mindestschutzstandard in Bezug auf unlautere Handelspraktiken in den Mitgliedstaaten einzuführen. Der Schutz gilt nur für KMU-Lieferanten in der Lebensmittelversorgungskette in Bezug auf ihre Verkäufe an Abnehmer, bei denen es sich nicht um KMU handelt.

Artikel 2 enthält die Definitionen der Begriffe, die in der Richtlinie wiederholt verwendet werden:

"Käufer", "Lieferant", "kleines und mittleres Unternehmen", "Lebensmittelerzeugnisse" und "Verderblichkeit". Diese Definitionen tragen dazu bei, den Anwendungsbereich der Richtlinie abzustecken.

Was die unter die Richtlinie fallenden Erzeugnisse betrifft, so bezieht sich die Richtlinie auf "Lebensmittelerzeugnisse", d.h. auf die in Anhang I AEUV aufgeführten landwirtschaftlichen Erzeugnisse für die Verwendung als Lebensmittel, einschließlich Fischereierzeugnisse und Erzeugnisse der Aquakultur, sowie auf landwirtschaftliche

Verarbeitungserzeugnisse, die zur Verwendung als Lebensmittel bestimmt sind, d.h. verarbeitete Lebensmittel, die nicht bereits unter Anhang I AEUV fallen.

Die Beziehung zwischen Lieferanten und Käufern in Kombination mit den betreffenden Erzeugnissen hat zur Folge, dass die Maßnahmen für die gesamte Lebensmittelversorgungskette gelten und sich auf unlautere Handelspraktiken erstrecken, die sich letztlich bis zu den Landwirten, die direkt oder indirekt unter Druck geraten, auswirken können. Der Schutz erstreckt sich auf kleine und mittlere landwirtschaftliche Erzeuger (einschließlich ihrer Erzeugerorganisationen wie Genossenschaften) und andere KMU-Lieferanten in der Kette, während die Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Handelspraktiken die Handelsweise von Käufern einschränken, bei denen es sich nicht um KMU handelt.

Der Vorschlag berücksichtigt, dass unlautere Handelspraktiken nicht immer in einem schriftlichen Vertrag niedergelegt sind und grundsätzlich in jeder Phase des Geschäftsvorgangs zwischen dem Käufer und dem Lieferanten der Lebensmittelversorgungskette, auch nach Vertragsabschluss, auftreten können.

Da die Lebensmittelversorgungskette aus miteinander verbundenen vertikalen Lieferbeziehungen besteht und unlautere Handelspraktiken, die auf nachfolgenden Stufen der Kette auftreten, negative Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Erzeuger und generell auf die Effizienz der Lebensmittelversorgungskette haben können, wird der Begriff "Lieferant" in dem Vorschlag nicht auf landwirtschaftliche Erzeuger und deren Organisationen beschränkt, sondern umfasst jeden Lieferanten, d.h. auch Hersteller und Händler, entlang der Lebensmittelversorgungskette, solange es sich um kleine und mittlere Unternehmen handelt.

Insbesondere die verarbeitende Industrie weist einen stattlichen Anteil an KMU auf. Der Anwendungsbereich des Vorschlags trägt dem Umstand Rechnung, dass kleine und mittlere Zwischenhändler, die sich möglicherweise nicht gegen unlautere Praktiken von Nicht-KMU-Abnehmern zur Wehr setzen können, die durch diese Praktiken bedingten Kosten ggf. an ihre eigenen Lieferanten, d.h. an die landwirtschaftlichen Erzeuger, weitergeben. Darüber hinaus können ausländische Lieferanten, die außerhalb der Union niedergelassen sind, das Verbot geltend machen, wenn sie an Käufer, die in der Union niedergelassen sind, verkaufen.

