Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Bundes-Tierärzteordnung

A. Problem und Ziel

Die Europäische Kommission hat Mitte 2008 ein Vertragsverletzungsverfahren wegen teilweiser nicht sachgerechter Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2006 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen eröffnet. Beanstandet werden ausdrücklich zwar lediglich Normen des (zahn)ärztlichen Berufsrechts (Approbation), betroffen sind gleichwohl auch inhaltsgleiche Vorschriften anderer Heilberufe, darunter das Berufsrecht der Tierärzte. Die beanstandeten Vorschriften betreffen unter anderem die Voraussetzungen für die Anerkennung solcher heilberuflicher Ausbildungen, die zwar innergemeinschaftlich reglementiert sind, jedoch nach dem geltenden Berufsanerkennungssystem nicht automatisch anerkannt werden können, vielmehr einer Gleichwertigkeitsprüfung im Einzelfall bedürfen. Zur Beendigung des o.g. Verfahrens wurden die betroffenen berufsrechtlichen Vorschriften im humanmedizinischen Bereich präzisiert. Daneben soll nun auch inhaltsgleiches veterinärmedizinisches Berufsrecht geändert werden, um zur Einstellung des o.g. Verfahrens beizutragen.

B. Lösung

Präzisierung bestimmter Vorschriften der Bundes-Tierärzteordnung.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Für den Bund, Länder und Gemeinden ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen.

E. Sonstige Kosten

Es ergeben sich keine Auswirkungen auf die Wirtschaft, die Einzelpreise oder das Verbraucherpreisniveau.

F. Bürokratiekosten

Die Änderungen enthalten eine Regelung, wonach ein Antragsteller in einem bestimmten Fall weitere Unterlagen vorzulegen hat. Dieser Aufwand lässt sich nicht beziffern, da er sehr stark vom Einzelfall bestimmt wird.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Bundes-Tierärzteordnung

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 4. März 2011
Die Bundeskanzlerin

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Bundes-Tierärzteordnung mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 15.04.11

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Bundes-Tierärzteordnung*

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Die Bundes-Tierärzteordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 1981 (BGBl. I S. 1193), die zuletzt durch Artikel 17 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1934) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 4 wird wie folgt geändert:

2. In § 6 Absatz 1 wird nach der Angabe " § 4 Abs. 1a Satz 1, Abs. 2" die Angabe ", 2a" eingefügt.

3. In § 7 Absatz 1 Satz 2 wird nach der Angabe " § 4 Abs. 2" die Angabe ", 2a" eingefügt.

4. Dem § 11 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

"Satz 1 gilt nicht für Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, die einen Ausbildungsnachweis in einem dieser Staaten erworben haben oder einen gleichwertigen Ausbildungsnachweis im Sinne des § 4 Absatz 1a Satz 3 vorlegen. § 9a bleibt unberührt."

5. § 13 wird wie folgt geändert:

Artikel 2

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung:

A. Allgemeiner Teil

I. Ziele des Gesetzes

Die Europäische Kommission (Kommission) hat Mitte 2008 gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren wegen nicht sachgerechter Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2006 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EG (Nr. ) L 255 S. 22) eröffnet. Gegenstand dieses Verfahrens sind zwar unmittelbar bestimmte berufsrechtliche Regelungen für Zahnärzte und Ärzte (betr. Erteilung einer Approbation), jedoch mittelbar auch inhaltsgleiche Vorschriften anderer Heilberufe, darunter auch das Berufsrecht der Tierärzte.

Die durch die Kommission beanstandeten Vorschriften betreffen unter anderem die Voraussetzungen für die Anerkennung solcher heilberuflicher Ausbildungen, die zwar innergemeinschaftlich reglementiert sind, jedoch nach dem bestehenden Berufsanerkennungssystem nicht automatisch anerkannt werden können, vielmehr einer Gleichwertigkeitsprüfung im Einzelfall bedürfen. Zur Erreichung der Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens wurde den Bedenken der Kommission durch Präzisierung betroffener berufsrechtlicher Vorschriften im humanmedizinischen Bereich bereits Rechnung getragen. Die entsprechende Präzisierung von inhaltsgleichen Regelungen im tiermedizinischen Bereich soll dies ergänzen, um die Bedenken der Europäischen Kommission vollständig auszuräumen.

Zu diesem Zweck ist die Anpassung der Bundes-Tierärzteordnung (BTÄO) erforderlich.

Die Änderungen dienen daher in erster Linie der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG. Daneben erfolgen noch Änderungen zur Anpassung an die im Jahre 2007 erfolgte Zuständigkeitsverlagerung für die Veterinärberufe innerhalb der Bundesregierung.

In einem weiteren Gesetzgebungsverfahren des BMBF wird die Bundes-Tierärzteordnung nochmals geändert werden, um den am 9. Dezember 2009 von der Bundesregierung beschlossenen Eckpunkten zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen und Berufsabschlüssen Rechnung zu tragen.

II. Wesentlicher Inhalt des Gesetzes

Den Bedenken der Kommission entsprechend betreffen die Änderungen im Wesentlichen folgende Punkte:

III. Gesetzgebungskompetenz des Bundes

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 19 Grundgesetz.

IV. Vereinbarkeit mit EU-Recht

Der Gesetzentwurf hat Bezug zu europarechtlichen Vorschriften, da die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen vollständig umgesetzt wird.

V. Finanzielle Auswirkungen, Kosten und Preiswirkung

Für Bund, Länder und Gemeinden ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen. Es ergeben sich keine Auswirkungen auf die Wirtschaft, die Einzelpreise oder das Verbraucherpreisniveau.

VI. Bürokratiekosten

Die Änderungen im Rahmen der Beilegung des Vertragsverletzungsverfahrens enthalten eine Regelung, wonach ein Antragsteller in einem bestimmten Fall weitere Unterlagen vorzulegen hat. Dies bedingt für Antragsteller grundsätzlich zusätzlichen Aufwand, der sich jedoch nicht beziffern lässt, da er sehr stark vom Einzelfall (Ort der Ausbildung) bestimmt wird, insbesondere auch davon abhängt, ob der zuständigen Behörde bereits Erkenntnisse über den Ausbildungsstand, z.B. in einem Drittstaat, vorliegen. Die Anzahl der Fälle in der Vergangenheit, in denen die Vorschrift hätte angewendet werden können, wurde laut eingegangenen Länder-Stellungnahmen als sehr gering (pro Jahr im einstelligen Bereich) angegeben.

VII. Gleichstellungspolitische Bedeutung

Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung sind nicht zu erwarten.

VIII. Nachhaltigkeit

Die Änderungen können zum wirtschaftlichen Wachstum durch Steigerung des wirtschaftlichen Wohlstandes von EU-Bürgern mit tierärztlicher Ausbildung in Deutschland beitragen, da die Änderungen den Zugang zu einer unbeschränkt nutzbaren Approbation erleichtern.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Bundes-Tierärzteordnung)

Zu Nummer 1 (§ 4)

Zu Buchstabe a

Satz 3 regelt wie bisher die Anerkennung von Ausbildungsnachweisen aus Drittstaaten, die bereits von dem Mitgliedstaat anerkannt wurden, in dem der Antragsteller mindestens drei Jahre ununterbrochen den tierärztlichen Beruf ausgeübt hat und der Ausbildungsnachweis eine Ausbildung belegt, die sich nicht wesentlich von der deutschen tierärztlichen Ausbildung unterscheidet. Durch den Verweis auf die in Absatz 1b neu aufgenommenen Regelungen, die sich an den Vorschriften der Richtlinie 2005/36/EG orientieren, wird sichergestellt, dass bei der Prüfung der wesentlichen Unterschiede für Unionsbürger und anderen Staatsangehörigen, denen europarechtlich entsprechende Rechte eingeräumt wurden, nur auf diejenigen Unterschiede in den Ausbildungen abgestellt wird, die nach den allgemeinen Regelungen der Richtlinie 2005/36/EG für die Anerkennung von Ausbildungsnachweisen gelten (Artikel 10 ff). Ferner wird klargestellt, dass festgestellte wesentliche Unterschiede, die nicht durch Berufserfahrung ausgeglichen werden können (vgl. Artikel 14 Absatz 5 der Richtlinie 2005/36/EG), Antragstellern durch einen rechtsmittelfähigen Bescheid spätestens vier Monate nachdem der zuständigen Behörde alle erforderlichen Unterlagen vorliegen, mitgeteilt werden müssen (vgl. Artikel 51 Absatz 3 der Richtlinie 2005/36/EG).