In Artikel 3 sind verbotene unlautere Handelspraktiken aufgeführt. Während die unlauteren Handelspraktiken in Absatz 2 der Vertragsfreiheit der Parteien unterliegen - mit anderen Worten, die Einstufung als unlautere Handelspraktik liegt im Ermessen der Parteien und sie können aufgrund einer Vereinbarung anders beschließen -, fallen die in Absatz 1 aufgeführten unlauteren Handelspraktiken nicht in den vertraglichen Ermessensspielraum der Parteien, da sie "von Haus aus" unfair sind.

Die in Absatz 1 genannte Gruppe von Praktiken betrifft das Verbot für Käufer, ihre Lieferanten erst nach mehr als 30 Tagen zu bezahlen, wenn es sich bei der Lieferung um verderbliche Lebensmittelerzeugnisse handelt. Diese Bestimmung stellt für den Lebensmittelsektor ein lex specialis dar, allerdings nur für die Bestimmungen in Bezug auf die Zahlungsfristen der Richtlinie über Zahlungsverzug, die für alle Wirtschaftszweige gilt.

Zu dieser Gruppe gehören auch die kurzfristige Stornierung einer Bestellung verderblicher Lebensmittelerzeugnisse sowie einseitige und rückwirkende Änderungen der Bedingungen einer Liefervereinbarung: Diese Praktiken sind Ausdruck einer unverhältnismäßigen Risikoverteilung zugunsten des Käufers, sind offensichtlich missbräuchlich und sollten verboten werden.

Andere Praktiken, die ohne vorherige Vereinbarung als unlauter anzusehen wären, können zulässig sein und sogar für beide Seiten eine Effizienzsteigerung bewirken, sofern sie in einer Vereinbarung zwischen den Parteien festgeschrieben sind. Daher sollten diese Praktiken in den Vorschriften zur Eindämmung unlauterer Praktiken anders behandelt werden, um effizienzsteigernde Praktiken zu ermöglichen, die letztlich zu angemessenen Lieferungen und Preisen führen.

Die Bedingungen einer solchen Vereinbarung müssen klar und eindeutig sein. Eine vage Vereinbarung, bei der eine Partei die Bedingungen für diese Praktiken zu einem späteren Zeitpunkt festlegen könnte, ließe sich schwer einschätzen, und sie kann die spätere Festlegung oder Praxis nicht rechtfertigen und auch nicht verhindern, dass die betreffende Praktik als unlautere Handelspraktik eingestuft wird.

Diese zweite Gruppe unlauterer Handelspraktiken umfasst die Rückgabe von unverkauften Waren oder Abfallprodukten. Zahlungen für die Lagerung, die Platzierung oder die Listung von Lebensmittelerzeugnissen des Lieferanten können Effizienzvorteile für beide Vertragspartner mit sich bringen und so zu Winwin-Situationen führen. Dies gilt auch für Werbeaktionen und Vermarktungsmaßnahmen. Der Käufer muss dem Lieferanten auf Verlangen eine Schätzung der Zahlungen vorlegen. Im Falle von Tätigkeiten bezüglich Vermarktung und Lagerung, Platzierung oder Listung muss der Käufer dem Lieferanten - auf Verlangen - auch eine Kostenschätzung vorlegen.

Diese Praktiken sind zulässig, wenn sie von den Parteien vereinbart werden und ihnen objektive und realistische Kostenschätzungen für die Lagerung und Listung der Erzeugnisse zugrunde liegen. Auch die Beiträge von Lieferanten zur Förderung des Absatzes von Erzeugnissen oder zum Marketing der Käufer können von Nutzen sein, wenn sie von den Parteien vereinbart werden.

Artikel 4 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten eine zuständige Durchsetzungsbehörde benennen, die für die verbotenen unlauteren Handelspraktiken zuständig ist. Aus Kostengründen könnten bestehende Durchsetzungsbehörden, beispielsweise im Bereich des Wettbewerbsrechts (nationale Wettbewerbsbehörden), als zuständige Behörde gewählt werden.