Zu Buchstabe b

Die neuen Vorschriften präzisieren die BTÄO. Es wird dadurch klar gestellt, dass bei Antragstellern, für die die Richtlinie 2005/36/EG gilt, deren Ausbildungsnachweise jedoch nicht automatisch anerkannt werden können, sondern vielmehr ein Vergleich der Ausbildungen (Gleichwertigkeitsprüfung) erforderlich ist, dieser Vergleich beschränkt ist auf die wesentlichen Unterschiede in Fächern, deren Kenntnis eine wesentliche Voraussetzung der Berufsausübung ist und bei denen bedeutende Abweichungen in der Ausbildung des Antragstellers hinsichtlich Dauer oder Inhalt von der deutschen Ausbildung bestehen (vgl. Artikel 14 Absatz 4 der Richtlinie 2005/36/EG).

Zu Buchstabe c

Folgeänderung zur Einfügung des neuen Absatz 1b sowie Anpassung an geänderte Zuständigkeiten.

Zu Buchstabe d Folgeänderung.
Zu Buchstabe e

Klarstellung, dass Antragsteller, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates sind, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, einen Anspruch auf Erteilung der Approbation haben.

Zu Buchstabe f

Folgeänderung.

Zu Buchstabe g

Die Änderung setzt Anhang VII Nr. 1 Buchstabe b Satz 2 der Richtlinie 2005/36/EG um.

Zu Nummern 2 und 3 (§§ 6, 7)

Folgeänderung zur Einfügung des neuen Absatzes 2a in § 4.

Zu Nummer 4 (§ 11)

Die Möglichkeit der Erteilung einer Berufserlaubnis für Antragsteller, für die die Richtlinie 2005/36/EG gilt, wird künftig durch den neuen Satz 2 ausgeschlossen. Damit wird den Bedenken der Kommission Rechnung getragen, da ein o.g. Antragsteller mit einem Ausbildungsnachweis aus einem Mitgliedstaat grundsätzlich einen Anspruch auf einen unbeschränkbaren und unbefristeten Berufszugang hat. Im deutschen Recht gewährt nur die Approbation einen solchen Berufszugang. Für die Erteilung einer Berufserlaubnis gibt es in diesen Fällen keinen Raum. Sie kommt künftig nur noch bei Inhabern von Drittstaatsdiplomen in Betracht, die grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen.

Zu Nummer 5 (§ 13)

Zu Buchstaben a bis c Folgeänderungen.
Zu Buchstabe d

Folgeänderung und Anpassung an geänderte Zuständigkeiten.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKRG: NKR-Nr. 1618:
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Bundes-Tierärzteordnung

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des o.g. Gesetzes auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem Entwurf wird eine Informationspflicht des Bürgers geändert. Der Entwurf sieht vor, dass der Antragsteller der für die Erteilung der Approbation als Tierarzt zuständigen Landesbehörde in bestimmten Fällen zusätzliche Nachweise vorlegen muss. Diese Nachweise sollen die Landesbehörde in die Lage versetzen festzustellen, ob die Ausbildung des Antragstellers wesentliche Unterschiede zur Ausbildung in Deutschland aufweist. Der durch die zusätzlichen Nachweise anfallende Aufwand des Bürgers hängt stark vom Einzelfall ab. Die Anzahl derartiger Fälle bewegte sich in der Vergangenheit nach Angaben des Ressorts pro Jahr im einstelligen Bereich. Für die Wirtschaft und die Verwaltung werden mit dem Entwurf keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgehoben.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Catenhusen
Vorsitzender Berichterstatter