Artikel 5 befasst sich mit Beschwerden und bestimmt, dass die Durchsetzungsbehörde in der Lage sein muss, Beschwerden vertraulich zu behandeln und gegebenenfalls die Identität des Beschwerdeführers zu schützen. Auch Erzeugerorganisationen und Vereinigungen von Erzeugerorganisationen sollten bei der Durchsetzungsbehörde eine Beschwerde einreichen können, nicht nur eigenständig als Vertragspartner, sondern auch als Vertreter ihrer Mitglieder (oder der Mitglieder ihrer Mitglieder), wenn es sich bei diesen um KMU handelt.

Nach Artikel 6 sind die Durchsetzungsbehörden befugt, auf eigene Initiative oder aufgrund einer Beschwerde eine Untersuchung einzuleiten, Informationen zusammenzutragen, einen Verstoß abzustellen, Geldbußen zu verhängen und ihre Entscheidungen zu veröffentlichen, um eine abschreckende Wirkung zu erzielen.

Die Koordinierung und die Zusammenarbeit zwischen den Durchsetzungsbehörden werden in Artikel 7 behandelt. Dazu gehören jährliche Sitzungen, die von der Kommission gefördert werden, und jährliche Berichte, die von den Durchsetzungsbehörden vorgelegt werden. Soweit möglich, sollten die Durchsetzungsbehörden der Mitgliedstaaten einander bei ihren Untersuchungen Amtshilfe leisten.

Artikel 8 des Vorschlags präzisiert, dass die Mitgliedstaaten zusätzliche Vorschriften zur Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken, die über diesen Mindeststandard der Union hinausgehen, vorsehen können, sofern dabei die Regeln des Binnenmarktes beachtet werden.

In Artikel 9 sind die Berichtspflichten der Mitgliedstaaten festgelegt. Die Bestimmung sieht die Möglichkeit vor, dass die Kommission bezüglich der Berichterstattung einen Durchführungsrechtsakt erlässt, in dem nützliche Modalitäten festgelegt werden können.

Artikel 10 betrifft das Ausschussverfahren, das die Kommission diesbezüglich unterstützen wird.

Artikel 11 sieht vor, dass die Kommission frühestens drei Jahre nach der Anwendung dieser Richtlinie eine Bewertung vornimmt und einen Zwischenbericht über die Umsetzung der Richtlinie vorlegt.

Artikel 12 enthält Bestimmungen über die Umsetzung der Richtlinie. Diese Bestimmungen sind Standard für Richtlinien.

Artikel 13 betrifft das Inkrafttreten der Richtlinie. In Artikel 14 ist schließlich festgelegt, dass die Richtlinie an die Mitgliedstaaten gerichtet ist. 2018/0082 (COD)

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 43 Absatz 2, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses7, nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen8, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Richtlinie Erlassen:

Artikel 1
Gegenstand und Anwendungsbereich

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

Artikel 3
Verbot unlauterer Handelspraktiken

Artikel 4
Benannte Durchsetzungsbehörde

Jeder Mitgliedstaat benennt eine Behörde, die die in Artikel 3 festgelegten Verbote auf nationaler Ebene durchsetzt ("Durchsetzungsbehörde").

Artikel 5
Beschwerden und Vertraulichkeit

Artikel 6
Befugnisse der Durchsetzungsbehörde

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Durchsetzungsbehörde angemessen ausgestattet und befugt ist,

Artikel 7
Zusammenarbeit zwischen den Durchsetzungsbehörden

Artikel 8
Nationale Vorschriften

Die Mitgliedstaaten können Vorschriften zur Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken erlassen, die über die Vorschriften in den Artikeln 3, 5, 6 und 7 hinausgehen, sofern diese nationalen Vorschriften mit den Regeln für das Funktionieren des Binnenmarkts vereinbar sind.

Artikel 9
Berichterstattung durch die Mitgliedstaaten

Artikel 10
Ausschussverfahren

Artikel 11
Bewertung

Artikel 12
Umsetzung

Artikel 13
Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am fünften Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 14
Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am [...]
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident